Cod3s von _Myori_ ================================================================================ Familientreffen --------------- Nach ungefähr einer Stunde Fahrt parkte Ares das gestohlene Auto auf einen einsamen Parkplatz, der zu irgendeinem Billigsupermarkt gehörte. Wir waren noch nicht lange vom Platz runter, als uns eine Gruppe von betrunkenen Halbstarken entgegenkam, die uns schon von weitem etwas zugrölten. Nero, der die ganze Zeit über mit mir hinter Ares hergelaufen war und ich schlossen schnell zu Ares auf und ich war ziemlich glücklich darüber, als mich die beiden in ihre Mitte nahmen. Ares winkte einen von ihnen, einen schlaksigen jungen Mann mit glasigen Augen, der nicht mehr gerade gehen konnte, zu sich. „Hast’ nen’ Führerschein?“ Der Mann grinste und mir schlug eine Bierfahne entgegen, dass mir schlecht wurde. „Klar, Alter, wieso willst’ e das wissn?“, lallte er. Ares warf ihm die Autoschlüssel zu. Der Mann war jedoch schon so voll, dass seine Reaktionen so lausig geworden waren, dass die Schlüssel klappernd vor ihm zu Boden fielen und er bei dem Versuch, sie wieder aufzuheben, beinahe vornüber kippte. Ich schaute dem Schauspiel angeekelt zu, bis sich der Fremde wieder gefangen hatte. Seine glasigen Augen sprangen ihm beinahe aus dem Gesicht, als er den Schlüssel nun im Schein der Laternen näher betrachtete. Ungläubig starrte er zu Ares auf. „Alter, was-?“ „Der passende Wagen dazu steht ein paar Meter weiter auf dem Parkplatz- ich denke, du wirst ihn nicht übersehn…“ Und damit klopfte Ares den Typen kurz auf die Schulter, sodass er beinahe wieder das Gleichgewicht verlor und zog an ihm und seinen Freunden, die in der Zwischenzeit auch näher gekommen waren, vorbei. Der junge Mann war sprachlos und ehe er auch nur ein weiteres Wort hervorbringen konnte, waren wir schon um die nächste Ecke gebogen. Unsicher schaute ich über die Schulter zurück. „Glaubst du, das war so eine gute Idee?“ Ares zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht… is’ mir aber auch egal- wichtig war, das Auto loszuwerden. Nun dürfen sie sich mit dem Ding rumschlagen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Und was ist, wenn sie jemandem erzählen, von wem sie das Auto haben?“, fragte ich. Ares grinste frech. „Glaub mir- das können sie nicht. Die sind so zu, die werden mit einem dicken Schädel aufwachen und sich an nichts erinnern.“ „Und was ist, wenn es einer doch tut?“, gab Nero zu bedenken. „Dann sind wir schon lange weg oder wir haben Glück und sie haben vor, das schicke Teil gleich auszuprobieren- genügend Bäume zum vorbrettern gibt’s ja hier in der Nähe.“, fügte der Riese mit einem Zwinkern hinzu. Wieder einmal lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich war mir sicher, dass Ares ein Mann war, dem man- wenn man nicht gerade zu seinen Feinden gehörte- weitestgehend vertrauen konnte, aber seine Art, mit seinen Gegnern oder auch den Menschen, die er nur als ein Mittel zum Zweck ansah, umzugehen, gefiel mir überhaupt nicht. Doch ich schwieg dazu, denn ich wusste auch, dass solche Diskussionen bei Ares auf taube Ohren trafen. Wir waren schon einige Zeit durch die Stadt gewandert, in dessen Nähe Ares das Auto stehen gelassen hatte, als mich eine schleichende Müdigkeit überfiel. Zum ersten Mal an diesem Abend schaute ich auf meine Armbanduhr. 11:43. Kein Wunder, dass ich müde war. Ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl mehr gehabt. Fröstelnd schmiegte ich mich an Neros Seite, der sofort schützend den Arm um mich legte. „Wohin gehen wir eigentlich?“ „Dorthin, wo wir uns immer treffen, wenn wir ungestört reden wollen.“, brummte Ares als Antwort. Schon wieder dieses wir… irgendwie konnte ich mich immer noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Nero zu der gleichen Organisation angehörte, wie Ares. Olymp… Doch dann fiel mir noch jemand ein, den er mit wir gemeint haben könnte. „Diese Frau am Telefon… wer war das, Ares?