Nichts ist endgültiger als der Tod von Phai8287 ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Nichts ist endgültiger als der Tod... Seit einigen Jahren kam es, dass Scottland Yard ganz auf sich gestellt war, was die Lösung der merkwürdigsten Verbrechen anging, denn ihre größte Stütze war fort. Sherlock Holmes, der zweit klügste Verstand von ganz England, war in der Schweiz ums Leben gekommen. In einem spektakulären Kampf, waren er und sein Erzfeind Professor Moriarty bei den Reichenbach Fällen von einer Klippe gestürzt. Viele Delikte, vor allem die mysteriösen blieben so nun im Dunkeln. Gerne zog man in diesen Fällen zumindest einen bekannten Arzt hinzu, als Begutachter für einige Todesopfer. So war es auch in dem Park Lane Mysterium, welches sich um den Mord des Ronald Adair hüllte. Jener war in seinem Zimmer im zweiten Stock erschossen worden. An sich nichts Ungewöhnliches, wäre das Zimmer nicht von innen verschlossen gewesen. Ein Fenster war zwar offen, doch es gab keine Spuren, dass jemand dadurch eingestiegen war. Auch war nichts entwendet worden, denn das Geld, was der junge Adair im Kartenspiel ergattert hatte, immerhin 420 Pfund, die er in einem Spiel, mit einem gewissen Colonel Sebastian Moran gewonnen hatte, war noch immer auf seinem Tisch, wo er seine Gewinne zusammengerechnet hatte. Um alles zu erschweren, versicherten Mutter und Schwester, dass der junge Mann keine Feinde gehabt hatte, auch hatte niemand einen Schuss gehört, den es ja gegeben haben musste. All das in Betracht ziehend konnte Doktor John H. Watson nichts anderes tun, als den Tod durch einen Kopfschuss zu diagnostizieren, da der Tote sonst bester Gesundheit war. Als er seinem Freund Inspektor Lestrade so nicht wirklich weiterhelfen konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als den Tatort wieder zu verlassen. Vor der Tür hatte sich bereits eine Menschentraube gebildet, die sensationslustig war und an den Lippen eines Mannes hingen, der wohl von der Geheimpolizei war und seine Sicht der Dinge preisgab. Auf seinem Weg zu einem Haus einige Straßen weiter schien nichts weiter ungewöhnlich und doch musste er sich immer mal wieder umdrehen. Aber als er dieses erreichte, hörte er bereits einen lauten und begeisterten Schrei. „Daddy!!!“ Watson hatte keine Zeit mehr sich über irgendetwas Gedanken zu machen, da hatte er schon die Arme voll mit einem Bündel voll Energie. Lachend drückte er das Kind an sich. „Na, na! Nicht so stürmisch, ich war doch nicht lange weg!“ Dennoch schaffte er es nicht wirklich das Mädchen zu zügeln. „Aber du warst Arbeiten! Du hast also ganz viel tolles neues erlebt! Erzähl es mir!“ Sie gab ihm einen dicken Schmatzer und kuschelte sich an. „Bitte!“ „Nun, mein Liebling, ich denke nicht, dass das etwas für ein kleines Mädchen ist!“ erklärte er bestimmt, konnte aber nicht verhindern, dass er über ihren Enthusiasmus schmunzeln musste. „Aber Daddy!“, beschwerte sie sich und sah ihn mit ihren blauen Augen fest an, wobei nun ein Hauch Grau glitzerte, was es nur tat, wenn sie etwas wirklich wollte und interessiert war. „Sonst frage ich jemand anderen!“ Irritiert verzog ihr Vater das Gesicht. „Versuchst du mich gerade zu erpressen?“ Das Grau verschwand und die Kleine blinzelte engelsgleich mit großen blauen Augen zu ihm auf. „Aber Daddy, das kann ich doch gar nicht!“ Watson gluckste und küsste seiner Tochter die Stirn. „Willst du nicht lieber erst einmal mit mir spazieren gehen und etwas essen, mein Spatz?“ Sie nickte begeistert und drückte noch einmal seinen Hals. Erst dann bekam ihr Vater noch einen Kuss und sie wollte wieder auf den Boden. „Spazieren gehen!“ Sie wurde abgesetzt und ihre kleine Hand ergriffen. „Ich glaube, wir kommen an einem Shop für Fish’nChips vorbei. Wäre dir das recht, Judy? Wo Mrs. Cooper doch heute frei hat.“ Mrs. Cooper war die Haushälterin der Watsons, sie war früher Judys Amme gewesen und hatte nicht mehr von der Kleinen lassen können und war so geblieben. Wie immer war sie schnell begeistert und nickte. „Oh ja!“ Daher zog sie auch sofort an ihrem Vater um tatsächlich die richtige Richtung einzuschlagen, denn trotz ihrer drei Jahre, schien Judy in allem was sie tat äußerst clever zu sein. Lachend ließ er sich ziehen, auch wenn so deutlich wurde, dass er leicht humpelte, was eindeutig von einer alten Verletzung im rechten Bein herrührte. „Wir müssen das Essen aber mit nach Hause nehmen oder noch besser!“ Judy strahlte zu Watson nach oben, als sie ihn zog. „Wir essen es mit den Fingern beim Gehen!“ Ihr Vater verkniff sich ein Grinsen. „Das klingt aber nicht sehr Ladylike.“ Da sah sie ihn doch wieder mit ihren großen unschuldigen Augen an. „Aber ich will doch zu Hause wissen, wie deine Arbeit war!“ John Watson seufzte schwer. „Wie kann ein so kleines Wesen nur so hartnäckig sein?“ Judy hingegen kuschelte ihre Wange fröhlich an die Hand ihres Vaters. „Onkel Micro sagt, das ist gut! Er sagt, so kommt man im Leben weiter!“ Dann sah sie Watson fragend an. „Was genau meint Onkel Micro damit?“ „Er meint, dass einem Hartnäckigkeit hilft Ziele zu erreichen, die man sich gesetzt hat, weil man nicht aufgibt.“ Ihre kleine Hand wurde gedrückt und sie selbst angelächelt. „Also erzählst du mir zu Hause, wie die Arbeit war?!“, lächelte sie wieder und ging weiter. „Habe ich denn eine Wahl?“ fragte ihr Vater nach. „Wenn du mich lieb hast, nein!“, bestimmte Judy und doch war es in so einer liebenswürdigen Weise, dass Watson genau merkte, dass es nur ihre Neugier war, die sie trieb. Watson lachte und kniff ihr zärtlich in die kleine Nase, die sie eindeutig von ihm selbst geerbt hatte. „Mein kleiner Frechdachs!“ Nun blieb sie stehen und winkte ihn zu sich runter. „Soll ich dir was verraten?“ Mit etwas Mühe hockte Watson sich neben sie. „Ja?“ „Ich hab dich trotzdem lieb!“ Judy lachte und drückte ihren Vater, bevor sie sich löste und wieder weiter ging. „Ganz doll sogar!“ „Nun, das freut mich sehr, mein Spatz!“ Ihre Hand wurde gedrückt. „Aber sieh nur, da ist der Fish’nChips Shop!“ „Fabelhaft!“ Sie lachte und ließ ihn los um vor zu laufen. Er ließ sie gewähren, nicht aber ohne sie genau im Auge zu behalten. Gemächlicher folgte er ihr dann und ließ ihr die Zeit schon einmal zu bestellen. „Zwei Mal Fish’nChips bitte, werter Herr Verkäufer!“, lächelte Judy dort auch sofort und bestellte für sich und ihren Vater. „Mein Daddy kommt auch schon da vorn!“ Der schmierig wirkende Mann schien ganz bezaubert von dem kleinen Mädchen und machte ihr zwei Portionen fertig, die in besonders saubere Papiertüten gefüllt wurden. „Hier hast du sie, Kind.“ Er reichte ihr eine und Watson die andere Portion. „Danke, werter Herr Verkäufer!“, lachte Judy und hielt ihre Tüte ganz fest. Dann sah sie zur Tür des Geschäftes. „Daddy, kann ich draußen auf dich warten?“ „Solange du nicht weg gehst, will ich es dir erlauben“ sagte er, während er seinen Geldbeutel hervor kramte. „Werde ich nicht, Daddy!“, versprach Judy und verließ das Geschäft. Fröhlich summend trat die kleine nach draußen und aß genüsslich aus der Tüte. Nur wenige Sekunden später trat ein Streuner neben sie. Er hatte völlig zerlumpte Kleidung und sein langer Bart war ungepflegt. Ebenso hatte seine Kopfbedeckung schon bessere Tage erlebt und sein ausgemergelter Körper zeugte davon, dass er großen Hunger haben müsste. „Hallo Prinzessin!“, lächelte er dennoch freundlich zwischen dem Bart hervor und sprach Judy so an. Große blaue Augen richteten sich da auf ihn und musterten ihn neugierig. „Hallo.“ „Dein Daddy hat dich aber richtig gern, du scheinst sein größter Schatz zu sein.“, stellte der Mann schließlich fest. Stolz schien ihre Brust anschwellen zu lassen. „Das bin ich auch und ich kümmere mich gut um ihn!“ „Lebst du denn schon länger mit deinem Daddy allein?“, fragte der Streuner sanft nach. „Schon immer!“ erklärte sie unbekümmert und hielt ihm ein Stück Fisch hin. „Sie haben Hunger!“ Überrascht sah der fremde Mann auf ihre Hand mit dem Fisch und tatsächlich knurrte sein Magen. Ebenso verursachte ihre Freundlichkeit, dass er sein Vorhaben Vater und Tochter auszurauben vergaß. „Du bist aber ein nettes Mädchen, ich danke dir!“ Und genau so dankbar nahm er den Fisch und schlang ihn gleich herunter. Fröhlich darüber ihm geholfen zu haben lachte das Mädchen. „Guten Appetit!“ „Den wünsche ich dir auch, Prinzessin!“ Der Streuner strich ihr über die Wange und entfernte sich von ihr, ehe Watson nur Sekunden später das Geschäft verließ und ihn sehen konnte. Lächelnd trat jener auf das kleine Mädchen zu und zog sie wieder an seine Seite. „Wollen wir dann weiter, Spatz?“ „Kannst du dem Mann auch etwas kaufen, Daddy? Er hat großen Hunger!“, fragte Judy jedoch zu erst, denn sie war am Essen gewesen, als sich der Bärtige zurück gezogen hatte. Verwirrt blinzelten sie blaue Augen an. „Welcher Mann denn Schatz?“ „Na der schmutzige Mann hier!“, erklärte sie und zuckte, als sie allein neben Watson stand. Nachsichtig wurde ihr der Kopf getätschelt. „Scheinbar musste dein Freund schon weg. Sag mir einfach wenn du ihn noch mal siehst, dann kann er etwas zu essen haben.“ Noch einmal sah sich Judy genau um, denn sie war sich sicher gewesen, dass er noch kurz vorher neben ihr gestanden hatte. Dann nickte sie und lächelte wieder fröhlich. „Mach ich Daddy!“ Schließlich deutete sie auf seine Tüte mit Essen. „Guten Appetit!“ „Dir auch einen guten Appetit!“ wurde der Gruß erwidert und sie wurde angehalten ihren Weg wieder aufzunehmen. Das tat sie auch und aß dabei fleißig auf. Dennoch nahm sie wieder ein Gespräch mit ihrem Vater auf. „Er hat gefragt, wie lange du schon mit mir allein lebst...“ Verdutzt blickte Watson zu ihr herunter, nicht sicher, ob es sich bei dem Fremden nicht nur um einen unsichtbaren Freund handelte. „So? Hat er das?“ Judy nickte und schob sich eine dicke Fritte zwischen die Lippen. Erst nachdem sie diese gekaut und geschluckt hatte, antwortete sie. „Ja und er hat vorher festgestellt, dass ich dein größter Schatz bin.“ Ein warmes Lächeln breitete sich auf Watsons Gesicht aus. „Nun, dass bist du ja auch!“ Wieder schwoll ihre kleine Brust an und sie strahlte zu dem Älteren. „Er hat mich auch Prinzessin genannt!“ Ihr Vater schmunzelte und wuschelte ihr durch die Locken. „So, hat er das?“ Judy nickte und strahlte, als ihr Haus in ihr Sichtfeld kam. „Ja, er hat nur fürchterlich gerochen!“ „Na, na, Schatz. Es ist nicht nett so etwas zu sagen, es kann doch gut möglich sein, dass er keine Badewanne hat.“ Er schloss auf und ließ die Kleine hinein, doch bevor er selbst eintrat wandte er sich noch einmal um, denn er hatte Augen im Nacken gespürt. Aber es gab nichts zu sehen, außer die normalen Passanten, die an der Straße entlang gingen. Niemand schien ihn oder seine Tochter besonders zu beobachten. „Wir können ihn ja hier baden lassen, wenn du ihm was zu Essen kaufst.“, schlug seine Tochter nun vor und wollte sich mit ihren fettigen Fingern den kleinen Mangel ausziehen. Die Hände ihres Vaters kamen ihr jedoch zuvor. „Wir wollen den Mantel doch nicht schmutzig machen, du verbrauchst sie schließlich schon schnell genug.“ Nun bekam Judy rote Wangen und ließ sich aus dem Mantel helfen, bevor sie sich an das Bein ihres Vaters schmiegte. „Ich mache es aber nicht mit Absicht! Mit den Jungs toben macht doch so einen großen Spaß!“ Zart wurde ihr der Kopf getätschelt. „Das weiß ich doch, mein kleiner Spatz!“ „Erzählst du mir jetzt von deiner Arbeit? Onkel Micro kommt doch morgen und dann kann ich ihm erzählen, was mir auffällt!“, fragte Judy wieder nach, die so gern mit ihrem Onkel besprach was ihr an den unterschiedlichen Dingen und Menschen immer auffiel, denn er erklärte ihr auch Dinge die sie nicht verstand und half ihr somit ihre Auffassungsgabe zu vergrößern. „Nun gut, aber geh dir vorher die Hände waschen und die Hausschuhe anziehen. Danach können wir es uns am Kamin bequem machen.“ Gut eine Stunde später saß Judy auf Watsons Schoß am Kamin und kuschelte mit ihm, als sie ihm Kleinigkeiten aufzählte, was ihr an seiner Erzählung seltsam vorkam. Dabei glitt ihr Blick aber immer wieder zu einem Fenster und zu ihrem Vater zurück. „Du Daddy?“, unterbrach sie ihre kleinen Ausführungen dann aber und wollte ihn etwas fragen. Watson, der zufrieden war einfach nur mit ihr am Feuer zu sitzen, brummte und deutete so an, dass sie ihn fragen konnte. „Wenn man eine Tote ist, lebt man ja nicht mehr. Was passiert denn, wenn man stirbt?“, fragte sie ganz spontan und fröhlich. Ihr Vater sah etwas miesepetrig drein, da er schon lange mit dieser Frage gerechnet hatte. Denn leider kam es ja vor, dass einer seiner Patienten starb oder er eine Leiche begutachten konnte, etwas dass er vor ihr nie geheim gehalten hatte. „Weißt du Schatz, jeder Mensch besteht aus zwei Teilen, aus dem Körper und aus der Seele. Unser Körper handelt, aber es ist die Seele die ihn steuert. Wenn ein Mensch jetzt stirbt, verlässt die Seele den Körper und lässt ihn auf der Erde zurück. Sie selbst geht ins Jenseits über, wo sie mit all den anderen Seelen der Verstorbenen spielen kann.“ Watson wusste, dass die Kirche eine etwas andere Erklärung hatte, aber er konnte sich nicht dazu bringen ihr einen Glauben aufzuzwingen. Denn Judy hatte von dem Moment an angefangen die Aussagen des Priesters zu hinterfragen, als sie diese zu verstehen begann und weil ihr selbst die Antworten darauf keine wirklichen Klärungen gaben, ging sie nur zur Kirche mit Mrs. Cooper, weil es dieser so wichtig war. „Ist das Jenseits da wo Mami jetzt ist?“ Der alleinerziehende Vater schluckte einen Kloß in seinem Hals herunter und küsste den kleinen Lockenschopf. „Ja, Schatz.“ Judy war einen Moment still, bevor sie mit treuen Augen aufsah und John Watson herzlich umarmte. Während dessen zog sie in ihrem Kopf zusammen, dass das Jenseits so weit weg war, dass nur die Seele eines Menschen dahin kommen konnte und das ging nur, wenn der Körper starb. Es brannte ihr noch auf der Zunge, zu fragen, warum nicht alle Menschen gleich starben, denn dann könnten sie ja immer mit ihren Liebsten zusammen sein, doch sie sah die traurigen Augen ihres Vaters und entschied sich dann etwas fröhliches zu sagen. „Dann werden wir ja mit Mami wieder vereint sein, wenn wir tot sind. Das wird sie bestimmt freuen!“ Fest drückte ihr Vater sie an sich. „Nur keine Eile, das Diesseits ist doch viel zu schön, um es jetzt schon zu verlassen!“ Sie nickte und kuschelte sich mehr an. „Du hast immer Recht, Daddy!“ Watson hielt sie fest an sich gedrückt, als wäre sie seine Sicherheitsleine, die ihn selbst in dieser Welt hielt. Aber irgendwann begann Judy zu kichern, denn ihr Blick war wieder zum Fenster gewandert, wo ihr Streuner vorstand und hinein zu ihnen sah. „Daddy, magst du jetzt dem schmutzigen Mann etwas geben?“ Aus seinen Gedanken gerissen sah Watson sie an. „Hm?“ „Du hast gesagt, wenn ich den schmutzigen Mann wiedersehe, dann gibst du ihm was zu Essen!“, erklärte ihm seine Tochter noch einmal. „Und jetzt steht er da am Fenster und sieht uns an!“ Watson drehte sich dem Fenster zu, sah aber niemanden. „Wo denn, Judy?“ Sie zog ihr hübsche Unterlippe vor und zeigte auf das Fenster. „Da stand er gerade und hat gewinkt! Und er hat mir zugezwinkert! Ich glaub, er will uns besuchen! Lass uns doch zur Haustüre gehen, dann siehst du ihn bestimmt!“ „Nun gut, wenn es dich glücklich macht sehen wir nach.“ Sie nickte und gab ihrem Vater einen Kuss. „Oh ja, bitte!!“ Er stand, mit ihr auf dem Arm auf und trug sie zur Eingangshalle. „Dann wollen wir mal sehen!“ Begeistert hibbelte das kleine Mädchen in seinen Armen und gespannt darauf mehr von dem Fremden zu erfahren. „Du bist toll, Daddy!“ „Sonst wäre ich auch sicher nicht dein Daddy, oder?“ lachte er und schlüpfte in feste Schuhe, um danach mit ihr durch die Tür zu treten. Nur entgegen aller Erwartungen befand sich niemand auch nur in der Nähe der Tür und des kleinen Weges, der zu dieser führte. „Hm, niemand hier!“ erklärte Watson ging aber trotzdem ein paar Schritte mit ihr, damit sie sich umsehen konnte. Traurig richteten sich die blauen Augen des kleinen Mädchen auf die Straße und ihre Umgebung. Sie mochte den Fremden irgendwie und seine abgemagerte Erscheinung weckte in ihr den Drang, dem armen Mann zu helfen. Sie zog leise ihre Nase hoch und nickte. „Dann... dann ist er bestimmt schon gegangen...“ Mit all der Liebe eines Vaters wurde ihre Wange geküsst. „Dann kommt er sicher ein anderes Mal wieder.“ Er ging mit ihr noch ein wenig ums Haus, damit sie sich versichern konnte, dass ihr Fantasiefreund wirklich fort war. „Ich glaube dir!“, erklärte sie traurig und kuschelte sich noch mehr an. Doch auch wenn sie sich dabei genau umsah, erblickte sie den Fremden nicht mehr. „Magst du mir noch ein bisschen am Kamin vorlesen, Daddy?“ „Natürlich, Liebes. Welche Geschichte soll es denn sein?“ Gerade als er sich mit ihr abwandte und wieder ins Haus gehen wollte erstarrte er, denn unter dem Fenster seines Wohnzimmers, waren zwei deutliche Schuhabdrücke zu sehen. Kapitel 2: ----------- Einige Tage später zog sich Judy gerade ihren Mantel an, den sie zuvor gut gefüllt hatte und sah zu Mrs. Cooper. „Ich geh schon einmal vor in den Garten!“ Sie wartete keine Antwort ab und lief, denn sie wusste genau, dass sie seit jenem Tag nicht mehr allein in den kleinen Hinterhof zum spielen durfte und auch, dass sie im allgemeinen immer jemanden zur Begleitung hatte. Doch das hielt sie nicht davon ab, ihren Freund weiter zu sehen. Schwer hatte sie es nicht, da Mrs. Cooper etwas beleibter war und so nicht mit ihr Schritt halten konnte. So kam die Kleine in den Garten und sah sich eiligst um. Nur wenige Augenblicke später hörte sie Geräusch das für sie bestimmt war und aus einer dunklen Ecke kam. Direkt danach erklang eine leise Stimme. „Hallo Prinzessin!“ Kichernd lief sie auf den dreckigen Mann zu und holte das Sandwich hervor, das sie mit geschmuggelt hatte. „Sie sind da!“ Der schmunzelte und hockte sich vor sie hin, damit sie auf Augenhöhe waren. „Das hab ich dir doch versprochen!“ Sie hielt ihm das Essen hin. „Ja, das haben sie und sie haben wieder Hunger!“ „Ich danke dir, Prinzessin!“, war der Fremde wirklich dankbar und steckte das Sandwich ein. Dann sah er auf und hörte, wie Mrs. Cooper näher kam. „Aber ich muss jetzt wieder gehen.“ Er strubbelte ihr übers Haar. „Ich komme trotzdem zu dir wieder!“ „Sie müssen mal kommen, wenn mein Daddy da ist, er würde sie gerne kennen lernen!“ Das Haus traf ein scharfer Blick und der Blick des Streuner verfinsterte sich. „Das glaube ich dir gern, Prinzessin.“ Er stand auf und schenkte ihr einen zarten Blick. „Dann bis morgen?“ Freudig winkte sie ihm. „Bis morgen!“ Nur kurz darauf stand Mrs. Cooper hinter ihr und sah sie fragend an. „Mit wem hast du denn gesprochen, Judy?“ Unschuldig lächelte die Kleine sie an. „Mit gar niemanden!“ Am Abend saß Judy wieder auf dem Schoß ihres Vaters vor dem Kamin und kuschelte sich glücklich an. „Der schmutzige Mann war auch heute wieder da! Er war noch schmutziger als sonst!“ Watsons Schultern verkrampften sich und er drückte sie an sich. „War er das?“ Sie nickte fröhlich. „Und er hat versprochen, dass er morgen wiederkommt. Ist das nicht toll?“ Ihre gute Laune konnte leider nicht erwidert werden. „Ich weiß nicht, ob ich das so gut finden soll, Spatz…“ „Aber wieso denn? Er ist doch so nett!“ Judy lachte und gab Watson einen Kuss. „Er hat nur Angst vor dir! Schließlich sieht er so seltsam zum Haus, wenn ich ihm sage, dass du dich freuen würdest, wenn ihr euch kennenlernt!“ „Er mag nett wirken, aber wir kennen ihn nicht gut genug, um das zu wissen.“ Watson küsste ihr die Stirn. „Ich möchte nicht, dass dir etwas passiert.“ Dafür strahlte sie ihn an und schlang ihre kleinen Ärmchen um seinen Hals. „Ich bleibe doch immer bei dir, Daddy!!!“, schwor sie dabei und gähnte herzhaft. Am nächsten Tag lag Watson selbst auf der Lauer, als seine Tochter hinaus in den Hinterhof durfte. Mit Adleraugen spähte er aus einem Fenster auf sie herab, doch entdecken konnte er niemanden. Nach einem Augenblick schien auch sie zu realisieren, dass ihr Streuner nicht da war. Trotzdem wollte sie nicht aufgeben und suchte so schnell sie ihre kleinen Beine tragen konnten, jede Ecke des Hofes ab. Denn wenn Mrs. Cooper zu ihr kam, würde er wieder gehen. Nur das sie sich nicht getäuscht hatte und wirklich niemand da war, dem sie ihr Sandwich geben konnte und so setzte sie sich schließlich traurig auf eine Bank. Ihr Anblick schmerzte Watson sehr, doch es sollte noch schlimmer werden, denn auch am nächsten Tag suchte sie ihn wieder vergebens, genau so wie am übernächsten Tag. Daher kam es auch, dass Judy einen weiteren Tag später allein und unbeobachtet in den kleinen Graten des Hinterhofes konnte. Bereits mit trauernder Miene trat sie hinaus und sah sich um, allerdings mit wenig Hoffnung etwas zu finden. Aber genau da geschah es, dass der Fremde auf sie zu trat. Er hatte sein Haupt gesenkt und lächelte dennoch als er sie sah. „Hallo Prinzessin!“ „Da sind sie ja!!“ freudig hüpfte sie auf ihm zu, nur um erschreckt stehen zu bleiben. Denn er sah übel zugerichtet aus, war blass und wirkte noch schwächer als jedes Mal zuvor, wenn sie sich sahen. „Tut mir leid, wenn ich die letzten Tage nicht da war!“, schwor er ihr aber und strich ihr über das blonde Haar. Dann sah er zum Haus. „Ob ich heute deinen Daddy kennen lernen dürfte?“ Stumm nickte sie, denn wenn sie eins wusste, dann wie einer von den Notfallpatienten ihres Vaters aussah. Sie griff vorsichtig nach seiner Hand und zog ihn Richtung Haus. Als sie ihn dabei immer wieder besorgt ansah, fiel ihr auch etwas auf und der Streuner blieb artig im Flur stehen. „Ich warte hier, vielleicht hat dein Daddy ja gerade etwas zu tun.“ Sie drückte seine Hand, wie ihr Vater es machte, wenn sie krank war und lief dann zu einer Tür, die zum größten Teil des Hauses führte, indem sich Watsons Praxis verbarg. „Daddy!!!“ Weil dieser auch gerade allein vor seinem Schreibtisch saß, lief sie um diesen herum und griff nach seiner Hand. „Daddy! Der schmutzige Mann ist wieder da!!!“ Sofort war Watson auf den Beinen. „Was??“ Und er sah genau so schnell, wie sehr sich seine Tochter freute, auch wenn ihr Gesicht eine große Sorge zierte. „Der schmutzige Mann ist wieder da!!!“ Dann senkte sie etwas den Blick. „Er möchte dich auch kennen lernen!“ Für einen Moment überlegte der Arzt seinen Revolver zu holen, doch er hatte eine Ahnung, was dieser Mann wollte. „Dann zeig ihn mir mal.“ Sofort zog Judy an seiner Hand um ihn zu ihrem Streuner zu bringen. Dabei erzählte sie ihm auch direkt, was ihr an ihm aufgefallen war. „Der schmutzige Mann sieht auch aus wie Onkel Micro! Sie haben die selben Augen!“ „Das ist schön, Schatz“ murmelte Watson, der nicht all zu viel auf diese Worte gab und nun endlich selbst die Augen auf den Mann legen wollte, der sich an seine Tochter heran machte. Als sie dann jedoch in den Flur trat, schrie diese erschrocken auf und begann sofort zu weinen, denn der Fremde war dort zusammen gebrochen und lag bewusstlos auf dem Boden. Ihr Vater fluchte laut und eilte zu dem Verwundeten. „Judith! Lauf und hol mir Mrs. Cooper, sie muss mir helfen ihn in die Praxis zu tragen!“ Unter Schock stehend, erreichte die Kleine ihr voller Name und sie lief so schnell sie konnte um die Haushälterin und Kinderfrau in einem zu holen. Weil sie dabei auch noch immer wieder laut deren Namen rief, dauerte es nicht lange, bis sie zurück bei Watson waren. „Nehmen sie seine Beine, aber seien sie vorsichtig!“ Der Streuner wog bei weitem nicht so viel, wie er sollte, doch mit seinem Bein, konnte Watson ihn nicht alleine tragen. Mit Mrs. Coopers Hilfe verfrachtete er ihn schließlich auf die Liege in seinem Untersuchungsraum. „Ich danke ihnen, aber jetzt bringen sie doch bitte Judith hier raus.“ Er griff selbst nach den Kleidern des Fremden, um diese aus dem Weg zu schaffen. „Sehr wohl Sir!“ Die rundliche Frau hob sich die Dreijährige auf die Arme und lächelte sie an. „Jetzt wird alles wieder gut! Dein Daddy ist doch der beste Arzt der Welt!“, versprach sie ihr. Sie weinte bitterlich, ließ sich aber ohne Zetern fortbringen. Ihr Vater legte unterdessen einige Prellungen und Blutergüsse frei, die von einer blutenden Wunde noch übertroffen wurde, die wohl von einem Messer herrührte. Schnell begann Watson ihn zu reinigen, damit er die Wunde gleich sorgfältig desinfizieren und nähen konnte. Dabei entdeckte er etwas, dass ihn stocken ließ. Eine Narbe. Eine Narbe die ihm bekannt vorkam, da sie einmal durch seine eigene Nadel entstanden war. „Das kann doch nicht…“ Der Mediziner sah nun zum ersten Mal in das Gesicht des Fremden und er wäre beinahe in Ohnmacht gefallen. Als er wieder die Augen aufschlug, war es warm um ihn. Dennoch schmerzte ihn der gesamte Körper und er presste seine Augen mit einem Stöhnen wieder zusammen. Dabei konnten seine Hände eine Decke fühlen, die ihn einhüllte und einen Schrecken ließ ihn schmerzlich zusammen zucken. „Meine... meine Schuhe!“, nuschelte er und fürchtete nun auf der Straße erfrieren zu können. Denn auch wenn seine Schuhe verschlissen und löchrig waren, halfen sie ihm vor allem im Winter, dass sein Körper nicht vollständig auskühlte. „Shh… bleib ruhig liegen. Du hast zwei gebrochene Rippen, die nicht erschüttert werden dürfen“ erklang es da ruhig neben ihm und eine Hand legte sich sanft auf seine Brust. Mehr vom Schmerz als von der Hand niedergedrückt, keuchte der Patient und drehte den Kopf benommen zu der Stimme. Dann öffnete er die Augen erneut und sah sich um, nachdem er sich an das Licht gewöhnt hatte. „In welchem Krankenhaus bin ich und wer sind sie?“ Blaue Augen funkelten besorgt, während ihr Besitzer näher an das Bett heranrückte. „Du bist in meiner Praxis, Sherlock.“ Der Doktor fuhr nun mit einer Hand durch das lange, zerzauste, aber nun wieder saubere Haar. „Ich dachte… wir alle dachten, du wärst tot. Es schien als wärst du in Reichenbach gestorben…“ „Reichenbach...“ Der Patient schloss wieder seine Augen und drehte den Kopf weg. „Ich war an diesem Ort. Aber, wer sind sie? Wer ist Sherlock?“ Watson stockte der Atem und er griff nah einer Kerze, um die Augen des Anderen auf ihre Lichtreflexe zu testen. Doch finden schien er scheinbar nichts. „Du… du weißt wirklich nicht wer ich bin?“ „Nein, ich kenne sie nicht.“, bestätigte der Andere und runzelte die Stirn, als ihn die Kerze blendete. „Ich… ich bin John, John Watson. Wir… wir kennen uns schon ewig…“ hauchte jener und ihm versagte dabei beinahe die Stimme. Doch jene Stimme blieb dem Anderen weiter unbekannt und er musste wieder verneinen. „Es tut mir leid. Ich kenne weder sie noch sonst jemanden in dieser Stadt.“ „Aber… jeder hier kennt sie. Sie sind Sherlock Holmes, der erste beratende Detektiv der Welt!“ Nun schüttelte jener den Kopf. „Auch dieser Name sagt mir nichts. Sie müssen mich bestimmt verwechseln.“ „Unmöglich!“ entfuhr es dem Doktor da. „Eine Verwechslung ist ausgeschlossen, ich habe doch sogar ihre Narben erkannt!“ Vorsichtig eine Hand hebend und an seine Stirn legend, denn er bekam Kopfschmerzen, sah Holmes den Anderen wieder an. „Welche Narbe?“ Hatte er doch einige davon vorzuweisen. „Die ganz feine an ihrer linken Seite. Die stammt von einem bulgarischen Einbrecher, der sich nicht fassen lassen wollte und ein Messer hatte. Ich habe sie selbst genäht.“ Nun wurde Watson mit großen Augen angesehen und dem Älteren klappte der Mund auf. „Und die kleine Narbe unter ihrer rechten Braue, war mal eine Platzwunde, die sie während eines Boxkampfes bekommen haben.“ Holmes durchfuhr ein Schmerz, als ein schwaches Bild in ihm aufblitzte und er keuchte. Dann drehte er seinen Kopf weg. „Sie scheinen mich vielleicht wirklich zu kennen... Zumindest wissen sie meine Narben zu benennen. An ihrer Stimme kann ich hören, dass es keine Geschichten sind, denn sie zittert genau so wenig wie ihre Hände, was von Lügen sprechen würde.“ Mit einer Mischung aus Erleichterung und Verzweiflung keuchte Watson auf. „Sie haben ihre Erinnerungen, aber nicht ihren scharfen Verstand verloren!“ Doch Holmes Schmerz ließ nicht nach und er keuchte weiter. „Bitte, lassen sie mich! Es tut so weh!“ Eine Hand legte sich kühlend auf seine Stirn. „Sie haben ein leichtes Fieber. Versuchen sie doch noch etwas zu schlafen.“ „Wo sind meine Schuhe?“, fragte Holmes aber wieder, wie nach seinem Erwachen. „Ich brauche sie!“ Er versuchte die Hand von sich zu entfernen und wollte aufstehen. „Ich sollte nicht bleiben! Wenn sie mich finden, könnte man sie mit verdächtigen!“ „Liegen bleiben!“ beharrte Watson und hielt ihn im Bett. „Niemand wird ihnen hier auch nur ein Haar krümmen, das schwöre ich ihnen! Was ihre Schuhe angeht, die habe ich zum Schuster bringen lassen und mein Dienstmädchen holt ihnen gerade einige ihrer heilen Sachen.“ Holmes fasste sich an den Kopf und hielt sich gleichzeitig die Ohren zu, war es doch zu viel für ihn zu hören, was Watson über ihn zu berichten wusste. Ebenso fühlte er sich seit dem er als Kleinkrimineller in London hauste, mehr als unwohl, wenn er in Gebäuden und geschlossenen Räumen war. „Lassen sie mich!!! Ihre Praxis zeugt davon, dass sie ein gutes und geregeltes Leben führen. Mit mir in ihrem Haus, kann ich alles ruinieren! Lassen sie mich gehen!!!