Release me von Demonic-Cookie ================================================================================ Kapitel 1: Welcome to New York City ----------------------------------- Die Sonne gab heute mal wieder alles. Erschöpft saß ich auf meiner Lieblingsbank im River Side Park und beobachtete die fremden Menschen um mich herum. Der diesjährige Sommer war der heißeste, den ich je erlebt hatte. Dabei hasste ich die Hitze. Am liebsten verbrachte ich die Sommertage nur Zuhause in meinem dunklen Zimmer und beschäftigte mich mit einem meiner Kunstprojekte. Doch das würde mein Freund Lucien niemals zulassen. Er war das perfekte Gegenteil von mir und liebte den Sommer. Jeder noch so kleine Sonnenstrahl stimmte ihn glücklich. Ich bewunderte oft seine dynamische Art und war überaus dankbar, dass er mich vor einiger Zeit aus meinem tiefen psychischen Loch holte. "Hallo, meine Schöne. Na, hast du mich vermisst?" Lucien strahlte mich an, setzte sich zu mir auf die Bank und küsste mich sanft. Sofort lief ich rot an und starrte auf meinen immer noch leeren Zeichenblock. Obwohl wir nun 2 Jahre zusammen waren, konnte ich mich immer noch nicht daran gewöhnen ihn zu küssen. "Hallo. Ich vermisse dich doch immer", sagte ich und lächelte ihn verlegen an. Schnell packte ich meine Sachen zusammen, während Lucien keinen Blick von mir wendete. "Du hast es aber plötzlich eilig, mein Schatz." Verwundert sah ich in an und entgegnete: "Oh, ich dachte, du würdest nach Hause wollen nach deinem lange Unitag." "So anstrengend war es heute zum Glück nicht. Ich habe dir doch schon so oft gesagt, dass du dich nicht immer nach mir richten musst. Scheinbar wolltest du doch noch etwas zeichnen." "Ich komme heute irgendwie nicht so richtig in Fahrt", seufzte ich und ließ meinen Blick in die Ferne schweifen. An einen Baum angelehnt saß ein junger Mann und beobachtete uns. Verwirrt starrte ich ihn an, doch das schien ihn nicht im Geringsten zu stören. Lucien folgte meinem Blick. Nun strahlte er nicht mehr. "Kennst du diesen Typ?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf. Ein warmer Schauer überlief meinen Rücken. Was war das plötzlich für ein ungewohntes Gefühl? "Lass uns gehen", sagte ich ruhig, stand auf und griff nach Luciens Hand. Immer noch wurden wir von dem unheimlichen Fremden beobachtet. Hand in Hand gingen wir zu Luciens Wohnung, die sich nicht weit vom River Side Park befand. Kurz vor der letzten Straßenecke kam uns ein Feuerwehrwagen entgegen, der eilig in Richtung des Parks fuhr. Eigenartig, warum sollte es mitten am Tag im Park brennen? Ach nein, bestimmt mussten sie zu einem anderen Ort. Ich blieb stehen und schaute in die Richtung aus der wir kamen. Doch. Es muss der Park sein. Was für eine riesige Rauchwolke. "Lilith, was hast du?" Lucien sah mich besorgt an und blickte dann in Richtung des Parks. "Was ist das denn? Im Park wird es doch nicht etwa brennen!" Ich ging weiter und zuckte mit den Schultern. "Bestimmt haben sich Jugendliche mal wieder einen bösen Streich erlaubt oder waren unvorsichtig. Bei dieser Hitze war es nur eine Frage der Zeit bis das passieren musste." Mittlerweile waren wir an Luciens Loft angekommen. Es war ein Geschenk seiner Eltern, so wie sie alles für ihn finanzierten. Unzählige Male hatte er mir schon angeboten auf Kosten seiner Eltern in den Urlaub zu fahren, doch das konnte und wollte ich einfach nicht annehmen. Sowohl er als auch seine Eltern konnten nichts dafür, dass ich so mittellos da stand. Der Verkauf meiner Bilder ermöglichte mir allerdings leider auch nicht genug finanziellen Überschuss, so dass die große weite Welt noch ein wenig auf mich warten musste. Ich wollte schon immer mal nach Skandinavien oder nach Frankreich reisen. Aber genug mit dem Fernweh. Ich konnte froh sein, dass ich mir meinen größten Wunsch erfüllt hatte und nach New York gezogen war. Mit 16 Jahren ergriff ich endlich die Initiative und floh aus dem Waisenhaus in New Orleans. Die Stadt fehlte mir ein wenig, doch ich werde nie vergessen, wie grausam ich dort behandelt wurde. "Etwas stimmt doch heute nicht mit dir... Sag mir doch, was