Mein einzigartiger Engel von xXSasukeUchihaXx (Kratos x Raine x ?) ================================================================================ Kapitel 10: Wahrhaftige Überraschung ------------------------------------ "Genis... Hör mir zu...". "Ist der Abend nicht wunderschön?" hauchte der junge Halbelf verliebt und nahm die Worte von Regal überhaupt nicht wahr. Nein, in seinen Gedanken tanzte er immer noch mit Presea, welche er endlich ein kleines Stück näher gekommen war. Am liebsten hätte er sie auf den Mund geküsst, aber er hatte sich einfach nicht getraut und nun saß er mit Regal, Zelos und Lloyd an einem Tisch. Hin und wieder warf er schmachtende Blicke über seine Schulter, da sich Presea nun mit Colette und Sheena unterhielt. Was die Mädchen wohl untereinander beredeten? Vielleicht erzählte Presea gerade, dass sie ihn auch sehr mochte, oder? Das wäre toll, dachte sich Genis und erneut entwich ihm ein wohliger und verliebter Seufzer. "Es reicht, Kleiner. Ich reiße dich ungern aus deinen Tagträumereien, aber wir sind auf deine Hilfe angewiesen. Deine Schwester...". Während Zelos diese Worte zischte, ergriff er den Kragen des Jüngsten und deutete mit seiner freien Hand zu Raine, welche seit einer halben Stunde ein Gesicht zog, als würde die Welt jeden Augenblick untergehen. "Deine Schwester ist traurig und wir wollen wissen, warum sie nicht glücklich ist?" beendete der Rothaarige seinen Satz und endlich schien der Kleine aus seinen Träumereien zu erwachen. Seine blauen Augen weiteten sich, ehe er einen prüfenden Blick zum Tisch warf, an welchen seine Schwester und Kratos saßen. "Zelos, lass seinen Kragen los und bewahre Ruhe" erläuterte Regal und endlich setzte sich der ehemalige Auserwählte wieder auf seinen Stuhl, nicht ohne sein Kinn auf seine Hand zu stützen. "Genis... Was hat Professor Raine? Kratos hätte sie beinahe geküsst, also...". "Geküsst?" rief Genis und hielt sich im nächsten Moment den Mund zu. Sofort blickte er auf die Tischplatte, um den braunen Augen zu entkommen, welche nun die kleine Männertruppe ins Visier nahmen. "Was ist geschehen, Lloyd?" murmelte der junge Halbelf und sah seinen besten Freund abwartend an. Langsam und vor allem leise begann der Braunhaarige zu erzählen, um dem jungen Halbelf auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. "Mh... Ich kann auch nur vage Vermutungen anstellen. Ich schätze, dass Raine sich nun mit unzähligen Gedanken plagt" gab Genis überlegend von sich und blickte in die Runde. Inzwischen saßen auch wieder die Mädchen an ihren Tisch, wobei Sheena nun einen fragenden Gesichtsausdruck auflegte. Ja, er musste seine Vermutungen aussprechen, sonsten konnten seine Freunde ihn nicht verstehen. "Ich glaube einfach, dass meine Schwester über das 'Danach' nachdenkt. Sie hängt wirklich sehr an Kratos, teilt soviel mit ihm und ein Kuss... Stellt euch nur vor, ihr küsst eine Person, von der ihr wisst, dass diese Person in den nächsten Tagen abreisen wird. Raine plagt sich meist mit solchen Gedanken und deswegen will ich, dass Kratos unter allen Umständen bleibt. Sie würde zerbrechen, wenn er sie noch mal alleine lässt. Ich weiß es, denn ich bin schließlich ihr Bruder". Für wenige Minuten fiel kein Wort und bedrücktes Schweigen breitete sich in der Gruppe aus. Lloyd ballte seine Hände zu Fäusten und war schon der Versuchung nahe, seinem Vater zu erzählen, dass er auf keinen Fall gehen dürfe, aber Kratos würde Gründe wissen wollen und diese Gründe konnte er ihm unmöglich nennen. "Ich habe ihre Veränderungen in dem letzten halben Jahr beobachtet, Genis. Ich dachte, sie durchläuft nur eine Phase der Bocklosigkeit und...". Der Herzog seufzte