Better off Dead von Gaomee ================================================================================ Kapitel 2: Tättowierungen ------------------------- Wölfe haben ein Händchen dafür im Schafspelz aufzukreuzen. Große Sachen haben ein Händchen dafür an unscheinheiligen Tagen zu beginnen. Zum Beispiel an jenem späten Sommertag. Die Luft war lauwarm, die letzten Sonnenstrahlen bahnten sich einen Weg durch das Laubdach und erstellten wunderschöne Lichtspiele. Sie tanzten förmlich auf den dunklen glatten Haaren, ließen sie wie schwarzgefärbte Seide aussehen. "Sind wir bald da?" Die nörgelnde, erschöpfte Stimme gehörte zu Lee. Auf seinem runden Topfschnitt tanzten die Lichter so schön, fast wie Waldgeister. "Tenten ... Sind wir bald da?!" "Bald." "Wie bald?" "Morgen", grinste sie, verbarg ihr Gesicht aber, starrte stur gerade aus. Lee stöhnte. "Aber es ist so langweilig. Ich glaube, ich bin in die falsche Generation hineingeboren worden. In Kriegszeiten hätte ich leben sollen. Dann wär' hier richtig 'was los gewesen!", behauptete er. "Und so spricht der Dummkopf." Neji hörte auf, die Bäume des Waldes zu mustern und wandte sich dem Gespräch zu. "Du musst gerade reden. Mit deinem Eitersack würdest du keine Sekunde im Krieg überleben!", konterte Lee. "Und du wärst so enthusiastisch, du würdest deine eigenen Leute gleich mit niedermähen!", stieß der andere Disputant aus, während er die Verletzung an seinem rechten Auge befühlte. Die violett-gelbe Wunde schien tatsächlich angeschwollen. Vorsichtig drückte er darauf herum bis er seinen Kunai aus dem Halfter zog und seine Beule anritzte. Seine Finger wurden feucht, aber der Druck auf sein Auge ließ nach. Aber Kopfschmerzen hatte er immer noch. "Lecker", machte Tenten, die sich zu den beiden herumdrehte. "Der Arsch hat dich ja voll im Gesicht getroffen. Ernsthaft, ich hatte gedacht, du fällst in Ohnmacht." Tenten kicherte. "Pah", winkte der Angesprochene ab. Lee nutzte es aber sofort für einen weiteren Angriff. "Ja, ich alllerdings auch!" Beleidigt rüpfte Neji die Nase. "Leck mich doch ... " Abends in der Schankstube war der Streit noch immer nicht beigelegt. "Musst du am Esstisch dran 'rumreiben?" "Ich tupfe." "Du tupfst eklig!" "Wenn du meinst ... " "Mein ich!" "Iss." Tenten gab der Schüssel von Lee einen Stubs, während sie den Inhalt ihrer eigenen verschlang. Sie war immer als erstes fertig, denn im Waisenhaus lernte man entweder seine Mahlzeiten zu inhalieren oder zu verhungern. "Tenten, du bist selber auch eklig", machte Lee, während er versuchte seine Schale in demselben Tempo zu leeren. "Ich denke, ihr seid die beiden Ekelerregenden", lautete Nejis Kommentar und steckte den mehr oder weniger sauberen Lappen ein. An dem Abend fielen sie dem Wirt auf. Sehr gesellig sahen sie nämlich nicht aus. Zwei Kerle, eine Frau. Alle bärtig, bis auf die Frau, und dreckig wie Sumpfgeister mit grobschrotigen Gesichtern und Narben. Aber eine hässliche Frau. War schon gut, dass sie keine Hure geworden war. Ihren Körper konnte man zwar unter ihrer Reisekluft nicht erkennen, aber ihr Gesicht war schmutzbesudelt und sie hatte kurzes, stumpfes Haar wie ein Mann. Außerdem sah ihre Nase aus als wär' sie schon ein paar Mal gebrochen gewesen. Ihre Stimme stellte einen krassen Kontrast dar. Sie war glockenhell, wie es sich für ein Mädchen geziehmte. Die Kumpanen waren genauso dreckig. Aber der eine machte echt eine Gestalt her wie ein Gaukler. Seine Haare sahen aus wie ein Topf aus schwarzem Haar, den er sich aufgesetzt hatte, und