los ist..." Traurig sah Lucien mich an und riss mich mit seinen Worten aus meinen Gedanken. Da ich ihm nie etwas über meine Vergangenheit erzählt hatte, lächelte ich nur gequält und sagte: "Es tut mir leid, mach dir um mich keine Sorgen. Ich glaube ich saß einfach zu lange in der Sonne. Mein Kopf tut so weh." "Dann leg dich ruhig auf die Couch, ich bringe dir ein Glas Wasser und schaue, ob ich noch irgendwo Schmerztabletten finden kann." Beruhigt lächelte mich der Blonde an und schob mich behutsam in Richtung des Wohnbereichs. Seine Wohnung war einfach atemberaubend und zudem immer perfekt aufgeräumt. So ordentlich war ich noch nie, doch ich mochte mein persönliches Chaos, in dem nur ich Dinge wiederfinden konnte. Ich zog meine Schuhe aus und machte es mir auf dem großen Ledersofa bequem. Schon kam Lucien und brachte mir mein Wasser und eine kleine weiße Pille. "Vielen Dank." "Dafür doch nicht. Hast du denn Hunger?" Ich schüttelte gleichgültig den Kopf. Misstrauisch zog Lucien eine Augenbraue hoch und musterte mich kritisch. "Und was hast du heute so glorreiches zu dir genommen?" "Ich hatte bisher 3 Kaffee und einen Bagel mit Frischkäse", antwortete ich zu meiner Verteidigung. "Es ist mittlerweile schon halb 6 und du willst mir weiß machen, dass du keinen Hunger hast? Oh Lili, du musst mehr essen..." Lucien machte sich schon immer Sorgen über mein Essverhalten. Doch ich war aus dem Waisenhaus nie große Portionen gewohnt. Zudem konnte ich mir in meiner Anfangszeit in New York kaum etwas zu Essen leisten, da ich genug Geld für die Miete brauchte und meine Bilder erst langsam verkauft wurden. Mittlerweile hatte ich mir zum Glück schon einen Namen in der hiesigen Kunstszene gemacht. "Ich muss noch ein wenig für die Matheklausur nächste Woche lernen. Ich hoffe, es macht dir nichts aus?", fragte Lucien rein rhetorisch und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er war der beste seines Jahrgangs und stets ehrgeizig am lernen. Neben seiner Leidenschaft für Mathematik, stand der Sport für ihn ganz oben. Er war begeisterter Quarterback in der Football-Mannschaft der Columbia und in seiner Uni sehr beliebt. Generell war er einer der charmantesten und freundlichsten Menschen, die ich je kennen gelernt habe. Daher hatte ich natürlich so einige Mitstreiterinnen, die nur zu gern einmal mit ihm ausgehen würden. Aber da brauchte ich mir keine weiteren Sorgen zu bereiten, denn Luciens stärkste Eigenschaft war seine Ehrlichkeit. Ich glaube, dafür liebte ich ihn am meisten. Bevor ich ihn traf, bestand mein ganzes Leben nur aus Lügen und schlechten Menschen. Vielleicht ist er ein Geschenk des Himmels... Sehnsüchtig sah ich ihm beim Arbeiten zu und fragte mich, was er mit einem so psychisch labilen Menschen wie mir wollte. "Lilith-Schatz, ich weiß genau, dass du mich die ganze Zeit über beobachtest. So kann ich mich gar nicht konzentrieren." Grinsend drehte er sich zu mir um und schaute mich verspielt böse an. Ich grinste zurück und sagte: "Oh, tu mir leid. Aber keine Sorge, ich halte dich nicht weiter ab. Ich muss eh langsam los." "Jetzt schon? Wir sind doch eben erst her gekommen. Ich dachte wir machen uns noch einen schönen Abend, wenn ich hier fertig bin?" "Ich muss leider noch ein Projekt für meinen Kurs morgen fertig machen und bis ich zuhause bin, dauert es ja auch noch eine Stunde", entschuldigte ich mich und gab ihm einen schnellen Kuss. "Na, da küsst mich meine alte Grandma ja leidenschaftlicher", sagte er und zog mich zu sich. Er küsste mich so intensiv, bis wir kaum noch Luft bekamen. Ich fühlte mich mal wieder schuldig, da ich ihm nicht geben konnte, was er sich schon lange wünschte. Doch leider war ich immer noch nicht bereit, den nächsten Schritt zu wagen. "Wir sehen uns morgen", verabschiedete ich mich, packte meine Sachen und verließ die Wohnung. Unten auf der Straße atmete ich erst mal tief durch. Wie lange wird er wohl warten, bis er sich eine andere sucht, mit der er sein Bett teilen kann? In Gedanken versunken ging ich die Straße entlang in Richtung U-Bahn-Station. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)