Mondentochter,Sonnensohn von Niduan (Zwei Rassen die sich bekriegen. Und zwei Freunde, die jede Tradition brechen..) ================================================================================ Kapitel 14: Wahre Familie ------------------------- „Aleidis!“, flüsterte eine wunderbar freundliche Stimme in Aleidis' Ohr, „Aleidis, wach auf. Wach auf, komm!“ Aleidis hob den kopf und öffnete die Augen. In ihrem Zimmer war es stockdunkel. Es musste mitten in der Nacht sein. Irgendjemand saß auf ihrer Bettkante und streichelte ihr über den Kopf. Plötzlich wurde es in ihrem Zimmer hell! Hell, als würde die sonne aufgehen! Jetzt erkannte Aleidis auch wer bei ihr war. Es war Endoril. „Ich hab mir Sorgen gemacht weil du nicht gekommen bist!“, erkläre er, während sich Aleidis aufsetzte, „Ich habe gewartet, bis es Nacht war und hab dann das Portal benutzt. Was ist denn los?“ Aleidis weinte schon wieder! Bittere Tränen rannen ihr übers Gesicht. Endoril nahm sie wieder in den Arm. Aleidis fühlte sich sofort beschützt und geborgen. Wie sehr wünschte sie sich, dass Endoril ihr Vater wäre! Immer wieder von Schluchzern unterbrochen erzählte Aleidis Endoril, was geschehen war. Endoril hörte still zu, und seine Ruhe beruhigte schließlich auch Aleidis. „Dein Vater ist ein brutaler Egoist!“, knurrte der Hochelfenkönig schließlich wütend, zum ersten mal, „Wenn ich könnte würde ich ihn verbannen, aber das geht leider nicht.“ „Egal was er macht, ich werde irgendwie schon zu euch kommen können!“, war Aleidis überzeugt. Als Aleidis am nächsten Morgen aufstand und sich anzog, beschloss sie mit ihrem Vater mindestens vier Wochen kein Wort mehr zu wechseln. Und damit begann sie schon an diesem Tag. Schweigend und mit unberührtem Gesicht saß sie am Esstisch und aß. Ihr Vater blätterte einige Akten durch und schien zu überlegen. „Auf geht’s!“, meinte er dann plötzlich und stand auf. Aleidis erhob sich und nahm ihre Schultasche. Stumm folgte sie ihrem Vater zu seinem Wagen und stieg ein. Auch während der Fahrt blieb es still. Aleidis sah aus dem Fenster hinauf in den wolkenverhangenen Herbsthimmel. Die Blätter verfärbten sich schon zu bunten Herbstlaub. Es war kühler geworden und der Wind fegte schon über Straßen und um Häuserecken. „Um eins hol ich dich ab!“, so wurde Aleidis in die Schule verabschiedet. Schweigend ging sie den kurzen Weg entlang und ins Schulhaus. Sie war fest entschlossen ihrem Vater nicht zu verzeihen. Und ihrem Lehrer auch nicht. Dem antwortete sie heute auf keine einzige Frage. Er brüllte sie an, aber Aleidis gab kein Wort von sich, es war als hätte sie ihre Seele weggesperrt. Pünktlich um ein Uhr hielt Aleidis' Vater vor der Schule und wartete auf sie. Schweigend und unberührt stieg Aleidis in den Wagen und schnallte sich an. In diesem Moment hasste sie ihr Leben wie nie! Ganz kurz kam sogar der Gedanke auf, es einfach zu beenden! Aber diesen Gedanken verwarf Aleidis schnell wieder. Dafür war das Leben zu wertvoll! Aleidis' Vater fuhr die Auffahrt zum Schloss hinauf und ließ sie dort vor dem schmiedeeisernen Tor aussteigen. „Und wehe, wenn du nicht lernst!“, drohte er als Aleidis ausstieg. Sie erwiderte nichts, aber in Gedanken heulte sie ihre ganze Trauer und ihren Schmerz hinaus! Aleidis schloss das Tor auf als ihr Vater weg war. Langsam ging sie über den Hof und hinein in das Schloss. Sie zog Schuhe und Jacke aus und stellte die Schultasche auf den Boden. Dann schlich sie in die Küche und suchte sich etwas zu essen. Sie machte sich ein Rührei, aber es schmeckte ihr gar nicht, obwohl sie es sonst so liebte! „Der Druck zerstört das Leben!