How about truth von Mrs_Miyawaki ================================================================================ Kapitel 4: Confession --------------------- How about truth 4 ~ Confession ~ Am späten Nachmittag trafen sich die fünf zur Bandprobe. Nachdem sie Tohru etwas Vorbereitungszeit gegeben hatten, sollte er heute vorspielen und dann wollten sie gemeinsam abstimmen, ob sie einen neuen Schlagzeuger hatten, oder nicht. Dem Jüngsten war eindeutig anzusehen, dass er ziemlich aufgeregt war. Er war noch hibbeliger als sonst und spielte mit seinen Drumsticks herum. Bevor er anfing zu spielen, holte er einmal tief Luft. Tohru wollte die vier auf keinen Fall enttäuschen. Wenn ihm jetzt etwas wichtig war, dann dass er mit ihnen in einer Band spielen konnte. Und ihm war schon länger nichts mehr so wichtig gewesen. Trotz seiner Nervosität klappte es eigentlich ganz gut. Ein paar kleine Fehler hier und da, aber im Großen und Ganzen klappte es erstaunlich gut, auch als sie das erste Mal zusammen spielten. Schließlich saßen sie auf dem Sofa im Proberaum und Tohru sah sie erwartungsvoll an. „Also ich finde, dass es sehr gut geklappt hat. Ich bin wirklich begeistert von dem, was du drauf hast.“, erklärte Hiroaki merklich beeindruckt. „Es wäre cool, wenn du unser fester Drummer werden würdest.“, stimmte Yuusuke zu. Tomoyuki nickte zustimmend und wandte sich an Wataru, dem bisher auch nicht anzusehen war, was er dachte: „Und was denkst du?“ Alle anderen sahen ihn erwartungsvoll und neugierig an. Bevor er antwortete, räusperte sich er sich: „Ich denke, dass wir schön blöd wären, wenn wir Tohru nicht aufnehmen würden.“ Zuerst sah Tohru ihn etwas ungläubig an, er hätte mit etwas widerwilliger Zustimmung gerechnet, aber nicht mit so einem Kommentar. „Das heißt…?“, fragte er noch einmal nach, als ob er es nicht richtig glauben könnte. „Das heißt, dass du dabei bist. Was denn sonst?!“, erwiderte Wataru und verdrehte gespielt genervt die Augen. Als nächstes merkte er nur wie jemand seine Arme um ihn schlang und ihn fest drückte. Es dauerte ein wenig, bis Wataru realisierte, dass es sich um Tohru handelte, der ihn da gerade um den Hals fiel. Was dann mit einigem Erstaunen in seinen Verstand sickerte, war, dass er sich keineswegs von dem plötzlichen Ausbruch des Jüngeren bedroht fühlte. Im Gegenteil es fühlte sich eigentlich ganz angenehm an, dessen Körper so nahe zu spüren. Genauso plötzlich, wie die Umarmung erfolgt war, brach sie auch wieder ab. Etwas betreten sah Tohru ihn an: „Tut mir leid, ich wollte nicht… ich hab mich nur so gefreut und vergessen, dass du nicht so auf Körperkontakt stehst…“ Die anderen drei wechselten Blicke, die klar machten, dass sie jetzt ein Donnerwetter erwarteten, doch dieses blieb erstaunlicherweise aus. „Ist okay.“, antwortete Wataru. Man konnte seinem Gesichtsausdruck entnehmen, dass er etwas verwirrt war und nicht wusste, was er von der Situation halten sollte, beziehungsweise von seiner Reaktion. Als sie sich voneinander verabschiedeten und Wataru sich auf den Weg nach Hause machte, war Tohru plötzlich neben ihm. „Wegen vorhin, es tut mir wirklich leid.“, begann er. „Ich hab dir doch gesagt, dass es okay ist, oder?“, erwiderte Wataru ruhig. Es machte ihm wirklich nichts aus. „Ja, aber du hast so komisch gewirkt. So ähnlich wie heute in der Mittagspause, als ich dir den Verband wieder festgebunden habe. Du warst am Anfang so verspannt. So als ob du immer überlegst, ob ich dir nicht doch etwas Böses tun will.