Gabriel von abgemeldet (Wie entscheidest du dich?) ================================================================================ Kapitel 13: mémoire - memory ---------------------------- Da standen wir nun auf dem Dach unserer Schule und er drückte sein Gesicht an meinem Bauch und weinte. So wie ich. Er weinte und suchte Trost, Halt und Verständnis. Und ich verstand Julien. In diesem Moment verstand ich ihn. Ich verstand seine Gefühle, seinen Kummer und seinen Schmerz. In diesem Moment hatte ich nur Mitgefühl für ihn. Es musste einfach schrecklich sein, einen über Alles geliebten Menschen zu verlieren. Wenn ich an den Menschen dachte, den ich vom ganzen Herzen liebte – Edward – und mir vorstellte, er würde sterben, dann wäre ich… „Clair“, sagte Julien und löste seinen starren Griff um meinen Bauch, er richtete sich auf und es war mir nicht mal unangenehm, dass er mich so verweint sah. Doch ich zuckte zusammen, als ich merkte, was er vorhatte und sein Gesicht dem meinem immer näher kam. Sofort waren meine Tränen versiegt und die Traurigkeit die ich eben mit ihm geteilt hatte, war verschwunden. „Lass das“, sagte ich und schubst ihn von mir. „Ich fühle mit dir, aber … ich kann Clair nicht ersetzen.“ Ich schüttelte den Kopf und drehte mich um. „Es tut mir Leid“, sagte ich noch und ging, ließ ihn auf dem Dach alleine zurück. Ein paar Stunden später saß ich auf dem Beifahrersitz Edwards Ferraris und sah nach draußen. Da es schon Winter war, war die Sonne schon untergegangen und die Stadt wurde nur noch durch die Lichter der Häuser und Straßenlaternen an den Rändern der Straßen erleuchtet. Ich mochte den Winter nicht besonders, mochte es nicht, wenn es so kalt wurde und die Welt grau, kein Park mehr wirklich grün war, doch die Lichter die in der Dunkelheit wie Glühwürmchen aussahen, liebte ich. Und ich freute mich auf den ersten Schnee. Früher war ich als Kind jeden Tag im Winter nach dem Aufstehen ans Fenster geeilt, um mich zu sehen, ob nicht über Nacht der Himmel die Welt in wattiges Weiß getaucht hatte. „Ich möchte, dass du heute bei dir schläfst“, sagte er mit ruhiger Stimme und ich sah ihn überrascht an. Normalerweise war er derjenige der vorschlug, dass ich bei ihm schlief. Deswegen war ich mehr als nur überrascht, nun zu hören, dass ich bei mir zu Hause bleiben sollte. Die Stimmung zwischen uns war immer noch nicht wirklich wieder normal. Immer noch lag etwas zwischen uns und wir bewegten uns wie auf einem eingefrorenen See, jeder Schritt könnte dazu führen, einzustürzen, da man von oben nicht sagen konnte, wie dick das Eis an dieser Stelle war. Keiner von uns wollte einbrechen. Aber es wollte auch keiner von uns unsicher auf dem Eis herum schlittern. „Musst du noch arbeiten?“, fragte ich vorsichtig und traurig darüber, dass ich heute nicht in seinen Armen einschlafen würde. Die Abende, Nächte und Morgen bei ihm, waren für mich die schönsten überhaupt. Wenn ich in seinen Armen lag, vergaß ich alle Sorgen. Ich vergaß den Schulstress, vergaß den Stress mit >Gabriel< und ich vergaß den Kummer, den ich wegen meinen Eltern hatte. „Ja, das auch…“, sagte er. „Aber findest du nicht, dass du in letzter Zeit sehr häufig bei mir übernachtest?“ Es klang wie ein Vorwurf und es tat mir weh, dass er so dachte. Vielleicht war ich ihm zu einer Last geworden. Vielleicht brauchte er seine Ruhe und ich war ihm dabei nur im Weg. „Mir wäre es lieber, du schläfst mal eine Nacht zu Hause.“ „Verstehe“, sagte ich schließlich mit einem Nicken und starrte auf meine Hände, die in meinem Schoss ruhten und in den Stoff meines Rocks griffen, damit sie nicht zitterten. Ich biss mir auf die Unterlippe, um mir jeglichen Kommentar ersparte, der ihn oder mich verletzen konnte. „Das hört sich so an, als hättest du genug von mir. Na ja, aber wenn du noch arbeiten musst.“ Ich starrte aus dem Fenster, beobachtete die Lichter der Stadt, an denen wir vorbeirasten, als Edward in das Viertel fuhr, wo meine Eltern wohnten. In mir zerbrach langsam, Stück für Stück, eine Welt und ich wusste nicht, ob ich sie kitten konnte. Seit Julien in unser Leben getreten war, schien alles kaputt zu gehen. Langsam, Schritt für Schritt, entfernten wir uns voneinander. Oder war es schon seit Coco plötzlich aufgetaucht war und alles durcheinander gebracht hatte? Vielleicht waren wir beide auch einfach nicht für einander bestimmt und die Phase mit der rosaroten Brille verschwand allmählich und die Wahrheit überrannte uns. Ich sah weiter au dem Fenster, doch umso näher wir meinem Elternhaus kamen, umso weniger erfreute ich mich noch an den Lichtern in den Häusern. Dabei hätte ich doch gerade heute seine Nähe gebraucht. Vor dem Haus stiegen wir beide aus und Edward sah mich erwartungsvoll an, als ich das Tor anstarrte. „Danke fürs Mitnehmen“, sagte ich. „Hey“, sagte er, doch er stoppte seine Worte, welche er auch immer in diesem Moment sagen wollte, als ich mich an seinem Hemd festhielt. „Edward, wenn du sterben würdest und ich ganz alleine wäre, dann…“ Doch ich konnte es nicht aussprechen. Es kam mir so banal vor und Edward würde das sicherlich nicht verstehen. Ich schluckte und ließ ihn los. „Vergiss es“, sagte ich und lächelte ihn noch mal kurz an, als ich das Tor öffnete und langsam ins Haus ging. „Hallo“, sagte ich, als ich die Schuhe meiner Eltern sah und deshalb wusste, dass sie zu Hause waren. Ich schlüpfte aus meinen Schuhen, hängte meine Jacke an den Hacken und ließ meine Schultasche im Flur stehen. „Oh, welch seltener Gast“, sagte mein Vater, als ich ins Wohnzimmer zu ihnen trat. Er war gerade dabei Zeitung zu lesen und meine Mutter nippte an ihrem Tee und saß über ihrem Terminkalender. Sie ging wohl ihre Termine durch, überlegte wann sie so schnell wie möglich dieses Haus und mich, ihre einzige Tochter, verlassen konnten. „Tut mir Leid, Isabella. Ich wusste nicht, dass du kommst. Wir haben schon gegessen“, sagte meine Mutter zu mir und ich nickte nur mit einem Lächeln. „Macht doch nichts. Ich mach mir selber etwas.“ „Du nimmst die Texterei richtig ernst, wie?“, hörte ich meinen Vater fragen und drehte mich erfreut wieder zu meinen Eltern um. Es war das erste Mal, dass er danach fragte, vielleicht schien er nun wirklich Interesse an meinem Hobby zu haben oder hatte es vielleicht wenigstens akzeptiert. „Ja.“ Ich trat näher zu ihm und lächelte ihn glücklich an. „Du hast einen meiner Texte gehört, Papa? Ich weiß sie sind ziemlich sexy und…“ „Der Radau interessiert mich nicht“, sagte er und blätterte wieder in seiner Zeitung um. Da war es wieder. Dieses Gefühl, nicht geliebt zu werde. Dieses Gefühl, dass man nicht so akzeptiert wurde, wie man war. Dieses Gefühl, dass sich keiner für einen interessierte. Nicht mal die eigenen Eltern. „Verstehe“, erwiderte ich nur. Mit anderen Worten, es interessierte ihn einfach nicht, was ich mache. Es hatte ihn oder meine Mutter doch noch nie interessiert. Wir waren keine Familie, wir lebten nur nebeneinander her. Seit wie vielen Jahren war da schon? Schon seit ich ein Kind war? Es war nicht mein Vater, der mir das Fahrradfahren beigebracht hatte, sondern meine Nanny. Es waren nicht meine Eltern, die zu meiner ersten Weihnachtsaufführung gekommen waren, es war meine Nanny. Nicht sie feierten mit mir meinen Geburtstag, sondern meine Nanny. Wie war es, als sie mich das erste Mal in den Armen gehalten hatten? Was hatte meine Mutter gefühlt? Was hatte sie gedacht, als sie erfahren hatte dass sie schwanger war? Irgendwann mussten sie das Gefühl zu mir verloren haben und haben nie wieder den Versuch gestartet es wieder zu bekommen, stattdessen haben sie eine Nanny engagiert. Ich nickte und setzte ein Lächeln auf, kämpfte mit meiner Traurigkeit. „Ähm, ich geh doch noch weg.