“ „Sherlock Holmes!! Sie bleiben in diesem Bett liegen, bis ich sage, dass sie wieder aufstehen dürfen!!“ donnerte Watson da mit all seiner ärztlichen Autorität los und der Ältere zuckte, bevor er still liegen blieb. Mit krankhaft geschlossenen Augen tat er das und schaffte es nicht sich innerlich zu beruhigen. „Lassen sie mich bitte!“, flehte er dabei leise. „Ich weiß nicht wer sie sind. Aber ich kann nicht der sein, den sie meinen! Niemand hatte gesucht, niemand kannte mich! Jemand wie der, den sie meinen, denn lässt man nicht liegen, allein schon, weil die Polizei ihn wohl braucht.“ „Das ist nicht wahr…“ hauchte Watson da mit wesentlich ruhigerem Ton. „Wir haben den ganzen Wasserfall abgesucht und alles deutete daraufhin, dass sie gestorben waren. Sie haben sogar einen Grabstein… Mycroft und ich haben ihn zusammen ausgesucht.“ „Ich will das nicht hören!“, bestimmte der Verletzte und Verwirrte hart, denn jede neue Sache, die der Arzt ansprach verursachten nur noch mehr Schmerzen in ihm. Hatte er doch zu Beginn seiner Amnesie verzweifelt versucht zu erfahren, wer er war, doch als das nicht gelang, hatte er sich damit abgefunden. „Lassen sie mich allein!“ Watson seufzte schwer und legte seine Hand wieder auf die Stirn. „Es tut mir leid, ich wollte sie nicht überfordern. Ich bitte sie aber dennoch hier zu bleiben, zumindest bis sie wieder genesen sind.“ „Die Prinzessin würde sich sonst bestimmt sorgen.“, stellte Holmes leise fest. „Sie sollten nur darauf achten, dass mich niemand bei ihnen sieht.“ Blaue Augen blinzelten, um aufkommende Tränen zu unterdrücken. „Judy hat sie sehr gern.“ „Watson sagten sie, ist ihr Name?“, hielt der Detektiv ihn aber noch einmal auf. „Und Judy, heißt die Prinzessin.“ Er öffnete die Augen und sah den Arzt an. Ganz unwillkürlich griff er dabei nach dessen Hand, weil er die Gefühle von John sah. Holmes seufzte. „Judith Elisabeth Watson“ erklärte er ihm sanft. „Sie ist alles was ich noch habe.“ Er bemühte sich zu lächeln und fuhr sich nervös durchs Haar. „Ruhen sie sich jetzt besser noch etwas aus und dann erkläre ich ihnen alles, was sie wollen!“ Dennoch wurde seine Hand nicht losgelassen und Holmes genoss die Berührung. „Sie ist ein gutes Mädchen! Ich habe sie keine Sekunde in Gefahr gebracht, auch wenn sie das geglaubt haben.“ Er sah dem Arzt in die Augen und machte ein Versprechen. „Ich weiß nicht warum, aber ich glaube ihnen! Daher will ich versprechen, dass ich bleibe, bis sie entscheiden, wie sie mit mir verfahren wollen.“ „Ich danke ihnen, Holmes“ wisperte Watson ihm entgegen. „Ich lasse sie jetzt allein, damit sie sich ausruhen können. Rufen sie einfach, wenn sie etwas brauchen.“ „Ich hoffe, dass wir diesen Holmes zusammen finden. Denn ich denke, ich fühle mich bei ihnen gut. Daher habe ich sie verfolgt, nachdem ich sie vor ein paar Tagen sah...“, gestand der Detektiv dann. „Da hatte ich ja ein ziemlich Glück, was?“ Watson schenkte ihm ein Schmunzeln und stand auf. „Schlafen sie gut.“ „Danke!“ Holmes sah ihn noch einmal an, bevor er die Hand losließ. „Sagen sie, müssen sie jetzt noch in ihrer Praxis arbeiten?“ Schwach lächelnd schüttelte Watson den Kopf. „Ich habe heute keine Patienten mehr, sie werden also ihre vollkommene Ruhe haben.“ Er wurde mit einem undefinierbarem Blick betrachtet, bevor sich der Schwarzhaarige über die Lippen leckte und weiter sprach. „Sagen sie, wieviel Uhr haben wir jetzt?“ Watson zog seine Taschenuhr hervor und öffnete diese. „Es ist bereits zehn nach drei.“ „Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte Holmes weiter. „Etwa fünf Stunden“ wurde es ihm ruhig erklärt. „Was natürlich noch nicht genug ist.“ „Es geht darum, wenn sie es erlauben würden, dass ich die Prinzessin heute gern noch einmal sehen würde. Sie muss ziemlich erschrocken sein, dass habe ich bereits gesehen, als sie mich im Hof ansah. Ich gehe davon aus, dass es ihr gut tun und sie beruhigen würde, wenn sie sieht, dass es mir besser geht.“, erklärte Holmes sein Anliegen und verschwieg, dass er das kleine Mädchen auch sehr gern noch einmal wiedersehen würde. „Es sei denn, ihnen ist es nicht recht, wenn die kleine Prinzessin mit jemandem wie mir zusammen ist.“ Mit einem zittrigen, aber freudigen Lächeln wurde Holmes da bedacht. „Sie ist gerade mit Mrs. Cooper unterwegs, um sich etwas zu beruhigen. Wenn sie wieder da ist, bringe ich sie gleich her.“ „Ich danke ihnen, Watson! Ich bin ihnen zu großem Dank verpflichtet!“, lächelte der Ältere zurück und schloss seine Augen. „Schlafen sie gut, mein lieber Holmes.“ Der Arzt zog die Decke über ihm zu Recht und ließ ihn dann, schweren Herzens, allein. Als der Detektiv sich sicher war, dass er wirklich allein war und Watson nicht in so einer Reichweite war, dass sie sich hören konnten, rollte er sich ächzend auf die Seite. Er war hier in der Praxis eines Arztes, der behauptete ihn zu kennen und es scheinbar auch beweisen konnte. Das bedeutete aber auch, er bekam hier, was sein Körper brauchte, vor allem in seinem jetzigen Zustand. Schwerfällig setzte er sich auf. Der Messerstich und die gebrochenen Rippen verursachten ihm große Schmerzen. Dennoch verließ er das Bett um schwankend in den nächsten Raum zu kommen, indem der Arzt seine Patienten versorgte. Eine viertel Stunde später war Holmes zurück in dem Zimmer, das offensichtlich für Patienten gedacht war, welche nicht ins Krankenhaus mussten, aber doch für einen kurzen Zeitraum eine Überwachung brauchten. Als er schließlich wieder im dem Bett war, welches Watson für ihn hergerichtet hatte, benutzte er, was er sich besorgt hatte und nach einer angenehmen Dosis Morphium direkt in die Vene konnte er friedlich einschlafen. Watson saß in seinem Wohnzimmer und brütete über einem Medizinbuch, als das Dienstmädchen Besuch ankündigte. Nur kurz darauf trat ein sehr groß gewachsener und wohl genährter Mann zu ihm ins Zimmer. „Sie haben mich rufen lassen, Watson?!“ Der Arzt erhob sich und trat dem Besucher entgegen. „Mycroft! Wie gut, dass sie so schnell kommen konnten!“ Sie reichten sich die Hände und setzten sich auf zwei Sessel. „Was gibt es denn so dringendes?“ Mycroft legte den Kopf schief. „Judy ist nicht krank! Sonst würden sie hier nicht so ruhig sitzen. Aber sie sehen nicht gut aus! Körperlich scheinen sie ebenfalls gesund. Also, was hat sie aus der Bahn geworfen?“ „Es hat nur indirekt mit meiner Tochter zu tun. Ich habe ihnen ja von ihrer Bekanntschaft erzählt…“ Der Jüngere wrang die Hände ineinander. „Er ist hier aufgetaucht.“ Nun geschah etwas, dass erst in Mycroft erwachte, als Judy zur Welt gekommen war. Er fuhr gefühlsgeladen aus dem Sessel auf und seine Augen funkelten hasserfüllt. „Was hat er ihr angetan???“ Beschwichtigend hob Watson seine Hände. „Kein Haar wurde ihr gekrümmt! Das versichere ich ihnen! Es ist der Mann, der mich so aufgewühlt hat!“ Es fiel dem Älteren schwer, sich zu beruhigen und er zog eine Augenbraue hoch. „Aus ihren Worten entnehme ich, sie kennen ihn. Werden sie erpresst?“ „Ich kenne ihn, genauso wie sie es tun, aber er ist kein Erpresser…“ Nervös sah Watson ihn an, unsicher wie der gesetzte Mann die Nachricht verkraften würde. Auf Mycrofts Gesicht erschien nun ein sanftes, aber vor allem mitfühlendes Lächeln, als er sich entspannt zurück lehnte. „Mein lieber Watson! Ich kann verstehen, dass sie noch immer trauern! Auch mir fehlt mein Bruder. Aber er ist tot! Selbst wenn dieser Bettler oder was auch immer er ist, ihm noch so ähnlich sieht. Sherlock kommt nicht zurück, so schmerzlich es auch ist!“ „Sie sind wie er nur von Tatsachen zu überzeugen, also gut!“ Er erhob sich wieder und deutete in die Richtung seiner Praxis. „Ich will ihnen Beweise liefern.“ Der Ältere konnte nur auf Sherlock Holmes kommen, denn sein verschiedener Bruder war der einzige Mensch, den er gemeinsam mit Watson kannte und der diesen dermaßen aus der Fassung bringen konnte. Doch Mycroft seufzte und erhob sich ebenfalls. „Dann will ich ihnen einmal folgen.“ „Ich danke ihnen sehr!“ Watson eilte voraus, zu seiner Praxis und als sie diese durchquerten zum Patientenzimmer, fiel ihnen sofort auf, wie der Medikamentenschrank durchwühlt war. Watson sah das und seufzte schwer. „Scheinbar sind einige Angewohnheiten noch die selben.“ Mycroft hob eine Augenbraue und verschloss den Schrank wieder. „Oder sie wurden hinters Licht geführt und ausgeraubt...“ „Nein“ beharrte der Arzt und führte ihn zum Krankenzimmer, wo er vorsichtig die Tür öffnete und er sah, wie sein Patient noch immer schlief. Erleichterung durchströmte Watson und er trat zur Seite, um Mycroft den Blick frei zu gegeben. Dieser trat langsam in das Zimmer und warf dann einen Blick auf das Bett, indem Sherlock noch immer schlief. Als er diesen erblickte, erkannte er ihn natürlich sofort und atmete erschrocken ein. „Das...!“ „Ich dachte mein Herz würde zerspringen, als ich ihn erkannte…“ „Aber warum? Ich meine...“ Mycroft war wirklich aus der Fassung und so blass wie eine Leiche. „Wo war er? Warum hat er sich nicht gemeldet? Warum liegt er hier und nicht bei ihnen im Bett oder in der Baker Street? Ich habe doch extra alles so erhalten wie es war... auch wenn ich... wir dachten...“ „Ich fürchte er hat Amnesie“ erklärte Watson im leisen Ton. „Er hat mich nicht einmal erkannt…“ Ein Schnauben entwich dem Älteren. „Ich werd ihm gleich was geben, dann kann er von Amnesie sprechen!“ Beruhigend wurde sein Arm ergriffen. „Er ist verwundet und braucht Ruhe, so gerne ich sie auch die Antworten aus ihm heraus schütteln lassen würde.“ Watson wurde mit einem abschätzigem Blick betrachtet. „Verstehe ich sie richtig, dass sie ihm nicht glauben?“ Seufzend fuhr Watson sich über das Gesicht. „Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Er wirkte ehrlich, aber der Gedanke, dass er alles vergessen hat…“ Sein Begleiter schnaubte. „Wecken sie ihn und lassen sie uns ihn testen!“, bestand er. „Ich weiß nicht, ob das günstig ist, Mycroft“ warf Watson mit mulmigen Gefühl ein. „Aus gesundheitlichen Gründen oder anderen?“, fragte der skeptisch nach. „Das sage ich völlig aus ärztlicher Sicht. Er hat gebrochene Rippen und eine frisch genähte Stichwunde.“ Mycroft betrachtete den ausgemergelten Körper ausgiebig, wobei er nun schwieg und immer wieder den Kopf hin und her wog. Doch dann schlug der Patient die Augen auf. „Mmm...“ Er blinzelte und sah seinen Bruder, dann schloss er wieder seine Augen. Wie von alleine trugen Watsons Füße ihn zu dem Bett. „Holmes, wie fühlen sie sich.“ „Ich brauche mehr...“, nuschelte der und wollte sich von Mycroft weg drehen. „Wer ist das? Er hat meine Augen!“ Watson setzte sich wieder neben ihn und strich ihm durch die Haare. „Das ist ihr Bruder. Ich habe ihn benachrichtigt.“ Unwillkürlich zuckte Holmes zusammen, als er das Wort Bruder hörte. „Wenn ich seinem skeptischem Blick glauben darf, kennt er mich entweder nicht oder glaubt mir nicht. Das ist einer der Hauptgründe, warum er nicht mein Bruder sein kann!“ Holmes wurde müde angelächelt. „Nun, sie galten über drei Jahre als Tod, da sollte ihm Skepsis erlaubt sein.“ „Sie wollen doch alle diesen Holmes wiederhaben! Warum bedrängen sie mich damit?“, fragte der Detektiv jetzt nach, nicht gewillt wieder die Kopfschmerzen zu bekommen, die er hatte, als Watson ihn nach seinem Erwachen mit Sachen bombardiert hatte, die er nicht kannte. „Bitte regen sie sich nicht auf, niemand will sie bedrängen!“ versicherte Watson ihm schnell, als Mycroft näher trat. Der griff nun den Arm seines Bruders und betrachtete ihn. „Er wird sich nicht aufregen können!“ Watson schloss für einen Moment gequält die Augen. „Wie viel haben sie sich gespritzt, Holmes?“ „Wenn sie sich die Spritze betrachten, hat er seine übliche Menge verwendet. Aber wenn sie sich seine Arme betrachten. Er hat die gesamte Zeit über nicht einmal etwas zu sich genommen. Ich kann mich noch entsinnen, dass er damals mit kleinen Mengen begonnen hat. Sherlock ist gerade auf einem Trip, der ihn auf einer angenehmen Welle treiben lässt. Das wird noch andauern, weil sein Körper das nicht mehr kennt.“, wurde dem Arzt erklärt. Mit einer neuen Welle der Erleichterung griff Watson nach der Hand seines Freundes. „Dann passe ich jetzt noch besser auf!“ Er lächelte Mycroft an. „Soll ich sie einen Moment alleine lassen?“ „Vielleicht kann es ja helfen. Sie sollten dennoch vor der Türe warten, falls etwas geschieht.“, bestätigte der und ließ den Arm seines Bruders los. Beleidigt zog Holmes seine Gliedmaßen wieder an sich. „Ich bin kein Versuchskaninchen oder so etwas!“ Watson entwich ein Glucksen. „Zankt nicht Kinder!“ Als er das Zimmer verlassen hatte, sah Sherlock seinem Bruder abweisend in die Augen. „Sie sind sich nicht sicher, was sie denken und glauben sollen. Warum lassen sie mich dann nicht einfach in Ruhe?“ Mycroft ließ sich in den Stuhl nieder, der eben noch von Watson benutzt worden war. „Oh, du bist eindeutig mein Bruder Sherlock. Ich habe nur noch nicht deduziert, was an deinem Zustand echt ist und wie es dazu kam, auch wenn ich bereits eine vage Vorstellung habe.“ „Deduwas?“, fragte der Jüngere verwirrt und wollte sich aufsetzen. „Deduziert, das kommt von Deduktion, was so viel bedeutet, wie den Ursprung von etwas herzuleiten“ erklärte Mycroft, scheinbar gelassen. „Auch wenn du das Wort nicht mehr kennst wendest du es noch immer an. Dein Verstand hat also nicht all zu arg gelitten.“ Verärgert verzog Holmes den Mund, als er sich stöhnend aufsetzte. „So etwas in der Art hat dieser Watson auch schon gesagt.“ Er hielt sich seinen Brustkorb. „Sie müssen sich irren, denn wäre das der Fall, wäre ich nicht hier!“ Er sprach davon, dass er dann nicht in die missliche Lage seiner Verletzungen gekommen wäre und niemals den Doktor in Anspruch genommen hätte. „So ein Blödsinn, Sherlock! Du hast auch öfter einstecken müssen, als du noch alle Gedanken beisammen hattest! Du konntest nämlich noch nie den Mund halten, schon als Kind nicht.“ Mycroft schmunzelte. „Vater musste dich mehr als einmal übers Knie legen.“ „Ich konnte mich auch die letzten Jahre selbst zusammen flicken!“, wehrte der Verletzte ab und hoffte den Älteren zu überlisten. „Und selbst wenn ich das nicht gekonnt hätte, wäre ich sehr wahrscheinlich bei einem anderen Arzt gelandet.“ Nun schien der Ältere sichtlich amüsiert. „Also wirklich Sherlock! Dir sollte doch klar sein, dass ich durch aus darüber informiert bin, dass du dem Doktor nachgeschlichen bist und immer wieder den Kontakt zu Judy gesucht hast! Du konntest also nirgendwo anders landen als hier!“ Ein deutliches Rot zierte nun Sherlocks Wangen und er gab nach, auch wenn das einen sehr großen Widerwillen in ihm auslöste, was wohl normal unter Geschwistern war, so entschied er. „Ich sah Watson, als er von der Polizei um Hilfe gebeten wurde. Ich...“ Er stand auf und ging langsam zum Fenster. „...weiß nicht warum, aber etwas leitete mich und sagte mir, ich solle ihm folgen.“ „Polizei? Ach der Fall Adair, um den so einen Wirbel gemacht wir, dabei ist er doch ganz offensichtlich mit einem Luftgewehr erschossen worden!“ Wie nebensächlich wischte Mycroft das Thema vom Tisch. „Aber es ist verständlich, dass er deine Aufmerksamkeit auf sich zog. Dein Unterbewusstsein hat ihn wohl nicht vergessen.“ Holmes Blick wurde leer, als er aus dem Fenster sah. „Das wirkt unglaublich!“ „Es ist dennoch nicht weniger war“ konterte sein Bruder und lehnte sich in den Stuhl. „Eins ist mir nur noch schleierhaft.“ Und Sherlock verstand automatisch, weshalb er die unausgesprochene Frage beantwortete. „Ich erwachte auf einem Felsen in meinem Blut. Über und unter mir der Wasserfall.“ „Pures Glück also? Der Aufprall muss aber hart gewesen sein, da du bewusstlos gewesen sein musst, während der Suchaktionen, die Stundenlang angedauert haben.“ „Die Sonne ging auf.“, berichtete der Jüngere weiter. Er bebte und dachte mit Unwillen an das was danach geschah. Mycroft stand auf und trat zu ihm, um eine Hand auf Holmes Arm zu legen. „Du hast dich gut durchgeschlagen, aber jetzt solltest du weiter Bettruhe halten, sonst wird der Doktor uns zürnen.“ „Es ist alles so fremd hier und ich habe Dinge getan, die sie oder der Doktor vermutlich nie tun würden. Ich denke nicht, dass ich lange genug bleiben sollte um in ihm Emotionen zu verursachen.“ „Du redest schon wieder Unsinn, Sherlock! Ich mag mich aus kriminellen Dingen heraus halten, dass liegt aber eher daran, dass sie mir zu viel körperliche Mühe kosten würden. Was deinen lieben Watson angeht, so würden ihn einige seiner Geheimnisse ins Zuchthaus bringen!“ Mycroft schmunzelte selbstzufrieden und führte seinen Bruder zurück zum Bett. „Du musst also nicht weglaufen, damit würdest du deinem Watson nur das Herz brechen und wohl auch das der kleinen Judy!“ Er wurde aus großen Augen angesehen, als er von Gefühlen sprach die der Arzt für ihn haben sollte, doch der Schmerz in Holmes Brustkorb verdrängte das Chaos in seinem Kopf sofort wieder, als er im Bett zum Liegen kam. Das versuchte er aber beides zu überspielen und redete nun wieder weiter. „Was ist eigentlich mit Mrs. Watson geschehen? Starb sie am Kindbett? Die Prinzessin sagte mir, sie war schon immer mit ihrem Daddy allein.“ „In der Tat! Sie hatte keine Möglichkeit mehr, Judith aufwachsen zu sehen.“ Als wäre er ein kleines Kind wurde Holmes von seinem Bruder richtig zugedeckt. Doch das Rot in dessen Gesicht wurde nur noch ausgeprägter, denn er, Holmes, verstand nun, dass er eine heimliche Liaison mit Watson gehabt hatte. „Die Prinzessin hat dennoch ein ausgesprochen sonniges Gemüt!“ „Sie ist ein liebes Kind, wenn auch ein ziemlicher Wildfang!“ Mycroft sprach mit viel Zuneigung, was deutlich machte, dass er der Kleinen nahe stand. „Wenn es ihnen nichts ausmacht, würde ich mich ein anderes Mal gern einmal mit ihnen unterhalten.“, wollte Sherlock das Gespräch beenden, denn er wollte nun mit Watson sprechen, da er Unmengen an Fragen für diesen hatte. „Das ist in Ordnung. Ich werde dich wieder besuchen kommen, wenn du dich etwas erholt hast.“ Der Ältere stand auf und beugte sich noch einmal übers Bett und drückte sanft den Arm seines Bruders. „Erhole dich gut, Bruder.“ „Ich danke ihnen, denke ich...“ Holmes schloss die Augen und wartete darauf, dass er allein war. Leise verließ der ältere Holmes das Zimmer und traf Watson an dessen Schreibtisch. „Es ist, als würde er ahnen, wer Judy wahrhaft ist. Denn ich sah, wie seine Augen von einer tiefen Liebe sprachen, als er von ihr redete.“ „Sie hat ihn auch sofort ins Herz geschlossen.“ Der Arzt seufzte und rieb sich erschöpft über das Gesicht. „Die Situation ist so… es ist alles viel zu kompliziert…“ „Nun, ich denke, dass er den ersten Schritt in euer altes Leben gefunden hat, als er sie verfolgt hat. Sie wissen, ich bin niemand, der Dinge schön redet. Aber ich bin davon überzeugt, dass er irgendwann sein Gedächtnis wiederfindet.“, lächelte der Ältere und deutete zur Türe. „Dennoch werde ich jetzt erst einmal in den Club fahren. Sie wissen ja, die Regeln!“ „Genießen sie die Stille, ich werde Judy von ihnen grüßen!“ „Ich danke ihnen und wünsche ihnen noch einen angenehmen Tag!“ Und so verließ Mycroft die Praxis und das Haus. Watson blieb etwas unschlüssig an seinem Schreibtisch zurück, doch schon nach einigen Minuten hielt er es nicht mehr aus und er suchte erneut Holmes auf. Der lag mit offenen Augen in seinem Bett, auch wenn er sehr erschöpft war. „Hallo... John...“, grüßte er den Arzt, als dieser eintrat. Blaue Augen weiteten sich und Watson spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. „Ich…hallo…“ Er wurde mit fast leeren Augen betrachtet. „Es ist im Augenblick alles sehr viel... Na ja, zumindest seit ich bei ihnen erwacht bin...“ Beinahe schüchtern trat Watson zu ihm ans Bett und setzte sich wieder auf den Stuhl, der daneben stand. „Das kann ich mir denken, mein Verstand schlägt auch schon Purzelbäume.“ „Trotzdem bin ich froh, dass sie jetzt zu mir gekommen sind.“, erklärte Holmes weiter. „Ich hoffe sehr, dass ich ihnen eine Hilfe sein kann.“ Watson lächelte aufmunternd, war aber nicht in der Lage Blickkontakt herzustellen. Holmes nickte und begann. „Sie haben mich bei meinem Erwachen Sherlock genannt. Nun, inzwischen weiß ich auch warum.“ Erneut errötend sah Watson auf und ihn an. „Wie meinen?“ „Dieser Mann, der sich als mein Bruder ausgibt. Ich habe ihn nach der Prinzessin gefragt und mehr erfahren, als er sagte.“, berichtete der Ältere und versuchte tief durchzuatmen. „In so etwas waren sie immer schon gut…“ hauchte der Jüngere als Antwort und sah verlegen zur Seite. „Wollen sie es mir nicht lieber selbst erzählen, John? Habe ich nicht ein Recht darauf zu erfahren, warum ich ins Zuchthaus kommen könnte? Selbst jetzt wo ihre Frau tot ist und sie es nicht mehr ganz so extrem verstecken müssen...“, verlangte Holmes zu wissen. Der Arzt fuhr sich nervös mit der Hand über das Gesicht. „Was heißt verstecken… Mary wusste schließlich bescheid.“ „Es muss ihr große Schmerzen bereitet hat, wenn sie es geduldet hat!“, stellte der Ältere fest. „Oder hat sie nur geschwiegen, weil sie Angst hatte, allein zu stehen, wenn sie ihr weggenommen werden?“ Die Hände des Arztes schlangen sich ineinander und deuteten an, wie unangenehm ihm das Thema war. Wohl auch, weil er all diese Geschehnisse und Emotionen bereits mit Holmes und Mary begraben hatte. „Unsere Ehe hatte sich schon früh mehr als enge Freundschaft entpuppt und sie war glücklich, dass ich glücklich war.“ „Ihre ehelichen Pflichten waren also uninteressant für ihre Frau.“, stellte Holmes fest. „Hatte sie die gleiche Neigung wie sie, John, für ihr eigenes Geschlecht?“, fragte er aber sofort weiter. Er meinte es nicht böse, wie schon früher, sondern wollte lediglich alles bis ins kleinste Detail wissen. Zumindest so lange, wie es sein Kopf zuließ und nicht noch mehr zu schmerzen begann. Etwas brüskiert setzte sich Watson noch etwas grader hin. „Das ist noch immer Marys Privatsache, aber ich kann versichern, dass sie keinerlei Interesse solcher Art an Frauen hatte!“ Nun griff Holmes kurz nach seiner Hand, weil er das Bedürfnis verspürte, den Jüngeren berühren zu müssen. Dabei sah er diesen sehr mitfühlend an. „Sie war ihnen sehr wichtig! Ein Grund mehr, warum ich nicht verstehe, dass sie und ich... eben ins Zuchthaus kommen könnten.“ „Sie war mir sehr wichtig, aber nicht so wichtig wie sie Holmes…“ hauchte Watson ihm da entgegen und sah auf ihre vereinten Hände. Automatisch zuckte der Detektiv zurück. „Aber... Sie haben doch auch eine gemeinsame Tochter!“ „Und ich danke Gott jeden Tag dafür, dass ich mit Judy gesegnet wurde.“ „Sie hat große Ähnlichkeit mit ihnen!“, lächelte Holmes nun sanft. Der väterliche Stolz vertrieb das Unbehagen und er lächelte den Älteren an. „Sie ist bezaubernd, nicht wahr?“ „Eine wahre Prinzessin!“, bestätigte Holmes und sah verlegen zur Seite. „Sie hat sie Beide auch gerettet!“ „Gerettet?“ Verwirrt wurden die rosa Wangen des Detektivs angesehen. „Ich bin ihnen gefolgt. Warum weiß ich selbst nicht, doch ich wollte mehr über sie wissen. Seit dem Tatort, an dem sie zuletzt waren. Danach haben sie sich mit der Prinzessin getroffen. Auch da folgte ich ihnen weiter. Als sie ihr Essen bezahlten, dachte ich mir, ich könnte sie dazu bewegen, wenn die Prinzessin an meiner Hand ist, mit mir in eine Seitengasse zu kommen. Aber dann kam alles anders...“, erklärte der und wurde noch roter. „Sie wollten uns ausrauben?“ fragte Watson leise nach und griff nun von sich aus nach der Hand des Detektivs. „Es hätte sich gelohnt, ich hatte noch zehn Schilling in der Tasche und meine Uhr hätte vielleicht auch noch ein paar Pfund gebracht.“ „Die Prinzessin hat sie davor bewahrt. Ich sprach sie an und sie hatte keine Angst. Viel eher war sie skeptisch und hat direkt Dinge gesehen, die ich niemandem je sagen würde. Sie ist sehr intelligent. Dann hat sie mir noch etwas von ihrem Essen abgegeben und sie kamen aus dem Geschäft.“, erzählte Holmes weiter. „Sie ist wirklich sehr klug und gutherzig. Auf dem ganzen Heimweg musste ich ihr versprechen, dem ‚schmutzigen Mann’ etwas zu Essen geben, wenn er wieder kommt.“ „Ich weiß.“, gestand Holmes. „Ich war nie weiter als ein paar Schritte von ihnen entfernt.“ „Ist es seltsam, dass mich das freut?“ „Es zeugt davon, dass sie einen Hang zu gefährlichen Situationen haben!“, erklärte er nun und sah dann entschuldigend aus. „Ich weiß nicht, ob es gut war, oder nicht...“ „Ich denke, es war sehr gut, denn jetzt sind sie endlich wieder zu Hause!“ „Was bringt ein Heim, wenn man jenes nicht kennt?“, fragte Holmes nun leise und schmerzlich. Verständnisvoll wurde seine Hand gedrückt. „Sie können es nun wieder kennen lernen.“ Er seufzte und sah Watson entschuldigend an. „Ich fürchte mich davor!“ „Ich werde ihnen bei jedem Schritt helfen, dass verspreche ich ihnen!“ schwor der Jüngere und drückte seine Hand. „Vielleicht hilft es sogar ihre Erinnerungen zu wecken. Ich muss nämlich gestehen, dass ich kein Experte bei Kopfverletzungen bin, wenn das denn der Ursprung ist für ihr Leiden ist.“ Da berichtete Holmes ihm das Selbe, wie er zuvor bereits Mycroft erzählt hatte. Watson rutschte mit dem Stuhl noch etwas näher heran, um Holmes zu betasten. „Können sie mir beschreiben, was für Verletzungen sie davon getragen haben, bei diesem schlimmen Sturz?“ Aber der Ältere entzog ihm zuerst seinen Kopf, bevor er ihn drehte und dem Arzt eine Narbe am Hinterkopf zeigte, welche kurz über dem Ansatz der Wirbelsäule am Kopf saß. „So wie das Blut verteilt war, bin ich wohl auf dem relativ glatten Stein aufgeschlagen.“ „Ich könnte einen Kollegen hinzuziehen, vielleicht könnte er helfen“ schlug Watson vor und untersuchte die Narbe. „Haben sie sich selbst versorgt?“ „Blieb mir eine andere Wahl?“, entgegnete sein Patient, bevor er sich wieder zurück zog. „Keine weiteren Ärzte!“ „Aber er könnte doch helfen und Doktor Jones ist vertrauenswürdig, dass schwöre ich ihnen!“ „Nein!“, bestand Holmes und zuckte, als ihm bei der Heftigkeit der Brustkorb schmerzte. „Ah...“ „Shh!“ Watson legte beruhigend die Hände auf die schmerzende Brust. „Bleiben sie ruhig liegen, ihre Rippen werden es ihnen danken.“ Sich vor der aktuellen Situation tatsächlich fürchtend, weil er auf einmal Angst bekam, Watsons Erwartungen nicht zu erfüllen, nicht der zu sein, den sich der Arzt wünschte, wechselte Holmes das Thema. „Ich würde gern etwas essen und trinken und ich möchte noch die Prinzessin sehen, wenn sie es erlauben.“ „Natürlich erlaube ich es. Ich werde das Dienstmädchen gleich anweisen etwas zu kochen und Judy sollte gleich wieder da sein!“ Watson erhob sich und lächelte den anderen Mann an. „Brauchen sie sonst noch etwas?“ „Ich wäre ihnen sehr verbunden, wenn sie mir noch etwas gegen die Schmerzen geben würden.“ Zögerlich sah Watson ihn an, nickte dann aber. „Natürlich. Ich komme gleich mit etwas wieder.“ „Ich danke ihnen!“ Watson eilte das Essen in Auftrag zu geben und kehrte dann mit einer Spritze zu Holmes zurück. Der sah ihn lächelnd an und legte seinen Arm frei um diesen abzubinden. „Sie sind sehr zuvorkommend!“ „Ich bin Arzt und sie haben Schmerzen.“ Watson half ihm beim abbinden und setzte ihm dann die Spritze. „Ich möchte sie aber bitten nicht mehr allein an den Medizinschrank zu gehen.“ „Sie machen das besser als ich...“, überging Holmes die Bitte. „Ich habe das offensichtlich bereits einige Male getan, irgendwie wusste ich, was ich getan habe. Aber ich zitterte doch, als ich dann die Haut durchstach...“ Watson stockte kurz in seinem Tun. „Ja… sie neigten dazu solche Hilfsmittel zu nutzen…“ „Nun, wenn ich immer so gezittert habe, werde ich das wohl nicht sehr oft getan haben.“, wollte sich der Ältere sagen, doch der, fast schmerzlich, Blick des Doktors sprach von etwas anderem. Nur begann sein Schmerzmittel zu wirken und Holmes zur Zeit ungeübtes Auges sah es daher nicht. „Was wird es denn zu Essen geben?“ „Nur etwas Suppe. Ich will ihren Magen nicht überfordern. Sie sollten die nächsten Tage ihre Diät leicht halten.“ „Oh, ich bekomme wirklich eine warme Suppe?“, begeisterte sich der Patient sofort. Es schmerzte Watson diese Freude zu sehen, da sie davon sprach, wie oft sein Freund ohne eine warme Mahlzeit verblieben war. „Sie bekommen sie ab jetzt so oft sie wollen.“ „Ein Teller reicht, vielen Dank mein Herr!“ Holmes strahlte und streichelte Watsons Finger. „Das sie wieder da sind, ist aller Dank den ich brauche!“ versicherte Watson ihm sanft, doch bevor er dann noch etwas Weiteres sagen konnte, ertönte ein lautes „Daddy!!!“ Sofort war Holmes hellhörig geworden und versuchte sich etwas aufzusetzen. „Die Prinzessin!“, lächelte er vor sich hin. „Wenn sie liegen bleiben, hole ich sie her“ erklärte Watson und versuchte ihn so ans Bett zu fesseln. Was er auch schaffte, denn Holmes war völlig vernarrt in das Kind. „Ich werde ganz brav bleiben, mein lieber, lieber Watson!“ Jener strahlte triumphal und stand auf, um seiner Tochter entgegen zu eilen. „Daddy!“, rief sie wieder und fiel ihm in die Arme. „Geht es dem schmutzigen Mann jetzt besser??“ Zärtlich wurde sie geküsst. „Das tut es und das hat er nur dir zu verdanken!“ „Ehrlich?“, fragte sie freudig und hüpfte in seinen Armen. „Ganz ehrlich und er will dich unbedingt sehen.“ „Dann... dann will ich ihn sehen!