Release me von Demonic-Cookie ================================================================================ Kapitel 6: Convicted -------------------- Erschrocken schlug ich die Augen auf, schloss sie jedoch gleich wieder, da die Helligkeit zu sehr brannte. Mein Kopf tat weh und es drehte sich alles um mich herum, obwohl ich im Bett lag. Zudem hatte ich eben noch einen furchtbaren Albtraum gehabt. Ich drehte mich zur Seite und versuchte noch einmal einzuschlafen. Plötzlich spürte ich, wie jemand seinen Arm um mich schloss und mich zu sich drückte. Da erinnerte ich mich wieder daran, wo ich mich gerade befand. Oh Gott… oh Gott… OH GOTT! Was hab ich getan? Was ist heute Nacht noch passiert? Vorsichtig lugte ich unter die Decke und stellte fest, dass ich nichts mehr an hatte. Immerhin konnte ich langsam meine Augen wieder öffnen, also drehte ich mich leicht und blickte zu Aidan, der direkt neben mir lag. Auch er schien nichts mehr anzuhaben. Wie kann man nur so dumm sein… Wie konnte das nur passieren?! Und warum gerade er… In 2 Jahren habe ich Lucien jedes Mal abgeblockt und bei dem hier ist alles kein Problem? Meine Schuldgefühle fraßen mich förmlich auf. Ich rutschte langsam aus dem Bett und zog mich an. Aidan schlief weiterhin tief und fest. Ich schlich mich aus der Wohnung und sah im Hausflur auf mein Handy. Wir hatten bereits 1 Uhr Mittag… 3 verpasste Anrufe, 2 davon waren von Lucien, der andere von Ava. Zudem von beiden eine Nachricht. Lucien (11.23 Uhr): Mein Flieger startet gleich, in etwa 6 Stunden bin ich endlich wieder bei dir. Ich habe es kaum ohne dich ausgehalten. Ich komme vom Flughafen direkt bei dir vorbei. Ava (12.14 Uhr): Lilith… WO bist du?! Lucien hat mich gestern angerufen, doch ich hatte keine Ahnung wo du steckst. Das weiß ich jetzt immer noch nicht. Melde dich bitte… Entsetzt versuchte ich auszurechnen, wann Lucien bei mir auftauchen würde, während ich nach Hause lief. Gott sei Dank hatte ich durch Zeitverschiebung und Flugzeit noch etwa 5 Stunden Zeit. Ich lief fast eine ganze Stunde, bis ich endlich zu Hause ankam. Im Flur kam mir direkt Ava mit einem ziemlich besorgten Blick entgegen. „Lilith! Ich habe-„ „Ja… ich weiß, du hast dir wahnsinnige Sorgen gemacht…“, ich wollte eigentlich weiter sprechen, jedoch kam ich nicht dazu, da plötzlich Tränen über mein Gesicht strömten. „Oh mein Gott… Liebes, was hast du denn?“ Aufgeregt kam sie auf mich zu und umarmte mich. Doch ich bekam kein Wort raus und schluchzte nur. „Lucien… Kanada, jetzt gleich hier… schluchz… Aidan… Alkohol… schluchz… was jetzt…schluchz.“ Mit großen Augen sah Ava mich an und versuchte mein Durcheinander zu verstehen. „Du gehst jetzt erst mal ins Bad und gönnst dir eine lange, heiße Dusche. Ich mache in der Zeit Tee und dann reden wir noch mal ordentlich über die ganze Sache.“ Mütterlich gab sie mir einen Kuss auf die Stirn. Ava war die beste Freundin, die ich je hatte und wohl auch haben werde. Obwohl sie ein Jahr jünger war als ich, war sie schon viel reifer und bodenständiger. Sie kümmerte sich stets um den Haushalt, um den Einkauf und um unsere Rechnungen. Im Grunde waren wir wie ein Ehepaar, wobei sie den Part der perfekten Hausfrau übernahm und ich der schludrige Ehemann war, der zwar das Geld nach Hause brachte, aber meist auch die Hälfte davon wieder ausgab. Die Dusche