“, erklärte Tohru. Plötzlich blieb er stehen. Als Wataru bemerkte, dass der andere stehen geblieben war, machte er ein paar Schritte zurück und stand dann vor Tohru, der ihn ernst ansah. „Weißt du, ich will dir wirklich nichts Böses.“, stellte er fest. Seine Stimme war leise als er das sagte, damit keiner der anderen Menschen um sie herum etwas davon mitbekam. Diese Worte waren ganz alleine für Wataru bestimmt. „Ich… ich möchte dir schon gerne glauben, aber mich haben schon eine Menge Menschen enttäuscht, deshalb ist das für mich nicht so einfach. Ich brauche etwas mehr Zeit. Es tut mir leid, dass ich am Anfang so eklig zu dir war, aber ich kann anderen einfach nicht so schnell vertrauen. Den meisten will ich gar nicht vertrauen, aber dir schon. Weißt du, es war wirklich nicht schlimm, dass du mich umarmt hast. Ich schätze, du hast damit jetzt die offizielle Erlaubnis mir näher zu kommen, aber wehe du nutzt das jedes Mal so aus!“, antwortete er ihm ebenso leise. Am Ende lächelte er Tohru wieder so wie Mittags an. Dieser lächelte zurück: „Ich werde mich hüten und ich kann warten. Aber ich werde nicht locker lassen, das sollte dir klar sein!“ „Alles andere hätte mich jetzt auch überrascht.“, gab Wataru zurück. „Du hast dich nicht wie alle anderen gleich abschrecken lassen.“ Bevor Tohru etwas erwidern konnte, klingelte plötzlich Watarus Handy. Dieser kramte in seiner Tasche herum, bis er es gefunden hatte, nur um festzustellen, dass es eine Nachricht war, die er bekommen hatte. Schnell las er sie und währenddessen verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck ein wenig. Er tippte ein knappe Antwort, dann wandte er sich wieder an Tohru: „Sorry, war von Hiroshi. Der will doch echt, dass ich jetzt noch vorbei komme. Dabei hab ich ihm in der Schule gesagt, dass ich nach der Bandprobe keine Zeit habe. Also naja eigentlich habe ich keine Lust. Man, ich muss wirklich mit ihm reden.“ „Er bedrängt dich wirklich etwas zu sehr für deinen Geschmack, oder?“, meinte Tohru. „Viel zu sehr. Es ist ja nicht so, als wenn alles scheiße mit ihm ist, aber manchmal frage ich mich wirklich, warum ich dem zugestimmt habe. Du musst mich für total bescheuert halten, wirklich. Irgendwie bin ich das wohl auch. Voll das soziale Wrack…“, Wataru seufzte. „Ich weiß ja nicht, wer dich wie verletzt hat und solange du mir nicht vertraust, geht mich das auch nichts an, aber ich halte dich sicher nicht für bescheuert. Man wird viel zu leicht verletzt, dass man irgendwann Angst davor hat jemandem zu vertrauen, überrascht mich nicht. Ich wollte eigentlich nicht von zu Hause weg, obwohl ich wusste, dass es besser für mich ist. Ich hatte Angst, dass ich hier niemanden finde, dem ich vertrauen kann. Das es nicht besser wird…“, antwortete Tohru ihm recht offenherzig, auch wenn er die Details ausließ. Aber beiden war klar, dass es einen Zeitpunkt geben würde, an dem sie sich ihre Enttäuschungen anvertrauen würden. Etwas überrascht sah er ihn nun an: „Tohru… magst du vielleicht noch etwas mit mir essen gehen? Oder musst du gleich nach Hause?“ „Wenn ich meinen Eltern kurz Bescheid sage, sollte das in Ordnung sein.