“, lachte Judy und drückte den Hals ihres Vaters. „Ganz schnell!“ Watson küsste ihr die Wange. „Dann komm.“ Er musste sie absetzen, da ihn sein Bein gerade etwas quälte. Das kümmerte sie auch gerade sehr wenig und sie lief vergnügt vor. Kapitel 3: ----------- „Geht es ihm wirklich wieder gut??“ „Nun, er wird sich noch eine ganze Weile schonen müssen, aber er wird wieder ganz heil werden!“ Sie kamen zu dem Patientenzimmer und Watson öffnete ihr, nach einem Klopfen, die Tür. Sofort stürmte Judy zum Bett und Holmes lächelte ihr zu. „Hallo Prinzessin!“ „Hallo“ hauchte sie, plötzlich ganz schüchtern. Ihr streckte sich seine Hand entgegen. „Tut mir sehr leid, wenn ich dich erschreckt haben sollte!“ Zart lächelnd ergriff sie seine Hand. „Ist in Ordnung, Daddy kann schließlich alles wieder heil machen.“ Nun traf Watson ein sanfter Blick aus grauen Augen. „Ja, das kann er wirklich!“ Mit leicht rosa Wangen erwiderte jener das Lächeln und setzte sich auf den Stuhl. „Er ist toll, nicht?“ Freute Judy sich weiter, sichtbar stolz auf ihren Vater. Auch das bejahte ihr Freund. „Ja, du hast einen ganz tollen Daddy!“ Holmes lächelte ihr zu und zwinkerte. „Wenn du magst, bleibe ich auch ein paar Tage bei euch.“ „Wirklich??“ Aufgeregt sah sie erst ihn und dann ihren Vater an. „Darf er Daddy??“ Jener schmunzelte und strich ihr durch die blonden Locken. „Aber ja, Spatz. Er darf so lange bleiben wie er will.“ „Oh danke, danke, danke!!!“, schrie sie fast begeistert und warf sich an ihn. Lachend hob Watson sie auf sein gesundes Bein und umarmte sie. „Bitte doch.“ „Können wir ihn auch für immer behalten?“, fragte Judy jetzt fröhlich und kuschelte sich an. Ihr Vater schmunzelte und küsste ihr den Schopf, bevor sein Blick zu Holmes wanderte. „Er ist kein Hund, den man einfach behalten kann, du wirst ihn also fragen müssen.“ Und so drehte sie sich wieder zu dem Detektiv und strahlte ihn an. „Willst du für immer bleiben?“ Über ihre Schulter hinweg lächelte Watson ihn erwartungsvoll an. Holmes Augenbraue zuckte, denn er hatte verstanden, was der Arzt bezweckt hatte. Trotzdem konnte er Judy nicht absagen. „Ich werde eine Weile bleiben, versprochen!“ Die Kleine strahlte übers ganze Gesicht. „Ganz lange!!“ „Wenn ich wieder aufstehen darf, kann ich ja mit dir im Hof spielen.“, schlug ihr jetzt der Ältere vor. Ihre kleinen Augen wurden unsagbar groß. „Au ja!!“ Holmes strich ihr liebevoll über die Wange. „Ich freue mich darauf!“ Sie lachte glücklich und schmiegte sich gegen seine Hand. „Das wird Spaß machen!“ „Aber wirst du mir eins versprechen?“, fragte der Schwarzhaarige nun nach. Artig nickte sie. „Das will ich gerne!“ Holmes strich noch einmal über ihre Wange, bevor er ihr tief in die Augen sah. „Sei vorsichtig, wenn dich Fremde ansprechen, ja?“ Judy zog die Nase kraus. „Das sagt Daddy auch immer!“ „Ich wollte dich und deinen Daddy ausrauben, bevor wir gesprochen haben, Prinzessin. Es kann also auch gefährlich sein und ich möchte dich nur beschützen!“, versuchte Holmes ihr zu erklären. Unschuldig blinzelte sie ihn an, bevor sie den Kopf Richtung Watson drehte. „Was heißt ausrauben, Daddy?“ „Das bedeutet, etwas nehmen, das einem nicht gehört.“ „Oh…“ Einen Moment sah sie unschlüssig aus. „Aber jetzt sind sie doch hier, dann gehört ihnen doch auch alles!“ Holmes nickte und zwinkerte ihr zu. „Weil du so nett zu mir warst und ich dich gern habe. Du hast mich also gut gemacht.“, versuchte er es ihr leicht zu erklären. „Wäre ich böse, hätte ich euch ganz viel Leid angetan und genau das kann dir mit Fremden passieren. Daher versprich mir, dich vor Fremden in acht zu nehmen, ja? Ich möchte nämlich, dass du sicher bist!“ Sie schien einen Moment über seine Worte nachzudenken, bevor sie wieder lächelte und nickte. „Ok!“ Sie hob eine kleine Hand. „Ich verspreche hoch heilig!“ Das brachte ihren neuen Freund zum strahlen und er strich ihr kurz über die Wange. „Ich danke dir Prinzessin, dass ist mir sehr wichtig!“ „Dann will ich mich ganz doll daran halten!“ versprach sie ihm und hibbelte fröhlich auf dem Schoß ihres Vaters herum. „Du bist ein gutes Kind!“, lächelte Holmes ihr zu und schloss kurz seine Augen. Freudig quiekte sie und kuschelte sich an ihren Vater. „Hörst du, Daddy? Ich bin gut!“ Der sah nun wie sein Patient wieder müde wurde, also küsste er seiner Tochter den Kopf, um sie etwas zu dämpfen. „Ich habe es gehört, Spatz. Und es ist schön, dass ihr euch so gut versteht, aber jetzt braucht er wieder Ruhe, damit er schnell wieder gesund wird.“ Er wurde aus großen unschuldigen Kinderaugen angesehen, die davon sprachen, dass sie Holmes nicht allein lassen wollte. „Aber...!“ Liebevoll, aber auch keine Widerrede duldend, wurde sie angesehen. „Du kannst ihn später noch einmal besuchen und ihm Gesellschaft leisten, ok?“ Jetzt sah Judy aus dem Fenster und sie schüttelte den Kopf. „Später schlafen!“ „Du darfst heute etwas länger aufbleiben und die Zeit mit Mr. Holmes verbringen, in Ordnung?“ Watson wurde aus zwei paar Augen verdutzt ausgesehen. Denn zum einen hörte Sherlock zum ersten mal seinen Namen als Anrede und zum zweiten kannte Judy den Namen ihre Freundes noch gar nicht. Dann blinzelte die Kleine und wollte etwas sagen, doch es verschlug ihr die Sprache. Lächelnd küsste ihr Vater ihr die Stirn. „Das ist natürlich eine Ausnahme, weil heute so ein aufregender Tag ist!“ Begeistert fiel sie ihm nun um den Hals. „Du bist toll, Daddy!“ „Na deshalb bin ich ja dein Daddy!“ lachte jener und drückte sie, bevor er sie auf den Boden setzte. „Und jetzt sei brav und geh noch etwas spielen, bevor es Dinner gibt.“ „Ok!“, lachte sie fröhlich und wand sich noch einmal mit all ihrer kindlichen Freude an Holmes. „Ich wünsche ihnen eine gute Besserung, Mr. Holmes und freue mich auf später!“, verabschiedete sie sich und lief aus dem Zimmer. „Ich hoffe es ist ihnen recht, wenn sie später noch einmal wieder kommt. Sie sehen nämlich sehr erschöpft aus.“ „Sie haben wirklich eine wundervolle Tochter! Ich fühle mich geehrt, dass sie so gern in meiner Nähe ist!“, erklärte Holmes, dass er damit völlig einverstanden war. „Das ist sie wirklich und ich bin froh, dass sie so glücklich ist, obwohl sie immer nur mich hatte.“ „Wer sollte nicht glücklich sein, wenn er einen so liebevollen Vater hat?“, fragte Holmes nun sanft und lächelte, als er Watson genau studierte. Jener errötete und senkte verlegen den Blick. „Ich tat einfach nur mein Möglichstes.“ „Vielleicht können sie ja irgendwann in Erwägung ziehen, wieder zu heiraten...“, überlegte Sherlock und griff nach der Hand seines Arztes. „Wenn sie sich rasieren würden und den Schnurrbart abmachen, werden sie unter Garantie ein gute und angesehene Frau bekommen!“ Das Rot in Watsons Wangen, war nun nicht mehr aus Scham. „Bitte was? Was hat mein Schnurrbart damit zu tun?? Und warum sollte ich noch einmal heiraten wollen??“ „Bitte verzeihen sie, wenn ich ihnen zu nahe getreten bin. Ich dachte nur, dass, wenn sie über die Trauer hinweg gekommen sind, vielleicht eine Frau finden könnten, die ihnen das geben kann, was ihre verschiedene Frau und dieser Sherlock Holmes ihnen zusammen gaben. Was ihren Schnurrbart betrifft, muss ich sagen, dass die französische Mode das zur Zeit vorschlägt und es könnte ihnen daher helfen eine junge Frau zu finden.“ „Judy und ich kommen sehr gut ohne Frau zurecht!“ verteidigte Watson brüskiert. Sanft wurden seine Finger gestreichelt. „Bitte zürnen sie mir nicht!“ Holmes lächelte. „Ich wollte ihnen nicht zu nahe treten. Sie sehen nur sehr traurig aus, im Gegensatz zu den letzten Tagen...“ Zurückhaltend wurde nach den Finger gegriffen. „Eine Frau würde mich nicht glücklicher machen.“ „Wenn ich etwas tun kann...“, bot Holmes an, seine Schuld von diesem Tag anders zu begleichen und spürte auch tief in sich, dass er für Watson auch ohne diese da sein wollte. „Sie sind wieder da, mehr brauche ich im Leben nicht“ versicherte der Jüngere ihm sanft. Da zog der Detektiv seine Finger wieder zurück. „Sie machen mir Angst!“ Die Schultern verspannten sich, als Watson sich auf dem Stuhl von dem Anderen weg lehnte. „Verzeihen sie.“ Holmes Magen knurrte, als er wieder die Augen schloss. „Dürfte ich dann noch ein paar Momente meine Augen schließen?“ „Ruhen sie sich nur aus, ich wecke sie schon, wenn ihre Suppe soweit ist.“ Als Watson dann später mit einem Tablett zurück ins Zimmer kam, war Holmes wieder tief und fest am schlafen. Außerdem war er offensichtlich am Träumen, denn seine Stirn wurde von einem Schweißfilm überzogen, seine Augen flatterten unter seinen Lidern heftig von links nach rechts und seine Lippen bewegten sich immer wieder, als würde er sprechen, doch sie verließ kein Ton. „Holmes?“ Vorsichtig kam Watson näher, da er ihn nicht zu ruppig wecken wollte. Da hörte er seinen Vornamen äußerst erotisch genuschelt und der Ältere atmete schwer. „Sind sie wach?“ fragte jener nach und berührte ihn zart an der Schulter. Erst da schlug Holmes die Augen erschrocken auf. „Wer? Was?“ „Ich habe ihnen ihre Suppe gebracht!“ Freudig deutete der Arzt auf das Tablett in seiner anderen Hand. Und graue Augen leuchteten begeistert auf. „Eine warme Suppe!“ Sofort hatte Holmes den Traum verdrängt und versuchte sich aufzusetzen. „Ihn danke ihnen sehr, Watson!“ „Seien sie nur vorsichtig“ wurde er ermahnt, damit er sich nicht beim Aufsetzen nichts zerrte. Doch schließlich saß Holmes, auch wenn es ihn sehr anstrengte. „Das riecht sehr gut!“ „Sie ist auch sehr nahrhaft und wird ihnen daher gut tun.“ Vorsichtig wurde ihm das Tablett auf den Schoß gestellt. „Guten Appetit.“ „Vielen Dank!“ Holmes lächelte sanft und begann sofort essen. Zufrieden lehnte Watson sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete ihn beim essen. Er schlang und schlürfte die Suppe und es war offensichtlich, sollte man ihm den Teller nehmen, bevor er diesen völlig geleert hatte, würde er äußerst aggressiv werden. „Sie müssen sich nicht hetzen, Holmes! Sie können so viel bekommen, wie sie wollen.“ Doch Watson erntete nur einen kurzen grimmigen Blick, bevor der Ältere weiter aß. Der Jüngere schmunzelte, ließ ihn aber machen, wie er wollte. Schließlich war der Teller leer und Holmes sah auf. „Vielen dank!“ „Wollen sie noch einen Nachschlag?“ fragte der Arzt wissend nach. Nun wurde sein Freund rot und senkte den Blick. „Bitte, sie haben schon so viel Mühe mit mir. Machen sie sich nicht noch mehr Umstände!“ „Unsinn! Wenn sie Hunger haben, sollen sie diesen auch stillen!“ Lächelnd nahm Watson ihm das Tablett ab. „Ich bin gleich wieder da!“ Noch immer unter roten Wangen wurde er betrachtet. „Darf ich dann den ganzen Topf haben?“ Nun doch etwas verdutzt sah Watson ihn an. „Ähm… warum nicht.“ Wieder bedankte sich Holmes und wartete artig darauf, dass er ging und zurück kam. Es dauerte nicht lange, bis Holmes der Topf gebracht wurde. „Ich sage ihnen, die liebe Lizzi hat ganz schön verwirrt geguckt, dass ich ihr gleich alles abnahm!“ Doch das interessierte den Detektiven nicht, denn erzog den Topf auf dem Tablett an sich und begann wieder zu essen. „Nun, dann essen sie sich mal satt!“ Es wären wohl insgesamt drei Teller gewesen, die Holmes gegessen hätte, als er den Deckel wieder auf den Topf legte und überfressen seufzte. „Oh, war das gut!“ Watson machte Anstalten ihm den Topf wieder abzunehmen. „Es ist schön, dass es ihnen so gut getan hat.“ Doch sofort wurde seine Hand weg geschlagen. „Sie sagten, ich könne soviel haben, wie ich wolle!“ „Natürlich! Ich dachte nur sie wären fertig!“ Beschwichtigend hob er die Hände. „Ich will ihn behalten!“, preschte Holmes jetzt hervor. Tief im Innern ängstlich, wieder hungern zu müssen und Watson setzte sich wieder ruhig neben ihn. „Fühlen sie sich denn jetzt besser?“ Er nickte und hielt sich den Bauch. „So gut habe ich das letzte Mal gegessen, als ich mich auf das Schiff geschmuggelt habe, für die Überfahrt nach England!“ „Von jetzt an werden sie immer so gut essen!“ versicherte der Arzt ihm lächelnd. Da öffnete sich ihm sein Patient vorsichtig. „...und wenn sich herausstellt, dass ich nicht der bin, für den sie mich halten?“ Seine Hand wurde sanft ergriffen. „Sie glauben mir also immer noch nicht? Nun gut, sollten sie nicht Sherlock Holmes sein, so sind sie nun ein Freund und auf Freunde achte ich immer besonders.“ „All das was sie mir erzählen und dieser Mann von vorhin. Es ist mir so völlig fremd! Nicht eine Sache kommt mir bekannt vor.“, erklärte er seinen Unglauben. „Das muss seltsam für sie sein“ gestand Watson ihm zu. „Aber ich erkenne sie, sie müssen sich also nicht fürchten.“ „Sie hielten mich für tot und das einige Jahre. Was ist, sollte sich herausstellen, dass ich ein guter Doppelgänger bin dem man eben auch die passenden Narben verpasst hat, damit er glaubwürdig ist?“, fragte Holmes nach. „Narben kann man kopieren, Muttermale nicht.“ Errötend scharrte Watson mit den Füßen. „Sie vergessen, ich war nicht nur ihr Arzt. Ich kenne ihren Körper.“ „Ich verstehe nicht.“, gab der Ältere zu und guckte ihn erwartend an. Sich verlegend räuspernd wandte Watson den Kopf zur Seite. „Drei winzig kleine Muttermale liegen direkt an ihrer Hüfte.“ Automatisch sah Holmes nach und errötete. „Oh!“ „Sie haben einige Punkte unter ihrem rechten Fuß, wo sie getestet haben, wie verschiedene Nadeln tätowieren“ zählte der Jüngere weiter auf, „und sie haben ein kleines Feuermal hinter ihrem linken Ohr.“ Er wurde mit erhobener Augenbraue betrachtet. „Diese Dinge kann ich jetzt auch kontrollieren!“ Watson schmunzelte. „Dann haben sie ja etwas, worauf sie sich freuen können!“ „Und wenn ich nicht mehr der werde, den sie haben möchte?“, fragte Holmes weiter ohne darauf einzugehen. „Dann lernen wir uns halt wieder neu kennen“ wurde es ruhig erwidert. „Mehr möchte ich gar nicht.“ „Ich verstehe trotzdem nicht.“, gab der Ältere zu. „Sie sagten, es gibt ein Grab...“ „Ein leeres Grab“ erklärte Watson es ihm. „Man nahm an, ihre Leiche sei fort gespült worden.“ „Haben sie Bilder von mir? ...von uns?“ „Nicht so viele, wie ich gern hätte, aber ja, durchaus.“ „Dürfte ich mir diese vielleicht ansehen?“, fragte Holmes weiter. „Wenn Judy im Bett ist, werde ich ihnen alles zusammen suchen, das könnte ein Weilchen dauern.“ „Ich danke ihnen!“ Holmes gähnte und entschuldigte sich. „Bitte verzeihen sie, ich bin wohl mehr lädiert, als mir lieb ist.“ „Sie haben eine harte Zeit hinter sich, da ist das verständlich.“ Lächelnd erhob der Arzt sich. „Ich lasse sie dann noch etwas ruhen!“ Holmes schlief noch etwas und hatte dann am Abend noch etwas Zeit, mit Judy zu reden und ihr Geschichten vorzulesen. Außerdem sah er sich danach gemeinsame Bilder mit Watson an. Doch auch wenn er sich extra bemühte, er erinnerte sich nicht. Kein einziges dieser Bilder löste auch nur eine Reaktion bei ihm aus. Auch die Träume die er danach hatte, halfen ihm nicht. War es doch, als ob er die Geschichten des Arztes mit den Bildern verband, die dieser ihm gezeigt hatte. Jedoch fühlte er sich am nächsten Tag etwas besser, auch wenn er das erst nach einer Dosis Morphium zugab. „Und sie wollen jetzt diesem Lestrade bescheid geben, dass sie Sherlock Holmes gefunden haben?“ „Er würde mir den Hals umdrehen, würde ich es nicht tun!“ lachte der Jüngere, während er Holmes den Verband wechselte. Der beäugte ihn dabei ganz genau. „Und wenn er mich erkennt? Also, ich werde gesucht...“ Watson griff nach seiner Hand und drückte diese ermutigend. „Er wird ihnen sicher nichts anhaben können! Außerdem ist er ein Freund.“ „Ist er einer dieser Freunde, die bescheid wissen?“, fragte Holmes nach und sah auf ihre Verbindung, als würde sie ihn bannen. Watson errötete. „Nein, davon weiß er nichts.“ „Dann weiß ich, welche Gesprächsthemen vermieden werden sollten.“, erklärte sein Freund und zuckte, als eine rote Stelle seiner Wunde berührt wurde. „Verzeihen sie. Ich versuche vorsichtiger zu sein.“ Aufmunternd sah Watson ihn an. „Aber sorgen sie sich nicht um Lestrade, er ist ein feiner Kerl, wenn auch etwas eigen.“ „Dann will ich artig sein.“, versprach Holmes. Am Vormittag, als Watson keine Patienten hatte, nahm er eine Droschke zu Scotland Yard und bat dort mit Inspektor Lestrade sprechen zu dürfen. Weil er selten freiwillig zu ihm kam, war der Inspektor erfreut und ließ ihn gleich in sein Büro bringen, wo er ihn empfing. „Doktor Watson! Was für eine Seltenheit!“ Der Arzt setzt sich, auf einen angebotenen Stuhl und lächelte den Älteren nervös an. „Mich treibt auch etwas ganz Erstaunliches her.“ „Ich bin ganz Ohr und wäre erfreut auch ihnen einmal behilflich sein zu können!“, erklärte Lestrade seine Offenheit und ging zu einem kleinen Schrank in dem er Spirituosen aufbewahrte. „Darf ich ihnen etwas zu Trinken anbieten?“ „Ich könnte etwas vertragen, aber schenken sie sich nur auch etwas ein, Gregory! Sie werden es brauchen!“ Es war selten, dass Watson den Inspektor beim Vornamen nannte, welches sie erst nach Holmes Beerdigung begannen und so zog Lestrade eine Augenbraue in die Höhe, als er ihnen guten Cognac einschenkte und zurück zum Schreibtisch kam. „Das hört sich aber geheimnisvoll an, John!“ „Nun, wie würden sie es denn sonst nennen, wenn ein Toter wieder aufersteht?“ Grinsend nahm Watson sein Glas an. „Ein Toter?“, fragte der Inspektor nach, bevor er ihm zu prostete. John Watson nahm einen kräftigen Schluck, bevor er das Glas absetzte. „Sherlock Holmes ist in meinem Haus, samt Puls und Atmung!“ Sofort schlug Lestrade in seinem Kalender nach, bevor er den Arzt besorgt betrachtete. „Sagen sie, John. Es sind jetzt dreieinhalb Jahre. Wie geht es ihnen seit jenem Tag?“ Schmunzelnd lehnte sich der Jüngere in seinem Stuhl zurück, nicht aber ohne sein Glas zu leeren. „Es waren schwere dreieinhalb Jahre, die mir nur durch meine Tochter erhellt wurden, wie sie ja sehr genau wissen.“ Ihm wurde noch einmal nachgeschenkt. „Ja, genau und das ist es, was mir Sorgen bereitet.“ „Ich habe meinen Verstand nicht verloren, wenn es das ist, was sie befürchten.“ Watson nahm einen neuen Schluck. „Holmes ist am Leben!“ Der Blick des Älteren wurde ein wenig mitleidig und er nickte. „Sie scheinen überzeugt...“ „Natürlich! Er ist schließlich keine Geistererscheinung!“ „Und er stellt selbstverständlich keine Forderungen, was sein Leben betrifft?“, stellte Lestrade fest. Watson grinste grimmig. „Gerade will er nur etwas zu essen.“ Sein Gegenüber seufzte und nickte. „Natürlich! Dürfte ich mir diesen Mann einmal persönlich ansehen? Auch wenn sie glauben, dass ich mich zu viel um sie sorge.“ „Natürlich dürfen sie das, doch ich muss sie vorwarnen!“ „So?“ Lestrade wusste, dass ein Hacken an der Sache war und das machte ihn noch skeptischer. „Holmes hat den Sturz bei den Reichenbach Fällen zwar überlebt, aber nicht unverletzt. Er hat keinerlei Erinnerung daran, wer er ist oder wer er war.“ „Oh, davon bin ich fest überzeugt!“, erklang es ironisch und der Inspektor trank sein Glas leer. „Wollen wir gleich aufbrechen?“ Auch Watson leerte sein Glas und erhob sich. „Kommen sie nur und überzeugen sich selbst!“ „Nur zu gern!“ Und schon eine kleine Weile später betraten sie die Praxis des Arztes. Watson klopfte ans Patientenzimmer und ließ sie dann selbst ein. „Holmes?“ Sein Patient hatte sich inzwischen selbst aus dem Bett entlassen und saß ziemlich verkrampft auf einem Stuhl um Judy aus dem Fenster im Hof beim Spielen zuzuschauen. „Hallo Watson.“ Missbilligend seufzte jener, als er ihn sah. „Wir sollten dringend darüber sprechen, was Bettruhe bedeutet!“ „Ich kann nicht mehr schlafen und es war so ermüdend einfach nur zu liegen. Bitte verzeihen sie! Außerdem freut es Judy sehr, wenn ich ihr zusehe.“ Schwerfällig erhob sich der Detektiv und kam auf ihn und seinen Gast zu. „Und wie ich sehe, haben sie mir heute erneuten Besuch mitgebracht...“ Der kleinere, rattengesichtige Mann war hinter Watson eingetreten und musterte den Patienten mit erschrockener Miene. „Eine erstaunliche Ähnlichkeit…“ Er wurde von Holmes gemustert, der ebenso feststellte. „Ein erstaunlicher Skeptiker. Ich danke ihnen, Mr. ...?“ „Inspektor Lestrade! Das wüssten sie natürlich, wenn sie…!“ „Ihre Erinnerung hätten!“ unterbrach Watson den Inspektor mit bösem Blick. „Sehr erfreut!“, grüßte Holmes den Besucher. „Was kann ich für sie tun?“ „Sie könnten sich selbst erst einmal vorstellen!“ blaffte Lestrade und verschränkte die Arme vor der Brust. Weil er den Glauben an den, der er sein sollte, noch nicht gefunden hatte, zuckte Holmes zurück und sah verunsichert zwischen Watson und Lestrade hin und hier. „Ich gehe doch sicher recht in der Annahme, dass Watson ihnen bereits sagte, wer ich sei...“ Lestrade verzog misstrauisch das Gesicht. „ Er sagte mir, wer er glaubt, dass sie sind. Doch mein Freund hat ein gutes Herz, welches zu viel hat erdulden müssen…“ Sofort an etwas anderes denkend, wurde der groß gewachsene Schwarzhaarige rot und wandte sich mit schmerzlichem Gesicht ab. „Ich kann ihnen nicht sagen, ob er Recht hat oder nicht." „Sie behaupten also nicht Sherlock Holmes zu sein??“ „Ich kann nicht leugnen, dass Doktor Watson grundlegende Beweise hat.“, entgegnete Holmes unsicher. „So? Und was für Beweise sollen das sein?“ bellte Lestrade ihn regelrecht an. „Narben die er benennen kann.“, erklärte der Detektiv. „Hm! Wie ich bereits sagte, scheint sich der liebe Doktor sehr zu wünschen, dass sie der besagte Herr sind!“ Holmes fasste sich an den Kopf und wünschte sich raus aus dieser Situation, denn er konnte weder dem einen noch dem anderen recht geben. „Körpermale...“, versuchte er es dennoch einmal leise, weil er seinem Helfer nicht in den Rücken fallen wollte, was daher sehr unglaubwürdig klang. „Hm!“ Immer noch nicht überzeugt wanderte der Inspektor nun auf und ab, Holmes dabei nicht aus den Augen lassend. „Wenn sie Sherlock Holmes sein sollten, so müssen sie eine Erklärung haben, wo sie die letzen Jahre waren!“ Jetzt wich dieser sogar etwas zurück, denn genau das konnte er ihm nicht sagen, aus Angst ins Gefängnis zu müssen. „Das habe ich nicht...“, log er daher. „Welchen Beweis habe ich dann, dass sie kein Hochstapler sind?“ fragte der Inspektor angriffslustig. „Gregory…bitte…“ versuchte Watson ihn von seinem Feldzug abzubringen. „Es gibt keine Beweise für das, was du hoffst in ihm zu sehen. Ich gehe hier von einem gut geplanten Coup aus und werde ihn daher wegen dem Versuch eines groß angelegten Betruges festnehmen müssen. Tut mir leid, John!“, entgegnete Lestrade und ignorierte, wie Holmes sich gänzlich an den Kopf griff. Außerdem glaubte er, dieser würde die Schmerzen vortäuschen. Beschützend stellte der Arzt sich vor Holmes. „Halten sie mich für so leicht gläubig?? Er ist, wer er ist, daran habe ich keinen Zweifel!“ Und da wollte Sherlock ihm helfen. „Dieser Mann, gestern, dieser Bruder... Er hat gesagt, er glaubt ihnen und ist von mir überzeugt!“ Ernst nickte Watson ihm zu. „Mycroft hat ihn ebenfalls wiedererkannt!“ Lestrade zog eine Augenbraue in die Höhe. „Auch er ist ein Bruder, der einen großen Verlust erlitten hat.“ Dann sah er zu Holmes und trat weiter auf ihn zu. „So leid es mir für meinen Freund Watson tut, aber hiermit nehme ich sie fest, wegen versuchten Betruges in großem Stil!“ ----- so, wir wurden gefragt, daher wollen wir kurz erklären... (wie bereits bei der ff 'Im Wirbel der Zeit') holmes und watson sind ganz genau so wie im film, vom aussehen... nur das holmes größer ist als watson, eben ganz so wie in den büchern Kapitel 4: ----------- „Gregory! Ich bitte sie!“ rief der Arzt da auf und wollte ihn aufhalten. „Zeigen sie doch Verständnis!“ Doch, als der Inspektor den vermeidlichen Betrüger festnehmen wollte und seine Handschellen zückte, machte dieser eine unglaubliche Feststellung. „Ihre Trauer ist nicht minder gering, wenn auch wesentlich älter. Ich würde an ihrer Stelle ganz ähnlich handeln!“ Verdattert sahen die dunklen Augen des Polizisten ihn an. „Was??“ „Ihre Frau.“, erklärte Holmes. „Sie starb vermutlich am Kindbett, wenn ich ihren Blick vorhin zu Judy richtig gedeutet habe.“, fuhr er fort. „Es ist schon eine kleine Ewigkeit her, denn ihr Finger hat den Abdruck des Eheringes nicht mehr. Dennoch tragen sie den Ring von ihrer verstorbenen Frau und ihnen selbst bei sich. Unter ihrem Hemd an einer Kette.“ Er fasste sich an den Kopf und schwankte, da ihm schwindelte. „Und auch wenn ich ihnen nicht sagen kann, wer ich wirklich bin, kann ich verstehen, warum und wovor sie ihren Freund schützen wollen!“ Lestrade schluckte und schwankte einen Schritt zurück. Waren diese Worte doch denen gleich, die Sherlock Holmes bei ihrer ersten Begegnung gesprochen hatte. „Sie… sie sind es wirklich…“ Keuchend wurde er inzwischen von dem Patient angesehen, der darauf wartete jeden Moment festgenommen zu werden. Watson trat da an seine Seite und stützte ihn vorsichtig. „Wären sie so freundlich und setzen sich mit Mycroft in Verbindung, um alles Rechtliche zu klären?“ Sprachlos nickte der Inspektor und zog sich dann mit einem gemurmelten: „Verzeihung“ zurück. „Ihre Frau wird glücklich sein, da sie sehen kann, wie sehr sie heute noch geliebt wird.“, hauchte Holmes Lestrade noch nach. Kaum war jener aus der Tür wurde Holmes vorsichtig in Watsons Arme gezogen. „Ich bin noch hier...“, hauchte der Ältere ungläubig und ließ sich halten. „Und sie bleiben hier“ versicherte Watson ihm erleichtert. Da gaben Holmes Beine unter ihm nach und er sackte in den Armen seines Arztes zusammen. „Vorsicht, Vorsicht, lieber Freund!“ Watson hielt ihn fest und trug ihn beinahe zurück zum Bett. „Ich bin froh!“, nuschelte er in seinen Armen. „Jetzt kann sie keiner mehr weg nehmen“ versicherte der Jüngere und konnte gar nicht anders als einen Kuss auf den schwarzen Schopf zu drücken. In den folgenden Tagen kümmerten sie sich ausschließlich um die körperliche Genesung des Detektiven und als es diesem besser ging, konnte ihn keiner mehr im Bett halten und er wollte mit Judy in den Hof zum spielen. Wie eine Übermutter stellte Watson ihm einen Lehnstuhl nach draußen und hielt auch eine Wolldecke für ihn bereit. „Überanstrengen sie sich nur nicht! Ihre Rippen brauchen dringend noch Schonung!“ „Aber Daddy! Du lässt ihn aussehen wie einen alten Mann!“, beschwerte sich da seine Tochter, die auf Holmes Schoß klettern wollte. „Ich passe nur gut auf ihn auf!“ verteidigte sich ihr Vater mit vor Verlegen geröteten Wangen. Da kicherte Judy und kuschelte sich an ihren Gast, immer auf Vorsicht bedacht, da sie wusste, dass er noch Schmerzen hatte. „Du siehst aus wie Mrs. Johnson, die ihren Mann anguckt!“, erzählte sie von ihren frisch verheirateten Nachbarn. „Judy!“ brüskierte sich ihr Vater da und wurde noch röter. Da schmunzelte Holmes und strich seiner Prinzessin sanft durch die blonden Locken. „So etwas sagt man nicht, meine Prinzessin! Es gibt Menschen, die so etwas falsch verstehen und dann bekommen dein Daddy und ich Ärger.“, versuchte er ihr die aktuelle Gesetzeslage zu erklären. Die Kleine blinzelte ihn verwirrt an. „Wieso?“ „Weil...“ Hilfe suchend sah Holmes zu Watson. „Eben nur Mann und Frau einander so ansehen dürfen.“ „Warum?“ „Das erklärt dein Daddy dir, wenn du älter bist und es wirklich verstehen kannst.“, versprach Sherlock nun. „Ok!“ Fröhlich und unbedarft, wie es nur ein Kind sein konnte hüpfte sie von seinem Schoß, um mit ihrem Ball zu spielen und ruhig sah er ihr nach. „Sie ist ein wahrer Sonnenschein!“ „Sie ist ein Engel“ korrigierte Watson sanft. Er wurde mit einem neugierigen Blick betrachtet. „Sie haben noch Hoffnungen, sehe ich das richtig?“ Wieder wurde der Jüngere verlegen. „Kann man mir das verdenken? Wo ich so lange allein war…“ „Und wenn ich nicht mehr das Richtige für sie bin?“, fragte der Ältere sanft. „Werde ich damit leben müssen“ erklärte Watson tapferer als er sich fühlte. „Es wird ihnen nicht gut tun!“, stellte Holmes fest und sein Blick wurde besorgt. „Der Inspektor hatte Recht, als er meinte, sie haben bereits zu viel durch gemacht!“ „Daran ist nun nichts mehr zu ändern. Ich habe viel erlebt und viel überstanden.“ Abwesend strich Watson sich über die linke Schulter. Tief bewegt griff Holmes nach seiner Hand und zog sie zu sich. „Ich weiß von nichts. Aber sie bewegen mich! Vielleicht...“ Ja?“ Hoffnungsvoll sahen ihn blaue Augen an. „Ich will und kann ihnen nichts versprechen!“, wollte der Ältere sofort klarstellen. Vor allem da er sich selbst nichts kannte. „Aber ich würde gern...“ Auffordernd sah Watson ihn an, der nervös seinen Stock umklammerte. „Vielleicht möchten sie ja... also... mit mir essen gehen?“, beendete Holmes dann sein Angebot. Ein Strahlen breitete sich auf dem Gesicht des Jüngeren aus. „Liebend gern!“ „Ich freue mich darauf!“ Holmes ließ ihn los und sah nun auf Judy, damit sie sich nicht vernachlässigt fühlte. Mit klopfendem Herzen ließ Watson sie dann im Hof allein. Es dauerte noch einige Tage bis es Sherlock Holmes körperlich so gut ging, dass er das Haus ein erstes Mal verlassen durfte und es sollte in die Baker Street gehen, in das Haus, das sein altes zu Hause darstellte. Unruhig zog er sich daher seinen Kragen zurecht, bevor er sich sein Halstuch umband. Es waren Handlungen, die er einfach so tat, ohne nachzudenken und so sah er schließlich aus wie der berühmte Detektiv. „So können sie jetzt nicht mehr leugnen Sherlock Holmes zu sein!