bedrückt, denn nun konnte er ihre Miene bei den vergangenen Festlichkeiten durchaus verstehen. Er hatte sich zudem auch sehr gewundert, als Raine mit Kratos getanzt hatte, doch nun konnte er die Situation durchaus verstehen. "Ich stimme dir zu. Ein weiterer Abschied würde Raine wohlmöglich nicht verkraften. Ich frage mich, ob Kratos von ihren Ängsten und Gefühlen weiß?". "Gute Frage, Regal. Wenn Kratos von ihren Ängsten wüsste, würde er doch nicht gehen, oder? Ich meine, er will doch bestimmt nicht ihre Gefühle verletzen" erwiderte Sheena und warf einen prüfenden Blick zu Kratos, welcher gerade leise Worte an Raine richtete. Ihre jetzige Stimmung schien ihm durchaus aufgefallen zu sein, aber die Professorin hüllte sich scheinbar in Schweigen und musterte stattdessen die Tischplatte. "Du kennst meinen Vater schlecht, Sheena. Er wird gehen, weil... Er will für seine Sünden sühnen und er fühlt sich für die Engel, die in Welgaia leben, verantwortlich" murmelte Lloyd und senkte seinen Kopf auf die Tischplatte. Diese Angelegenheit war ziemlich kompliziert und bisher sah er einfach keine mögliche Lösung. Während sich also die fast komplette Gruppe ihre Gedanken machte, saß Kratos der schweigsamen Halbelfe gegenüber und erhob erneut seine Stimme. "Raine... Ich kann dir nicht helfen, wenn du nicht mit mir sprichst". Er fragte bestimmt schon zum fünften Mal und er wollte Raine auch eigentlich nicht bedrängen, aber sie wich seinen Blicken aus und als er vor wenigen Minuten ihre Hand hatte ergreifen wollen, hatte sie ihm verständlich gemacht, dass sie im Moment keinen Körperkontakt wollte. Warum? War er auf dem Balkon wohlmöglich einen Schritt zu weit gegangen? Raine schwieg auch weiterhin eisern und unterdrückte den Drang, hier im Ballsaal, in Tränen auszubrechen. Nein, diese Blöße wollte sie sich nicht geben, auch wenn sie ihre Finger bereits krampfhaft in ihr Kleid krallte und sich dabei schon fast selbst verletzte. Eigentlich wäre sie schon längst gegangen, aber es wäre unhöflich der Prinzessin gegenüber, wenn sie nun ging und außerdem wollte sie noch sehen, wie dem Rothaarigen die Gesichtszüge entgleisten. Kratos erhob sich, denn nun riss ihm allmählich der Geduldsfaden. "Folge mir auf den Balkon" forderte er Raine emotionslos auf, denn er wusste sehr wohl, dass ihr derzeitiges Verhalten mit ihm zutun haben musste. Ohne auf eine Antwort zu warten, ging er auf den Balkon, um frische Luft zu schnappen. Einerseits war er wütend auf sich selbst, andererseits aber auch auf die Professorin, deren Schritte er nun leise hinter sich vernehmen konnte. "Erkläre mir deine Verschwiegenheit" forderte er leise auf, blickte nun zum Himmel auf und wartete geduldig auf eine ehrliche Antwort von ihr. Jedoch wartete er vergebens und er wollte sich auch schon zu ihr umdrehen, hätten sich nicht zierliche Arme um seinen Oberkörper gelegt, während er ihren Kopf auf seiner linken Schulter spürte. Er hörte ihre unregelmäßige Atmung, weswegen er seine Hände erhob und ihr sanft mit seinen Fingerkuppen über ihre Hände strich. "Raine... Bin ich einen Schritt zu weit gegangen? Ich war der Annahme, dass du auch...". Kratos errötete trotz der momentanen Situation, während er seinen Satz offen ließ. Hatte er die junge Halbelfe wirklich bedrängt? Warum hatte sie denn dann kein einziges Wort gesagt? Ein müdes Lächeln erschien auf Raine's Lippen, ehe sie sich von ihm löste und sich ihre Tränen aus dem Gesicht wischte. Kratos drehte sich nun zu ihr um, da ihm immer noch keine Antwort gegeben worden war. Wenn er doch nur wüsste, welche Gedanken die junge Professorin im Moment hegte. Eigentlich war es doch Kratos selbst, welcher die