Last Promise von Sky- (L and BB) ================================================================================ Kapitel 6: Versprechen ---------------------- Es dauerte Stunden, bis Beyond sich weitgehend beruhigt hatte, dass er wieder losgebunden wurde und still weinte er seitdem vor sich hin. Zwischendurch verlor er immer wieder das Bewusstsein und war dann nicht mehr ansprechbar. Als L dann schließlich zur Untersuchung musste, wandte er sich an eine der Schwestern und erkundigte sich nach der Ursache für seinen Zustand. „Der Junge war in der Hölle!“ antwortete Schwester Abigale, woraufhin sie von ihren religiösen Kolleginnen verärgert angestarrt wurde. „Als er hier eingeliefert wurde, war sein Zustand kritisch und er war fast tot. Vollkommen unterernährt und dehydriert, er hatte überall schwere Verletzungen und auch innere Blutungen und es ist ein Wunder gewesen, dass er es überhaupt überlebt hatte.“ „Aber wie konnte das nur passieren und wer hat ihm das angetan?“ „Das weiß ich nicht, aber das ist nur das geringste Übel, was ihm zugestoßen ist.“ L fragte nach was es denn nun sei, aber da die anderen Krankenschwestern Abigale zum Schweigen ermahnten, sagte sie nichts mehr und so ging er wieder in sein Zimmer. Das Frühstück wie auch das Mittagessen waren fade und es dauerte seltsam lange, bis Beyond von einer Untersuchung wieder zurückkam. Seine Augenbinde war abgenommen worden und zum ersten Mal konnte L sein ganzes Gesicht sehen. Er hatte ebenso tiefschwarze Augen wie er selbst, nur wirkten diese leer und orientierungslos. Wie tot lag er in seinem Bett und weinte leise vor sich hin. „Hey Beyond was ist denn los? Willst du reden?“ „BRING MICH UM!!!!“ schrie der Junge und vergrub sein Gesicht in den Händen und rief immer wieder die Worte „Bring mich um! Bitte bring mich jemand doch endlich um!!!“ L war fassungslos über diese derartige Verzweiflung und ihm selbst kamen die Tränen. Was um alles in der Welt war denn passiert, dass dieser 8-jährige sterben wollte? Schnell ging L zu ihm und wollte ihn trösten, doch er hielt inne als er ihn umarmen wollte. Sicher würde er wieder einen panischen Anfall bekommen, wenn er ihn berührte. „Warum soll dich jemand umbringen? Bitte sag mir doch, warum du hier bist…“ Doch es dauerte eine ganze Weile bis Beyond wieder ruhig war und begann mit zitternden Worten zu erzählen, was vorgefallen war. „An der Uni war ich der Beste und die Professoren nahmen viel Rücksicht, weil ich noch jung war und zudem keine Eltern mehr hatte. Es gab da eine Clique, die deswegen total sauer auf mich war und deshalb angefangen hat, mich zu schikanieren. In meinen Spind haben sie Ungeziefer und Glassplitter versteckt und in meine Turnschuhe Nägel hineingetan. Als ich es irgendwann nicht mehr ertragen konnte und dabei auch ernsthaft verletzt wurde, wollte ich Professor Isaak sprechen und hab beobachtet, wie sie die Examenprüfungen geklaut haben. Professor Isaak ist eine wichtige Vertrauensperson für mich, er hat sich immer wie ein Vater um mich gekümmert. Und als ich dann schließlich von der Schikane erzählt habe, ist mir das mit den geklauten Prüfungen herausgerutscht und dann... und dann…“ Er versuchte verzweifelt die Tränen zu bekämpfen, war aber kaum in der Lage dazu und schwieg. Doch L konnte sich schon denken, was sie ihm angetan hatten. Schließlich schaffte er es dann doch den Satz zu Ende zu bringen. „Sie haben mich geschlagen, auf meiner Haut Zigaretten ausgedrückt und die Fingernägel herausgerissen. Dann war da noch dieser eine Typ… er hat… er hat mich… oh Gott!!! Ich will das nicht!!! Bitte, ich will das nicht mehr. Lasst nicht zu, dass er mich wieder anfasst. ICH WILL NICHT!!!