Lost in Nightmares von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Forgotten, but not forgiven -------------------------------------- Es war ein Tag, wie jeder andere auch. Reno hatte die Krankenstation endlich verlassen und er fühlte sich ungewohnt gut. Als er draußen auf dem Gang Tseng begegnete, nickte er ihm kurz zu und auch in Rufus‘ Büro benahm sich der Rotschopf so, als wäre nie etwas gewesen. Der Präsident wunderte sich natürlich darüber, erst recht, weil Tseng sich wenige Minuten zuvor ebenfalls so seltsam verhalten hatte. Aber er sagte nichts dazu. Ihm konnte es ja nur Recht sein, wenn sich die beiden Turks scheinbar wieder vertrugen und sei es wirklich nur zum Schein. Hauptsache, es herrschte Ruhe und „Frieden“ bei ShinRa. Und das war ja im Momet der Fall. Der junge Turk setzte sich auf ein knappes Nicken des Blonden hin auf den Stuhl ihm gegenüber und betrachtete gewohnt lustlos die Akten, die sich auf dem Schreibtisch stapelten. Mindestens ein Drittel davon und das wusste der Turk, würden sich in wenigen Minuten auf seinem Tisch befinden. Nicht unbedingt erfreuliche Aussichten. Aber das war nunmal der Job eines Turk. Nicht nur Spaß bei Missionen, sondern auch harte Schreibarbeit war angesagt. Und bei einem solch großen Konzern wie ShinRa es war, kam da doch einiges zusammen. Reno wusste das, aber er hasste es. Ja, er war schon ein guter Turk, ein sehr guter, dem Rufus die schwierigsten Missionen anvertrauen konnte. Aber ging es um das Bearbeiten von Akten und dergleichen, hörte der Spaß auf. Auch hier wäre der junge Turk vermutlich nicht schlecht gewesen, immerhin war er nicht dumm. Er hatte nur einfach keinen Bock auf Papierkram. Warum auch? Missionen machten doch um einiges mehr Spaß und eigentlich gäbe es auch immer genug. Sollten andere doch das mit den Akten erledigen. Reno hätte auch einen guten Ersatz für sich gehabt; nämlich Tseng. Denn der schien ein totaler Workaholic zu sein und würde sich sicher über ein paar zusätzliche Akten freuen. Und wenn es ihm doch so wichtig war, ei Rufus zu punkten, würde ihm das Erledigen von zusätzlicher Arbeit doch sicher helfen. Und das war nun der Punkt, an dem der Rothaarige entscheiden musste, wo er skeptisch wurde. Zwar hasste er Büroarbeit und sah sie als pure Zeitverschwendung an, aber Tseng bei Rufus punkten lassen kam für ihn ja gleich noch viel weniger in Frage. Da vergeudete er doch lieber einen Teil seiner wertvollen Zeit und heimste sich selber ab und an ein Lob für seine gute Arbeit ein. Auch, wenn das bezüglich der Akten nicht allzu häufig vorkam. Aber besser, Reno bekam gar kein Lob, als dass Tseng noch mehr bekam. Diese Angelegenheit war nämlich immer schon ein inoffizieller Krieg bei ShinRa gewesen. Denn sowohl Reno, als auch Tseng wollten bei Rufus punkten, sich irgendwie an ihn ranmachen. Den Blonden störte das in keinster Weise. Und obwohl er wusste, was der Grund für diesen Arbeitseifer war, ließ er die beiden machen. Je mehr sie arbeiteten, desto besser war es für ihn. Dass keiner der beiden jemals eine Chance bei ihm haben würde, musste Rufus ihnen ja nicht unbedingt auf die Nase binden. Nicht, solange er dadurch entlastet wurde und solange die ganze Sache nicht zu sehr ausartete und am Ende wirklich noch eskalierte. Und solange alles ruhig blieb, spielte der junge Präsident das Spielchen gerne mit. So auch jetzt. Er tat einfach selber so, als wäre nichts vorgefallen, denn wenn Reno nichts sagte, war ja scheinbar alles gut. „Reno, ich habe Arbeit für dich.“ Diese Ansage war überflüssig gewesen, denn der Rothaarige starrte seit fünf Minuten nur auf den Berg Akten vor sich. „Hab ich gesehen, Sir.