“ „Viel Spaß“, sagte meine Mutter und blickte mich dabei nicht mal an, sondern schrieb gerade etwas in ihren Kalender. Ich spürte wieder diese tiefe Traurigkeit in mir. Lag es daran, dass ich Julien weinen gesehen hatte? Würden meine Eltern um mich weinen, wenn ich nicht mehr da sein sollte? Vermisste ich es, geliebt zu werden? Ich bekam keine Luft mehr, es schien mir fast so als schnürte sich ein Band um meinen Hals und ließ mich ersticken. Ich schlüpfte schnell in meine Schuhe und zog mir meinen Mantel über und verließ das Haus. Vor der Haustür blieb ich stehen und starrte auf meine Schuhe und atmete, die kalte, in der Lunge brennende Luft ein. Ich wusste ja nicht mal wo ich hingehen sollte. Normalerweise würde ich zu Edward gehen, doch er hatte mir deutlich gemacht, dass er heute für sich sein wollte. Vielleicht konnte ich zu Anne oder Claudette gehen. Nein, ich wusste dass Anne heute Klavierunterricht hatte und Claudette hatte Nachhilfe in English, sie hasste die Fremdsprache. Überrascht sah ich auf, als ich aus dem Augenwinkel eine Person erkannte und erstarrte. Da stand Edward. Er lehnte an seinem Ferrari und sah mich ernst an. Er war nicht gefahren? „Was…?“ „Ich hab’s mir anders überlegt. Ich will nicht, dass du zu Hause schläfst“, sagte er ernst und kam auf mich zu. Sein Blick war vollkommen ernst und es gab nur wenige Momente, wo ich mit diesem Ausdruck im Gesicht gesehen hatte. „Ich will auch nicht, dass du alleine weggehst oder so was.“ Er griff nach meiner Hand und öffnete die Haustüre wieder, zog mich mit hinein. „Warte“, bat ich ihn, doch er ging direkt mit mir an der Hand ins Wohnzimmer meiner Eltern, wo sie immer noch saßen und überrascht ihn und mich musterten. „Guten Tag“, sagte er höflich. „Was hast du vor?“, fragte ich ihn, doch statt mir eine Antwort zu geben, verstärkte sich sein Händedruck. „Edward?“ „Wer sind Sie? Was fällt Ihnen eigentlich ein?“, fragte mein Vater aufgebracht. Aber ich kannte ihn, es ging ihm nicht darum, dass ein Mann mich an der Hand hielt, sondern dass ein Fremder in sein Haus gekommen war. „Isabella wird von nun an bei mir wohnen“, sagte er ernst und sah meine Eltern auch so an. Ich wusste, dass Edward nicht scherzte. So etwas machte er nicht. Doch so etwas zu sagen, einfach so zu meinen Eltern, war unglaublich. „Bitte?“, fragte mein Vater und stand auf. „Mein Vater ist Edward Anthony Masen. Ich bin der Sänger der Band >Gabriel<. Und ich bin… ich bin der Freund ihrer Tochter.“ Er sah mich bei den Worten nicht an, er richtete sie direkt an meine Eltern, doch es war komisch, ihn so zu erleben. Ich hatte mir oft vorgestellt, wie es wohl war, wenn ein Mädchen ihren Eltern ihren Freund vorstellen würde. Welche Fragen die Eltern dem Freund stellen würden? Der Vater würde vermutlich versuchen seine geliebte Tochter zu beschützen und vielleicht würde die Mutter ihn beruhigen müssen und sagen, dass sie doch auch mal jung waren. Doch dann fiel mir wieder ein, dass das bei mir nie der Fall sein würde. Nicht bei meinen Eltern. „Isabella fühlt sich oft sehr einsam. Ich habe viel zu tun und zu wenig Freizeit“, sagte Edward weiter. „Aber…“, wollte mein Vater protestieren. „Und doch, schenke ich ihr mehr Aufmerksamkeit und Liebe als sie.“ Ich musste bei dem schweren Vorwurf schlucken. „Sie wird weiterhin zur Schule gehen und ist finanziell unabhängig. Machen Sie sich keine Sorgen“, sagte Edward und zog aus der Innentasche seines Mantels eine Visitenkarte und legte sie meinen Eltern auf den Tisch. „Und hier, meine Adresse und meine Telefonnummer. Rufen Sie an, falls etwas ist oder Sie Isabella sehen wollen.“ Ich zitterte als ich sah, wie überrascht meine Mutter wirkte, als sie die Visitenkarten ansah. Das hier schien alles wie in einem falschen Film abzulaufen. Es kam mir falsch vor, doch ich wusste auch nicht, was richtig war. Nicht in diesem Moment. „Bis dann“, sagte Edward und legte seine Hand an meinen Rücken, um mich nach draußen zu begleiten. „Brauchst du noch irgendetwas von hier?“ Seine Frage war freundlich, so unglaublich freundlich und ich spürte die Tränen in meinen Augen und schüttelte den Kopf. „He. Augenblick mal“, sagte mein Vater aufgebracht. Edward blieb stehen und drehte sich noch mal um. „Sie haben mir gar nichts zu sagen. Haben wir uns verstanden?“ „Aber Isabella…“, sagte meine Mutter und ich schaffte es nicht mal, sie anzusehen. Mir viel eine schwere Last von den Schultern als die Tür zwischen uns zu ging. Natürlich fühlte ich mich schuldig, aber doch irgendwie auch frei. Zu oft hatte ich schon das Gefühl gehabt, einfach zu ersticken, keine Luft mehr zu bekommen, weil ich nicht so akzeptiert wurde, wie ich war. Es war ein unerträgliches Gefühl und vermutlich wäre ich irgendwann dran kaputt gegangen. Doch dann trat Edward in mein Leben, bei ihm konnte ich atmen, bei ihm fühlte ich mich frei und akzeptiert. Es war komisch, als Edward die Tür zu seinem Apartment aufschloss. Ich starrte ins offene Wohnzimmer und traute mich nicht einzutreten. Von nun an, würde alles anders werden. Mein Leben. Die Beziehung zwischen Edward und mir, einfach alles. „Herein“, meinte Edward und lächelte mich warm an. „Danke“, meinte ich. Auf einmal wirkte alles noch viel vertrauter. Heimischer. „Dies ist ab heute dein zu Hause“, sagte Edward und ich sah ihn wegen diesen Worten etwas überrascht an. Doch er lächelte nur und ich konnte ihm ansehen, dass er wirklich jedes Wort ehrlich meinte. „Sag mir, wenn du dich fürchtest oder traurig bist… Ich werde immer für dich da sein.“ Wenn ich mich nicht schon vorher in seine klaren Augen verliebt hätte, dann hätte ich es auf jeden Fall in diesem Moment. In seinem Blick lag so viel Klarheit, Ehrlichkeit und Wärme. Das war der Edward, den ich liebte. Der sanft und verständnisvoll zu mir war. Der Edward, der mir Reisbrei kochte, wenn ich krank war. Jemand, der meine Hand hielt, wenn ich Angst hatte oder unsicher war. Jemand, der einfach für mich da war. Jemand, der mich liebte, so wie ich war. „Ab heute leben wir zwei richtig zusammen.