“ erklang da die Stimme der Person, die ihn begleiten sollte. Er wurde mit einem nervösem Blick bedacht. „Ich bitte sie, das zu unterlassen!“ Irgendwie angegriffen wich Watson einen Schritt zurück. „Verzeihen sie… ich wollte sie nicht unter Druck setzen…“ Holmes Gesicht sprach aber davon, dass er sich regelrecht in die Person des verstorbenen Sherlock Holmes gedrängt fühlte, auch wenn er nun versuchte zu lächeln. „Lassen sie uns etwas mehr Zeit.“, bat er und öffnete die Haustüre um auf die Straße zu treten. Watson trat neben ihn und musste sich zügeln nicht nach seinem Arm zu greifen. „Lassen sie uns ein paar Schritte gehen, bevor wir eine Droschke anhalten.“ „Gern, das wird mir gut tun!“, stellte der Ältere fest und lächelte nun aufmunternd, als er sich den Weg zeigen ließ. „Daran dachte ich auch. Bewegung hat noch nie geschadet.“ „Ich hab etwas Angst.“, gestand er und sah den Jüngeren an. „Sie setzen bestimmt viele Hoffnungen an diesen Tag.“ Beschämt senkte der Jüngere den Blick, denn leugnen konnte er nicht, dass er sich mehr als alles in der Welt wünschte, dass der Besuch in ihrem alten Heim etwas bewirken würde. „Sie scheinen viel unter meinen Hoffnungen leiden zu müssen und dass, wo ich mich immer als Mann gesehen habe, der sich gut im Griff hat.“ „Ich glaube, mir ginge es an ihrer Stelle nicht anders!“, versuchte ihn der Schwarzhaarige zu beschwichtigen. „Es ist nur, dass sie mich damit wirklich erreichen und ich es mir um Ihretwillen wünsche. Ich möchte der sein, den sie in mir sehen. Aber ich weiß nicht, ob das, was sie und ich wünschen real ist und daher befinde ich mich in einem Zwiespalt, der mich in eine Ecke drängt.“, erklärte er was in ihm vorging. „Dann will ich mich bemühen, mich mehr zu fassen, damit sie einfach nur der sein können, der sie sind. Wer auch immer das sein mag.“ Holmes blieb offen und nickte. „Ich danke ihnen auch wenn mir ein Gefühl sagt, dass ich ihnen damit weh tue und das nicht möchte.“ „Machen sie sich keine Gedanken. Wichtig ist doch nur, dass sie wieder richtig gesund werden!“ versicherte Watson ihm und winkte nun eine Droschke zu ihnen. Als sie in diese einstiegen, streifte Holmes liebevoll seine Hand, bevor er sich setzte. „Ich hoffe die Dame des Hauses wird sich nicht erschrecken, wenn sie mich sieht.“ Sein Herz zur Ruhe rufend, lächelte Watson ihn an. „Keine Sorge, ich ließ Mrs. Hudson vorwarnen. So einen Schrecken würde sie mir nicht verzeihen.“ „Mrs. Hudson.“, wiederholte Holmes den Namen um ihn sich zu merken. „Und was habe ich zu erwarten?“ Watson schmunzelte. „Sie ist eine liebe ältere Dame, die allerdings erwarten wird, dass sie gleich das Haus in die Luft jagen.“ Sein Gegenüber verschluckte sich und bereute es sofort, da ihn der Brustkorb schmerzte. „Bitte was?“ Kichernd winkte der Arzt ab. „Sie werden es sehen!“ „Und was erwartet mich von meinem alten Leben?“, fragte Holmes nun vorsichtig. „Ich muss gestehen, dass ich über drei Jahre nicht mehr in der Baker Street war, aber Mycroft versichert, dass er alles beim alten gelassen hat. Uns erwartet also Chaos.“ Watson wurde mit gerunzelter Stirn betrachtet. „Das glaube ich aber nun nicht!“ Der Doktor grinste ihn verschmitzt an. „Lassen sie sich einfach überraschen!“ Und das tat er auch und beäugte das Haus in der Baker Street von außen ganz genau, als sie es erreichten. Watson hoffte, dass der Anblick Erinnerungen in ihm weckte, wollte ihn diese Erwartung aber nicht spüren lassen. „Lassen sie sich von der ordentlichen Fassade nicht täuschen!“ Er wurde mit einem Schmunzeln betrachtet. „Ich bin um ehrlich zu sein neugierig, wie es im Innern aussieht!“ „Dann lassen sie uns klopfen und nachsehen!“ Nur wenige Minuten später öffnete ihnen Mrs. Hudson die Haustüre und erblasste. Überwältigt von Trauer und Freude fasste sie sich an die Wangen, bevor sie die Herrn ins Haus bat und Holmes über glücklich umarmte. „Sie leben!“ Watson erbarmte sich ihm bald und zog die ältere Frau von ihm weg. „Mrs. Hudson, so lassen sie den armen Mann doch ankommen!“ Verlegen wusch sie sich die Tränen mit einem Taschentuch fort. „Bitte verzeihen sie! Aber... ich bin so glücklich! Ich dachte doch wie alle, dass sie tot sind!“ Ebenso verlegen wandte sich der Hausherr ab und hielt sich den Brustkorb. „Ich ähm... hallo, Mrs. Hudson...“ Gerührt faltete die ältere Dame die Hände vor der Brust. „Sie sind immer noch so ein lieber Junge! Aber kommen sie nur herein und setzen sie sich etwas ans Feuer, ich bringe ihnen dann den Tee nach oben, so wie früher!“ „Sehr gern.“, erwiderte Holmes schüchtern und sah sich um. Nicht wissend, wo er jetzt hin musste. Da wurde sanft sein Arm genommen und er die Treppen hinauf geführt. „Danke!“, flüsterte er Watson zu und ließ sich führen. Jener lächelte ihm nur zu und führte ihn in den ersten Stock und dort zu einer Tür. „Unsere ehemaligen Wohnräume.“ Fast zögerlich öffnete Holmes die Tür und trat sofort ins Wohnzimmer. Ein wirklich chaotischer Raum strahlte ihm auf den ersten Blick entgegen. Doch für den Detektiv eröffnete sich sofort eine Welt, die großes Vertrauen für ihn ausstrahlte. Langsam schritt er nun durch das Zimmer und befühlte vorsichtig den ein oder anderen Gegenstand, an dem er vorbei kam. „Ich hatte mal überlegt alles zu sortieren und katalogisieren, aber…“ Watson brach ab und sah sich wehmütig die Unordnung an. Aber Holmes begann sofort sein altes Ich zu verteidigen. „Es hat seine Ordnung und seinen Platz. Alles ist so richtig.“ Er ging weiter und erreichte eine Violine. Ganz automatisch griff er danach und sah sich weiter um. „Das haben sie immer gesagt und die arme Mrs. Hudson ist immer ganz wahnsinnig geworden, weil sie nicht putzen konnte.“ Langsam begann Holmes auf der Violine herum zu zupfen, während er nickte. „Das ist hier alles ganz offensichtlich, wo was hingehört. Es gibt Ablage, Informationen, Lernutensilien und all so etwas. Alles so, wie es wohl am meisten gebraucht wird.“, erklärte er ruhig. „Und manches ist bloß ein vergessenes Experiment!“ ergänzte Watson, der bei dem Anblick von Mann und Instrument, schlucken musste. Sein Freund bekam Kopfschmerzen und ging deshalb vom Zupfen zum richtigen Spielen über. Dabei begann er mit wilden, verwirrten kurzen Takten. „Experiment? Ich war also ursprünglich Chemiker?“ Watson entwich ein wehleidiges Schmunzeln. „Das habe ich mich am Anfang auch gefragt! Sie haben zwar einiges Studiert, aber nie einen Abschluss gemacht. Sie wollten immer schon beratender Detektiv werden.“ Die Takte wurden zu einer Melodie, die der Arzt gern mochte. „Ich bin also jemand, der alles abbricht und sich gut verkauft.“ „Nicht doch. Sie sind jemand, der das Studium genutzt hat, um all das zu lernen was er brauchte. Die Scheine brauchten sie dann nicht mehr.“ Mitten im Lied brach Holmes ab und begann sich in eine dunkle Ecke des Zimmers zu ziehen. „So...“ „Es ist seltsam…“ Watson trat zum Kamin und setzte sich in ‚seinen Sessel’. „Ich wohne schon so lange nicht mehr hier und trotzdem fühle ich mich immer noch heimisch.“ „Man kann es sehen!“ Zärtlich legte Holmes die Violine weg und ließ sich auf dem Boden nieder um sich den Kopf zu halten. „Sie lieben diesen Ort!“ Watson nickte. „Viele Jahre war er mein zu Hause.“ „Es ist noch ihr zu Hause!“, keuchte es feststellend aus der Ecke und Holmes schloss krampfhaft die Augen. „Holmes?“ Besorgt drehte Watson sich zu ihm um. „Geht es ihnen gut?“ „Mein Kopf!“, keuchte der weiter und öffnete seine Augen nicht. „Er tut so weh!“ Schnell kam der Arzt an seine Seite und lotste ihn zu dem anderen Sessel. „Setzen sie sich und lehnen sie sich etwas zurück.“ Doch der Detektiv blieb verkrampft, nicht wissend, wohin er gerade geführt wurde. So wurde er mit sanfter Gewalt in den Sessel gedrückt. „Atmen sie tief durch. Ein und aus atmen, ein und aus.“ Und das tat Holmes auch, selbst wenn er dabei zitternde Geräusche von sich gab. „So ist es gut.“ Dem Älteren wurde über den Kopf gestrichen. Nach einigen Minuten öffnete Holmes seine Augen wieder und sah verunsichert zu Watson auf. „Es tut so weh!“ „Versuchen sie einfach an nichts zu denken und atmen sie ruhig, dass sollte helfen“ bemühte Watson sich, ihm zu helfen. „Ich will hier raus!“, stellte der Patient leise fest, sich sicher seiend, dass das Haus der Grund für seine Kopfschmerzen war. „Es ist wie als ich bei ihnen wach wurde und sie so viel gesagt haben!“ „Wollen sie sich vielleicht etwas hinlegen? Ihr Bett ist gleich nebenan.“ „Bitte...“, hauchte Holmes leise und kniff seine Augen wieder zusammen. Nun wurde ihm aus dem Sessel geholfen. „Kommen sie. Ein wenig Ruhe und die Kopfschmerzen sind verschwunden.“ „Danke...!“ Er ließ sich führen und spürte bald, wie er auf ein sehr weiches Bett gesetzt wurde. Vorsichtig fühlte er die Kissen und Decken und bekam sogar ein sanftes Lächeln. Ihm wurde aus den Schuhen und dem Jackett geholfen. „Kommen sie nur zur Ruhe, dann ist alles etwas besser.“ Als er lag, kuschelte sich Holmes richtig in die Kissen. „Das Bett ist äußerst bequem!“ Watson schmunzelte, was in seiner Stimme mit schwang. „Ich weiß.“ Sofort errötete sein Freund. „Heißt das, wir haben... hier auch...?“ Verlegen kicherte der Jüngere. „Wo nicht?“ „Würden sie mich bitte etwas allein lassen?“, bat Holmes nun leise. „Natürlich. Schlafen sie sich nur gesund!“ Einige Stunden später betrat Holmes wieder das Wohnzimmer in der Baker Street. Er hatte geschlafen und dennoch hatte er weiterhin Kopfschmerzen. Außerdem hatte er seltsame Träume gehabt, die ihn auch hin und wieder haben schreien lassen. „Sie sind noch hier?“, stellte er dann ruhiger fest und lächelte Watson an. „Natürlich!“ erklärte jener sofort. „Ich konnte sie doch nicht einfach alleine in fremder Umgebung lassen.“ Holmes lächelte und ließ sich in einem Sessel nieder. „Das ist sehr nett von ihnen!“ „Das ist doch selbstverständlich!“ erklärte Watson ihm freundlich. „Wollen sie etwas Tee?“ „Gern!“, erwiderte der Ältere und versuchte sich nicht weiter im Raum umzusehen. Watson schenkte ihm ein. „Zwei Stück Zucker?“ „Bitte!“, bestätigte Holmes und begann seinen Tee umzurühren, als der Zucker in diesen gefallen war. „Ich hoffe sie haben sich nicht gelangweilt, als ich schlief.“ Verneinend schüttelte der Arzt den Kopf. „Ich habe die Zeit genutzt mich etwas umzusehen. Es scheint, als habe Lestrade ihre neuen Papiere herbringen lassen.“ „Also heiße ich nun offiziell Sherlock Holmes.“, stellte der Detektiv emotionslos fest. Betreten sah der Jüngere ihn da an. „Ist ihnen das nicht recht?“ „Ich weiß nicht, wer ich bin, ich weiß nicht, ob mir das recht ist!“, erklärte er ruhig. Schweigend senkte Watson den Blick. „Sie müssen sie ja nicht annehmen…“ „Das möchte ich auch nicht!“, erklärte Holmes. „Noch nicht... Bis ich auch selbst irgendwie etwas von all dem glauben kann.“ „Das ist natürlich verständlich.“ Auch wenn Watson sehr unterstützend war, wünschte er sich selbst nichts sehnlicher, als dass dieser endlich begriff wer er war. Denn so schwebte, wie eine böse Vorahnung, die Angst über ihm, dass der Ältere es sich anders überlegen könnte und wieder verschwand. „Danke!“, lächelte sein Gegenüber und trank den Tee. Dann ging er aber wieder auf den Arzt zu, auch wenn es ihm widerstrebte. „Vielleicht können wir ja ein paar Dinge hier durchsehen...“ „Gerne! Ich will ihnen bei allem behilflich sein!“ Nun besserer Laune sah Watson den Anderen an. Der sah sich überlegend um. „So wie ich mich fühle, sind die persönlichsten Dinge in der hintersten Ecke...“ „Und sie sind dabei an den merkwürdigsten Plätzen versteckt“ stimmte Watson ihm zu. Holmes legte den Kopf schief. „Was meinen sie?“ „Sehen sie den Pantoffel?“ Watson deutete zum Schreibtisch, auf dem jener lag. „Darin ist ih… der Tabak.“ Sofort wurde der Detektiv hellhörig. „Tabak?“ Das begeisterte ihn und er erhob sich. „Gibt es auch Pfeifen?“ „Wenn sie sie finden!“ lachte der Jüngere und ließ ihn suchen. Tatsächlich konnte sich Holmes da für seine eigenen Sachen begeistern und begann zu suchen. Ruhig räumte er einige Papierstapel um und benannte sie unbewusst. „So kann das nicht sein! Guten Tabak würde ich mit Genuss rauchen, während billiger Tabak für alles Mögliche da wäre... Also könnte die passende Pfeife dafür...“ Er ging weiter durch den Raum. Blaue Augen folgten ihm neugierig und der Geist dahinter notierte sich alle Dinge, an die sich der Andere scheinbar erinnerte. Schließlich fand Holmes die Pfeife und kam begeistert mit jener und dem Pantoffel samt Füllung zurück. Dann roch er daran und grinste breit. „So guten Tabak habe ich noch nie geraucht! ... Glaub ich zumindest...“ „Es ist auch der, den sie immer am liebsten hatten“ erklärte Watson und musste den Blick abwenden. So stopfte sich der Schwarzhaarige die Pfeife und entzündete sie. „Ahhh! Die ist echt gut!“ „Es ist schön, dass ihnen hier etwas gefällt!“ „Möchten sie auch?“, fragte Holmes jetzt sanft lächelnd nach. „Nein danke, er ist mir zu stark.“ Watson zog ein Etui hervor, indem er seine Zigaretten aufbewahrte. Als er sich eine davon nahm, ansteckte und die ersten Züge inhalierte, beobachtete Holmes ihn dabei fasziniert. Der Arzt genoss für einen Moment einfach nur seine Zigarette, bevor er Holmes anlächelte. „Geht es ihnen denn besser, wo sie sich ausgeruht haben?“ Graue Augen blinzelten und dessen Besitzer sah Watson benommen an. „Bitte?“ „Wie geht es ihrem Kopf?“ fragte der Arzt noch einmal nach. „Es geht ihm besser, ich habe den Schmerz großteils unter Kontrolle. Danke der Nachfrage.“, lächelte Holmes und genoss jetzt ebenfalls seine Pfeife. Watson nahm einen kräftigen Zug und blies dann langsam eine dichte Wolke aus. „Das ist gut zu wissen.“ Und wieder klebten die Augen des Älteren an ihm, weshalb sich dieser über die Lippen leckte. „Wollen sie mir nicht erzählen, was ich außer diesen Mordfällen getan habe?“ Watson nahm einen weiteren Zug, bevor er antwortete. „Nicht sonderlich viel. Sie haben nach Wegen gesucht, um Verbrechen besser aufklären zu können. Sie haben zum Beispiel eine Methode gefunden, um Blutflecken nachzuweisen! Sie lieben Musik und besuchen gerne Konzerte und Opern, wenn sie sich dazu durchringen können. Selten verschlägt es sie auch in die Untergrund Boxringe von London.“ „Davon habe ich aber letztens nichts bemerkt...“, scherzte Holmes und nahm ebenfalls einen weiteren zu, wobei er unbewusst zitterte. „Und sie? Was machen sie?“ „Nun, neben unseren kleinen Abenteuern hatte ich irgendwann meine Praxis und das Schreiben.“ Verlegen kratze Watson sich am Kopf. „Ich habe einiges was wir erlebt haben niedergeschrieben und sogar veröffentlicht.“ „Dann sollte ich es lesen!“, stellte Holmes lächelnd fest und taxierte den Arzt erneut mit seinen Blicken. „Erwarten sie nicht zuviel, ich bin nicht sonderlich talentiert“ erklärte der Jüngere da sofort beschämt darüber, wie oft der Andere früher seine Werke zerrissen hatte. „Das habe ich ihnen wohl eingeredet!“, bemerkte der sofort und lächelte entschuldigend. „Urteilen sie, nachdem sie sie gelesen haben!“ grinste der Jüngere. „Versprochen!“, entgegnete Holmes und wandte gerötet seinen Blick ab. Der Arzt drückte seine Zigarette aus. „Seien sie nur nicht zu kritisch mit mir. Sie müssen bedenken, ich bin Arzt, kein Schriftsteller!“ Bevor er seine Hand aber zurück ziehen konnte, griff Holmes nach ihr und hielt sie fest. „Ich werde einfach ehrlich sein!“, versprach er danach. Auch seine Hand wurde ergriffen. „Ja, dazu neigen sie.“ Die Finger begannen sich gegenseitig zu streicheln, als Holmes ihren Blickkontakt hielt. „Ich denke, das ist eine gute Art zu leben...“ „Es ist die beste Art…“ stimmte der Jüngere lächelnd zu. Holmes beugte sich ihm entgegen. „Möchten sie noch eine Rauchen, mein lieber Watson?“ Der Arzt begann zu grinsen. „Wenn sie Feuer für mich haben…“ Da zog sich der Schwarzhaarige zurück und griff nach den Zündhölzern, welche auf dem kleinen Tisch zwischen ihnen lag. „Immer, mein Freund! Immer!“ Watson holte eine Zigarette hervor und lehnte sich dem Anderen dann entgegen. Sehr elegant und flirtend wurde die Zigarette angesteckt, bevor sich Holmes wieder zurück lehnte und ihn genüsslich beobachtete. „Vielen Dank“ hauchte Watson ihm entgegen, bevor er einen tiefen Zug nahm. „Es... es steht ihnen!“, stotterte Holmes da leise vor sich hin. „Ihre Pfeife schmückt sie auch, ungemein!“ versicherte Watson ihm flirtend. Sein Gegenüber schluckte und nahm auch gleich ebenso einen tiefen Zug, wobei er sich verschluckte, da man Pfeifenrauch nicht tief in die Lunge sog. Sich ein Lachen verkneifend beugte Watson sich vor, um ihn auf den Rücken zu klopfen. Von einem inneren Impuls heraus, kam Holmes ihm da so nahe, dass sie sich hätten küssen können, doch den letzten Millimeter überbrückte er nicht, sondern stockte nur erschrocken. Da bohrten sich blaue Augen regelrecht in seine. Panisch stockte ihm der Atem und er wich zurück. Seine Enttäuschung nicht völlig verbergen könnend lehnte Watson sich in seinem Sessel zurück. „Verzeihen sie.“ „Nein!“, bestimmte der Ältere und fasste sich an die Brust, weil es ihm sehr schmerzte, was gerade geschah. „Es war... Ich war schuld!“ „Machen sie sich keine Gedanken!“ versuchte Watson das Thema schnell vom Tisch zu wischen, da es auch ihm Schmerzen bereitete. Da senkte Holmes wieder den Blick. „Es wäre vermutlich besser, wenn wir uns erst einmal nicht sehen...“ Entsetzen machte sich auf dem Gesicht des Jüngeren breit. „Wa… Was??“ „Sie sollten es nicht leugnen, aber ich verletze sie tief.“, erklärte Holmes seine Entscheidung. Watson hatte das Gefühl, dass ihm der Atem abgeschnürt wurde. „Sie… sie wollen mich wieder allein lassen?“ „Ich habe sie nicht schon einmal allein gelassen, denn ich bin nicht der, für den sie mich halten!“, erklärte Holmes weiter. „Sie wünschen sich, dass ich dieser Jemand wäre. Aber ich weiß nichts von ihm und ich ertrage es nicht sie leiden zu sehen!“, fuhr er fort, tief in seinem Innern wissend, wie eigensinnig das war, doch es brach ihm das Herz, Watson so leiden zu sehen. „Ich habe mich wirklich bemüht, der zu sein, den sie sich wünschen, doch es geht nicht!“ „Schwachsinn!!“ fuhr der Arzt da plötzlich auf. „Sie haben bloß Angst, was sie hinter der Barriere ihrer Erinnerungen finden könnten!! Deshalb laufen sie feige davon!!“ Watson war aufgesprungen. „Sie laufen vor sich selbst und vor mir davon, dass haben sie immer schon gemacht!!“ Mit zitternden Fingern griff Watson nach seinem Stock. „Sie sagen sie tun das für mich, aber eigentlich handeln sie nur aus purem Egoismus!“ Da stand der Detektiv aber bereits vor ihm und schmiss den Stock in eine Ecke. „Sie haben Recht! Ich will das nicht! Ich kann das nicht! Ich bin ihnen gefolgt, weil sie meine Neugier weckten! Ich blieb, weil sie etwas tief in mir bewegen! Ich habe Angst davor der zu sein, den sie sich wünschen und doch will ich nichts anders mehr! Was ich ihnen damals alles angetan habe, weiß ich nicht und doch spüre ich, dass sie alles für mich sind und waren!“ Er griff mit zitternden Fingern nach Watson. „Dann lass mich nicht gehen“ hauchte der Jüngere ihm mit erstickter Stimme entgegen. Er wurde an Holmes gezogen, der seine Nase tief in seinen Haaren vergrub. „Hilf mir, der für dich zu sein, den wir uns erhoffen!“ Graue Augen schlossen sich und schworen sich, dass sie dem Arzt nicht mehr zeigen würden, wie es ihm wirklich erging mit seiner Amnesie. Die Arme des Jüngeren schlangen sich um ihn und hielten ihn eisern fest. „Ich will nur, dass du, du selbst bist.“ Mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht lächelte Holmes den Jüngeren an und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, denn genau das wollten sie jetzt. „Das will ich jetzt, denn das sagt mir mein Gefühl!“ Watson ließ etwas von ihm ab, hielt aber den Körperkontakt aufrecht und lächelte den Anderen zittrig an. „Das kannst du besser.“ „Ich glaube, das weiß ich!“, grinste Holmes zurück und kam ihm so nahe, wie zuvor als sie auf den Sesseln saßen. „Beweis es!“ hauchte Watson zurück und leckte sich über die Lippen, nur um Momente später die Lippen des Größeren auf den seinen zu fühlen. Watson glaubte vor Glück zu sterben, denn in den letzen dreieinhalb Jahren hatte er sich nie so zugehörig gefühlt, wie in diesem Kuss. Dann löste sich Holmes aber wieder auch wenn er ihren Körperkontakt aufrecht erhielt. „Besser?“ „Unglaublich gut“ bestätigte Watson und lächelte leicht benebelt. Erleichtert den Jüngeren nicht mehr so verletzt zu sehen, zog sich Holmes nun doch wieder zurück und setzte sich, da ihn seine gebrochenen Rippen sehr schmerzten. „Vielleicht sollten wir gleich mal nach dem Inhalt der Schränke sehen...“ Wie auf Wolke sieben schwebend setzte Watson sich auch wieder in seinen Sessel. „Das können wir gern tun.“ Er wurde mit schief gelegtem Kopf betrachtet. „Du siehst glücklich aus!“ Während sich seine Wangen rot färbten breitete sich ein Lächeln auf Watson Gesicht aus. „Das bin ich auch.“ „Ich lasse dich auch nicht mehr allein!“, versprach Holmes weiter und schloss seine Augen. Besorgt wurde seine Hand wieder ergriffen. „Der Kopf?“ Watsons Finger wurden geküsst. „Ich habe ihn weitgehend in der Gewalt. Aber unsere Aktion gerade hat meinen Rippen sehr geschadet.“ „Was bin ich nur für ein Arzt, daran habe ich gar nicht gedacht!“ klagte der Jüngere und sah ihn besorgt an. „Ist es schlimmer geworden?“ „Es ist sehr schmerzhaft!“, gestand Holmes ein, der noch nie ein guter Patient war. „Wenn wir nachher zurück sind, werde ich dir etwas gegen die Schmerzen geben. Es ist möglich, dass auch hier noch Morphium rum liegt, aber das sollte nach der langen Zeit nicht mehr genutzt werden.“ „Ja, das klingt gut!“, stimmte er zu und erholte sich einige Minuten. Danach begannen sie dann seine Sachen durch zu stöbern und entdeckten Dinge, die selbst Watson noch nicht kannte. „Ein Wachskopf??“ lachte jener und hielt eine Büste aus Wachs hoch, die exakt so aussah, wie der Detektiv. „Das nenne ich ein Kuriosum!“ „So wie du mich beschreibst, werde ich wohl einen Grund dafür gehabt haben.“, stellte Holmes ebenfalls lachend fest. Watson hielt den Wachskopf neben den Echten. „Das ist wirklich verblüffend!“ „Vielleicht gab es ja einen Grund dafür...“, begann Holmes zu überlegen. „Warum könnte ich so etwas anfertigen lassen?“ „Das könnte Tausende von Gründen haben. Vielleicht hat dich die Arbeit einfach nur interessiert oder du wolltest irgendetwas testen.“ Watson wurde mit einer erhobenen Augenbraue betrachtet. „Ach ja und du sagst, wir kennen uns gut...“ Der Arzt lachte, vergnügt über diese Schellte. „Im Alltag konnte ich immer sagen, was dich beschäftigte, aber manch einmal, bekamst du ganz unvorhersehbare Anwandlungen und Ideen!“ „Und das magst du!“, erklärte sich Holmes selbst und strahlte ihn an. „Ja, das mag ich“ gestand der Jüngere ein. „Aber jetzt ist es mir wichtig, etwas festes in der Hand zu haben. Ein Leben wie normale Menschen.“, erklärte Holmes was ihn seit drei Jahren bewegte. „Ein zu Hause...“ „Das heißt, du willst hier bleiben?“ fragte Watson vorsichtig nach. „Ich weiß, dass es bei mir etwas eng ist.“ Der Arzt verfügte zwar über eine recht große Praxis, doch die Wohnung die daran anschloss, war kaum groß genug für ihn und Judy. Sanft wurde ihm über die Wange gestrichen. „Ich habe doch versprochen, ich lass dich nicht mehr allein. Außerdem musste ich Judy auch versprechen eine Weile bei euch zu bleiben...“, erklärte Holmes daraufhin, dass er ihn nicht verlassen würde, auch wenn er gern etwas für sich allein sein würde. „Ich muss gestehen, dass mich das erleichtert“ erklärte Watson ihm mit einem Lächeln. „Ich will dich aber auch nicht einengen.“ „Ich ähm... kann doch London erkunden, wenn du am arbeiten bist...“, schlug der Ältere ruhig vor. „Alles wieder neu entdecken, was?“ fragte der Jüngere nach und zeigte so, dass er es für eine gute Idee hielt. „Ja.“ Kam es nach ein paar Sekunden und Holmes lächelte gequält. „Auch. Aber vielleicht kann ich mich ja auch irgendwo finden...“ „Es ist schön, dass du es versuchen willst.“ Unterstützend griff Watson nach seiner Hand und drückte diese. „Wir tun einfach alles, was du brauchst, damit es dir wieder besser geht.“ „Danke!“ Nun erleichtert lächelte Holmes ehrlich und stellte den Wachkopf weg. „Wollen wir jetzt zurück zu dir?“ Watson nickte ihm zu. „Judy wartet sicher schon auf uns.“ ----- wir möchten uns an dieser stelle auch für die kommis von euch bedanken! es sind zwar wenige, aber es ist dennoch schön zu lesen, dass es nicht langweilig, schlecht oder sonst was ist, was wir von uns geben! lg + *knuddel* phai8287 Kapitel 5: ----------- Sorry das es ein paar Tage länger gedauert hat... unser Weglog verrät warum... --- In der Folgezeit wohnte Holmes weiter bei Watson im Patientenzimmer. Sie waren sich näher gekommen, denn der Ältere hatte ein bisschen Vertrauen zu dem Arzt aufgebaut. Dennoch hatte er ihn nicht noch einmal so geküsst wie bei ihrem ersten Besuch in der Baker Street. Dort war er inzwischen auch sehr oft, denn er fand die Wohnung äußerst aufregend und interessant. So auch an jenem Tag und Holmes hatte sogar ein Geheimnis entdeckt, welches er mit Watson teilen wollte, weshalb er sich bereits am frühen Nachmittag wieder auf die Straße begab um zu dem Jüngeren zurück zu kommen. Der Weg zum Haus des Doktors, indem seine Praxis, wie auch seine Wohnung lag, war nicht weit entfernt, so dass er die Strecke zu Fuß bewältigen konnte, doch bevor er sich auch nur in die richtige Richtung wenden konnte hielt eine Droschke vor ihm. Dem keine Beachtung schenkend, wollte Holmes schließlich seinen Weg gehen. „Tzetzetze! Ist das die Art, eine alte Freundin zu behandeln?“ drang da die Stimme aus dem Wagen, die eindeutig an ihn gerichtet war. Graue Augen blickten da auf und in das Gefährt in dem er eine wunderschöne, dunkelhaarige Frau erblickte. „Meinen sie mich, Mrs?“ „Miss!“ Eine wunderschöne Frau streckte ihren Kopf aus dem Hansom Cab. Sie hatte dunkle Locken, sinnliche Augen und ein gefährlich verführerisches Lächeln. „Ich bin wieder Miss Irene Adler, mein lieber Sherlock!“ „Sehr erfreut, Miss Adler!“ Holmes machte einen kleinen Knicks mit dem Kopf und sah sie dann fragend an. „Suchen sie jemanden?“ Sie lachte, teuflisch und himmlisch zu gleich. „Dich natürlich! Man hört nicht jeden Tag, dass eine verflossene Liebe von den Toten wieder aufersteht!“ Skeptisch wurde sie betrachtet, als Holmes ihren Blick suchte. „Sie kennen mich also, Miss?!“ Scheinbar schmollend verzog sie den Mund. „Das ist jetzt aber nicht nett mein Lieber! Ich will doch meinen, dass das, was wir hatten… unvergesslich war!“ „Verzeihen sie, aber es gibt nichts mehr, an das ich mich erinnere.“, gab Holmes zu und trat einen Schritt zurück, denn etwas sehr starkes, körperliches zog ihn an sie. Die Tür der Kutsche wurde aufgestoßen. „Dann komm und ich kläre dich auf!“ Vorsichtig, da er weiterhin skeptisch blieb, stieg Holmes ein und setzte sich der hübschen Frau gegenüber. „Und wo fahren wir hin?“ „Nun, ich nehme an, dass du auf dem Weg zu Dr. Watson warst, also fahre ich dich dort hin, mein Lieber!“ Der Schwarzhaarige nickte und sah sie weiter fragend an. „Und wer genau sind sie jetzt?“ Sie schlug die Beine übereinander, so dass ihr Fuß, ganz unabsichtlich, gegen sein Bein stieß. „Ich bin Irene Adler, eine… alte Bekannte, wenn man es so will.“ „Sie scheinen sehr offen zu sein und um ehrlich zu sein, wirken sie keinesfalls überrascht aufgrund meines Zustandes.“, stellte Holmes fest und zog sein Bein weiter zurück. Enttarnt grinste sie. „Ich habe mich natürlich vorab informiert.“ „Sollen sie mir helfen?“, fragte er vorsichtig. „Nun, vielleicht will ich ja!“ „Und wenn ich davon die Nase gestrichen voll habe?!“, erwiderte der Detektiv sogar ein wenig genervt. Sie kicherte amüsiert. „Du kennst mich eindeutig nicht, sonst würdest du wissen, dass du keine Wahl hast!“ Holmes lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann erzählen sie mal, was sie mir sagen wollen!“ Ihr Fuß strich, nun nicht mehr ganz so unabsichtlich, gegen sein Bein. „Ach, ich war so von Freude überwältigt von deiner Wiederauferstehung zu hören, dass ich einfach nach London kommen musste, um dir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.“ „Dann müssen sie sich hinten anstellen, das will jeder, der meint mich zu kennen!“ Holmes beugte sich nach vorn um sie genauer zu taxieren. „Und ich bin es leid! Ich werde ständig mit diesem fremden Namen angesprochen und jeder sagt mir, dass ich so und so handeln würde. Aber es kommt mir überhaupt nichts bekannt vor! Warum will mich niemand in Ruhe lassen?“ Überrumpelt über seine grobe Art lehnte sie sich in der Bank zurück. „Das ist keine Art mit einer Lady zu reden!“ Da lehnte sich auch Holmes wieder zurück. „Bitte verzeihen sie, Miss. Es war die letzte Zeit nur ein wenig aufreibend. Sie meinen es nur gut und ich bin so unhöflich.“ Er lächelte und sah ihr dabei sehr tief in die Augen. „Wenn sie erlauben, lade ich sie zur Entschuldigung, zu einem Dinner ein.“ Das Lächeln, welches sich nun auf ihrem Gesicht ausbreitete, sprach von absoluter Genugtuung. „Das hört sich entzückend an.“ „Heute Abend?“, fragte Holmes weiter nach. „Hervorragend!“ „Und wo darf ich sie abholen?“, erklang es erneut fragend. „Ich residiere im Grand Hotel“ erklärte sie mit einem lieblichen Augenaufschlag. „Dann um 19 Uhr?