Das Neue Leben von Nightowl (Nach dem Erwachen) ================================================================================ Kapitel 7: ~ Aufbruch ~ ----------------------- Schier unendlich lange waren Kamijo, Yuki und Jasmine You durch die alte Bibliothek des Schlosses gestreift und hatten die alten, staubigen Bücher nach Erwähnungen der Sternenformation durchforstet. Jedoch war es, als hätte sich jede noch so kleinste Information darüber ganz klammheimlich und arglistig an Orten und Stellen versteckt, an denen sie nicht so schnell, wie Kamijo es gehofft hatte, gefunden wurden. Dies war ihm natürlich ein Rätsel, da er sich sicher war, dass er zumindest eines Hand voll Werke über die übernatürlichen Phänomene der Astronomie besaß. Damals, als er erstmals von den magischen Mächten dieser Sternenformation erfahren hatte, welche nunmehr der einzige Weg waren, wieder mit derjenigen Person vereint zu sein, welche ihm alles bis über den Tod hinaus bedeutete, hatte er jedes aufzutreibende Buch darüber erworben, erschien es auch noch so unerschwinglich. Doch Kamijo war entschlossen, nun, da er wieder Mut geschöpft hatte und seine beiden Gefährten ihm ihre Hilfe angeboten hatten, würde er der Verzweiflung, welche tief in ihm an seinem Verstand rüttelte, nicht wieder so schnell nachgeben. Fast so schnell wie die Gedanken in seinem Kopf raste er durch den riesigen Saal und verfluchte die Zeit, die gnadenlos gegen ihn arbeitete, doch solange es Tag war, konnten sie das Schloss nicht verlassen ... Nach Stunden, welche wie es Kamijo erschien im Minutentakt verstrichen waren, begann der Abend zu dämmern und tauchte die Bibliothek mit ihren bis unter die Decke reichenden Bücherregalen und Vitrinen in ein fahles Dunkelrot. Die Fenster befanden sich, wie die meisten in den größeren Sälen des Schlosses, knapp unter der Decke, sodass die wenigen Sonnenstrahlen, welche ab und zu durch die Bäume fielen, zwar ihr unerträglich grelles Licht durch die bunten Glasscheiben werfen, jedoch nicht bis auf den Boden dringen und den Vampiren so, sofern sie bei der Suche in den haushohen Regalen eine hinreichende Vorsicht walten ließen, nichts anhaben konnte. Kamijo hielt kurz inne. Noch immer hatte er nichts gefunden, doch sie durften, dessen war er sich sicher, keine weitere Zeit verlieren. Wenn er nur wüsste, wie lange die Sternenformation noch am Nachthimmel stehen würde ... waren es noch Wochen? ... oder Tage? ... oder Stunden? Bei diesem Gedanken zog sich alles in ihm vor Angst schmerzhaft zusammen, dass er kurz ins Wanken geriet. Schnell war das letzte Rot aus dem Saal verschwunden ein angenehmes, erleichternd kühles Blau vertrieb die letzten Spuren des verhassten Tageslichtes. Kamijo zögerte keine Sekunde und erhob sich mit einem einzigen kraftvollen Satz zu den Fenstern empor. Durch eine kleine Luke huschte er ins Freie und seine schneeweißen Augen wanderten über das hereinbrechende Königsblau des jungen Nachthimmels. Noch immer war die Formation klar zu erkennen. Hizaki ... es ist noch etwas Zeit ... wo immer du auch bist ... ich werde dich finden ... Ob die anderen wohl etwas gefunden hatten? Selbst wenn nicht ... wir haben zumindest einen Anhaltspunkt ... Ohne es zu merken verfinsterte sich sein Blick. Irgendetwas stimmte nicht, das fühlte er immer deutlicher ... Wie besprochen fanden sich die drei Vampire nach ihrer Suche in der Bibliothek in Kamijos Studierzimmer ein, um ihr weiteres Vorgehen zu planen. Als Kamijo den Raum betrat, hockte Yuki bereits mit überschlagenen Beinen auf dem steinernen Fenstersims, welcher sich in diesem Zimmer nur knapp vier Ellen über dem Boden befand, und Jasmine You verweilte in nachdenklicher Pose neben dem großen, ausladenden Schreibtisch. Kamijo selbst nahm hinter dem Schreibtisch Platz, legte die Ellenböge auf die Armlehnen seines mit purpurnen Stoffen gepolsterten Stuhls und legte die Spitzen seiner langen kreideblassen Finger aneinander. Einen Moment lang hielt er inne und spürte, wie die Verzweiflung erneut Ihre Fangkrallen nach ihm ausstreckte, und mit Mühe riss er sich von Ihrem Griff los. Es galt, um jeden Preis einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht von der in ihm laut kreischenden Panik in die Irre führen zu lassen. Endlich hatte er sich gesammelt und öffnete seine stechend weißen Augen. Die beiden anderen wirkten ebenfalls gedankenverloren und so ergriff er das Wort: „Nun denn ... seid ihr fündig geworden?