“ Der Angesprochene schnaubte verächtlich. „Die Gattin des Teufels persönlich.“, antwortete er, „Ihr werdet sie bald kennen lernen, wenn ich noch was von ihr übrig lasse.“ Bei den letzten Worten schlug Ares seinen Mantel zur Seite und legte eine Hand an den Griff seines Schwertes, was für mich eine deutliche Warnung war, nicht weiter auf dieses Thema einzugehen. Ich wusste nicht mehr ganz genau, wie lange wir noch gegangen waren, aber plötzlich und ganz unverhofft bog Ares in eine Einfahrt ein und lotste uns in einen kleinen Innenhof. Auf einem Schild stand in großen Lettern Hotel. Die Buchstaben waren schon mehrere Male überbemalt worden, doch der letzte Anstrich musste auch schon etwas länger zurückliegen, denn die Farbe blätterte sich langsam von dem alten Holz ab. Ich riss meinen Blick von dem Schild los und betrachtete das Gebäude- und hätte mich am liebsten auf der Stelle wieder umgedreht. Nicht nur das Schild hatte seinen Glanz verloren, auch das „Hotel“ gehörte ausrangiert… Die Fassaden hatten Dank der Graffitikunstwerke etlicher möchtegern- Picassos einen bunten und hässlichen Anstrich erhalten und die Bäume und Sträucher, die vereinzelt am Rande des Weges standen, wucherten in alle Himmelsrichtungen. Von irgendwoher bellte ein Hund und auf dem Asphaltboden klebten etliche Kaugummis und Zigarettenstummel. Mich hätte es tatsächlich nicht gewundert, hätten an den beschmierten Wänden nicht auch noch leicht bekleidete Damen gestanden- sie hätten mein Bild von dieser heruntergekommenen Kaschemme nur komplettiert… Als Ares die Eingangstür aufstieß, schlug mir ein muffiger, von Zigarettenrauch durchzogener Geruch entgegen, der eher an eine Kneipe, als ein Hotel erinnerte. Ein älterer Mann stand hinter dem Rezeptionstresen, vertieft in eine Zeitschrift, die vor ihm lag. Er trug alte, an manchen Stellen zerschlissene Kleidung und hatte sich gerade- wie war es auch anders zu erwarten- eine Zigarette angesteckt, als Ares an ihn herantrat. Er bemerkte uns nicht sofort, erst als Ares demonstrativ auf die kleine Schelle drückte, die direkt neben dem Mann stand, schaute der Hotelbesitzer grimmig auf. Für wenige Momente schien er seinen Gegenüber argwöhnisch zu mustern, doch dann entblößte er zwei gelbe Zahnreihen. „Mr. Carter! Sie haben sich aber lange nicht mehr blicken lassen.“ Ares zuckte mit den Schultern und grinste zurück. „Ich hatte viel zu tun…“, entgegnete er höflich. Der Mann winkte ab. „Ja- das kenn ich.“ Ich konnte mir mit Mühe ein Lachen verkneifen- ein Prusten war jedoch nicht zu vermeiden. Alle Blicke waren sofort auf mich gerichtet und ich wurde rot. Stille erfüllte den Raum. Doch dann setzte Ares zur Erklärung an. „Meinen Sohn kennen sie ja.“, sagte er und klopfte Nero auf die Schulter. Der Mann nickte Nero zu und Nero erwiderte dies mit einem Lächeln- zumindest versuchte er es. Und wenn das nicht schon genug gewesen wäre, drückte Ares mich nun an Neros Seite. „Und diese Schönheit hier is seine Verlobte.“ Nicht nur die Augen des Hotelbesitzers wurden in diesem Moment groß, auch Nero und mir verschlug es die Sprache. Das Grinsen des Mannes wurde noch breiter. „Ja dann- Glückwunsch, Junge! Hast `nen tollen Fang gemacht. Aber lass dir eins gesagt sein: pass bloß auf, dass nicht irgendwann der Lack ab is. Das Eheleben hat schon so manchem Mann das Genick gebrochen…“ Er fing an zu lachen und auch Ares stieg mit seinem hässlichsten Gelächter ein. Nero und ich versuchten ebenfalls ein menschliches Lachen hervorzubringen, jedoch vergebens- ich wäre am liebsten im Boden versunken… Noch in seinem Lachanfall drehte sich der Mann um und holte zwei Schlüssel von der Wand. „Ich denke mal, das junge Glück will unter sich sein.“, erklärte er wieder verschmitzt grinsend und reichte einen der Schlüssel Nero, der diesen mit hochrotem Kopf entgegennahm. Wir gingen gerade die Treppe zu unseren Zimmern hoch, als plötzlich- „Eine Frage noch!