“, klärte Holmes weiter ab und lächelte erfreut, dass sie seine Einladung annehmen wollte. „Das ist mehr als nur passend für mich!“ erklärte sie und sah ihn lieblich an. „Wie soll ich mich kleiden?“ „Abendgarderobe wäre passend.“, antwortete er ruhig und fasste nach der Türe der Droschke, da diese gehalten hatte. „Ich habe vor wenigen Tagen ein schickes Restaurant gesehen, dass würde ich gern einmal ausprobieren.“ „Dann sehen wir uns heute Abend, Sherlock!“ „Miss Adler!“, verabschiedete sich der Detektiv und verließ die Droschke um in ein ihm inzwischen bekanntes Haus zu gehen. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen ertönte ein lautes „Holmes!!“ bevor Judy ihm in die Arme sprang. „Uhh!“, erklang es lachend und er nahm sie in die Arme. „Bist du aber heute stürmisch, Prinzessin!“ „Ich habe sie vermisst! Sie gehen immer viel zu lange weg!“ erklärte jene nun freudig und kuschelte sich an ihn. „Dann freut es dich ja bestimmt zu hören, dass ich bis zum Abend hier bin!“, antwortete Holmes ihr fröhlich. „Jay!“ quiekte sie und drückte ihm einen dicken Kuss auf die Wange. „Spielen sie so lange mit mir?“ „Wenn du mich noch einmal kurz mit deinem Daddy sprechen lässt, dann ja!“, bestätigte Holmes und knuddelte sie. War Judy doch inzwischen wie eine Tochter für ihn geworden. Überlegend legte sie den Kopf schief, bevor sie wieder strahlte. „Ok!“ Unbekümmert hüpfte sie wieder aus seinen Armen. „Warte schon einmal im Hof auf mich, Prinzessin!“, lachte Holmes ihr noch nach, bevor er zu Watsons Praxis ging und anklopfte. „Sind sie beschäftigt, Watson, oder darf ich eintreten?" Im Privaten benutzten sie noch immer die persönliche Anrede, Du. Doch wenn jemand Fremdes sie hören konnte, wechselten sie in die förmliche Art. „Kommen sie nur rein! Mr. Simmons ist gerade weg!“ ertönte es da durch die Tür und das tat Holmes auch, wobei er lächelte und direkt auf den Arzt zu trat. „Also hast du ein paar Minuten für mich?“ „Ich habe sogar eine ganze halbe Stunde für dich!“ erklärte der Doktor lächelnd. Holmes schmunzelte und setzte sich ihm gegenüber. „Mathematisch gesehen ist deine Erklärung falsch. Schließlich ist eine Hälfte nichts Ganzes! Aber es ist schön, dass du Zeit für mich hast!“ Watson verzog schmunzelnd das Gesicht. „Sag mir lieber, was ich für dich tun kann.“ „Ich würde gern heute Abend mit dir Essen gehen. Ins Royal.“, erklärte der Ältere da. Freudig leuchteten die blauen Augen des Arztes auf, war das Royal, doch Holmes ehemaliges Lieblingsrestaurant. „Sehr gerne! Ich war schon lange nicht mehr aus!“ „Ich habe auch noch jemanden eingeladen.“, berichtete Holmes da und er musste kurz und deutlich grinsen. „Eine Frau.“ Verdutzt suchte Watson seinen Blick. „Eine Frau?“ „Eine Miss Irene Adler. Ich traf sie vorhin in der Baker Street. Sie meint mich zu kennen und das sehr persönlich.“ Holmes grinste weiter womit er deutlich zeigte, dass er ein bisschen von allem anzweifelte, was er die letzte Zeit über sich erfahren hatte. War eine Frau und dann noch eine so hübsche, doch endlich etwas normales für ihn. Statt erstaunt darüber zu sein lachte Watson amüsiert auf. „Du hast Irene Adler getroffen? Hast du deine Geldbörse noch?“ Holmes klopfte sich ab und zog jene hervor um sie dem Arzt zu zeigen. „Warum?“ „Weil die Finger dieser Dame meist länger sind, als gut für sie ist!“ „Oh, ich glaube nicht, mein lieber John. Sie ist zwar äußerst eindringlich und kennt mein altes Ich bestimmt von seiner Arbeit. Aber ich glaube nicht, dass ich solchen Kontakt, den sie angedeutet hat, mit einer solchen Person, wie sie andeuten, gehabt hätte.“ Holmes steckte seine Geldbörse wieder ein und grinste verschmitzt, als er sein Bein bewegte, welches sie mit ihrem gestreift hatte. „So wie ich sie in Erinnerung habe, ist sie durchaus eine bezaubernde Frau und auch wenn ich nichts Genaueres weiß, glaube ich doch, dass du eine Kerbe in ihrem Bettpfosten bist.“ Watson schmunzelte. „Du nanntest sie immer ‚die Frau’, wohl auch weil sie die Einzige war, die dich je aufs kreuz gelegt hat.“ „Wir holen sie heute Abend um 19 Uhr ab.“ Etwas pikiert zog sich Holmes zurück und wechselte das Thema. „Aber ich fand heute noch mehr.“, stellte er so fest. „Und dabei waren sie gar nicht auf der Suche“ schmunzelte der Jüngere. Vor ihm wurde eine große Stange Bargeld, ein paar Wertpapiere und sogar ein Scheckbuch ausgebreitet. „Stimmt und auf so etwas war ich nicht gefasst. Warum habe ich dein Vermögen versteckt?“ „Mein Vermögen?“ Ganz verwundert nahm Watson die Sachen entgegen und sah sie durch. „Ach du meine Güte…“ „Willst du mir das erklären?“, fragte Holmes nach. Noch immer völlig überrumpelt sah Watson von dem Geld auf. „Das… Den Ursprung des Bargelds kann ich nur vermuten, aber wo Scheckbuch und Wertpapiere her kommen weiß ich und ich schäme mich fast, dass ich sie vergessen habe.“ Watson fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Als wir uns kennen lernten, war ich in keiner guten Verfassung und war dazu noch dabei ein kleines Spielproblem zu überwinden. Ich klärte dich natürlich auf und bat dich ebenfalls ein Auge auf meine Finanzen zu haben. Man merkt, dass ich dich noch nicht gut kannte, denn du hast mein Scheckbuch weg geschlossen und mich Jahrelang damit geneckt! So lange, bis ich mir ein zweites anschaffte, um dir ein Schnippchen zu schlagen!“ Watson schmunzelte. „Mit dem Wertpapieren steht es ähnlich. Vor einigen Jahren verstarb mein Bruder und die Papiere sind seiner Sauferei nur entgangen, weil er sie verlegt hatte. Als ich sie dann bekam, nahmst du sie mir gleich ab und da ich sie nicht brauchte, protestierte ich nicht. Was das Bargeld angeht… wenn ich nicht da war, hast du in meinem Namen Wetten auf dich selbst abgeschlossen…“ „Habe ich das?“, fragte Holmes verdutzt nach. „Wobei denn?“ „Illegalen Boxkämpfen. Du warst mal verdammt gut.“ Nun taumelte Holmes ein wenig, selbst wenn er saß, denn es flackerte das gleiche Bild in seinem Kopf auf, wie als er bei Watson erwacht war und dieser ihm den Grund für die Narbe an seiner Augenbraue erzählt hatte. Dieses Mal jedoch war es deutlicher und warf ihn aus der Bahn. „Oh!“, antwortete er daher nur. Der Arzt kam auf die Beine und trat neben den Älteren. „Alles in Ordnung?“ Und wie selbstverständlich griff dieser nach seinem Bein und hielt sich daran fest. „Wenn du von diesem Boxen erzählst, dann...“ Watson achtete darauf, dass Gleichgewicht zu halten, da der Detektiv nach seinem gesunden Bein gegriffen hatte. „Was passiert dann?“ „Dieses Bild. Es ist das Gleich, wie beim ersten Mal, als du das Wort Boxen benutztes...“ Holmes zog ihn näher an sich und schmiegte sich an den warmen Körper. „Es ist nur ein Sekundenbruchteil. Du bist da, eine Menge tosender Gentleman. Dieser Ring im Sand und mein Gegenüber, blutverschmiert...“ Mit einer Zärtlichkeit, die man einem britischen Gentleman gar nicht zutraute, wurde durch das schwarze Haar des Älteren gestrichen. „Solche Situationen gab es. Du hast nämlich auch an einigen professionellen Kämpfen teilgenommen, bis dir die Aufmerksamkeit zuwider wurde.“ „Du machst mir am größten Sorgen in dem kurzen Ausschnitt dieses Bildes!“, erklärte Holmes aber sogleich und sah zu ihm auf. „Ich?“ fragte der Mediziner verwundert nach. „Aber ich stehe doch sicher nur in der Menge. „Deine Augen!“, berichtete Holmes ihm besorgt. „Du siehst mich erst ganz sanft an, auch wenn ich ein wenig Sorge sehe. Aber dann ändert sich dein Blick und er wird abweisend und eifersüchtig.“ „Eifersüchtig?“ Verwundert kraulte er durch die schwarzen Haare, bevor er einen Geistesblitz zu haben schien. „Das… das kann ich mir gar nicht erklären.“ Holmes lachte und löste sich. „Lügen kannst du nicht, mein Freund! Aber es tut gut zu hören, dass ich keine Einbildungen habe!“ Watson entwich ein verlegenes Lachen, bevor er sich hinab beugte und den Detektiv auf die Stirn küsste. Der schloss genießend die Augen und legte seine Arme um den Jüngeren. Watson bettete seine Stirn nun gegen die des Älteren und strich ihm mit beiden Händen durch die Haare. Da geschah es, dass Holmes ihre Lippen von sich aus vereinigte und ihn zart küsste. Glücklich seufzend drückte Watson ihm die eigenen Lippen entgegen und wollte den Kuss nicht enden lassen. Doch schließlich mussten sie sich lösen und selbst Holmes lächelte verträumt. „Ich bin gern bei dir und der Ausdruck in deinen Augen, dass ich dein Eigentum sei... na ja, irgendwie gefällt der mir...“, nuschelte er leise. Der Arzt errötete bei diesen Worten. „Du bist nicht mein Eigentum, auch wenn ich mich geschmeichelt fühle, wenn du so etwas sagst.“ Zur Antwort schenkte Holmes ihm wieder seine Lippen. Watson umfasste sein Gesicht zärtlich, bevor er den Kuss lachend beendete. „Ich könnte dich ewig küssen, aber ich kann so nicht ewig stehen!“ Sein Freund verstand sofort und zog ihn daher auf seinen Schoß um sein beschädigtes Bein zu massieren. „Verzeih, aber deine Nähe tat gerade so gut. Geht es dir jetzt besser? Die Position muss ja fürchterlich gewesen sein!“ Zart wurde der Ältere geküsst. „Sorge dich nicht, das Bein quält mich immer ein wenig.“ Holmes Finger wurden zärtlicher und sein Griff mit der anderen Hand um den Arzt fester. „Ich glaube zwar viel zu erkennen, aber ich fange gerade erst an, dass alles wieder zu erlernen. Bitte sag mir, wenn ich was für dich tun kann, ja?!“ „Was du gerade tust, ist wundervoll!“ versicherte der Jüngere ihm und strich ihm über das glatt rasierte Gesicht. Zufrieden weitete sich die Massage über den Oberschenkel aus, währen Holmes seine Streicheleinheit genoss. „Ich finde es auch sehr schön!“ Eine eindeutige Röte breitete sich während dessen über Watsons Wangen, zu dessen Ohren und Nacken aus. „Ja… SEHR schön!“ Als ob er genau wüsste was er tat, bewegte Holmes seine Finger weiter und küsste den Jüngeren erneut. Dabei umfing ihn ein Gefühl, das ihm sagte, es war richtig, was sie hier taten und es machte ihn glücklich. Watson umfasste sein Gesicht voll Leidenschaft und presste sich der wandernden Hand entgegen. „Holmes!“ keuchte er, als es an der Tür klopfte. „Doktor? Die Witwe Davis ist da!“ Schwer atmend löste Holmes ihren Kuss und starrte zur Tür. „Eine Patientin!“, stellte er dabei mit heiserer Stimme fest. „Leider ja“ keuchte der Jüngere zurück und räusperte sich dann. „Sie soll sich noch einen Moment gedulden, ich bin gleich für sie da!“ Nur unwillig zog der Detektiv seine Hand zurück und schenkte dem Arzt noch einen Kuss. „Ähm...“ Watson presste seine Stirn gegen Holmes’. „Wir holen das nach, ok?“ Der keuchte als der Arzt sich dabei bewegte um sich von seinem Schoß zu erheben. Dann versuchte er sich zu fassen und das Thema zu übergehen. „Judy wartet im Garten auf mich!“ Der Jüngere beugte sich noch einmal zu ihm hinunter, um ihn zu küssen. „Kühl dich erst einmal ab.“ „Werde ich machen.“, versprach Holmes und erhob sich, wonach er sich seinen Schritt zurecht rückte. „Ich sage auch Mrs Cooper, dass du heute Abend entsprechende Garderobe brauchen wirst.“ „Danke, dass ist nett von dir. Wenn du etwas brauchst, kannst du dich auch gerne an meinem Schrank bedienen, das Meiste in deinem Schrank in der Baker Street ist eh meins.“ Der Detektiv trat noch einmal zu Watson und küsste ihn, dabei war er aus unterschiedlichen Gründen sehr gerötet. „Ich werden dich dann heute Abend abholen kommen!“ „Ich werde gespannt auf dich warten!“ versprach der Jüngere ihm. Exakt eine Stunde bevor sie bei Irene sein sollten, stieg Holmes äußerst adrett gekleidet aus einer Droschke um Watson abzuholen. Dabei zierte seine ganze Erscheinung eine fast schon göttliche Ausstrahlung, die von purem Glück sprach. Das Dienstmädchen Lizzy öffnete ihm und errötete gleich bei dem Anblick des gutaussehenden Mannes. „Der… Der Herr ist noch auf seinem Zimmer…“ „Danke, Lizzy. Ich werde ihn selbst holen.“, wollte Holmes ihr die Arbeit abnehmen. Sie machte einen Knicks und ließ ihn passieren. Holmes lief fast zu Watsons Zimmer und nahm auf der Treppe sogar mehrere Stufen auf einmal. Als er dieses dann erreichte, klopfte er aufgeregt. „Watson?“ Von drinnen hörte er fröhliches Gelächter. „Komm nur herein!“ Und das tat er auch, wobei er den Kopf schief legte. „Na, wer ist denn da noch wach?“ Die kleine Dame des Hauses kam ihm fröhlich entgegen gesprungen. „Ich helfe Daddy sich hübsch zu machen!“ Tatsächlich war jener, äußerst ansprechend und adrett gekleidet, nur die Krawatte fehlte ihm noch. Das Mädchen wurde fast vergessen, als Holmes seinen Freund anstarrte und seine Augen nicht von ihm abwenden konnte. Ein hartes Schlucken folgte und er begann sich unbewusst an seiner zwar eleganten Kleidung, aber doch nicht so perfektionierten Erscheinung herum zu fingern. Blaue Augen musterten ihn genauso anerkennend. „Du siehst umwerfend aus, Holmes!“ Doch da wandte sich der Detektiv ab und hob sich Judy auf die Arme. „Soll ich dich ins Bett bringen, Prinzessin?“ Schmollend schob Judy eine Unterlippe vor. „Aber ich muss noch Daddys Tuch aussuchen!“ Sie bekam einen sanften Kuss auf die Stirn. „Darf ich das heute Abend machen? Dein Daddy und ich bringen dir auch was nettes mit!“ Sie kräuselte die Nase und kicherte dann. „Nur, wenn Daddy und du ganz doll viel Spaß habt!“ Seit ihr Vater Holmes duzte tat sie das auch, weil sie alles so machte, wie das Familienoberhaupt. „Das verspreche ich dir, Prinzessin!“, schwor Holmes und drückte sie liebevoll an sich und glücklich kuschelte sie sich an ihn. „Dann kann ich zu Bett gehen.“ Er wippte sie etwas und lächelte, bevor er sie wieder auf den Boden absetzte. „Magst du deinem Daddy noch eine gute Nacht wünschen?“ „Ja!!“ Sie hüpfte zu Watson und zog jenen zu sich runter, damit sie ihm die Wange küssen konnte. „Gute Nacht Daddy! Hab ganz viel Spaß!“ „Den werde ich haben, Spatz, wenn du gut schläfst!“ „Ok!“, lachte Judy und lief wieder zu Holmes, der sie mit einem Lächeln aus dem Zimmer führte. Schon eine viertel Stunde später kam er zurück und lächelte Watson verlegen an. „Sie tut, als ob sie schläft.“ „Sie will nicht, dass wir zu spät kommen.“ Lächelnd hielt ‚Watson eine rote und eine blaue Krawatte hoch. „Nun?“ „Die Rote.“, erklärte Holmes und hielt ihm seine Hand entgegen. „Darf ich?“ Ihm wurde das Tuch entgegen gestreckt. „Ich bitte darum.“ Mit dunkel gefärbten Wangen , nahm er das Tuch und band es mit geschickten Fingern um Watsons Hals. „Es steht dir wirklich ausgezeichnet!“ „Nun, irgendwie muss ich neben dir ja auffallen“ erklärte der Arzt mit einem Schmunzeln. „Du bist atemberaubend!“ Holmes blieb dicht an ihm stehen, schloss seine Augen und atmete tief ein, wobei ihn Watsons Duftwasser noch mehr benebelte. „Du nimmst mich also so mit?“ fragte der Jüngere sanft nach. „Um nichts in der Welt würde ich dich allein lassen!“, bestätigte das der Schwarzhaarige und genoss weiter, was er wahrnahm. Seine geschlossenen Augen wurden dann aber genutzt, um den Versuch zu starten ihn mit einem Kuss zu überraschen. Nur zu willig erwiderte er den Kuss und löste sich schließlich als ihm schwindelte. „Wir sollten vielleicht aufbrechen...“ „Du hast recht!“ Watson bemühte sich, sich zu fassen. „Miss Adler ist keine Frau, die man warten lässt!“ Auch Holmes tat sich schwer damit, bevor er das Zimmer verließ. „Wir werden bestimmt einen amüsanten Abend erleben.“ „Dem bin ich mir sicher!“ Sie kleideten sich in Hut und Mantel, bevor sie nach draußen zur wartenden Droschke gingen. Jedoch nannten sie dem Kutscher nicht gleich die Andresse zu der sie wollten, sondern Holmes zeigte noch einmal schmunzelnd ins Haus. „Schau mal, wer uns da beobachtet!“ Watsons Blick folgte seiner Deutung und tatsächlich erblickte er einen blonden Schopf im Fenster. „Sie ist fürchterlich aufgeregt und freut sich für uns.“ „Dabei weiß sie noch gar nicht, warum sie sich für uns freuen sollte...“, schmunzelte der Ältere und gab dem Kutscher endlich die Adresse wo sie hinwollten. Unauffällig berührte Watson seine Hand. „Ich denke auch, dass sie noch zu jung ist, um es überhaupt zu verstehen.“ Er wurde verträumt angelächelt. „Es ist auch gut so, sie sollte noch lange nicht verstehen...“ Das Vater Herz konnte dem nur zustimmen. „Sie soll sich nur Zeit lassen beim groß werden.“ Holmes zog Watsons Finger weiter zu sich um sie miteinander zu verflechten. „Aber ich würde jetzt gern über dich reden!“ „Gibt es denn etwas Interessantes über mich zu reden?“ „Du bringst mich um den Verstand!“, erklärte der Ältere dem Arzt. Watson hoffte, dass das dämmrige Licht in der Kutsche seine rosa Wangen gut kaschierte. „Das klingt nicht nach einer Beschwerde.“ „Ganz und gar nicht!“, bestätigte Holmes und legte seine freie Hand auf Watsons Oberschenkel. „Ich hoffe eher, dass es dir sagt, was auch immer heute mit mir geschehen ist, in deiner Praxis... es ist unglaublich!“ Die Hand des Arztes legte sich über seine. „Und dabei waren wir noch nicht einmal fertig, lieber Freund.“ Er leckte sich über die Lippen und festigte seinen Griff um den Oberschenkel einen Moment, bevor er seine Hand zurück zog. „Ich finde deine Kleidung stört jetzt. Vielleicht sollten wir das Gespräch auf einen späteren Zeitpunkt verlegen!“ „Ja, dass sollten wir wohl“ bestätigte Watson, nicht aber ohne seinen Gehstock an die Innenseite von Holmes Bein zu reiben. Genau jener weckte nun die Aufmerksamkeit des Älteren und er nahm ihm diesen ab. „Interessanter Stock!“, stellte er dabei fest und musterte ihn ausführlich. „Seltenes afrikanisches Holz. Er muss ein Vermögen wert sein!“ „Nun, er ist definitiv hochwertig“ erklärte Watson und griff nach dem Handteil, um das Geheimnis des Stockes zu enthüllen. „Und er ist nützlich.“ Begeistert wurde der Stock wieder gänzlich aus Watsons Händen genommen und Holmes kümmerte sich um das Schwert, welches ihm gezeigt wurde. Dann schmunzelte er. „Kein Wunder, dass ich dich an meiner Seite wollte... Intelligent, gut aussehend, begabt und jetzt auch noch ein Krieger. Aber das hätte ich wissen müssen, als ich von deinen Kriegsverletzungen erfuhr!“ „Verletzung“ korrigierte Watson gut gelaunt. „Es ist nur eine.“ Den Gehstock weiter festhaltend legte Holmes seine Hand auf die Schulter des Arztes. „Und was ist hiermit?“ „DAS ist die Kriegsverletzung! Eine Jezail-Kugel traf mich und zerstörte den Knochen. Auch die Schlüsselbein-Arterie wurde stark verletzt.“ Ein Schatten huschte durch blaue Augen. „Diese Verletzung kostete mir fast das Leben, denn durch sie wäre ich beinahe in die Hände der Ghazis gefallen.“ „Watson...“, hauchte der Detektiv tief bewegt. Der Jüngere legte seine Hand über die des Älteren. „Es ist Vergangenheit und wer weiß, wenn es nicht passiert wäre, hätten wir einander vielleicht nie getroffen.“ Kaum war er dem Älteren dabei näher gekommen, zog der ihn an sich und küsste ihn voller Hingabe. Der Kuss war kurz, aber intensiv, so dass Watson einen Moment schwebend verblieb, bevor er sich versicherte, dass der Kutscher sie nicht gesehen hatte. Mit unglaublich aufgeregten Ameisen in der Magengegend, lächelte Holmes den Jüngeren an und deutete auf dessen Bein. „Und wie geschah das?“ „Nun, dass ist die angebliche Kriegsverletzung!“ schmunzelte der Arzt und rieb sich das Bein. „Es ist hilfreich, wenn man sofort erkennt, warum jemand Kriegsveteran ist, aber eigentlich ist es hier in London passiert, bei einem unser nicht ganz so erfolgreichen Abenteuern.“ „Dann sollte ich mich besser um dich kümmern und dich mehr schützen!“, erklärte Holmes leise. „Ich bin etwas eingeschränkt, aber nicht invalid!“ widersprach der Arzt ihm da sofort. „Bitte verzeih!“ Holmes senkte den Blick. „Ich will dich nicht verurteilen oder so etwas...“ Watson rückte näher, so dass sich ihre Schultern berührten. „Ich weiß. Ich bin wohl nur etwas… empfindlich, was das Thema angeht.“ Holmes sah dem Jüngeren dabei tief in die Augen und löste sich erst wieder, als die Kutsche hielt. „Wir sind da...“ Watson lächelte ihn an und öffnete dann die Tür. „Dann auf in den Kampf!“ Im Grand Hotel wurde ihnen das Zimmer von Irene gewiesen, an welches Holmes auch gleich anklopfte. „Miss Adler?“ Die Tür wurde geöffnet und entblößte so die schöne Frau, die nur in ein Handtuch gewickelt war. „Oh, du bist aber früh dran!“ „Es ist 19 Uhr!“, erklärte Holmes und klebte mit den Augen an ihr, bevor er seinen Begleiter preisgab. „Meinen Begleiter kennen sie ja, wie sie heute Nachmittag bereits sagten.“ Man sah, dass sie ihre Gesichtszüge darin hinderte zu entgleiten, als sie den Anderen erblickte. „Guten Abend, Miss Adler. Sie sollten sich vielleicht etwas anziehen, damit sie sich nicht verkühlen.“ Als sie sich wieder in der Gewalt hatte, ging sie hinter eine spanische Wand und ließ auf ihrem Weg ihr Handtuch so fallen, dass Holmes ihre Rückansicht mustern konnte. „Es freut mich auch, sie wiederzusehen, Dr. Watson!“ Die beiden Herren traten ein, damit sie die Tür schließen konnten. „Das ist ganz offensichtlich!“ „Sagen sie, Miss Adler. Es stört sie doch nicht, dass ich den Doktor mitgebracht habe?“, fragte Holmes während dessen freundlich. „Oh, natürlich nicht! So wird der Abend sicher noch viel lustiger!“ versicherte sie ihm, auch wenn ihr, ihm abgewandtes, Gesicht von etwas ganz anderem sprach. „Der Meinung war ich auch!“, lächelte Holmes nun erleichtert und ließ sich in einem Sessel nieder. Als er nach einer Flasche Wein greifen wollte, deutete Watson ihm unauffällig an, sie stehen zu lassen. Sein Blick wurde verwirrt erwidert, denn der Detektiv verstand nicht. Doch Irene unterbrach jeglichen Erklärungsversuch. „Wäre einer von ihnen so nett mir bei meinem Korsett zu helfen?“ Sofort erhob sich Holmes und nickte. „Sehr gern, Miss!“ Und so trat er an die spanische Wand. Watson verzog leicht missmutig den Mund, während sich sein Freund der knapp bekleideten Dame näherte. Mit geübten Fingern weil das Geflecht von Schnüren leicht für ihn zu durchschauen war, zog Holmes nun das Korsett zurecht. „Ist es so angenehm oder zu fest?“, fragte er ganz nebenbei. „Es ist perfekt! Genauso wie ich es mag!“ schnurrte sie ihm regelrecht entgegen. Da löste er sich wieder und kam hinter der spanischen Wand hervor. „Dann ist es gut so.“ Sie drehte sich um, so dass sie ihn noch einmal anlächeln konnte. Holmes lächelte ihr zu und setzte sich wieder auf den Sessel. „Wie lange brauchen sie noch, Miss Adler?“ „Sorg dich nur nicht, ich bin gleich fertig!“ Er nickte und sah zu Watson. „Wollen sie sich nicht setzen, mein Freund?“ „Nein danke, ich hoffe doch nicht, dass wir hier so lange verweilen müssen, bis das notwendig werden sollte.“ „Ja.“, antwortete Holmes weder mit Ablehnung noch mit Zustimmung und sah ihn statt dessen nur bewundernd an. In blauen Augen lag ein Schmunzeln, als sie die seinen suchten. Bereits kurz danach trat Irene vor sie und präsentierte sich. „Kann ich sie so begleiten, meine Herrn?“ Sie trug ein enges, rotes, viktorianisches Kleid, dessen Ausschnitt fast zu gewagt war. „Sie sehen ganz entzückend aus“ versicherte der Doktor ihr und deutete zur Tür. „Wollen wir dann? Unser Tisch wartet.“ Holmes erhob sich und trat neben die hübsche Frau, der er seinen Arm anbot. „Wenn sie uns ebenfalls noch begleiten würden, können wir gehen, Miss Adler!“ Mit einem lieblichen Augenaufschlag in Richtung Watson ergriff sie seinen Arm. Im Restaurant wurden sie bereits erwartet und zu einem hervorragendem Tisch geführt, wo Holmes Irene den Stuhl zurecht rückte. „Vielen Dank, mein lieber Sherlock“ säuselte sie und lächelte ihm lieblich zu. Als auch er selbst und Watson saßen, sah sie der Detektiv fragend an. Ein Kellner schenkte ihnen inzwischen guten Rotwein ein. „Was machen sie gerade hier in London, Miss Adler?“ „Oh, ich reise gerne und dabei zieht es mich immer wieder ins schöne England!“ „Und das obwohl es nicht ihr Heimatland ist...“, sinnierte Holmes vor sich hin. Anerkennend hob sie ihr Glas. „Du erkennst noch immer den amerikanischen Akzent?“ Da gab Holmes unbedarft eine Schwäche preis. „Wir haben bis jetzt heraus gefunden, dass ich alles noch kann, was ich vorher konnte. Nur was Personen betrifft, mit denen ich Kontakt hatte, ist alles verschwunden.“ So dezent wie möglich trat Watson ihm da gegen das Bein. „Wichtig ist doch, dass es ihnen wieder gut geht!“ Doch Irene ignorierte ihn und sah Holmes ganz mitleidig an, während sie nach seiner Hand griff. „Es muss ganz furchtbar sein, die eigene Familie nicht mehr zu erkennen! ... Stellen sie sich vor, sie würden ihre liebliche Tochter vergessen, mein lieber Dr. Watson!“ Sie sah auf und den Arzt direkt an. Grimmig lächelte Watson sie an. „Das wäre durchaus eine Tragödie! Ich würde natürlich wollen, dass man mich schonend darauf aufmerksam macht.“ „Oh, ich bin da ganz anderer Meinung!“, gab sie lieblich lächelnd von sich und sah zu Holmes. „Oder wie würdest du es finden, wenn man dir dein Kind vorenthält?“ Mit mehr Nachdruck als erforderlich zog Watson seine Servierte aus der Form und warf ihr einen ungehaltenen Blick zu. „Nun, man sollte auch an das Kind denken.“, antwortete Holmes ihr, während sein Blick fragend an Watson klebte. „Ach, inwiefern?“ fragte sie lieblich nach, Holmes Aufmerksamkeit wieder auf sich ziehend und der begann es ihr sachlich zu erklären. „Ein Kind kann großen Schaden davon tragen, wenn man ihm nach Jahren auf einmal ein Elternteil vorsetzt. Es kann verstört werden und somit aggressiv oder selbstzerstörerisch. Kinder sind unsere Zukunft und sollten mit entsprechender Würde behandelt werden!“ „Sie finden also, dass man mit Vorsicht an die Situation herangehen müsste?“ fragte Watson sanft nach, mit einem Seitenblick auf Irene. „Natürlich! Ganz besonders wenn wir als Beispiel Judy nehmen. Sie ist zwar ein absoluter Sonnenschein und Engel. Aber stellen sie sich vor, wir würden jetzt nach Hause fahren und Judy sagen, dass ihre Mutter nicht tot ist, wie sie glaubt, sondern verschwunden war und jetzt wieder da ist. Dazu noch, dass ihre Mutter nichts von ihr weiß. Es könnte ihr, ihr sonniges Gemüt nehmen. So etwas ist unverantwortlich!“ Watson sah ihn mit bewegtem Blick an, vor allem da Holmes sein Haus, als zu Hause bezeichnet hatte. Irene sah dagegen nicht so überzeugt aus. „Nun, dem Kind muss man ja nicht zu viel verraten, wie aber steht es mit dem Elternteil? Sollte man den nicht wenigstens aufklären?“ „Natürlich muss die Mutter in diesem Fall aufgeklärt werden!“, stimmte ihr der Detektiv wieder zu. Watson griff nach seinem Wein und nahm einen großzügigen Schluck. Doch Irene lächelte Holmes nur noch breiter an und streichelte seine Finger. „Dann sind wir ja einer Meinung, mein liebster Sherlock!“ Watson stellte sein Glas da mit Nachdruck ab. „Wie geht es ihrem Ehemann? Der wievielte war es jetzt?“ Aber das schien die hübsche Frau nicht zu stören. „Nun, ich erwischte ihn mit dem Küchenmädchen in unserem Ehebett...“, setzte sie eine leidende Miene auf. „...Kann man es mir verdenken, dass ich die Scheidung einreichte?“ Watson entwich ein kleines Schnauben. „Ich hörte, sie hätten ihn samt Familienschmuck verlassen.“ Ihre leidende Miene richtete sich nun auf Holmes. „Hörst du, was er sagt? Solch schreckliche Dinge werden mir nachgesagt, nur weil ich bereits zum sechsten Mal verheiratet war. Ich habe doch so ein großes Unglück mit meinen Ehemännern und liebe sie jedes Mal von ganzem Herzen, bis sie mich enttäuschen!“ Der lächelte ihr aufmunternd zu und tätschelte ihre Hand, als ihre Vorspeise aufgetischt wurde, denn Holmes hatte bereits das Tagesmenü beim Eintreten für sie bestellt. „Sie werden schon noch den Richtigen finden, Miss Adler, da bin ich mir ganz sicher!“ Verführerisch lächelnd lehnte sie sich ihm entgegen. „Dass du das glaubst beruhigt mich sehr!“ „Ich wünsche einen guten Appetit!“, beendete Holmes jetzt das Thema und lächelte Watson sanft an. Jener erwiderte das Lächeln so gut er konnte und der Detektiv wollte seine Verkrampfung lösen, indem er ihn loben wollte. „Sagen sie, Miss Adler. Sie scheinen Dr. Watson gut zu kennen. Wussten sie eigentlich schon, dass seine Praxis inzwischen zu den Besten in ganz London gehört?“ „Ach wirklich?“ Nur scheinbar charmant legte sich ihr Blick auf den Mediziner. „Das wurde aber auch Zeit, wo sie so lange fast gar keine Patienten hatten!“ „Ich finde es ganz hervorragend, wie er die Praxis meistert und sich dabei so liebevoll um seine Tochter kümmert!“, entgegnete Holmes jedoch. „Es gibt wohl nur wenige Männer, den der Verlust eines Partners zwar tief verwundet hat, der aber sein Leben danach so gut in den Griff bekommen hat!“ „Wirklich bewundernswert, mit was der liebe Doktor so alles Leben muss!“ Jener unterbrach sie nun. „So interessant ist mein Leben nun auch nicht.“ „Und wie geht es ihrem Hund?“, fragte Irene nun nach um ein Gespräch aufrecht zu erhalten, da ihre Vorspeise vertilgt war. „Gladstone ist leider vor zwei Jahren verstorben. Es scheint, als wären ihm Bewegung und ein gesundes Leben nicht bekommen.“ Watson wurde fragend von Holmes angesehen. „Hund? Welcher Hund?“ „Wir hatten eine Bulldogge…“ wollte jener erklären, wurde aber von Irene unterbrochen: „Der liebe Gladstone war so etwas wie euer erstes Kind!“ Ein Blitzen ging durch graue Augen und Holmes sah von Watson zu Irene und zurück. „Hatten wir noch mehr Haustiere?“ „Nein, wir hatten höchstens ein paar Straßenjungen, die unter unseren Fittichen waren“ erklärte Watson, mit einem beiläufigen Lächeln. „Und was ist aus ihnen geworden?