Mein einzigartiger Engel von xXSasukeUchihaXx (Kratos x Raine x ?) ================================================================================ Kapitel 12: Aufbruch bei Nacht ------------------------------ "Also müssen wir bis zum Morgengrauen warten?" murmelte Raine fragend und erinnerte sich an die Worte von Aster, welcher vor wenigen Sekunden zurück zum Forschungsinstitut gegangen war. "Direktor Schneider vermutet, dass er die Zeit bei der Feldforschung vergessen hat. Morgen wird er wieder im Forschungsinstitut anzutreffen sein und dann werde ich mit ihm reden". Ja, vermutlich mussten Kratos und die junge Professorin wirklich warten. "Es scheint so" erwiderte Kratos und blieb beim Fenster sitzen, um die Sterne zu betrachten. Wie er beim Betreten des Gasthauses vermutet hatte, Raine hatte nur ein Zimmer gemietet und demnach würden sie sich ein Bett teilen, sofern die junge Halbelfe ihn nicht auf die Couch verwies. "Ich stelle mir so viele Fragen. Wie kamen Samiel's Eltern zu Tode und hat er sich wirklich so sehr verändert?" murmelte Raine und seufzte, ehe sie sich vom Bett erhob und sich zu Kratos an den Tisch setzte. "Wenn wir dem Jungen unseren Glauben schenken dürfen, muss Samiel wirklich sehr verbittert sein. Ich möchte jedoch keine voreiligen Schlüsse ziehen und deswegen sollten wir bis zum morgigen Tag warten". Raine nickte seinen Worten zu, ehe sie ihre Arme auf dem Tisch verschränkte und ihren Kopf sinken ließ. Kratos musste schmunzeln, da sich die junge Professorin immer noch den Kopf zerbrach und scheinbar sehnsüchtig auf den baldigen Morgen wartete. Eine angenehme Stille breitete sich im Zimmer aus und nur die leise Atmung zweier Personen war zu vernehmen. Raine schloss ihre blauen Augen, versuchte all ihre Fragen für einen kurzen Moment zu verdrängen und lauschte der Stille. Der Braunhaarige betrachtete Raine's entspannten Gesichtsausdruck für einige Minuten, legte ein sanftes Lächeln auf und erhob schließlich seine rechte Hand, mit der er sanft durch ihr Haar fuhr. Er mochte ihr silbernes, fast schon weißes Haar und bewunderte die Geschmeidigkeit. "Mh..." seufzte Raine zufrieden und legte ein kaum merkliches Lächeln auf, da ihr die sanften Streicheleinheiten gefielen. Natürlich fragte sie sich gedanklich, was Kratos zu seiner jetzigen Handlung bewegte, aber ihr gefiel seine Sanftheit und wie vorsichtig er mit ihr umging, als wäre sie etwas sehr Zerbrechliches. "Bist du müde?" fragte er schließlich leise, um nicht die momentane Atmosphäre gänzlich zu zerstören, wollte er doch nicht, dass Raine beim Tisch einschlief. "Ein bisschen" entgegnete sie ihm ebenso leise, öffnete nun wieder ihre Augen und blickte zu ihm auf. Für einen kurzen Moment unterließ er seine Streicheleinheit, blickte ihr ebenso in die Augen und stützte schließlich sein Kinn auf seine freie Hand. "Ich überlasse dir das Bett und werde auf der Couch nächtigen" erwiderte er ihr und fuhr mit seiner Hand leicht über ihre Wange. "Nicht nötig... Ich meine... Das Bett ist groß genug und..." stammelte Raine vor sich her, ehe sie sich auf die Unterlippe biss. Kratos schmunzelte bei ihrer gestammelten Einladung und warf nun einen prüfenden Blick zum Bett. Ja, in dem Bett passten mindestens drei schlanke Personen, weswegen er ihr nach einigen Sekunden zunickte und seine Hand aus ihrem Haar, hatte er doch wieder begonnen, ihr über das Haar zu streicheln, entfernte. "Hast du Hunger?" folgte nun eine weitere Frage, hatten sie zwar vor einer knappen Stunde einige Sandwiches gegessen, aber das richtige Abendessen stand noch aus. Raine verneinte seine Frage, in dem sie ihren Kopf schüttelte und sich