Götterhauch von Flordelis (Löwenherz Chroniken III) ================================================================================ Kapitel 38: Wahrheiten ---------------------- Bereits eine Woche nach diesen Ereignissen schien alles schon wieder seinen gewohnten Lauf zu nehmen. Jedenfalls für alle außer Anthony, der nur von den Wiederherstellungsvorgängen hörte, während er im Krankenhaus lag. Dort war er schließlich aufgewacht, nachdem er in seinem eigenen Unterbewusstsein ohnmächtig geworden war. Dr. Dumont, Alexanders Vater, hatte ihm zwar bescheinigt, dass es ihm so weit gut ginge, aber nur um ganz sicher zu sein, musste er noch eine Weile zur Beobachtung bleiben. Er störte sich nicht daran, schon allein weil er regelmäßig Besuch von allen bekam, die er kannte, und sich so nicht einmal einsam fühlen konnte – aus irgendeinem Grund war er nämlich in einem Einzelzimmer untergebracht worden. Sogar Vincent kam an einem Tag vorbei, um nach ihm zu sehen, womit er jedenfalls nicht gerechnet hatte. Es war ein wenig seltsam gewesen, mit ihm zu sprechen, nachdem ihre letzten Treffen nicht so gut gelaufen waren, und Vincent hatte das wohl genauso gesehen, denn lange war er nicht geblieben. Noch seltsamer war nur Russels Besuch gewesen, da er de ganze Zeit damit beschäftigt gewesen war, sich für sein vorschnelles Urteil zu entschuldigen, nachdem er von den Ereignissen gehört hatte, denen sie ihre Rettung verdankten. Heather kam sogar jeden Tag vorbei, obwohl sie manchmal nicht einmal miteinander sprachen, sondern nur gemeinsam das Fernseh-Programm begutachteten. Er mochte diese Zeiten ganz besonders. Sie waren zusammen, ohne dabei grundsätzlich etwas miteinander reden zu müssen. Es war angenehm. Anders als bei dem ein oder anderem Besucher. Inzwischen waren die meisten Schäden in der Stadt wieder beseitigt worden, wie ihm nicht nur berichtet wurde, sondern wie er auch in den Nachrichten sehen konnte. Glücklicherweise hatte der Ausnahmezustand nicht lange angehalten, weswegen die Schüler aus Peligro nicht dazu gekommen waren, sonderlich viel anzurichten. Noch dazu waren, dank der schnellen Reaktion von Joel, viele von ihnen auch direkt zu Beginn gefangen genommen worden. Der größte Schaden war durch eine Massenhysterie angerichtet worden, die von der Polizei hatte beendet werden müssen. Und das war relativ schnell gegangen – etwa drei Stunden. Ob das wirklich schnell war, konnte Anthony nicht sagen, er verließ sich auf die Nachrichten. Aber nun, eine Woche danach, sah es fast so aus, als wäre nie etwas vorgefallen. Auch Anthony konnte es nur wirklich glauben, weil er Kais Präsenz in seinem Inneren nicht mehr spüren konnte. Er war hinter diesen Toren, gemeinsam mit Ladon – und das vermutlich für immer, um einen ewigen Kampf mit ihm auszufechten. Und wegen dem, was seine Freunde darüber noch mitteilten, war er auch noch sicher, dass alles wirklich geschehen und nicht nur ein eigenartig realistischer Traum gewesen war. „Ich verstehe immer noch nicht, was in den paar Minuten passiert ist, in denen ich nicht da war.“ Marc lag quer über Anthonys Bett und damit auch über seinen Beinen, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, während er an die Decke starrte. Anthony bemerkte dabei, dass Marc erschreckend leicht war, er spürte sein Gewicht kaum auf den Beinen. „Ich war bewusstlos, oder?“ „Das musst du mich nicht fragen. Ich war immerhin auch nicht da.“ Dabei erinnerte Anthony sich genau daran, dass Marc in seinen Armen gestorben war, und er selbst danach von Ladon übernommen worden war. Aber was sonst noch geschehen war … Für Marc, der offenbar von niemandem in Kenntnis gesetzt worden war, schien diese Antwort nicht sonderlich befriedigend zu sein. Er runzelte seine Stirn. „Mein Anhänger ist auch kaputt gegangen. Jetzt muss ich einen neuen kaufen.