“ „Nein… das kann doch nicht wahr sein…“, stammelte L und nahm Beyond in die Arme. „Er hat es immer und immer wieder getan und die anderen haben nur gelacht. Bitte… bitte töte mich… ich will nicht mehr mit dieser Erinnerung leben.“ Beyond zitterte am ganzen Körper und schien wirklich durch die Hölle zu gehen. „Ich habe solche Angst, dorthin zurückzukehren. Ich will das nicht mehr. Lieber will ich sterben, als dass ich wieder zurückgehe… Bitte hilf mir zu sterben.“ Doch das konnte L nicht zulassen. Wozu hatte er sich sonst für den Weg als einsamen Detektiven entschieden, wenn er Menschen tötete? Irgendwie musste er den armen Beyond helfen, aber wie? Er war doch nur ein Kind, mehr nicht und da half selbst die höchste Intelligenz nicht, wenn niemand ihm zuhörte. „Ich gehe mal mit dem Doktor sprechen. Kommst du zurecht?“ Beyond nickte schluchzend und wischte sich die Tränen aus den Augen, während L das Zimmer verließ, um mit dem zuständigen Arzt zu sprechen. Zufällig kam er am Schwesternzimmer vorbei wo sich zwei Krankenschwestern zu unterhalten schienen. „Hast du schon von dem Jungen in Zimmer 214 gehört?“ „Ja na klar. Dieses Mal hat es vier Krankenschwestern gebraucht, um diesen verfluchten Bengel endlich festzuhalten. Wenn das so weitergeht, bringt er uns alle noch in Gefahr.“ „Ich habe schon mit Dr. Norton geredet. Wenn er weiterhin so ein Theater macht, wird er für die nächsten Jahre in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen und da auch nicht mehr so schnell rauskommen.“ Fassungslos blieb L stehen und hatte das Gefühl, die Erde tat sich unter seinen Füßen auf und er würde in ein tiefes schwarzes Loch fallen. Beyond sollte für immer in eine geschlossene Psychiatrie gesperrt werden? Das konnten die noch nicht tun… Er würde sich bei der nächsten Gelegenheit umbringen, oder mit Medikamenten vollgepumpt werden. Er musste irgendetwas unternehmen und dazu musste er Watari anrufen. Er fuhr mit dem Aufzug hinunter ins Erdgeschoss zum Telefon und wählte die Nummer, unter der Watari meist zu erreichen war. Schließlich meldete er sich endlich. „Watari, ich bin es: L“ „L, was gibt es denn? Ist irgendetwas passiert?“ „Können Sie bitte so schnell es geht vorbeischauen? Am Telefon kann ich das wirklich schlecht erklären.“ Watari versprach, noch in spätestens zwei Stunden da zu sein und L kehrte wieder auf sein Zimmer zurück, weil er anfing, sich Sorgen um Beyond zu machen. Er kam auch gerade rechtzeitig, denn Beyond war kurz davor, sich mit einem Glassplitter den Hals aufzuschneiden. „Beyond, lass den Blödsinn!“ „Nein! Lass mich! Ich kann einfach nicht mehr damit weiterleben. Wenn ich schon die Wahl habe, dann sterbe ich lieber! Es gibt doch sowieso niemanden, der mir nachtrauern würde.“ „Du irrst dich! Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn dir etwas passiert! Also bitte hör endlich auf damit…“ Nach einem Gerangel gelang es L schließlich, Beyond den Splitter abzunehmen und aus dem Fenster zu werfen. Doch Beyonds Hände waren verletzt und L hatte einen Kratzer am Arm, aus dem Blut heraustropfte. Beyond versorgte die Wunde, ließ aber seine eigenen unbehandelt und wollte auch keine Hilfe. „Hast du dir die Verletzungen selbst zugefügt?