Verschwiegenheit in Person war, doch nun sagte Raine ihm zum ersten Mal nichts, obwohl er ihr doch wohlmöglich helfen könne. Kratos wollte gerade eine weitere Frage an die junge Halbelfe richten, doch plötzliche Laute aus dem Ballsaal ließen ihn stutzen, während sich Raine der offen stehenden Balkontür näherte und einen Blick ins Innere warf. "Sehr verehrte Gäste. Ich bitte um Aufmerksamkeit" sprach der König und ließ seine Augen durch die Menge schweifen. Raine trat in den Ballsaal ein und lief zielstrebig auf den Tisch ihrer Freunde zu, ehe sie sich neben Regal auf den freien Platz setzte. Sie ignorierte die besorgten Blicke ihrer Freunde, denn scheinbar machte sich jedes Mitglied ihrer damaligen Gruppengemeinschaft seine eigenen Gedanken. Kratos blieb hinter Raine stehen, nicht ohne vorher die Blicke seiner Freunde und seines Sohnes studiert zu haben, ehe er sich dem König zuwendete, welcher wohl etwas zu verkünden hatte. "Zelos Wilder... Trete vor". Der Rothaarige erhob sich, während er einen leisen Seufzer ausstieß und kurz zu Lloyd blickte. Die blauen Augen riefen stumm nach Hilfe und der Braunhaarige fragte sich nun, wovor Zelos denn solche Angst verspürte. Diese Frage stellte er allerdings nicht mehr, da der ehemalige Auserwählte bereits durch die Menge lief und vor seiner Majestät eine leichte Verbeugung andeutete. "Das Gerücht scheint der Wahrheit zu entsprechen" murmelte Regal und bekam die sofortige Aufmerksamkeit seiner Freunde. Lediglich Kratos und Raine wirkten unbeeindruckt, denn sie wussten schließlich schon von den Mutmaßungen der Gäste. "Zelos, du warst unser Auserwählter und in der Vergangenheit habe ich dir oftmals Unrecht getan. Ich bitte dich nochmals gnädigst um Vergebung" sprach der König und deutete nun seinerseits eine Verbeugung an. Zelos neigte seinen Kopf fragend, ehe ein Lächeln auf seinen Lippen erschien. "Seine Majestät muss sich nicht bei mir entschuldigen. Ich war in vielerlei Hinsicht auch kein Unschuldslamm und habe sogar meine Freunde an unsere damaligen Feinde verraten" erwiderte der Rothaarige und er erinnerte sich noch sehr deutlich, wie er im Turm des Heils die süße Colette in eine Falle gelockt hatte. Hätte er nicht eine gute Beziehung zu Lloyd aufgebaut, hätte er sich ihm vermutlich entgegen gestellt, aber im Laufe ihrer damaligen Reise durch Tethe'alla, hatte er Stück für Stück seinen Amigo ins Herz geschlossen. "Ich verstehe... Dennoch habe ich dich vortreten lassen, um dir die Hand meiner Tochter zu reichen. In anderen Worten frage ich dich, Zelos Wilder, willst du der nächste König werden und meine Tochter heiraten?". Prinzessin Hilda trat vor, blickte den Rothaarigen abwartend an und wusste binnen weniger Sekunden, dass er der Bitte ihres Vaters nicht nachkommen würde. Das Gekreische einiger Mädchen war zu vernehmen und die Stimmung im Saal wirkte ungewöhnlich angespannt. Zelos senkte seinen Kopf gen Boden, ließ sich dieses Angebot einige Minuten durch den Kopf gehen und ließ seine Augenlider sinken. "Wenn Zelos der neue König wird, dann wird Meltokio untergehen und... Die Prinzessin erst..." murmelte Sheena und schüttelte ihren Kopf. "Seine Frauengeschichten haben nichts mit der Regierung zutun. Seine Majestät weiß sehr wohl, welcher Typ Mann Zelos eigentlich ist, aber in den letzten Monaten hat sich unser Zelos speziell um die Halbelfen gekümmert. Raine, du müsstest die Veränderungen bemerkt haben und auch du, Genis" erwiderte Regal im sachlichen Ton und blickte erst zur Professorin, welche zaghaft nickte und anschließend zu Genis, auf dessen Lippen ein kleines Lächeln erschien. "Er wird nicht der nächste König werden und auch nicht Prinzessin