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Tabu

One Shots für Harry Potter RPGs
von

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Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. ♥

Ich schloss die Augen auf Halbmast. Mein Herz flatterte vor Aufregung über das Kommende, vor Empfindungen und vor Nervosität. Ich sah, wie seine Lippen den meinen immer näher kamen, spürte seinen heißen Atem von meinen Lippen abperlen, fühlte, wie seine Fingerspitzen vorsichtig, ein wenig ungeschickt über meine Wange zu meinem Nacken wanderten. Sanfter Druck. So sanft, dass ich ihn kaum bemerkte und einfach das tat, was mein Herz schon die ganze Zeit sagte.

Ich beugte mich zu ihm herab, die Augen nun voll und ganz geschlossen.

Heiß.

Hitze.

Meine Lippen trafen nur seinen Mundwinkel, er lachte rau, zog mich dann bestimmt zu sich herunter. Herrgott, machte der das öfter? Wenn ja, dann machte er das verdammt gut. Ich fühlte mich sicher in seinen Händen und gab mich ihm hin. Alles in mir kribbelte, als sein schmalen Lippen raubten mir den Verstand, als sie sich beherrschend an meine drückten. Beinahe schon hysterisch fieberte ich dem entgegen, was nun kommen würde oder kommen sollte. Voller Erwartung öffnete ich meinen Mund, ganz sachte nur und ließ zu, dass er mich weiterhin in seiner Hand hatte.

Ich konnte machen, was ich wollte, er schien mich schon lange verhext zu haben. Himmel, und wenn das nicht gut war, dann wusste ich auch nicht, was jemals gut sein könnte! „Thomas“, raunte ich gegen die herb schmeckenden Lippen, als seine Zunge forsch nach ihnen schlug. „Pscht. Alles gut“, beruhigte er mich – klang ich etwa verängstigt? Oder erschrocken? Ah, wie konnte er das nur denken?! Also hieß es nun, den nächsten Schritt zu machen. Sachte glitt ich von meinem Bett auf die Matratze, auf der er sich niedergelassen hatte. Er war überwältigend! Sein ganzes Wesen nahm mich voll und ganz ein, ich hörte nur noch das Blut in meinen Ohren rauschen und seine sonore, melodische Stimme. Wah.

„Matthew“, hauchte er mir da in seinem Wahn entgegen und vermutlich wusste er ganz genau, was er damit in mir auslöste. Von wilder Leidenschaft und der Neugierde gepackt, wagte ich einen weiteren Schritt und drückte ihn gegen das Bettgestell, fühlte die Daunen sich unter meine Fingernägel graben. Ah. Das war so verdammt gut.

Seine Zunge an meiner.

Seine Lippen auf meinen.

Sein Oberkörper rieb verführerisch an meinem, wann immer ich mich ein wenig weiter vorwagte.

Seine Hitze besiegte die meine.

Und ich versank in den Berührungen.
 

Wie war es nur so weit gekommen? Wie hatte ich, Matthew James Gallagher, 14 Jahre, Zauberer und Querkopf der perfekten Muggelfamilie Gallagher es so weit kommen lassen, dass ich mit ihm, Thomas MacLynn, 17 Jahre, Muggel und Sohn des Chefs meines Vaters knutschte? Dass ich mich ihm dermaßen hingab?

Nun. Es kam einfach dazu...
 

Ein halbes Jahr zuvor, Sommer 2008, Limerick, Irland.

Sommer. Ein ziemlich heißer sogar. Achtundzwanzig Grad im Schatten und hier in Limerick gab es nicht viel Schatten – obwohl Irland als die grüne Insel betitelt wurde, sah es in großen Städten oft anders aus. Besonders in großen Städten. Die Sonne brannte unbarmherzig auf die volle Stadt, die Straßen waren überfüllt mit Menschen – Touristen, Eingeborenen, Geschäftsmännern – und die Eiscafés, die sonst nicht so viel Erfolg hatten, machten im Sommer 2008 das Geschäft ihres Lebens.

Ich saß auf einem der unbequemen Stühlen in einem der besagtes Eiscafés und spielte lustlos mit den Röllchen meines Schokoeisbechers. Ich hatte keine Lust auf dieses Familientreffen, starrte schon die ganze Zeit abwesend auf den Tisch, während Mister Perfect unsere Eltern bestens unterhielt! Ich knirschte mit den Zähnen, lugte zu der hübschen Brünetten, die neben seinem herzallerliebsten Bruder saß und immer wieder lachend einstimmte. Grr. Hatte er wieder alle Sympathien für sich gewonnen, dieser Schleimsack. Gut. Schön. Mir doch egal! Ich würde ihm den Gefallen sicher nicht tun. Einfach ignorieren, das würde ihn am meisten ärgern!

Plötzlich schaute Jayden alias Mister Perfect zu mir und lächelte mich frech an. „Und, Matthew? Wie läufts in Hogwarts?“ Eigentlich hatte ich ja vorgehabt, ihn komplett zu ignorieren, aber das klappte nun wohl nicht mehr. Ich zuckte gewollt gleichgültig mit den Schultern und erwiderte in dem widerlichsten Englisch, das ich aufbringen konnte: „Gut, aber wie sollte es auch anders laufen? Das Zaubern liegt mir eben.“ Herausfordernd lagen die blauen Augen in den braunen meines Bruders, der jedoch nur lachend abwinkte und mir dann auch noch zustimmte! Unverschämtheit, ruinierte der meinen schönen Steilpass.

