Das Neue Leben von Nightowl (Nach dem Erwachen) ================================================================================ Kapitel 5: ~ Hoffnung ~ ----------------------- ~ Hoffnung ~ Teru stand halb im Schatten verborgen. Kamijos Miene blieb ungerührt. „Ich glaube kaum“, hielt er sich knapp. Teru trat aus der Finsternis und verbeugte sich elegant. Das verärgerte Kamijo, er war ohnehin auf Teru nicht gut zu sprechen. Deshalb verfinsterte sich sein Blick. „Ihr seht besorgt aus, mein Herr“, säuselte Teru und kam langsamen Schrittes näher. „Kann ich ... irgendwas für Euch tun ... ?“ Genervt wandte sich Kamijo ab und wollte davonrauschen, doch Terus Stimme ließ ihn wie machtlos innehalten. „Es sieht so aus, als würdet Ihr Euch nach Gesellschaft sehnen“, Teru stand plötzlich neben ihm und hauchte ihm diese Worte ins Ohr. Kamijo konnte sich nicht rühren. In seinem Kopf hielt er das Bild von Hizaki mit aller Kraft fest, er kniff die Augen zusammen und versuchte, seiner Sinne Herr zu werden. Schon spürte er Terus Hand auf seinem Rücken, wie sie in einer langsamen Bewegung langsam hinabwanderte. Er war wie betäubt, als würden seine Gedanken stillstehen und sich weigern, ihren Fluss wieder aufzunehmen. Die Dunkelheit um ihn schien ihn einzuhüllen und ihm die Sinne zu rauben … Tief in seinem Inneren regte sich ein unsagbar großer Schmerz, er fühlte, wie sein Herz vor Kummer bebte und ihm schmerzhafte Stiche versetzte. An seinen Seiten fühlte er weiche, zarte Hände hinabstreichen … waren dies die Hände desjenigen, nach dem er sich so sehnte? … Kamijo wusste es nicht … er war verloren in einer bleiernen Schwerelosigkeit … Der Schmerz wurde immer heftiger, ließ ihm wahrlich keine Ruhe, im Gegenteil, es verbreitete sich immer mehr in seinem Körper … Und plötzlich – erschien das Bild des Gesichtes eines zierlichen Mannes vor seinen Augen … ein Gefühl von Stärke durchzuckte ihn, welche ihm von diesem begehrlichen Bild eingeflößt wurde und er stieß einen langgezogenen weinerlichen Schrei aus. Zuerst hörte er ihn nur ganz leise und dumpf, doch dann war es, als durchbreche sein Kopf eine Wasseroberfläche und er wurde in die Realität zurückgestoßen. Sein Schrei wallte durch die Halle und brach sich an den Säulen. Teru wich von ihm zurück und blickte ihn entsetzt an. „Hizaki …“, keuchte Kamijo. Tränen standen in seinen Augen. Er funkelte Teru an, seine Wut hätte man nicht in Worte fassen können. „DU!!“, fauchte er, mit einem langen Finger auf ihn deutend, und seine weit aufgerissenen Augen blitzen böse. „Raus aus meinem Schloss, du elender Verräter! Ich will dich hier nie wieder sehen! Hiermit verbanne ich dich von hier!“ Terus Entsetzen schrieb sich tiefer in sein Gesicht. Dann sah er plötzlich verzweifelt aus. Einige bebende Atemzüge blieb er bewegungslos stehen, bis er sich schließlich ohne ein Wort umwandte und mit einem Satz durch ein Fenster verschwand. Auch Kamijo konnte sich eine Zeit lang nicht bewegen. Die Wut in ihm kochte mit einer überwältigenden Intensität, die es fast unmöglich machte, die Herrschaft über seinen bebenden Körper wiederzugewinnen. Nachdem er sich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder gefasst hatte zog er sich für den Rest der Nacht in seine Gemächer zurück, wo er in seinem großen schwarzen Sessel saß und vor sich hinstarrte, während die Zeit um ihn verstrich und er seinen Gedanken nachhing. So konnte es doch nicht weitergehen. Warum nur war er allen um sich herum so feindlich gesinnt? Nun, vielleicht hatten sie sich ihm gegenüber falsch verhalten. Aber er musste sich ehrlich eingestehen, dass er selbst wohl auch nicht ganz unschuldig an der Spannung war, die in der Luft lag. Zumindest war es bei Yuki und Jasmine You so. Teru freilich hatte es verdient, verbannt zu werden. Auch, wenn sich Kamijo sicher war, dass Teru nicht so einfach aufgeben würde, mit Sicherheit war er hier noch irgendwo. Kamijo schnaubte. Das ganze bereitete ihm Sorgen, neben der unvorstellbar großen Sorge um Hizaki natürlich. Früher war Teru nicht so gewesen … er war eher unauffällig und zurückhaltend gewesen … wenn Kanjio zurückdachte, hatte er ihn eigentlich gut in Erinnerung, fast schon als guten Freund … denn er war immer irgendwie da gewesen, wo auch die anderen waren. Was mochte ihn wohl so verändert haben. In Kamijos Kopf ergaben sich immer neue Rätsel. Als der