Nigatsu no hanashi [Version 2] von abgemeldet (Die Geschichte vom Februar) ================================================================================ Kapitel 1: The times I was just a burden ---------------------------------------- Disclaimer: Charas gehören niemandem, wie immer. Und irl sind sie sicher auch nicht gay. Alles meinem Hirn entsprungen~ Genre: BL Pair: das liest sich schnell raus ^_~ Rating: none (bisher...) Nigatsu no hanashi - Die Geschichte vom Februar 1.Kapitel: -The times I was just a burden- Ich sah das blaue Licht, wie es den dunklen Nachthimmel erleuchtete und ich schmeckte das Leben. Mein Blick traf die Sterne und ich lag einfach nur im nassen Gras. Meine Sinne konnten nichts mehr wahrnehmen, nichts außer das näherkommende, blau leuchtende Licht und die Stimme um mich herum, die mich versuchte anzusprechen. Sie klang so seltsam verzerrt, dass ich nicht im Stande war, ihr zu folgen. Der Schatten einer Person, der auf mein Gesicht traf und die Sicht auf das schimmernde Licht versperrte, kam immer näher. Das einzige, woran ich mich erinnerte, waren die langen Rasta der Person, die ihr ins Gesicht fielen, als man sich zu mir hinunter beugte. Ein lautes Heulen erklang in meinen Ohren, wie Sirenen, die das helle Licht verschluckten. Danach verschwamm alles zu einer Masse von nichts. *~*~*~* "Bist du wieder bei Bewusstsein?" Ich kannte diese Stimme nicht und wenn ich etwas nicht kannte, machte es mich meist neugierig und nervös. Um meine Gier zu befriedigen, öffnete ich langsam meine müden Augen. Ich würde am liebsten noch eine ganze Weile so bleiben, doch die andere Person wollte dies nicht. Ich fühlte mich so schwach, als hätte ich monatelang nichts gegessen. "...", ich schaffte nicht, etwas zu sagen, ich erkannte nur durch meine schwach geöffneten Lider die Rasta des anderen wieder. Woher kannte ich dieses Gesicht? Es kam mir so unglaublich bekannt und vertraut vor, dabei war dies niemand meines Freundes- oder Verwandtenkreises. "Wie geht's dir?" "...Mir tut alles weh...", erst jetzt bemerkte ich, dass ich am ganzen Körper Schmerzen hatte. Ich versuchte, mich gar nicht zu bewegen, damit ich nicht noch mehr bekam, doch irgendwie stellte ich ein Manko fest. Wo waren meine Erinnerungen!? Was war eigentlich passiert...?! "Na ja, das dachte ich mir, auch wenn du mich das eigentlich fragen solltest." "Was?", ich blickte den anderen an und drehte meinen Kopf leicht zur Seite. Ich lag in einem Bett, wie mir soeben bewusst wurde. Und ich musste so etwas wie eine Halskrause tragen, sonst hätte ich den Kopf richtig bewegen können. "Immerhin hast du mich mit deinem Wagen umgefahren." "Sorry, ich erinner mich an nichts......." "Das liegt wohl an deinem Schädel-Hirn-Trauma. Der Arzt meinte, du erinnerst dich sicher bald." "Wahrscheinlich... Hast du dich verletzt?" "Nicht ein bisschen. Glück gehabt." Ohne, dass es mir bewusst wurde, klang die Stimme von ihm sehr angenehm. Auch wenn er einen leichten gleichgültigen Ton in ihr hatte. Ihr zuzuhören brachte mir ein angenehmes und vertrautes Gefühl, welches ich sonst nur bei einer anderen Person noch stärker empfand. "Was machst du denn noch hier?" "Warten, dass dich dein Freund abholt. Eigentlich nicht meine Art auf Fremde aufzupassen, aber na ja..." "Wieso tust du's dann?" "Wir sind ja nicht so fremd." "Aber ich wüsste nicht, woher ich dich kennen sollte...?", hatte ich etwa jemanden vergessen!? Wie konnte mir so etwas denn passieren!? Ich wusste doch