“ Ich musste schlucken, denn er überwältigte mich einfach. Während meine Gedanken um den Tod kreisten, dachte er an ein gemeinsames Leben mit mir. Ich lächelte nur und warf mich schließlich in seine Arme. Seine starken Arme schlossen sich um mich und er hielt mich für einen Moment einfach nur still fest. Dann nahm er mein Gesicht in seine Hände und küsste meine Tränen weg, bevor er behutsam meine Lippen mit seinen bedeckte. Er war ein wundervoller Mensch und ich war glücklich, dass ich an seiner Seite, Teil seines Lebens, sein durfte. Mit seiner Kraft riss er einfach alles an sich und umschlang es sanft mit seiner Zärtlichkeit. Ich liebte diesen Menschen einfach überalles. Edward griff unter mich, hob mich hoch, so dass ich in seinen Armen lag, unser Kuss aber nicht stoppte, als er mich in unser Schlafzimmer trug. So gar in meinen Gedanken hörte es sich unglaublich an: >Unser Schlafzimmer<. Schnell verloren wir unsere Kleider fast wie von selbst und sahen uns verliebt an, als wir nackt in den weißen Laken des großen Betts lagen. „Ich gebe dich nicht mehr her“, sagte er, als er seinen Kopf senkte und die empfindliche Stelle unterhalb meines Ohres küsste, während seine Hände meine Brüste liebkosten. Ich gab mich ihm vollkommen hin, empfand ungeheure Lust, die nur er bei mir hervorrufen konnte. Ich war ihm wie ausgeliefert, inzwischen glaubte ich, dass er meinen Körper besser kannte, als ich selber. „Nur ich darf dich so berühren“, keuchte er mit dunkler Stimme, als seine Lippen den Weg zu meiner Mitte suchten. Seine Finger streichelten schon über meine Scham und ich konnte es kaum erwarten, auch seine Lippen an der empfindlichen Stelle zu fühlen. Alles in mir, schrie nach ihm. Nach seinen Händen und seinen Lippen. Ich wollte von ihm gestreichelt und geküsst werden. Nahm sogar Kratzer und Bisse hin, solange sie nur von ihm waren. „Du sollst nur meinen Körper spüren…“ Er liebte mich. Er liebte mich noch die ganze Nacht und ich stimmte ihm bei allem zu, was er zu mir sagte, denn von nun an, würden wir unser Leben wirklich miteinander teilen. >Gabriel< saß mit Aro Gerárd, Victoria Lefevre und anderen wichtigen Personen von „Mars Productions“ in einem Raum und gingen die Termine für die nächste Zeit durch. Sogar der Chef von Victoria war da und meinte, er wolle >Gabriel< endlich mal persönlich kennen lernen. Eigentlich wollte ich bei diesem Gespräch gar nicht dabei sein, doch Edward wollte mich inzwischen rund um die Uhr um sich haben. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass er glaubte, wir müssten etwas aufholen oder weil er nur vorsichtig wegen Julien war. Übervorsichtig. Julien hatte Probleme damit, um seine Schwester richtig zu betrauern, aber ich glaubte einfach nicht, dass er mir wirklich etwas tun würde. „Gott, ich brauche eine Pause“, meinte Emmett und fuhr sich durchs Haar. „Ja, das wäre gar nicht mal so verkehrt“, sagte auch Jake, der neben ihn saß. Victoria seufzte. „Gut, dann hole ich Euch mal etwas zum Trinken“, sagte sie mit einem aufgesetzten Lächeln und wollte schon aufstehen, als ich ihr zuvor kam. „Das kann ich doch machen.“ Edward sah mich sofort mit diesem eigenartigen Blick an. Es war immer der gleiche Blick. So bald ich auch nur für ein paar Minuten aus seiner Sichtweite verschwinden konnte, sah er mich so an. Als hätte er Angst oder bekam Panik, dass Julien mir wirklich etwas antun könnte. Ich lächelte ihn an. „Ich gehe doch nur zum Automaten, der ist doch direkt um die Ecke“, meinte ich zu ihm und hoffte ihn damit zu beruhigen. „Das kann auch Victoria machen“, sagte Edward ruhig. „Aber so könnt ihr weiter über eure Termine reden. Ich kann da eh nicht wirklich mitreden“, erklärte ich ihm. Ich sah wie er seufzte, doch schließlich nickte er nur. „Bist du nun ihr Babysitter?“, hörte ich Emmett noch fragen, als ich zur Tür ging. „Kümmere dich um deinen Kram“, meinte Edward gereizt. Ich schloss die Türe leise und ging den Flur zum Automaten entlang. Es war ja süß, dass Edward sich um mich kümmerte, aber zu gleich war ich auch der Meinung, dass er mit seiner Vorsorge etwas übertrieb. Mit den Coladosen auf dem Arm, machte ich mich auf den Rückweg, als jemand von hinten meinen Namen rief. Ich drehte mich um und war überrascht, Julien zu sehen. Er lächelte mich an. Neben ihn lief ein Mann, mittleren Alters, der mich interessiert ansah. „Hallo Julien“, erwiderte ich und blieb stehen, als sie mir näher kamen. Der Mann neben Julien hob plötzlich seinen rechen Arm und berührte mit seinem Zeigefinger meine Stirn, direkt zwischen meinen Augen. Seine Augen wirkten dunkel und tiefgründig und seine Stimme kam mir auch etwas seltsam vor, als er sagte: „Ich zähle bis drei, dann gehorchst du meinen Befehlen… Eins.. Zwei…“ Erzählerperspektive Edward wurde unruhiger, von Minute zu Minute die verstrich. Isabella hatte nun seit 15 Minuten den Raum verlassen und er machte sich ernsthaft Sorgen um sie. Der Getränkeautomat war direkt um die Ecke, sie würde für Hin und Rückweg nicht mal 3 Minuten brauchen. Er versuchte sich selber zu beruhigen, in dem er sich einredete, dass sie vielleicht zu einem anderen Getränkeautomat gegangen wäre, weil der in der Nähe leer war. Doch dann müsste sie auch schon längst wieder hier sein. „Was sagst du dazu Edward?“, fragte Aro ihn, der in seine Unterlagen sah. Wieder sah auf seine Armbanduhr, inzwischen rutschte er auch schon auf seinem Stuhl hin und her, weil er einfach zu ungeduldig war. Ja, Geduld gehörte eindeutig nicht zu seinen Tugenden, aber das war ihm in diesem Moment auch wirklich egal. Aro sah von seiner Mappe auf, als er von dem Sänger von >Gabriel< keine Antwort bekam. „Edward?“ Doch dieser reagierte immer noch nicht auf die Frage, seines Managers. Erst als Jasper ihn von der Seite anstieß, dafür einen tötenden Blick von Edward erntete und Jasper ihn schließlich auf Aro wies, bekam dieser endlich Edwards Aufmerksamkeit. „Was denn?“, fragte Edward genervt. „Ich habe dich gefragt, was du von dem Fotoshooting hältst? Willst du das machen?“ Aro sah Edward an und konnte ihm im Gesicht ablesen, dass er nicht mal wusste, wovon er sprach. „Aber wie ich sehe, hast du mir nicht mal zugehört. Also, noch mal für dich zum mitschreiben…“ Doch da war Edward auch schon aufgesprungen und verließ den Raum. Er musste nach Bella sehen. Vermutlich war seine Sorge unbegründet und es ging ihr blendend. Aber was war, wenn nicht. Bella, wollte ihm nicht glauben, dass sie sich vor Julien in Acht nehmen sollte. Er vertraute diesem Menschen keinen Zentimeter über den Weg. Er spürte einfach, dass er nicht gut für Bella war, nicht mal als beiläufiger Bekannter. „Isabella?“, rief er in den leeren Flur hinein, als er mit schnellen Schritten um die Ecke bog und sie schließlich fand. Sie stand vor einem Fenster und sah nach draußen. Ein Stein fiel ihm vom Herzen. „Wo bleibst du mit den Getränken?“, fragte er, glücklich darüber, dass sie wohlauf war. Doch sie reagierte nicht auf seine Stimme, als ging er zu ihr. „Isabella, ist alles okay?“, fragte er und drehte sie zu sich um. In dem Moment wusste er, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Isabell sah ihn mit anderen Augen an. Sie sah ihn an, als würde sie ihn gar nicht wieder erkennen. Sie schien sogar überrascht zu sein, dass er sie angesprochen hatte. „Isabella?