Dope von Phoenix_Michie ================================================================================ Prolog: It’s been a while ------------------------- ~*~Dope~*~ KARYU: Es war ein ganz normaler Tag; er stach nicht hervor und schien so wie die meisten der Tage zu werden, die ich in den letzten Jahrzehnten erlebt hatte. Bis jetzt zumindest. Die Sonne neigte sich langsam dem Horizont und es wurde kaum merklich kühler, doch mir entging diese kleine Tatsache nicht. Mir entging sowieso nichts, das war mein Fluch. Denn wirklich leben tat ich nicht mehr. Schon lange war ich kein Mensch mehr, sondern ein Vampir. Natürlich gab es viele meiner Artgenossen, die weitaus älter waren als ich, doch für mich, der das Leben geliebt hatte, waren selbst 60 Jahre eine lange Zeit… ˜˜˜ ZERO: Abwesend lief Zero durch die Straßen und starrte vertieft auf das Display seines Handys. Die Möglichkeit, mit dem Handy ins Internet zu gehen, egal wo man sich gerade befand, war für ihn Segen und Fluch zugleich. Er hatte ein starkes Mitteilungsbedürfnis, und das konnte er nur durch das Veröffentlichen von Beiträgen im Internet befriedigen, war er doch ein recht schüchterner Mensch. Ebenso war er neugierig und las alle möglichen Blogs von Bekannten und Freunden. Das alles förderte aber zugleich seine monatlich fälligen Handy-Abrechnungen. Doch da er momentan noch in der Lage war, diese bezahlen zu können, störte ihn das weniger und er hielt sich munter weiter per Handy im Internet auf. Gerade wieder in das Lesen eines Blogs vertieft, achtete er nicht wirklich darauf, wo er lang lief, und nahm auch weder die Umgebung noch die Leute wahr, die ihm entgegen kamen. Als Zero plötzlich einen Widerstand spürte und offensichtlich gegen eine Person lief, sah er gezwungenermaßen doch endlich mal auf und trat mit einem entschuldigenden Blick, den er seinem Gegenüber zuwarf, zurück. „Entschuldigen Sie…“, sagte er leise und neigte leicht den Kopf vornüber, bevor er seinen Blick wieder hob und den Anderen endlich einmal richtig anschaute – wobei er den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen schauen zu können. Vor ihm stand ein großer, dunkelblonder Japaner, was Zero anfänglich ein wenig verwirrte, da es eine ungewöhnliche, weil nicht natürliche Haarfarbe war, zumindest nicht in Japan. Seine Haut war so hell, als wäre er nie in der Sonne gewesen. Einzig japanisch wirkten seine dunklen Augen, die ihn jedoch eher kühl musterten. Eine weitere Tatsache, die Zero erst später ins Bewusstsein kam, trug zur Verwirrung seinerseits bei: der Typ war nicht zurück gestolpert oder ähnliches; nein, es war gewesen, als wäre Zero in eine Wand hinein gelaufen. Der Andere hatte sich nicht gerührt, war reglos stehen geblieben, als wäre da nie jemand gewesen, der versucht hatte, ihn umzurennen… „Schon gut, pass das nächste Mal einfach besser auf“, hörte er schließlich die eisige Stimme des Größeren, welcher gerade den Kragen seines dunkelvioletten Mantels hoch schlug und ihn musterte. Es war kein langsames Mustern, das bei den Füßen anfing und beim Kopf endete, nein, dieser Kerl sah ihm direkt ins Gesicht. Unangenehm war es trotzdem, auch wenn es nicht herablassend auf ihn wirkte, wie er es sonst gewohnt war. „Uh..ja…“, erwiderte Zero nur leise und senkte verlegen den Blick, bevor er sich schließlich an dem Unbekannten vorbei drängte und weiter ging. Er spürte noch eine Weile den Blick des Anderen auf sich, was ihn nicht gerade sympathischer machte. Im Gegenteil, ihm wurde kalt dabei und er musste dem Drang widerstehen, sich nicht umzudrehen. ~~~ KARYU: Äußerst interessiert, aber auch etwas verwundert, schaute ich dem jungen Mann hinterher. Ein kleines Grinsen legte sich auf meine Lippen. Warum ich ihm wohl jetzt begegnet war? Nach so vielen Jahren? Ich kannte Michio. Als dieser noch ein kleiner Junge gewesen war, etwa um die 6 Jahre alt, hatte ich ihn gerettet, wenn auch eher unabsichtlich. Das Haus seiner Familie hatte gebrannt, seine Eltern und seine jüngere Schwester, die neben ihrer Mutter geschlafen hatte, waren bereits tot. Den Auslöser des Feuers hatte ich auf Anhieb nicht entdecken können; er musste allerdings im Schlafzimmer gewesen sein, denn von dort hatte sich das Feuer ausgebreitet und deswegen waren die drei direkt gestorben. Michio jedoch hatte in seinem eigenen Zimmer im Bett gelegen. Auch er wäre wohl im Feuer umgekommen. Warum ich ihn gerettet hatte? Ich wusste es selbst nicht genau. Ich konnte es nicht definieren. Zu jener Zeit war ich auf der Suche nach etwas Frischfleisch gewesen, hatte Blut gebraucht. Von weitem