“, dachte sie als sie auch den letzten Bissen hinuntergewürgt hatte und aufräumte. Dann, gegen zwei Uhr, ging sie hinaus in die Eingangshalle und nahm ihre Schultasche. Zuerst langsam, dann immer schneller lief sie die Treppe hinauf und endlich in ihr Zimmer! Keuchend lehnte sie sich gegen die Türe. Und plötzlich war es so, als hätte sie allen Ärger, Druck, Trauer und Wut ausgesperrt und vergessen! Plötzlich klopfte ihr Herz vor Freude! Trotzdem sah sie sich kurz um, sie wollte wissen, ob ihr Vater vielleicht eine Überwachungskamera installiert hatte. Aber sie konnte keine entdecken. Erleichtert zog Aleidis die Sachen von Mara an und trat vor den Spiegel. Wieder öffnete sie das Portal in die Zwischenwelt und wieder leuchtete der Spiegle hell und durchscheinend! Aleidis trat hindurch und flog wieder durch den Tunnel aus Licht und Farben! Als sie aus dem Ende heraus trat wurde sie schon von Anar erwartet! Sie hätte ihn beinahe mit umgerissen! „Da hat es aber jemand eilig!“, lachte er. „Du hättest es auch eilig, wenn du endlich dem aufgezwungenen Leben entkommen wärst!“, erwiderte Aleidis grinsend. „Leider kann man zur Zeit nicht besonders viel machen!“, meinte Anar etwas geknickt, „Die Blutwölfe sind immer noch da! Doofe Viecher!“ „Na ja.“, meinte Aleidis nachdenklich, „Ich muss sowie so noch üben!“ „Kann ich da vielleicht helfen?“, fragte Anar begeistert. Aleidis nickte, „Klar, ich will das Zielen üben, aber auf was soll ich zielen?“ „Da kümmer ich mich drum!“, meinte Anar, „Geh du doch mal auf den Trainingsplatz neben der Sitzgruppe! Ich komme gleich!“ Aleidis gehorchte und ging zum Trainingsplatz, der direkt neben der Sitzgruppe lag, an dem Anar ihr die Landkarte gezeigt hatte. Der Platz war etwa so groß wie ein Tennisfeld, vielleicht sogar etwas größer. Während Aleidis wartete bildete sie, einfach so, schwebende und leuchtende Eiskugeln in ihren Händen. „Bin da!“, rief Anar hinter ihr und kam mit einem riesigen Korb voller faustgroßer Stoffbälle an. „Diese kleinen Teile soll ich treffen?“, rief Aleidis aus als sie die kleinen Bälle sah. „Das ist doch gut so!“, erwiderte Anar und stellte den Korb am hinteren Ende des Feldes ab, „Du musst schließlich ganz genau zielen!“ Aleidis zuckte mit den Schultern und stimmte zu. Anar holte noch ein Holzgestell, das dem Turngerät „Schwebebalken“ ähnelte. Nur hatte es im Abstand vom 50 Zentimetern kleine Pflöcke, auf denen Anar die Bälle positionierte. „Und die soll ich treffen?“, fragte Aleidis ungläubig, „Das kann doch nicht dein Ernst sein! Die sind doch winzig!“ „Du musst ja nicht sofort treffen können!“, grinste Anar und setzte den letzten Ball auf seinen Platz. Anar kam zu Aleidis und drückte sie sanft auf eine Entfernung von 10 Metern vom Balken entfernt. „Die ersten gehen hundertprozentig vorbei!“, meinte Aleidis, „Ich hoffe, dass da hinten niemand ist, der getroffen werden könnte!“ „Glaub ich nicht!“, meinte Anar zuversichtlich, „Mach schon!