“ „Das übernehme ich“, erwiderte Anthony. „Als dein bester Freund sollte ich das erledigen.“ Ohne Marcs Hilfe wäre er immerhin auch gestorben. Entweder durch den Angriff der Roboter oder weil er in seinem Unterbewusstsein aufgegeben hätte. Erst durch die Stimme seines Freundes war es ihm möglich gewesen, genug Selbstvertrauen für den Angriff zu sammeln. Marc richtete sich wieder auf und sah ihn schmunzelnd an. „Danke, Mann~. Du weißt ja, wie es bei mir immer finanziell aussieht.“ Was noch ein Grund dafür war, dass er derjenige war, der diesmal den Anhänger bezahlen wollte. Außerdem hatte er das Gefühl, noch nicht sonderlich viel für ihn getan zu haben, obwohl sie Freunde waren, und er wollte das ein wenig ausgleichen. „Aber erst musst du hier mal wieder rauskommen und Freiheit schnuppern.“ Als ob er hier eingesperrt wäre. Aber Anthony war überzeugt, dass es für jemanden wie Marc ein Gefängnis sein musste. Genau wie es das für Kai gewesen war. „Bald sind Sommerferien“, fuhr Marc fort, „wir überlegen schon, wo wir hingehen wollen.“ „Was sind Ferien?“ Marc starrte ihn an, als hätte er gerade die Existenz von Wasser in Frage gestellt. „Hattet ihr m Waisenhaus keine Ferien?“ „Wir hatten jeden Tag Unterricht. Glaube ich.“ Inzwischen erschien ihm dieser Unterricht schon wie aus einem gänzlich anderen Leben, das wie die Erinnerung an einen Traum immer mehr verblasste. Er musste ihm aber nicht hinterhertrauern, denn sein jetziges Leben war um einiges besser. Marc räusperte sich theatralisch. „Ferien sind die Zeit im Jahr, in der keine Schule stattfindet und alle Schüler und Lehrer tun können, was sie wollen.“ „Ist das nicht ...“ Anthony suchte nach dem richtigen Wort, das erklären könnte, was er darüber dachte, ohne zu unhöflich zu sein – aber er fand keines. „ Ist das nicht Zeitverschwendung?“ „Nein!“ Marc hob belehrend einen Zeigefinger. „Ferien sind die Zeit des Jahres, in der die schwer gestressten Schüler – und Lehrer – sich endlich ausruhen und Dampf ablassen können. Wir laden unsere Batterien auf, damit wir im Anschluss noch besser lernen können. Das ist also eine Win-Win-Situation für jeden.“ Das Konzept klang für ihn immer noch nach einer puren Zeitverschwendung. Aber wenn es den anderen so sehr gefiel und sie es als sinnvoll erachteten, wollte er nicht mehr widersprechen. Marc erhob sich vom Bett und verschränkte wieder einmal locker die Arme vor dem Körper. Das hatte er schon eine ganze Weile nicht mehr vor Anthony getan, aber dieser bemerkte, dass sein Freund das nur tat, weil er nachdenklich hin und her laufen wollte. „Wir haben überlegt, alle zusammen an den Strand zu fahren“, erklärte Marc dabei. „Renas Familie gehörte dort ein Hotel, weswegen wir günstig unterkommen könnten. Warst du schon mal am Strand?“ Anthony schüttelte mit dem Kopf. „Dafür hatten wir nie Zeit im Waisenhaus, wir mussten immer kämpfen oder lernen.“ Marc hielt wieder inne und sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Hast du nicht einmal gesagt, du hast vorher noch nie gekämpft?“ Er erinnerte sich nicht, ob er das wirklich gesagt hatte. Oder ob sie in Peligro wirklich hatten kämpfen müssen. Alles in seinem Leben schien ihm immer verwirrender zu werden, wie sehr er auch versuchte, alles zu entwirren „Es ist alles sehr durcheinander in meinem Gedächtnis. Aber Fakt ist, das Heim steht mitten in der Savanne, da gab es nicht viele Möglichkeiten, einen Strand zu besuchen.