“ Ebenso überflüssig. Auch Rufus hatte den Blick nicht von seinen Unterlagen abgewandt und tat es auch jetzt erstaunlich widerwillig. Am Vortag war er genervt gewesen, sehr genervt. Und er hatte seine Wut, seinen gesamten Ärger der letzten Tage an einem seiner besten Turks ausgelassen. Er fühlte sich schuldig. Und eigentlich war das so ganz und gar nicht die Art des Blonden, galt er immerhin als eiskalter, gefühlloser Mann. Das musste er auch sein, zumindest nach außen hin. Denn ShinRa hatte viele Feinde und nicht wenige von ihnen waren mächtig. Wenn diese Feinde den Präsidenten nicht respektierten, waren er und sein Konzern verloren. Und das würde Rufus Shinra niemals zulassen. Nicht, wenn es sich vermeiden ließ. Aber das ging nun einmal nur, wenn man stark war, sich hinter einer Maske aus Eis verbarg und jeden von sich stieß, der sich einem nähern wollte. Nur dann war man wirklich sicher. Doch wie gesagt; all das war Schein, eine Maske. Das wahre Wesen Rufus‘ war ein ganz anderes. Er war kein Mimöschen und auch kein Softie, doch ebenso wenig ein skrupelloser Killer. Er hatte Gefühle wie jeder Mensch und es kostete ihn seelisch und körperlich unglaublich viel Kraft, diese Gefühle zu verbergen. Es machte ihn krank. Wenn auch viele dachten, er sei so blass, weil das einfach vererbt war, sie irrten sich. Und zwar gewaltig. Die Blässe und Dürre des jungen Mannes rührten daher, dass er immer viel zu tun hatte und sich abschottete. Er kam kaum raus und ließ niemanden an sich heran, weil das einfach zu gefährlich war. Denn immer und überall konnten ihn auch seine Turks und Soldier nicht beschützen. Sie waren auch nur Menschen und brauchten ab und ab ihren Schlaf. Etwas, das sich Rufus viel zu selten gönnte. Noch ein Grund, warum er oftmals so krank aussah. Und auch, wenn sie es nicht zugaben- weil sie sich einfach nicht trauten- seine Angestellten machten sich Sorgen um ihren Boss. Und das ziemlich oft und auch immer häufiger. Noch dazu, weil es gewisse Leute gab, die diese Schwäche ausnutzten. Und einer von ihnen, auch wen ner noch so gut und „loyal“ war, war nun einmal Tseng, der immer da war, wenn Rufus ihn brauchte, der seine volle Unterstützung, sein Leben anbot. Reno knurrte leise bei dem Gedanken an seinen direkten Vorgesetzten und hätte beinahe vergessen, dass der Präsident ihm gegenüber saß. Dieser räusperte sich nun und sah den jungen Turk aus leicht verengten Augen an. „Ich sagte du kannst gehen.“ Reno hatte das gar nicht mitbekommen, so sehr war er in Gedanken versunken gewesen. „Sir…? Darf ich… darf ich Ihnen noch etwas sagen?“ „Was?“ Skeptisch sah Rufus ihn an und runzelte dabei ein wenig die Stirn. Um welche Belanglosigkeiten mochte es sich wohl dieses Mal handeln?“ „Bitte haben Sie ein Auge auf Tseng, ja? Halten… halten Sie sich von ihm fern. Er ist gefährlich!“ Nun musste der Blonde tatsächlich lachen. Doch es war kein freundliches, eher ein verächtliches, abwertendes Lachen. „Mach dich nicht lächerlich, Reno. Ich weiß, ihr könnt euch nicht ausstehen. Aber in einem so großen Betrieb können sich nun einmal nicht alle gleich gut verstehen. Das ist… vollkommen unmöglich.“ Die Stimme des jungen Mannes war erstaunlich ruhig, als er sprach. „Außerdem stört es dich, dass es dir einfach nicht gelingt, ihn zu übertreffen. Aber da muss ich sagen, dass das allein deine Schuld ist, Reno. Streng dich etwas mehr an und jammere nicht bei jeder einzelnen Akte, als wäre ShinRa ein Sträflingslager.“ „Sir, ich…“ Doch Rufus unterbrach ihn mit einer herrischen Geste und seine eisblauen Augen verengten sich zu Schlitzen. „Und jetzt geh! Ich habe wahrlich genug zu tun und kann deine dummen Kindereien nicht gebrauchen. Also verschwinde aus meinem Büro und komm erst wieder, wenn die Akten fertig sind!“ Von den Schuldgefühlen des jungen Präsidenten war nichts mehr zu sehen, sein Blick war wieder so kalt wie eh und je. Reno stand auf und sah Rufus ungewohnt feindselig an. Doch natürlich war diese Feindseligkeit nur gespielt, denn tief im Inneren dachte der Rothaarige angestrengt darüber nach, wie er Rufus noch warnen konnte. Zwar hatte er vergessen, was genau am Vortag geschehen war, doch er wusste noch ganz genau, wie sehr Tseng den Präsidenten vereinnahmte und versuchte, ihn auf „seine Seite“ zu ziehen. Und das konnte der junge Turk beim besten Willen nicht zulassen. Er musste Rufus vor Tseng bewahren, ganz gleich, was er auch tat. Ja, der junge Turk war sauer, auch auf Rufus, nur war es als Turk einfach seine Aufgabe, den Präsidenten zu beschütze und ganz gleich, wie faul Reno auch ab und an war, dieser Pflicht