“ „Ein paar davon schon. Der Schmerz hat mich wenigstens von dieser Erinnerung befreien können und immer wenn ich das Blut sehe, dann fühle ich mich so… erleichtert. Es ist so, als würde ich mir dabei innerlich vorstellen, dass diese Mistkerle bluten…“ „Hör bitte auf damit. Nicht mir, sondern dir zuliebe. Was bringt dir das, wenn du dich verletzt und dich dann nachher noch schlechter fühlst?“ Beyond antwortete nicht und ohne Widerstand ließ er sich von L verbinden. „Selbst wenn ich hier rauskomme“, murmelte er und starrte wie betäubt ins Leere „niemand wird auf mich warten, wenn ich hier rauskomme. Wozu also soll ich mir Mühe geben? Die Schwestern reden sowieso schon alle über mich und nennen mich einen Freak.“ Es hatte keinen Sinn, weiter mit Beyond zu reden und so schwiegen sie bedrückt, bis schließlich Watari ins Zimmer kam. Wie immer war er wie ein typisch englischer Gentleman gekleidet und nahm seinen Hut ab, als er eintrat. „L, entschuldigen Sie die Verspätung, aber der Verkehr war fürchterlich. Ich habe übrigens mit dem Arzt geredet: Sie können schon übermorgen entlassen werden.“ „Das ist schön Watari, aber könnten wir woanders weiterreden?“ Er sah vorsichtig zu Beyonds Bett herüber und musste feststellen, dass dieser sich unter seiner Bettdecke verkrochen hatte und schlief. Trotzdem wollte er sich lieber woanders mit Watari besprechen. Sie gingen auf die Terrasse und setzten sich in den Schatten des Sonnenschirms. L wirkte sehr ernst, wenn auch gleich bedrückt. „Watari, dieser Junge, mit dem ich auf einem Zimmer bin… er ist sehr krank und hat niemanden, der sich um ihn kümmern kann. Sein Name ist Beyond Birthday.“ „Über den habe ich schon etwas gehört. Man sagt, er neigt zu Paranoia und zu Wutausbrüchen. Dem letzten Psychiater hat er mit einem Kugelschreiber das linke Auge ausgestochen.“ „Watari, dieser Junge ist hochintelligent und er besitzt analytische Fähigkeiten. Er hat eine schwere Zeit durchgemacht, aber wenn man ihn in eine geschlossene Psychiatrie sperrt, dann wird er keine Zukunft mehr haben. Er ist mir in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich… fast wie ein Bruder, wenn man es genauer nehmen will. Ich will ihm helfen und wollte Sie deshalb fragen, ob er nach seiner Entlassung nicht mit uns zusammenarbeiten kann. Es spricht doch nichts dagegen, dass er zu uns kommen kann. Dann ist er wenigstens nicht so alleine.“ „L… meinen Sie das etwa ernst?“ Entsetzt sah Watari den 8-jährigen L an und wäre ruckartig aufgestanden, doch er konnte sich beherrschen. Was zum Teufel war denn mit L los? Kaum musste er mit einer schweren Verletzung ins Krankenhaus, schon setzte er sich diese hirnrissige Idee in den Kopf, mit irgendwelchen psychisch gestörten Kindern zusammenzuarbeiten und sich dabei auch noch in Gefahr zu bringen. Immerhin hatte dieser Beyond Birthday seinem Psychiater das Auge ausgestochen. Wer weiß, was er L bei seinem nächsten Wutausbruch alles antun würde. „Ich bin mir hundertprozentig sicher, Watari. Beyond ist wirklich sehr intelligent und aufgeweckt und ich denke, dass er als Freund und Kollege wirklich die beste Wahl ist. Und mit zusammenarbeiten meine ich damit Seite an Seite.“ „L, ich weiß nicht, ob das wirklich so eine gute Idee ist.“ „Meine Entscheidung steht fest. Ich verstehe Ihre Bedenken und gebe zu, dass er mir in manchen Momenten Angst macht, aber andererseits kann ich ihm Hoffnung geben, wieder ein normales Leben führen zu können und etwas Unterstützung kann ja nie schaden.