“ Er kannte einen solchen und das Meer lediglich aus dem bisschen, was er bislang im Fernsehen darüber gesehen hatte. „Dann wird es einmal Zeit dafür“, meinte Marc gut gelaunt. „Ich werde Rena davon erzählen, dann machen wir das auf jeden Fall.“ Es schien, als wolle er noch etwas sagen, aber etwas ließ ihn innehalten. Erst als Anthony auch ganz genau hinhörte, fiel ihm auf, dass es sich dabei um Schritte handelte, die sich dem Zimmer näherten. Da es sich am Ende des Ganges befand, kam man nicht einfach auf dem Weg zu einem anderen Raum vorbei, für einen Besuch des Arztes war es aber eigentlich zu spät und für den einer Schwester zu früh, wie Anthony nach einem Blick auf die Uhr feststellte. Er antwortete auf das Klopfen – und war überrascht, als Raymond die Tür öffnete. Dieser trug eine Mappe unter seinem Arm, ein strahlend weißer Verband war um seine Stirn geschlungen. Vermutlich war er im Krankenhaus gewesen, um ihn ersetzen zu lassen und war deswegen nun auch hier. Er tauschte knappe Begrüßungen mit ihnen aus, ehe er sich an Marc wandte. „Campbell, ich würde gern allein mit Anthony sprechen.“ Es war keine Bitte, sondern ein Befehl – und Marc kam ihm auch sofort nach. Weiterhin fröhlich verabschiedete er sich von Anthony, versprach, bald wiederzukommen und verließ das Zimmer. Raymond zog sich derweil einen Stuhl an das Bett und setzte sich auf diesen. „Wie geht es dir?“ Anthony überlegte, ob diese Frage vielleicht nur aus Höflichkeit gestellt worden war, aber da er interessiert gemustert wurde, war sie wohl doch ernst gemeint. „Es geht mir eigentlich ziemlich gut. Und Ihnen?“ „Auch gut, danke der Nachfrage.“ Raymond legte die Mappe auf dem Bett ab, behielt aber seine Hand darauf. „Alona hat mir erzählt, dass du erfahren hast, wer deine Eltern sind.“ Schlagartig saß Anthony kerzengerade im Bett. Durch die sich überschlagenden Ereignisse – und auch durch Heather – hatte er schon wieder vergessen, dass Alona ihm versprochen hatte, mit ihrem Mann über dieses Thema zu sprechen. Dass sie nach allem noch daran gedacht hatte, rührte ihn. „Ich habe jetzt alles zusammengetragen, was du über die beiden wissen musst.“ Raymond nahm die Hand von der Mappe, stand aber noch nicht auf. „Aber vielleicht hast du im Vorfeld noch eine Frage an mich?“ Die Gedanken überschlugen sich in Anthonys Kopf. Dieses plötzliche Angebot, besonders nach den vorausgegangenen Ereignissen, ließ all seine sorgsam zurechtgelegten Fragen zerspringen, worauf sie sich zu vollkommen unsinnigen Sätzen neu zusammenfügten. Er müsste sich erst sammeln, aber er konnte sich nicht darauf verlassen, dass Raymond auch so lange blieb, also musste er vorher etwas anderes fragen: „Mrs. Lionheart sagte, sie kannten meine Eltern.“ Gut, das war keine Frage, dürfte aber wiedergeben, dass er etwas Bestimmtes erfahren wollte. Raymond verstand offenbar sofort, er griff sich ans Kinn. „Ich bin in dem Waisenhaus aufgewachsen, in dem sie gearbeitet haben. Gut, aufgewachsen ist vielleicht das falsche Wort, ich war dort vier Jahre, bis ich von Direktor Chandler nach Lanchest geholt wurde. Adam und Eve haben sich um mich gekümmert, weil sie so eine Art … Sozialpädagogen waren.“ Wie waren sie wohl überhaupt dort gelandet? Und warum hatten sie dann gemeinsam mit Anthony fliehen müssen? Auch wenn sie dabei offensichtlich nicht sehr erfolgreich gewesen waren. Raymond griff in die Akte und zog ein Bild heraus, das er Anthony zeigte. Darauf war ein Mann zu sehen, den er eindeutig als Adam wiedererkannte, neben ihm stand eine fröhliche dreinblickende Frau mit rosa Haar, das bis an ihre Schultern reichte, ihre grünen Augen wirkten glücklich, als sähen sie ihn direkt an und wäre froh über das, was aus ihm geworden war. Unwillkürlich griff Anthony sich an sein eigenes rosa Haar, verkrampfte für einen Moment die Hand darin, als könne er ihr damit näher sein. „Du sahst ihnen beiden so ähnlich, dass ich sogar ohne deinen Nachnamen wusste, dass du ihr Sohn sein musst.