“, fragte Holmes nun äußerst aufmerksam. „Sie arbeiten immer noch als Botenjungen für mich, allerdings mit der Voraussetzung, dass sie zur Schule gehen. Ich will ja, dass mal etwas Richtiges aus ihnen wird!“ „Das gefällt mir!“, erklärte der Detektiv weiter und lächelte ihn an, bevor er sich wieder an Irene wandte. „Und sie, Miss Adler, haben sie Kinder?“ „Leider nein, dieses Glück war mir leider nicht vergönnt!“ erklärte sie ihm mit einem schweren Seufzer. Er lächelte ihr zu und hatte sogar ein Zwinkern in den Augen. „Sie werden schon einen Mann finden, der ihnen einen gesunden Sohn schenken kann!“ „Oh, dass wäre ja wundervoll!“ säuselte sie und lehnte sich ihm entgegen. Dabei konnte ihr Holmes mehr als tief in den Ausschnitt gucken, was ihn schlucken ließ. „Vielleicht können wir ihnen ja helfen, einen geeigneten Partner zu finden.“ „Das ist wäre mehr als hilfreich“ erklärte sie, als Watson ein Glucksen entwich. „Ich glaube nicht, dass sie je Probleme hatte, das nächste Opfer… Verzeihung! Den nächsten Ehemann zu finden!“ „Mir sterben sie aber nicht unter den Händen weg!“, stach sie etwas giftig nach, wonach sie Holmes wieder lieblich anlächelte. Watson umfasste sein Besteck mit Nachdruck und rang um seine Beherrschung. Da berührte ihn ein warmes Bein unter dem Tisch, bevor sich Holmes erhob. „Bitte verzeihen sie, Miss Adler, Watson!“ Er sah beide an und legte sein Serviette zur Seite. „Ich bin ihnen sehr zu Dank verpflichtet, dass sie mir an diesem Abend Gesellschaft leisen wollten. Doch ich wäre ihnen dankbarer gewesen, wenn sie mir gesagt hätten, dass dies keine gute Idee ist!“ Auch wenn er sich bemüht hatte, konnte er die Feindseligkeit nicht übersehen, weshalb er jetzt lieber gehen wollte. Kapitel 6: ----------- Für den werten Doktor verging der Abend nicht mehr sonderlich gut, denn nachdem Holmes das Restaurant verlassen hatte, hatte er selbst noch ein heißes Wortgefecht mit Irene Adler gehabt, was ihm noch ziemlich auf den Magen geschlagen war. Seine Stimmung war noch mehr gesunken, als er nach Hause einkehrte und seinen Freund dort nicht vorfand. Er fürchtete jenen vergrault zu haben und zog sich so, missmutig in sein eigenes Zimmer zurück. Als er dann am nächsten Morgen in seine Praxis kam, war nicht wirklich etwas verändert. Lediglich sah er, wie sein ordentlich verschlossener Medikamentenschrank mit Präzision und ohne ihn zu beschädigen, geknackt worden war, ein paar Verbandsmaterialien fehlten und wie die Türe zu seinem Patientenzimmer wieder geschlossen war, nachdem er sie in der vergangenen Nacht offen gelassen hatte. Watsons Herz machte sich unangenehm bemerkbar, als er schnellen Schrittes auf das Zimmer zu trat und er ohne zu klopfen die Tür öffnete. Ihn erwartete ein, soweit es mit den Vorhängen möglich war, abgedunkeltes Zimmer. Das Bett, welches sich darin befand, war benutzt und es lag noch eine Person darin, doch reagieren tat diese nicht. Mit turbulenten Gefühlen, trat der Arzt an das Bett heran. „Holmes?“ Ein unwilliges Brummen erklang und der Angesprochene verkroch sich noch mehr unter die Decke. Den Stuhl außer acht lassend kniete Watson sich neben das Bett. „Holmes? Sherlock?“ Wieder erklang dieses Brummen und graue Augen sahen ihn glasig an. „Mh?“ Geschickte Finger fuhren vorsichtig über sein Gesicht und das blaue Auge, das dort hervor prangte. „Was hast du angestellt?“ „Boxen!“, brummte es weiter und Holmes schloss seine Augen wieder. „Sieht nicht aus, als hättest du gewonnen?“ Vorsichtig wurde der Kopf abgetastet. „Wo bist du verletzt?“ „Nein, hab ich nicht...“ Holmes zuckte, als die Finger zu seinem Brustkorb glitten. „Meinen angeheilten Rippen hat es nicht bekommen und mein Auge ist blau... Außerdem ging ich K.O.“ „Das war wirklich nicht klug“ erklärte Watson leise und tastete ihn weiter vorsichtig ab. „Und wie viel hast du dir gegen die Schmerzen gespritzt?“ „Genug!“, stellte Holmes fest und keuchte, als der Jüngere eine besonders empfindliche Stelle berührte. Watson wurde etwas wärmer und er konnte es nicht lassen wieder über die Stelle zu streichen. „Ich hatte dich doch gebeten nicht mehr an meinen Medizinschrank zu gehen.“ Zur Belohnung gab Holmes weitere Genusslaute von sich, wobei sich auch angenehm sein Gesicht verzog. „Glaubst du, ein Schloss könnte mich aufhalten?“ „Nicht ihm geringsten, aber ich hatte gehofft, dass meine Bitte es könnte.“ Ein Finger kreiste wieder um die Stelle und wanderte dann weiter, um scheinbar auch die Beine zu überprüfen. Dabei wurde einem Punkt in der Kniekehle besondere Aufmerksamkeit geschenkt. „Ich hätte vor Schmerzen nicht schlafen können.“, entschuldigte sich der Ältere, bevor er leise stöhnte, zitterte und den Arzt mit benebeltem Blick ansah. „Du hättest mich wecken können, ich hätte dir gerne geholfen“ hauchte der Jüngere und drückte wieder in die Kniekehle. „Du brauchst deinen Schlaf...“ Holmes schloss seine Augen und versuchte seine Hand mit fahrigen Fingern zu erreichen. „Was tust du...?“ „Du meinst das?“ fragte Watson grinsend nach und bewegte seine Finger wieder. Der lädierte Körper vor ihm reagierte positiv und stöhnte wieder. „Watson...!“ „Holmes!“ erwiderte jener hauchend und beugte sich vor, um dem Älteren die Braue zu küssen. „Geh jetzt nicht wieder...“, bat dieser und zog ihn weiter an sich. „Wenn ich irgendwo hingehe, dann nehme ich dich mit“ versprach der Arzt ihm heiser. Er wurde geküsst, und auf den Älteren gezogen, wobei er genau fühlen konnte, welche Auswirkungen sein Handeln auf diesen hatte. Watson keuchte gegen die Lippen des Anderen und ließ seine eigenen dann über das lädierte Gesicht wandern. „Au!“, erklang es da aber leise, als er eine besonders ramponierte Stelle erreichte. Entschuldigend wurde federleicht gegen die Stelle gepustet, bevor die Lippen des Detektivs wieder gesucht und gefunden wurden. „Das Bett ist ziemlich klein…“ hauchte Watson danach und lächelte den Älteren an. „Dann bring mich hier weg...“, säuselte Holmes ihm benebelt zurück und führte Watsons Hand zu der härtesten Stelle seines Körpers. „Denn ich brauche dich so sehr!“ Als der Rest des Hauses langsam erwachte lagen die beiden Männer erschöpft, aber glücklich im Bett des Arztes. „Dreieinhalb Jahre Abstinenz sind eindeutig zu viel!“ murmelte jener, während er seine Nase glücklich an Holmes’ Hals rieb. Der Schwarzhaarige, der noch kurz zuvor zugestimmt hätte, zumindest soweit er es konnte, antwortete nicht und statt dessen war ein deutliches Schnarchen zu hören. Watson lachte leise und beugte sich über den Schlafenden, um ihm die Stirn zu küssen, bevor er selbst aus dem Bett glitt. Nur Sekunden später klopfte es an seine Türe, welche sich auch einen Spalt breit öffnete. „Daddy, bist du schon wach?“, fragte Judy wie immer, wenn sie aufstand und noch mit ihrem Vater kuscheln wollte. „Einen Moment, Spatz!“ Schnell warf er sich Nachthemd und Morgenmantel über, bevor er seiner Tochter die Tür öffnete. Überrascht, dass er ihr entgegen kam, blinzelte sie und hob die Arme um hochgehoben zu werden. „Du bist schon auf, Daddy?“ Lächelnd hob er sie auf die Arme und küsste ihre weiche Wange. „Ich bin schon länger wach, denn ich habe mich etwas um Holmes gekümmert.“ Jetzt kicherte sie verwegen und versuchte über seine Schulter hinweg zu spähen. „Er ist hier?“ „Es ging ihm nicht so gut und er brauchte dringend ein bequemeres Bett“ erklärte ihr Vater und wollte sie aus dem Zimmer tragen. „Und da habt ihr zusammen geschlafen?“, fragte Judy begeistert und hüpfte wieder aus seinen Armen um zum Bett zu laufen. „Shh!“ Watson eilte ihr nach, um sie wieder einzufangen. Da war es aber schon zu spät, denn sie kicherte weiter und hatte Holmes gesehen. „Er ist ja halb nackt!“ Dann wurde ihr Gesicht aber traurig. „Und er sieht ganz schlimm aus!“ Wieder wurde sie auf die Arme ihres Vaters genommen. „Es sieht schlimmer aus als es ist“ versicherte jener und trug sie sofort aus dem Zimmer. „Wirklich?“, fragte sie verunsichert und schmiegte sich an. „Ich dachte, Holmes ist wieder heil!“ „Nur ein kleiner Rückfall. Er wird bald wieder ganz heil sein!“ versprach ihr Vater ihr. „Und so lange schläft er bei dir?“, fragte sie nach. „Möglich, aber dass ist kein Thema, dass du weiter tratschen solltest, ok?“ ermahnte ihr Vater sie leise. Judy überlegte einen Moment, bevor sie fröhlich nickte. „Ok!“ Dann gab sie ihrem Vater einen schmatzenden Kuss. „Wollen wir ihm jetzt etwas zu Essen holen?“ „Nun, wenn du mir vorher erlaubst mich präsentabel zu machen.“ „Ok!“, stimmte Judy wieder zu und war begeistert. „Hattet ihr gestern Abend denn auch viel Spaß?“ „Spaß hatten wir sicherlich!“ versicherte Watson und setzte sie ab. „Wir treffen uns gleich im Esszimmer!“ Er bekam noch einen Kuss von seiner Tochter. „Bis gleich, Daddy!“ Das Frühstück nahmen Vater und Tochter noch alleine ein, ließen Holmes aber seine Portion auf Watsons Nachtisch zurück. Jenen sahen sie danach erst wieder, als es Zeit für das Mittagessen wurde. Etwas verkatert und daher das direkte Licht meidend, setzte sich Holmes an den schattigsten Teil des Tisches, Watsons Blick ausweichend und Judy beruhigend. „Du brauchst dir wirklich keine Sorgen um mein Auge machen, Prinzessin. Ich habe mich gestoßen, als meine Rippen etwas mehr schmerzten. Das passiert, wenn sie heilen!“ Ihre hübschen Äuglein sahen ihn sorgenvoll an. „Aber es wird alles wieder ganz heile?“ Und er strich ihr zärtlich über den blonden Lockenschopf. „In zwei Wochen bin ich wieder ganz!“ „Gehst du dann mit mir in den Park spielen?“ fragte sie ihn, fröhlich über diese Aussicht. „Daddy kann so selten mit mir gehen!“ „Ja, das mache ich!“, versprach Holmes und sah aus den Augenwinkeln, wie Straßenjungen über den Hinterhof liefen. Watson folgte seinem Blick und musste schmunzeln. „Es scheint, als wären deine Spielkameraden da, Spatz!“ Sofort sprang Judy auf und lief zum Fenster. „Oh!!! Sogar John ist dabei!“, stellte sie fest. „Ah! Der verlorene Sohn ist zurückgekehrt?“ lachte ihr Vater und legte sich die Servierte über den Schoß. „Sag ihnen hallo, aber dann wird gegessen!“ Sofort riss die Kleine das Fenster auf und winkte. „Hallo!!!“, schrie sie dabei und wollte hinaus klettern. „Judith Elisabeth Watson!!“ donnerte da die Stimme ihres Vaters. „Komm sofort da runter!!“ Aber da war es schon zu spät und Judy fiel vor Schreck herunter. „Ah!“ Während ihr Vater und Holmes entsetzt aufsprangen lief der jüngere John unters Fenster und fing sie auf. „Na vorsichtig Miss Watson!“ „John!“, lachte sie aber nur blass und warf sich mit ihren kleinen Ärmchen um seinen Hals. „Du warst so lange fort! ... Außerdem heiße ich Judy!“ Der junge Mann lachte und drückte das kleine Mädchen. „Ja doch, Miss Judy!“ Er reichte sie dann, durch das offene Fenster, zurück an ihren Vater. „Guten Tag, Doktor Watson!“ Jener lächelte den jungen Mann erleichtert an. „Schön dich wieder zusehen, Wiggins!“ Neben Watson tauchte nun ein anderer Schopf auf, der Judy über den Kopf strich. „Was machst du nur für Sachen, Prinzessin!“ Dann sah Holmes diesen Wiggins an. „Vielen Dank für die Hilfe, Junge!“ Dem Jungen entglitten die Gesichtszüge. „Mr. Holmes!!“ Da lachte Judy wieder und zog Holmes näher. „Ist er nicht toll? Ich hab ihn gefunden und Daddy hat ihn geflickt!“ Wiggins nahm Haltung an und seine Jungs taten es ihm gleich. „Es ist schön sie wieder zu sehen, Sir! Die Baker Street Spezialeinheit ist wie immer einsatzbereit!“ „Sehr erfreut...!“, antwortete Holmes und sah sie fragend an. „Und was ist die Baker Street Spezialeinheit?“ John Wiggins entgleisten die Gesichtszüge und er sah hilflos den Doktor an, der es ihm erklärte: „Gedächtnisverlust.“ „Oh…“ Der Junge schluckte. „Wir sind die Baker Street Spezialeinheit, Sir! Wir haben auf der Straße für sie spioniert und Informationen beschafft. Wir waren bloß einfache Straßenjungen, bevor sie uns eine Richtung gaben!“ Wiggins streckte die Brust hervor. „Ich bin inzwischen sogar Matrose!“ Judy verlor etwas an Glanz in ihren Augen und sie ließ traurig den Kopf hängen, während Holmes anerkennend nickte. „Das ist ein guter und ehrbarer Beruf, Mr. Wiggins!“ Verlegen rieb der junge Mann sich den Kopf. „Nur Wiggins, Sir.“ Watson besah sich ihn schmunzelnd. „Das erklärt aber, wo du die letzen Monate hin verschwunden warst!“ Seine Tochter begann derweil leise in seinen Armen zu weinen. „Gut, Wiggins.“, bestätigte Holmes ihm lächelnd und streichelte Judy. „Wenn wir mit dem Essen fertig sind, dann könnt ihr mich ja ein bisschen genauer darüber aufklären, was wir so zusammen gemacht haben.“ „Sehr gerne, Sir!“ „Dann bis gleich!“, verabschiedete sie der Detektiv und schloss die Fenster, damit sie sich zurück ziehen konnten. Watson trug Judy zum Esstisch und setzte sich mit ihr. „Willst du mir sagen was los ist?“ Da begann sie hemmungslos zu weinen und presste sich an. „John soll nicht gehen! Ein Matrose ist immer unterwegs auf dem Wasser und kommt irgendwann nie wieder!“, schluchzte sie verzweifelt. Beruhigend strich ihr Vater ihr über den Rücken. „Du bist noch keine vier und hast schon den ersten Herzschmerz“ jammerte ihr Vater leise und küsste ihr dann den Schopf. „Du musst dir keine Sorgen machen, er ist ein tüchtiger Junge und wird einmal Karriere machen!“ Jetzt weinte Judy noch jämmerlicher und schüttelte den Kopf. „Dann kommt er ja noch schneller nicht wieder!!!“ Mit all seiner väterlichen Zärtlichkeit wog Watson sie hin und her. „Mein armer Schatz!“ „Sag ihm, er darf nicht gehen!“, flehte die Kleine und ließ sich halten. „Das kann ich nicht, mein Schatz. Das ist Wiggins Entscheidung.“ Es brach ihr das Herz und sie weinte noch bitterlicher, was dafür sorgte, dass Holmes zu ihnen trat und sie streichelte. „Aber Prinzessin, sieh es doch so. Wiggins erlebt jetzt viele Abenteuer, von denen er dir erzählen kann!“ „Aber er ist nicht mehr hier!“ jammerte sie weiter. „Na dann musst du jetzt ganz viel Zeit mit ihm verbringen!“ schlug ihr, ihr Vater vor. „Darf ich?“, fragte Judy wohl wissend nach, dass sie nicht hätte aus dem Fenster klettern und fallen dürfen. „Ausnahmsweise!“ erklärte ihr Vater und küsste ihre Stirn. „Was aber nur heißt, dass deine Strafe nach hinten verlegt wird!“ „Strafe?“ Judy zog die Nase hoch und tat unwissend. „Ja, denn wir hatten doch bereits die Diskussion über Fenster und Türen!“ „Aber... aber... John!!!“, versuchte sie zu erklären und begann wieder zu weinen. „Du kennst die Regeln!“ blieb ihr Vater dieses Mal hart und ließ sich durch die Tränen nicht erweichen. Noch immer verzweifelt streckte sie nun Holmes die Arme entgegen und ließ sich festhalten. „Darf... darf ich jetzt gehen?“ „Nun gut, aber geh dir vorher das Gesicht waschen, Schatz.“ „Ja, Daddy!“, versprach sie und zappelte so lange, bis Holmes sie auf den Boden ließ um das Zimmer zu verlassen. „Bis nachher!“ Watson seufzte schwer und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. „Wenn ich nicht aufpasse, wird sie noch eine kleine Wilde!“ „Aber Freunde sind etwas ganz wichtiges. Du solltest einen guten Weg finden, das zu vereinen und ich denke, bis jetzt ist dir das gelungen!“, antwortete Holmes ruhig und zog sich in den Schatten zurück. „Ja, Freunde sind sehr wichtig“ stimmte Watson zu und suchte seinen Blick. Doch genau da senkte Holmes seinen wieder und begann in seinem Essen herum zu stochern. Ein Grinsen unterdrückend begann nun auch der Jüngere wieder zu essen. „Hast du denn noch gut geschlafen?“ „Nein!“, antwortete Holmes beleidigt und schroff, als er seinen Teller weg schob. „Nicht?“ Verdutzt sah Watson ihn an. „Das ist schade. Willst du dich dann später noch mal etwas hinlegen?“ „Kein Bedarf!“, blieb Holmes abweisend und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Bist du dann wenigstens wach genug, um mir deine schlechte Laune zu erklären?“ „Ich bin allein aufgewacht!“, erklärte Holmes beleidigt und stand auf um dem Jüngeren den Rücken zu kehren. „Wie? Das ist alles?“ fragte sein Freund nach, der eine richtige Katastrophe erwartet hatte. „So versteh mich doch Watson! Das war mein erstes Mal, woran ich mich erinnern kann! ... Und dann war es so schön! ... Aber schließlich warst du weg und Judy war da... und...“, versuchte Holmes zu erklären, dass er glaubte, dass Watson nur mit ihm geschlafen hatte um sich von dem alten Holmes noch einmal endgültig zu verabschieden. Der Arzt erhob sich und ging zu seinem Freund, nur um diesen in eine Ecke zu drängen, die man von den Fenstern aus nicht einsehen konnte. Dort wurde Holmes erst einmal innig geküsst. „Tut mir leid, ich wäre natürlich gern den ganzen Tag mit dir im Bett geblieben, aber ich hatte mich um Judy und um meine Patienten zu kümmern. Außerdem, wenn sich jemand beschweren sollte, dann ja wohl ich! Schließlich bist du einfach eingeschlafen, als ich kuscheln wollte!“ Völlig überrumpelt genoss der den Kuss und hatte sofort wieder ein seliges Lächeln. „Ich war schon müde, als du mich wecktest...“, erklärte er seine Unschuld. „Ausreden!“ schnurrte der Jüngere und küsste ihn erneut. „Und ich hatte eine leichte Kokain- Morphium Mischung im Blut...“ Watson, der ihn gerade zum dritten Mal küssen wollte, wich zurück. „Was?“ Doch da zog ihn der Ältere an sich und begann an seinem Ohr zu knabbern. „Nicht aufhören!“ Watson gefiel das, so sehr er sich auch dagegen sträubte. „Was meinst du… ah… mit Kokain?? Seit wann nimmst du das wieder??“ „In meinen Aufzeichnungen habe ich etwas dazu gefunden.“, erklärte Holmes und löste sich. „Da stand die genaue Dosierung drin und was es in mir bewirkt. Das es meinen Verstand beschäftigt, wenn ich meine verrückt zu werden und all das... Du kennst das doch von mir!“ Er zuckte mit den Schultern. „Und nach gestern abend... nach der gesamten letzten Zeit. Warum soll ich mir nicht glauben?“ „Das heißt, ich muss von jetzt an wieder fürchten, dich an dieses Teufelszeug zu verlieren?“ fragte der Jüngere mit angestrengt ruhiger Stimme. „Das ist doch großer Unsinn!“, versicherte Holmes und griff nach seiner Hand. „Wie kommst du denn auf so etwas?“ „Ich bin Arzt, Sherlock! Ich weiß, wie gefährlich dieses Zeug sein kann!“ „Wir hatten diese Diskussion schon einmal!“, stellte der Detektiv fest und bekam einen weichen Gesichtsausdruck. Dann hob er Watsons Hand und küsste diese. „Ich konnte in meinen Aufzeichnungen nichts über deine Worte finden. Eher im Gegenteil...“ Holmes lächelte. „Aber ich bedeute dir viel und daher will ich dir anbieten, dass ich Kokain und Morphium nur noch unter deiner Aufsicht zu mir nehme.“ Blaue Augen leuchteten auf. „Versprichst du mir das?“ „Das mache ich hiermit!“ Erleichtert küsste der Jüngere ihn. „Danke, dass ist schon mal etwas.“ Aber da löste sich Holmes und zog sich zurück. „Ich hab versprochen mit dieser Baker Street Einheit etwas Zeit zu verbringen. Vielleicht hilft es mir ja etwas...“ Enttäuscht leckte Watson sich die Lippen. „Ist gut. Hab für mich auch ein Auge auf Judy, ja?“ „Bevor Judy etwas geschieht, brennt ganz London ab!“, schwor Holmes und rückte seine Kleidung zurecht. „Ich weiß! Bei dir ist sie in guten Händen!“ Kapitel 7: ----------- „Ich sollte jetzt wieder runter gehen.“, säuselte Holmes unwillig, als er Nachts neben Watson lag und diesen streichelte. Sie hatten zwar nichts miteinander geschlafen, aber doch angenehme Zärtlichkeiten ausgetauscht und er wollte verhindern, dass sie dem Personal auffielen, wenn er erneut bei dem Arzt im Zimmer schlief. „Ich dachte, du wolltest mit mir zusammen aufwachen?“ gurrte der Jüngere, unwillig ihn loszulassen. „Aber ist es gut, wenn jemand mitbekommt, dass ich schon wieder hier schlafen?“, fragte der Detektiv zurück und küsste ihn. „Ich hab dafür gesorgt, dass das Bett im Patientenzimmer so aussieht, als wäre darin geschlafen worden“ versicherte Watson ihm. „Und die Körperwärme?“, fragte das Deduktionsgenie weiter. „So etwas bemerkt niemand außer dir!“ lachte der Jüngere. „Schon gar nicht Lizzy!“ Holmes lächelte und küsste ihn. „Ist das so?“ „Ich versichere es dir“ erklärte Watson und küsste ihm das Kinn. „Dann will ich bleiben und mich am Morgen hinaus schleichen!“, kicherte Holmes vergnügt und zog den Jüngeren näher an sich. „Das klingt nach einem Plan“ gurrte der Arzt und schmiegte sich an ihn. Da wurde sein Rücken gekrault, als Holmes offensichtlich überlegte. „Hm…“ schnurrte Watson. „Etwas höher…“ Holmes tat, wie ihm gesagt wurde und gab grübelnde Geräusche von sich. „Hm…“ schnurrte der Jüngere unbekümmert weiter, wohl wissend, dass Holmes seine Aufmerksamkeit wollte. „Willst du nicht bald schlafen?“, hauchte jener nach einer Weile in sein Ohr. „Morgen früh wirst du wohl wieder arbeiten müssen...“ Ein Schmunzeln kräuselte sich unter dem Schnurrbart. „Willst du mich los werden?“ Watson wurde liebevoll geküsst und weiter mit Streicheleinheiten verwöhnt. „Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn du übermüdet arbeiten müsstest!“, erklärte Holmes aufgeklärt und konnte seinen Blick nicht auf dem Arzt halten. Wissend lächelte jener und schmiegte sich dicht an den Älteren. „Wenn du mich weiter so kraulst, schlafe ich sicher schnell ein.“ „Dann schlaf gut und träum etwas schönes!“, säuselte Holmes an seinem Ohr und grinste, als er wieder vor sich hin überlegte. „Gute Nacht, Holmes“ hauchte der andere zurück und genoss die Einschlafhilfe. Als sich der Detektiv meinte sicher zu sein, dass Watson eingeschlafen war, löste er sich von diesem und schlich aus dem Bett. Ein neuer Schrank stand nämlich im Zimmer und hatte schon die ganze Zeit seine Aufmerksamkeit erregt. Doch als er diesen erreichte, stellte er fest, dass die Tür verschlossen war. Blaue Augen blinzelten kurz, als er an der Tür rüttelte, bevor sich ihr Besitzer, grinsend, tiefer in die Kissen kuschelte. Holmes besah sich den Schrank erneut und stellte fest, dass er wohl einige Jahre auf dem Dachboden gestanden haben musste. Lizzy hatte ihn zwar gründlich gereinigt, nachdem Watson dafür gesorgt haben musste, dass er im Zimmer aufgestellt wurde. Doch in den feinen Verzierungen war noch immer für Holmes deutlich erkennbarer, lange abgelagerter Staub. Er sah noch einmal zu Watson und begann dann das Schloss des Schrankes zu knacken. Als der Morgen kam, fand sich Watson allein im Bett vor, was ihn frustriert grummeln ließ. Dennoch setzte er sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Was er dann sah, ließ ihn sich die Augen gleich wieder reiben. Holmes saß in seinem gemütlichen Sessel, mit Watsons Morgenmantel übergestreift und schlief. Auf seinem Schoß stapelten sich bereits ein paar Bücher und eines hielt er in der schlaffen Hand. Er hatte nämlich entdeckt, dass der Schrank, den er in der Nacht aufgebrochen hatte, vollgestopft mit Watsons Notizbüchern war. Seine Neugier hatte ihn dann dazu getrieben, sie zu lesen und er hatte erst aufgehört, als er übermüdet und keine Stunde, bevor der Arzt erwachte, eingeschlafen war. Jenem Arzt entwich ein Kichern, da er damit gerechnet hatte, dass der Andere seine Neugier nicht zügeln können würde. So schlüpfte er aus dem Bett und trat zu dem Sessel. „Holmes?“ Dem fiel sofort das Notizbuch aus der Hand und er sprang auf. „Was? Wer?“ Eine Hand legte sich vorsichtig auf seine Schulter. „Guten Morgen.“ „Oh!“ Holmes starte zuerst auf die Hand und sah dann zu Watson. Er hatte in den vergangenen Jahren eigentlich gelernt, dass er nicht fest schlafen durfte, da ihm sonst seine wenigen Habseligkeiten geklaut werden würden. Doch Watson schenkte ihm so eine Vertrautheit, dass er gar nicht anders konnte und so war er jetzt erschrocken und auf der Hut, bis er realisierte, wo er war. Dann errötete er und versuchte die Notizbücher mit einem nackten Fuß unter den Sessel zu schieben, weil er sich ertappt fühlte. „Morgen Watson!“ Jener beugte sich zu ihm hin und küsste ihm die Stirn. „Schlaf doch lieber im Bett, das ist bequemer. Du kannst die Bücher auch mitnehmen.“ „Ich ähm... du hast... ähm... tut mir leid, wenn ich in deiner Privatsphäre herumgeschnüffelt habe!“, entschuldigte sich der Ältere stotternd und sah verlegen zur Seite. „Hätte ich die Notizen von dir fern halten wollen, wären sie auf dem Dachboden geblieben“ versicherte Watson ihm grinsend. „Es ist unglaublich, was ich alles gelesen habe!“, stellte Holmes da begeistert fest und holte die Bücher unter dem Sessel wieder hervor. „Es ist alles war. Das sind quasi die puren Notizen, die Geschichten die ich aufgeschrieben habe variieren zum Teil von der Realität.“ „Ich würde gern weiterlesen.“, erklärte Holmes da begeistert. „Dann tu es im Bett, falls du wieder einschläfst“ bat Watson ihn sanft und schob ihn in jene Richtung. Er wurde zärtlich geküsst und Holmes ließ sich in die Kissen nieder. „Mache ich!“ „Soll ich dir nachher etwas vom Frühstück bringen?“ „Danke, ich werde vielleicht zum Mittag herunter kommen.“, lehnte Holmes ab und schlug bereits wieder ein Buch auf. Doch noch bevor Watson sich begann anzuziehen, war er mit diesem in der Hand eingeschlafen. Einige Tage später war Watson in der Lage gewesen Karten für ein Konzert zu ergattern, von dem er wusste, dass es Holmes gefallen würde. Da es am späten Nachmittag stattfinden sollte, planten sie Judy mit ihnen zu nehmen. Die Kleine war sehr aufgeregt und putzte sich so fein heraus, wie sie konnte. Mehrfach musste ihr Mrs. Cooper die Haare neu frisieren, weil sie ihr noch nicht schick genug waren. „Nimmst du mich so mit, Daddy?“, strahlte sie schließlich, als sie zu den beiden erwachsenen Männern in den Flur trat. „Du siehst bezaubernd aus, Schatz!“ bestätigte ihr Vater ihr, als sie sich an seiner Hand drehte. „Eine wahre Prinzessin!“, bestätigte auch Holmes und reichte ihr auch eine Hand. „Gehen wir jetzt Musik gucken?“ fragte sie fröhlich, als sie beide Männer fest hielt. „Das machen wir!“, versprach Holmes und sah auf, als es heftig an der Haustür klopfte. Das Dienstmädchen öffnete und ein Bote kam keuchend hinein. „Ich…ich suche Doktor Watson!“ Holmes wusste bereits, was geschehen würde, weil er die Tatsachen wieder richtig deutete und hob Judy auf seine Arme. Erst dann sah er Watson an. „Geh nur! Wir machen uns ein paar schöne Stunden!“ Enttäuscht sah der Arzt ihn an, da er sich sehr auf das Konzert gefreut hatte. „Ich beeile mich und komme dann nach“ versprach er und strich seiner Tochter über die Wange. „Passt du mir solange auf Holmes auf?“ Schnell hielt sie seine Hand fest und gab ihr einen Kuss. „Die Gesundheit ist am wichtigsten!“, lächelte sie und wiederholte Watsons Worte, die er ihr eingebleut hatte, wenn er arbeiten musste und keine Zeit für sie hatte. „Und ja, niemand wird Holmes gefährlich werden, versprochen Daddy!“ „Das ist lieb von dir, mein Schatz!“ Der Arzt lächelte nun Holmes noch einmal zu. „Wir sehen uns später.“ „Pass auf dich auf!“, warf Holmes ihm noch nach und kümmerte sich dann um Judy. „Und wir haben jetzt für deinen Daddy mit Spaß, bis er zu uns kommt, ja?“ Ihr „Jaa!!“ ging in Gelächter über, als sie gekitzelt wurde. „Prinzessin, mein Engel!“, versuchte Holmes Judy zu besänftigen, als sie auf der Heimfahrt waren. „Dein Daddy hatte bestimmt ganz viel Arbeit. Wir holen das nach, das er dabei ist, ja?“ Judy verschränkte schmollend die Arme vor der Brust. „Daddy wollte noch kommen!“ Und Holmes überlistete sie mit einem Trick. Er tat, als ob er sehr traurig und verletzt war, bevor er sprach. „Hattest du denn mit mir keinen Spaß?“ Sofort machte sich Schuld in ihrem Gesicht breit. „Dohoch! Ganz doll!“ „Dann kannst du deinem Daddy doch erzählen wie schön es war!“, lächelte Holmes ihr wieder zu. „Wenn er zu Hause ist“ maulte sie. Sanft wurde ihr Kinn von unten herauf angetippt. „Jetzt werd nicht wieder traurig! Dein Daddy macht das doch alles nur, damit ihr es gut habt!“ „Ich hab es gut, wenn Daddy da ist!“ erklärte sie trotzig und schob die Unterlippe vor. Überlegend leckte sich Holmes über die Unterlippe, bevor er nickte und wieder traurig aussah. „Du weißt doch, wie ich aussah, als ich zu dir kam, ja?“ Sie nickte eifrig. „Du warst ganz schmutzig!“ „Genau und ich musste auf der Straße schlafen, leben und hatte es immer kalt. Das hast du auch verstanden, ja?“ fragte Holmes weiter. Wieder nickte sie. „Aber Daddy hat heil und besser gemacht.“ Dem stimmte auch der Schwarzhaarige zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ja, er hat mich geheilt. Aber ich versuche dir etwas zu sagen, Prinzessin!“ Er schwieg einen Moment, damit sie mitkam. „Würde dein Daddy die Leute nicht wieder heil machen, dann würden du und dein Daddy auch kein zu Hause haben und frieren. Ihr hättet kein zu Essen und wir hätten uns wohl nie gesehen.“ „Und das wäre ganz doll schlecht, ja?“ „Richtig, das wäre ganz doll schlecht und böse.“, stimmte Holmes zu und knuddelte sie. „Daher muss man immer mit dem glücklich sein, dass man hat! So wie ich glücklich bin, dass ich dich und deinen Daddy getroffen habe! Du hast es ganz toll bei deinem Daddy und kannst richtig glücklich sein!“ Sie nickte und kuschelte sich an ihn. „Ich hab Daddy und dich ganz doll lieb!“ „Und wir haben dich ganz doll lieb, Prinzessin! Immer!“, schwor ihr Holmes und lächelte stolz. Doch als sie am Haus des Arztes vorfuhren, wurde sein Gesichtsausdruck ernst. „Guck mal! Eine Kutsche!“ rief da auch Judy und deutete auf den Wagen der vor ihrem Haus stand. Sie wurde fester auf Holmes Schoß gezogen, der ein ungutes Gefühl bekam. „Versprichst du mir etwas, Prinzessin?