Das Heilige Buch von abgemeldet (Dies ist kein Märchen, das mit "Es war einmal..." anfängt, und doch so zauberhaft, dass man meint, man würde in einer Märchenwelt leben.) ================================================================================ Kapitel 1: Träume ----------------- Zehn Minuten später war ich fertig umgezogen in der Küche und setzte mich sogleich auf den Tisch. Ich hatte seid gestern Mittag nichts in den Magen bekommen, der nun lautstark rebellierte. „Nanu, heute bist du aber früh auf”, grinste meine Mutter. „Mein Magen hat mich geweckt”, log ich. Nunja eigentlich log ich nicht richtig, es war teils wahr. Ich hatte meinen Eltern noch nicht über die seltsamen Träume berichtet. Und ich hatte es auch nicht vor. So, wie ich meinen Vater kannte, würde er nur sagen: „Ach Schnickschnack! Wer braucht schon Träume? Die bereiten einem doch nur noch mehr Probleme, als man sowieso schon hat.” Bei dem Gedanken daran musste ich grinsen. Mein Vater und seine ständigen Probleme. Meine Mutter servierte das Frühstück und lächelte mir zu. „Guten Appetit!”, sagte sie. „Danke Mutter. Isst du nicht?” Sie schüttelte nur den Kopf und drehte sich wieder um. Ich begann zu frühstücken und dachte über unsere finanzielle Lage nach. Wir lebten in einem armen Dörfchen. Mein Vater war Schmied, doch es kamen so selten Leute vorbei, dass er meistens nichts zu tun hatte, und meine Mutter arbeitete als Putzfrau, mal hier, mal da. Als ich noch ein Kind war, wollte ich immer so sein wie sie. Ich dache immer, es sei ein toller Beruf. Doch jetzt wo ich größer bin, sehe ich genauer hin. Die ständigen violetten Ringe unter ihren wunderschönen blauen Augen, die Abschürfungen und Schnitte an ihren rauen Händen. Es war furchtbar. So sehr die beiden sich bemühten, es war einfach immer zu wenig. Ich konnte gerade mal Lesen und Schreiben, zu mehr hatten wir kein Geld gehabt. Doch ich bin zufrieden mit meinem Leben. Ich habe tolle Freunde und eine wunderbare Familie. Meine Eltern sind bei weitem die nettesten Menschen hier im Dorf und fast jeder mag und liebt sie. „Achja, dein Vater wollte mit dir reden, Naminé. Ich denke du solltest zu ihm gehen und ihn fragen”, verkündete mir meine Mutter kurz nachdem ich gefrühstückt hatte und schon zur Tür gesaust war. Ich fragte mich, was ich wohl diesmal machen musste. Ob ich vielleicht wieder mal die Schafe hüten müsste, weil der Hirte krank war, oder vielleicht sollte ich wieder beim alten Jenks Geschäfte machen gehen. Auf das freute ich mich immer, denn ich war eine ziemlich gute Geschäftsfrau und außerdem ließ es sich mit Jenks immer so herrlich lange und ausgiebig streiten. Ich kicherte, als ich gerade um die Ecke bog und mein Vater sich zum Regal wandte, als er mich sah. Mal sehen womit ich heute verhandeln musste: eine neue Rüstund? Oder vielleicht doch ein paar Goldklumpen die er beim Aushelfen in der Miene gefunden hatte. Die waren meistens nicht so viel wert, da sie so dreckig waren, dass man sie kaum mehr abwaschen konnte. Doch was mein Vater mir da überreichte war weder ein neuer Teil für eine Rüstung, noch ein Säckchen mit Goldklumpen. Es war ein Brief. Plötzlich überkam mich das drängende Verlangen das sorgfältig zusammengebundene, rote Schleifchen zu öffnen und zu sehen was drinstant. Nach kurzem Zögern jedoch schluckte ich meine Neugier hinunter und horchte aufmerksam den Anweisungen meines Vaters zu. „Hör mir gut zu, Nami! Das hier ist sehr wichtig. Du musst diesen Brief an Slay im Nachbarsdorf Nakkaghi überreichen. Ihm gehört eine sehr belebte Bar in der Mitte des Dörfchens. Du wirst sie schnell finden. Womöglich wirst du ein paarmal nach dem Weg fragen müssen”, erklärte er mir eindringlich. Ich wiederholte kurz die Fakten, die ich brauchte und ging los. Ich brauchte nicht lange. Bis zum Nachbarsdorf war es knapp eine Stunde zu Fuß, doch da ich eines der Pferde ausgeliehen hatte, war ich in kurzer Zeit am Ziel. Mein Vater hatte Recht, ich musste nur zwei Mal nach dem Weg fragen, schon hatte ich die Bar gefunden. Ich band das Pferd an einen Holzpfahl und betrat das überfüllte Lokal. Darin saßen auf jedem Tisch ein paar Männer, alle betrunken, und starrten mich mit grinsenden Fratzen an. Dabei entblößten sie ihre schwarzen, hässlichen Zähne. Ein gewisses Unbehagen machte sich in mir breit. Mit hoch erhobenem Haupt ging ich die kurze Strecke zum Thresen so schnell wie möglich. Ungeschickt versuchte ich mich auf einen der hohen Stühle zu setzten, beglückte mich aber schließlich damit, zu stehen. Hinter mir höhrte ich lauter unterdrücktes Kichern. Ein leichter Rosaton schlich sich auf meine Wangen. Leise räusperte ich mich und stupste den fleischigen Mann vor mir an. Dieser ließ ein genervtes Schnauben von sich und drehte sich grummelnd zu mir um. Geschockt musste ich feststellen, dass dies eigentlich kein Mann, sondern eine Frau war. Die kurz geschorenen Haare ließen sie von hinten männlich erscheinen. Ich schluckte mein Entsetzten hinunter und fragte sie zögerlich nach jemandem, namens Slay. Sie nickte nur mit dem Kopf in Richtung Treppe. Ich blickte noch einmal die Runde und entdeckte einen Mann, umhüllt in einen schwarzen Mantel, in der hintersten Ecke sitzen. Er blickte gedankenverloren in sein Bierglas. Ein gewisser Instinkt sagte mir, dass ich mich einfach umdrehen, die Treppe hinaufsausen sollte, und dass tun wozu ich hier bin, doch ich konnte nicht den Blick von dem Fremden wenden. Letztendlich zwang ich mich doch mich umzudrehen und ging langsam die knarrende Treppe hinauf zum ersten Stock. Dort waren mehrere Zimmer nebeneinander aufgereiht. Ich fragte mich welcher dieser Räume wohl Slay gehörte. Die Suche war nicht lang. Am Ende des Ganges war eine Tür, auf der dick und fett der Name „Slay Spencer” draufgeschrieben war. Zielstrebend steuerte ich auf die Tür zu, den Brief fest in der Hand. Zaghaft klopfte ich an der Holztür. Eine tiefe Bassstimme antwortete mir, ich solle eintreten. Ich schluckte und öffnete die Tür. Es stank nach Zigaretten und Alkohol. Die stickige Luft schlug mir wie ein Hammer entgegen. Am Ende des Raumes stand ein kleiner Schreibtisch hinter dem sich ein zierlicher kleiner Mann befand. Wie ich mir schon gedacht hatte, hielt er in einer Hand eine Zigarette und in der anderen ein Glas Rotwein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)