“ „Clair. Komm zu mir“, hörte Edward die Stimme von Julien und war entsetzt darüber, dass sich ein Lächeln auf Isabellas Gesicht ausbreitete, als sie Julien sah. Sie rannte an Edward vor bei und schien glücklich darüber zu sein, Julien zu sehen. Edward kannte dieses glückliche Lächeln und das Strahlen in ihren Augen. So hatte sie ihn immer angesehen. „Bruder“, sagte sie aufgeregt und ließ sich von Julien umarmen. „Wer ist das Bruderherz?“, fragte sie schließlich und meinte damit Edward, sah ihn musternd und unsicher an. „Jemand, den du nicht kennst, Clair“, sagte Julien und strich Isabella übers Haar. Edward erstarrte. Das konnte nicht. Das konnte nur ein schlechter Film sein. So etwas passierte doch nicht. Sie konnte nicht einfach vergessen wer er war und dafür glauben, dieser Julien wäre ihr Bruder. Die Welt um ihn herum blieb stehen, als er dieses erschreckende Bild vor sich sah. Isabella, die sich an Julien lehnte, weil sie Edward nicht kannte und er ihr unheimlich zu sein schien. Die Welt schien still zu stehen, weil er es nicht verstand. Und doch glaubte er eine Uhr ticken zu hören, die ihm sagte, dass die Welt nicht stehen blieb. „Mach keinen Quatsch, Isabella“, sagte Edward und sah sie flehend an. „Lass die dummen Scherze.“ Er wusste nicht ob er wütend sein sollte und wenn ja auf wen. Was für ein Spiel wurde hier mit ihm gespielt? Wo war die versteckte Kamera, die sein Gesicht aufnahm, als es vor Schreck ganz fahl geworden war. „Komm zu mir, Bella.“ Doch seine Worte sorgten nur dazu, dass Isabella sich fester in der Hemd von Julien klammerte. Sie schien Angst zu haben, doch das konnte Edward ihr nicht abkaufen. Er ging auf sie, griff nach ihrer Hand und zerrte sie von Julien weg. Er sah ihr tief in die Augen und hoffte, eine Regung darin zu sehen. Sie musste ihn doch erkennen. Doch er sah nichts in ihren Augen. Kein Strahlen. Kein Leuchten. Nicht mal ein Zucken ihrer Mundwinkel zu einem Lächeln. „Nicht zu fassen“, brachte er entsetzt über die Lippen. „Du erkennst mich wirklich nicht.“ Er ließ sie los und taumelte nach hinten. Julien zog sie sofort wieder in seine Arme, hielt sie dort beschützend fest und sah ihn mit einem Grinsen an. „Sei nicht so grob zu meiner Schwester, Edward. Du machst ihr Angst.“ Edward war wie erstarrt, er wusste, dass er Isabella vermutlich nun wirklich verloren hatte. Isabella war die Einzige gewesen, die sein wirkliches Ich gekannt hatte. Sie kannte seine verletzliche und sensible Seite. Niemand sonst, kannte ihn so. Doch nun schien sie ihn nicht mehr zu erkennen. „Was hast du Isabella angetan?“, fragte Edward ihn, ohne Julien auch nur anzusehen. „Wer ist Isabella?“, fragte Julien und grinste Edward herausfordernd an. „Das muss eine Verwechslung sein. Das ist meine kleine Schwester Clair.“ Edward sah ihn an, Wut kochte in seinem Inneren auf und nun wusste er auch, auf wenn er wütend sein konnte. Julien. „Clair ist nicht tot“, sagte Julien und lächelte dabei glücklich, als glaubte er das wirklich. „Sie würde nicht sterben und mich hier zurücklassen.“ Edward schüttelte nur den Kopf, ignorierte das brennende Gefühl aus seinem Magen, welcher sich gerade umdrehte, bei dem Gedanken, Isabella verloren zu haben. Sie war alles für ihn gewesen. Sie war sein Halt, sein Rettungsanker. Sie behielt ihm am Leben, erinnerte ihn daran, wie man zu leben hatte und das es eben gute Dinge im Leben gab, für die es sich zu kämpfen lohnte. „Spar dir deine alberne Rede“, sagte Edward wütend und packte Julien am Kragen, hielt ihn in der Luft und biss sich wütend auf die Unterlippe, bis er Blut schmeckte. Doch da beruhigte ihn ganz und gar nicht. „Was hast du mit Isabella gemacht?“, schrie er ihn an und schüttelte Julien. Er würde die Wahrheit aus ihm herausschütteln oder auch heraus prügeln, das war Edward in diesem Moment ziemlich egal. „Na los, raus damit!“ „Hör… hör auf“, sagte eine sanfte Stimme hinter den Beiden und Edward hielt inne. Er drehte sich um und sah Isabella an. Sie hatte die Hände vor der Brust zusammengefaltet und sah ihn flehend an. Sie sah so unschuldig aus, wie die heilige Maria und dabei war er nicht mal gläubig, doch sie so zu sehen… „Bitte tu meinem Bruder nicht weh. Bitte… Tu ihm nicht weh.“ „Isa…bella…“ Edward schluckte schwer und ließ Julien schließlich los. Er blieb einfach sehen, als Julien zu Isabella eilte und sie an sich drückte, sie tröstete. „Keine Angst. Mir ist nichts passiert“, versicherte er ihr. „Gut“, sagte sie erleichtert. „Gott sei Dank.“ Er sah die Beiden an und ertrug den Anblick nicht. Er drehte sich um, als Julien mit ihr den Flur entlang ging. Er konnte nicht mit ansehen, wie Isabella mit einem anderen ging. Und vielleicht war es auch ganz gut so, dass er ihnen den Rücken zukehrte, denn so sah er nicht, wie Julien sich umblickte und so grinste, als hätte bei einer Wette gewonnen. Julien gehörte zu den Menschen, die wussten wann sie gewonnen hatten. Und er hatte nun gewonnen. Er hatte seine Clair zurück gewonnen. Edward blieb einfach stehen und verstand die Welt nicht mehr. „Was?“, fragte Jacob entsetzt und der Ausdruck in seinem Gesicht, entsprach auch dem der anderen >Gabriel<-Mitglieder. „Isabella ist mitgegangen?“ „Ja“, meinte Edward und fuhr sich durchs Haar. „Ich meine, da stimmt doch was nicht“, sagte Jasper und sah Edward besorgt an. „Oder? Das denkst du doch auch?“ Edward nickte. „Vielleicht hat er sie hypnotisiert“, sagte er ihnen. Er wusste selber wie bescheuert das klang und er wäre der Letzte, der an so etwas glaubte. Aber Isabella hatte letztens eine Sendung eingeschaltet, wo ein so ein Hypnotiseur reihenweise Menschen Dinge tun ließ, die nicht zu ihnen sprachen. Er ließ sie bellen und auf vier Pfoten laufen. Er sorgte mit nur einem Schnipsen dazu, dass sie sich eine Frau einfach auf den Schoss eines Fremden setzte und ihm heiße Sachen ins Ohr flüsterte. Er ließ eine Frau sich wie einen Vogel fühlen, welche sich auf einen Stuhl stellte und wild mit ihren Armen flatterte. „Du glaubst doch an so etwas nicht, oder?“, fragte Emmett, der seinen Freund wirklich gut genug kannte und sich das nun wirklich nicht vorstellen konnte. Allerdings konnte er sich auch nicht vorstellen, dass Isabella so tun würde, als würde sie Edward nicht kennen. „Nein“, antwortete er ehrlich. „Aber Isabella glaubt an so etwas.“ Er erinnerte sich noch gut an ihr Gespräch an dem Abend, als er versucht hatte zu erklären, dass man so etwas im Fernsehen nie glauben sollte. Das war vermutlich nur ein Trick und das alles waren Schauspieler. Doch sie hatte ihm nicht geglaubt. „Im Studio nebenan ist ein Hypnotiseur aufgetreten. „Du meinst, er hat das getan?“, fragte Jacob sofort. „Und nun?“, fragte Carlisle. Edward sah seine Freunde und Bandkollegen an und war froh, dass sie ihm beistanden. Sie waren hier, litten mit ihm und hielten ihn nicht für verrückt. Das war es doch, was eine Freundschaft in solchen Situationen ausmachte, nicht? Sie kannten Isabella und sie konnten nicht glauben, dass sie diesen Julien Edward vorziehen würde. „Ich habe den Hypnotiseur ausfindig gemacht. Aber über seine Klienten gibt er keine Auskunft“, erzählte Edward ernst. Er würde alles tun, damit Isabella wieder an seiner Seite war und er wusste, dass es ihr nicht anders ging. „Was machen wir als nächstes?