Tabu von Schneefeuer1117 (One Shots für Harry Potter RPGs) ================================================================================ Kapitel 15: Kapitel 15 - Wolf und Hase I ---------------------------------------- „Dyke? Sie gehen nach Neuseeland. Wir hatten Werwolf-Sichtungen und müssen dem nachgehen. Sie gehen alleine, Ihr Ansprechpartner wird auf Sie im Hotel…“ David hatte innerhalb von Minuten seine Sachen gepackt und war zum Aufbruch bereit. Obwohl David sich einige Zeit dafür nahm, der Frage weshalb das britische Ministerium sich um eine Sichtung in Neuseeland kümmerte auf den Grund zu gehen, war er doch automatisch fixiert auf die Aufgabe, die vor ihm lag. Es half nichts, sich den Kopf zu zerbrechen. Er war Auror und führte Befehle aus. Mehr nicht. Das Apparieren zum gebuchten neuseeländischen Hotel für Zauberer ging flott und verlief ohne Komplikationen. Da es bereits spät am Abend war, suchte er das Ministerium nicht sofort auf, sondern ging auf sein Hotelzimmer. Das Zimmer war klein, doch mit einem dafür recht großzügigen Schreibtisch ausgestattet. Nachdem er sich die Hände gewaschen und seine Klamotten verstaut hatte, setzte er sich an den Tisch und schlug die Akten auf, die sein Vorgesetzter ihm mitgegeben hatte. Bis spät in die Nacht überflog er Zeugenberichte, mögliche Sichtungen, Anklagen an Unschuldige und aufgedeckte Falschmeldungen. Die Berichte gingen bis zu dreißig Jahre in die Vergangenheit zurück – hier schien sich entweder ein sehr anpassungsfähiger Werwolf rumzutreiben, oder aber es war alles nur ein einziger großer Beschiss. Als sich Kopfschmerzen einstellten, beschloss David, dass er genug gelesen hatte und legte sich schlafen. Am nächsten Morgen würde er früh beim neuseeländischen Ministerium vorstellig werden. Unausgeschlafen machte das niemals einen guten Eindruck. „David Thorndyke, richtig?“, fragte der untersetzte Auror und der Brite nickte. „Sie wurden bereits angekündigt. Sie sind ... erstaunlich jung.“ David meinte herauszuhören, dass dem Auroren diese Tatsache nicht gefiel oder dass David ihm anders angekündigt worden war. Die Augenbrauen wurden kritisch zusammengezogen und David maß sein Gegenüber mit eben jener kritischen Beobachtung, die der Mann auch ihm zuteilwerden ließ. „Sir. Das britische Ministerium hat mich zu Ihnen geschickt.“ Womit er indirekt implizierte, dass sein neuer Vorgesetzter die Kompetenz des britischen Ministeriums in Frage stellte. Eine kurze Stille legte sich im Zuge dieser Unterstellung über das kleine Büro des Leiters der Aurorenzentrale des neuseeländischen Zaubereiministeriums. „Nun gut, Thorndyke. Ich werde Ihnen alles zukommen lassen, was wir über die kürzliche Sichtung wissen und Ihnen die Verantwortung für die Vernehmung des Hauptverdächtigen und seiner Familie übertragen. Halten Sie sich jedoch bedeckt. Es soll vorerst niemand wissen, weshalb Sie hier sind. Behandeln sie Familie und Hauptverdächtigen nicht als solche.“ Der Leiter der Zentrale lehnte sich auf seine fleischigen Unterarme, als er sich vorlehnte. „Verstanden?“ „Ja, Sir.“ Den ganzen Tag über verbrachte David mit den leitenden Auroren des Falls und ließ sich von ihnen ins Bild setzen. Es hatte bisher noch keinen Übergriff auf die Bevölkerung – ob magisch oder nichtmagisch – gegeben. Die Frage, wieso er also hier war, drängte sich immer mehr auf. Die neuseeländischen Kollegen begegneten ihm zwar mit Respekt, doch auch mit offenem Argwohn – nichts, womit er nicht zurechtkam. Auf einer professionellen Ebene funktionierte die Zusammenarbeit dennoch, solange David über jegliche Provokationen seine Erfahrung und sein Alter betreffend hinwegsah. Erschöpfung stellte sich nur sehr selektiv beim Briten ein. Er war es gewohnt, wenig zu schlafen, noch weniger zu essen und keinerlei Ruhe zu haben. Ansonsten hätte er diesen zeitintensiven Job niemals annehmen können und wäre innerhalb der letzten drei Jahre niemals so schnell so gut geworden. Nachdem der Fall Johansson abgeschlossen gewesen war, hatte David Altlaster ablegen können und war endlich so weit gewesen, sich vollends auf den Job einzulassen. Dennoch ließ er sich von seinen neuen Kollegen