Gänseblümchenmassaker von Ur (Nicolas & Kai) ================================================================================ Kapitel 1: Ich krieg ihn, ich krieg ihn nicht... ------------------------------------------------ So! Dieses kleine Herzchen ist für , weil sie sich nach dem 100sten Kommentar zu Kollateralschaden eine Szene mit Kai gewünscht hat. Ich hoffe, dass es ihr ein bisschen gefällt :) Viel Spaß beim Lesen und einen guten Start ins Wochenende! Liebe Grüße, _______________________ Ich habe ein Problem. Es ist ein wirklich riesiges Problem und ich habe keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll. Alles ist schwierig und es sieht eigentlich nicht so aus, als gäbe es eine Lösung für mein Problem. Das Problem ist, dass ich schwul bin. Nein, das ist nicht das wirkliche Problem. Aber es geht damit einher. Schwul. Und verliebt in den besten Freund. Das ist das wahre Problem. Denn Janosch ist nicht nur mein bester Freund, er ist auch noch hetero. Zumindest eigentlich. Vor ein paar Wochen dann hat er mir von seinem Arbeitskollegen erzählt. Max. Und auf den steht er. Also habe ich zwar das Glück, dass mein Bester Männern nicht mehr abgeneigt ist, aber leider Gottes geht sein Interesse in die falsche Richtung. Jedes Mal, wenn er mir von Max erzählt, möchte ich am liebsten tonnenschwer seufzen und die Ohren zumachen. Aber als bester Freund macht man so etwas natürlich nicht. Und so sitze ich dann einfach da, höre zu und starre in sein Gesicht, betrachte seine leicht gelockten Haare, die vollen Lippen und das markante Kinn. Wenn er raucht, sieht er viel zu gut aus für diese Welt. Ich würde sterben, falls er wüsste, wie sehr ich mir jedes Mal wünsche, ihn wild zu küssen, während er sich eine Kippe zwischen die Lippen schiebt… Jede zufällige Berührung mit ihm macht mich beinahe wahnsinnig. Wenn wir nebeneinander sitzen und unsere Knie sich berühren… oder wenn er mich zur Begrüßung auf seine kumpelhafte – und so männliche – Art und Weise umarmt, dann kriege ich jedes Mal beinahe einen Herzinfarkt. Ich bin das erste Mal dermaßen verliebt. Wieso muss es gerade er sein? Ich möchte ungern unsere Freundschaft ruinieren, aber er ist einfach der verdammt noch mal tollste Mann unter der Sonne. Ich sitze draußen vorm Wohnheim auf der Wiese und pflücke ab und an ein Gänseblümchen aus meiner näheren Umgebung. Es ist angenehm draußen und ich brauchte ein wenig frische Luft nach dem ganzen Gelerne, das ich heute hinter mir habe. Die ganzen lateinischen Pflanzennamen schwirren noch in meinem Hinterkopf herum und ich versuche, sie zu verscheuchen. Möglichst ohne sie wieder zu vergessen. Das wäre sehr ärgerlich. Nachdenklich hebe ich ein Gänseblümchen vor mir in die Luft und betrachte es, während ich den Stängel zwischen meinen Fingern drehe. Dann beginne ich, die Blätter abzuzupfen. In Gedanken gehe ich mit: »Ich kriege ihn, ich kriege ihn nie, ich kriege ihn, ich kriege ihn nie…« Als ich das siebte Gänseblümchen auf diese Weise gekillt habe, bekomme ich Gesellschaft. »Was haben die Blumen dir getan?«, fragt eine amüsierte Stimme und ich erkenne Kai, der über die Wiese auf mich zukommt und sich schließlich neben mir ins Gras sinken lässt. Er sieht ganz verschwitzt aus. Wahrscheinlich ist er grad mit dem Fahrrad den Berg rauf gefahren, auf dem unser Wohnheim steht. »Nichts«, sage ich ein wenig resigniert und rappele mich auf. Kai mustert mich schmunzelnd. Seine orangeroten Haare fallen ihm ins Gesicht und ich betrachte kurz die Unterlippenpiercings, von denen er zwei hat. Wie immer funkeln seine Augen, als würde er grinsen. Und das tun sie auch, wenn er den Mund kein bisschen verzieht. Ich mag Kai. Er ist nett, witzig und kann unglaublich gut kochen. Allerdings erzählt er immer nur wenig von sich. Die meisten finden das auf Dauer anstrengend, aber mich stört es nicht. Ich nehme mir noch ein Gänseblümchen. »Du kannst es mir ruhig