Black Widow Circus von BexChan ("Herzlich Willkommen im Zirkus der schwarzen Witwe") ================================================================================ Kapitel 32: Lilith ------------------ Der Raum, in dem ich mich befand, hatte Wände wie aus Kristall. Alles um mich herum war in weißes Licht getaucht und ich hatte das Gefühl auf Glas zu gehen. Unter mir war alles unsichtbar. Ich konnte bis in die Tiefe sehen und trotzdem fiel ich nicht. Der Weg, auf dem ich ging, führte sehr weit in den Raum hinein. Alles war hier so friedlich und keine Menschenseele befand sich hier oder in der Umgebung. Ich war ganz alleine und in der Ferne hatte ich das Gefühl die leisen Melodien von einem Chor aus Engelsstimmen zu hören. War ich etwas im Himmel? Vorsichtig bewegte ich mich weiter. Meine Augen waren auf etwas gerichtet, dass ich nicht sehen konnte und meine Füße trugen mich immer weiter voran. Ich hatte das Gefühl, als ob ich schwerelos sei. Meine Füße verloren den Halt am Boden. Ich schwebte! Es waren zwar nur wenige Centimeter, dennoch schwebte ich. „Wo...bin ich hier? Was ist das für ein Ort?“ Meine Stimme hallte, obwohl sie sehr ruhig war, an den kristallernen Wänden wider. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand. War ich etwa schon gestorben und war nun auf dem Weg um die Himmelspforte ins Paradies zu durchschreiten? Ich wusste es nicht. Ich bewegte mich immer weiter bis ich an den Rand eines Abgrunds gelangte, der viele Meter in die Tiefe reichte. Hier war der Weg zu Ende, doch als ob mich jemand erwartet hätte, hörte ich plötzlich, wie eine sanfte Stimme an mein Ohr drang und das Wort an mich richtete. „Ari...Ari, du bist hier!“ Ich sah mich erstaunt um. Mein Blick glitt verwundert durch den weißen Raum, der wohl unendlich groß und weit war und sah schließlich nach oben. „Wer bist du? Ein Engel?“ Eine zauberhafte Gestalt erschien vor meinen Augen. Sie schwebte in der Luft und sie kam langsam auf mich zu, bis sie ganz nah vor mir stand und mir ein Lächeln schenkte. Ich war wie gebannt. Das konnte doch nicht sein! Das liebevolle Wesen hatte wunderschöne hellblaue Augen und feuerrotes Haar. Auf ihrem Rücken ruhten gewaltige silberne Engelsflügel, die einen großen Teil des Raumes einnahmen und von ihr ging eine Wärme aus, die mir nur all zu bekannt vorkam. „Mein Ari. Mein geliebter Sohn, endlich bist du da! Ich habe so lange auf dich gewartet! Ich hatte gehofft, dass du bald zu mir kommen würdest.“ Ich konnte es nicht glauben! Dieses sanfte Wesen, diese gutmütige und reine Seele...es war Lilith...meine geliebte Mutter. „Mutter, du bist es? Ich...das kann doch nur ein Traum sein! Du bist es wirklich! Mutter, meine Mutter, du bist hier!“ Ich fiel ihr regelrecht in den Arm und ihre sanften Arme empfingen mich herzlichst. Sie drückte mich zärtlich an sich und ich konnte diese vertraute Wärme spüren. Mir liefen Tränen die Wangen runter vor Glück. Ich wollte sie die ganze Zeit wiedersehen und nun war mein Wunsch in Erfüllung gegangen. Sie war noch genau so schön wie damals als ich noch ein Kind war und ich hätte sie am liebsten gar nicht mehr losgelassen. Dieser vertraute Geruch und ihre sanften Berührungen, sie war meine Mutter, die mir so gefehlt hatte. „Ari, ich bin so froh, dass du es geschafft hast zu mir zu kommen. Ich dachte schon, du würdest nie kommen. Ich wünschte auch, ich hätte mehr Zeit aber ich muss mich kurz fassen. Du musst bald wieder in deine Welt zurück, deshalb werde ich dir alles erzählen, was ich weiß!“ Sie ließ mich los und blickte mich mit bedrücktem Gesicht an. „Mutter, warum das alles? Warum die Sache mit dem Zirkus? Warum hast du Dario nicht einfach deine Liebe geschenkt? Er hatte dich doch so geliebt!“ Sie wandte den Blick in die weite Ferne. Einen Moment lang schwieg sie, dann richtete sie wieder das Wort an mich. „Ich wusste, dass es irgendwann so weit kommen würde. Ich hatte es die ganze Zeit geahnt. Lucian hatte also nicht davor Halt zu machen Dario nun anzugreifen. Ari, es ist meine Schuld! Es war von Anfang an meine Schuld! Wenn ich nicht gewesen wäre, wäre das alles nicht passiert! Weißt du, als ich Dario damals sagte, dass ich einen anderen Mann heiraten würde, stimmte das! Das war auch der Grund, warum er mich verfluchte! Auch erwartete ich ein Kind von diesem Mann. Dieses Kind...warst du. Du warst mein Wunschkind. Ich wollte dich unbedingt haben aber...ich hatte mir so sehr gewünscht, dass du Darios Kind gewesen wärst, denn...ich