er hatte große Kinderaugen mit monströsen Brauen darüber, die den Augen jede Unschuld nahmen. Er war der Lauteste und seine Stimme tötete jeden Nerv. Der letzte Kerl hatte eine hässliche Wunde an der rechten Schläfe und auf der Gesichtshälfte verlief auch ein großer Bluterguss, an seinem Kinn prangte eine breite weißgefärbte Narbe. Außerdem fasste er sich ab und an verstohlen an den Kopf, als hätte er Kopfschmerzen, die er zu verbergen gesuchte. Wo die Leute herkamen, wollte keiner so genau wissen. Aber sie aßen und tranken viel, bezahlten mit gutem Geld. So kam es, dass der Wirt sich doch freute, als die drei Fremden entschieden, sich ein Zimmer zu nehmen. Im Schlaf rieb Tenten an ihrer schmerzenden Lippe herum. Sie drehte sich auf ihrem Strohbett und kratzte sich am Kopf. Irgendwas stimmte nicht und dann geschah es. Ein Stöhnen. Sie fuhr hoch und sah sich um. Lee und Neji lagen im Bett. Sie schwang sich vom Stroh herab und ging zum Fenster. Da war das Stöhnen schon wieder! Tenten wandte sich um und erkannte, dass es doch einer der Kameraden war. "Neji, alles klar?" Der holte sich doch wohl keinen 'runter, oder? Er stieß wieder einen Laut aus und versuchte sich vom Bett hinab zu rollen. Nein, das waren Schmerzensgeräusche. Im Vorbeigehen schnauzte sie: "Lee, aufstehen!" Neji schüttelte seinen Kopf, eine Hand an der Stirn. Hektisch riss Tenten das Halstuch ab, das er benutzte, um seine Haare zu bändigen. Darunter glühten die verschlungenen Linien. Fassungslos starrte Tenten einen Moment mit offenem Mund. Dann aber murmelte sie "Sieht nicht so gut aus, Kumpel", während sie ihre Stiefel anstreifte und danach versuchte Nejis Füße in seine zu zwängen. "Was für große Füße du hast!", ächzte sie, als der schlaff auf dem Boden liegende Freund schon fast wimmerte. "Lee!", kreischte Tenten. "Steh auf! Ich brauch dich." "Komm doch schon", krächzte der Angesprochene schlaftrunken. "Hat seine Riesenbeule ein Eigenleben entwickelt und ich soll sie einfangen?", scherzte er müde und lachte auch noch über seinen eigenen blöden Witz als er nach seinem zweiten Stiefel suchte. "Bah, hier ist Scheiße dran", kommentierte er seinen Fund schließlich. "Jetzt!", fauchte Tenten, die Neji unter die Arme griff und aus dem Zimmer schleifte. "Wo willst du hin?" Lee beeilte sich jedoch sehr, ihr nachzueilen. "Ich hab' ihn ein bisschen betäubt, aber gegen seine ... Tättowierung kann ich nichts machen. Ich versteh' gar nicht wie das geht." Misstrauisch sah der Jude, dessen Haus sie mitten in der Nacht befallen hatten, die zwei Gestalten an. "Woher, hattet ihr gesagt, hat er sie noch gleich?" "Von seiner-" Aber Tenten schnitt Lee das Wort ab. "Das hatten wir nicht erwähnt." Tenten sah dem Mann fest in die Augen, trat einen Schritt näher an ihn heran. Die Absätze ihrer Stiefe machten laute Geräusche auf dem Holzboden. "Nettes Haus, wär' schade, würde ihm etwas zustoßen. Sommerfeuer sind grässlich, was?" Sie machte eine Pause und fuhr dann fort: "Ich glaube ich weiß, was es ist." "So?" "Der Kerl, der ihm die Tättowierug gemacht hat ... Nun, der hat die Haut aufgeschnitten und dann so komische Pflanzenknäuel darein gelegt. Ich glaub', die waren vielleicht giftig oder so ... " "So sieht die Tättowierung aber gar nicht aus." "Tia, merkwürdige Sachen gibt's. Wir nehmen unseren Freund jetzt wieder mit." Mit einer Geste bedeutete sie Lee ihr beim Tragen zu helfen. Gemeinsam hoben sie den betäubten Neji an und brachten ihn in die Nacht hinaus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)