Hilda heiraten" erklärte Lloyd nun und seufzte leise aus, als ihm fragende Blicke zugeworfen wurden. "Zelos möchte ein freier Mann sein. Er genießt seit einem halben Jahr seine Unabhängigkeit und... Einst sagte er mir, dass er nie wieder in einem goldenen Käfig gesperrt werden möchte. Sein damaliges Leben gehört der Vergangenheit an und ich werde Zelos unterstützen, wenn er meine Hilfe braucht" fügte der Braunhaarige leise lächelnd hinzu und erhob sich langsam vom Stuhl. Er hegte schon die gewisse Ahnung, dass er in wenigen Minuten gerufen werden würde, weil Zelos immer noch seine Hilfe in manchen Situationen benötigte. "Ich... Verzeiht, aber ich kann Euer Angebot unmöglich annehmen. Ich bin nicht der richtige Mann für Eure Tochter und noch weniger hege ich Interesse daran, der zukünftige König zu werden" erwiderte Zelos nach langer Überlegung und richtete sich nun wieder vollständig auf. "Ich möchte meine Freiheit genießen, Majestät. Ich möchte neue Abenteuer mit meinen Freunden bestreiten und... Ich brauche einen bestimmten Menschen um mich herum. Mein persönliches Licht" fuhr der Rothaarige nun lächelnd fort und warf einen Blick über seine Schulter zu Lloyd. "Mein Licht ist Lloyd. Mein Amigo" grinste er zum Schluss und streckte seine Hand nach ihm aus. "Du bist sein Licht? Wie dürfen wir seine Worte verstehen und... Warum wirst du so rot?" murmelte Genis und blickte fragend zu Lloyd auf, auf dessen Wangen eine beachtliche Röte erschienen war. "Das soll er euch irgendwann selbst erklären. Ich weiß, wie seine Worte gemeint sind und... Er muss unbedingt solch eine Show abziehen. Wie peinlich" entgegnete der Braunhaarige und setzte sich noch immer fluchend in Bewegung, um Zelos zu unterstützen. Zelos war im Laufe der Zeit ebenso zu einen seiner besten Freunde geworden und er wusste, wenn er die Hilfe des ehemaligen Auserwählten brauchte, könne er sich auf ihn verlassen. Raine zuckte zusammen, als sie plötzlich starke Hände auf ihren Schultern spürte und sah fragend zu Kratos auf. "Raine... Wir sollten uns allmählich auf den Rückweg machen" wisperte er ihr zu, legte ein sanftes Lächeln auf und ignorierte den fragenden Blick des jungen Halbelfen. Die Professorin nickte ihm zu, erhob sich seufzend und gab ihrem Bruder zu verstehen, dass sie nun nach Hause gehen würden. "Aber..." wendete Genis ein und blickte nun wieder zu Presea. Er wollte sie doch küssen, aber er traute sich immer noch nicht. Wieso besaß er nicht soviel Mut wie Kratos? "Presea... Ich..." stammelte er unbeholfen und senkte seinen Kopf gen Boden. Er war einfach zu schüchtern, um über seinen Schatten springen zu können. Die Rosahaarige neigte ihren Kopf fragend, wartete auf weitere Worte von Genis und betrachtete dessen aufkommende Röte auf den Wangen. Regal erbarmte sich schmunzelnd, lehnte sich zu Presea hinab und flüsterte ihr leise Worte zu. Das Gesicht der jungen Dame erhellte sich und nun blickte sie wieder zum jungen Halbelfen, welcher nervös seine Zeigefinger aufeinander tippte. Presea legte ein zauberhaftes Lächeln auf, beugte sich zu Genis vor und blickte ihm weiterhin in die Augen. "Gute Nacht, Genis" lächelte sie und vereinte ihre Lippen zu einen unschuldigen Kuss. Die junge Halbelfe wendete sich von ihrem Bruder ab, da er gerade seinen ersten Kuss erhielt und sie ihn bei seinem Glück wirklich nicht stören wollte. Stattdessen fixierte sie den Boden unter ihren Füßen und rief sich die Balkonszene ins Gedächtnis. Wie sehr sie sich auch einen Kuss von Kratos gewünscht hatte, so wären die Folgen unerträglich gewesen. "Die Antwort wird dir irgendwann dein Herz sagen" kamen ihr plötzlich die Worte von Yuan in den Sinn. Natürlich