„Ach, meine Lieben. Ich habe zu Weihnachten Mister MacLynn und seine Familie eingeladen. Ist dir das Recht, Jayden? Könnt ihr denn kommen?“ Jayden nickte und erwiderte fröhlich: „Natürlich, ich wollte deinen Chef eh schon mal kennenlernen, Dad. Und wir haben nichts anderes vor. Außer natürlich Sophias Eltern besuchen.“ Er schenkte seiner Freundin dieses widerlich freundliche Lächeln und ich schaute weg. Natürlich wurde ich nicht gefragt, ob mir Recht war, dass die MacLynns kamen – aber ehrlich gesagt hatte ich auch nicht viel dagegen. Der Sohn von Papas Chef, Thomas, war ein guter Freund von mir, obwohl uns drei Jahre trennten. Er hatte oft auf mich aufgepasst, als ich noch kleiner war und war mir viel mehr ein großer Bruder, als Jayden es war. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu, den er natürlich komplett übersah. Was auch sonst. „Denkt daran: ich will mich nicht vor meinem Chef blamieren.“ Die Augen Papas lagen recht lange auf mir und ich starrte trotzig zurück. Erst Jaydens Lachen lenkte natürlich wieder alle Aufmerksamkeit auf ihn. Er strich mir durch die Haare und säuselte in diesem verdammt noch mal zärtlichen Ton: „Dad, Matt wird sich schon benehmen. Der weiß doch, wie der Hase läuft und wird in Hogwarts gut erzogen.“ Ihre Mutter mischte sich nun gespielt beleidigt ein: „Was soll das heißen? Dass Matthew bei uns nicht gut erzogen wird?“

„Ach Mum, du weißt genau, was ich meine!“ Es folgte ein sachter Kuss auf den Wangenknochen ihrer Mutter, der mich beinahe zum Kotzen brachte. Ohne weiter darauf zu achten, wie sie guckten, stand ich auf und ging nach Hause.
 

Diese gespielte und geheuchelte Familienidylle war doch nicht zum Aushalten! Weder mein Vater noch meine Mutter glaubten daran, dass ich mich gut benehmen würde oder dass ich gut erzogen war – das hatten sie selbst ordentlich vergeigt.

Jayden hier, Jayden da... Das brachte selbst den stärksten kleinen Bruder aus dem Konzept. Ich massierte mir die schmerzenden Schläfen und beschloss, noch nicht ins Haus zu gehen, sondern noch ein wenig die Landschaft zu genießen.

Irland war schön. Sehr sogar! Ich war die letzten sechs Monate in Schottland gewesen, in meiner Schule Hogwarts. Nichts Schlechtes, nein, so konnte ich meinen Eltern entgehen und ich machte mich eigentlich ganz gut. Die Schule war schön, ich hatte meine Freunde und es war an sich alles klasse. Nur Irland fehlte mir sehr. Sie hieß nicht umsonst die grüne Insel, auch wenn es eben in den Städten selten grün war. Wir hatten ein Haus am Rande Limericks mit einigen Ländereien geerbt – soweit ich das richtig verstanden hatte von einem Onkel des 3. Grades meiner Mutter. Aber ich konnte mich auch verhört haben. Die Landluft tat gut. Sie machte den Kopf so herrlich frei und ich lehnte mich ins Gras zurück. Ausnahmsweise störte ich mich nicht an den Krabbelviechern, die nun meinen Kopf auf und ab wanderten, sondern genoss die Zeit für mich alleine.

Sommerferien waren scheiße.

Bisher war Weihnachten immer klasse gewesen. Ich war in Hogwarts geblieben und ein Jahr war sogar Chuck – mein bester Freund – geblieben. Mir zu liebe. Aber dieses Jahr kam ich in die vierte Klassenstufe und da ein großes Familienfest stattfinden sollte, würde ich wohl nicht drumherum kommen, nach Hause zu fahren. Nachdenklich starrte ich in den blauen Himmel, der keine Wolke aufwies und seufzte aus tiefstem Herzen. „Das ist doch alles Scheiße.“ War es ja auch! Kaum war Jayden wieder da, musste schon alles nach seiner Pfeife tanzen. Vielleicht machte er das noch nicht einmal mit Absicht, er hatte einfach ein Talent dafür, andere Menschen um den Finger zu wickeln. Aber mich nicht, oh nein! Ich hatte die Abgründe seiner Seele entdeckt. Düster erhob ich mich und verschloss mich in meinem Zimmer.
 

Ein Gutes hatte dieses Familienfest: ich würde Thomas nach langer Zeit mal wiedersehen. Wir sahen uns kaum noch, seitdem ich der selbst erklärte pubertierende Rebell der Familie war. Mister MacLynn hielt den Umgang mit mir für fatal für seinen Sohn – denn offiziell ging ich auch auf eine Schule für Schwererziehbare Jugendliche. Hätten meine Eltern nicht einfach Privatschule sagen können? Ach, was machte ich mir vor? Dafür hatten wir nicht genug Geld und die Lüge wäre aufgefallen. Trotzdem! Oder gerade deswegen – für Jayden hätten sie das sicherlich sofort gemacht!