nun wieder aufrichtete. "Entschuldige mich" murmelte sie stattdessen und erhob sich vom Stuhl, um zum angrenzenden Bad zu gehen. Kratos hörte sehr wohl, wie die Tür von Innen verriegelt wurde und binnen weniger Sekunden hörte er das Rauschen in der Badewanne. Raine wollte also in aller Ruhe ein Bad nehmen. Gut, er würde in der Zeit noch ein wenig die Sterne betrachten und versuchen seine Gedanken zu ordnen. Wieso ging ihm die Halbelfe nicht mehr aus dem Kopf? Wieso fragte er immer wieder nach ihrem Befinden? Kratos wusste es nicht und betrachtete nun nachdenklich seine rechte Hand. Raine besaß wahrlich seidiges Haar und eine sehr zarte und geschmeidige Haut. "Was denke ich mir nur?" murrte er und strich sich fahrig durch sein braunes Haar. Diese Gedanken verfolgten ihn schon seit zwei langen Tagen und ob er wollte oder nicht, er musste sich eingestehen, dass er Raine begehrte. Raine saß nun schon seit einer halben Stunde in der Wanne und musste an den Kuss vor zwei Tagen denken. Seit zwei Tagen vermied sie engen Körperkontakt und eigentlich musste sie keine Fragen mehr an Kratos richten, um sein derzeitiges Verhalten zu verstehen. Nein, im Prinzip tat er doch nur dasselbe, um engeren Körperkontakt zu vermeiden. Manchmal war sie seinen Blicken ausgewichen und in den Nächten hatte sie ihm immer den Rücken zugewendet, um einer Unterhaltung aus dem Weg zu gehen. Dennoch war es ihr vor einer halben Stunde schwer gefallen, denn für einen kurzen Augenblick hatte sich Raine einfach nur gewünscht, dass sie erneut von seinen Lippen hätte kosten dürfen. Über ihren Wunsch so sehr erschrocken gewesen, war sie ins Bad geflüchtet, um ihr rasendes Herz wieder beruhigen zu können. "Raine?" hörte sie plötzlich seine Stimme, zuckte merklich zusammen, weil sie so sehr in ihren Gedanken vertieft gewesen war und blickte nun zur abgeschlossenen Tür. "Ja?" erwiderte die junge Professorin und wartete auf den Grund seiner Störung. War Aster etwa doch noch mit Samiel erschienen? Trotz der späten Stunde? "Ich wollte nur wissen, ob du noch wach bist. Bei dir... Bei dir ist doch alles in Ordnung, oder nicht?". Kratos stand neben der Badtür, die Arme vor der Brust verschränkt und auf ihre Antwort wartend. Seine Kleidung hatte er vor wenigen Minuten abgelegt, weswegen er nur noch in einem Shirt und einer Shorts bekleidet an der Wand gelehnt stand. "Ähm... Natürlich ist alles in Ordnung" erwiderte Raine nach wenigen Minuten und stieg aus dem Wasser. Ein weißes Handtuch band sie sich um, da sie bei der Aufregung ihr Nachthemd auf dem Bett hatte liegen lassen. Prüfend warf sie einen Blick in den Spiegel und im gleichen Moment fragte sie sich, warum sie nun ihr Spiegelbild betrachtet hatte. Kratos verwirrte die junge Halbelfe allmählich, obwohl er im Augenblick nicht mal anwesend war. Nein, er sorgte sich nur um sie, auch wenn sie sich nun die Frage stellte, warum er nach ihrem Befinden fragte. War Raine dem Braunhaarigen etwa ebenso wichtig, wie Kratos für sie? Ihre rechte Hand legte sie auf die Klinke, drehte mit ihrer Linken den Schlüssel im Schlüsselloch und öffnete schließlich die Tür. Neben der Badtür konnte sie Kratos erkennen, wartend und nun mit neugierigen Augen ihren Körper musternd. Die Röte, welche auf ihren Wangen erschien, sagte dem Braunhaarigen, dass ihr seine stumme Musterung unangenehm erschien, weswegen er seine Augen von ihr abwendete und stattdessen einen unsichtbaren Punkt auf dem Boden fixierte. "Dein Nachthemd" murmelte er und deutete zum Bett. Raine nickte ihm verlegen zu, setzte sich in Bewegung und holte aus dem Rucksack ein frisches Höschen, ehe sie mit einer flüchtigen