“ Ihre blauen Augen richteten sich auf ihn, als sie nickte. „Ok!“ „Dann bringe ich dich erst zu Mrs. Cooper, bevor wir uns mit deinem Daddy treffen. Du spielst etwas mit ihr und ich komme dich dann später holen mit deinem Daddy und du wirst ganz artig sein, ja?!“, musste Holmes ihr das Versprechen abringen. Das verstand Judy zwar nicht, dennoch blieb sie brav. „Ok.“ „Du bist ein gutes Mädchen!“, lächelte Holmes und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er sie aus der Droschke hob und den Fahrer bezahlte. Als er dann das Haus betrat, rief er sofort nach Mrs. Cooper und reichte ihr Judy. „Gehen sie bitte mit Judy etwas spielen?! Ich kümmere mich um den Rest!“ Die Haushälterin nahm das Kind an und sah ihn dann sorgenvoll an. „Sie sind im Schlafzimmer des Doktors.“ Holmes nickte und lächelte Judy noch einmal warm an. „Dann bis gleich, Prinzessin. Hab viel Spaß beim Spielen!“ Er drehte sich um und ging sofort in den nächsten Stock des Hauses um dort Watsons Schlafzimmer zu betreten. Jener lag dort im Bett, noch verborgen von Holmes’ Sicht, weil Inspektor Lestrade vor jenem Bett stand und das Dienstmädchen daneben. In ihren Händen hielt sie eine Schüssel mit Wasser, welches eine rote Farbe angenommen hatte. Angst und Panik befiel Holmes als er das sah, doch seltsamer Weise blieb er äußerlich ruhig und räusperte sich um auf sich aufmerksam zu machen. „Wenn ich erfahren dürfte, was hier geschehen ist? Ich konnte das Kind gerade davor bewahren Angst zu bekommen!“ „Holmes“ erklang es heiser vom Bett, gerade als Lestrade die Sicht frei gab. Watson lag, in Nachthemd und Morgenmantel gekleidet, unter einer dicken Decke. Er war fürchterlich blass, was durch den Verband um seinen Kopf nur noch verstärkt wurde. Gestrafft trat der Detektiv ans Bett und nur Watson konnte die große Angst um ihn in den grauen Augen lesen. „Watson!“ Holmes sah auf ihn hinab und musterte seine angeschlagene Gestalt. „Sagen sie mir bitte, was ist hier geschehen!“ „Ich scheine in ein Missverständnis geraten zu sein“ erklärte jener ihm leise, als Lestrade sich räusperte. „Ich habe ja jetzt ihre Aussage, alter Freund. Ich kümmere mich um alles.“ Es war eindeutig der Detektiv der vor ihnen stand, auch wenn dieser das nicht wusste und er hob verärgert eine Augenbraue und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Welches Missverständnis?“ Watson hob beschwichtigend eine Hand, bevor er erst einmal Lestrade und Lizzy verabschiedete. „Setz dich hin, mir geht es gut.“ Holmes tat was er wollte und setzte sich. Doch seine professionelle Maske bewahrte er sich, als er auf eine Erklärung wartete. Watson atmete einige Male tief durch, um Kraft zu sammeln. „Der Notfall, war Mrs. Winchester, die Probleme bei der Entbindung hatte. Es wurde etwas blutig und ich eilte nach Hause, um das Hemd zu wechseln, bevor ich zu euch kommen wollte.“ Er schloss kurz die Augen, da ihm schwindelte. „Direkt vor der Haustür griffen mich diese zwei Männer an. Sie kamen von hinten und ich bemerkte sie nicht rechtzeitig…“ Nun wurde Holmes zärtlich und begann ihm vorsichtig über den Kopf zu streicheln. „Was geschah weiter?“ Der Jüngere lehnte sich seiner Hand entgegen. „Ich ging zu Boden und da erkannten sie, dass ich nicht der war, hinter dem sie her waren.“ „Du solltest jetzt vielleicht erst einmal schlafen!“, schlug Holmes vor und gab ihm einen Kuss. Konnte er es doch gerade absolut nicht vertragen jede einzelne Information Stückchen weise zu bekommen. „Dein Kopf ist kräftig bandagiert und du bist sehr blass! Kann ich etwas für dich tun?“ Da wurde seine Hand ergriffen und fest gedrückt. „Ich glaube sie haben dich gesucht Holmes! Und zwar im Auftrag eines Colonel Moran!“ Der Detektiv schluckte, denn irgendwoher kannte er diesen Namen, doch mehr ließ er auch schon nicht an Reaktion zu. „Bitte beruhige dich Watson! Du musst dich jetzt erst einmal erholen und gesund werden, ja?!“ Der Arzt wollte ihn aber nicht loslassen. „Bitte versprich mir, dass du vorsichtig bist! Ich kann dich nicht verlieren Holmes!“ Zärtlich wurde er angelächelt. „Ich verspreche es dir, Watson! Mir wird nichts passieren!“ „Ich würde es nicht verkraften“ erklärte der Arzt noch mal und schloss erschöpft die Augen. Holmes griff seine Hand und küsste diese. „Ich lass dich nicht mehr allein, nie wieder!“, schwor er dabei leise und wartete darauf, dass Watson einschlief. Lange musste er nicht warten, da die Ereignisse ihren Tribut forderten und Watson die Augen zu fallen ließen. Als er schlief, ließ Holmes ihn im Zimmer allein und kam zu Mrs. Cooper und Judy, wo er sanft lächelte und sich neben das Kind setzte. „Hey, Prinzessin!“ Sofort krabbelte sie in seinen Schoß. „Wo ist Daddy!?“ Judy bekam einen Kuss und wurde festgehalten. „Dein Daddy hat sich den Kopf gestoßen. Daher schläft er jetzt. Aber es ist nur eine Beule. Bald ist alles wieder gut!“, versprach Holmes und schaukelte sie sanft. Ihr hübsches Gesicht kräuselte sich besorgt. „Er wird wieder ganz gesund? Hast du ihn heil geküsst?“ Holmes schmunzelte und nickte. „Ja, Prinzessin, das habe ich getan!“ Er überlegte und sah sie vertrauensvoll an. „Möchtest du kurz zu deinem Daddy? Du musst nur leise sein, denn er schläft.“ Sofort nickte sie eifrig. „Ich will auch besser küssen.“ „Dann komm!“ Holmes lächelte und hob sie hoch um sie zu Watson ins Zimmer zu tragen. „Denk aber daran, dass du leise bist!“ „Ich bin Shh!“ erklärte sie entschlossen. Da wurde die Tür vor ihr geöffnet und sie zum Bett gebracht. Sofort füllten sich ihre kleinen Äuglein mit Tränen. „Daddy sieht au aus.“ „Schhh!“, versuchte sie Holmes zu beruhigen und streichelte sie. „Er hat sich nur den Kopf gestoßen, Prinzessin. Morgen ist es gleich schon wieder besser!“, versprach er ihr. Sie nickte verschüchtert und schmiegte sich an den Detektiv. Der gab ihr noch einen Kuss auf die Stirn und sah sie dann fragend an. „Möchtest du denn heute bei deinem Daddy schlafen? Dann brauchst du dir auch keine Sorgen mehr machen!“ Sofort nickte sie und sah ihn dann aus ihren großen Augen an. „Du auch?“ „Möchtest du das gern?“, fragte der Grauäugige nach und lächelte dabei sanft. Wieder nickte sie. „Daddy sah so strahlend aus, nachdem ihr zusammen geschlafen habt!“ Sofort wurden Holmes Wangen dunkelrot und er strubbelte ihr durch die Haare. „Gut, dann schlafe ich bei euch!“ Dann gab er ihr einen Kuss. „Aber das muss ein Geheimnis zwischen dir, deinem Daddy und mir bleiben, ja?“ „Ich schwöre ganz heilig!“ versprach sie das Geheimnis zu wahren. Als Watson am nächsten Morgen erwachte, lag ein kleines warmes Bündel Leben neben ihm und ein Schatten legte sich vom Fenster aus auf ihn. Automatisch legte der Arzt einen Arm um seine Tochter und sah zu dem Schatten. „Holmes?“ Der lächelte ihm nun zu und stand auf um sich auf die Bettkante zu setzen. Vorsichtig strich er dem Arzt dort über die Wange. „Wie fühlst du dich?“ „Als hätte mich eine Droschke überfahren“ scherzte der Jüngere heiser. Er bekam einen Kuss auf die Nase und Holmes schmunzelte. „Brauchst du irgendwas?“ „Nein, ich hab ja alles hier“ murmelte der Arzt und lächelte ihn an. Er wurde noch etwas weiter mit Streicheleinheiten verwöhnt. „Dann solltest du jetzt noch etwas schlafen. Dann bist du schneller wieder gesund! Ich hab Judy nämlich versprochen, dass du ganz schnell wieder heil bist!“ Der Vater lächelte auf die Tochter hinab. „War sie die ganze Nacht hier?“ „Ich hab ihr erlaubt, hier zu schlafen.“, erklärte Holmes. „Ich hoffe, das war in Ordnung...“ „Vollkommen“ versicherte Watson ihm. „Hast du auch geschlafen oder hast du dir die Nacht um die Ohren geschlagen?“ „Ich habe gearbeitet.“, berichtete Holmes und deutete auf den Stapel Akten und Bücher neben dem Sessel. „Aber keine Sorge, mir geht es gut!“, versicherte er und schenkte Watson frisches Wasser in ein Glas, damit er etwas zu Trinken hatte. Watson nahm das Wasser auch gleich an. „Das heißt kein Schlaf?“ „Nein!“, war sein Freund ehrlich und füllte ihm das Glas erneut, als es leer war. „Aber ich bin auch noch nicht fertig!“ „Und woran arbeitest du?“ „Du hast gestern Abend den Namen: Colonel Moran erwähnt. Der kam mir bekannt vor.“, erzählte Holmes ihm ruhig und fuhr fort. „Ich habe mir alle Unterlagen aus der Baker Street geholt, die ich in der vergangenen Zeit durchgesehen habe und gehe diese jetzt durch. Ich bin mir sicher, dort diesen Namen schon einmal gelesen zu haben!“ „Hast du ihn schon gefunden?“ fragte der Jüngere ruhig nach, während er seiner Tochter, wie nebenbei, durchs Haar strich. „Nein, denn dann wäre ich schon nicht mehr hier, sondern hätte ihn mir bereits geschnappt!“, kam es nun hart und verärgert zurück. „Das will ich doch nicht hoffen, wo er dir nach dem Leben trachtet!“ „Ich werde ihn dingfest machen, da kann kommen wer will!“, brodelte es in dem Detektiv. „Erst recht, wenn er meiner Familie zu nahe kommt!“ Ein glückliches Lächeln trat auf Watsons Gesicht und er streckte Holmes seine Hand entgegen. „Nun, deine Familie hätte gerne, dass du diese Begegnung unbeschadet überstehst!“ Die Hand wurde ergriffen und sein Lächeln erwidert. „Ich werde mir die größte Mühe geben, gesund nach Hause zu kommen!“ „Das sollte kein Problem sein, da du das Haus nicht ohne mich verlässt!“ „Ich werde meine Arbeit machen, so wie es passt!“, entgegnete Holmes scharf und löste sich. „Schlaf noch etwas, dann werde ich arbeiten.“ „Wage es ja nicht ohne mich auf deinen Feldzeug zu gehen!“ warnte der Doktor ihn da noch einmal eindringlich. „Ich werde es dich wissen lassen, wenn es losgeht!“, war das einzige Versprechen, das er Holmes abnehmen konnte. „Danke.“ Watson lächelte ihn an. „Ich muss schließlich ein Auge auf dich haben,“ „Du musst erst einmal wieder völlig genesen!“, lächelte Holmes und ließ sich wieder in dem Sessel nieder um das nächste Buch in die Hand zu nehmen. „Das gleich gilt für dich!“ warf der Jüngere ihm noch hinter her. Doch er erreichte den Detektiv gerade nicht mehr, denn wie durch einen Zufall hatte dieser das richtige Buch zur richtigen Seite aufgeschlagen. „Colonel Moran...“, brabbelte er vor sich hin und bekam leuchtende Augen. „Du hast was gefunden?“ fragte Watson sofort nach und setzte sich schwerfällig auf. Und wie zu seinen besten Zeiten realisierte Holmes nichts mehr außer sein Fall. „Er ist die rechte Hand von Professor Moriarty und hoch aggressiv!“ Watson wurde kalt, als er den Namen des Professors hörte und ihm wurde plötzlich ganz unwohl. „Oh…“ Er wurde aus höchst interessierten grauen Augen betrachtet. „Ich scheine viel von diesem Professor gehalten zu haben. Kannst du mir mehr sagen? Ich kann mir vorstellen, dass du wesentlich aufschlussreicher bist, als meine Aufzeichnungen.“ „Er… er hat für Moriarty gearbeitet?“ brachte Watson es zittrig hervor. „Du irrst dich sicher nicht?“ „Ich habe es mir hier zumindest so aufgeschrieben.“, erklärte Holmes und deutete auf seine Unterlagen. „Also, was weißt du?“ Der Arzt schluckte und fasste sich mit zittriger Hand an die Brust. „Moriarty war derjenige, mit dem du an den Reichenbachfällen gekämpft hast. Er war Professor an der Universität von London und hat nebenbei eine Verbrecherorganisation gegründet. Du nanntest ihn immer den Napoleon des Verbrechens. Wenn Moran für ihn gearbeitet hat, dann musst du dich in Acht nehmen!“ Doch seine Worte bewirkten genau das Gegenteil und Holmes wurde immer neugieriger. „Ich hatte also eine sehr hohe Meinung von diesem Professor Moriarty!“ Er grinste und sein Eifer war geweckt. „Eine Meinung, die dich fast umgebracht hätte!“ „Nun, ich werde meinen Weg auf jeden Fall beenden und Moriartys Anhänger dingfest machen!“, erklärte Holmes ohne wirklich auf Watson einzugehen. „Tu bitte nichts unüberlegtes!“ flehte jener ihn da an. „Ich hab dir doch versprochen, ich lass dich nicht mehr allein!“, murmelte Holmes und vergrub seine Nase in dem Buch. Watson wurde danach noch zwei weitere Tage nicht aus dem Bett gelassen, bevor er verkündete, dass er der Arzt war und sich selbst als genesen erklärte. Die Wunde an seinem Kopf, hatte zwar Spuren hinterlassen, behinderte ihn aber nicht mehr in seinem Alltag und würde nicht für immer bleiben. Holmes war etwas aufgeregt und mit seinen Gedanken wie seit jenem Morgen kaum noch anwesend. Doch er half Watson vorsichtig auf die Beine. „Geht es?“ „Ja doch. Ich bin durch aus gesund genug um aufzustehen“ verteidigte der Jüngere sich, zog sich aber nicht aus Holmes Armen zurück. „Du hast jetzt lange gelegen, es wäre verständlich, wenn dein Kreislauf noch nicht ganz so auf der Höhe ist, wie du möchtest!“, versuchte der Ältere den Arzt zu beschwichtigen und zog ihn näher an sich. Lächelnd ließ der Jüngere sich halten. „Meinem Kreislauf geht es bestens!“ Holmes Arme schlangen sich noch etwas fester um ihn und er genoss eindeutig wie sie beisammen waren. „Ich denke, es ist besser, wenn wir noch etwas so bleiben, nur bis du ganz sicher stehst!“ „Die Idee hätte von einem Arzt stammen können“ grinste Watson und lehnte ihm den Kopf entgegen, bis sich ihre Nasen berührten. Da sie gerade allein waren, nutzte Holmes die Möglichkeit und küsste seinen Freund. „Ich hatte einen guten Lehrmeister!“ Kichernd erwiderte Watson den Kuss. Dann löste sich Holmes und fasste ihn vorsichtig an der Hüfte. „Kannst du allein stehen?“ „Durchaus“ versicherte der Arzt ihm lächelnd. „Ich bin bei weitem nicht so angeschlagen, wie du fürchtest!“ „Dann zeig es mir!“, verlangte Holmes und ließ ihn los. Watson schwankte zwar einen Moment, stand dann aber fest auf eigenen Beinen. „Gut, gut!“, stellte der Ältere dann fest und griff sich wieder eines seiner Bücher. „Dann kann ich heute Nachmittag ja mal ausgehen!“ „Du meinst mit ‚ich’, doch wohl hoffentlich ‚wir’, oder?“ hackte Watson nach und ging an seinen Kleiderschrank. „Du solltest nicht zu lange laufen. Du hattest eine schlimme Kopfwunde, Watson!“, wurde Holmes ernst. „Und? Du hast gebrochene Rippen und eine heilende Stichwunde!“ „Deren Fäden bereits längst gezogen sind!“, ging Holmes nur auf die Stichwunde ein. Denn seine Rippen machten ihm noch immer Schwierigkeiten. „So wie ich dich kenne, hast du längst einen Plan gefasst und den wirst du nur mit mir durchziehen!“ „Gut!“, schien der Detektiv nachzugeben. Watson warf sein Nachthemd aufs Bett und zog einen Anzug aus dem Schrank. „Trotz Kopfwunde bin ich immer noch gut mit dem Revolver!“ „Du wirst ihn nicht brauchen.“, erklärte Holmes wieder völlig gelassen. „Bei einem solchen Gegner will ich ihn lieber nicht daheim lassen!“ „Vertraust du mir etwa nicht?“, fragte Holmes nun sanft. Watson schnaubte und stieg in seine Unterwäsche. „Ich bin blond, Holmes! Nicht blöd!“ Kapitel 8: ----------- Nun lachte der Älter und hinderte ihn daran, sich anzuziehen, in dem er ihn an sich zog. „Er wird auf mich schießen, aber nicht auf dich. Wir werden dabei zusehen und ihn dann festnehmen. Ich werde gleich nur alles mit Lestrade abklären.“ Blaue Augen starrten ihn entsetzt an. „Ich soll zusehen, wie er auf dich schießt??“ „Das werden wir beide und jeder Andere, der dabei zusieht.“ Holmes lachte süffisant und gab Watson einen zarte Klaps auf den Hintern. „Aber zieh dich nur an. Ich geh in der Zeit zu Lestrade. Heute Abend wird erst auf mich geschossen!“ Der Arzt griff sorgenvoll nach Holmes Armen. „Du versprichst wieder zu kommen? Unerschossen?!“ Da wurde er noch einmal an diesen gezogen und geküsst. „Ich werde lebendig zu dir zurück kehren!“, versprach er dann. „Wenn nicht, bringe ich dich persönlich um!“ drohte der Arzt und umarmte ihn dann heftig. Watson erfasste ein weiterer Kuss, bevor sich Holmes endgültig löste. „Ich halte all meine Versprechen!“ Watson sah so viel Gefühl in den grauen Augen, dass ihm das Herz schmerzte. „Wenn… wenn das heute Abend alles vorbei ist, will ich auch mit dir über etwas reden…“ „Gern!“, stimmte Holmes dem Gespräch zu und lächelte ihn noch einmal an, bevor er das Zimmer verließ. Mit schmerzendem Herzen und aufgewühlten Magen blieb Watson im Zimmer zurück. Als der Tag sich langsam dem Ende entgegen neigte, saß Watson, aus geh fertig, im Wohnzimmer und wartete nervös auf den Mann, den er liebte. Holmes ließ noch etwas auf sich warten und war dann bester Laune, als er zu dem Arzt trat. „Du bist schon fertig?“, stellte er fest und setzte sich zu ihm. „Ich bin seit Stunden fertig!“ erklärte der Jüngere und griff erleichtert nach seiner Hand. „Ist alles gut gegangen?“ Er wurde an Holmes gezogen und geküsst. „Mir geht es blendend! Ich war doch den ganzen Tag in polizeilicher Obhut!“ „Das spricht nicht immer von Sicherheit!“ musste Watson als Protest einwerfen. Erst da bemerkte er die Ironie in Holmes Worten. „Ich habe auf jeden Fall alles vorbereitet. Du wolltest mich begleiten und bei meiner Ermordung zusehen?“, fragte der Ältere dann ganz unschuldig. „Ich weiche nicht von deiner Seite, so makaber dein Plan auch klingt!“ Holmes stand wieder auf und schloss die Vorhänge, damit sie niemand beobachten konnte, als er Watson an sich zog. „Nach heute Abend, wird dir und Judy niemand mehr zu nahe treten können!“ Der Arzt küsste ihn innig. „Dann haben wir endlich Ruhe!“ „Du musst mir aber noch eins für heute Abend versprechen!“, bat Holmes nun. Seine Wange gegen die des Detektivs drückend, genoss Watson dessen Nähe. „Was soll ich versprechen?“ „Egal was passiert, du darfst nicht eingreifen, niemals!“, erklang es hart an seinem Ohr und er konnte die Sorge hören, die dahinter steckte. Die Arme des Älteren wurden fest ergriffen. „Ich bin Soldat! Ich werde nicht rum stehen, wie ein einfacher Zivilist!“ Holmes sah Watson nun tief in die Augen und strich ihm dabei über die Wange. „Ich bitte dich darum, versprich es mir...“ „Ich stehe dir so zur Seite, wie ich es muss!“ erklärte der Arzt mit fester Stimme. „Und wenn ich dir verspreche, dass ich nicht in Gefahr bin?“ „Meine Aussage bleibt die gleiche!“ Holmes seufzte und senkte den Blick. „Dann würde ich gern, dass du hier bleibst.“ Der Blick in den blauen Augen wurde sanft und mitfühlend. „Ich will dich ja auch nicht gehen lassen, aber wir arbeiten nun mal am besten gemeinsam!“ „Dann lass uns gehen!“ Holmes deutete zur Tür und geleitete Watson hinaus und in eine Droschke. Dort wurden die Fenster sofort verhangen, damit niemand sie erblicken konnte. „So eine Geheimnistuerei?“ „Natürlich, oder soll ich zu früh erschossen werden?“, scherzte Holmes vergnügt. „Dann werden wir den letzen Weg wohl zu Fuß, durch dunkle Gassen machen, oder?“ Holmes lachte und schüttelte den Kopf. „Nein, wir werden ganz offensichtlich ins Haus gehen.“ Ganz überrascht wurde der Ältere angesehen. „Ist das nicht riskant?“ „Es wäre wesentlich auffälliger, wenn im Wohnzimmer auf einmal das Licht angeht und ich da bin. Natürlich werden wir das Haus betreten!“, erklärte Holmes gelassen. „Und schließlich muss ich da sein, sonst bringt das alles nichts!“ „Nun, dann werden wir Mrs. Hudson also einen ganz normalen Besuch abstatten.“ „Genau und ich werde über Nacht bleiben. Du wirst nach einer viertel Stunde das Haus verlassen und ein paar Mal um den Block gehen. Danach wirst du dich im leeren Haus gegenüber postieren.“, berichtete Holmes seinen Plan weiter. Watson nickte und rückte sich den Waffenhalfter, der seinen Revolver hielt, zurecht. „Ich weiß, welchen Weg ich nehme. Da werde ich sicher nicht gesehen.“ „Gut und wenn ich erschossen bin, schlagen wir zu!“, bestimmte Holmes nun. „Ich vertraue, darauf, dass du weißt, was du tust!“ Watson griff nach der vertrauten Hand und drückte sie. Nun musste der Ältere lachen und strahlte ihn an. „Und das sagt der Arzt dem Patienten ohne Gedächtnis!“ „Ich zähle auf deinen Verstand, nicht auf deine Erinnerungen!“ erklärte Watson, nur um leise in sein Lachen einzustimmen. Bereits kurz danach hielt die Kutsche und als sie ausstiegen, war das Haus in der Baker Street bereits hell erleuchtet, was Holmes sehr zufrieden stimmte. „Wir werden erwartet?“ fragte Watson, scheinbar sehr vergnügt und ließ sich von Holmes aus der Kutsche helfen. Auf dem Weg zur Tür betonte er sein Humpeln besonders und stützte sich auf den Arm des Freundes. „Kommen sie, Watson, ich helfe ihnen hinein!“, half ihm Holmes bei der Betonung und klopfte an die Türe, als sie diese erreichten. Mrs. Hudson öffnete ihnen lächelnd, auch wenn ihre Hände nervös zuckten. „Ah! Mr. Holmes und Doktor Watson!“ Sie gingen wieder hinein und der Detektiv lächelte sie aufmunternd an. „Es wird alles gut, sie müssen nur befolgen, was ich ihnen bereits heute Nachmittag erklärt habe, Mrs Hudson.“ „Ich will alles strikt befolgen, Mr. Holmes!“ schwor sie ihm Hände ringend. Watson tätschelte ihr beruhigend den Arm. „Nun beruhigen sie sich nur. Aufregung bringt uns heute nicht weiter, liebe Frau!“ „Lassen sie uns doch alle ein kleines Schnäpschen Trinken, dann geht es gleich leichter von der Hand.“, schlug Holmes bester Laune vor und streckte sich genüsslich. Alle waren einverstanden und so fand man sich im ehemaligen Wohnzimmer der beiden Männer wieder und trank sich Mut an. Als die Gläser leer waren, lächelte Holmes Watson entschuldigend an. „Würden sie mich jetzt allein lassen?“ Der Arzt drückte dem Freund den Arm und nickte. „Ich warte an verabredeter Stelle auf sie!“ „Es wird alles gut!“, wurde auch ihm noch einmal versichert und Holmes löste sich. Watson wollte den Anderen küssen, verabschiedete sich aber nur mit einem steifen Lächeln, bevor er, wie vereinbart das Haus verließ und ein Hansom Cab anhielt. Als er dann in seinem Versteck war, dauerte es noch eine Weile und plötzlich legte sich, ohne Vorwarnung eine Hand auf seine Lippen und ein Arm zog ihn an einen größeren Körper. Im ersten Moment, wollte Watson nach seinem Revolver greifen, bevor ihn der bekannte Duft von Holmes Aftershave in die Nase stieg. Beruhigt entspannte er sich in den anderen Armen und sofort entfernte sich die Hand von seinen Lippen und die andere streichelte seinen Bauch. „Hab ich nicht gesagt, du brauchst deinen Revolver nicht?!“ „Noch brauche ich ihn nicht“ flüsterte der Jüngere in die Dunkelheit hinein. Da begannen ihn zärtliche Lippen am Hals zu verwöhnen. „Sei nicht immer so argwöhnisch...“ „Ich bin bloß vorsichtig“ hauchte der Arzt und lehnte seinen Kopf zur Seite, damit der Ältere mehr Spielraum hatte. „Von nun an beschütze ich dich!“, säuselte Holmes und löste sich wieder um ungesehen aus dem Fenster zu spähen. Watson tat es ihm gleich, nur um erschrocken auf zu keuchen. „Da am Fenster! Das sieht ja aus wie du!“ Amüsiert wurde ihm der Mund zugehalten, weil er zu laut wurde. „Natürlich Watson. Was glaubst du, warum ich mich so freiwillig erschießen lasse?“ Da verstand der Arzt, warum er die Silhouette seines Freundes im Wohnzimmer Fenster von Nr. 221b sah. „Der Wachskopf?“ Der Freund nickte grinsend. „Was wäre besser geeignet?“ „Stimmt, es sieht ungemein echt aus.“ Watson musterte das Gesicht des Freundes. „Und er ist schmerzfreier als der echte Kopf.“ Er wurde angelächelt, bevor Holmes wieder stolz hinaus sah. „Mrs Hudson wird immer wieder, von fremden Augen ungesehen, etwas verändern, so dass es aussieht, als würde ich wahrhaftig dort sein.“ „Das hast du raffiniert ausgeheckt mein lieber Holmes!“ lobte Watson ihn anerkennend. „Hoffen wir nur, dass unser Kaninchen in die Falle geht!“ „Das wird es, schließlich soll ich sterben!“, stellte der Ältere fest und beobachtete die Straße, wobei immer wieder seine Augenbraue zuckte. Watson ging nun auch dazu über, alles genau zu observieren, doch bis auf zwei Männer, die sich in eine Seitengasse verschwanden, sah er nichts Ungewöhnliches. So verstrich die Zeit, in der er mit Holmes in der Dunkelheit verblieb und nie weit von ihm weg wich. Holmes selbst suchte auch immer wieder den Körperkontakt zu Watson und schloss ihn gänzlich, als er nach dessen Hand griff. Mit einem Lächeln erwiderte der Doktor seinen Händedruck und streichelte mit seinem Daumen über die Haut des Anderen. So blieben sie ein still beieinander , bis in Holmes Leben zurückkehrte und er ihre Verbindung trennte. „Da kommt er!“ Blaue Augen zuckten suchend über die Straße und entdeckten eine dunkle Gestalt erst, als diese wieder verschwand. Dafür realisierte er sofort, wohin diese Gestalt wollte. „Er kommt hier her!“ zischte er seinem Freund deshalb leise aber eindringlich zu. Sofort drückte Holmes ihn an eine Wand, damit sie nicht entdeckt werden konnten. „Shh!“ Watsons Herz klopfte ihm bis zum Hals und eine Hand wanderte zu seinem Revolver, den er hervorzog und entsicherte, bevor vor der Zimmertür Schritte ertönten. Da legte sich Holmes Hand auf seine mit dem Revolver und schüttelte den Kopf, wobei er offensichtlich weiterhin alles im Blick behielt. Watson nickte ihm zu und achtete darauf, leise zu atmen, als sich auch schon die Tür öffnete. Da im Flur kein Licht gemacht worden war, blieben sie im Dunkeln verborgen. Ein älterer, gesetzter Mann trat an ihnen vorbei, der offensichtlich in seinem Leben viel erlebt hatte und noch immer vor gewaltigen Kräften strotzte. Er trug etwas sehr langes bei sich und rechnete nicht damit, dass ihn hier jemand überraschen würde, weshalb er sich nicht umsah, sondern am Fenster in Position brachte. Jenes wurde geöffnet und nun konnte Watson sehen, dass es sich bei dem Langem um eine Art Gewehr handelte. Er hielt den Atem an, als der Mann anlegte und auf den Wachskopf schoss. Noch bevor er dann nachladen konnte oder sonst etwas, löste sich Holmes von Watson und wollte ihn festnehmen. Doch, dass entpuppte sich als schwerer, als geplant, denn kaum bemerkte Moran, dass er ertappt worden war, schlug er um sich und versuchte sich lange genug frei zu bekommen, um nachladen und den Angreifer erschießen zu können. Damit es nicht dazu kam packte nun auch Watson ihn und es kam zu einem richtigen Handgemenge, in dem Holmes nach hinten geschleudert wurde und mit dem Hinterkopf gegen eine Anrichte flog, wo er bewusstlos zusammen sank. Just in diesem Augenblick stürmten auch Lestrade und seine Männer das Haus um einzugreifen. Zu viert schafften sie es dann den wütenden Mann zu bändigen und in die Eisen zu legen. Selbst dann schnaufte und wütete der alte Mann noch, wurde aber von zwei Polizisten gehalten, während Watson an die Seite seines Freundes eilte. „Lestrade! Machen sie Licht, damit ich ihn untersuchen kann!“ Der Inspektor tat, was der Arzt verlangte und befahl dann seinen Männern den Gefangenen abzuführen. Jener wütete und fluchte, dass es keinen Grund gab ihn zu verhaften. Watson bemühte sich unterdessen Holmes ruhig zu untersuchen und bemerkte gleich, dass jener eine Platzwunde am Hinterkopf hatte. Es dauerte noch eine Weile, bis der Detektiv seine grauen Augen wieder aufschlug und sich sofort an den Kopf fasste. „Bleiben sie ruhig Holmes! Sie haben einen ganz schönen Schlag abbekommen!“ Der Doktor fasste ihn, um ihn still zu halten. Holmes sah inzwischen noch benommen zu Lestrade. „Er hat kann zumindest schon einmal wegen versuchten Mordes festgenommen werden. Alles weitere erkläre ich ihnen später!“ Der Inspektor, der ihm am Anfang so misstraut hatte, nickte nun anerkennend. „Sehr wohl, Mr. Holmes. Soll ich auf sie warten oder braucht ihr Kopf noch eine Weile?“ „Ich werde sie in ihrem Büro aufsuchen. Zuerst muss ich die werte Mrs Hudson auch informieren, dass alles gut gelaufen ist.“, erklärte Holmes und schloss noch einmal die Augen. „Ist gut. Das hier werde ich aber bereits in Verwahrung nehmen.“ Lestrade hob das Luftgewehr hoch. „Machen sie das!“, stimmte Holmes zu, ohne ihn noch einmal anzusehen. Kaum war der Polizist fort half Watson dem Detektiv sich aufzusetzen. „Geht es?“ „Ja, ich denke schon...“ Holmes lächelte schräg und ließ sich halten. „Es ist schön, dass du da bist!“ „Natürlich bin ich da“ versicherte der Jüngere und küsste ihm die Stirn. Holmes lächelte weiter und sah ihn fragend an. „Darf ich aufstehen, Herr Doktor?“ „Ja, aber nur vorsichtig!“ ermahnte ihn der Arzt. „Wenn dir schlecht wird, musst du mir sofort bescheid geben!“ „Versprochen!“ Holmes stützte sich mit den Ellenbogen ab und richtete sich dann langsam auf. Ganz behutsam wurde dem größeren Mann auf die Beine geholfen. „Ganz langsam, überstürz nur nichts.“ „Es geht schon!“, lächelte der Ältere und fasste sich an den Hinterkopf. „Ich hab nur Kopfschmerzen.“ „Du blutest auch etwas, aber nicht so, dass es genäht werden müsste. Lass mich die Blutung stillen, dann bist du wieder so gut wie neu.“ „Ist gut!“, stimmte er zu und ließ sich führen. Watson stützte ihn dabei und führte ihn zu Nr. 221b. „Wenigstens geht es deinem Kopf besser, als dem aus Wachs!“ „Ja, das stimmt!“, stimmte Holmes zu und erblickte die aufgeregte Hausdame, als sie das Gebäude betraten. „Dem Himmel sei dank, dass es ihnen gut geht!“ Sie scheuchte sie schnell in das Wohnzimmer. „Ich habe alles genauso gemacht, wie sie es wollten, Mr. Holmes!“ „Das habe ich gesehen, Mrs. Hudson und sie waren großartig!“, lobte Holmes und ließ sich dort erst einmal in einem Sessel nieder. „Gehen sie nur schon schlafen Mrs. Hudson. Jetzt ist schließlich alles überstanden.“ Watson entließ die Haushälterin und wandte sich dann seinem Freund zu. „Lass mich noch mal die Wunde ansehen.“ Holmes rutschte nach vorn und ließ seinen Kopf so fallen, dass Watson sich alles ansehen konnte. „Recht so?