dazu überreden, das neuseeländische Bier in einem der Pubs auszuprobieren. Selbstverständlich war er nicht hier, um Freunde zu gewinnen, doch tatsächlich hatte sich der in seiner Schulzeit als arroganter Eigenbrötler bekannte Brite zu einem sozialen Wesen während der Arbeitszeiten gemausert. Schweigend zumeist, um die lateinischen Spitzen und die angeborene Arroganz im Zaum zu halten, aber dennoch ein gerne gesehener Gast. … Vermutlich nur aufgrund des Schweigens, wenn man es so betrachtete. Am Pub angekommen, folgte er seinen beiden neuen Kollegen zur Bar und wich einem kräftigen Mann aus, dessen stechender Blick aus hellen grünen Augen ihn aufzufressen schien – der Konter aus den eigenen blitzenden Augen ließ kaum auf sich warten und dennoch machte er dem Fremden Platz, dessen Ausstrahlung ihren Raum forderte. Doch abgesehen von eben jenem Vorfall verlief der Abend ruhig und ohne jede nennenswerte Erwähnung. Der zweite Tag der Ermittlungen Davids Schritte verhallten in den ausufernden Räumen des Maori-Museums. Für die Exponate hatte er kaum einen Blick übrig; das Leben der Muggel interessierte ihn herzlich wenig. Interessant waren jedoch die abgesperrten Bereiche, welche Verwüstung aufwiesen. Noch immer lagen einige Glasscherben über den Boden verteilt, die wohl einst zu den Vitrinen gehört hatten, welche die maorischen Kleidungsstücke vor gierigen Händen geschützt hatten. Einige dieser wertvollen Stücke waren nun zerschlissen und zeigten deutliche Spuren: sie waren so zerfetzt worden, als hätte man mit Klauen an ihnen gerissen. Aber was hatte ein Werwolf für derlei Dinge übrig? „Oh. Sie müssen von den Behörden sein…?“, sprach ihn eine – auf den ersten Blick – bildschöne Frau mittleren Alters an. Ein wacher, weicher Blick, ein sympathisches Lächeln, die langen dunklen Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz gebündelt. „Ma’am? Die Aurorenzentrale schickt mich.“ Das Lächeln der Frau flackerte, doch sie nickte gefasst und deutete auf eine Tür mit dem Schild Zutritt verboten. David folgte ihr in das geräumige Büro, in dem sie sich gemeinsam zu einer kleinen Sitzgruppe begaben. „Mein Name ist David Thorndyke. Das britische Ministerium hat mich hierhergeschickt, um den ansässigen Auroren zur Hand zu gehen.“ „Ich verstehe.“ Da war sie die Einzige. „Bettina Coenorth“, stellte sie sich nun wieder mit erstarkendem Lächeln und einem sicheren Handschlag vor. „Aber Sie können gerne Betty sagen. Ich habe einen Sohn in Ihrem Alter, wissen Sie? Dank ihm weiß ich überhaupt von all den faszinierenden Dingen, die fernab der Wunder unserer Welt noch existieren.“ Sie lachte ein warmes Lachen. „Anfangs hat es mich zugegeben ein wenig überfordert. Aber wenn man sich mit der Geschichte befasst, fällt es einem schwer zu glauben, dass all jene Wunder gänzlich ohne Magie möglich gewesen sein sollen.“ Während sie ihren Monolog gehalten hatte, hatte sie David und sich Tee zubereitet und servierte ihn nun. Er musste sich zwingen, nicht gelangweilt dreinzuschauen und animierte sie mit einem Nicken und einem leisen „Vielen Dank für den Tee“ auch noch dazu, weiterzusprechen. Obwohl es sicherlich das Letzte war, was er hören wollte – nun, vielleicht hatte sie schlussendlich etwas Interessantes zu sagen? … Unwahrscheinlich. Was sie mit den nächsten Worten bewies: „Alexander hat vor zwei Jahren die höhere Schule abgeschlossen. Er ist so ein gescheiter Junge, wir sind unheimlich stolz auf ihn. Er möchte in die Politik, wissen Sie?“ Das sanfte Lächeln kannte David nur zu gut von seiner eigenen Mutter und gelangweilt nippte er am Tee. Er hasste Tee. „Daniel, mein Jüngerer, hat auch im letzten Jahr die Schule abgeschlossen.“ Was hatte er nur an sich, dass Frauen ihm immer ihre Herzen ausschütteten? Reichte der missbilligende Blick nicht? Reichte nicht das kurze Nasenrümpfen, um seine absolute Abneigung gegen das vorherrschende Gesprächsthema auszudrücken? Hätte er herzige Brudergeschichten hören wollen, so hätte er seine eigene Mutter befragen können. Außerdem schmeckte der Tee furchtbar. „Ist … Daniel? … Ist er auch Zauberer?