Huh.

Nicht an Jayden denken, sondern an Thomas.

Wie lange hatte ich ihn schon nicht mehr gesehen? Ich drehte mich auf den Bauch und vergrub den Kopf so in den Kissen, dass ich an die Wand schauen konnte. Dort hingen Fotos von meinen Freunden – auch verzauberte. Die musste ich aber bald abmachen. Da war auch eins von Thomas und mir, als wir noch klein waren. Ich hing an seiner Hand, als würde ich gleich ertrinken und er grinste breit, zufrieden. Warme Gefühle stiegen in mir auf und ich lächelte. „Du warst immer ein viel besserer Bruder!“, brummte ich dem Bild entgegen und wischte kurz über das Gesicht meines Freundes, ehe ich die verzauberten Bilder abnahm und in den Koffer legte, den ich wieder mit nach Hogwarts nehmen würde. Das von Thomas blieb aber hängen und ich prägte mir sein Gesicht ein, um später zu erkennen, wie er sich verändert hatte: auf dem Bild war er ungefähr 13 Jahre, vielleicht auch jünger oder älter. Schulterlange, lockige blonde Haare. Warme und tiefe braune Augen. Das sympathische, gewinnende Grinsen auf den schmalen Lippen und hohe, markante Wangenknochen. Er hatte etwas an sich, was den Leuten versicherte, aufgehoben zu sein. Er schaffte es leicht mit seinem sympathischen Grinsen Menschen für sich zu gewinnen. Aber anders als Jayden. Auf eine ehrliche, nette Art.

Ich lachte. „Ich analysiere dich schon wie eine historische Figur!“ Ich rappelte mich auf und ging ins Bad. „Als ob du n Troll wärst, oder so“, sprach ich noch immer mit mir selbst.
 

An diesem Abend konnte ich gut schlafen.
 

Zwei Tage vor Heiligabend, Winter 2008, Limerick, Irland, bei Gallagher zu Hause

„Hey Ty.“

„Oh, Matt! Oooooh. Lange her, was?“

„Jah. Zu lange, wenn du mich fragst. Was treibst du so?“

„Ach, dies und das. Ich schaffe das Abitur einfach nicht, haha, das will mir einfach nicht gelingen!“

„Was? Kann ich mir nicht vorstellen...“

„Doch, Matt, du wirst lachen. Mathe und Deutsch sind die Hölle! Und ich nehm die als LK...“

„LK?“

„Hast du sowas auf deiner Schule nicht?“

„Äh, nein. Wir . . . äh . . . haben . . . äh...“

„Du brauchst nicht drüber reden, schon okay.“

„Äh, klar.“

„Und was machst du so? Musst doch tierisch froh sein, endlich da raus zu sein, oder?“

„Ehrlich gesagt nein. Jayden ist hier.“

„. . . Ouw. Big Brother daheim heißt immer Ärger bei dir, huh?“

„Das ist ja das Schlimme, genau das Gegenteil! Es scheint wieder alles total herrlich und friedlich zu sein und wir sind alle total cool und gut miteinander – ich hasse dieses Spielchen.“

„Kann ich verstehen. Das ist wie mit Paps Ex. Die taucht auch immer auf und weil er noch was von ihr will, spielt der auch immer brav ihre Spielchen. Das ist so . . . stupid!“

„Jo, du sagst es.“

„Hm. Ach, weshalb hast du eigentlich angerufen?“

„Ach ja, kommst du denn mit übermorgen?“

„Kla! Ich lasse mir doch eine Chance, meinen Matt wiederzusehen nicht entgehen!“

„. . . Haha, jah! Äh.“

„Muss dir doch nicht peinlich sein, little boy, ich habe auch schon das perfekte Geschenk für dich.“

„Was denn?“

„Ach komm, du kennst mich! Das sage ich dir sicherlich nicht!“

„Komm schon, Ty, bitte.“

„Na, ne. Das wird eine Überraschung. Weißt schon, surpirse and so on.“

„Kla.“

„Na denn. Weißt du noch was?“

„Eine ganze Menge, aber ich will dich nicht aufhalten.“

„Matt, ich habe immer Zeit für dich.“

„Danke, Kumpel.“

„Bis übermorgen! Ich freue mich, dich wiederzusehen. Wirklich!“

„Ich auch. Bis dann.“
 

Heiligabend, Winter 2008, Limerick, Irland, Festhalle

Mir stockte der Atem. So viele Leute. Staunend tapste ich durch die große Halle, die zum Bersten gefüllt war. In meiner Verwirrung vergaß ich mein Gift zu verteilen und fragte vorsichtig: „Dad? Wo kommen die ganzen Menschen her?“ Er schien ähnlich überrascht wie ich und schüttelte den Kopf. „Ich … habe keine Ahnung!“ Dann folgte ein gelöstes Lachen und ich schaute zu ihm auf. So glücklich hatte ich ihn schon lange nicht mehr gesehen und es entlockte mir ein kleines Lächeln, ihn so zu sehen. Aber das Lächeln erstarb, als ich sah, wem sein Lachen galt: Jayden, wem auch sonst. „Schau, da ist dein Bruder! Sophia! Jayden! Kommt zu uns!“

Okay, das wars, ich verzog mich, ohne meinen Bruder und seine Freundin auch nur eines Blickes zu würdigen und mischte mich unter die Leute.