eigentlich, wer meine Freunde waren. "Hm...?!" "Tut mir leid, ich kann irgendwie nicht richtig nachdenken..." "Nicht so wichtig. Man braucht den Namen seines Lebensretters ja nicht zwingend wissen." "Bitte? Du... Du hast...?" "Nicht, dass es ne große Tat gewesen wäre oder so wie es im Fernsehen aussieht, aber ja. Wahrscheinlich wärst du sonst an deinem Erbrochenem erstickt." "Oh... Wie kann ich....." Ich konnte vor Schmerzen bei der kleinsten Bewegung nicht einmal die richtigen Worte finden, um zu sprechen, allerdings wusste ich in diesem Moment auch nicht so richtig, was ich sagen sollte. Das war wirklich nicht so wie im TV. An seiner Kotze zu verrecken war schon eine ziemlich unansehnliche Art zu sterben... "Du musst mir nicht danken, tu mir nur einen Gefallen. Wenn du schon bei Glatteis Auto fährst, schnall dich wenigstens an. Dann kannst du mich auch unbesorgt umfahren." "J-Ja...", meine Augen fühlten sich schläfrig an, dabei hatte ich doch sicher schon eine ganze Weile geschlafen, wenn ich mich an nichts erinnern konnte. Ich versuchte, noch einmal zu dem anderen zu blicken. Ich wollte wissen, was er für einen Gesichtsausdruck dabei hatte, als er solche Sätze zu mir sprach. Seine faszinierende Stimme fesselte mich irgendwie, sodass ich kaum mehr in der Lage war, den wahren Sinn hinter den gesprochenen Worten zu erkennen. Ihre Tiefe verbarg sich vor mir. Oder vielleicht bekam ich die Pointe auch einfach nur nicht mit. "Wunder dich nicht, das ist das Schmerzmittel." Scheinbar konnte man mir ansehen, was mir durch den Kopf ging. Seltsam. Aber... Irgendwie beruhigte es mich zu wissen, dass jemand neben dem Bett saß. Ich wollte nie freiwillig ins Krankenhaus, egal aus welchen Gründen. Wenn ich allein hier erwacht wäre, hätte ich sicher Angst gehabt. "Na, ich geh dann wohl besser." "Wieso?", grade als ich die Augen wieder öffnete, konnte ich schon den Grund sehen. "Hizu!", rief er in der Stimme, mit der er es immer tat, wenn er sich sorgte. Sofort kam er an mein Bett heran und nahm sich meine Hand. Es fühlte sich so fürchterlich gut an, seine Wärme zu spüren. Alles was geschehen war, schien so unwichtig zu sein, wenn er nur bei mir sein konnte. Alle Schmerzen, die mich durchfuhren, wurden ausradiert, wenn ich sein besorgtes Gesicht sah. "Hizu, ich hab mir solche Sorgen gemacht, du hast nicht angerufen und kamst und kamst einfach nicht und dann bekam ich die Nachricht von deinem Unfall und..." "Karyu... Ist ja gut..." "Wie gesagt, ich bin weg.", verabschiedete sich der Fremdling dann und wollte schon gehen, doch Karyu stand auf und hielt ihn ab, er bedankte sich noch tausendmal bei ihm für seine Hilfe und ließ ihn erst dann gehen. Seine langen Rasta fielen ihm noch über die Schultern, als er die Tür hinter sich schloss. Das war vorerst das letzte Mal, dass ich ihn sah. Und ich wusste nicht einmal seinen Namen. Das einzige, was uns in diesem Augenblick verband, war der Tag im Februar. Unsere erste und scheinbar auch letzte Begegnung. *~*~*~* "Also bis nach der Schule, ich hol dich ab." "Okay, bis später!" Fröhlich wie jeden Morgen verabschiedeten wir uns von einander und ich gab Karyu noch einen Kuss. