Opfergaben von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 14: Die Lösung ---------------------- Ich war ein Suchender. Ich wollte es nie wahrhaben. Es ist so. Ich habe gesucht und dann... dann habe ich einfach aufgegeben. Weil es andere Dinge gab. Prioritäten. Und weil ich glaubte, dass ich die Lösung gefunden hätte. Unwillkürlich muss ich an die Schachpartie mit meinem Stiefvater denken. Ich war so sicher und so entschlossen. Es gab nur ein Ziel und ich wusste, dass ich es erreichen würde. Ohne Zweifel. Eine sichere Investition, wenn man so will. Ich rückte die Figuren mit einer Sicherheit, die fast schon erscheckend war. Und es gab nur ein Ziel. Ein besseres Leben für Mokuba. Nichts anderes war wichtig. Und danach? Danach wollte ich diese Sicherheit bewahren. Um jeden Preis. Ich hätte alles dafür getan. Ja, ich hätte sogar meine Seele verkauft. ... und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Mt 4,9 Niederfallen... niederknien... Das konnte ich nie. Bei keinem. Ich möchte nicht, dass du niederfällst Der Yugi, der mir gegenüber steht, hat mich besiegt. Nicht nur einmal. Wieder und wieder. Er hat mich niedergerungen und mich zugleich zu Neuem erhoben. Er wurde zu meinem Antrieb, dem Sinnbild meines Strebens. Aber auch das Sinnbild meiner Wut. Und meiner Leidenschaft. "Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf." Ich schließe die Augen. Ist dem tatsächlich so? "Ist deine Liebe so?" Er lächelt. "Ja, meine Liebe ist so. Sie umfasst alles." "Und... du liebst mich?" Noch immer kann ich es nicht glauben. Wie sollte ich auch? "Bin ich nicht deine Nemesis, wie du meine bist?" "Ändert dieser Umstand etwas?" fragt er. Ich schüttele den Kopf. Nein, er ändert nichts. Es ist wie es ist. "Sicher?" "Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles eines. Ich glaube an Letzteres. Das hat Einstein gesagt und er hatte Recht." erwidert er gelassen. Ich lächele. "Und wenn ich sagen würde, dass ich..." Ich kann es nicht aussprechen. Nicht jetzt. Halte ich immer noch seine Hand oder hält er meine? "Du bist am Zuge." erwidert er. "Lügen führt an diesem Punkt zu nichts. Das weißt du so gut wie ich. Und ich weiß, wie stolz du bist. Lügen liegt dir nicht. Genauso wenig wie mir. Also können wir einander in die Augen sehen oder du kannst weiter in den Abgrund blicken. Es liegt allein bei dir." Das weiß ich. Denn ich verstehe ihn. Zum ersten Mal sehe ich alles klar. Ich fühle es. Hier und jetzt. In seiner Nähe. Und ich spüre seine... ich weiß nicht was es ist. Liebe? Er wirkt so erhaben. "Wenn ich es sage... falls ich es sage... ich werde es nicht zurück nehmen können. Es wird nicht nur in diesem Raum stehen, es wird zwischen uns stehen. Allgegenwärtig. Unwiderruflich. Eine Tatsache werden." "Und?" fragt er. "Spielt das tatsächlich eine Rolle? Ich werde nicht zurück nehmen, was ich dir gesagt habe. Wozu auch? Es ist die Wahrheit. Warum? - Nun, ich weiß es nicht. Es ist wie es ist. Ich kann es nicht ändern." Er seufzt. "Ich sehe dich an und ich weiß, dass es Wahrheit ist. So einfach ist es. Es schmerzt mich, genauso wie es dich schmerzt, aber ich bin bereit diesen Schmerz zu ertragen." Ich rühre mich nicht. "Meinetwegen?" Ich muss es fragen. Er lacht. "Deinetwegen. So fügen sich die Dinge nun einmal." Ich erwidere nichts. Ich will... ich will es glauben. Ich will glauben, dass... "Wir beide... wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir nicht zurück können. Wir sind an einem Punkt unserer Reise, an dem der Weg an den Anfangspunkt weiter ist, als der Weg zurück. Verstehst du was ich sagen will?" Ich nicke. Ja, ich verstehe es. "Ich bin nie zuvor einem Menschen begegnet, der so stolz ist wie du... und nein, ich sehe Stolz nicht als Todsünde an. Ich sehe Stolz als das an, was es ist... eine edele Eigenschaft der Seele, eine innere Erhabenheit... so sehe ich DICH. Und ich möchte dir das zurück geben, was dir verloren ging. Leben heißt lieben, Seto. Und ich... ich liebe dich. Ich kann nicht anders. Ich muss es. So fügen sich die Dinge eben." Ich stehe da und... bin bewegt. Durch seine Worte, durch ihn. Ich weiß nicht was ich sagen soll, aber zum ersten Mal weiß ich was ich fühle. Ich bin mir so sicher, dass es schmerzt und ja, dieses Gefühl... es schmerzt. Es verbrennt mich, aber das kümmert mich gerade nicht im Geringsten. Wozu auch? Es ist mir gleich, wenn ich in Flammen aufgehe. Ich bin hier. Bei ihm. Das zählt. Alles andere ist ohne Belang. Hier und jetzt gibt es nur uns. Ihn und mich und ich weiß, es ist die Wahrheit, denn ich bin verzweifelt. Und Wahrheit hat immer etwas Verzweifeltes. Also... "Wenn ich es eingestehe, dann kommt es einer Unterwerfung gleich." Ein letztes Aufbäumen, ein letzter Zweifel. Die Frage ob er beides hinwegfegen kann. Er lächelt. "Ich möchte dich nicht auf Knien sehen. Würdest du vor mir niederknien... ich müsste dich nur wieder erheben." Nun... dann ist es also Wahrheit. Wirklichkeit. Die Wahrheit trifft die Wirklichkeit. Ich seufze. "Du weißt, dass ich meinen Stolz niemandem... " Er legt einen Finger auf meine Lippen. "Ich will dich nicht brechen. Das wollte ich nie." sagt er ernst. "Dich zu brechen würde mich nur traurig stimmen." Ich lache unwillkürlich. "Dann..." beginne ich vorsichtig und meine Hand löst sich von seiner. Langsam, behutsam umfasse ich sein Gesicht und nehme es in beide Hände so wie er es zuvor mit mir getan hat. "Gib mir einen Moment meine mädchenhaften Vorstellungen von Romantik neu zu definieren!" Er lacht. Es ist ein heiteres, befreites Lachen und ich stimme mit ein. Dann lege ich meine Lippen auf seine und ich weiß, dass ich am Ziel bin. Immerzu habe ich an Zahlen geglaubt - an die Gleichungen, die Gesetze der Logik, die zur Vernunft führten, doch nach endlosen Bestrebungen dieser Art frage ich mich selbst, was ist die Logik in Wahrheit, wer entscheidet was Vernunft ist? Meine Suche führte mich durch das Physische, das Psychische und darüber hinaus. Doch... er hat Recht und das ist die wichtigste Entdeckung meines Lebens! Nur in den rätselhaften Gleichungen der Liebe kann man irgendwelche logischen Gründe finden! Nemesis hin oder her. Es ist richtig. Ich fühle es. Was auch immer es mit sich bringen mag. In diesem Moment gibt es nur ihn und mich - uns. Nichts mehr und nichts weniger. Omnia vincit amor et nos cedamus amori Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)