„Bist du der Kleine Matthew?“ Ich schaute abermals auf und sah mich einer alten, eingebrochenen Dame gegenüber, die mich wohlwollend musterte. „Ah, jetzt sehe ich es! Diese Augen vergisst man nicht“, lachte sie und kniff mir in die Wange.

Bitte was war hier los? Wo kamen die ganzen Leute her und warum schienen sie mich alle zu kennen? Ich zögerte, fragte dann aber doch: „Entschuldigen Sie, aber muss ich Sie kennen?“

„Ach nein“, winkte sie ab und schenkte mir noch eine Tasche voll mit leeren und vollen Glasflaschen – komischer Brauch. „Ich bin die Frau deines … ähm … Urgroßvaters mütterlicherseits. Das muss alles sehr verwirrend für dich sein. Komm mit mir, ich stell dich allen vor.“

ALLEN?! In mir wuchs das Entsetzen, während ich Cathal, Finn, Aimee, Joseph, Eoghan, Aisling und und und vorgestellt wurde. Kaum hatte ich mich mit einem Namen angefreundet und begriff, wie und warum ich mit der Person dahinter verwandt war, da zerrte mich meine Urgroßmutter schon weiter und stellte mich der nächsten vor. Irgendwann hatte ich es aufgegeben so zu tun, als würde es mich interessieren und lächelte nur noch mechanisch. Das … ging mir jetzt schon gegen den Strich. „Du, Omi.“ Ich war dazu übergegangen, so zu nennen und ihr schien es zu gefallen. „Ich muss mal dringend. Wir … äh … sehen uns sicherlich.“ Sie lächelte gönnerhaft und strich mir über die Wange – brr! - bevor sie sagte: „Natürlich. Lebe wohl.“Diese Worte hatten einen bitteren Nachgeschmack, aber ich trat dennoch den Rückzug gen Toiletten an.

Als ich den halben Weg schon hinter mir hatte – bei Merlin, man sah den Boden vor lauter Menschen nicht mehr! - spürte ich etwas auf der Schulter. Eine Hand. Nein! Verdammt! Mit mechanischem Lächeln wandte ich mich um. „Entschuldigung, aber ich muss verdammt dringend pissen“, entfuhr es mir ungehalten und die Mundwinkel zuckten.

Ich war überrascht ein vertrautes Lachen zu hören und schaute noch einmal genauer hin.

Kurze blonde Haare. Groß. Schlank. Vielleicht ein wenig zu schlank. Schmale Schultern, schmales Becken. Keine Taille. Eine eckige Brille auf der Nase.

Ty hatte sich sehr verändert, das war nicht zu bestreiten, aber die Augen waren die gleichen lebensfrohen Mandeln, die ich vor ungefähr zwei Jahren das letzte Mal in natura gesehen hatte. Ich konnte nicht verhindern, dass ich ihn ungeniert anstarrte. „Matthew, Matthew, ich hätte erwartet, dass man dir auf deiner Schule Manieren beibringt“, scherzte Thomas und breitete die Arme aus. Ohne groß nachzudenken umarmte ich meinen alten Freund und grinste breit. Aw, das war toll! Thomas hatte mich gefunden unter all den Menschen, das war ein klasse Gefühl! Und noch toller war es zu wissen, dass er hier war. Dass ich nicht ganz alleine und verloren unter all den Fremden war sondern einer da war, mit dem ich klarkam, den ich mochte und dem ich ein uneingeschränktes Vertrauen entgegen brachte.

Ich lachte vor Freude und er stimmte ein. „Hab dich vermisst, Kleiner“, brummte er zufrieden, als er mich ein letztes Mal fest an sich drückte und ich ließ es geschehen. Musste schon jetzt arg gegen die Tränen kämpfen und bekam kein Wort heraus. Also nickte ich nur. Man war von mir ja gewohnt, dass ich emotionaler reagierte, als die meisten – in alle Richtungen – aber dennoch überwältigte mich die Flut an Gefühlen, die über mir hereinbrach.

Thomas ließ mich los und begutachtete nun mich. Ich machte einen Diener und lachte. „Du hast dich verändert, Ty. Brille! Steht dir aber gut.“

„Ja, ne? Ich war ja zuerst skeptisch, aber ich fand mich auch ziemlich sexy damit“, grinste er und schlug mir auf die Schulter. „Aber ich wollte dich nicht vom pissen abhalten. Zisch ab. Ich warte bei der Band auf dich.“

Bei der Band? Naja gut, besser, als ziellos herumzuirren.
 