“ Er hatte bereits das alte verstaubte Buch entdeckt, welches Yuki mit sich gebracht hatte und sein Blick galt daher ihm. „Ja, Herr“, Yukis Miene blieb ernst, „es ist das einzige Werk, welches ich auftreiben konnte. Allerdings ... enthält es wohl nicht mehr Wissen, als uns ohnehin bekannt ist.“ Fast unmerklich bebte Kamijos Atem, aber er hatte sich schnell wieder unter Kontrolle. Langsam zweifelte er an seinem eigenen Verstand denn derart unauffindbar, so war er sich sicher, hatte er die Werke der Astronomie nicht zurückgelassen. Dennoch nickte er, erhob sich und stand im nächsten Augenblick neben Yuki. Dieser reicht ihm das Buch und Kamijo fand schnell die gesuchte Stelle. Nachdem er diese kurz überflogen hatte, packe er den Wälzer und schleuderte ihn in einer jäh ausbrechenden Wut mit einem Knall, der laut wie ein Kanonenschlag die Mauern des Schlosses erschüttern ließ, gegen die Wand. Yuki und Jasmine You zuckten erschrocken zusammen, bemühten sich jedoch, sich nichts anmerken zu lassen. Kurz verweilte Kamijo mit ausgetrecktem Arm, dann ließ er ihn sinken und pfauchte kurz mit geschlossenen Augen. „Herr, etwas anderes konnten wir leider nicht finden“, sprach Jasmine You und senkte hinter seinen langen Wimpern scheinbar betroffen den Blick. „Es ... ist in Ordnung ...“, sagte Kamijo, obgleich in seiner momentanen Situation natürlich wahrlich absolut nichts in Ordnung war. „Bedauerlicherweise wurde ich nicht fündig ... obwohl ich nicht nur dieses eine Buch über dieses Thema besitze ... es scheint fast, als wären diese Bücher abhanden gekommen.“ Sein ungutes Gefühl, dass etwas nicht stimmte, verstärkte sich bei diesen seinen Worten. „Ein seltsamer Zufall, Herr“, merkte Yuki an und seine Miene wurde nachdenklicher, „doch noch weiter zu suchen würde zu viel Zeit kosten.“ Jasmine You ergriff das Wort: „Was auch immer hier vorgefallen ist während unserer Abwesenheit ... Herr, lasst uns nicht weiter zögern ... wir sollten uns aufmachen.“ Er hatte natürlich recht, sie durften sich keine Sekunde länger aufhalten, also nickte Kamijo und sprach: „Nun denn ... noch ist die Sternenformation ganz deutlich am Firmament zu erkennen. Wo auch immer Hizaki ist, ich glaube nicht, dass er freiwillig dort ist ... warum sonst sollte er in den mittlerweile vergangenen Nächten nicht zumindest ein einziges Mal einen Schritt unter freiem Himmel getan haben ...“. Noch während er dies sagte, zog sich in ihm alles vor Angst zusammen. Diese Ungewissheit nagte gnadenlos in seinem Inneren und versetzte ihm mit jedem einzelnen Biss Schmerzen, die durch Mark und Bein fuhren. Wo auch immer du bist ... ich komme zu dir ... nichts in dieser Welt kann sich zwischen uns stellen ... „Bitte bereitet euch vor ... ich komme gleich nach ...“, sprach Kamijo, wandte sich von den beiden ab und schritt hinüber zum Schreibtisch. „Natürlich, Herr“, Yuki und Jasmine You wirkten angespannt, doch war auch eine Entschlossenheit zu spüren, welche Kamijo zumindest wieder einen Funken Hoffnung in ihm wahrnehmen ließ. Sie wandten sich zur Türe und verließen den Raum. Nun, da Kamijo alleine vor dem wuchtigen Schreibtisch stand, zog er ein Stück Briefpapier aus der Tasche seines edlen Mantels. Es war schon etwas vergilbt, doch in der Eile hatte er natürlich kein anderes auftreiben können. Der Zettel enthielt eine Nachricht, welche er in aller Sorgfalt vorbereitet hatte. Rasch packte er die herumliegenden Bücher und Schriftrollen beiseite und lege das Briefpapier in die Mitte der dunklen Tischplatte, sodass es sofort ins Auge stechen musste, wenn man den Raum betrat. „Nur für den Fall, dass du kommst ...“, flüsternd drangen die Worte über seine Lippen. Einen Moment lang verharrte er und seine Augen flogen ein letztes Mal über die Zeilen, die er mit flehendem Herzen geschrieben hatte. Er hoffte, dass Hizaki diese Zeilen lesen würde, denn das würde bedeuten, dass Kamijos Sorgen unbegründet gewesen wären und er seinen Geliebten endlich wieder in seine Arme schließen konnte. Nach einigen langen Momenten wandte er sich zur Türe. Er war entschlossen. Nichts und niemand würde ihn davon abhalten können, Hizaki zu finden. Mit einem letzen Blick zurück auf den Schreibtisch, auf welchem das einsame Papier im hereinfallenden Mondlicht schimmerte, verließ er geräuschlos das Zimmer. ~ ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)