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht stieg ich dann aus dem Wagen und ging zum Schulhof. Als ich noch einmal zurück blickte, sah ich wie er dann weiter fuhr. Ich ging kaum einen Meter weiter auf den Schulhof, da kamen auch schon die Ersten aus meiner Klasse zu mir und begrüßten mich. Alle waren freundlich, so wie sie es immer waren, diesmal kamen sogar welche zu mir, mit denen ich sonst kaum Kontakt hatte oder welche, von denen ich dachte, dass sie mich gar nicht leiden konnten. "Hey, du siehst gut aus. Die zwei Wochen ohne Schule haben dir gut getan!" "Na ja... Aber Urlaub war das trotzdem nicht." So, so.. Schon zwei Wochen her, dass ich den Unfall hatte. Aber meinen Lebensretter sah ich seitdem nicht wieder. Der einzige, der mich immer besuchen kam, war Karyu. Ich hätte mich gefreut, wenn ich ihn noch einmal sehen dürfte. Es war ja nicht so, dass ich mich jetzt Hals über Kopf in ihn verliebt hatte oder so, aber ich würde mich schon gerne bei ihm bedanken gehen. "Aber dafür konntest du ganz viel Zeit mit deinem Schatzi verbringen." "Stimmt schon..." Ich mag es nicht, dass sie so reden. Sie tun immer so, als würden sie akzeptieren, dass ich einen Freund hatte, der noch dazu fünf Jahre älter war als ich und in einer großen Firma tätig war. "Ich wünschte meine Freundin würde auch so viel verdienen und mich jedes mal von der Schule abholen. Aber die mault nur rum, dass ich nichts im Haushalt mache. Aber ey, ich bin siebzehn, was erwartet die denn!?" "..." Was sollte ich dazu sagen? Einerseits geht mich das nichts an und andererseits wissen die doch gar nicht, wie es in unserer Beziehung aussieht, die gehen einfach davon aus, dass Schwule keine alltäglichen Probleme wie sie hätten. Karyu meckert übrigens genauso rum, wenn ich mich nicht an der Hausarbeit beteilige. Bereits im Klassenraum kamen die nächsten, die mir mitteilten, dass sie sich freuten, dass ich wieder am Unterricht teilnehmen konnte. Ich freute mich zwar über diese Tatsache, aber sonst kümmerte es sie doch auch nicht. Na ja, was sollte es!? "Erzähl doch mal, wie ist das passiert!?" "Ich erinnere mich nicht daran." Und ich wollte nicht, dass jeder wusste, was los war. Ich musste wieder an diese unromantische Art zu sterben denken, mit der ich jetzt sicher nicht vor allen rumprahlen würde. "Uh, ich stell mir grade vor, wie dein Freund dich heldenhaft gerettet hat und ihr euch dann glücklich in den Armen gelegen und euch schon Heiratsversprechen gegeben habt." "Ihr spinnt ja. Seid doch mal ein bisschen realistischer." "Du Spielverderber." Sorry, aber ihr könntet auch einfach mal über ein anderes Pärchen solchen Unsinn erzählen. Das nervte auf Dauer einfach. "Wie lange warst du denn im Krankenhaus?!" "Eine Woche." "Dann hast du die restliche Woche blau gemacht?!" Jetzt pokte der mich auch noch in die Seite, wusste der nicht, dass mir das weh tat wie Hölle. Ich kniff leicht die Augen zusammen. Ich hatte mir irgendwas an den Rippen getan, seitdem war schlafen eine Qual. "Oh, tat das weh?!" "Ja." Es betraten die nächsten Schüler den Raum und wie ichs mir schon dachte, kamen sie gleich zu mir. Wieder dieselben Fragen. Wie mich das nervte, hatten sie keine eigenen Probleme!? Am besten einfach freundlich lächeln und den Frust runterschlucken. Das hielt nicht nur Probleme ab, vermied auch, dass ich aus der Haut fuhr und mich bloßstellte. Zum Glück begann der Unterricht bald und ich war erlöst. Mathe war mit Abstand eines der langweiligsten Fächer, die es geben konnte. Ich war ganz froh drüber, dass ich da nicht mit den Hausaufgaben dran kam. Das machte wie immer Zero. Wie hieß er eigentlich richtig?! Die ganzen Leute nannten ihn so. Vielleicht weil er der Klassenprimus war und ihn niemand leiden konnte. Nicht einmal ich hatte mich je mit ihm unterhalten. So wie das eben