tat mir wirklich gut. Nun saß ich warm in eine Decke eingepackt auf dem Sofa und blickte Ava traurig an. „So Lili-Maus und jetzt noch mal von vorne. Und ich meine ganz vorne. Wenn ich das richtig sehe, hat die ganze Misere wohl etwas mit deinem ach so tollen Kumpel zu tun…“ Ich nickte verlegen und erzählte ihr alles. Von der unheimlichen ersten Begegnung im Park, dem Kaffee, dem Kuss und seinem anschließenden Verschwinden. Von unserem Wiedersehen vor zwei Tagen, dem schönen Abend bei mir. Und schließlich vom gestrigen Tag, der in einer aufregenden Nacht endete. „Willst du was von ihm?“, fragte sie nachdem ich fertig war. Ich schüttelte den Kopf, dann runzelte ich die Stirn. Genau genommen hatte ich keine Ahnung. „Bist du sicher, dass ihr Sex hattet?“ „Ich war nackt…“ „Das muss ja nichts heißen. Aber gut, nehmen wir es einfach mal an. Damit hast du Lucien betrogen, das ist dir hoffentlich bewusst…“ „Ja, euer Ehren. Ich bin der schrecklichste Mensch der Welt… Ich weiß.“ Traurig rührte ich in meinem Tee. „Nein, das bist du nicht. Dieser Aidan scheint dir irgendetwas zu geben, was du bei Lucien vergeblich gesucht hast.“ „Und das wäre?“ „Hm… So wie ich das einschätze… Gefahr. Verbot. Leidenschaft?“ Ich blickte zurück zum gestrigen Abend. Nun ja leidenschaftlich war er, und wie… Ein Kribbeln durchströmte mich. Verlegen trank ich einen Schluck Tee. „Oh oh. Da hat es Jemanden aber ganz gewaltig erwischt“, sagte Ava, die mich die ganze Zeit beobachtete. „Was mach ich denn jetzt mit Lucien?“ „Das kann ich dir leider nicht sagen… Du musst entscheiden, wen du willst. Lucien oder Aidan. Aber Lucien hat auf jeden Fall die Wahrheit verdient. Er muss selbst entscheiden dürfen, ob er dich nach dem Ausrutscher mit Aidan noch als Freundin will.“ Ich seufzte. Am liebsten hätte ich mich für die nächsten Tage einfach zurück gezogen. Lucien kam gegen 7 Uhr vorbei. Als ich ihm die Tür öffnete, kam er stürmisch auf mich zu und küsste mich. Ich befreite mich jedoch schnell und sagte: „Wir müssen reden.“ Mein Noch-Freund sah mich verwirrt an und stellte seine Tasche neben die Wohnungstür. Dann zog er schweigend seinen Mantel und seine Schuhe aus und ging in mein Zimmer. Er setzte sich auf mein Bett und wartete. „Du willst reden. Okay, ich höre dir zu.“ Zufrieden lächelte er. Damit hatte ich nicht gerechnet… In Filmen wurden Männer immer komisch und fingen an zu schreien, wenn Frauen reden wollten. Lucien dagegen schien sich eher zu freuen. „Ehm, wo fang ich am besten an…“ Nervös zog ich an den Ärmeln meines Pullis. Lucien wartete weiterhin geduldig. Ich holte tief Luft. „Ich hatte Sex mit einem anderen“, platzte es schließlich aus mir heraus. Wieder liefen mir Tränen über mein Gesicht. Ich konnte ja selbst kaum fassen, wie ich dazu in der Lage gewesen sein konnte. „Wann? Mit wem?“ Mittlerweile war aus dem Lächeln ein eher schmerzverzerrtes, wütendes Gesicht geworden. „Heute Nacht… Du kennst ihn nicht.“ „Ist es diese hervorragende Ablenkung, damit du mich nicht so vermisst?“ Ich nickte stumm. Er schnaubte verächtlich. „Komisch. Wir haben noch nie miteinander geschlafen… Du sagtest immer du wärst noch nicht so weit. Das ging aber ziemlich schnell auf einmal.