“, meinte dieser und zückte sein Handy. Er freute sich wirklich über das Angebot von Wataru mehr Zeit mit ihm zu verbringen. Tohru hatte das Gefühl, dass es ein weiterer Schritt in die Richtung war, die dazu führte, dass Wataru ihm vertrauen würde. Nachdem er seiner Mutter versprochen hatte nicht allzu spät nach Hause zu kommen, machten er und Wataru sich auf dem Weg zu einem günstigen Restaurant. Als Hiroshi seinen Freund eine Nachricht gesendet hatte, war er gerade auf dem Weg nach Hause. Er staunte nicht schlecht, als er Wataru und Tohru, kurz nachdem er eine Antwort erhalten hatte, auf der gegenüberliegenden Straßenseite sah. Deshalb hatte er also keine Zeit? Und dann gingen die beiden auch noch so einträchtig weg. Hiroshi beschloss den beiden ein Stück zu folgen, um zu sehen wo sie hingehen würden. Zwischen ihnen war genug Platz, sodass sie ihn nicht bemerken dürften, doch er hatte sie noch soweit im Auge, dass er ihnen folgen konnte. Als er die beiden in einem Restaurant verschwinden sah, kochte er vor Wut. Warum versetzte Wataru ihn für den Neuen? Und warum sah er dabei auch noch entspannt und glücklich aus? Stinkwütend drehte er sich auf dem Absatz um und ging nach Hause. „Warum hast du dich eigentlich nicht von meinem Verhalten einschüchtern lassen?“, wollte Wataru wissen. Bisher hatte es nur wenige Leute gegeben, die sich nicht von seinem abweisenden, ruppigen Verhalten beeindrucken ließen. Sie saßen sich an dem Tisch des Yakinikurestaurants, in das Wataru ihn geführt hatte, gegenüber. Zwischen ihnen befand sich der Grill, auf dem sie gleich das Fleisch und Gemüse würden grillen können. Das Restaurant erfreute sich allgemeiner Beliebtheit bei Jugendlichen, da man hier für wenig Geld in einanhalb Stunden so viel Essen und Trinken konnte, wie man wollte. Sie hatten Glück gehabt, dass sie spontan noch einen Platz bekommen hatten. Gerade hatten sie ihre Cola, jeweils eine Schüssel Reis und Misosuppe, sowie eine erste Auswahl an Fleisch bekommen. „Oh am Anfang hast du mir ganz schön Angst gemacht, aber Yuusuke meinte, dass du eigentlich ganz anders bist. Als ich dann gesehen habe, wie du mit ihm, Tomoyuki und Hiroaki umgehst, dachte ich, dass er recht hat und dass es nur deine Art ist dich zu schützen. Als du dann gesungen hast, war ich endgültig davon überzeugt, dass du eigentlich ein sehr liebenswerter Mensch bist und dass das Abweisende eher Fassade ist.“, erklärte Tohru. Er sah zu wie der andere sich die Zange schnappte und etwas Fleisch auf den Grill legte. Wataru war schon ziemlich erstaunt, dass Tohru ihn so gut lesen konnte, gleichzeitig machte ihm das irgendwie Angst. Wenn er ihn schon durchschauen konnte, konnten andere es auch. Trotzdem machte kaum jemand Anstalten hinter seine Fassade zu blicken. Warum? Weil es ihnen zu mühsam war oder weil sie ihn einfach nicht leiden konnten? „Und was hat dich dazu gebracht dein Verhalten mir gegenüber zu ändern?“, wollte Tohru nun seinerseits wissen. „Willst du eine ehrliche Antwort?“, antworte Wataru zuerst mit einer Gegenfrage. „Eine ganz ehrliche.“, bestätigte dieser. „Okay… am Anfang dachte ich, du bist nur so ein kleines verwöhntes Gör… dass du dich so schnell mit Yuusuke, Tomoyuki und Hiroaki verstanden hast, hat mir, ehrlich gesagt Angst, gemacht. Genau wie als du auf der Bandprobe erschienen bist. Du bist mir zu schnell in meine Welt eingedrungen, denn die drei und die Band sind praktisch mein Refugium, wenn du so willst. Bei der Probe hat mich Yuusuke ein wenig zusammen gestaucht, weil ich so widerlich zu dir gewesen bin, also wollte ich ihm zu