Tag zu dämmern begann, raffte sich der geplagte Vampir hoch und betrat die Katakomben seiner Familie, die unter dem Schloss lagen. Hier unten war es noch kühler, als es im Schloss ohnehin schon war. Das Schweigen der Toten erfüllte sie alten Gänge und unterirdischen Räume, nur hin und wieder huschte eine Maus durch den schweren zusammengetretenen Staub, der hier lag. Hier hing Kamijo seinen Gedanken nach, während er seinen Vorfahren Respekt zollte. „… seltsam … dass ich mich wohl niemals zu ihnen gesellen werde …“, dachte er philosophisch. Doch er war natürlich nicht traurig darüber. Viele Vampire mochten wohl ihrem Leben als sterbliche Menschen nachtrauern und wahnsinnig werden angesichts der bedrohlichen Unendlichkeit, die sie erwartete. Kamijo jedoch gefiel der Gedanke, ewig sein Glück in Hizaki gefunden zu haben. Leider schmerzte ihn dieser Gedanke zur Stunde und der Grund dafür war allen Anwesenden in diesem Schloss bewusst. Kamijo sog die erdfeuchte Luft ein und streifte schwermütig durch das ihm wohlbekannte Labyrinth dieser alten Ruhestätte ... Die Zeit verstrich und eigentlich hätte es ihm gut getan, etwas zu schlafen, doch er wusste, er würde nicht zur Ruhe kommen können. Also blieb er wach und lauschte in die Stille. Diese rauschende, hallende Stille wurde nach einer schier endlosen Zeit der Einsamkeit von Schritten durchbrochen. Menschen hätten diese Schritte natürlich niemals wahrgenommen, doch Kamijos vampirisches Gehör verriet ihm, dass jemand in seine einsame Gegenwart eindrang. Gelassen wandte er sich um und erwartete seine Besucher. Es war nicht schwer zu erraten, wer diese waren. Yuki und Jasmine You traten in die kleine Halle, in welcher Kamijo sich befand. Er wusste nicht, wie er ihnen nun begegnen sollte, lag doch eine gewisse Spannung in der Luft. „Herr“, sagte Yuki und verbeugte sich elegant. Jasmine You machte einen verhaltenen Knicks und sagte vorsichtig: „Mein Herr, Euch ist wohl das Herz im Moment sehr schwer. Ist Hizaki denn noch immer nicht erschienen?“ Ein Stich durchzuckte Kamijos Herz, so musste es sich wohl anfühlen, wenn einem ein Pflock in die Brust gerammt wurde. „Er … ist noch nicht hier …“, flüsterte er und gleichzeitig fragte er sich, was Jasmine You wohl mit seinen Worten bezwecken wollte. Irgendwie war zu spüren, dass etwas Versöhnliches darin lag. Aber das war Kamijo nur Recht … er wollte nach so langer Zeit die Vergangenheit nicht wieder aufwiegeln. „Dann … lasst uns Euch einen Vorschlag machen, Herr“, sprach Jasmine You weiter und wartete seine Reaktion ab. Kamijo seufzte. „Ich bitte darum.“ Noch etwas missmutig beobachtete er die kleinsten Gefühlsregungen der anderen. „Nun …“, begann Yuki zögerlich, „wir dachten, es wäre vielleicht eine gute Idee, Lucian zu suchen … wenn jemand nur ansatzweise wissen könnte, wo Hizaki sich aufhalten könnte, dann ist es er …“. „Wir würden Euch belgeiten“, meinte Jasmine You, sichtlich bemüht, „denn natürlich ist es auch von uns ein Anliegen, Hizaki in unserer Mitte zu wissen.“ Kamijo stutzte. Einige Momente ließ er die Worte auf sich wirken und er sagte zunächst nichts. Er wandte sich ab und schritt durch die Särge und Urnen, welche hier standen. Yuki und Jasmine You schienen still seine Antwort abzuwarten. Natürlich! Wieso war er da nicht selbst darauf gekommen? Wenn es noch Hoffnung gab, dann lag sie in Lucian. Er war ihr aller Schöpfer und bei ihm war es gewesen, wo sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Angesichts dieses Gedankens kam Aufregung in ihm auf, ein völlig neuartiges Gefühl angesichts des Grams, der ihn besetzt gehalten hatte. Hätte sein Herz noch geschlagen, hätte er wohl Herzklopfen bekommen, so jedoch flimmerte es in ihm, sodass es ganz unruhig wurde und sich sofort auf den Weg machen wollte. Kamijo rauschte zurück zu den beiden und verschränkte die Arme hinter seinem Rücken. „Nun, so sei es“, sprach er. „Mögen wir die Dummheiten vergangener Tage ruhen lassen …“. Erstmals lächelten die beiden anderen Vampire, sichtlich erleichtert, wodurch sie erneut in Kamijos Achtung um ein klein wenig aufstiegen. Nach kurzem Zögern sagte er: „Ich danke euch für euer Angebot … vielleicht kann alles so wie früher werden …“. Nun lächelte auch er ein klein wenig. Das Feuer des Tatendrangs loderte in ihm wie eine hohe Flamme. ~ … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)