“ Raymond drückte ihm das Bild in die Hand. „Behalte es.“ „Danke.“ Es gelang ihm nicht, den Blick von den Gesichtern seiner Eltern abzuwenden. „Was ist mit ihnen geschehen?“ Wären sie noch am Leben, hätte er sie spätestens dann kennen gelernt, als er nach Lanchest gekommen war. Hier liefen sie immerhin nicht Gefahr, von irgendjemandem eingesperrt zu werden. Raymond lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, verschränkte die Hände ineinander und platzierte sie auf seinem Schoß. Dennoch konnte Anthony sehen, dass er ein wenig zitterte. „Ich habe recherchiert und dabei festgestellt, dass Adam bei einem Autounfall starb. Jedenfalls wurde es in der polizeilichen Akte als ein solcher bezeichnet.“ Er löste die Hände für einen kurzen Moment voneinander, um auf die Mappe zu deuten. Anthony war sicher, dass es kein einfacher Autounfall gewesen war. Aber seine Erinnerung versagte ihm bei jeglichen Details den Dienst. „Eve wurde bei dem Unfall nicht getötet. Genau genommen lebt sie sogar in Lanchest.“ Endlich gelang es ihm, den Blick von dem Bild zu nehmen. Mit großen Augen sah er Raymond an. Warum war ihm das bislang von niemandem gesagt worden? Warum hatte sie ihn nicht besucht? Ob sie krank war? In einem solchen Fall sollte er sie unbedingt besuchen! Aber Raymond schüttelte mit dem Kopf. „Du hast sie bereits getroffen. Es wurde dir nur nicht bewusst. Kein Wunder, sie ist nicht mehr so, wie sie früher war.“ So viele Personen, die Anthony bislang in Lanchest getroffen hatte, gab es nicht. Aber wie sollte ihm das nicht bewusst geworden sein? Und was meinte er damit, dass sie nun anders wäre? „Wie ist sie dann jetzt? Was ist aus ihr geworden?“ Dieser Part schien Raymond wohl am schwersten zu fallen. Er richtete seine Brille, räusperte sich und prüfte sogar noch einmal, ob sein Verband richtig saß. Schließlich wurde ihm aber bewusst, dass es nichts mehr gab, das er tun könnte, um es hinauszuzögern, und auch Anthonys Blick immerzu auf ihn gerichtet war. „Erinnerst du dich an den Mimikry im Keller der Schule?“ Das tat er, aber er zog die Verbindung nicht sofort, sondern sah Raymond nur mit gerunzelter Stirn an. Dieser erwiderte den Blick mit sichtlichem Unbehagen – und dann verstand er plötzlich. „Meine Mutter ist ein Mimikry?“ Raymond nickte. „Ich fand sie kurze Zeit nach dem Autounfall bei dem Adam gestorben ist. Sie wanderte durch Lanchest, in dieser Form, aber ich erkannte ihre Aura, die sich nicht verändert hatte. Also nahm ich sie mit den Keller und sperrte sie dort zu ihrem Schutz ein.“ Anthony erinnerte sich gut an das Gefühl der Bedrohung, der Angst, das er dort unten im Keller gespürt hatte. Und da sollte er glauben, dass es sich dabei eigentlich um seine Mutter handelte? „Es mag dir unglaublich erscheinen.“ Raymond schien geradewegs seine Gedanken lesen zu können. „Aber es ist wirklich wahr. Es steht alles in den Unterlagen, falls du es lieber selbst nachlesen willst.“ Anthony blickte auf die Mappe hinab. Er würde es auf jeden Fall alles noch einmal selbst nachlesen. Er könnte sonst, ohne jeden Beweis, niemals glauben, dass es der Wahrheit entsprach. „Etwas verstehe ich daran noch nicht“, murmelte er dabei. „Und was?“ „Wenn sie jetzt ein Mimikry ist … was war sie dann vorher?