Handbewegung andeutete, dass sich Kratos umdrehen sollte. Er ging ihrer stummen Aufforderung nach und dennoch riskierte er nach wenigen Sekunden einen Blick über seine Schulter zu ihr. Kratos fuhr mit seinen Augen ihren Rücken entlang, studierte ihren knackig aussehenden Po und schließlich wurde ihm seine Sicht durch das Nachthemd zunichte gemacht. Ein leiser, dennoch sehr tiefer Seufzer entwich seinen Lippen, während er sich nun in Bewegung setzte und Raine weiterhin im Auge behielt. Seit Anna's Tod hatte er keine Frau mehr mit begierigen Augen betrachtet und nun stand die junge Halbelfe vor ihm, raubte ihm seinen Verstand und ließ längst vergessen geglaubte Wünsche in ihm aufsteigen. "Kratos, was...". Weitere Worte kamen nicht über ihre Lippen, da sich ein frecher Zeigefinger auf ihren Mund legte und sie zum Schweigen brachte. "Raine..." hauchte er ihr zu und ersetzte seinen Zeigefinger durch seine Lippen, hörte sehr wohl ihren erschrockenen Laut und ergriff seine Chance. Forsch, fast schon spielerisch, drang er in ihre Mundhöhle ein, erfroschte den noch fremden Bereich und spürte plötzlich zwei Hände, welche sein Gesicht umrahmten. Natürlich beging er wohlmöglich einen Fehler, aber durfte nicht auch er einmal schwach werden? Kratos wusste es nicht und ließ sich mit ihr aufs Bett sinken, während er nun seinerseits seine Arme um ihren Körper legte. Die Distanz war überwunden und nun zählte nur noch das berauschende Gefühl dieser Nähe und dieser zärtliche Zungenkuss. Raine keuchte in ihren Kuss hinein, während sich ihre Gedanken überschlugen und sie erstmal begreifen musste, dass sie nun unter dem Braunhaarigen lag und von ihm innig geküsst wurde. War sie etwa in der Wanne eingeschlafen? Nein, dieses berauschende Gefühl konnte unmöglich ein Traum sein, weswegen sie nun seinen Kuss schüchtern erwiderte. Natürlich stellte sich ihr die Frage, warum er aus heiterem Himmel so handelte, aber im Moment wollte sie einfach nur seine zarten Lippen genießen. Sanft umschmeichelte er ihre Zunge, lud sie auf ein süßes Spielchen ein und ließ seine Hände über ihre Seiten wandern. Er dachte schon einige Schritte weiter, aber er durfte nicht, wollte Raine nicht noch mehr verletzen, auch wenn er es schon wieder tat. In wenigen Tagen würde er wieder aus ihrem Leben verschwinden, doch nun wollte er nicht an den baldigen Abschied denken, sondern diesen Moment auskosten. Kratos wusste dennoch, dass ihr Abschied nicht nur Raine verletzen würde. Nein, auch bei ihm würde eine tiefe Wunde in seinem Herzen entstehen, weil er eigentlich bei ihr bleiben wollte. Nach weiteren Minuten löste Kratos ihren Kuss, um ihr und auch ihm Luft zu verschaffen. Vorsichtig glitt er mit seiner linken Hand über ihre Wange, blickte ihr in die Augen und versuchte ihre Gedanken zu erahnen. "Kratos... Ich..." wendete Raine verlegen ein und blickte zur Seite. Natürlich geriet sie in Verlegenheit, denn sie hatte sich auf sein Spielchen eingelassen, obwohl die junge Halbelfe vermutlich sehr viele Bedenken hegte. "Ich... Verzeihung" erwiderte er ihr und nun bereute er den Kuss, weil er sich nun schon nach weitere Küsse sehnte. Kratos dachte sonst meist vorher nach, doch nun befand er sich in einer Lage, in der er keinen Ausweg sah. "Schon in Ordnung" murmelte Raine und sah nun wieder zu ihm auf. Zweifel konnte sie deutlich in seinen Augen erkennen, ebenso wie die Furcht vor möglichen Konsequenzen. Ja, der baldige Abschied, dachte sie sich und wendete ihre Augen erneut von ihm ab. Eigentlich hatte sie nicht mehr an den Abschied denken wollen, aber warum schmerzte ihr Herz bei den Gedanken so sehr? Könnte sie den Engel