immer ist. Die Stillen werden missachtet, sie scheinen ja auch nicht auf einen zu achten. Er hatte auch als einziger nicht nachgefragt, wie es mir ging. Das fiel mir alles erst jetzt auf, wenn ich ihn nach vorn gehen sah, damit er die Aufgabe vorrechnen konnte. Aber!? Seit wann hatte er denn Rasta!? Ich tippte schnell meinen Nachbarn an und fragte ihn darüber aus. "Damit kam er direkt am Tag an, als du nicht mehr hier warst." Das würde erklären, dass mir das Gesicht so vertraut vorkam. Jedoch wusste ich nicht, wie ich deuten sollte, dass ich ihn trotzdem nicht erkennen konnte. Hatte ich vielleicht meine Intelligenz verloren?! Während ich inständig hoffte, dass dies nicht der Fall war und auch in der Zunkuft, egal ob nah oder fern, nicht eintreten möge, wandte sich mein Kamerad erneut mir zu. "Warum fragst du?!" "Ich bin mir nicht sicher, aber der Kerl, der mir nach meinem Unfall geholfen hatte, hatte auch schwarze Rasta..." "So, so..." Ich blickte direkt wieder zu ihm. Die Statur, seine Körperhaltung, wie die Haare über seine Schultern fielen. Alles war genauso. Los, öffne endlich deinen Mund und sprich. Ich will deine Stimme hören. Ich hatte sie schon vorher wahrgenommen, wenn er im Unterricht dran war, aber nie auf ihn geachtet. Da war es wieder, diese Phänomen der Stillen. "Die Wurzel aus x und der Quadrant von y zusammen als Dezimalzahl und verdoppelt um ihr dreifaches..." Mathe = Kauderwelsch, aber diese Stimme! Umwerfend. Einfach nur umwerfend! Ich konnte es gar nicht fassen. Zero war es, der mir geholfen hatte, der mein Leben gerettet hatte und ich erkannte ihn nicht einmal!? Wie blind musste man nur sein!? Er ging doch seit genau einem Jahr in meine Klasse. Letztes Jahr im Februar kurz vor den Ferien kam er her und ich..!? War genauso blöd wie die anderen und ignorierte ihn, weil er von selbst auch kein Gespräch begann. Ich war einer der Idioten, die dem Gesetz der Stille ihre Macht verlieh. Applaus bitte für diese Meisterleistung und eine Ohrfeige an mich selbst. Er war fertig mit der Aufgabe und ging wieder zu seinem Platz. Ich wusste, dass er mich ihn anstarren sah, aber wieso reagierte er nicht darauf!? Kein Grinsen oder ähnliches auf dem Gesicht, einfach nur das kühle Face, dass er immer hatte und er verschwand wieder auf seinem Platz irgendwo in den Reihen hinter mir. Beobachtete er mich vielleicht, wenn er schon so nichts tat!? Ich drehte mich einfach kurz um, als wollte ich gucken, was für Aushänge hinten an der Tafel hingen, doch mein Blick suchte seinen Platz. Was tat er da!? Auf jeden Fall sah er nicht mich an. Scheinbar war es interessanter, sich im Unterricht eine Zigarette zu stopfen. Ich musste mich bei ihm bedanken, das stand fest und dazu würde ich die nächste Pause nutzen! Pause, aber Zero unauffindbar!? Wo zum Henker war der hin verschwunden!? Dass er sicherlich zum Rauchen auf den Schulhof gegangen war, konnte ich mir ja denken, aber bei den wenigen Menschen, die im Februar draußen waren, sollte man ihn doch einfacher finden!? Wo war er!? Nachdem ich fast den ganzen Schulhof abgesucht hatte, bemerkte ich ihn endlich. Als wollte er sich tarnen, saß er an einem Baum und schien mich auch nicht näher kommen zu bemerken. Okay, alle Fragen waren geklärt. Er hörte Musik und schien zu schlafen. Kein Wunder, dass er mich nicht rufen gehört hatte oder dass ich ihn beim Namen nannte. Er merkte auch nicht, dass ich mich neben ihn setzte. Schlief wohl wirklich. Dann wollte ich aber wenigstens wissen, was