Ich fand mich irgendwie bei der Band wieder und Thomas stellte mich allen vor. . . . Hä? „Du … singst?“ Thomas nickte zufrieden und antwortete: „Das sogar ziemlich gut, wenn ich das so sagen darf. Auch wenn Paps es nicht so gerne sieht, aber das ist eh equal, was der Kerl sagt. In einem Jahr bin ich raus.“ Das überraschte mich. „Ich dachte, zwischen euch läuft es gut?“ Er zuckte mit den Schultern und setzte sich auf eine der Boxen – ich ließ mich neben ihm nieder, nach einer der Gitarren greifend. „Nun, ja. Eigentlich... Ja, ich kann wirklich nicht klagen. Er ist n klasse Dad und so, aber n beschissener Lover. Also, nicht falsch verstehen.“ Er lachte abermals und es überlief mich eiskalt. „Ich meine damit die Ex. Mich nerven seine Geschichten. Und Neven...“, er deutete auf einen hochgewachsenen Mann in der Nähe der Drums, der mich skeptisch musterte, „...nimmt mich in nem halben Jahr auf. Wir werden dann vermutlich n bisschen rumreisen und so. Das Abi schaff ich eh nicht.“ Irgendwie tat er mir leid. Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, doch er lachte nur und winkte ab. „Keine Sorge, Matt. Alles in Ordnung, sonst hätte ich dir das doch schon längst gesagt.“ Er klopfte mir abermals auf die Schulter und ich war mir des Blickes Nevens gewiss. Ich schluckte. „Neven ist … ein Freund?“

Ich bemerkte Thomas Blick.

Lange.

Intensiv.

Aber nicht auf mir, sondern auf Neven. Dieser erwiderte den Blick. „Jah. So etwas in der Art. Das ist … kompliziert“, antwortete Thomas wage und schaute mich unsicher an. „Matt? Darf ich dich was fragen, ohne dass du austickst?“

„Nur, weil ich angeblich auf ne Behindi-Schule gehe, heißt das nicht, dass ich wahllos jeden verprügel, der mir vor die Nase kommt...“

„Weiß ich ja. Mir ist das nur sehr wichtig.“ Er zögerte kurz, wirkte ernst und nachdenklich. „Du bist mir wichtig. Ich will es mir mit dir nicht verscherzen, Matt.“ Der machte es aber spannend. Ich spürte mein Herz rasen. „Schieß los.“ Klang ein wenig heiser und fremd.

„Wie … Wie stehst du … Ach, das ist blöd, vergiss es!“ Er lachte nervös und stand auf, mich einfach sitzen lassend.

Na danke auch!

Verwirrt schaute ich ihm nach, wie er zu Neven ging, ihm vertraut etwas zuflüsterte und Neven daraufhin mich anschaute. Oh. Sie redeten von mir? Jedenfalls nickte der große Schlagzeuger und kam mit Thomas zu mir zurück. Unsicher, was ich nun denken oder sagen sollte, schaute ich von einem zum anderen. „Willst du nachher mitspielen?“, fragte Ty mich dann vollkommen unvorbereitet und aus einer Motivation heraus, sagte ich sofort zu.

Wow.

Euphorie packte mich so schnell, dass ich gar nicht mehr wusste, wohin damit, als Thomas mir die nötigen Griffe zeigte. Seine Finger lagen immer wieder auf meinen und ich grinste zu ihm auf, wann immer unsere Blicke sich trafen. Dümmlich. Naiv. Wie ein kleiner Bruder seinen großen angrinsen würde. In freudiger Erregung, etwas Neues und Aufregendes zu tun.
 

Da stand ich also. Mir ging die Pumpe, so vor vielen Menschen und so. Ich wusste noch nicht mal, ob ich die Griffe richtig drauf hatte, aber ich versuchte mich trotzdem daran. Thomas hatte ja auch ne Gitarre um und der Trompetenspieler hinten spielte immer ein wenig heftiger, wenn ich mich vergriff. Bemerkte keiner. Die meisten waren eh schon betrunken da unten.

Aber es machte verdammt großen Spaß! In fiebriger Freude spielte ich mich in Ekstase, rannte die Bühne auf und ab, sprang und sang laut mit, sofern ich die Texte kannte, die Thomas mit seiner rauchigen Stimme anstimmte. Wah, mir jagte seine Stimme immer wieder Schauer über den Rücken. Einmal wagte ich mich ganz nahe an Ty heran, sang mit ihm in ein Mikro, fing den Blick aus braunen Augen auf und … drohte zu fallen.

Der Boden wurde mir spontan unter den Füßen weggezogen und ich verlor mich vollkommen in ihnen. Meine Lippen bewegten sich automatisch und leise Worte verließen meinen Mund, ja, das konnte man nicht bestreiten, aber mein Hirn hatte komplett ausgesetzt.

Scheiße.

Deshalb vermied ich es seitdem, ihm zu nahe zu kommen. Mister MacLynn hätte es bestimmt eh nicht gerne gesehen, wenn ich da so mit seinem Sohn zusammenklebte. War ja klar, schlechter Einfluss und so.
 

Die Band wurde im späteren Verlauf des Abends nicht mehr gebraucht und Thomas, Neven und Claus – der Trompeter – wollte alle drei gehen. Aus einem Impuls heraus griff ich nach Thomas Handgelenk und murmelte: „Geh nicht. Ich will hier nicht alleine sein.“ Ich weiß nicht, was mich dazu bewegt hatte und weiß nicht, warum er zusagte, aber er blieb. Den ganzen Abend und noch länger, fing sich bedrohliche Blicke vom großen Drummer ein, der mit dem Trompeter abdampfte.

