Opfergaben von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Die These -------------------- Verflixt, können wir uns nicht einfach duellieren, das wäre viel leichter als das hier und würde mich vor allem weniger nervös machen. Kaiba, Contenance! Seit zehn Minuten ist er hier und ich wünschte, wir hätten dieses alberne Projekt schon hinter uns. Ich vertrage seine Nähe einfach nicht. Und eigentlich habe ich auch nicht gewollt, dass er zu mir kommt. Ein neutraler Ort wäre mir weitaus lieber gewesen, aber auch damit hat dieser Kerl mich überrumpelt. Hat es einfach so entschieden und nicht einmal abgewartet was ich dazu zu sagen habe. Unglaublich! Kein anderer würde sich solch eine impertinente Unverschämtheit herausnehmen. Dieser Kerl ist einfach... Mir fehlen die Worte. Ich hatte ja noch die stille Hoffnung, dass der andere Yugi erscheinen würde, ich meine, die kleinere, naivere Version. Aber weitgefehlt! Nein, natürlich ist es die Gestalt, die mich so unendlich irritiert. Ich habe es gleich erkannt als Roland ihn zu mir geführt hat. Es ist unbeschreiblich mit welch einer Selbstsicherheit er die Tür hinein stolziert ist. Ja, stolziert. Als wäre das alltäglich und er käme nicht zum ersten Mal zu mir. Auch hat ihn das Ambiente keineswegs eingeschüchtert, im Gegenteil. Er war geradezu unbeeindruckt. "Kaiba." Diese rauhe Stimme schaffte es direkt, dass sich bei mir die Nackenhaare aufstellen. Wie macht er das nur? Ist er sich dessen bewusst? Ich bin nach wie vor unschlüssig. Ab und an, wenn er mich ansieht, habe ich den Verdacht, dass er sich genauestens im Klaren darüber ist, welche Wirkung er mit dieser Art auf mich hat. Ja, mehr noch. Es steckt ein Plan dahinter. Er weiß es und... ach, verflucht, ich weiß nicht was er damit bezweckt. Ich finde keinen plausibelen Grund. Warum sollte er mich verunsichern wollen? Das ist für gewöhnlich nicht sein Stil. Nein, man kann ihm ja vieles unterstellen, aber solche intriganten Taktiken liegen ihm fern. Dennoch... Ich bemühe mich verzweifelt seinem Blick auszuweichen. Aber nein, immer wieder nötigt er mich geradezu ihn anzusehen als wäre er sich im Klaren darüber, dass es mir Schauder über den Rücken jagt. Er bringt mich aus dem Konzept. Selbst jetzt, hier. Diese Aufgabe ist ein Kinderspiel. Wäre er nicht hier, ich hätte diese Arbeit schon längst erledigt. "Kaiba." Für eine Sekunde schließe ich die Augen und ziehe tief Luft ein. "..." Ich bin fest entschlossen nicht vom Bildschirm aufzublicken. Ich habe ihm kurz nachdem er reingekommen ist, klar gemacht - sehr deutlich klar gemacht - dass ich das Dossier schreiben werde und wir es dann gemeinsam durchgehen können. Eigentlich hätte ich es schon fertig gehabt bevor er gekommen ist, aber es kam ein wichtiger Anruf aus Übersee dazwischen und bis ich diesen Versagern klar gemacht habe, wo der Fehler in ihrer Planung liegt, war es zu spät. Ich müsste weitaus weniger arbeiten, wäre ich nicht von purer, reiner Inkompetenz umgeben. Meine Schläfen pochen schon wieder. Ich darf mich nicht so aufregen. "Wie hast du dir das mit dem Vortrag gedacht? Soll ich ihn halten oder möchtest du?" fragt er unschuldig. Ich verdrehe unwillkürlich die Augen. Was für eine überflüssige Frage. Ich höre nicht auf zu tippen. "Irrelevant." entgegne ich knapp und hoffe er belässt es dabei, was er natürlich nicht wird. "Dann werde ich es tun." entscheidet er. Ich zucke ungerührt mit den Schultern. Bitte, lass ihn schweigen, flehe ich innerlich. Aber die Götter, an die ich sowieso nicht glaube, sind mir nicht gnädig. "Habe ich dir eigentlich je gedankt?" fragt er mich und reißt mich mit diesem Themawechsel vollkommen aus meinen Überlegungen. Nun kann ich nicht anders. Ich muss aufblicken und natürlich - meine Augen treffen direkt auf seine. Ich blitze ihn fragend an. "Wofür?" Ja, es interessiert mich. Leider. Dieser verfluchte Kerl. Seine Augen bohren sich geradezu in mich. Ich halte den Atem an als er sich nach vorne beugt. Er schenkt mir wieder eins dieser speziellen Lächeln. "Ohne deine Hilfe hätte ich Marik nicht besiegen können." entgegnet er ernst, fast feierlich. Ich höre mich selbst aufstöhnen. Muss er mich daran erinnern? Ich