überhaupt noch gehen lassen? Ein halbes Jahr über hatte Raine den Braunhaarigen vermisst und nun würde es ihr das Herz brechen, wenn er sie erneut alleine ließ. "Raine, ich...". Kratos bemerkte sehr wohl ihre aufkommenden Tränen, welche nun über ihre Wangen liefen und ihm deutlich machten, wie sehr Raine mit der jetzigen Situation nicht umzugehen wusste. Er wusste es doch selbst nicht, konnte die junge Professorin nur in seine Arme schließen und ihr ein wenig Trost spenden. "Vergib mir" hauchte er ihr leise ins Ohr, wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht und vergrub seinen Kopf in ihrer Halsbeuge. "Vergib mir, Raine" wiederholte Kratos und drückte den zierlichen Körper noch ein wenig mehr an seinen Oberkörper. Im Moment fühlte er sich wieder so hilflos und konnte sich nur bei ihr entschuldigen. Etliche Kilometer entfernt saß Genis zusammen mit Colette und Lloyd in seinem Zimmer und spielte mit ihnen ein Brettspiel. Der junge Halbelf hatte seine Freunde darum gebeten, diese eine Nacht bei ihm zu bleiben, weil er sich so ganz allein im Haus sehr einsam fühlte. Colette hatte zum Glück zugestimmt, nur Lloyd hatte noch kein einziges Wort gesagt. Warum? Er wirkte ein wenig bedrückt, aber die Gründe wollte er seinen Freunden scheinbar nicht nennen, obwohl er ihnen bedingungslos vertrauen konnte. "Lloyd, du bist dran" lächelte Colette und reichte ihm den Würfel. Lustlos würfelte der Braunhaarige und bewegte anschließend seine Figur, während er leise seufzte. "Lloyd, was ist denn los? Hat Zelos dich schon wieder belagert?" wollte Genis wissen und behielt den Würfel vorerst in seiner Hand. Dem Braunhaarigen bedrückte eindeutig etwas, aber Genis und Colette konnten ihm nur helfen, wenn er mit ihnen sprach. "Nein... Ich habe nur über meinen Vater und Professor Raine nachgedacht. Die Idee hätten wir nicht in die Tat umsetzen sollen, weil...". Eine kurze Pause trat ein, in der Lloyd zum Fenster blickte und den Sichel ähnlichen Mond betrachtete. "Kratos wird nach Derris Kharlan zurückkehren. Wir haben die ganze Angelegenheit nur noch verschlimmert" beendete Lloyd seinen Satz und wendete sich nun wieder seinen Freunden zu. "Du gibst auf, Lloyd? Wie kannst du...". Der junge Halbelf wurde durch ein Klopfen an der Haustür unterbrochen, hob fragend seine linke Augenbraue und erhob sich vom Bett. Waren seine Schwester und Kratos schon wieder zurück? Scheinbar hatten sie diesen Samiel schon gefunden und Raine ihre Antworten erhalten. "Die Tür ist offen" rief Genis und lehnte sich an den Türrahmen, da er sich natürlich nicht sicher sein konnte, ob es sich um seine Schwester und Kratos handelte. Ein bekanntes Gesicht trat ein und der junge Halbelf wusste nun nicht, ob dessen Auftauchen in gutes oder eher schlechtes Zeichen verhieß. "Guten Abend... Ich muss Kratos sprechen" ertönte eine vertraute Stimme, weswegen nun auch Lloyd in den Türrahmen trat und den Besucher musterte. "Yuan? Kratos und Professor Raine sind nicht da. Was ist denn los?". Für wenige Sekunden herrschte Stille, in der Yuan ein nicht gerade erfreutes Gesicht machte. "Es gibt ein Problem. Folgendes...". Im Gästezimmer war es still geworden und trotz der Tatsache, dass Raine's Atmung ruhig und langsam erfolgte, blieb Kratos auf ihr liegen, um noch ein wenig von dieser Nähe zu bekommen. Er verspürte ein flaues Gefühl in der Magengegend und erneut verfluchte er sein verdammtes Schicksal. Er würde die junge Halbelfe so unsagbar vermissen und er wusste, dass Raine ihn ebenso vermissen würde, denn ihr fiel der Gedanke an den baldigen Abschied jetzt schon so schwer. Gern würde er ihr der Mann sein können, den sie