Prince of Darkness von Seline (between Love and Death) ================================================================================ Kapitel 1: Alles nur Märchen ---------------------------- "Seline? Seline? Warte doch mal!" Iva lief atemlos zu mir. "Hey, was sollte das? Seitwann wartest du nach dem Unterricht nicht auf mich?" fragte sie eingeschnappt. "Sorry, aber mein Gedanke war nur ‚Schnell raus hier’. Ich konnte mir Herrn Teobalds Gerede nicht mehr länger anhören." Ich hatte das Gefühl, als platze gleich mein Schädel. "Schon in Ordnung!" Rumps. Ein Junge aus unserer Parallelklasse lief gegen einen Schrank. Er konnte seinen Blick nicht von mir abwenden. Er ging rückwärts den Flur entlang und sah mir noch nach. "Wirst du dich je daran gewöhnen, dass jeder Junge der Schule verrückt nach dir ist und alle mit dir zusammen sein wollen?" Ich seufzte. Nein, ich würde nie damit klarkommen,ich fand es einfach nur widerlich. Jeder glotzte mir nach, in der Cafeteria wollten alle neben mir sitzen und sie liefen mir sogar bis zum Klo hinterher. Als ich auf diese Schule wechselte, hatte jeder Junge mit seiner damaligen Freundin Schluss gemacht, also kein Wunder, dass überall wo ich hinging, die Mädchen über mich lästerten. Ich konnte noch nicht einmal etwas dafür. Ja, ich sah anders aus. Rotes lockiges Haar, blaue Augen, bleiche Haut und ich war zierlich, obwohl ich zugeben musste, dass ich kaum auf meine Ernährung achtete. "Ich weiß gar nicht, was die alle haben. Das ist so peinlich. Das einzig Gute ist, dass die Schule jetzt aus ist." Endlich, denn alle Lehrer der Schule hatten seit Wochen nur ein Thema. Dämonen! Auch bekannt als Vampire! Es hing mir bis zum Hals heraus. Den ganzen Unterricht über machten die Jungs doofe Vampirwitze, wir mussten uns Bilder über verschiedene Arten von Dämonen ansehen und bekamen in jeder Stunde zu hören, wie herzlos, kalt und blutrünstig sie waren. Sie entführten Frauen und Kinder und töteten sie daraufhin. Wir bekamen sogar eine Ausgangssperre vom Bürgermeister auferlegt: Ab zehn Uhr durfte niemand mehr das Haus verlassen. Man hatte uns sogar verboten, mit fremden Männern zu sprechen, denn jeder hätte ein Dämon sein können. Jeder Junge, der an eine neue Schule oder in eine andere Stadt zog, musste eine Blutprobe abgeben. Eine der wenigsten Methoden, einen Dämon zu entlarven. Man sagte, dass sie sich perfekt tarnen konnten. Also bitte, es gab keine Vampire, geschweige denn Dämonen. Ich glaubte nicht an diese bescheuerten Hirngespinste. "Bye, wir sehen uns dann morgen in der Schule. Vergiss die Hausaufgaben nicht!" Wie könnte man so etwas nur vergessen. "Klar, keine Sorge, das passiert schon nicht." Iva Swan war so ein durchgeknalltes Mädel. Im Gegensatz zu mir trug sie immer bunte Klamotten. Von pinken Jeans, grünen T-Shirts bis hin zu gelben High-Heels. Auch ihre Haare waren sehr ausgefallen - sie hatte sie lila gefärbt. Ich hingegen war das genaue Gegenteil von ihr. Meistens trug ich schwarz oder rot. Iva hatte sogar einmal versucht mich komplett umzustylen, dies endete allerdings damit, dass zwischen uns ein ganzer Monat Funkstille herrschte. "Beklopptes Mädel", sagte ich leise zu mir selbst. Wir wohnten nicht weit von einander entfernt, daher trafen wir uns für die Schule immer an der Kreuzung, die uns getrennte Wege gehen ließ. Trotz Streitereien, die es in jeder Beziehung gab, waren wir ein Herz und eine Seele. Geheimnisse und Probleme tauschten wir miteinander aus, egal was es war, wir behielten es unter uns. Ratschläge, wie Iva ihren Schwarm erobern könnte, standen an oberster Gesprächsliste. Obgleich ich ihr versicherte, dass er nicht der Richtige für sie war. Jungs waren doch alle gleich und wollen immer dasselbe. Am Besten ein weites Dekolleté, einen knackigen Hintern und sie mussten beliebt sein. Ich verstand die Mädchen an meiner Schule einfach nicht, doch nicht nur weil sie eine an der Klatsche hatten. Sie konnten doch froh sein, keinen Freund zu haben. Wenn man zu spät nach Hause kam, vermuteten sie direkt, dass man fremdging. Bekam man einen Drink ausgegeben, wurden sie sofort eifersüchtig. Traf man sich mit seinen männlichen Freunden, kam die Unterstellung, mit jedem einzelnen was am Laufen zu haben. Sofort wurde man als Schlampe abgestempelt. Was sollte also dieses Getue um das andere Geschlecht? Sie änderten sich nie. Also was soll’s. Merkwürdiger Weise hatte ich das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Bestimmt