“ fragte Jasper. Edward zuckte mit den Schultern. „Leider kann nur der, der die Hypnose gemacht hat, sie wieder aufheben.“ „Also wird sie den Typen weiter für ihren Bruder halten?“, fragte Jake entrüstet. „Und sie kann sich nicht mehr an dich erinnern?“, fügte Emmett noch hinzu. Sie alle waren wütend, fassungslos und gleichzeitig auch bereit, alles zu tun, was zu tun war, damit Isabella wieder zu ihnen gehörte. Edward dachte an ihren Gesichtsausdruck, wie sie ihn angesehen hatte, als er vor ihr gestanden hatte. Sie hatte ihn wie einen Fremden betrachtet. Sie hatte keine Ahnung, dass er sie abgöttisch liebte, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit, Gegenwart und zu Zukunft hatten. Sie wusste nichts von all dem. Sie wusste nicht mal von dem Schmerz, der ihn durchfahren hatte, als sie ihn wie einen Fremden angesehen hatte. „Ich habe die Nase voll von dieser krankhaften Geschwisterliebe.“ Julien kniete neben dem Bett und sah Isabella lächelnd an. „Schlaf gut, Clair.“ „Du auch, Bruder.“ Sie lächelte sanft. „Noch einen Gute-Nacht-Kuss so wie immer“, forderte er mit ruhiger Stimme, beugte sich etwas vor und küsste Isabella kurz und flüchtig auf die Lippen. „Gute Nacht“, sagte er und stand schließlich auf. „Gute Nacht“, erwiderte sie und sah ihm zu, wie er das Schlafzimmer verließ. Sie drehte sich zur Seite und kuschelte sich ins weiche Kissen. Julien verschloss die Tür hinter sich und ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, es wuchs zu einem Lachen und er musste sich den Bauch halten, als er vor Glück einfach lachen musste. Nun hatte er seine Clair wieder und dieses Mal, war es keine einseitige, verbotene Liebe. Sie hörte ein merkwürdiges Geräusch, welches sie aus ihrem Traum riss und sah sich verwirrt in dem Zimmer um. Sie lauschte wieder und hörte, dass das Geräusch vom Fenster kam. Es klang wie ein Klopfen. Jemand klopfte leise an ihr Fenster? Sie schob die Bettdecke zur Seite und rutschte aus dem Bett, zog die Vorhänge zur Seite und war überrascht diesen Fremden von heute Mittag wieder zu sehen. Er saß in dem Baum vor dem Haus, auf einem dicken Ast und bedeutete ihr mit seinem Zeigefinger, den er auf seine Lippen gelegt hatte, dass sie leise sein sollte. Und warum auch immer, schrie sie nicht nach ihrem Bruder, sondern öffnete das Fenster und sah ihn fragend an. „Du bist…? Du wolltest doch meinem Bruder wehtun.“ „Ich habe ihm nichts getan“, sagte Edward, doch ein wenig erleichtert darüber, dass Isabella nicht nach Julien rief. Er hatte mit allem gerechnet, dass sie nach ihrem Möchte-gern-Bruder rief oder Edward einfach vor ihrem Fenster ignoriere. Er hatte gewusst, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Fenster öffnen würde, nicht sehr groß war. Und dennoch war er hier, saß in einem Baum und hoffte, das Mädchen überzeugen zu können, dass er so sehr liebte, dass sich das Gewicht, das in einem Herzen lag, weil sie ihn nicht mal erkannte, unerträglich wurde. „Was willst du hier?“ „Dreimal darfst du raten“, scherzte er. Wenn ihm jemand mal vor einem Jahr gesagt hätte, dass mal auf einem Baum sitzen würde, um ein Mädchen zu überzeugen, dann hätte er ihm sicherlich nie geglaubt. Edward gehörte nun mal zu den Männern, die keine Frau von sich überzeugen musste. „Ich bin gekommen um dich zu holen“, meinte er und hielt ihr seine rechte Hand hin, während er sich mit der linken auf dem Ast über ihm festhielt. „Was?“, fragte sie überrascht und errötete verlegen. „Na, los…! Wir spielen hier nicht Romeo und Julia“, sagte er, denn er hatte keine Lust, ihr irgendwelche Worte der Liebe zuzuflüstern. „Aber… ich kenne dich doch gar nicht“, sagte sie und schüttelte den Kopf. Edward zog seine Hand zurück und sah sie fragend an. „Glaubst du das wirklich?“ Verwirrt sah sie ihn an, denn mit dieser Antwort hatte sie nicht gerechnet. Sie schüttelte den Kopf, weil er zu schmerzen anfing, als sie darüber nachdachte, ob sie ihn wirklich kannte oder warum er ihr sagte, dass sie ihn vielleicht doch kannte. „Ich… ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht erinnern.“ Edward nickte, zögerte nicht länger, beugte sich so weit es ging nach vorne und küsste sie einfach. Er presste seine Lippen auf die ihre und küsste sie. Aber es war ein liebevoller, sanfter Küss. Die Art von Küsse, die sie so gerne gemocht hatte. „Ich sorge dafür, dass du dich von Neuem in mich verliebst“, versprach er ihr, streichelte mit seiner rechten Hand über ihre Wange und leckte über ihre Unterlippe. Sie stieß ihn nicht von sich oder ähnlichem, nein, sie genoss den Kuss. Seine Finger verwoben sich an ihrem Hinterkopf mit ihrem Haar und zogen sanft daran. Er lächelte nicht, wie er es sonst immer tat, wenn sich ihre Lippen von einander trennten, sondern löste sich einfach von ihr und hielt ihr wieder seine Hand hin. „Komm. Komm mit mir.“ Sie zögerte einen Moment doch dann legte sie ihre Hand in die seine, kletterte aufs Fensterbrett und ließ sich von ihm in die Dunkelheit der Nacht entführen. Doch sie fiel nicht, er hielt sie sicher fest, drückte sie an sich und legte ihre Arme um seinen Hals, damit sie sich an ihm festhalten konnte, während er den Baum nach unten kletterte. Da sie keine Schuhe anhatte, nur ihren Pyjama trug, trug er sie auf seinen Armen zu seinem Auto. Isabella drückte sich an seine Brust und wusste nicht, warum sie mit diesem Mann mitgegangen war? Sie kannte ihn doch gar nicht, er hatte Julien weh tun wollen und dennoch fühlte sich wohl bei ihm. Beide sagten kein Wort während der Fahrt im roten Ferrari und sie folgte ihm einfach, ins Haus und betrat die Wohnung, als er die Türe aufschloss. Sie kannte das alles nicht und doch kam es ihr so vertraut vor. „Mein Appartement“, sagte Edward, hinter ihr, als er die Tür schloss und ihrem Blick folgte. „Hier haben wir das Erste Mal mit einander geschlafen.“ Edward trat hinter sie, legte seine Arme um sie, stützte sein Kinn auf ihrer Schulter ab und hielt sie ganz fest. Sein Griff war regelrecht verzweifelt, weil er sich einfach nicht vorstellen konnte, Isabella für immer zu verlieren. Sie erstarrte in seinen Armen. „Ich erinnere mich noch ganz genau. Ich habe dich von Kopf bis Fuß liebkost.“ Seine Hand öffnete den obersten Knopf ihres Pyjamas und liebkoste ihren Nacken. Er biss verspielt in ihren Hals und saugte an dieser Stelle. „Deinen Hals“, hauchte er ihr mit dunkler Stimme ins Ohr. Er hörte sie deutlich seufzen, als seine Hand sich unter den Stoff ihres Pyjamas schob und er eine ihrer Brüste in die Hand nahm. „Deine Brüste… und deine Schenkel“, sagte er weiter, als seine andere Hand an ihrem Oberschenkel angekommen war und er leicht ins Fleisch drückte. Sie keuchte. Es war die gleiche Reaktion wie immer, wenn er sie berührte. Er konnte einfach nicht glauben, dass sie sich nicht erinnern konnte, doch als er sie zu sich umdrehte und in ihre Augen sah, erkannte er, dass sie ihn immer noch nicht als den wiederkannte, der er für sie war. Er küsste ihre Wange. „Auch wenn, jede Erinnerung an mich gelöscht wurde“, sagte er, strich mit seinem Daumen über ihre Unterlippe, bevor er sie auch dort küsste. „Ich werde dich mit solcher Leidenschaft lieben, dass mich dein Körper niemals vergessen wird“, versprach er ihr und vergrub sein Gesicht zwischen ihre Brüste. Sie sackte in seinen Armen zusammen, ihre Knie waren weich geworden und konnten sie unter seinen Berührungen nicht mehr halten. Er hielt sie fest, legte sie dann vorsichtig auf dem Boden ab und setzte sich neben sie, hielt ihre Hände links und rechts neben ihrem Kopf fest und sah sie einfach nur an. „Wehr dich ruhig. Reiß dich los und lauf davon.