“ Traurig betrachtete ich meinen Fußboden. Ich war eindeutig schuldig. Nach einer Weile des Schweigens nahm ich all meinen Mut zusammen und versuchte Lucien zu besänftigen. „Ich weiß, ich habe einen unverzeihlichen Fehler begangen. Ich verstehe ja selbst nicht, wie es dazu gekommen war. Es war ziemlich viel Alkohol im Spiel und irgendwie muss es dann passiert sein… Ich kann mich nicht mal mehr dran erinnern.“ „Oh, das macht es natürlich gleich viel besser.“ Wütend stand Lucien auf und stapfte durch mein Zimmer. Ich nahm seine Hände in meine und sah ihm in die Augen. Ein wenig überrascht blieb er stehen. Normalerweise war ich immer sehr passiv in unserer Beziehung. „Lucien, es tut mir wirklich leid. Ich.. ich liebe dich doch eigentlich. BITTE verzeih mir.“ Weitere Tränen flossen. Er nahm mich in den Arm. Ich weinte in seine rechte Schulter hinein. Beruhigend strich er mir über meinen Hinterkopf. „Wenn ich den Typ jemals in die Finger bekomme… Ich bin mir sicher, da war nicht nur Alkohol im Spiel. Der hat dir bestimmt noch irgendetwas anderes verabreicht.“ So wütend kannte ich Lucien gar nicht. Sonst war er immer sehr vernünftig und versuchte einen Streit auf ruhige Art zu klären. Aber diesmal war es ihm wirklich ernst. Ich sah zu ihm hoch und küsste ihn sanft. Alles schmeckte salzig wegen meiner Tränen. Lucien hielt mich fest und trug mich zum Bett. „Im Grunde bist du immer noch nicht dazu bereit, oder?“, flüsterte er leise in mein Ohr. Ich konnte einen traurigen Unterton in seiner Stimme heraus hören. Statt ihm zu antworten, zog ich ihn zu mir und kuschelte mich ins Bett. Langsam knöpfte ich sein Hemd aus und küsste ihn. „Wir könnten zumindest schauen, wie weit wir für den Anfang gehen wollen“, flüsterte ich schließlich. Lucien lächelte. „Das ist mir mehr als recht. Jetzt wo ich schon so lange gewartet habe, will ich nichts überstürzen.“ Wir schliefen nicht miteinander. Auf der einen Seite war ich noch ein wenig aufgewühlt wegen Aidan und auf der anderen Seite hätten wir eh nichts zum Verhüten da gehabt. Bei dem Gedanken wurde mir kurz schlecht. Ich hatte keinen blassen Schimmer, ob Aidan ein Kondom benutzt hatte. Morgens als ich meine Sachen zusammen gesucht hatte, konnte ich keins entdecken. Aber vielleicht hatte er es direkt weggeschmissen. Glücklich kuschelte sich Lucien an mich. Scheinbar hatte er mir verziehen, wobei die letzte halbe Stunde durchaus auch einen Teil dazu beitrug. „Hast du morgen Abend schon etwas vor, meine Schöne?“ „Bisher noch nicht… Wieso? Willst du etwa morgen zu Ende bringen, was wir heute angefangen haben?“ Ich lachte und küsste ihn. „Nein. Also doch. Vielleicht. Danach.“ „Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.“ „Morgen Abend ist eine ziemlich gute Party. Ich habe Dienstag eh frei und du müsstest deine Mappe bis dahin ja eigentlich schon fertig haben. Wir könnten Ava fragen, ob sie mitkommen möchte.“ Ich zuckte mit den Schultern. Partys waren nicht unbedingt mein Ding. Ohne etwas zu trinken, fühlte ich mich nicht wohl unter den vielen Menschen und außerdem wollte ich dann immer rauchen, was Lucien nicht gut heißen würde. Aber in meiner schuldigen Position wollte ich nicht ablehnen. „Meinetwegen. Ich frage sie später. Dann kannst du vielleicht ihren neuen Freund kennen lernen.“ „Oh, Ava ist vergeben?“, fragte mein Freund überrascht. Ich nickte. „Er ist Franzose…“ „Oh la la.“ Wir mussten beide lachen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)