spielte mir meine Phantasie einen Streich. Kein Wunder bei dem Müll, den wir in der Schule beigebracht bekamen. Ich war zu Hause angekommen. Es war zwar kein großes Haus, doch hatte es zwei Schlafzimmer, ein Bad, eine Küche, ein Wohnzimmer und einen Garten, der direkt an den Wald grenzte. In dieser Gegend gab es kaum Häuser, somit also auch keine unfreundlichen Nachbarn. Ich schloss die Tür auf und ging hinein. Ich stand in einem kleinen Flur, an dessen Wänden verschiedene Kunstwerke hingen. "Mum! Bist du da?" rief ich mit lautstarker Stimme durchs Haus. Noch eine Eigenschaft von mir: Ich besaß eine hohe Stimme. "Bin in der Küche!" kam es aus dem Raum am Ende des Flurs. "Hi! Du, ich will ja gar nicht nerven oder so, aber was gibt’s denn zu essen?" "Ich wollte dein Lieblingsessen machen, Lasagne. Wie war die Schule so? Was wollten sie euch heute beibringen?" Ein leichter Sarkasmus lag in der Luft. Super, was sollte ich schon gelernt haben? "In Deutsch haben wir kreatives Schreiben geübt. Das war cool, allerdings war Mathe so öde. Funktionsgleichungen! Ich brauche das in meinem ganzen Leben nicht mehr! Abgesehen davon war Geschichte noch viel schlimmer als sonst. Was ist nur so besonders an diesen angeblichen Dämonen. Es gibt keinen Beweis dafür, dass sie überhaupt existieren. Das ist genauso, als würde man sich irgendeinen Vampirfilm ansehen und behaupten, Dracula gäbe es wirklich. Es gibt sie nicht, diese ganzen Geschichten. Von wegen es gäbe sie seit über Tausenden von Jahren und zwischen ihnen und uns Menschen herrsche Krieg. Ich hab den Lehrer gefragt, ob er das alles beweisen könnte, aber er meinte nur: >Seline, sind das nicht genug Beweise? Frauen und Kinder verschwinden. Niemand traut sich seit Jahren nach Transilvanien zu reisen, da niemand von der Reise je zurückkam. Und die Bilder, die ich euch gezeigt habe.< Wenn es sie wirklich gibt, wie kommt es, dass sie niemand gesehen hat. Die Bilder können auch gefälscht sein. Weißt du wie ätzend das ist, jeden Tag diesen Mist zu hören?" Ich war so wütend und genervt, dass ich nicht aufpasste und das Glas überlief, das ich mit Limo füllte. "Na klasse! Als könnte der Tag nicht noch schlimmer werden." Meine Mutter reichte mir einen Lumpen. "Ach, Seline, du kennst die Menschen ja. Sie glauben alles. Früher Hexen, heute Dämonen, vielleicht sind es morgen sprechende Tiere. Es kann gut sein, dass die Sache mit den Vampiren stimmt. Weiß man es? Gut möglich, dass sie schon viele Jahre im Verborgenen leben, damit sie in Vergessenheit geraten. Zur meiner Zeit gab es diese Gerüchte auch schon. Über die neun Dämonenkönige. Damals hatte man alle in Angst und Schrecken versetzt. Ich hatte auch nicht daran geglaubt, aber mein Lehrer, Herr Gilges, glaubte dies. Fünf Jahre nach meinem Abschluss lag er blutleer in seiner Wohnung. Du kannst dir ja denken, was für eine Panik dann ausbrach. Tu mir einfach einen Gefallen, tu so, als glaubst du an diesen Unfug und mach keinen Ärger. Du kannst daran nichts ändern. Na toll, es ist schon so spät. Ich gehe jetzt einkaufen. Kommst du mit?" "Nein, danke. Ich habe jede Menge Hausaufgaben zu machen." Leider. "Bis später!" Sie gab mir einen Kuss auf die Wange. "Ja, tschüss!" Tja, ich hatte sturmfreie Bude und musste auch noch Aufgaben machen. Einen zweitausend Wörter langen Aufsatz, warum man die Dämonen aus meiner Sicht jagen und ausrotten sollte. Was für ein Scheiß! Jetzt musste ich mir noch irgendeinen Humbug ausdenken, um in Geschichte keine sechs für nicht gemachte Aufgaben zu bekommen. Ich stieg die Treppe hinauf. Im oberen Stockwerk war das Schlafzimmer von meiner Mutter und mir. Das Badezimmer lag direkt neben meiner Tür. Ich öffnete die Tür meines Zimmers. Die Wand hatten wir erst vor kurzem weiß gestrichen und damit sie nicht so langweilig aussah, hatten wir ein paar rote Blumenmuster daraufgemalt. In der Mitte stand mein Doppelbett. Auf meinen blauen Bettlacken waren gelbe Sterne. An der Wand gegenüber stand mein schwarzer Kleiderschrank. Er war randvoll mit Klamotten und Schuhen. Ich hatte schon lange den Verdacht, dass ich die meisten Sachen doppelt haben musste. Neben dem Fenster stand mein Schreibtisch, mit einer roten Leselampe und meinem Laptop darauf. Ich setzte mich auf den schwarzen Drehstuhl und versuchte, im Internet Ideen für meinen Aufsatz zu finden. Plötzlich klingelte es. Ich ging zur Haustür. Öffnete sie. "Hallo, Seline...!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)