er hörte, wenn er schon nicht ansprechbar war. Kaum, dass ich ihm den Kopfhörer entfernt hatte, um mir anzuhören, was er mochte, packte mich seine Hand auch schon am Handgelenk. Erschrocken zuckte ich zurück und blickte direkt in sein ernstes Gesicht. Als er mich dann sah, ließ er meine Hand wieder frei und stellte die Musik ab. Von seiner ruppigen Bewegung hatte ich wieder leichte Schmerzen bekommen. "Was soll das?!" "Ich dachte, du schläfst, ich wollte nur.." "Ich hab auch geschlafen." Diese Stimme. Unglaublich, wie erwachsen sie klang, dabei war er genauso alt wie ich. "Ehm... Was hörst du da...?" Was besseres fiel mir auch nicht ein, um ein Gespräch auf die Reihe zu bekommen. Ich wusste praktisch nichts über ihn, wie sollte ich da gemeinsame Interessen finden? "Geht dich nichts an." "Verstehe..." Na toll, wie bekam ich ihn dazu, mehr mit mir zu sprechen!? Ich wollte unbedingt noch einmal diese Stimme hören. Sie hinterließ einen so starken Eindruck bei mir, dass ich nicht mal genau erklären konnte, woher dies rührte. "Wieso hast du nicht nachgefragt, wie's mir geht?" "Bin ich dazu verpflichtet?!" "Aber an dem Tag im Krankenhaus hast du doch auch?" "Und wenn schon. Außerdem hab ich gehört, was du den Anderen gesagt hast, noch jemand der nervt, muss ja auch nicht sein." "Aber das nervt doch nicht." "Sagst du und denkst, dass es sie nichts angeht. Ich hab deine Blicke gesehen, die sprechen Bände." "Beobachtest du mich etwa!?" "Manchmal." "Wieso!?" "Weil ich es unglaublich finde, dass du dich von solchen Typen belagern lässt, die sich im Grunde doch eh nicht für dich interessieren." "Woher willst du das wissen, immerhin fragen sie mich, wie es mir geht." "Ach und deswegen sind sie deine Freunde!? Und was wisst ihr privat voneinander!? Wie oft trefft ihr euch!?" "..." Ich wollte ihm widersprechen, aber einerseits dachte ich dann doch, dass er Recht hatte. "Das sagt ja dann alles." "Na und!? Du hast auch niemanden, mit dem du dich unterhältst! Ich kommuniziere wenigstens!" "Es steht gar nicht in deiner Macht, das zu beurteilen." "Weißt du, dass du nervig bist!? Wundert mich nicht, dass du immer allein bist!" "Wenn das so ist, solltest du gehen. Momentan scheine ich ja gar nicht allein zu sein." "Sag mal! Was bist du eigentlich für ein arroganter Arsch!?" Wie um meine Aussage zu unterstützen, reagierte er gar nicht darauf und zündete sich stattdessen lieber die gestopfte Kippe an. Als er sie dann im Mund hatte, sah er mich noch einmal an. "Wolltest du nicht gehen?!" "Hab ich nie behauptet." "Kindisch." "Wenigstens rauch ich nicht!" "Auf was läuft das hinaus!? Willst du mich jetzt die restliche Zeit vollsülzen!?" "Ganz genau, bis du von allein mit mir redest. Ich finds nämlich total scheiße, dass die anderen dich kein Stück beachten, nur weil du gut in dem Stoff bist, den sie nicht checken." "Ey, du hast dich genauso benommen." "Na und!? Ab jetzt eben nicht mehr." "Und was bringt dir das!?" "Das ist meine Art dir zu danken!" "So, so..." "Komm schon, sag wenigstens, dass du froh bist, wenn du nicht mehr den ganzen Tag allein bist." "Wer sagt dir, dass ich den ganzen Tag allein bin?!" "Manno! Tu wenigstens so, als würdest du die Idee mögen!" "Wenn's dich glücklich macht...", seufzte er und drückte mich dann in seine Arme. "Schön, dass wir befreundet sind!" "Mach dich nicht lustig!", maulte ich ihn an und schob ihn von mir. "Tue ich nicht. Ich bin gespannt, was aus deinem Entschluss wird." "Was soll schon draus werden?!" "Ich