Danke sagte ich trotzdem nicht. Es war irgendwie selbstverständlich, dass er blieb. Warum auch immer.

Das war das zweitschönste Weihnachten, dass ich jemals gehabt hatte. Das schönste war das erste mit Chuck gewesen in der ersten Klasse. Da gab es kein Vertun.

„Matt. Ich bin tierisch müde und Paps sieht nicht so aus, als würde er noch alleine nach Hause kommen“, brummte Thomas gegen zwei Uhr morgens leise und ich seufzte ergeben. Doch dann fiel mir etwas ein. „Bleib doch einfach! Also, du und dein Vater. Dein Vater kann in unserem Gästezimmer schlafen, das ist kein Ding. Und ich hab genug Platz.“ Ich freute mich über meinen grandiosen Einfall und Thomas lächelte breit. „Klar! Aber sofort! Los, komm schon, ich bin müde. Hast du einen Schlüssel?“ Als Antwort klimperte ich mit dem Schlüssel in meiner Hosentasche.

Wir traten den Heimweg an. Die Festhalle lag nicht weit von unserem Haus entfernt, allerdings hatte Ty schon ein bisschen was getrunken und stützte sich schwer auf mich. Ich hatte lieber nichts getrunken – ich vertrug Alkohol nicht so besonders. Im Dunkeln war der Weg schwer zu finden und ich musste mich voll und ganz auf meinen – gelinde gesagt – beschissenen Orientierungssinn verlassen. Irgendwie schaffte ich es aber, mich und meinen Freund nach Hause zu schleppen. Der Schlüssel drehte sich schwerfällig im Schloss und wir erklommen die Treppenstufen.

„Setze dich aufs Bett. Ich hole dir Wasser und Bettzeug“, wies ich Thomas sanft an, der schon leicht weg dämmerte und nur nickte. Kurz Treppen wieder runter, Wasserflasche, Gläser, Bettdecke und Kissen geholt und damit wieder die Treppe hoch. „Da bin ich wi-“ Ich unterbrach mich. Thomas war bereits eingeschlafen. So viel zum Thema mehr Zeit füreinander. Aber das war okay. Ich lächelte und konnte mich nun endlich für die etlichen Male bedanken, die er mich schon zugedeckt hatte.

Ich zog die Matratze unter meinem Bett hervor, legte eine leichte Decke drüber, bezog Kopfkissen und Decke und legte alles feinsäuberlich auf das Gästebett. Glas und Wasser wurden erst mal abgestellt.

Hm.

Und nun? Ich überlegte, ob ich auf der Matratze schlafen sollte, aber nach der Inspektion meines Bettes kam mir das nicht sehr schmackhaft vor. Ty schlief eh schon, der würde nichts merken.

Ich war zwar einige Zentimeter kleiner, dafür aber beinahe doppelt so breit und stämmiger als er. Es war ein leichtes für mich, ihn aus meinem Bett auf seines zu rollen, ihn sanft zuzudecken und das Licht auszumachen.

Meine Hose fiel, als ich es Rascheln hörte. „Matt? Warum hast du mich nicht geweckt?“ Ich stieg aus der kurzen Jeans, während ich leise erwiderte: „Ich wollte nicht. Ging doch auch so.“ Er brummte. Dann ertönte wieder seine Stimme, gedämpft von dem T-Shirt, dass ich mir gerade über den Kopf auszog. „Aber du bekommst doch noch dein Geschenk!“ Oh, stimmte! Das hatte ich vollkommen vergessen. Nachdenklich biss ich mir auf die Lippe – ich hatte nichts für ihn. „Ach, das muss nicht. Der Tag heute war Geschenk genug.“ Ich setzte mich auf mein Bett und deutete auf die Flasche. „Wasser. Dir muss schlecht sein.“

Plötzlich eine Hand auf meiner statt einer Antwort. Verwirrung. Finger, die sich fest um mein Handgelenk schlossen. Aufsteigende Hitze. Ein nach Bier riechender Thomas, der sich aufsetzte und flüsterte: „Mir ist nicht schlecht. Nur ein wenig kalt.“ Ohne nachzudenken erwiderte ich trocken: „Dann deck dich zu.“ Er lachte rau, männlich und plötzlich wurde mir bewusst: wir waren keine Kinder mehr. Er war fast erwachsen und ich tat so, als wäre ich es schon lange. Wir waren nicht mehr die Kinder von früher und auch nicht mehr die Brüder, wie wir sie mal waren. „Nicht die Art von Kälte, Matthew.“ Mein ganzer Name aus seinem Mund. Ich schauderte. „W-Welche Art dann?“, brachte ich hervor und bereute es sogleich. Ein Ruck ging durch seinen Körper und sein Kopf lag auf meinem Schoß. Ich hatte das Gefühl, eine Ewigkeit verstreiche, während er mit seiner anderen Hand nach meiner anderen suchte und sie ineinander verschränkte.

Was sollte das?