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich… ich kann nicht. Ich kann dich nicht zurückweisen.“ Sie wusste nicht, warum sie ihn nicht von sich drückte oder warum sie sich in seinen Armen so sicher fühlte. Doch sie erwiderte seinen heißen, brennenden Kuss als er sich zu ihr herab gebeugt hatte und von ihrem Mund Besitz nahm. „Ich liebe dich… Isabella…“ Sie keuchte, als er eine ihrer Brüste in den Mund nahm und seine Zunge die Knospe umgarnte. „Edward….“ Es klingelte sturm und auch wenn Edward seufzte, stand er auf und ging an die Sprechanlage. Er konnte sich schon denken, wer das war. „Hallo? Komm ruhig rein“, sagte Edward und drückte auf den Öffner, sodass die Haustür sich öffnete. Wenige Augenblicke später, stürmte Julien in die Wohnung und sah Isabella entsetzt an, die mit beiden Händen ihren Pyjama zusammenhielt, da ein paar der Knöpfe im Eifer des Gefechts abgerissen wurden und sie ihn jetzt nicht mehr zuknöpfen konnte. „Clair“, brachte er nur geschockt über seine Lippen. „Bruder“, erwiderte sie und sah ihn verwirrt an. „Was hat er dir angetan?“, fragte Julien sie und packte sie an den Schultern, um sie etwas zu rütteln, da sie ihm keine Antwort geben wollte. Wütend drehte sich Julien zu Edward rum, der mit einem Grinsen an der Wand lehnte. „Du lässt sie hypnotisieren und fragst, was ICH ihr angetan habe?“, fragte er amüsiert. „Von mir aus kannst du Isabella wieder mitnehmen. Vorausgesetzt sie will dich begleiten.“ Edward sah nun Isabella mit ernstem Blick an. „und nicht bei mir bleiben.“ Julien biss sich auf die Unterlippe sah dann aber Isabella an. „Clair?“ „Ich… Ich….“ Sie sah hilfesuchend und unsicher von Julien zu Edward und wusste, dass man nun von ihr eine Entscheidung forderte. „Isabella du hast die Wahl“, sagte Edward zu ihr. „Ich…“ „Isabella“, wiederholte Edward ihren Namen noch mal. „Du bist nicht Isabella, du bist meine Schwester Clair“, sagte Julien eindringlich. „Du kennst keinen Edward.“ „Freiwillig gibt sich wohl keine Frau mit dir ab, was?“, fragte Edward zu Julien und konnte es kaum erwarten, diesem Julien die Leviten zu lesen. Doch das würde er dieses Mal nicht vor Isabella tun. „Was weißt du denn, wie es ist in die eigene Schwester verliebt zu sein und es ihr nicht sagen zu können?“, schrie er Edward an. „Ich weiß nur eines, wenn Isabella meine Schwester wäre und ich sie so lieben würde, wie du behauptest, dann würde ich alles tun, um sie zu beschützen“, erklärte Edward ernst und aufrichtig. „Aber für dich ist Isabella doch nur ein Ersatz.“ „Bruder, ich…“ „Lass uns nach Hause gehen“, sagte Julien zu Isabella und griff nach ihrer Hand, zog sie mit sich, doch sie bewegte sich nicht. Julien drehte sich fragend um und blickte an das unschuldige Gesicht seiner Schwester. „Clair?“ „Ich bleibe hier“, erklärte sie ihm. „Aber Clair…“ „Ich weiß nicht genau wieso… aber ich möchte hier bleiben.“ Sie konnte Julien bei ihren Worten nicht ins Gesicht sehen, da sie sich schuldig fühlte. „Wie du willst“, sagte Julien und kehrte ihr den Rücken zu. „Es tut mir Leid, Bruder….“, sagte sie zu ihm, doch er drehte sich nicht wieder um. „Bruder…“ Bevor sie ihm hinterher rennen konnte, packte Edward sie wieder von hinten und hielt sie fest. „Isabella…“ Sie starrten beide die verschlossene Wohnungstür an und erst nach ein paar Minuten entspannte sie sich wieder in seinen Armen. Er ließ sie los und streichelte ihr über die Wange. „Da du dich für seine Schwester hältst müssen wir ganz von vorne anfangen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis du dich wieder erinnern wirst.“ Sie sah ihn überrascht an. Überrascht, weil ihr das Lächeln so vertraut vorkam, das er ihr in diesem Moment schenkte. Sie vertraute diesem Lächeln und sie vertraute seinen Augen, auch wenn sie momentan in dem Glauben war, dass sie ihn nicht kannte. „Und jetzt Marsch ins Bett. Es ist schon spät“, sagte Edward schließlich. Entsetzt sah sie ihn an und trat sofort ein paar Schritte vor ihm zurück. Edward sah sie seufzend an. „Diesen Gesichtsausdruck kenne ich. Du bist wieder das unschuldige Mädchen von früher.“ Er lächelte leichte und küsste sie auf die Stirn. „Aber keine Angst, ich tue dir nichts.“ Wenig später lagen sie wirklich zusammen im großen Bett und er hielt sie in seinen Armen. Sie hatte ihren Kopf auf seiner Brust gebettet und fragte sich, warum sich das alles so vertraut für sie anfühlte. Seine Wärme und sein Geruch, alles kam ihr so vertraut und bekannt vor, auch wenn sie sich an ihn nicht mal erinnern konnte. „Ist dir kalt?“, fragte er nach einer Weile. „Nein“, sagte sie nur und kuschelte sich weiter an ihn. „Ich… ich habe nur Angst.“ Edward zog sie darauf noch fester in seine Arme und schwor sich, sie noch mehr zu beschützen. Er wusste dass er egoistisch war, denn er wollte sie um sich. Er wollte sie in seinem Leben, weil sie ihn am Leben hielt. Sie ließ ihn atmen und erinnerte ihn daran, dass man das beschützen musste, dass man liebte. Nie würde er sie los lassen. Nie würde er sie gehen lassen können. „Erzähl mir von ihr“, sagte sie mit leiser Stimme, während ihre Hand über seine Brust streichelte. „Von wem?“ „Von deiner Isabella? Wer war Sie? Wie ist Sie so?“ Er wusste nicht, wie er sich genau fühlen sollte in diesem Moment. Erleichtert, dass sie etwas wissen wollte oder traurig, weil sie sich immer noch nicht daran erinnerte. Er streichelte über ihren Arm und dache kurz nach, was er ihr sagen sollte. „Du bist ein so wundervoller Mensch. Es geht dir immer zuerst um die anderen und erst dann um dich. Eigentlich bist du ziemlich alleine und vermutlich ist das auch der Grund, warum du mich so gut verstehst. Du berührst mich eine Art, wie es keine andere Frau vor dir geschafft hat. Die bist sensibel und schüchtern, du hast Angst, dass man dir das Herz brechen könnte und das man dich nicht lieben könnte. Doch jeder der nicht sieht, wie toll und großartig du bist, ist blind. Du hast diesen Blick mit dem du mich auf den Boden hältst. Du lässt mich normal sein und genau das will ich für dich sein. Derjenige, der dich beschützt. Derjenige, der dich liebt. Derjenige…“ Er stoppte als er merkte, dass sie eingeschlafen war. „Derjenige, der alles für dich tun würde, weil du meine Welt bist, Isabella.