“, rief die kratzende Stimme des Mannes uns zu. Ich blieb wie versteinert stehen. Verdammt- das war alles viel zu einfach gegangen! Wir sahen keineswegs wie normale Hotelgäste aus, er hatte bestimmt was gemerkt… Ich hörte meinen rasenden Herzschlag. Ares blieb gelassen und drehte sich auf dem Treppenabsatz um. „Bitte.“ „Kommt Mrs. Carter heute auch?“ „Ja. Sie hatte noch einen Termin, deswegen konnten wir nicht zusammen kommen. Sie dürfte aber bald da sein. Schicken Sie sie einfach hoch.“ Der Mann nickte. „Wie immer?“ „Wie immer…“ Nun grinste der Besitzer. „Ich stelle den Sekt kalt.“ Ich war verdammt erleichtert, als Ares die Tür hinter uns ins Schloss fallen ließ. Fin ließ sich sofort auf den nächst besten Stuhl fallen und atmete hörbar auf. Ares knipste in Ruhe das Licht an und zog sich seinen Mantel aus. Nach einem Moment der Erleichterung drehte ich mich wütend zu Ares um. „Sag mal, was sollte die Aktion gerade?!“ Ares hob verwundert die Brauen. „Was? Das mit dem Sohn? Keine Angst- ich hab dich adoptiert, den leiblichen wollte ich uns ersparen…“ Ich schüttelte den Kopf und hob zornig die Hände. „Davon rede ich doch gar nicht!“, zischte ich. Ares machte ein erstauntes Gesicht. „Ach, du meinst die Sache mit euch beiden…“, sagte er und deutete mit seinem Finger abwechselnd auf mich und Fin. Dann grinste er. „Ich dachte, ich täte euch damit einen Gefallen.“ Ich wollte mich noch weiter aufregen, doch mir fehlten leider die Worte und so starrte ich nur zu Fin, die ebenfalls mit roten Wangen dasaß und nichts sagte. „W- was sollte die ganze Sache überhaupt?“, fragte ich dann irgendwann. „Wieso spielen wir Familienausflug?“ „Das fragst du?! Glaubst du echt, ich bekäme hier ein Zimmer, wenn ich sage, wer ich bin und zu wem ich gehöre?“ Ares ließ sich aufs Bett fallen und massierte seine Schulter, der Mantel lag neben ihm auf dem Kissen. Im Licht der Tischlampe zeichneten sich auf seinen durchtrainierten Oberarmen die etlichen Schrammen und Blutergüsse schaurig ab. Sein Gesicht sah auch mitgenommen aus und seine Hose war an einigen Stellen aufgerissen. Fin sah auch nicht besser aus: sie war blass, hatte tiefe Ringe unter den Augen und auch ihre Kleidung hatte Löcher. Wie ich aussah, wollte ich gar nicht wissen- mir tat meine Nase immer noch höllisch weh. „Ich find’ s erstaunlich, dass wir so ein Zimmer bekommen haben…“, sagte Fin irgendwann und klopfte sich den Staub von den Sachen. „Die Typen hier stellen keine Fragen- vor allem nicht, wenn das Geld stimmt.“, brummte Ares und tupfte sich das fast trockene Blut vom Oberarm. Plötzlich klopfte es. Fin schreckte hörbar auf und auch ich drehte mich alarmiert zur Tür um. Ares stand langsam auf und griff nach seinem Schwert. Ein fieses Grinsen lag auf seinen Lippen. „Wer ist das?“, flüsterte Fin und huschte an meine Seite. Ares` Grinsen wurde breiter. Er stellte sich mitten in den Raum. „Ist offen!“, rief er und zog die Klinge aus der Schwertscheide. Sekunden verstrichen, ohne dass etwas passierte, doch dann wurde die Tür aufgestoßen, Ares sprang nach vorne und riss im selben Moment das Schwert hoch. Fin vergrub ihr Gesicht in meine Seite und auch ich schloss die Augen. Einen Lidschlag später war das Klirren von Metall zu hören. Erschrocken schaute ich auf. Drei Gestalten standen auf der Türschwelle, eine davon war Ares, der seine schwarze Klinge auf eine eisblaue niederdrückte. Die Person, zu der die helle Klinge gehörte, stand in Ares Schatten. Ich konnte nur erkennen, dass sie kleiner als Ares war. Hinter der kleinen Person, ragte der Oberkörper einer dritten ins Zimmer, welche fast so groß wie Ares war. Ich konnte den Dritten nur schemenhaft erkennen, aber ich sah, dass dieser eine Hand um Ares’ Hals geschlossen hatte. Keiner rührte sich. Dann vernahm ich eine Stimme. Es war eindeutig die Frau, mit der Ares am Telefon gesprochen hatte. Sie hielt eine Flasche hoch. „Schön dich zu sehen, Darling…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)