suche nach den richtigen Worten, die ich ihm entgegenschleudern kann. Wie kommt er jetzt überhaupt darauf? Das alles ist schon Wochen her und überhaupt, wen interessiert das Tunier noch? "Ich bitte dich, verschone mich mit deiner üblichen Ansprach über den Weltuntergang und das Schattenreich. Ich habe dir die Karte lediglich gegeben, weil ich sehen wollte ob du sie einsetzen kannst. Aus keinem anderen Grund." knurre ich und will mich gerade wieder meinem Laptop zuwenden als er schon weiterfasselt. "Auch wenn du es nicht glauben willst... ohne dich..." Ich sehe ihn scharf an. Jeder andere würde erschrocken zurück zucken. Er natürlich nicht. Oh nein. "Yugi." Ich muss mich beherrschen, sonst vergesse ich meine gute Erziehung. "Ich weiß selbst sehr, sehr gut, dass du diesen verrückten Ägypter nicht ohne diese Karte geschlagen hättest." Warum zur Hölle müssen wir über dieses leidige Thema reden? Er hatte seinen Sieg, was will er noch? Wenn er glaubt, er mich davon überzeugen kann, dass meine vergangenes Ich oder sonst irgendein Hexengeist mich zu dieser Tat geleitet haben, dann ist er noch verrückter als ich dachte. Niemand verleitet mich zu irgendetwas! Und all dieses Gerede über Wiedergeburt und was weiß ich noch, was zu seinem Märchenrepertoire gehört, interessiert mich nicht. Ich bin Pragmatiker und Realist. "Du kannst es abstreiten so viel wie du willst... du hast ein gutes Herz, Seto!" Jetzt reicht´s! Genug ist genug!! Was weiß dieser Verrückte schon über mein Herz? Ich muss ruhig bleiben, ich vergesse mich gleich. Innerlich beginne ich zu zählen. Warum ist es ihm auch so wichtig ob ich ein gutes Herz habe oder nicht? Soll er sich um sein Herz kümmern, damit hat er sicher genug zu tun. Oder besser noch, soll er sich mal um seinen Verstand Gedanken machen. Herrje. Sogar Wheeler ist im Vergleich zu ihm normal. Ich schaffe es tatsächlich mich zu beruhigen. "Danke, dass Du mir ein gutes Herz bescheinigst, aber dieser Aspekt ist für mich vollkommen irrelevant und hat auch keineswegs mit unserer Arbeit hier zu tun. Ich würde es vorziehen, wenn du dich darauf konzentrieren würdest. Dieses Tunier gehört zur Vergangenheit und wie du weißt, weil ich es dir schon unzählige Male gesagt habe, interessiert mich die Vergangeheit nicht im Mindesten. Ich bitte dich also..." Ich beende den Satz nicht, sondern wende mich wieder meinem Laptop zu. Meine Finger hämmern geradezu auf die Tastatur ein. Wenn ich so weiter tippe, schmerzen morgen meine Fingerknöchel. Egal. Hauptsache er ist endlich ruhig. Und siehe da. Für eine Weile herrscht tatsächlich Stille. Wie erbaulich. Stille ist der schönste Klang des Universums. Wären da nur nicht meine Gedanken... Verflixt und zugenäht, warum ist diesem Freak eigentlich so daran gelegen ob ich ein gutes Herz habe oder eben nicht? Und wie zum Teufel kommt er ausgerechnet heute darauf sich bei mir zu bedanken? Was geht in diesem Kerl nur vor? Und warum mache ich mir schon wieder all diese Gedanken? Das ist doch lächerlich, ja, absurd! Doch was noch absurder ist... mir brennen diese Fragen gerade wahnsinnig auf den Lippen. Ich bin nahe dran, ja, versucht sie auszusprechen, aber ich kann es nicht. Nein, das werde ich auch garantiert nicht tun. Das wäre nur ein Zeichen dafür, dass mich irgendetwas von diesem Unsinn interessieren würde. Und dann... dann sagt er plötzlich etwas, dass mich vollkommen aus der Bahn wirft. Nicht nur, dass er wieder diesen verfluchten Eindruck erweckt als könne er meine Gedanken lesen, ja, als wäre meine Seele ein offenes Buch für ihn, das was er sagt ist dermaßen schockierend, dass ich augenblicklich erstarre und unfähig bin mich auch nur einen Millimeter zu rühren. "Mir ist dein Herz wichtig." Es sind nur fünf Wörter, aber sie reichen völlig aus, um mich nicht nur zu überrumpeln. Sie verstören mich geradezu. Ich spüre, dass mein Herz, das Herz über das dieser... dieser... gerade redet, mir bis zum Hals schlägt. Ich schaffe es nicht einmal meine Hände von der Tastatur zu lösen. Nichts an mir rührt sich, ich erstarre vollstens. Er hält meinen Blick entschlossen fest. Was bezweckt er damit? quid pro quo Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)