War das mein Geschenk? Darauf konnte ich gut verzichten. Ich wollte meine Hände wegziehen, seinen Kopf wegschieben, doch … etwas in mir … Nein. Ich wollte, dass er dort liegen blieb, wie er dort eben lag. Er kam mir schutzlos vor, verletzlich. Es war an der Zeit, dass ich für ihn sorgte und nicht andersherum. „Welcher Art, Thomas? Du hast meine Frage nicht beantwortet“, erinnerte ich ihn so sanft wie es mir möglich war und hörte ein Seufzen als Antwort. Na toll. Die innere Unsicherheit steig und ich wurde nervös. Wohin würde das hier führen? Was hatte er vor und warum ließ ich ihn gewähren? Er sollte mir nicht so nahe sein. Ich hatte mich zwar nie mit Moralfragen beschäftigt, aber jetzt schossen mir die typischen durch den Kopf: darf ein Mann mir so nahe kommen? Darf ich einen Mann so lieben? Darf er mich so anfassen? Darf ich es ihm erlauben? Hausgemachter Unsinn, wenn man mich fragte, man sollte lieben dürfen, wen man wollte, aber dennoch...

„Du Idiot.“

Ich schreckte auf. Wieso beleidigte er mich nun? Ich entkam ihm irgendwie, riss meine Hände zurück und schob seinen Kopf weg, rutschte fort. Das war nicht schön. Warum tat er das? Es war gerade schön gewesen, sehr schön und er machte es kaputt. Ich schaute dorthin, wo ich sein Gesicht in der Dunkelheit vermutete und schenkte ihm einen bösen Blick, den vermutlich nicht einmal bemerkte. „Warum … gehst du weg?“, fragte er mich vorsichtig und die Unsicherheit in seiner Stimme erschreckte mich. Was war los? Thomas stand Unsicherheit nicht. Er war ein selbstbewusster junger Mann, der wusste was er konnte und was nicht. Aber warum dieser Zweifel? „Ich … weiß nicht“, log ich und er erwiderte schnell: „Dann komm wieder her! Bitte! Ich mag es nicht, wenn du mich so anschaust.“ Was? Sah er meinen Blick doch? Nun war es an mir, unsicher zu sein und langsam rutschte ich wieder an den Rand meines Bettes, die Augen fest auf seine gerichtet. Nun erkannte ich auch endlich etwas – sie hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Er hatte seine Brille abgenommen. Huh. Mit gefiel er mir besser.

„Matt?“

„Hm?“

„Die Frage von vorhin... Gilt die noch?“

„Welche?“

„Na, dass ich dir eine stellen darf?“

„Klar.“

Ich hörte ihn durchatmen, spürte seine Hand warm und ein wenig feucht auf meiner – die war eiskalt. Es brannte sogar ein bisschen. „Komm her“, raunte er. „Das ist keine Frage.“

„Würdest du herkommen?“ Ich zögerte. „Jah.“ Und rutschte noch ein wenig näher. Sein Kopf lehnte an meinem Knie. Irgendetwas veränderte sich gerade und das machte mir Angst. Er griff abermals nach meiner Hand, dieses Mal zog ich sie schnell weg, ohne dass er sie berührte. Aber er merkte es trotzdem. „Würdest du mir deine Hand geben?“ Ich zögerte wieder. Aber ich gab sie ihm. Seine Finger schlossen sich endgültig um die meinen und es … fühlte sich gut an. Ich schluckte. „Würdest du zudrücken?“ Ich zögerte. Aber ich drückte zu. Und ein Stich ging durch meinen Körper, elektrisierend und schockierend zugleich. Ich starrte ihn an. Seine Mundwinkel waren unsicher verzogen. „Matthew? Ich … ah, was solls. Deine Augen sind der Hammer, Kleiner. Und du hast dich in den letzten zwei Jahren so stark verändert. Ich habe dich kaum wiedererkannt. Du bist gewachsen. Hast mich ja fast eingeholt! Und deine Schultern...“ Seine Hand rutschte aus meiner und wanderte den Arm empor bis zu der Schulter. Wo immer sie lang fuhr, hinterließ sie ein angenehmes Gefühl auf der nackten Haut. Es kribbelte. Es prickelte. Es war aufregend. Neu. „Wahnsinn, wie du dich verändert hast. Du siehst jetzt … männlich und … erwachsen aus. Du bist nicht mehr mein kleiner Matt.“ Das war ein Schlag in die Magengrube. Ich wandte den Blick ab und biss mir auf die Unterlippe. „Du bist jetzt Matthew. Ein fast schon erwachsener Mann. Ich erkenne dich kaum wieder. Nur deine Augen.“ Ich schaute wieder auf. „Deine Augen sind dieselben.“ Seine Hand wanderte um meine Schulter herum, fuhr den harten Knochen nach, segelte über das Schlüsselbein und ich begann zu zittern. Mir wurde heiß und kalt. Hatte ich nicht dasselbe gedacht, als Thomas wieder vor mir gestanden hatte? Aber ich bekam keinen Ton heraus. Seine Hand wanderte weiter, zwischen dem Schlüsselbein herab auf die Brust, weiter, weiter, immer weiter bis zum Bauch. Ich sog zischend die Luft ein. „Das … kitzelt, Ty...“

„Ich bin auch nicht mehr Ty für dich, Matthew, oder?“ Ich musste über den Sinn seiner Worte nachdenken. Und schüttelte den Kopf. Irgendwie wirkte er zufrieden, als seine Hand wieder in meiner landete. Dieses Mal war ich derjenige, der unsere Hände ineinander verschloss. „Nein. Du bist … Thomas. Aber immer noch mein Thomas. Und das wird sich auch nicht ändern.“ Woher ich diese Worte nahm, wusste ich nicht. Und was danach geschah, war nur noch ein verschwommenes Hochgefühl der Emotionen.
 