sich wünschte, den sie in ihm sah, aber er musste seine selbst auferlegte Pflicht erfüllen, auch wenn er ihr damit schadete und noch mehr sich selbst. Eine einzelne Träne lief ihm über die Wange, ehe er sich erhob und in gebeugter Haltung über ihr verweilte. "Es tut mir so unsagbar Leid" wisperte er ihr zu, erhob seine rechte Hand und wischte die weiteren Tränen fort, die sich in seinen Augen gebildet hatten. Diese Tränen waren ein Beweis dafür, dass ein kleiner Teil in ihm immer noch menschlich war und er selbstverständlich in der Lage dazu war, derartige Gefühle zu empfinden, auch wenn er seit Jahren nicht mehr geweint hatte. Zum Glück war die junge Professorin vor einigen Minuten in seinen Armen eingeschlafen, denn er wollte ihr so ungern zeigen, dass auch er viele Schwächen besaß. Langsam beruhigte sich sein Gemüt wieder, ehe er gänzlich aus dem Bett stieg und Raine richtig aufs Bett hievte. Die Decke über sie legend, bemerkte er ihre Hand, welche sich tastend über die Matratze bewegte. "Kratos... Wo bist du?" murmelte sie im Schlaf, weswegen der Ältere schmunzelnd unter die Decke huschte und sich zu ihr legte. "Keine Sorge... Ich bin bei dir" wisperte Kratos und schaltete die Nachttischlampe aus, ehe er sich an ihren Rücken schmiegte und seine Arme um ihren Körper legte. Seufzend vergrub er sein Gesicht in ihrem Haar und erneut wurde ihm bewusst, wie sehr ihm diese Nähe eigentlich gefehlt hatte. Er spürte noch, wie sich schlanke Finger um seine Hand legten, ehe er in einem leichten Dämmerzustand fiel und die Ruhe um sich herum und diese vertraute Zweisamkeit genoss. Mitten in der Nacht öffnete Kratos seine Augen, da er seinen Namen vernommen hatte. Vorsichtig blickte er über seine Schulter zum Fenster, befreite sich im gleichen Moment aus der Umarmung, da sich Raine offensichtlich in der Nacht gedreht haben musste und ihre Arme um ihn geschlungen hatte, ehe er sich vorsichtig erhob und aus dem Bett stieg, um die junge Halbelfe nicht zu wecken. Auf leisen Sohlen lief er zum Fenster, öffnete es und sah seinen besten Freund an. Es musste einen wichtigen Grund geben, wenn Yuan mitten in der Nacht vor dem Fenster ihres Gästezimmers stand und leise seinen Namen rief. Woher wusste er eigentlich, dass er sich im Moment in Sybak aufhielt? "Genis wollte mir eigentlich nicht sagen, wo du vielleicht sein könntest, aber...". Yuan warf einen Blick ins Gästezimmer, da er ein Geräusch vernommen hatte und nun Raine im Bett sehen konnte. Moment, hatte Kratos etwa mit ihr in einem Bett genächtigt? Deswegen hatte der junge Halbelf auch nichts sagen wollen und nun machten auch die seltsamen Andeutungen der ehemaligen Auserwählten natürlich Sinn. "Derris Kharlan entfernt sich mit rapider Geschwindigkeit. Es muss ein Problem im Kontrollsystem aufgetreten sein und... Die Entscheidung bleibt bei dir, Kratos. Ich kann dir nicht versprechen, ob du noch mal unsere Erde betreten kannst und deswegen solltest du dir alles in Ruhe durch den Kopf gehen lassen" fuhr der Halbelf fort und blickte nun wieder in die Augen des Braunhaarigen. Kratos senkte seinen Kopf, denn er hatte Yuan darum gebeten, ihm bei Problemen sofort Bescheid zu geben. Er solle sich nun entscheiden? Wie durfte er diese Frage verstehen? Bevor er hätte diese Frage stellen können, wurde ihm stattdessen eine wichtige Frage gestellt. "Ist dir deine selbst auferlegte Verantwortung und Pflicht wirklich so wichtig? Du weißt, dass du nicht gehen musst und... Dein Sohn und vor allem Raine würden nicht wollen, dass du wieder aus ihrem Leben verschwindest. Sag mir, ist dir eine dumme Pflicht wichtiger, als eine hübsche Frau, die dich