erzählen. Niemand rupft Gänseblümchen, ohne dem Ding vorher eine Frage zu stellen«, sagt er amüsiert und zieht die Knie an. Wir sitzen uns jetzt gegenüber und ich sehe ihn an. Ich hab’s bisher noch niemandem erzählt und wollte es eigentlich auch gern für mich behalten. Aber wahrscheinlich platze ich, wenn ich es nicht bald irgendjemandem beichte. Und Kai ist ja – was sein eigenes Leben angeht – sehr verschwiegen. Also wieso sollte er mein Geheimnis verraten? »Ich bin in Janosch verliebt«, sage ich schließlich resigniert und fange an, das nächste Gänseblümchen zu zerrupfen. Kai schweigt einen Moment. »Aber ist Janosch nicht… na ja… hetero?«, erkundigt er sich und nimmt sich auch ein Gänseblümchen. Ich beobachte, wie er ebenfalls anfängt, es zu rupfen. »Eigentlich schon. Aber er steht seit neustem auf seinen Arbeitskollegen. Max. Ständig redet er von ihm und ich bin immer ganz deprimiert, wenn er davon anfängt«, sage ich seufzend und werfe das nächste kahle Blümchen neben mich ins Gras. »Also könntest du ihn theoretisch kriegen?« »Theoretisch. Aber praktisch nicht. Ich will ja auch unsere Freundschaft nicht ruinieren und es ihm einfach sagen. Wahrscheinlich wäre er mit so einer Gefühlsbekundung total überfordert…« Kai lacht leise. »Ja, er scheint nicht so der Typ für emotionales Verhalten zu sein«, meint er amüsiert und zieht sich seinen Rucksack vom Rücken, um ihn neben sich ins Gras zu stellen. Dann legt er sich auf den Bauch und kramt nach irgendwelchem Papierkram. »Ich kann deine Bedenken schon verstehen. Wäre ja blöd, wenn eure Beziehung nach so einer Offenbarung den Bach runter geht«, meint er nachdenklich und wirft einen ziemlich klein gedruckten Text ins Gras. »Was ist das?«, frage ich. Das Thema macht mich immer ganz traurig, wenn ich darüber nachdenke – oder in diesem Fall: darüber rede. »Clifford Geertz. Balinesischer Hahnenkampf. Großer Blödsinn, glaub mir. Du willst es nicht genauer wissen«, meint er mit einer wegwerfenden Handbewegung. Dann nimmt er sich ein zweites Gänseblümchen. »Ok. Dann frag ich nicht weiter nach…«, murmele ich. In einem nahen Baum zwitschern ein paar Vögel und alles riecht nach Frühling. »Du könntest versuchen ihn eifersüchtig zu machen«, schlägt Kai schließlich vor. Ich blinzele. »Wie denn?« Kai zuckt mit den Schultern. »Na wenn er ständig von diesem Max redet, könntest du einfach auch mal von jemandem reden. Das wird ihn sicherlich irritieren. Vielleicht klappt’s ja«, meint er und lächelt aufmunternd. Ich denke darüber nach. Besser als gar nichts zu tun, ist es wohl allemal. Wahrscheinlich drehe ich noch durch, wenn ich nicht bald irgendwas tue. »Dann muss ich mir nur noch ein Objekt der Begierde suchen«, sage ich und muss lachen. Kai grinst breit und schnappt sich ein drittes Gänseblümchen. »Wie wäre es mit mir? Ich bin eingeweiht und dann haben wir ein Geheimnis. Wenn es klappt, dann werd ich als erstes gratulieren«, sagt er amüsiert. Ich gluckse. »Ok. Dann ernenne ich dich hiermit zu meiner großen Liebe«, sage ich mit gespielt feierlichem Unterton. Wir schmunzeln uns an. Dann sehe ich, wie er das dritte Blümchen zur Seite wirft. »Für was hast du gerupft?« Er sieht mich einen Moment lang schweigend an. Dann… »Ich überlege, ob ich meiner Freundin einen Heiratsantrag machen soll«, sagt er schließlich. Ich bin platt. »Wow. Wie lange seit ihr schon zusammen?«, erkundige ich mich. Es ist selten, dass man etwas Privates von Kai erfährt. Ich fühle mich ziemlich geehrt. »Seit zwei Jahren. Sie ist mit Abstand das tollste Mädchen, das ich je kennen gelernt habe«, sagt er und seine Stimme klingt richtig liebevoll. »Und was sagt das Gänseblümchen?«, will ich gespannt wissen. Er grinst breiter. »Es sagt, ich soll.« »Na dann muss es ja gut gehen.« »Was hast du deine Blümchen gefragt?« »Ob ich Janosch kriege, oder nicht.« »Und?« »Sie sagen, dass ich ihn kriege.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)