liebe versuchen mich zu bessern, aber als wir dann zusammen trinken waren, warst du eigentlich ganz nett. Und auch gestern als wir im Cafe saßen… ich fands gut, dass du nicht einfach drauf losgefragt hast, was meine Beziehung und meine Familie angeht. Das war der Punkt, als ich dachte, dass du jemand bist, dem man vertrauen könnte. Jetzt arbeite ich daran…“, erklärte Wataru und sah Tohru verlegen an. Es hätte nicht viel gefehlt und er wäre rot geworden. „Schon okay, du musst mich ja nicht von Anfang an gemocht haben, aber ich wäre froh, wenn wir Freunde werden würden.“, erklärte dieser. Der andere sah im tief in die Augen, als suchte er dort nach einem Zeichen, der Bestätigung oder des Zweifels. Doch dann nickte er: „Das würde mich auch freuen.“ Mit einem Grinsen hob Tohru sein Glas und hielt es dem anderen zum Anstoßen hin. Wataru hob ebenfalls sein Glas und stieß mit ihm an. Nachdem sie einen Schluck getrunken hatten, gab Wataru ihm ein paar Stückchen Fleisch rüber. „Du hast noch nicht mit Hiroshi geredet oder?“, wollte Tohru wissen und brach seine Holzstäbchen auseinander. Er wusste nicht genau, ob er die Frage stellen durfte, aber da Wataru immer recht freimütig über seine seltsame Beziehung zu dem anderen redete, nahm er an, dass es in Ordnung wäre, wenn er fragte. „Nein, irgendwie hat sich das noch nicht ergeben. Ich wollte mit ihm reden, aber privat und da ich mich ja noch nicht wieder mit ihm getroffen habe… ich will ihm ja auch nicht weh tun. Also, ich weiß, dass er nicht begeistert davon ist, aber ich würde den Schaden wirklich gerne gering halten. Das hat er nicht verdient.“, antwortete Wataru. Er wurde rot, da er schon wieder zugab, dass ihm manchmal mehr an anderen lag, als er normalerweise zugab. „Wenn er dich so mal erlebt hat, dann kann ich ihn schon verstehen, dass er sich in dich verliebt hat.“, grinste Tohru. „Eh?!“, gab der Ältere von sich. „Du kannst ganz schön niedlich sein, wenn du verlegen wirst und vor allem wenn du lächelst.“, gab er zurück. „Hm…“, machte Wataru. Das deckte sich nicht so mit dem Bild, welches er von sich hatte und so wusste er nicht wirklich, was er dazu sagen sollte. Außerdem wusste er nicht, ob Hiroshi ihn so schon einmal kennengelernt hatte. „Eigentlich müssen wir feiern, dass wir jetzt in einer Band sind…“, wechselte er schließlich das Thema. „Dir ist so was peinlich, wenn jemand hinter deine Fassade sieht, oder? Aber wir können gerne zusammen feiern. Hattest du was Bestimmtes im Sinn?“, wollte Tohru wissen. Er hatte absichtlich so schnell das Thema gewechselt, da er Wataru nicht zu einer Antwort zwingen wollte. „Hm, nein ich mag das nicht so. Es macht mich verletzlich.“, erklärte der Brünette aufrichtig. „Ich dachte, wir gehen in die eine Rock und Metalbar, in der wir häufig sind. Da du jetzt in den engeren Kreis gehörst, solltest du dich dort auskennen.“ Dann grinste er ihn an. „Klingt gut!