kenn doch die Klasse. Wenn du meinetwegen Ärger kriegst, lass dich nie wieder bei mir blicken." "Was interessieren mich die denn!? Wie du schon sagtest, das sind doch eh nicht meine Freunde!" "Aber ich oder was!?" "Immerhin fällt dir so was auf und du schleimst nicht rum, damit wir gut miteinander auskommen." "Wenn du meinst, dass einen so was gleich zu Freunden macht." "Ja, tue ich und jetzt rauch auf, damit wir zurück zur Klasse können. Die Pause ist bald vorbei." "Ach, die schmeckt eh nicht.", sagte er und warf sie nicht mal bis zur Hälfte aufgeraucht ins Gras. Dort erlitt sie ihren unausweichlichen Tod, als er auf sie trat. "Warum stopfst du die dann?" "Weil ich mir die Red Lark nicht leisten kann." "Sind die so teuer oder was!?" "Geht eigentlich." "Warum kaufst du sie dann nicht?" "Nicht so wichtig. Los, Abmarsch!" Irgendwie war er noch immer eine Person voller Rätsel. Auch wenn er meinte, dass wir meinen Vorschlag ausprobieren, ob wir miteinander als Freunde auskämen, das bloße Nebeneinander herlaufen und miteinander rum sitzen bedeutete nicht allein, dass man befreundet war. Eines schien ihm ganz und gar zu fehlen und dies war das Vertrauen. 1.Kapitel -Ende- Kapitel 2: Misery grows more ---------------------------- 2.Kapitel: -Misery grows more- He, he, ich wusste gar nicht, dass Unterricht so schnell rum gehen konnte, wenn man sich auf die Pause freute. Aber das hatte ich heute gelernt. Ich war immer sehr überrascht, als es dann schon wieder geläutet hatte und ich da jemandem ganz bestimmten auf die Nerven gehen konnte. Er schien ziemlich distanziert und ließ sich auch nicht auf die Späße ein, aber es machte dennoch viel Vergnügen, sich mit ihm zu unterhalten und zu versuchen, ihm doch mal ein Lächeln zu entlocken. Lachen schien er nie. Warum eigentlich!? Das hatte er sicherlich verlernt, weil er nie mit jemandem sprach, aber das würde ich sicher schon wieder hin bekommen! Nachdem es heute für uns zum letzten Mal geklingelt hatte, packte er schon seine Sachen und ging, ich konnte grade noch hinterher, dass er nicht einfach ohne eine Verabschiedung verschwunden wäre. "Warte!", rief ich ihm hinterher und er drehte sich um. "Ich habs eilig." Wo wollte er denn hin!? Ich lief ihm einfach nach. Zumindest der Weg aus dem Schulgebäude und vom Schulhof war der gleiche, also warum nicht?! "Darf ich fragen, wo du hin musst?" "Nein.", in der selben kühlen Stimmlage wie er es immer sagte. Seine Antwort wirkte schon fast monoton. "Und warum nicht?" "Weil dich das nichts angeht, würde ich sagen. Außerdem, schau mal da vorne!" Ja, da vorne. Da stand schon Karyus Wagen. Mit dem besten Freund, den man haben konnte, als Beilage. Er stand an der Wagentür und rauchte eine seiner Mild Seven Lights. Wie immer, wenn er zu früh da war und ich noch Unterricht hatte. Ich mochte es nie, wenn er rauchte, dann schmeckten die Küsse nicht so gut wie sonst, aber es machte ihn auch unglaublich sexy. Hihi, gut, dass er mein Freund war und nicht der von jemand anderem, sonst wäre ich sicher furchtbar neidisch auf diese Person gewesen. Als ich dann meinen Geliebten mit einem Kuss begrüßte, zündete sich Zero eine seiner Kippen an, die ihm ja eigentlich gar nicht schmeckten. Als wüsste er, dass Karyu ihn ansehen würde, blieb er kurz stehen. Nachdem ich ihn frei gab, verfrachtete ich meine Schultasche auf den Rücksitz und Karyu sah den Jungen vor ihm an. "Kennen wir uns nicht?!", fragte er Zero dann. Dieser schüttelte den Kopf. "Nope.", wieder