“ Damit verabschiedeten sie sich wieder und L kehrte auf sein Zimmer zurück. Beyond Birthday war in der Zwischenzeit wieder aufgewacht und summte leise ein Lied vor sich hin. „Was singst du denn da?“ „Ein altes Kinderlied, von dem ich aber den Namen nicht kenne. Meine Mutter hat diese Lieder immer gehört und abends hat sie mir dann dieses eine Lied vorgesungen. Sag mal L… irgendetwas beschäftigt dich doch, oder?“ Seufzend nickte L und erzählte Beyond, dass er bald entlassen würde. Wie er befürchtet hatte, brach dieser in Tränen aus und L hatte Mühe, ihn wieder zu beruhigen. „Beyond, nur weil ich entlassen werde, heißt das doch noch lange nicht, dass wir uns niemals wieder sehen. Wir sind doch Freunde und ich habe veranlasst, dass du mit mir zusammenarbeiten wirst, wenn du entlassen wirst.“ „Du L, können wir heute Abend zum Teich gehen?“ Es war dunkel geworden und das Quaken der Frösche lauter wie nie. Doch das störte L und Beyond nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Sie saßen im Gras, lauschten dem Froschgesang und beobachteten die Sterne. Hin und wieder konnte man ein paar Glühwürmchen sehen und alles wirkte so friedlich und harmonisch. „L, wirst du auf mich warten?“ „Natürlich werde ich das. Egal wie lange es auch dauern mag, ich verspreche dir, dass ich dich abholen komme und dann werden wir gemeinsam die Welt verändern.“ Daraufhin reichte er ihm den kleinen Finger und grinste. „Versprochen! Und ich werde mein Bestes geben, um schnellstmöglich wieder gesund zu werden.“ Damit besiegelten sie ihren Vertrag und begannen, kleine Steinchen in den Teich zu werfen. Es war eine unglaublich friedliche Nacht und dieser Moment schien eine Ewigkeit anzudauern. „Endlich habe ich jemanden, von dem ich sagen kann, dass er auf mich warten wird. Er wartet voller Geduld auf mich und wenn ich endlich da bin, dann sagt er mir Willkommen zuhause, Beyond. Das ist meine einzige Hoffnung, die mir noch bleibt.“ Den Rest des Abends saßen sie schweigend da und beobachteten die Glühwürmchen und Sterne und als ihnen zu kalt wurde, gingen sie wieder auf ihr Zimmer und zurück und schliefen friedlich ein. Als L dann schließlich entlassen wurde, war dies für Beyond ein wirklich schmerzlicher Abschied, aber die Hoffnung, dass jemand auf ihn warten und ihn aufnehmen würde, gab ihm genug Kraft, um die vier Jahre der Behandlung durchzustehen. Es waren vier lange und auch harte Jahre und oft stand Beyond kurz davor, den Kampf gegen seine finstere Seite zu verlieren, aber die Hoffnung auf seine Rückkehr zu L ließ ihn immer wieder aufstehen und als er endlich entlassen wurde, war seine Freude groß, als ein Mann zu ihm kam, der sich ihm als Watari vorstellte und sagte, dass er im Auftrag von L gekommen sei. Aufgeregt wie ein kleiner Junge am Weihnachtsabend saß er auf der Rückbank des Rolls Royce und wiederholte in Gedanken immer wieder „Ich werde bald bei L sein“. Doch als er vor dem Waisenhaus stand und ihm verkündet wurde, dass er ausgewählt worden sei, um mit anderen hochbegabten Kindern als Nachfolger für L zu kämpfen, da brach diese Hoffnung zusammen... Eine nach außen hin erscheinende kleine Welt, die für diesen bereits 12-jährigen Jungen alles gewesen war, woran er sich noch hatte klammern können, zerbrach und er verlor jegliche Hoffnung. All das, woran er sich noch hatte halten können, was ihm Kraft im Kampf gegen dieses innere Monster gegeben hatte, existierte nun nicht mehr und dies war das Erwachen des verbitterten wie hasserfüllten Mörders Beyond Birthday. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)