“ Wieder griff Raymond erst nach seiner Brille, obwohl sie nicht im Mindesten verrutscht war. „Vorher war sie auch schon einer. Sie hatte sich derart weit entwickelt, dass sie menschlich war, nicht nur von ihrem Aussehen, sondern auch von ihrem Verhalten. Dieser Unfall muss sie dann derart viel Kraft gekostet haben, dass sie sich zurückentwickelt hat.“ Das erklärte es. Warum sie dann nach Lanchest gegangen war, musste er nicht fragen, dafür gab es viele Gründe, unter anderem den Zufall. Es war sinnlos, in der Richtung noch mehr Fragen zu stellen. „Das war alles, was ich wissen wollte.“ Am Abend, lange nachdem Raymond wieder gegangen war, machte Anthony sich über die Mappe her, die er behalten durfte. Es waren Berichte über seinen Vater, aber noch viel mehr über seine Mutter, die offenbar als ungewöhnlicher Mimikry lange Zeit von der GS beobachtet worden war, ehe sie verschwand – und dann als Eve wieder im Peligro Waisenhaus erschienen war. Genau wie Adam, der auf der Suche nach ihr – als Mimikry damals noch – ebenfalls verschwunden war. Aus welchem Grund sie als besonders gegolten hatte oder weswegen sie derart lange im Waisenhaus gewesen war, ließ sich in den vorliegenden Unterlagen nicht finden. Er ging davon aus, dass es sich um klassifizierte Informationen handelte, an die Raymond einfach nicht herankam – oder die nicht für seine Augen bestimmt waren. All das über seine Eltern zu lesen, weiterhin in dem Wissen, sie kaum gekannt zu haben und sich nicht einmal an das Bisschen erinnern zu können, erzeugte ein seltsam leeres Gefühl in seiner Brust. Es war kein Bedauern, aber auch keine Freude, dass er die Informationen noch nachträglich erhielt, es war einfach … nichts – und er hasste dieses Gefühl. Gut möglich, dass es auch nur daran lag, dass er sich nun als halber Mimikry erkennen musste und diese Einsicht ihn nachhaltig verwirrte. Im Grunde war er damit nicht anders als ein Mitglied der GS, ohne es jemals bemerkt zu haben. Vielleicht hatte Raymond auch deswegen Alexander angewiesen, ihm mehr über diese Wesen zu erzählen. Aber das war eine Frage für einen anderen Tag, die Unterlagen an sich waren erst einmal wichtiger. Zuguterletzt kam er auf Informationen, die ihn betrafen, auch wenn es nicht viele waren. Sein Name, sein Geburtstag, auch eine Einstufung seiner Kampffertigkeiten, weswegen er einen Moment lang glaubte, dass diese Informationen von Lanchest aufgestellt worden waren – bis ihm etwas anderes ins Auge fiel. Ein Abschnitt handelte davon, welche Verletzungen er durch einen dem Unfall folgenden Vorfall erlitten hatte. Die meisten der medizinischen Begriffe sagten ihm nichts, weswegen er diese nur überflog, aber etwas bestimmtes war es, das seinen Blick anzog: Patient ist durch Gehirntrauma und exzessiven Gebrauch von X im komatösen Zustand. In einer sauberen Handschrift hatte jemand mit Blockbuchstaben etwas dazugeschrieben: → möglicherweise vegetatives Stadium? Direkt darunter, wesentlich weniger gut lesbar, hatte jemand in einer anderen Handschrift etwas dazugekritzelt: Negativ. Patient zeigt Bewusstsein. Komatöser Zustand temporär. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals im Koma gelegen zu haben – aber soweit er wusste, erinnerte man sich auch nicht daran, und besonders nicht in Verbindung mit einem Gehirntrauma. Vermutlich erinnerte er sich deswegen auch nicht mehr an das, was davor geschehen war. Das schien jedenfalls schon einmal Sinn zu ergeben. Was er aber dann las, ließ ihn wieder mit mehr Fragen zurück als er Antworten bekommen hatte: Freigabe des Patienten für Projekt Sternensplitter. Wir erhoffen uns gute Ergebnisse, bis der Patient aus dem Koma erwacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)