“ Als Isabella am nächsten Morgen die Augen öffnete, wusste sie zuerst nicht wo sie war. Doch dann erinnerte sie sich daran, dass Edward auf dem Baum vor ihrem Fenster gesessen hatte und sie mit in sein Apartment genommen hatte. Sie war in seinen Armen, mit dem Kopf auf seiner Brust, eingeschlafen und lag nun in seinem Bett. Allerdings lag sie alleine in dem Bett. Als sie auf die leere Seite schaute, entdeckte sie ein Päckchen, das statt seiner dort lag. Auf dem Paket klebte eine Post-It-Nachricht für sie. „Wir spielen heute im Budokan. Zieh dieses Kleid an. Edward.“ Sie öffnete den Deckel und holte ein schwarzes Kleid heraus. Es war aus einem unglaublich weichen Stoff gemacht, doch sie sah sofort, dass es sehr figurbetont war. Es hatte nur einen Träger und an der Seite einen langen Schlitz. Hatte sie dieses Kleid schon mal getragen? War sie schon mal auf einem Konzert von >Gabriel< gewesen? In dem Paket fand sie unter dem Stoff auch noch das Ticket für das Konzert hatte Abend. Sie musste ein wenig darüber lächeln, dass Edward an alles gedacht hatte. „Und nun eine besonders heiße Nummer: Satisfaction forever“, kündigte Edward das nächste Lied an, welches >Gabriel< präsentieren wollte. Isabella war wie gebannt, von dem Zauber dass sich Edward Masen nannte. Er wirkte so unglaublich frech und frei auf der Bühne. Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden und starrte ihn, wie viele der anderen Fans, mit denen sie in der Halle stand, an. >Ich zeichne deinen Körper mit meiner Zunge nach, mein Feuer entflammt, deine Sehnsucht wird wach. Ich kann deine goldene Mitte spüren. Ich will dich ins wilde Meer entführen.< Sie war sich absolut sicher, dass dieser Text nicht jugendfrei war und dennoch mochte sie diesen Song. Sie fand es absolut heiß, wie er die einzelnen Worte betonte, wie er sang und sich bewegte. Sie fand es unglaublich, wenn man eine Nahaufnahme von seinem Gesicht auf die große Leinwand brachte und man in seine aufrichtigen Augen sehen konnte. >Pass gut auf, nimm dich in Acht. Schuld und Sühne heute Nacht. Wir werden süßen Honig trinken und im wilden Meer versinken. Satisfaction forever.< Edward hatte eine unglaublich erotische Ausstrahlung und sie fühlte mit jedem Worten, wie sich seine Umarmungen anfühlten. Warm. Es musste sich unglaublich anfühlen, von ihm geliebt zu werden. Plötzlich ging das Licht aus und ein paar der Mädels aus den Zuschauerreihen kreischten vergnügt. Doch da keine Panik aufkam, musste das bei den Konzerten von >Gabriel< wohl öfters passieren. Isabella zuckte zusammen und wollte schreien, als spürte, wie sie jemand hochhob. Doch dann spürte sie Lippen auf ihrer Wange und konnte den vertrauten Geruch von Edward wahrnehmen, der sie trug. Sie bildete sich sogar ein, sein Lächeln spüren zu können. „Ich wusste, du würdest kommen. Das Kleid steht dir prima.“ „Ehm… aber was…“ „Kennst du das Video von >DrugGabriel<. Sie presste sich an ihm, drückte ihr Gesicht an seine Brust und hoffte, dass keiner sie erkennen würde. Sie wusste, dass sie knallrot im Gesicht war. Einfach weil sie auf der Bühne stand und jeder sie sehen konnte. Sie zucke etwas zusammen, als sie seine warme Hand auf ihrem kalten Oberschenkel spürte. Spürte, wie diese Hand nach oben wanderte und den Stoff ihres Kleides etwas zur Seite schob. >Wenn du in meinen Armen liegst, fühl ich, dass du mich begehrst Ich küsse deine Lippen, auch wenn du dich noch so wehrst. < Sie sah ihm fragend ins Gesicht, als er ihr Bein anhob und es um seine Hüfte legte. Doch ein Blick in seine Augen genügte und sie vertraute ihm. Ein Blick genügte, um ihr zu zeigen, dass sie ihm vertrauen konnte. Die Menge tobte hinter ihr, schrie aufgeregt und sang mit Edward mit. Doch Isabella konnte in diesem Moment nur auf ihn achten. Sie achtete auf seine Stimme. Auf seine Worte. Auf seine Berührungen. Einfach nur auf ihn. Alles andere war egal, solange er bei ihr war. Es kam ihr so vor, als würde seine Stimme ihre Haut liebkosen, sanft darüber streicheln. Und mit jeder neuen Narbe, die von deinen Nägeln rührt, steigerst du mein Verlangen Und wirst mit Leidenschaft belohnt. Du willst genau wie ich, Darum soll es jetzt passieren.< Er legte ihren Kopf in den Nacken, um ihren Hals zu küssen, während seine Hand ihre Brust liebkoste. Sie fühlte die Hitze, die in ihrer Mitte durch seine Berührungen entflammte. Und wollte nur ihn auf sich spüren. Das war atemberaubend und unglaublich. Sie verlor die Angst, erkannt zu werden, weil sie ihm vertraute und es war ihr auch egal, dass er sie so vor all den Menschen anfasste. Ich reiße dich fest an mich, Und mich in dir zu verlieren. Sanft berauscht vom süßen Honig wirst Du in meine Augen sehen, und ich weiß, nach dieser Nacht lass ich dich nicht mehr gehen< Er zog sie fest in seine Arme und küsste sie begierig, leidenschaftlich und hemmungslos. Viele würden glauben, dass hier war nur Show, doch das was sie in ihrem Inneren spürte, war ganz und gar nicht Show. Sie spürte, dass ihr das alles bekannt vorkam. Fast so als hätte sie ein Déjà-vu, nur dass sie sich einfach an das Erste Mal nicht erinnern konnte. Das Konzert war seit einer Stunde beendet und es hatte noch eine Zeitlang gedauert, bis alles abgebaut war und >Gabriel< wirklich gehen konnte. „Das war echt klasse“, sagte jemand vom Team zu Edward, als dieser am Hintereingang stand und sich nach Isabella umsah. „Wo ist Isabella?“, fragte er denjenigen, der ihn eben gelobt hatte. „Ist sie schon weg?“ „Ja, sie wollte etwas alleine sein. Ist aber noch nicht lange her“, erklärte er ihm. „Soll ich helfen, sie zu suchen?“ „Nein, ich gehe alleine.“ „Aber, nimm dich vor den Groupies in Acht.“ „Sollen wir hier warten?“, fragte Jake, der schon mit den anderen in der Limousine saß, die für >Gabriel< gedacht war. „Fahrt ruhig vor. Lassen Sie einen Wagen kommen“, sagte er zu dem vom Team, der immer noch in der Nähe stand, dieser nickte sofort und griff nach seinem Telefon. „Na los, Jake“, meinte Carlisle von der Rückbank. „Ja, gut. Wir können los.“ Isabella war nur wenige Häuser entfernt und lief die Straßen entlang. Sie hatte nur dieses große Wieso in ihrem Kopf? Wieso hatte sie Edward vergessen? Wieso konnte sie sich nicht an ihn erinnern? Wie war so etwas nur möglich? Ihr Schädel brummte heftig und sie brauchte unbedingt eine Thomapyrin, doch die hatte sie gerade nicht zur Hand. Dann kamen plötzlich wieder alle Bilder. Wie eine Sturmflut brachen Sie über sie hinein und schienen sie zu überschwemmen. Sie erinnerte sich wieder an ihre erste Begegnung, wie er sie fast mit seinem roten Ferrari überfahren hatte und dann in einer lässigen Bewegung aus dem Auto ausstieg und ihr sagte: „Der rasende Killer passt nicht zu meinem Image." Sie hatte keine Ahnung gehabt, wer dieser Mann war. Doch wie er da in seinem langen Mantel und der pechschwarzen Sonnenbrille auf der Nase vor ihr stand, sich durchs bronzefarbene Haar fuhr, war sie einfach nur unglaublich fasziniert von ihm gewesen. Diese dunkle Stimme, dazu die Berührungen auf ihrer nackten Haut haben sie an diesem Tag fast um den Verstand gebracht. Er kniete vor ihr, wollte sicher gehen, dass mit ihr alles okay war. Doch als sie später über diese erste Bekanntschaft mit ihm nachdachte, hätte sie auch glauben können, dass er nur wieder mit ihr gespielt hatte. „Sag mir, wo es weh tut? Hier?