habe deinen wahren Vater nie geliebt! Ich erzählte Dario ja, dass ich glücklich sei aber das war nicht der Fall. Es...war eine arrangierte Heirat. Meine Eltern zwangen mich dazu einen Mann aus einer einflussreichen und sozial höher gestelten Familie zu heiraten. Sie sagten, dass sie mich verstoßen würden sollte ich nicht auf sie hören. Mir tat das Herz so weh als ich Dario anlügen und ihm die Wahrheit verschweigen musste, denn...ich hatte ihn geliebt. Ich wollte so sehr mit ihm zusammen sein. Ich wollte so sehr ein Kind mit ihm, doch noch vor der Heirat...schlief mein zukünftiger Ehemann mit mir und ich wurde schwanger mit dir. Du musst mir glauben, ich habe es nie bereut, da ich durch ihn dich bekommen hatte aber...wie sehr hatte ich mir gewünscht an Darios Seite zu sein gemeinsam mit dir. Es tat so weh. Ich wollte einfach nicht mehr und statt ihm die Wahrheit zu sagen verletzte ich ihn so sehr mit dieser Lüge. Er verfluchte mich zu Recht und drohte mir das zu nehmen, was mir am wichtigsten war und zwängte mir diese Brosche auf, mit der er dich finden wollte. Und Lucian, dieser verdammte Dämon, nahm mir alle indem er mich und meine Familie und meinen Ehemann in den Tod stürzte. Er hetzte seine Dämonen auf uns und die Kutsche verlor den Halt. Ari, ich hätte alles getan um bei Dario zu bleiben, ich hätte es auch einfach tun können aber du weißt ja selber, wie es ist an seiner Mutter zu hängen und so ging es mir mit meinen Eltern. Obwohl sie so streng mit mir waren, liebten sie mich doch und wollten doch nur das Beste für mich. Nur...merkte ich dies erst zu spät und nun...habe ich dich damit hineingezogen. Ich wollte niemals, dass du solche Schmerzen erleiden musstest. Ich kann mir denken, dass du mir nicht verzeihen kannst, als Mutter habe ich versagt. Aber...ich wollte immerzu bei dir sein und dich beschützen. Es tut mir einfach alles so furchtbar leid. Ich wollte nicht, dass es so weit kommt.“ In ihren Augen lag so viel Schmerz und Leid. Ich sah, dass es ihr aufrichtig leid tat und dass sie sich selber damit bestrafte mir das alles angetan zu haben. Doch...ich konnte ihr einfach nicht böse sein. Sie hatte Recht, sie war doch meine Mutter und deswegen konnte ich ihr nicht die Schuld geben. „Mutter, ich wollte nie, dass du so weinst und ich will es auch jetzt nicht. Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst und dass du dir wegen all dem die Schuld gibst aber das möchte ich nicht. Du hattest keine andere Wahl, du wolltest deine Eltern nicht enttäuschen und dafür sollte man Verständnis haben. Ich selber...habe Dario immer als grausam eingeschätzt. Er hatte mir schlimme Dinge angetan und ich dachte, ich könnte ihm nie verzeihen aber...“ Ich hielt inne. Meine Mutter lächelte mich liebevoll an. „Du liebst ihn, nicht wahr?“ Ich sah sie überrascht an, dann nickte ich und wurde verlegen rot. „Ja, ich...habe mich in ihn verliebt. Ich war mir zuerst nicht sicher aber nun weiß ich es. Ich liebe ihn und für ihn will ich alles wieder in Ordnung bringen und auch für dich.“ Sie gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn und streichelte mir sanft durch die Haare. „Du bist stark, Ari. Stärker als ich es jemals war. Bitte erfülle mir einen Wunsch. Schenke und öffne Dario dein Herz. Gib ihm die Liebe, für die ich nicht imstande war und zerstöre Lucian. Ich bin mir sicher, dass er nichts unversucht lässt um dich oder deine Freunde in Gefahr zu bringen deshalb...bitte ich dich, beschütze sie und schenke Dario dein Herz.“ Ich nickte zuversichtlich. Nun wusste ich wirklich alles und ich wusste auch, dass es an der Zeit war für mich zu gehen aber etwas in mir wollte nicht. „Ari, du solltest jetzt gehen! Es ist nicht gut wenn du noch länger da bist, deshalb geh wieder zu deinen Freunden und rette sie alle!“ Ein grelles Licht erschien unter mir und wollte mich hineinziehen, doch ich wollte noch nicht gehen. „Warte, wann werde ich dich wiedersehen? Bitte, ich will dich nicht schon wieder verlieren!“ Ich wurde nach unten in die Tiefe gezogen und langsam wurde um mich herum wieder alles schwarz, doch in der Ferne hörte ich noch einmal die Stimme meiner Mutter, die ich so sehr liebte bevor ich tiefer in die Dunkelheit stürzte. „Ich werde immer bei dir sein und dich beschützen. Ich bin immer bei dir ganz nah an deinem Herzen, doch ich verspreche dir, dass wir uns wieder begegnen werden. Bitte pass auf dich auf. Ich liebe dich, mein Sohn!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)