Inochi von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Chikara ------------------ gewidmet: Shion-chan, Calu-chan und ChichiU Da stand ich also vor Shinya Terachis Tür und klingelte wie ein Verrückter. Meine Güte, was trieb der da drinnen? Okay, ich war nicht angemeldet, aber wegen mir hätte er sich ja nun wirklich nicht noch tonnenweise Rouge ins Gesichtchen klatschen müssen. Der Kerl sah und sieht nämlich auch ohne Make-up verteufelt gut aus, aber egal... Was reg ich mich überhaupt auf? Irgendwann machte er dann ja doch noch auf und er schien ziemlich überrascht zu sein, ausgerechnet mich zu sehen. Um so weniger verwunderlich war es für mich, dass er mal wieder einen langärmeligen Pullover trug. Das heißt: Eigentlich kam es mir schon komisch vor, schließlich war es Sommer und die Temperaturen nicht gerade niedrig, aber nun ja... Das ist halt Shinya! Seltsam bis dorthinaus und dennoch verflucht niedlich! Wenn ich nur daran denke, wie temperamentvoll er immer und immer wieder auf sein Drumkit eindrischt, während er sonst so wahnsinnig ruhig und gefasst wirkt... Ich könnte ihn ewig beobachten, mir würde nie langweilig werden. Aber gut... Jedenfalls bat er mich nach einem kurzen "Hallo!" dann zu sich in die Wohnung, verschwand selbst schnell in der Küche, holte etwas zu trinken und setzte sich zu mir - ich hatte es mir bereits bequem gemacht - auf die Couch. Was folgte, war ein Wortwechsel, der hauptsächlich von mir geführt wurde. Shinya hörte, wie sonst auch meistens, nur zu... Im Nachhinein betrachtet, verhielt sich unser Bandküken für die gegebenen Umstände also erstaunlich normal. Man merkte ihm echt nichts an - auch dann nicht, wenn man diesen Feministen, so wie ich, schon seit Jahren kannte. Nach außen hin schien alles wie immer, aber dennoch fand ich an diesem Tag sein dunkles Geheimnis heraus - auch wenn ich mir bei weitem etwas Schöneres vorstellen kann! Es war kaum Zeit vergangen, seit ich unseren Jüngsten rausgeklingelt hatte, da fiel mir plötzlich ein orange-rötlicher Schmierfilm an Shinyas Wasserglas auf. Zuerst dachte ich ja noch, dass das vielleicht so sein sollte - bei den Designern von heute weiß man ja nie so genau - aber nachdem ich mein Trinkgefäß dann ein wenig genauer "inspiziert" hatte und nichts dergleichen feststellen konnte, sagte mir mein Bauchgefühl auf einmal, dass hier etwas nicht stimmte. Und zwar ganz gewaltig nicht stimmte! Ohne großartig darüber nachzudenken, was ich tat, und ihm die Zeit zum Realisieren meines Handelns zu geben, schnappte ich also nach seinen Handgelenken, schob die Ärmel ein Stück nach oben und... Ich konnte kaum glauben, was ich da sah! Ausgerechnet er! Ausgerechnet Shinya - der, den wir alle für den Stärksten von uns hielten - ausgerechnet mein Shin-chan fügte sich selbst Verletzungen zu! In diesem Moment hätte ich ihn am liebsten angeschrieen, ihm an den Kopf geknallt, wie saudoof er doch war, wie bescheuert sein Tun doch sei, aber das einzige, was ich über die Lippen brachte, war ein hauchdünnes: "Doushite?" Er erwiderte nichts, wehrte sich nicht mal, ließ mich mit diesem Anblick seiner halb blutenden, halb vernarbten Unterarme allein, schaute einfach nur auf das Sofakissen neben sich... Offensichtlich wollte er meinem Blick ausweichen, wollte mir nicht in die Augen sehen, mir nicht antworten, doch das war mir in diesem Augenblick so dermaßen egal. Rücksichtslos zog ich ihn auf die Beine und manövrierte ihn dann in sein Schlafzimmer, wo ein Spiegel stand, vor welchem ich ihn postierte. Danach schrie ich ihm meine Wut entgegen: " Sag mir, wieso du das tust! Warum verletzt du dich selbst? Denkst du, dadurch löst man seine Probleme? Bist du wirklich so doof?" Diese Sätze sprudelten geradezu aus mir heraus, nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte. Ich hatte keinerlei Kontrolle mehr darüber, allerdings hatte es den Anschein, dass sie keine Wirkung zeigten. Mein Schatz stand nämlich noch immer mit gesenktem Haupt da, ließ alles um sich herum passieren, aber reagierte nicht. Er wirkte irgendwie apathisch. Währenddessen ging mein Redefluss weiter: "Verdammt noch mal, guck dich doch an! Du warst immer derjenige, der sich am besten durchsetzen konnte, der seelisch am robustesten war. Wo ist diese Stärke, diese Willenskraft hin? Mhm? Und vor allem: Wieso hast du nicht gesagt, dass dich etwas bedrückt? Vielleicht hätten wir dir helfen können." Die letzten Worte erreichten etwas in ihm... Langsam hob sich sein Blick, er schaute mich - ich stand hinter ihm - über das Spiegelglas an und ich nahm nur noch seine tränennassen Augen wahr, bevor er sich auf die Knie fallen ließ und zu schluchzen begann: "Ihr mir helfen? Das ist gut, echt ein guter Witz! Wenn ich könnte, würde ich drüber lachen... Ihr... du hast ja nicht mal mitbekommen, was die ganzen letzten Wochen los war! Aber ich sag dir gerne, wieso ich das getan habe... Aishiteru, Kyo! Ja, ich liebe dich, so sehr, dass es wehtut, so sehr, dass ich mich schneiden musste, um die Schmerzen zu kontrollieren... Hältst du mich jetzt für verrückt, für krank? Bestimmt! Und soll ich dir was sagen? Das bin ich! Ich bin krank, ich bin verrückt - ich hab mich in einen meiner besten Freunde verliebt..." Danach herrschte Stille! Nichts, kein Ton mehr! Es war so leise, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können und dann bemerkte ich dieses Brennen in meinen Augen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)