wirklich sehr mag und dich braucht?". Der Braunhaarige blieb stumm und natürlich wusste er eigentlich die Antworten auf diese Fragen, aber er konnte und durfte einfach nicht seine Pflichten vergessen. Mit leisen Schritten lief er zum Stuhl, zog sich langsam an und legte seinen Umhang neben Raine auf die Bettdecke. Sich dem Nachtschrank zuwendend, holte er einen Stift und ein Blatt Papier hervor, um ihr eine Nachricht zu hinterlassen. Seufzend legte er den Abschiedsbrief auf seinen Umhang, beugte sich noch mal zur jungen Halbelfe hinab und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Verzeih mir, Raine... Ich muss meine Pflicht erfüllen, auch wenn es bedeutet, in ewiger Einsamkeit zu verharren" wisperte er und strich ihr ein letztes Mal durch ihr seidiges Haar. Nach einigen Minuten stieg Kratos aus dem geöffneten Fenster und ließ die letzten Tage in seinen Gedanken revue passieren. Die Zeit mit Raine würde er sicherlich nicht vergessen können, denn seit Jahren hatte er sich nicht mehr so geborgen und lebendig gefühlt. Sogar herzhaft lachen hatte er müssen, doch nun war die Zeit gekommen, seine eigenen Interessen zu vergessen, um seiner Pflicht nachkommen zu können. "Kratos, bist du dir sicher? Ich sage dir, ich kann dir nicht versprechen, dass du zurückkehren kannst" wollte Yuan in Erfahrung bringen und blieb mit verschränkten Armen vor Kratos stehen, da er dessen Traurigkeit sehr wohl in den Augen erkennen konnte. Wenn er Raine doch mochte, sollte er nicht gehen, sondern ihr den nötigen Halt geben und mit ihr das gemeinsame Glück genießen. Wieso wollte Kratos so sehr in die Einsamkeit zurück? "Yuan, mein Freund. Bleib in den nächsten Tagen bei ihr und stelle sicher, dass sie nichts Dummes tut. Soll es mein Schicksal sein, dass ich nicht mehr zurückkehren kann, dann muss ich mit diesem Schicksal leben" erwiderte Kratos und sah den Halbelfen eindringlich an. Er wollte nur, dass Raine nicht komplett den Boden unter ihren Füßen verlor. Bei dem Gedanken, dass sie in ein tiefes Loch fiel, verspürte er einen schmerzhaften Stich in seinem Herzen, weswegen er nochmals über die möglichen Optionen nachdachte. Er könnte bleiben, aber das würde bedeuten, er würde die Engel in Welgaia im Stich lassen. "Es ist nicht meine Aufgabe, Kratos, aber... Du bist mein Freund und deswegen werde ich ein Auge auf Raine halten. Du machst einen gewaltigen Fehler, aber ich werde dich nicht umstimmen, da das die Aufgabe dieser Frau ist" entgegnete Yuan leise und deutete auf Raine, welche schlafend im Bett lag und von Kratos' Fortgehen im Moment noch nichts ahnte. "Danke..." murmelte Kratos und setzte sich in Bewegung. Neben Yuan blieb er nochmals stehen, legte seine Hand freundschaftlich auf dessen Schulter und ließ seine Flügel erscheinen. Eine stumme Verabschiedung zwischen zwei Freunden, ehe Kratos vom Boden abhob und sich auf dem Weg zurück in die Einsamkeit machte. Yuan seufzte und stieg nun durch das Fenster, verschloss es hinter sich und setzte sich auf einen Stuhl, während er Raine beobachtete, welche tastend nach Kratos suchte. "Du bist ein Idiot, Kratos" dachte sich der Halbelf und machte sich schon mal auf den baldigen Morgen gefasst. "Ich verstehe dich einfach nicht, aber du warst mir schon immer ein großes Rätsel" fügte Yuan noch gedanklich hinzu. So viele Fragen stellte er sich im Moment, aber die Antwort konnte nur Raine ihm geben, aber er würde sie nun nicht wecken. Nein, er würde bis zum Morgengrauen warten. Nur eines wusste er mit absoluter Sicherheit. Sein bester Freund würde seine voreilige Entscheidung noch bereuen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)