“ „Aber ja! Er ging hier in Neuseeland zur Schule und wird jetzt im Ministerium eine Ausbildung zum Fluchbrecher beginnen. Nicht ganz Ihr Metier, aber wir sind einfache Leute.“ Als ob David das nicht schon mitbekommen hätte. „Mein Mann ist Fremdenführer und ...“ Bettina stockte. Sie schien sich daran zu erinnern, mit wem sie hier gerade sprach und nun wurde es endlich interessant für den Briten. Sie nestelte an der kleinen Tasse herum, wich dem stechenden Blick des Auroren aus und bestätigte damit seine Vermutung: hier lag mehr begraben, als sie zugab. Sie wusste etwas und war nicht bereit, ihr Wissen mit ihm zu teilen. Waren die Ermittlungen also richtig? Führten sie alle zur richtigen Adresse? War er nur noch hier, um die Verdächtigungen zu bestätigen? David konnte sich auf all das hier noch keinen wirklichen Reim machen, beschloss jedoch, das Gespräch endlich in die eigene Hand zu nehmen. Mit einem leisen Seufzen lehnte er sich vor und tätschelte Bettinas Hand. „Ich weiß, es muss schwer für Sie sein. Die Söhne sind aus dem Haus und Sie wissen nun nicht, womit Sie den Alltag füllen sollen“, mimte David den verständnisvollen Beamten und zu seiner Überraschung schien er ins Schwarze zu treffen: Bettina atmete fein aus und lächelte ihn warm an. „Es ist nun sehr ruhig zu Hause. Alexander und Daniel waren immer viel unterwegs und da sie in den Zaubererinternaten zur Schule gingen … viel hatte ich nie von ihnen.“ David meinte mehr als Bedauern aus diesen Worten herauszuhören und zog die Augenbrauen skeptisch zusammen. „Es ist einfach schön, wenn einem jemand wieder zuhört. Danke, Mister Thorndyke. Ich halte Sie sicherlich vom Arbeiten ab.“ Ein zauberhaftes Lachen folgte und David schüttelte den Kopf. „Nicht doch.“ Sie hatte ihm, ohne dass sie es wollte, wichtige Informationen gegeben. „Ich habe trotzdem noch ein paar Fragen an Sie.“ „Natürlich.“ „Meine Kollegen haben mich bereits darüber informiert, dass Sie attackiert wurden“, nahm David den eigentlichen Grund seines Besuchs auf und Bettina zögerte kurz. „Das ist so nicht ganz richtig.“ Die hellen Augenbrauen des Briten zuckten zusammen und er überschlug die Beine, den Tee in den Händen haltend, die wachen Augen auf die schöne Archivarin gelegt. „Meine Stücke wurden attackiert, ja. Ich selbst jedoch nicht. Es ist …“ Wieder zögerte sie und in David wuchs das Misstrauen. Hier ging etwas vor sich, von dem er die Tragweite noch nicht verstehen konnte. Es war noch nicht greifbar. „Ich habe gehört, wie das Glas splitterte und habe ein Brüllen gehört. Aber das Brüllen hätte alles sein können. Ein Bär. Ein Wolf. Vielleicht auch das, was Ihre Kollegen sagen. Ich weiß es nicht.“ Sie nannte es nicht beim Namen. Ihr Mann war ein registrierter Werwolf und sie nannte den Angreifer dennoch nicht beim Namen. David roch den Braten. Sie wusste nicht, ob es ihr Mann war, der eingebrochen war. Sie wollte nicht wahrhaben, dass Seth Coenorth ein wildes Biest wurde, wann immer der Mond ihn rief. Es war lächerlich, wie sich ein Mann einem Himmelskörper derart unterwerfen konnte. David fingerte in seiner Innentasche und zog die Visitenkarte hervor, die er stets mit sich herumtrug. „Falls Ihnen noch Details einfallen, die meine Kollegen nicht erwähnt haben, melden Sie sich bitte bei mir“, bat er Bettina förmlich und die schöne Frau nahm die Karte an, sagte jedoch nichts mehr. Es folgten ein paar lapidare Bekundungen, eine Verabschiedung, ehe David noch etwas einfiel. „Ihr Sohn, Alexander, wo kann ich ihn finden?“ „Wie?“ „Sie sagten nur, er sei bereits mit der Schule fertig und wolle Politiker werden. Wo kann ich ihn finden?“ Bettina deutete ein Schulterzucken an und ein schwaches Lächeln erschien auf den zart geschminkten Lippen. „Vermutlich irgendwo in der Stadt, Schatten hinterherjagen.“ Bitterkeit klang aus ihrer Stimme hervor und die Rolle der stolzen Mutter löste sich in Wohlgefallen auf, bevor sie David die Tür vor der Nase zumachte. Irgendetwas ging hier vor. Und es hatte mit dem Sohn zu tun, auf den sie angeblich so stolz waren, der Politiker werden wollte und den Schatten nachjagte. Es wurde Zeit herauszufinden, wessen Schatten Alexander Coenorth jagte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)