sollte sie auf ihr Herz hören, aber wenn Raine das täte, würde sie vermutlich zweifelsohne in ihr Unglück laufen. "Gute Nacht... Ich..." stammelte Genis und erhob sich von seinen Platz, lief beinahe schon mechanisch zur Tür und lehnte sich dort erstmal an den Türrahmen, um das eben Erlebte zu verarbeiten zu können. Kratos nickte den Anwesenden zum Abschied zu, lief dem jungen Halbelfen nach und betrachtete dessen verträumten Gesichtsausdruck. Vermutlich würde er den Rheaird von Genis steuern müssen, da der Kleine wohl im Moment in seiner eigenen kleinen Welt lebte. "Raine..." rief Sheena und hielt somit die Professorin auf, welche immer noch einen traurigen Eindruck auf die kleine Gruppe machte. "Professor Raine... Entschuldigung, ich... Ich wollte Sie und Kratos nicht stören. Sind Sie deswegen so traurig, weil Kratos Sie nicht geküsst hat?". Sheena warf der Blonden einen vorwurfsvollen Blick zu, denn eigentlich hätte die junge Kunoichi die Professorin nicht so direkt auf dieses Thema angesprochen. Raine errötete augenblicklich, senkte ihren Kopf und überlegte überhastet, mit welcher Ausrede sie ihre Freunde vielleicht täuschen könnte. Ihr fiel jedoch keine Ausrede ein, weswegen Raine die aufkommende Stille begrüßte und die Blicke ihrer Freunde stumm erduldete. "Du solltest dir noch keine Gedanken über die Zukunft machen, Raine. Sollte Kratos einen weiteren Versuch unternehmen, lasse es geschehen, sonst wirst du es vermutlich irgendwann bereuen" erklärte der Herzog nun sachlich und blickte zu Raine auf. Ihr war dieses Thema unangenehm, sah er doch deutlich ihre verkrampfte Haltung und wie sie sich leicht auf ihre Unterlippe biss. So hatte er die junge Professorin noch nie gesehen, aber diese Gesten zeigten ihm auch, dass ihr der Braunhaarige keineswegs gleichgültig zu sein schien. Vermutlich befand sich Raine im Augenblick in einem Zwiespalt, wie Genis zuvor schon angedeutet hatte. Einerseits hätte sie wohl einen Kuss von Kratos begrüßt, doch andererseits fürchtete sie sich vor den Konsequenzen, welche ein einziger Kuss unweigerlich mit sich bringen würde. "Ich stimme Regal zu. Kratos ist nun wirklich nicht der Typ Mann, der ohne einen Grund irgendwelche Frauen küsst. Ich weiß natürlich nicht, wie sehr du ihn magst und wie es um seine Gefühle steht, aber... Auf einen Versuch kommt es an. Hör einfach auf dein Herz" lächelte Sheena und bekam einstimmiges Nicken von Colette und Presea. Regal nickte ebenso, dennoch erhob er nochmals seine Stimme, um die junge Halbelfe zu ermutigen. "Kopf hoch und nun lasse deinen Bruder und Kratos nicht länger warten". Raine nickte dem Herzog leicht zu, ehe sie sich zum Gehen umwendete und auf Kratos und ihren Bruder zulief. "Alles in Ordnung?" wollte der Braunhaarige in Erfahrung bringen und musterte ihren Gesichtsausdruck. Raine seufzte leise aus, blickte nun zu ihm auf und lächelte den Älteren an. "Ja... Könntest du mit meinen Bruder fliegen?" fragte sie zögerlich, da ihr Bruder wohl keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. "Natürlich..." lächelte er nun ebenfalls, ergriff die Hand des Jüngsten und verließ mit Raine und dessen verträumten Bruder den Ballsaal. Ein frischer Wind wehte, als Raine ins Freie trat und ihren Rheaird aus der Flügeltasche holte. Die Kälte wurde jedoch vertrieben, als ihr ein Jackett über ihre Schultern gelegt wurde, in dessen Ärmel sie nun schlüpfte. "Genis... Dein Rheaird" erinnerte Kratos und sah den jungen Halbelfen auffordernd an. Jedoch schien er auch nach weiteren Minuten immer noch seinen Träumereien verfallen zu sein, weswegen der Braunhaarige seufzte und sich den jungen Halbelfen auf seine Schultern