war er immer ordentlich nachgekommen und das würde sich auch jetzt nicht ändern. Seufzend drehte der Rothaarige sich um und verließ ohne wein weiteres Wort das Büro des Blonden, um in sein eigenes zu gehen und die Akten zu bearbeiten, die er soeben bekommen hatte. Doch wirklich konzentrieren konnte sich Reno dabei nicht. Immer wieder schweiften seine Gedanken ab und er versuchte krampfhaft, sich irgendeinen Plan zu überlegen, was allerdings leichter gesagt war als getan. Denn was er auch tat, ihm wollte einfach nichts einfallen. Ja, Tseng war clever und Rufus glaubte ihm alles. Der Director der Turks verstand sich darin, unbemerkt zu schleimen und seine Position zu nutzen. Und noch dazu war Rufus jung und „unerfahren“. Da Tseng ihm also immer wieder seine Hilfe anbot und ihm ewige Treue schwor, konnte der junge Präsident eigentlich gar nicht anders, als sich auf ihn zu stützen. In seinem Büro angekommen, warf Reno die Akten auf den Tisch und setzte sich dann auf den Stuhl, auf dem er sich gleich zurücklehnte und die Augen schloss. Ja, Reno hatte vergessen, was am Vortag geschehen war, seine Wunde war durch Hojos Mittel geheilt und so gab es auch nichts, was den Rothaarigen hätte erinnern können. Und dennoch hasste er Tseng, er hasste ihn mehr als alles andere, abgesehen eben von dem Wissenschaftler. Irgendetwas musste dem Turk also einfallen. Er musste Rufus vor dem Schwarzhaarigen beschützen, ganz gleich, was es ihn selber auch kostete. Doch wie sollte er das anstellen? Der Präsident hatte sich von Tseng einlullen lassen, er vertraute ihm voll und ganz. Und gerade eben hatte Reno ja schmerzlich feststellen müssen, dass er Rufus niemals würde überzeugen können. Und langsam aber sicher gab er die Hoffnung auf. Einzig und allein seine Liebe zu dem sturen Blonden sorgte dafür, dass der Ausnahmeturk die Hoffnung noch nicht ganz aufgab. Das konnte er einfach nicht. Nein, er würde einen Weg finden; irgendeinen. Und er würde Rufus beweisen, dass Tseng nicht der loyale Turk war, für den er sich ausgab, dass er immer und immer wieder versuchte, Rufus um den Finger zu wickeln. Leider Gottes mit Erfolg… Wütend schlug Reno mit der Faust auf den Tisch und eine der Akten rutschte vom Stapel. Sie stieß die halbvolle Kaffeetasse an, die daneben stand, sodass diese umfiel und sich der mittlerweile kalte Inhalt über den Tisch ergoss. In letzter Sekunde gelang es dem Rothaarigen, die Schriftsticke in Sicherheit zu bringen, ehe der gesamte Tisch von einer dünnen, dunkelbraunen Schicht Kaffee bedeckt war. Er fluchte leise. Scheinbar wollte hier rein gar nichts mehr so richtig klappen. Müde legte Reno die Akten auf seinen Stuhl, wischte den Kaffee vom Tisch und ließ dann den Kopf hängen. Der kleine Funken Hoffnung, den er gerade wieder entfacht hatte, schien nach und nach doch wieder zu erlöschen. Es war eigentlich gar nicht Renos Art, aufzugeben, doch was sollte er noch tun? Es war doch hoffnungslos. Welche Chance hatte er denn schon gegen einen Mann wie Tseng? Gegen einen Turk, der genau wusste, wie man de Schwachen um den Finger wickelte und für sich gewann. „Nein…“, hauchte der Rothaarige dann aber und schüttelte stur den Kopf. „Nein, nein, nein!“ Er konnte das einfach nicht. Auch, wenn es eigentlich keine Hoffnung gab, konnte er nicht zulassen, dass Rufus durch den Director nach und nach vernichtet wurde, ohne dass er selber es merkte. Einmal wollte Reno es also noch versuchen, einmal seine ganze Sturheit aufbringen und mit dem Blonden reden. Und wenn es wieder nicht half, wenn Rufus ihm abermals nicht glaubte, dann konnte selbst Reno nichts mehr für ihn tun. Dann würde er aufgeben. Denn auch ein Sturkopf wie Reno hatte irgendwann seine Grenzen erreicht. Seufzend klappte er eine der Akten auf und begann, sie zu überfliegen. Aber der Turk achtete gar nicht wirklich auf das, was da stand, wusste nicht, um wen oder was es da ging. Er achtete nur auf die Vollständigkeit des Berichtes und darauf, dass Rufus seine Unterschrift an das Ende gesetzt hatte. Alles andere war dem Rothaarigen im Moment vollkommen egal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)