genauso belanglos, wie er es zuvor zu mir gesagt hatte. "Lüg doch nicht.", warf ich dann ein und sah Zero dabei an. "Das ist der Junge, den ich umgefahren hatte. Du weißt doch, der den Krankenwagen gerufen und mir geholfen hatte." "Oh, du hast Recht, ich erinnere mich. Wie ist dein Name?" "Zero.", antwortete er und nahm einen langen Zug an seiner Zigarette. Es wirkte beinahe anmutig, wie er es tat. "Was ist denn das für ein Name?" Das fragte Karyu zurecht. Mich wunderte es genauso, dass er ihn angab. Hatten ihn die anderen nicht alle so genannt? "Aber das ist doch nur der Name von den Leuten aus der Klasse. Wie heißt du richtig?!" "Unwichtig." Er drehte sich schwungvoll zur Seite, um seinen Weg zu gehen, wodurch ihm die Rasta wieder so unverkennbar über die Schultern fielen. "Tschüss." "Ähm....?!" Ich blickte ihm hinterher, auch Karyu tat es. Wir beide sahen einander an und ich stieg dann in den Wagen, als er aufgeraucht hatte. "Er ist immer so. Ein einziges Rätsel.", seufzte ich und legte mir den Gurt an, während er sich ebenfalls anschnallte und den Motor startete. "Und woher kennst du ihn?" "Er geht in meine Klasse. Ich hab ihn vorher nur nicht bemerkt." "Wie kann man denn einen Mitschüler nicht bemerken!?" Als er mich dies fragte, erschien es mir selbst als Unfug. Aber es war Tatsache, dass es nicht anders war. Ich zuckte mit den Schultern und die Fahrt ging los. "Aber ich hab mich mit ihm angefreundet. Er hat sonst keine Freunde, weil die anderen neidisch auf seine Noten sind." "So, so.. Wenn das mal gut geht." "Warum bist du so skeptisch?!" "Er wirkte nicht grade vertrauensselig." "Stimmt. Er scheint auch niemandem zu vertrauen. Er hat auch niemanden, dem er es geben könnte. Außer mir!! Den krieg ich schon noch weich gekocht." "Da bin ich ja gespannt." "Vertraust du mir nicht?" "Doch, aber ich kenne Leute, die nicht vertrauen." *~*~*~* Die ersten Tage, in denen ich aus dem Krankenhaus raus war und wieder zur Schule musste, vergingen angenehm. Zero und ich hatten uns beinahe jeden Morgen getroffen, wenn wir auf dem Schulweg waren. Aber dies dann meistens, wenn wir auf dem Schulhof waren oder grade das Gebäude betraten, alles ohne Absprache, was es nur noch freudiger machte. Zumindest für mich, ich wusste nicht genau, was er darüber dachte, aber wenigstens hatte ich erreicht, dass er nicht einfach weiter ging, so wie sonst auch immer. Wir redeten nicht sonderlich viel miteinander, das meiste kam von mir. Ich suchte irgendwelche alltäglichen Gesprächsthemen, damit wir wenigstens nicht schweigend nebeneinander herliefen. Mir fiel relativ schnell auf, dass er nicht von sich aus über sich selbst redete. Des weiteren bekam ich nur ein >Nope.< oder >Geht dich nichts an.< als Antworten, wenn ich ihn über sich fragte. Mein Plan, ihn soweit zu bringen, mit mir wie mit einem Freund umzugehen, schien in weite Ferne gerückt. Aber aufgeben wollte ich dennoch nicht, das wäre zu einfach gewesen. Auch an diesem Morgen trafen wir uns, aber diesmal wartete ich vor dem Schulhof auf ihn, weil wir ihn ein paar Meter vorher noch überholt hatten. Von Karyu musste ich mich heute schnell verabschieden, weil er schon spät dran war. Irgendwie wirkte er in der letzten Zeit anders. Vielleicht gefiel es ihm ja nicht, dass ich mich für jemand anderen interessierte?! "Guten Morgen!", strahlte ich den größeren an, während er auf mich zukam. "...Morgen...", grummelte er nur zurück. Er sah auch nicht aus, als hätte er gut geschlafen und wirkte