“ Aleidis nickte und drehte sich ein klein wenig seitlich. Sie legte die Hände an ihrer rechten Seite übereinander und formte die Finger zu Klauen. Aleidis konzentrierte sich auf die Kälte des Eises. Und Sekunden später fühlte sie zwischen ihren aufeinander liegenden Handflächen Kälte. Aleidis hob die Hände auseinander und zwischen den Handflächen bildete sich eine fliegende Kugel aus Eisstaub, ungeheuer kalt. Die Kugel hatte einen Durchmesser von etwa sieben Zentimetern. Aleidis zog nun langsam die obere Hand weg und fixierte den ersten Ball. Langsam hob sie die Hand mit der Kugel auf Augenhöhe. Sie spürte die Kälte an ihrer Schläfe. Urplötzlich schoss nun ihre Hand nach vorne! Die Kugel löste sich und schoss auf den Schwebebalken zu! „Triff!“, dachte Aleidis flehend! Und sie traf, aber den Ball, der vier Meter weiter rechts war! Der Ball wurde von der Eisstaubkugel von seinem Platz gerissen und zersprang an einem Felsen. „Knapp vorbei!“, meinte Anar, „Vier Meter vorbei! Geht aber immer schlimmer!“ „Zum Beispiel?“, fragte Aleidis und konzentrierte wieder eine Eisstaubkugel zwischen ihren Händen. „Ich habe einmal in meinem Leben einen Bogen in der Hand gehabt. Damals war ich noch ein Kind.“, erzählte Anar, „Ich war von der Zielscheibe 25 Meter entfernt und hab den Bogen gespannt. Als ich losgelassen habe, hab ich den Bogen verrissen und der Pfeil ist auf meinen Vater losgeschossen. Der konnte gerade noch ausweichen! Und er war von dem Ziel 10 Meter weg!“ Aleidis lachte und schoss wieder eine Kugel ab. Wieder traf sie nicht den anvisierten Ball, sondern einen anderen! „Die Bälle treffe ich schon gut!“, meinte Aleidis, „Aber leider die falschen!“ „Wird schon noch!“, meinte Anar aufmunternd, „Ich muss auch noch immer Schwertkampf üben! Obwohl ich das schon seit über 4000 Jahren kann! Das ist mal nervig!“ Aleidis übte weiter und unterhielt sich mit Anar über alles mögliche. Gegen fünf Uhr brachen sie das Training ab, mit einem gewissen Erfolg. Die Distanz zwischen am anvisiertem und dem getroffenen Ball betrug nur noch einen Meter. Nach dem Aufräumen der Bälle holt Anar etwas zu essen und aß dann zusammen mit Aleidis im Garten. „Was ist denn jetzt mit deinem Vater?“, fragte Anar vorsichtig als er sich einen Apfel nahm. Aleidis schluckte den Schluck Blütenwasser runter und überlegte kurz. „Er hat herausgefunden, dass ich nicht für die Schule lerne, keine Hausaufgaben mache und gegenüber der Lehrer und Mitschüler vollkommen abblocke!“, erzählte Aleidis und sah in die schon fast rote Sonne, „Er hat mir für den Rest des Schuljahres Hausarrest verpasst und will mich wohl auch an den Wochenenden in meinem Zimmer einsperren, damit ich Latein lerne. Mein Vater behandelt mich wie Dreck!“ „Wir überlegen auch schon alle wie wir dich aus der Menschenwelt hierher holen können!“, erzählte Anar, rutschte zu Aleidis und legte ihr tröstend einen Arm um die Schultern, „Wir würden dich alle so gerne hier haben! Länger als ein paar Stunden, oder auch ganz! Aber, im Moment geht das nicht so. Hier ist es im Moment sehr gefährlich, Blutwölfe!“ Aleidis nickte, sie verstand das sehr gut. Sie wäre auch gerne für immer in der Elfenstadt geblieben. Gegen halb sieben verließ Aleidis die Elfenstadt durch das magische Portal. Sie musste zurück, zurück in das Leben, dass sie hasste. Zurück zu ihrer leiblichen Familie, die sie aber nicht mehr als wahre Familie empfand. Die wahre Familie war in der Hochelfenstadt. Die Familie die ihr Liebe, Geborgenheit und Unterstützung gab. Ihre einzige und wahre Familie! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)