“ „Wunderbar!“ erklärte der Arzt und holte Wasser, um die Wunde zu reinigen. „Es ist wirklich nicht tief.“ „Also ist alles gut!“, stellte Holmes begeistert fest. „Das kann man sagen“ stimmte Watson zu und versorgte die Wunde zu ende. „So, wieder perfekt!“ „Danke!“ Holmes sah auf und ihm tief in die Augen. „Dann sollte ich jetzt zu Lestrade... Ich muss ihm schließlich auch noch erklären, dass Moran den Mord an Ronald Adair verübt hat und das mit der selben Waffe.“ „Da fällt es mir wieder ein! Er war mit Adair in einem Spielclub!“ Watson schlug sich gegen die Stirn. „Das ich diese Schlüsse nicht selbst ziehen konnte!“ „Sie haben zusammen gespielt und als Adair heraus fand, wie falsch sein Partner spielte, wollte er aussteigen. Aber das wollte Moran nicht zulassen, wenn etwas geschehen sollte, dann nach seinen Regeln.“, stimmte Holmes dem zu und erhob sich. „Die Waffe muss eine einzigartige sein, wenn sie mit Revolverkugeln schießt“ murmelte Watson, der den Fall im Kopf noch einmal durchspielte. „Aber du hast recht. Lestrade sollte das wissen, damit die Familie endlich Ruhe findet.“ „Du kommst nach Hause?“, fragte Holmes aber noch einmal nach. „Das werde ich schon noch schaffen. Soll ich mit etwas Tee auf dich warten?“ „Gern!“, lächelte er nun und ließ Watson allein zurück. Dr. John H. Watson hatte eine ganze Weile mit Tee auf seinen Freund gewartet, vor allem da er etwas Ernstes mit jenem zu besprechen hatte, doch als die Müdigkeit sich meldete hatte er sich zwangsläufig zu Bett gegeben. Insgeheim erleichtert die Unterhaltung aufschieben zu können. Er war gerade eingeschlafen, als sich Lippen über seinen Hals schlängelten und ihn dort überall streichelten. „Hmm…“ gurrte der Doktor und begann sich zu regen. „…Holmes?“ „Ja, ich bin es!“, hauchte der an seinem Ohr und verwöhnte ihn offensichtlich verlangend weiter. Denn auch seine Hände begannen jetzt ihre Arbeit aufzunehmen und sie streichelten den warmen Körper unter der Decke. „So werde ich gerne geweckt“ murmelte der Jüngere und streckte sich den Händen entgegen, während er langsam seine Augen auf bekam. „Tut mir leid, dass ich so spät bin. Es gab einiges aufzuklären...“, entschuldigte sich Holmes, bevor er die Lippen von Watson in Beschlag nahm und mit seinen Händen unter dessen Decke und Nachthemd wanderte. Vor Glück wimmernd presste er sich dem Älteren entgegen und fuhr mit den Händen unter dessen offenes Hemd. Ganz langsam entfernte Holmes die Decke und schob das Nachthemd höher. Derweil wanderten seine Lippen zu der Kehle des Jüngeren um diese ausgiebig mit seiner Zunge zu bearbeiten. „Du warst so gut heute Abend!“ „Ich habe doch nur meinen Teil, zu deinem Plan beigetragen“ hauchte der Mediziner und zerrte inzwischen an Holmes spärlicher Bekleidung. „Und du hattest deinen Revolver dabei!“ Holmes lachte und hinterließ etwas tiefer am Schlüsselbein einen tief roten Fleck. „Was sich hätte lohnen können!“ keuchte Watson und warf das Hemd des Detektivs in die nächste Ecke. Der griff nun nach seinen Händen und zog ihn in eine Sitzende Position um ihn so wieder zu küssen und weiter auf seinen Schoß zu ziehen. Begeistert gurrte der Jüngere und suchte von sich aus die Lippen des Anderen. „Holmes!“ Schnurrend streifte dieser das Nachthemd von Watsons Schultern. Das konnte er problemlos tun, weil die Knöpfe so weit geöffnet waren, das es ging. Die geschickten Hände des Arztes nutzten, dass er so beschäftigt war und fuhren deshalb in das schwarze Haar und massierten so, in sinnlichen Kreisen, die Kopfhaut. Holmes eigene Hände strichen nun hart und verlangend über den entblößten Körper, wobei er ihm auch immer wieder seine Lippen schenkte. „Ich habe dich so vermisst, John!“ Ein Schauer durchlief den kleineren Körper, als er den Klang seines Vornamen hörte. „Oh!“ Holmes Hände glitten derweil zu seinen Oberschenkeln und griffen nach dem Nachthemd um es Watson über den Kopf zu ziehen und gänzlich zu entfernen. Dann glitten seine Hände weiter und massierten seinen Hintern. Er packte genauso zu, wie es Watson gefiel und sorgte so dafür, dass sich jener ihm willig entgegen drückte. Zur gleichen Zeit leckte er sich über die Kehle des Jüngeren und brachte diesen unter sich. „Du bist wunderschön!“ „Ah! Sherlock!“ stöhnte Watson, als die Lippen des Anderen eine besonders empfindliche Stelle verwöhnten. Er zog den Älteren fest auf sich, während er mit den Füßen an Holmes Hose zerrte. Doch der entwand sich ihm und küsste sich in tiefere Regionen, wobei er zuerst die Brustwarzen des Arztes quälte und mit seinen Händen intimere Bereiche umkreiste ohne sie zu berühren. Mit einer Mischung aus Frustration und Leidenschaft keuchte Watson auf. „Quäl mich nicht!“ Da wurde ihm sogleich in die Brustwarze gebissen. Watson musste einen Aufschrei unterdrücken, um nicht das ganze Haus zu wecken. „Spiel nicht nur mit mir!“ Es brauchte noch einige lange Momente, bis Holmes ihn erhörte und beherzt zwischen Watsons Beine Griff. „Lass mich dich doch verwöhnen!“ „Ahh!“ keuchte der Jüngere und griff wieder in die schwarzen Haare. „Ich will dich! Ich will dich jetzt!“ Als Holmes in dem Griff nach oben gezogen wurde, küsste er Watson verlangend und öffnete mit einer Hand die Hose, die er noch trug. Die Lippen des Arztes wanderten danach gierig über sein Gesicht. „Ich kann nicht warten!“ „Und ich will nicht mehr warten!“, konterte der Ältere und zog seine Hose aus. Kaum hatte er das getan zog der Jüngere ihn wieder fest auf sich. Er ließ sich dabei zwischen Watsons Beinen nieder und rieb ihre Erregungen aneinander. „Mhhh!“ Der Jüngere stöhnte und zog die geliebten Lippen wieder zu sich. „Ich weiß nicht, wie ich es drei Jahre ohne das hier ausgehalten habe!“ „Ich auch nicht!“, keuchte Holmes, doch es ging unter, denn er versenkte sich in seinem Liebsten. Bebend hielt der Jüngere sich an dem größeren Körper fest und flüsterte immer wieder den Namen des Detektivs. In kreisenden Bewegungen, begann sich dieser danach in ihm zu rühren und streichelte ihn dabei in elektrisierender Weise. „Oh!“ Watson zitterte bei diesem so bekannten Gefühl und ließ seine Finger leidenschaftlich über den kräftigen Rücken gleiten. Holmes wurde schneller und stöhnte, als er nach der Härte des Jüngeren griff und diese massierte. Watson stöhnte wohlig und schlang sein gesundes Bein um Holmes’ Hüfte, um diesen in seinen Bewegungen zu unterstützen und nur kurz darauf hörte er ein inbrünstiges: „Ich liebe dich!“ Blaue Augen wurden aufgerissen und der Körper des Mediziners begann mit einer Endgültigkeit zu erzittern. Weil er dabei Holmes äußerst heiß in sich einklemmte, riss er diesen mit sich. Als alles vorbei war und sie nur noch gesättigt keuchten hielt Watson den warmen Körper weiter auf sich, unwillig sich je wieder von ihm zu trennen. Holmes seufzte glücklich und hielt sich auch an ihm fest. „Wunderbar!“ „Du warst so gut, wie ich es in Erinnerung hatte“ gurrte Watson und kraulte träge den Nacken des Älteren. Der bewegte sich erschlafft aber verspielt in ihm. „Das erspart mir die Deduktion festzustellen, wie gut ich war, nachdem du uns so früh in den Abgrund gestürzt hast...“, kicherte Holmes vergnügt. Grinsend knuffte Watson ihm in die Seite. „Ich habe nicht gehört, dass du dich beschwert hast.“ Holmes lachte und rollte sich von ihm herunter. „Das habe ich auch nicht!“ Watson stöhnte enttäuscht, kuschelte sich dann aber direkt an den Anderen, nicht aber ohne die Decke über sie zu ziehen. Den Kopf auf Holmes’ Schulter ablegend kraulte er über dessen Brust. „Das war eindeutig das perfekte Ende für diesen Abend.“ „Mh hm!“, brummte Holmes zustimmend und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Watson summte zufrieden und strahlte dem Älteren dann regelrecht entgegen, bevor er sich streckte und ihn küsste. „Hast du gemeint, was du eben gesagt hast?“ Auch Holmes strahlte, selbst wenn er ihn fragend ansah. „Was meinst du?“ Etwas verlegen senkte der Jüngere den Blick. „Du sagtest, du liebst mich…“ Sein Kinn wurde angehoben, damit Holmes ihn wieder küssen konnte, bevor er antwortete. „Ich sage immer die Wahrheit. Ich hoffe es stört dich nicht!“ Das Funkeln in Watsons Augen verriet bereits, wie wenig ihn das störte, noch bevor er es sagte. „Wie könnte es, wo ich doch niemanden je so geliebt habe wie dich!“ Ihm wurde verspielt auf die Nase getippt, bevor Holmes ernst antwortete. „Das glaube ich dir nicht!“ „Bezichtigst du mich der Lüge?“ fragte der Jüngere erstaunt, aber nicht schlecht gelaunt nach. „Nein!“, lächelte Holmes und küsste ihn, bevor er wieder ernst wurde. „Wieso glaubst du es dann nicht?“ „Weil ich von Judy weiß...“, erklärte er ruhig. Ruhig blinzelte der Arzt ihn an und lächelte. „Ich liebe meine Tochter auf eine ganz andere Weise, als dich, also war es keine Lüge.“ „Und wann hattest du vor, mir die Wahrheit über Judy zu erzählen, John?“ Es klang kein Vorwurf in Holmes Stimme und er zog Watson noch enger an sich um ihm seine Gefühle spüren zu lassen. Die Farbe wich etwas aus dem Gesicht des Jüngeren. „Du meinst… was meinst du?“ Da löste sich der Detektiv von ihm und setzte sich auf, wobei er aber weiterhin Körperkontakt hielt und Watson auch streichelte. „Ich kann mich wieder erinnern. An alles! Kurz bevor ich in deinen Armen erwachte heute Abend, kamen die Erinnerungen zurück.“, ließ er dem Arzt die Möglichkeit ihm alles von selbst zu erklären. Jener umfasste aber zuerst einmal das Gesicht des Älteren und strich überwältigt darüber. „Alles ist wieder da? Wirklich alles?“ „Der Kampf mit Moriarty fehlt. Aber wenn ich den Weg zu den Reichenbachfällen bedenke, ist es ganz logisch, wie er verlief.“, erklärte Holmes und grinste schief. „Es tut mir leid, dass ich dich so lange allein gelassen habe!“ „Wenn ich nur geahnt hätte, dass du überlebt hast…“ Watson schluckte schwer. „Es war wie ein Wunder dich wieder zu sehen!“ Nun wurde er fest an den Älteren gezogen. „Wir hatten beide eine schwere Zeit!“ Watson hielt auch ihn dabei sehr fest, unwillig ihn gehen zu lassen. „Aber jetzt trennt uns nichts mehr!“, versprach Holmes und küsste ihn voller Liebe. „Kein Moriarty, keine Frau und auch kein Gesetz!“ stimmte Watson ihm zu. „Sagst du mir, wie Mary gestorben ist?“, fragte Holmes nun sanft und wissend, dass auch er eine gute Freundin verloren hatte. Fast schuldig sahen blaue Augen ihn da an. „Offiziell ist sie an Kindbettfieber gestorben…“ „...und inoffiziell?“, ging er auf das Spiel ein. Watson seufzte und schmiegte sich an ihn. „Sie war schon lange krank. Ich vermute, dass es Krebs war.“ „Du warst ihr sehr wichtig!“, erklärte Holmes um ihn aufzuheitern. „Sie war eine gute Frau und Freundin!“ „Ja, das war sie…“ murmelte Watson es wie zu sich selbst. „Ihre Freundschaft ging sogar so weit, dass sie uns... oder dich, da ich tot war, vor dem Zuchthaus und Judy vor dem Waisenhaus bewahrt hat!“, hauchte Holmes an seinem Ohr, ohne ihn loszulassen. „Und sie hat noch viel schlimmere Dinge von dir fern gehalten!“ Emotional aufgewühlt biss Watson sich auf die Lippe und nickte nur stumm. „Wir können ihr dankbar sein!“, flüsterte der Ältere weiter und zitterte. „Sie wollte es so, genauso wie sie Judy wollte…“ „Meine Tochter...“ Holmes erzitterte und hielt den Arzt noch fester, wenn es denn ging. „Wann wolltest du es mir sagen?“ Watson schluckte und sah dann vorsichtig auf. „Ich wollte es dir sagen. Sogar heute Abend, dass schwöre ich dir!“ „Und damals?“, fragte sein Partner weiter. „Ich wusste es gerade erst, als du verunglückt bist, sonst hätte ich es dir nie vor enthalten!“ Watson wurde gestreichelt und gemustert, dabei konnte er in Holmes Augen lesen, dass dieser ihm aus tiefstem Herzen glaubte und vertraute. „Ich weiß, John, ich weiß!“ Dann wurde der Jüngere geküsst. „Und auch wenn das jetzt alles wieder so viel ist... Judy ist mir sehr wichtig. Vom ersten Wort mit ihr, wollte ich sie beschützen wie ein wahrer Vater!“ „Sie ist ein Teil von dir“ erklärte der Andere und nickte verstehend. Er legte sich eine Hand auf den Bauch und strich gedankenverloren darüber. „Ich weiß nicht, ob ich deinen Verlust ertragen hätte, wäre nicht etwas von dir unter meinem Herzen gewesen.“ „Sie hat viel von mir!“, stellte Holmes schmunzelnd fest. „Aber genau so viel von dir!“ „Eine gefährliche Mischung!“ stimmte Watson grinsend zu, bevor er ernster wurde. „Ihr sollten wir es aber besser nicht erzählen, sie ist noch zu klein um es richtig zu verstehen…“ Ein Schatten huschte über das Gesicht des Älteren, doch er nickte. „Ja, es könnte sie völlig verstören. Wir werden es ihr in ein paar Jahren vorsichtig beibringen...“ Mitfühlend küsste Watson den Anderen. „Ändern tut es nichts, da sie dich längst wie einen Vater liebt!“ „Und wie sieht es mit unserem zweiten Kind aus?“ „Zweites Kind?“ verdutzt sah Watson ihn an. „Wie kommt du denn darauf?“ „Wir haben bei Judy nur einmal deine körperliche Besonderheit verwöhnt. Genau das haben wir auch vor einigen Tagen getan...“, erklärte Holmes sich tatsächlich etwas verlegen. Der Arzt lief rot an. „Daran habe ich gar nicht gedacht!“ Er wurde mit gerunzelter Stirn betrachtet. „Bist du jetzt schwanger oder nicht? Ich meine? MH??!!“ Watson kräuselte die Nase und sah ihn ungehalten an. „So etwas lässt sich doch nicht nach ein paar Tagen sagen! Du musst dich schon gedulden!“ Holmes lachte und kringelte sich ein bisschen mit Watson durch das Bett. „Es ist doch egal! Du bist wieder bei mir!“ Immer wieder küsste der Arzt ihn oder ließ sich küssen. „Willst du denn noch ein Baby??“ „Ich weiß nicht...“, erklärte Holmes. „Aber wenn es so wäre, kann es sich auf einen guten Vater freuen!“ Watson zog ihn auf sich. „Ich meine nur, wir sind nicht mehr die jüngsten, wir sollten uns mit der Entscheidung also nicht so viel Zeit lassen.“ Er wurde geküsst und wieder verlangend gestreichelt. „Bitte verzeih, aber ich brauche ein bisschen um das alles erst einmal zu verarbeiten, ja?“ Willig lehnte der Jüngere sich ihm entgegen. „Das ist ok! Lass dir die Zeit!“ Und so verbrachten sie noch eine heiße Nacht, bis die Sonne langsam aufging und sie im jeweils den Armen des anderen einschliefen, wie sie es früher gern getan hatten. Nur hatten sie seit dem Zuwachs bekommen, welcher sich nun zu ihnen ins Bett schlich. Als Holmes das bemerkte, sprang er erschrocken und schreiend auf und realisierte erst da, wer es war. Judy kicherte und krabbelte zu ihrem Vater unter die Decke, der nun auch wach wurde. „Daddy! Holmes hat gar nichts an!“ Gerötet suchte sich der Detektiv schnell etwas, das er sich überwerfen konnte, bevor er seufzend im Sessel niedersank. Watson selbst angelte sich sein Nachthemd, um sich zu verhüllen. Danach zog er Judy auf seinen Schoß und klopfte auf das Bett, damit Holmes zurück kam. „Nun komm. Wir haben noch Zeit, bevor Mrs. Cooper aufsteht.“ Neugierig wurde er dabei von Judy betrachtet. „Schläft Holmes jetzt immer bei dir?“ Verlegen räusperte ihr Vater sich. „Das könnte passieren, ja.“ Das stimmte die Kleine aber nur fröhlich und sie klatschte in die Hände. „Seid ihr dann auch immer ohne Kleidung? Das ist so schön warm!“ Denn natürlich hatte sie auch bemerkt, dass Watson nackt gewesen war. „Es könnte dazu kommen“ gestand ihr Vater ein. „Aber Spatz, dass ist etwas, über das du nicht einfach mit jemanden reden darfst, verstanden?“ „Auch nicht John?“, fragte sie unschuldig nach und freute sich, als Holmes sich endlich zu ihnen setzte. „Auch nicht Wiggins!“ bestätigte ihr Vater. „Also ist das ein Geheimnis zwischen Daddy, Holmes und mir!“, blieb Judy begeistert. „Genau.“ Watson küsste ihr den Kopf. „Es ist ein Familiengeheimnis.“ „Aber Holmes ist doch nicht mit uns familiert!“, stellte die Kleine da fest und brachte ihren wahren Vater zum Schmunzeln. „Ist er nicht?“ Ihr Vater tat erstaunt. „Aber er ist doch der Bruder von deinem Onkel Mycroft!“ Nun sah Judy aus wie ein Fisch an Land, so wie sie ihren Mund bewegte. Da tippte ihr Holmes kichernd auf die Nase. „Ich in deinem Alter wäre froh gewesen, wenn mir die Erwachsenen so ein Geheimnis anvertraut hätten...“ Sie schloss den Mund wieder, sah aber immer noch verwirrt von einem zum anderen. „Wenn Onkel Micro dein Bruder ist...“, überlegte Judy und sah von Watson zu Holmes und zurück. „Wie bist du dann mit Holmes familiert, Daddy?“ Watson musste einen Moment überlegen, bevor er ihr antworten konnte. „Na… durch dich bin ich mit ihm verwand, schließlich ist er der Bruder DEINES Onkels!“ Sie blinzelte und lachte, bevor sie nickte. „Ja du hast Recht, Daddy!“ Sie bekam einen dicken Schmatzer auf die Stirn. „Willst du jetzt noch etwas kuscheln?“ „Ok!“ Judy schmuste sich an und sah zu Holmes. „Du auch?“ Der aber sah fragend zu Watson. Jener konnte ihm nur ermutigend zulächeln. Da rutschte Holmes näher und kuschelte sich zu seinen beiden Lieben. „Gern Judy, gern!“ Sie strahlte und streckte sich, um ihm die Wange küssen zu können. Epilog: -------- Epilog Ein knappes Jahr später saßen Holmes und Watson auf einer Bank im Park und beobachteten Judy, die mit anderen Mädchen schaukelte. „Ich habe übrigens mein neues Manuskript fertig“ erzählte Watson dabei seinem Liebsten, während er seiner Tochter winkte. „So?“, fragte der interessiert. „Gibt es Dinge, die ich vielleicht wissen sollte, falls ich mal darauf angesprochen werde?“ „In der Tat“ erklärte sein Freund. „Ich erwähne darin eine Ehefrau.“ Watson wurde mit misstrauisch erhobener Augenbraue gemustert. „Eine Ehefrau...“ „Meine Ehefrau, um genauer zu sein.“ „Ah, ja!“, stellte Holmes wenig begeistert fest. „Hm hm!“ Watson nickte, gutmütig lächelnd. „Ich hielt das für eine kluge Sache.“ „Dann lass mich doch an deiner Weisheit teilhaben!“, grollte es leise neben ihm. War Holmes doch äußerst eifersüchtig. Lieblich lächelnd tätschelte der Jüngere ihm den Arm. „Eine zweite Ehefrau würde der Öffentlichkeit sicher als Erklärung dienen, wo denn der weitere Nachwuchs herkommt.“ „Aber sicherlich!“, erklang es ironisch. „Wenn es diesen denn gäbe! Also, warum die Leute suchen lassen?“ „Und du wagst es dich als der zweit klügste Mann Englands zu bezeichnen?“ schnaubte der Jüngere bei so viel Uneinsichtigkeit. „Ich bin schwanger, Sherlock!“ „Das hast du in dein Manuskript geschrieben?“, fragte Holmes verdutzt, es noch immer nicht verstehend, wie immer, wenn es um persönliche Dinge ging. „Nein, dass sage ich dir jetzt!“ knurrte ihm der Arzt entgegen. Da klappte dem Älteren der Mund auf und er starrte Watson an. „Du...“ „Ja, ich bin schwanger und du darfst jetzt raten von wem!“ Holmes nickte und überlegte tatsächlich. „Seit wann bist du schwanger?“ Watson verzog ungehalten den Mund antwortete aber dennoch: „Ich bin ca. in der 15. Woche!“ „Dann bin eindeutig ich der Vater!“, platzte der Detektiv heraus und starrte den Arzt wieder an, dieses mal wirklich realisierten, was ihm gesagt wurde und stark erblassend. Als der Arzt das erkannte ergriff er die Hand des Partners. „Fass dich! Du kannst jetzt nicht ohnmächtig werden!“ Keuchend sah Holmes zu Judy. „Ich... ich sollte... nach... Hause!“ „Jetzt?“ Sorgenvoll sah Watson zu ihrer Tochter. „Aber sie ist grad so schön am spielen.“ „Dann geh ich vor!“ Holmes stand auf und schwankte. „Bis... bis später!“ „Sherlock, bleib doch bitte hier bei mir.“ Watson griff nach seinem Ärmel. Als er dann den Älteren wieder erblickte, sah er diesen noch immer blass aber strahlend. „Ich bin immer bei dir!“ „Heißt das, dass wir heute Abend feiern?“ fragte der Mediziner hoffnungsvoll. „Ja!“ Holmes setzte sich wieder zu ihm und wollte ihn eigentlich küssen und umarmen. Unauffällig wurde seine Hand ergriffen. „Uns liegt eine aufregende Zeit bevor.“ Das ältere Gesicht zeigte alles an guten und schlechten Gefühlen, die es konnte, bevor Holmes nickte. „Es wird wundervoll!“ „Es wir schwer!“ korrigierte Watson ihn. „Die Hormone werden mich zum Teil unausstehlich machen! Dazu kommt, dass wir uns um vieles kümmern müssen. Zu viert wird die Baker Street zu klein, genauso wie die Wohnung neben meiner Praxis. Wir brauchen also eine neue Unterkunft und besagte Alibiehefrau.“ Es war deutlich, dass Watson sich bereits viele Gedanken gemacht hatte. Sie waren zwar erst vor einem Jahr mit Judy nach Nr. 221b gezogen, doch ein weiteres Kind hatte da keinen Platz mehr. Der Arzt wurde fast schon kindlich unschuldig angeblinzelt. „Wie lange weißt du es schon?“ „Der Verdacht hat sich schon vor einiger Zeit eingestellt. Ich wollte aber die Bestätigung abwarten und die bekam ich gestern.“ „Das erklärt einiges.“, stellte Holmes noch immer so niedlich kindlich fest Wie nebenbei legte Watson sich eine Hand auf den Bauch. „Nun, es ist gut, dass ich schon eine Ahnung habe, denn wir haben nicht mehr viel Zeit, all das umzusetzen, bevor ich das Haus nicht mehr verlassen kann.“ Da sah der Detektiv wieder auf ihre Tochter und schien sie ganz genau zu beobachten. „Es gibt da ein Haus, mit Garten und hohen, blickdichten Mauern... Es ist mit der Droschke gut zu erreichen und liegt am Stadtrand...“ „Steht es zum Verkauf?“ fragte Watson sofort neugierig nach. „Nein.“, blieb Holmes unbeteiligt und winkte Judy zu. „Oh.“ Enttäuscht seufzte der Mediziner. „Das ist schade.“ „Vielleicht möchtest du es dir dennoch gleich mit Judy und mir ansehen?“, fragte der Ältere ruhig nach. „Aber wenn der Besitzer nicht verkauft…“ „Vielleicht lässt es sich noch mieten.“, erklärte Holmes seine Idee, „Und ich fände es ideal dafür.“ „Gut, wenn es dir so wichtig ist sehen wir uns das Haus an!“ „Es wird schon alles gut werden.“, versprach er und lächelte Watson an. Jener erwiderte das Lächeln und strich sich über den Bauch. „Wenn es klappt wäre das sicher schön.“ Am späten Nachmittag saß Holmes mit seiner kleinen Familie in einer Droschke, welche gerade vor dem Eingangstor des erwähnten Hauses gehalten hatte. Bis auf das Tor von wo aus ein gerader Weg zum Haus führte, sah man nichts, außer einer hohen Mauer. Rechts und links neben dem Weg war ebenfalls eine dichte Hecke über welche man nur blicken konnte, wenn man eine Leiter benutzte. Als sie ausstiegen öffnete Holmes ihnen das nicht verschlossene Tor und bat sie hinein. „Das ist wirklich ein schönes Haus!“ beschrieb Watson seinen ersten Eindruck, als sie den Garten betraten. Auch Judy war beeindruckt. „Und so groß und so viel Platz hier! Das nächste Haus ist erst da hinten!“, beschrieb sie, dass es ein freistehendes Gebäude war. Ihr Vater ließ sie los, damit sie die Gegend erkunden konnte. „Es scheint frisch renoviert zu sein, das könnte den Mietpreis ganz schön in die Höhe schrauben.“ „Lass uns doch erst einmal gucken, ob es uns überhaupt gefällt.“, schlug Holmes vor und lächelte. Dann zog er unter einem Blumenkübel einen Schlüssel hervor und öffnete ihnen das Haus. „Ich hatte schon einmal angefragt, ob man das Haus besichtigen kann. Da sagte mir der Vermieter, wo man den Schlüssel findet.“ Watson nahm das hin und ließ ihn öffnen. „Judy! Komm, wir wollen hinein gehen!“ „Ok!“, grinste sie und lief hinein. Kaum in der Eingangshalle blieb sie steht und gab staunende Geräusche von sich. Ihr Vater stand ihr da nicht im Vielem nach. „Meine Güte, dass ist ja riesig!“ „Es wirkt nur noch ziemlich kahl.“, stellte Holmes hingegen trocken fest und öffnete die Tür zum ersten Zimmer. Judy lief mitten hinein und drehte sich im großen Zimmer im Kreis. „Das hier wäre ein schöner Salon!“ erklärte ihr Vater lächelnd, während er sie beobachtete. „Der wunderschöne Kamin lädt auch richtig zum Verweilen ein!“, stimmte auch Holmes zu und ging durch eine Verbindungstür ins nächste Zimmer, dass nicht wirklich kleiner war als das erste. „Und hier hätten wir einen Speiseraum.“ Staunend sah Watson sich um. „Man könnte fast meinen, du willst hier riesige Dinner veranstalten!“ „Ich kenne das Haus genau so wenig wie du, von innen.“, erklärte Holmes und ging weiter durchs Erdgeschoss. „Dann sollten wir es zusammen erkunden!“ lächelnd nahm Watson seinen Arm. So gingen sie gemeinsam mit Judy das große Haus ab, das sogar einen Keller besaß und neben den sechs Schlafzimmern auch zwei der Zeit entsprechend, hochmodernen Badezimmer. Das Mädchen war bereits nach kurzem Feuer und Flamme. „Können wir hier wohnen, Daddy?? Es ist so schön hier!!“ Holmes lächelte und sah Watson auch erwartend an. Jener wollte aber noch keine Versprechen machen. „Nun, erst einmal müsste ich den Mietpreis erfahren.“ „Der Vermieter sagte mir, im Wandschrank in der Küche seien alle Unterlagen, bei Interesse.“, erzählte Holmes. „Willst du sie uns holen gehen?“ „Da ihr beiden euch gegen mich verschworen habt, bleibt mir wohl nichts anderes übrig!“ grinsend humpelte Watson nun Richtung Küche. Im angegebenen Wandschrank fand er jedoch keinen Ordner oder ähnliches, das Unterlagen enthalten könnte. Viel eher stand darin ein Foto von Watson selbst, wo ein Schlüssel vorlag und an einem dazugehörigen Anhänger stand ‚Herzlichen Glückwunsch‘ drauf. „Was zum…?“ Der Arzt nahm beides heraus und ging zurück zu seinen Lieben. „Holmes! Willst du mir das erklären?“ Unschuldig sah der ihn an und zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, ich hätte noch Zeit gehabt, das Haus schön einzurichten...“ Watson blieb äußerlich gefasst, auch wenn ihm die Farbe aus dem Gesicht wich. „Du hast das Haus gekauft?“ „Ja!“ Holmes lächelte ihn an und hockte sich zu seiner Tochter. „Magst du auch mal in die Küche laufen? Im Schrank ist frisches Wasser und das braucht dein Daddy jetzt!“ Sie nickte strahlend und lief los, um ihren Auftrag zu erfüllen. „Du bist verrückt…“ murmelte unterdessen ihr Vater. Er wurde liebevoll und zärtlich geküsst und außerdem hielt Holmes seinen Liebsten leicht. „Ich habe das Haus durch einen Zufall gefunden und bin es schon seit einiger Zeit am sanieren. Ich dachte mir auch, wenn wir noch mehr Kinder wollen, dass wir mehr Platz brauchen. Wenn du dir den Garten angucken magst. Du kannst dich während der Schwangerschaft auch dort frei bewegen, denn uns kann niemand beobachten. Also brauchst du nicht nur drinnen sein.“, erklärte Holmes schließlich, dass auch er für ihre Zukunft geplant hatte und sich darauf freute. Gerührt schloss Watson die Augen und küsste ihn. „Will ich wissen, wie du dir das hier geleistet hast?“ „Och... Ich hatte die letzten paar Monate ein paar äußerst Lukrative Aufträge und mit dem Rest hat mir Mycroft ausgeholfen.“ Glücklich schloss Holmes seine Arme gänzlich um den Jüngeren. „Auf dem Grundstück ist auch ein zweites Haus. Es ist wesentlich kleiner und für Angestellte gedacht...“ „Das heißt, nachts ist es hier wirklich privat?“ gurrte Watson und ließ sich wieder küssen. „Wir sind ganz für uns allein...“ Holmes stutzte und sah auf den Bauch von seinem Arzt, bevor er schmunzelte. „Soweit man das bei zwei Kindern und einer Amme sagen kann...“ Watson ergriff seine Hand und schob sie zwischen sie, so dass sie auf seinem Bauch lag. „Das schaffen wir auch schon.“ Sie kamen nicht wirklich weiter zu reden, denn nun hörten sie etwas neben ihnen zerbrechen und Judy weinen. Sie war samt Wasserkrug gestolpert und lag nun im Wasser. „Vorsichtig, Spatz!“ Ihr Vater war sofort da, um sie hoch zu ziehen. „Hast du dir was getan?“ Wimmernd hielt sie sich an ihm fest. „Mein Knie! Meine Hände! Mein Kinn! Dein Wasser!“ Vorsichtig wurde sie untersucht, um sicher zu gehen, dass das Glas keinen Schaden angerichtet hatte und tatsächlich war sie, bis auf ein paar Schrammen, unversehrt. „Das ist halb so schlimm, Spatz. Soll ich es heil küssen?“ „J... ja...!“, jammerte sie völlig aufgelöst. Zärtlich wurden Kinn, Hände und auch das Knie geküsst. „Besser?“ „Jaaaa...“, schniefte Judy noch immer, lächelte aber wieder. „Soll ich dir dann etwas ganz schönes erzählen?“ Verweint sah sie Watson an und nickte. „Ok!“ „Du darfst uns helfen das Haus schön einzurichten, damit wir hier wohnen können!“ „In echt jetzt???“, fragte Judy sofort begeistert nach. „Das hier ist ab jetzt unser Haus, Spatz!“ Watson lächelte zu Holmes rüber. „Wir werden hier sehr glücklich werden.“ „Oh! Oh! Oh! Oh!“, quiekte sie vergnügt. „Darf ich mir dann auch ein Zimmer aussuchen?“ Lachend küsste Watson ihr die Stirn. „Das lässt sich sicher machen.“ „Dann sind wir eine richtige Familie!“, säuselte auch Holmes leise und glücklich. Der Arzt nickte und streckte den Arm nach ihm aus. Lächelnd kuschelte sich der Detektiv zu ihnen, als Judy kicherte. „Wird Holmes dann noch immer bei dir schlafen, Daddy?“ „Hoffentlich noch mehr als vorher“ erklärte ihr Vater und lächelte den Älteren glücklich an. Er bekam einen Kuss von seiner Tochter. „Du hast Holmes lieb!“ „Ganz doll sogar“ bestätigte ihr Vater ihr gerne. „Und er dich auch!“, erklärte Judy glücklich. „Er wird immer leicht rot und strahlt ganz doll mit der Sonne!“, begründete sie sich. Watson lachte glücklich und küsste erst sie und dann Holmes. „Ich weiß!“ Da zog Judy aber eine Schnute und sah den Arzt trotzig an. „Gemein!“ Jener lächelte fröhlich zu ihr hinab. „Wieso das?“ „Will auch!“ Sie deutete auf Holmes und spitzte ihre Lippen. Doch sie konnte ihn nicht küssen, da Watson sie zu weit von dem Detektiven fern hielt. Ihr Arzt gluckste vergnügt und reichte sie direkt an den Älteren weiter. Diesem gab sie auch sofort einen schmatzenden Kuss und strahlte ihn an. „Hab dich lieb, Daddy 2!“ Ende Hosted by Animexx e.V. 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