setzte, während er im gleichen Moment seine bläulich schimmernden Flügel auf seinem Rücken erscheinen ließ. Nach knapp zehn Minuten erreichten Kratos, welcher allmählich von seiner Last auf den Schultern umarmt wurde und Raine das Dorf Iselia und landeten vor dem kleinen Teich. "Presea... Ich mag dich wirklich sehr" murmelte Genis leise vor sich her und schlang seine Arme noch ein wenig fester um Kratos' Kopf. Auf dem Rückweg war er eingeschlafen und nun schien er von dem rosahaarigen Mädchen zu träumen. "Ich bringe deinen Bruder ins Bett" murmelte Kratos lächelnd und betrat das Haus. Raine verstaute ihren Rheaird in der Flügeltasche, atmete nochmals die kühle Nachtluft ein und betrat dann ebenfalls ihr bescheidenes Heim. Dieser Abend würde ihr vorerst in Erinnerung bleiben, denn sie hatte viel von ihrem Gast erfahren und wäre sogar beinahe von ihm geküsst worden, wäre diese Störung nicht gewesen. "Raine... Auf dem Balkon, also...". Raine schrak aus ihre Gedanken, blickte zum Braunhaarigen auf und seufzte erleichtert aus. Kratos setzte sich zu ihr an den Esstisch, musterte erst schweigend die Tischplatte, ehe er ihr wieder in die Augen blickte. "Ich hätte erst gar nicht auf solche Gedanken kommen dürfen. Verzeih, wenn ich dir nun zu nahe getreten bin". Die ganze Zeit über hatte er noch an die Szene auf dem Balkon denken müssen und eines war ihm bei seinen Überlegungen bewusst geworden. Er durfte nicht aus egoistischen Gründen handeln, sonst verletzte er nicht nur Raine, sondern auch sich selbst, weil er nicht bei ihr bleiben konnte. "Du musst dir keine Sorgen um mich machen. Es ist...". "Deine Augen verraten mir deine wahren Gefühle, Raine. Wieso versuchst du mich zu belügen?" unterbrach er die junge Halbelfe, welche erneut ihren Kopf senkte und keinen weiteren Ton von sich gab. Erst nach wenigen Minuten hob sie ihre bebende Stimme, um ihm die Wahrheit zu sagen, denn Kratos durchschaute ihre Lügen, völlig gleich, mit welcher Überzeugungskraft sie auch sprach. "Es ist in Ordnung. Ein Kuss hätte nur Probleme mit sich gebracht und auf solche Probleme kann ich wirklich verzichten. Was würde ein unbedeutender Kuss auch schon ändern? Du würdest deine und auch meine Sehnsüchte für einen kurzen Augenblick stillen und dann... Dann...". Raine verstummte, während sie ungeduldig auf ihre Unterlippe kaute, um ihre Gefühle wieder in den Griff zu bekommen. Es hätte überhaupt nicht so weit kommen dürfen, oder? Nun war es der Braunhaarige, welcher seinen Kopf senkte und keine passende Antwort wusste. Natürlich hatte er schon über mögliche Konsequenzen nachgedacht und nun wusste er auch, wieso Raine den restlichen Abend über geschwiegen hatte. Sie wollte nicht verletzt werden, würde Kratos es unweigerlich schon mit seinem Fortgehen tun und ein einzelner Kuss würde die momentane Situation nur noch komplizierter gestalten. "Raine, ich..." murmelte er und erhob sich von seinen Platz, lief um den Tisch herum und legte schließlich seine Arme um die junge Halbelfe. Einige Minuten herrschte Stille in der Küche, ehe blaue Augen vorsichtig aufblickten und die braunen Seen ergründeten. "Warum?" hauchte Raine und ließ ihre Augen zu seinen Lippen wandern. Natürlich spielte sie mit dem Gedanken und ihre Freunde hatten ihr auch Mut zugesprochen, aber ein einzelner Kuss würde ihr momentanes Verhältnis zueinander verändern und eine normale Freundschaft wäre nicht mehr möglich. Während ihr Herz diesen Wunsch äußerte, predigte ihr der gesunde Verstand, dass sie sich nicht auf einen Kuss einlassen sollte. Welchen Weg sollte Raine gehen? Reue würde sie so oder so verspüren, oder etwa nicht? "Ich wollte dir und mir einen Gefallen