Heute, 1. Weihnachtsfeiertag, Limerick, Irland, Matthews Schlafzimmer

So war das also passiert. Ich erinnerte mich. Und im gleichen Augenblick war es mir egal.

Ich erzitterte unter den präzisen Berührungen meines Freundes. Gab mich ihm vollkommen hin. Und dennoch hielt er irgendwann inne. Ich öffnete die Augen und hörte sein zufriedenes Seufzen, als er seine Zähne an meinem Hals versenkte. Ich keuchte. „Matthew, mein Matthew. Matthew, Matthew, Matthew“, wiederholte er immer wieder meinen Namen und ich verlor den Verstand. Wollte mehr, viel mehr.

Aber er gab es mir nicht.

Langsam setzte er sich auf und zog mich mit sich hoch, küsste mich immer wieder. Mund – Hals – Kinn – Wange – Stirn – Mund. Ich genoss. Aber warum hörte er auf? Das Feuer war verschwunden. Hatte ich etwas falsch gemacht? War ich zu passiv gewesen? Hatte er sich mehr oder auch weniger erhofft? Ich war verwirrt. Legte meine Hand in seinen Nacken. Zog ihn noch einmal zu mir heran. Wollte den herben Geschmack von Bier auf meinen Lippen und meiner Zunge. Er beugte sich. Und nie hatte ein Kuss so süß und gleichzeitig bitter geschmeckt.

Seine Hand fuhr auf und ab, es fühlte sich an, als habe er nicht nur eine davon, sondern hunderte davon am Werk. Ich spürte sie überall und sie entlockte mir immer wieder heiseres Keuchen. Was tat dieser Mann mit mir? Es war mir egal.

Thomas liebkoste meine Brust, meine empfindlichsten Stellen und schließlich widmete er sich einer ganz besonders, die danach schrie, erlöst zu werden. Sein heißer Mund brachte mich um den Verstand, wie von Sinnen erwiderte ich seine Zärtlichkeiten, ließ ihn gewähren, verwöhnte auch ihn. Spürte, wie sein Leben in meiner Hand pulsierte und nach Erlösung schrie. Ich presste mich an ihn, er zitterte.

Dann stieß er mich von sich.

„Matthew. Wir müssen aufhören. Ich … will dich nicht entehren. Ich liebe dich, oh Gott, ich liebe dich mehr, als ich jemals jemanden lieben könnte, aber... Aber ich will es zwischen uns nicht kaputt machen.“ Er lehnte sich zitternd und keuchend an mich und ich lehnte mich an die Wand, fuhr ihm durch das kurze Haar. Verstand noch nicht. War noch zu vernebelt. „Ich … ich … Was habe ich mir nur dabei gedacht! Du warst immer ein kleiner Bruder für mich.“ Ein vernichtender Stich in die sich schnell hebende und senkende Brust. „Aber heute... Matthew, sag mir, dass ich mir das nicht nur eingebildet habe, bitte, sag es mir!“

„Du hast es dir nicht nur eingebildet“, echote ich, keine Ahnung, was ich da genau sagte. „Es tut mir leid, so leid. Ich will dich nicht verletzen, ich wollte dich immer nur beschützen! Aber heute... Du... Matthew, du hast dich so verändert! Du bist so erwachsen geworden...“

„Ist doch gut.“

„Nein, nein, nichts ist gut! Ich werde dich verletzen, du hast dir etwas erhofft, aber ich werde nicht mit dir schlafen.“ Schock. Ich starrte ihn an. „Das will ich doch auch gar nicht.“

„A-Ach nein?“

„Nein, Thomas. Mir reicht es zu wissen, dass du mich lieben wirst, egal, was andere sagen“, grinste ich und er schüttelte fassungslos den Kopf. „Du bist doch ein naiver Trottel, Matt. Idiot...“ Ich zuckte mit den Schultern und gähnte. „Ich bin müde, lass uns schlafen.“ Er biss sich auf die Unterlippe und nickte langsam, zog mich mit sich. Wir rollten uns zusammen, kuschelten uns aneinander. Dann fiel mir etwas ein. „Was das dein Geschenk an mich?“, fragte ich sanft. Er zögerte. Doch dann bejahte er. „Danke. Das war … haha, wunderschön“, lachte ich atemlos und schloss die Augen. Die letzten Worte, die er flüsterte, verstand ich nicht mehr.
 

Erst Tage später sollte mir klarwerden, dass wir uns nie wieder sehen würden. Ohne es zu wissen, hatte ich dem ersten Menschen das Herz gebrochen und er das meine. Und vermutlich würde ich auch das nie erfahren.

Aber seitdem brannte ein Licht in mir lichterloh und suchte nach jemandem, der sich an ihm wärmen wollte.



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