“, grinste sein Gegenüber ihn ebenfalls an. Es war irgendwie einfach mit Tohru zusammen zu sein, dachte Wataru. Es war nicht so anstrengend wie mit Hiroshi. Selbst wenn er Fragen stellte, geschah es nicht auf eine aufdringliche Weise. Er fühlte sich nicht unter Druck gesetzt zu antworten, sondern hatte das Gefühl, dass es in Ordnung war, wenn er nicht antwortete. Außerdem brachte ihn Tohrus Gesellschaft auf eine seltsame Weise runter. Er war viel ruhiger, wenn sie zusammen waren, vor allem, wenn sie so wie jetzt alleine waren. Tohru ging es ähnlich. Er empfand Watarus Gesellschaft, jetzt wo sich dieser ihm zusehends öffnete, als sehr angenehm. Sie schienen auf einer Wellenlinie zu liegen und selbst wenn sie für einen Moment schwiegen, war es keine unangenehme Stille. Er rechnete es ihm hoch an, dass Wataru bemüht war, ihm zu vertrauen. Dass es nicht von heute auf morgen funktionierte, war ihm klar, das war bei ihm auch nicht anders. Aber nachdem was Yuusuke und die andere ihm über ihre Versuche erzählt hatte, sich mit Wataru anzufreunden, wusste er es zu schätzen, dass dieser sich ihm gegenüber so schnell geändert hatte. Yuusuke beobachtete Wataru jetzt schon eine Weile während des Unterrichts. Dieser kritzelte vertieft in seinem Heft herum und er war sich sicher, dass es keine Notizen für den Unterricht waren. Sie waren jetzt ein halbes Jahr zusammen in einer Klasse. Ein halbes Jahr, in dem Wataru nur das nötigste mit seinen Mitschülern geredet hatte… Im Gegensatz zu den anderen hatte er sich nicht einmal darum bemüht Freunde zu finden. Hatte sich jemand um ihn bemüht, war er abweisend gewesen, sodass die Person aufgegeben hatte. Alle bis auf Yuusuke… Er wusste nicht wieso, aber war nicht gewillt einfach so aufzugeben. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Wataru wirklich so asozial war, wie er rüber kam. Sie waren zwölf Jahre alt, wie konnte man da keine Freunde haben wollen? Yuusuke verstand es einfach nicht. Vor allem nicht, nachdem er Watarus Blick in manchen Situationen gesehen hatte. Als er ihn vor einer Woche gefragt hatte, ob sie nicht zusammen in der Mittagspause essen wollten, hatte dieser zwar wie immer abgelehnt, doch sein Blick sagte etwas anderes. Dort war eindeutig ein Zögern zu erkennen gewesen. Nachdem er abgelehnt hatte und Yuusuke im Begriff gewesen war, sich umzudrehen und zu gehen, in diesem Moment hatte sich eine leichte Traurigkeit in dessen Blick geschlichen. Es war nicht das erste Mal gewesen, dass ihm das aufgefallen war. Das war auch der Grund gewesen, wieso er sich nicht entmutigen ließ. Er war sich sicher, dass man sich mit Wataru anfreunden konnte, nur musste er herausfinden, wie er diesen aus seiner Schale herausholen konnte. Plötzlich klingelte es und die Stunde war beendet. Geräuschvoll packten die Schüler ihre Sachen zusammen und begannen miteinander zu reden. Fröhlich schoben sie ihre Tische zusammen und holten ihre Bentoboxen aus dem Ranzen. Alle bis auf Wataru… Dieser zückte sein Handy und las anscheinend eine Mitteilung, die er gerade eben erhalten hatte. Dabei verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck deutlich. „Meine Eltern haben gesagt, dass Miyawakis Vater schon wieder alleine zum Elternabend gekommen ist und angeblich ist Miyawaki oft nach der Schule im Krankenhaus. Meint ihr sein Vater schlägt ihn?!“, meinte eins der Mädchen zu den anderen. Es war ihr anscheinend egal, dass Wataru sie hören konnte. Doch es schien ihn nicht zu interessieren, was die anderen erzählten. Er stand auf und verließ den Klassenraum, das Handy in der Hand. Yuusuke sah ihm nach und entschloss sich dann ihm zu folgen. Warum genau wusste er nicht, es war ein einfacher Impuls, dem er folgte. Er hatte eine Weile gebraucht, aber dann hatte er ihn auf dem Dach gefunden. Wataru hatte ihm den Rücken zugewandt und redete mit jemand über sein Handy. „Es geht ihr also besser?