“, hatte seine dunkle Stimme gefragt und seine langen, zierlichen Fingern hatten ihren Rock etwas nach oben geschoben und sie hatte seinen heißen Atem auf ihren Lippen spüren können, als er sich noch mehr nach vorne beugte. Sie hatte seinen Geruch einatmen können, welcher sie absolut einnebelte. Seine Hand wanderte von der Außenseite ihres Oberschenkels zur Innenseite. „Oder da?“ Seine Finger hinterließen eine heiße brennende Spur und sie war sich gar nicht mehr sicher, ob sie den Schmerz überhaupt wirklich gespürt hatte, denn was sie nun spürte, war nur noch diese heiße Spur. Sie erinnerte sich auch an die Dunkelheit ihrer zweiten Begegnung. Als sie zu seinem Konzert gekommen war und er sie in der Schwärze der Halle hinter die Bühne geholt hatte. Er war von der Bühne gesprungen, als er sie entdeckt hatte und hatte mit seinem Daumen über ihre Lippe gestreichelt, als er sagte: „Ich habe gehofft, dass du kommst…“ Das gleiche hatte er auch heute zu ihr gesagt. Ihr kam es wieder in den Sinn, dass sie eigentlich Songtexterin war und erinnerte sich daran, wie er ihr geholfen hatte über Sex und Leidenschaft zu schreiben. Über das Küssen. Über die Berührungen. „Küssen zum Beispiel“, hatte er damals gesagt und fuhr mit seinem Daumen die Konturen ihrer Lippen nach. „Du denkst, dass ist langweilig? Dabei kommt es nur auf die richtigen Worte an.“ Er grinste selbstzufrieden, so wie er damals und manchmal sogar noch heute eben war. „Wenn du meinen heißen Atem spürst“, sagte er und sein Kopf neigte sich zu ihrem hinab. Und als er herausfand, dass sie noch nicht mal eine Ahnung vom Küssen hatte, geschweige denn vom Sex, hatte er sie nicht ausgelacht, sondern ihr gesagt, dass er sie süß fand. Es fiel ihr wieder ein, dass er sie schon mal so berührt hatte. Bei dem Dreh des Musikvideos zu >Drug<. Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken gewesen, dass dieses dürre Model sich so an Edward geschmiegt hatte. Doch nicht nur sie hatte ein Problem damit gehabt. Edward hatte laut und deutlich erklärt gehabt, warum das mit dem Model nicht ging: "Es geht nur, wenn mich die Frau auch anturnt." Und dann hatte er sie vor die Kamera gezerrt, hatte nicht auf ihre Widerworte gehört, sondern sie einfach mitgenommen. Sie erinnerte sich an den intimen Moment, als er ihr von seiner Mutter erzählt hatte. Dachte an sein Gesicht, dass von Leid und Kummer gezeichnet war. Er hatte ihr damals vertraut, als er ihr diese Geschichte anvertraut hatte und hatte damit das Band verfestigt, das sie zusammen hielt. Er war verwundbar gewesen, in diesem Moment und doch war er ehrlich gewesen. Er hätte mir davon nichts erzählen müssen, doch er hatte es getan. ">Wären deine Augen nicht grün gewesen und wärst du ein Kind der Liebe gewesen, dann würde ich dich lieben können.<“ Sie erinnerte sich an den schrecklichen Moment, als James sie in das Kellerverlies führte, wo Edward bewusstlos an Ketten hing, die ihm so tief in die Haut geschnitten hatten, dass das Blut sein Arm entlang gelaufen war und schon geronnen war. In ihr war wieder das beklemmende Gefühl, wie damals, in diesem Moment, als sie bei seinem Anblick keine Luft mehr bekommen hatte. Er sah wie tot aus, weil er sich nicht regte, blas war und völlig fertig. Sie erkannte ihn nicht wieder, nicht mit den ungewaschenen Haaren, dem eingefallenen Gesicht, der aufgeplatzten Lippe und den blauen Flecken in seiner rechten Ellenbeuge. Als nächstes war das Bild in ihrem Kopf, als sie in seine Umkleide gekommen war. Sie hatte sich um ihn zu schützen von ihm getrennt, war bei James. Sie wusste wieder, dass er für sie aufgehört hatte zu rauchen, weil sie es einfach nicht mochte. Sie hatte nach der Flasche Parfüm gegriffen, die in der Garderobe gestanden hatte. >Giorgio Armani – Aqua die Gio<. und sie hatte daran gerochen. „Das ist nicht mein Geruch“, hatte er ihr dann gesagt, als er sie überrascht hatte. „Kaum waren wir eine Weile getrennt, vergisst du, wie ich rieche?“ Er klang fast wütend, als er das gesagt hatte, doch sie hatte ihn dabei nicht mal ansehen können. Vermutlich war er deswegen wütend auf sie, weil sie ihre Entscheidung ihn zu schützen, selber nichts mal abgewinnen konnte. „Der Duft des Parfüms vermischt sich mit dem Geruch des Körpers.“ Er hatte seine Arme um sie gelegt, drückte sie an sich, als er sagte: „Erinnere dich. Erinnere dich, an jede Nuance meines Geruchs.“ Und sie erinnerte sich auch daran, wie er vor ihre Eltern getreten war und ihr und ihnen gesagt hatte, dass er sie liebte. Sie hatte sich immer alleine und ungeliebt gefühlt, doch er war in ihr Leben gekommen und hatte sie daraus gezerrt. Er hatte vor ihren Eltern gestanden und ihnen das gesagt, dass sie sich nie getraut hatte und hatte die ganze Zeit ihre Hand nicht mehr losgelassen. Sie erinnerte sich. So vieles viel ihr wieder ein. Plötzlich waren all die Bilder wieder da. All ihre gemeinsamen Erinnerungen, die einfach so unglaublich kostbar waren. „Was machst du denn hier?“, fragte Edward und sie sah ihn, auf der anderen Straßenseite stehen. „Edward“, sagte sie seinen Namen überglücklich, sie wusste, dass er sich genauso sehr darüber freuen würde, dass sie sich wieder an all das erinnern konnte. „Ich kann mich wieder an ein paar Dinge erinnern.“ Sie eilte über die Straße, wollte nur noch in seinen Armen sein und sich mit ihm freuen. „Bleib Stehen, Isabella“, schrie und sie blieb stehen, drehte sich um und sah sie riesigen Lichterkegelt die auf sie zukamen. Ein Auto raste auf sie und sie stand auf der Straße, wusste, dass es zu spät war. Sie wurde weggestoßen und blieb liegen. Als sie sich wieder bewegte wusste sie nicht, ob sie bewusstlos gewesen war. Ihr Kopf tat ihr weh und der Arm, auf dem sie gefallen war. Doch sie wusste, dass etwas nicht stimmte. Der Aufprall hätte schlimmer sein müssen. >Zum Ersten Mal hat eine Frau auch mein Herz erobert<, hörte sie seine dunkle Stimme in ihrem Kopf sagen. >Das Einzige was für mich zählt, bist du<, >Wir zwei werden ein gemeinsames Leben führen< Sie drehte sich um und erstarrte. Sie schüttelte den Kopf, als sie ein paar Schritte weiterrutschte und ihn anfasste. Sie zitterte, bebte und wusste, dass das nicht sein konnte. Leblos lag er da. Rührte sich nicht. Bewegte sich nicht. Öffnete seine Augen nicht. „Edward…“, sagte sie und hoffte ihn wecken zu können. „Edward“, ihre Stimme wurde verzweifelte, als er sich nicht rührte und seine Augen auch nicht öffnete. Sie erstarrte, als sie etwas Warmes an ihren Fingern registrierte und als sie ihre Finger von seinem Körper nahm, sah sie im Schein der Straßenlaterne, die rote Flüssigkeit, die daran klebte. Blut. Erst jetzt sah sie, dass sich um ihn herum eine Menge Blut gesammelt hatte. Edward lag mitten auf der Straße und Blut sammelte sich um ihn herum. Das Zittern hörte auf und ein unerträglich, markerschütternder Schrei durchdrang die Nacht. Es war ihr Schrei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)