tun, aber... In erster Linie habe ich aus selbstsüchtigen Gründen gehandelt. Raine, ich... Ich wollte dich nicht verletzen und...". Kratos verstummte und ließ seine Augenlider sinken, während er seine Arme enger um ihren Körper schlang und einen wohligen Laut verlauten ließ. Nun war Raine diesen Schritt gegangen, obwohl er ihr die Wahrheit gesagt hatte. Handelte die junge Professorin wohlmöglich aus ähnlichen Gründen? Er wusste es nicht und neigte seinen Kopf noch ein wenig mehr, um ihren noch schüchternen Kuss zu intensivieren. Raine wusste selbst nicht, wieso sie Kratos auf diese Art und Weise zum Schweigen gebracht hatte, aber die Tatsache, dass er ihren noch sehr schüchternen Kuss nun erwiderte, ließ ihr Herz unweigerlich um einige Takte schneller schlagen. "Kratos..." murmelte sie in ihren Kuss hinein, erhob ihre Hände und umrahmte sein Gesicht. Raine spürte sehr wohl, wie er gegen ihre Lippen grinste, nur einen Wimpernschlag später seine Zunge aus seinen Mund gleiten zu lassen und stumm um Einlass bat. Als er nach wenigen Sekunden jedoch keine Reaktion von ihr bemerkte, zog er seinen Kopf zurück, löste somit ihren Kuss und öffnete seine Augen wieder. Vielleicht überrumpelte er die junge Professorin mit derartigen Küssen und vielleicht genügte dieser Kuss vorerst, auch wenn er immer noch leicht irritiert war. Raine hatte einen großen Schritt gemacht und nun saß sie vor ihm, während Kratos selbst vor ihr hockte und ihre geröteten Wangen betrachtete. Die blauen Augen öffneten sich nun endlich und sahen nur für einen kurzen Moment in seine braunen Seen, ehe Raine ihren Kopf aus Verlegenheit senkte. Was hatte sie sich nur gedacht? Musste sie nun diesen Kuss sofort bereuen? Die junge Halbelfe wusste es nicht und zog ihre Hände zurück. In Gedanken versunken, fuhr sie mit ihrem Zeigefinger ihre Lippen nach, welche noch immer leicht kribbelten. Nein, im Moment konnte sie den Kuss nicht bereuen, denn sie hatte ihren schüchternen Kuss genossen, auch wenn sie nicht auf seine stumme Bitte eingegangen war. Was Kratos wohl nun von ihr dachte? Erst machte sie solch einen Aufstand und dann nahm sie, entgegen gesetzt ihrer Bedenken, seine Lippen ohne Vorwarnung in Besitz. Eine Hand auf ihrer linken Wange ermutigte Raine, ihm erneut in die Augen zu sehen und bemerkte sein sanftes Lächeln auf seinen Lippen. "Es ist alles in Ordnung" hauchte er ihr zu, denn sie sollte sich nun keine Gedanken um irgendwelche Konsequenzen machen. "Es ist schon spät. Komm, wir sollten ins Bett gehen" fügte er genauso leise hinzu, strich ihr nochmals über die Wange und erhob sich schließlich aus seiner hockenden Haltung. Auch er hatte ihren Kuss genossen, aber er würde nun kein Wort mehr über dieses Thema verlieren. Vielleicht war dieser Kuss ein Fehler gewesen, aber er wollte nichts bereuen, weil er die junge Halbelfe wirklich sehr mochte. Noch war er bei ihr und würde ihr bei der Suche nach Samiel Selia helfen. Raine nickte ihm schließlich zu, erhob sich vom Stuhl und folgte Kratos in den Flur. Er schien ihren Kuss nicht zu bereuen, also besaß die junge Professorin auch nicht das Recht, nun von Reue zu sprechen. Es mochte stimmen, der baldige Abschied würde ihr erneute Schmerzen bereiten, doch bis dahin sollte sie im Hier und Jetzt leben. Ja, Raine wollte die gemeinsame Zeit mit Kratos genießen, auch wenn sie nun nicht wusste, wie sie mit ihm umgehen sollte. Nun, die Zeit würde vermutlich zeigen, wie sich ihr Verhältnis zueinander entwickelte, denn nun konnte sie ihn nicht mehr als einfachen Freund betrachten. Nein, er war auf einen Schlag sehr viel mehr in ihren Augen geworden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)