“, fragte er mit leicht brüchiger Stimme. Diese klang so, als wenn er kurz davor gewesen wäre zu weinen beziehungsweise es für einen Moment getan hatte. Yuusuke war überrascht, es war das erste Mal, dass er seine Klassekameraden so verletzlich erlebte. „Ok, dann komm ich nach der Schule ins Krankenhaus…“ Damit legte Wataru auf. Er atmete einmal tief durch, drehte sich um und erstarrte. Schlagartig veränderte sich sein Gesichtsausdruck, er war eindeutig wütend. „Was willst du?!“, knurrte Wataru. „Ich wollte dich nicht belauschen, es tut mir leid. Eigentlich wollte ich dich nur fragen, ob du nicht mit mir zusammen essen willst.“, erwiderte Yuusuke. Es war wirklich nicht seine Absicht gewesen den anderen in seinen Privatangelegenheiten zu belauschen. „Na prima! Dann kannst du jetzt neue Gerüchte in die Welt setzen! Wie wäre es denn damit, dass mein Vater mich als Sklaven zu Hause hält, da er meine Mutter mal wieder windelweich geprügelt hat?! Ich glaube, das kursiert noch nicht!“, giftete der andere weiter. Wie er das ganze Gerede hasste! Nur weil er nicht mit seinen Problemen hausieren ging, hieß das noch lange nicht, dass sein Vater ihm etwas antat. Es gab nur eine Person, die ihm etwas antat und das war seine Mutter. „Glaubst du echt das würde mir Spaß machen? Gerüchte zu verbreiten? Ich finde die ganzen Spekulationen um dein zu Hause mehr als bescheuert. Wenn du nicht darüber reden willst, hat das sicherlich seinen Grund. Deshalb werde ich mir aber noch lange nicht etwas ausdenken, nur damit die Sensationsgeilheit von anderen befriedigt wird. Ich weiß nicht, wer dein Vertrauen in andere zerstört hat, aber es ist offensichtlich, dass es jemand getan hat…“, erklärte er ungerührt von den Anschuldigungen. Er wusste, dass er wahrscheinlich nicht anders reagiert hätte. Ihm hätte es auch nicht gefallen, wenn ihn jemand belauscht hätte. Plötzlich veränderte sich Watarus Gesichtsausdruck ein weiteres Mal. Die Wut verschwand so schnell wie sie gekommen war. Stattdessen liefen ihm auf einmal Tränen die Wangen hinunter. Er war vorhin schon kurz davor gewesen zu weinen, doch sein Wutausbruch hatte ihm erstmal die Kraft gegeben, dagegen anzukämpfen. Doch jetzt hatte er das Gefühl, als wenn Yuusuke ihn durchschaut hatte, als wenn er ihm den Wind aus den Segeln genommen hatte. Und in diesem Moment hatte er einfach keine Kraft mehr sich zusammen zu reißen. Wenn ehrlich war, war er froh gewesen, dass Yuusuke nicht aufgegeben hatte mit ihm zu reden. Tief in seinem Herzen hatte er den Wunsch gehabt ihm zu vertrauen, doch dann erinnerte er sich daran, wie oft er schon alleine zurückgelassen worden war. Wenn er sich auf ihn einließ, würde die Gefahr wieder bestehen, dass er am Ende alleine war… Etwas überrascht und unbeholfen von Watarus plötzlichem Zusammenbruch überbrückte Yuusuke die letzten Meter zwischen ihnen. Der andere sackte praktisch in seine Arme und weinte einfach. Tröstend strich er ihm über den Rücken. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass die Mauer zwischen ihnen eben eingerissen worden war, denn zum ersten Mal seit Jahren schüttete Wataru jemandem sein Herz aus... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wie versprochen ein neues Kapitel! ^^ Es ist etwas *hüstel* kürzer als das letzte, aber das war grad so ein schöner Schluss für ein Kapitel, fand ich. Viel Spaß beim Lesen! lg Miya Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)