schon hatte ich die heißen Flammen riechen können, hatte Schreie und Rufe der Menschen gehört, die in der Straße wohnten und das Feuer bemerkt hatten. Es hatte mich sofort dorthin gezogen: es war eine günstige Gelegenheit, einen Menschen für meine Zwecke zu missbrauchen, ohne dass es jemand bemerkte. Das Fehlen des Körpers würde nicht auffallen. Würde ich ihn mit mir nehmen, um mir ein angemessenes Abendessen zu leisten, würde wohl jeder denken, dieser Mensch sei ebenso wie der Rest seiner Familie in den Flammen umgekommen und sei zu Asche verbrannt. Ich hatte gespürt, dass noch jemand in diesem Haus am Leben war, weswegen ich mich beeilte, dort einzudringen. Es war nicht allzu einfach gewesen, wo einige der Nachbarn drumherum standen und auf die Feuerwehr gewartet hatten. Es war am Ende anders gekommen, als ich geplant hatte. Sobald ich mich mit dem zitternden und verschlafenen Kind in den Wald hatte zurückziehen wollen, wurde ich allein durch den Blick dieses Jungen davon abgehalten, ihm etwas anzutun. Es war zwar sowieso selten, dass ich mich an Kindern vergriff, aber ein ernsthaftes Problem hatte ich damit auch wieder nicht gehabt. Kein einziges Mal. Doch in diesem Fall wusste ich augenblicklich, dass ich ihm nichts würde antun können. Nicht, weil ich nicht wollte, vielmehr weil ich schlicht und einfach nicht konnte. Bei dem Gedanken daran, diesem Kind den lebendigen Glanz aus den Augen zu stehlen, lief es mir kalt den Rücken runter. Der Appetit verging mir. Und so hatte ich den Jungen in der Nähe seiner Straße abgesetzt, mitten in der Nacht. „Wie heißt du?“, wollte ich, einer Eingebung folgend, wissen. „…Mi-michio…“, hatte der Kleine gestammelt, mit vor Ruß geschwärztem Gesicht, zitternder Stimme, und immer wieder hustend. „Michio Shimizu…“ Er hatte die ganze Zeit über nicht geweint, obwohl ihm klar gewesen sein musste, dass etwas Schreckliches passiert war. Einzig seine Augen waren wässrig gewesen, doch hatte er sich nicht erlaubt zu weinen. Stark für so einen kleinen Jungen, das hatte ich noch erkannt. In dieser Nacht hatte ich mir also ein anderes Opfer suchen müssen, denn mein Inneres selbst hatte mich diesen Jungen nicht töten lassen. Mein Verstand, mein Verlangen, hatte Ja geschrien, aber meine Finger hatten sich nicht in sein nachgiebiges Fleisch graben können, hatten sich nicht an ihm festklammern können und mein Kopf hatte es nicht gewagt, ihm zu nahe zu kommen, um zubeißen zu können. Und diese Tatsache faszinierte mich. Sicher hatte ich versucht, mir meine menschliche Seite zu erhalten, denn ich war zwar freiwillig ein Vampir geworden, doch war ich daraufhin verlassen worden – und der Wunsch, wieder Mensch zu sein, war in mir aufgekeimt. Natürlich half alles nichts, ich war und blieb ein Vampir, mit allen Konsequenzen, die diese Tatsache mit sich brachte. Zu Anfang hatte ich Michio immer wieder beobachtet, hatte wissen wollen, was aus ihm wurde - und ob ich vielleicht nicht doch bereit war, ihn zu beißen und sein Blut zu trinken. Denn dafür existierte ich. Mit der Zeit allerdings verlor ich ihn aus den Augen und in gewissem Maße auch aus dem Sinn. Ihn nun so plötzlich wieder zu sehen, so zufällig auf der Straße, fühlte sich merkwürdig an. Ich war mir aber sicher, dass dies eine Bedeutung hatte. Dass ich den kleinen Jungen damals nicht getötet hatte, dahinter steckte ein tieferer Sinn, dem war ich mir gewiss. Und dass ich ihm nun erneut begegnete, musste etwas bedeuten! Zu dem Zeitpunkt konnte ich noch nicht wissen, dass er sich mittlerweile gar nicht mehr Michio nannte und dass er ein anderes Leben führte, als ich mir vorgestellt hatte. Ich hatte mich in dem kurzen Moment, in dem wir aufeinander getroffen waren, nicht darauf eingelassen, seine Gedanken zu lesen. Und während Michio die Begegnung wahrscheinlich schon fast wieder vergessen hatte (sie geisterte allerdings unbewusst in seinem Kopf umher, denn irgendetwas an mir hatte ihn aufmerksam werden lassen, wie ich später erfuhr), wartete ich hingegen auf das nächste Zusammentreffen. Vielleicht würde es Monate dauern, möglicherweise wieder Jahre, doch ich würde geduldig abwarten, was das Schicksal für uns beide bereit hielt. Ich hatte ja auch Zeit, so schnell würde ich wohl kaum den Löffel abgeben. Viel schneller als erwartet jedoch sollte ich, ein Vampir, Kind der Finsternis, und er, ein einfacher Mensch, uns wiedersehen. Es dauerte nicht einmal drei Tage. Es sollte eine schicksalhafte Begegnung werden, die uns unsere Zukunft wies. --------- TO BE CONTINUED... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)