leicht zerstört. "Du siehst... hm...", wie sollte ich das eigentlich nennen?! "...Scheiße aus?", beendete er meinen Satz. "So fühl ich mich auch." "Oh..." Ich beobachtete ihn eine Weile, wie er vor mir den Weg entlang ging, wobei ich stark den Eindruck hatte, dass es ihm wirklich nicht gut ging. Er verhielt sich nicht nur so, er sah auch so aus. Es war das erste Mal, dass ich ihn mit Mundschutz sah und der Schal gehörte auch nicht zur Alltagskleidung. Ich folgte ihm schweigend in den Klassenraum, ich hatte das Gefühl, dass ich ihn nur belästigen würde, wenn ich jetzt wieder anfangen würde, mit ihm über Banalitäten zu reden. Er schwieg bald mehr als sonst, dabei dachte ich immer, davon gäbe es keine Steigerungsform. Als wir den Raum betraten, steuerte er direkt auf seinen Platz zu, legte seine Tasche daneben ab und den Schal auf den Pult, nur um sich hinzusetzen und seinen eigenen Kopf darauf zu legen. Weil ich nicht wusste, welche Reaktion ich ihm entgegen bringen sollte, ging ich zunächst zu meinem Stuhl und packte meine Tasche aus. Eigentlich wollte ich auch noch für Englisch lernen, aber ich gab es nach ein paar Minuten bereits auf, da ich eh nur das Wohlbefinden von Zero im Hinterkopf hatte. Dieser hatte sich in der Zwischenzeit keinen Millimeter bewegt und lag dementsprechend noch immer auf dem Schal. Seine Augen hatte er geschlossen, als wollte er schlafen. Auch wenn es den anderen egal war, so ging ich doch zu ihm hin. Sorgen blieben eben Sorgen. Manchmal dachte ich mir, dass ich zu viel über andere nachdachte, doch war das verwerflich!? Und Abstellen konnte ich es auch nicht. Ich ging also zu seinem Sitzplatz. "Hey, schläfst du...?" Ich hockte mich vorsichtig zu ihm an die Bank und blickte in sein bleiches Gesicht, welches schon dem Mond Konkurrenz machen konnte. "Nein.", antwortete er wie immer in derselben Tonlage. Dennoch sah man ihm an, dass es ihm nicht gut ging. Es weckte in mir unweigerlich das Verlangen, ihm helfen zu wollen. Ich legte meine Hand auf seine Stirn, doch vor Schreck hätte ich sie fast wieder weggezogen. Er glühte bald mehr als es normal war, wenn man Fieber hatte. Auf mein Tun folgte lediglich ein Murren des anderen, das schon kaum mehr hörbar gewesen war und ein versuchter Schlag, der meine Hand verschwinden lassen sollte, auch dies missglückte anhand der verlorenen Stärke. "Zero...? Warum bleibst du nicht zu Hause, wenn es dir so schlecht geht?" "Da hab ich auch nichts von.", antwortete er nur wieder monoton. Ob das Spaß machte so zu reden!? "Du könntest dich ausruhen und abschalten. Wenn sich deine Familie um dich..." "Ich wohn allein." "Was!? Du bist doch aber erst höchstens 18 oder..." "17." "Aber!?" "Is das n Grund?!" "Eigentlich ja." "Hn..." "Aber du kannst hier nicht genesen, da..." "Hn..." "Soll ich dich zur Schwester bringen!?" "Nein." "Du solltest nicht so gleichgültig sein!" "Hn..." "Moah, du nervst echt.", rutschte es mir spontan raus. Eigentlich hatte ich nie vor, dies zu sagen, da ich es zum einen nur im Affekt sagte und zum anderen gar nicht wirklich so gemeint hatte. Klar, Sturheit ging auf die Nerven, aber das war ja nicht sein komplettes Wesen und vor allem wusste ich ja auch gar nicht, warum er sich so benahm. Für jede Handlung musste es einen Grund geben. Nichts kam von ungefähr. Irgendwie brachte dieses Gespräch nichts und ich gab mich damit zufrieden, wieder auf meinen Platz zu gehen. Ich sollte ihn vielleicht auch einfach in Ruhe lassen, wenn es ihm schon nicht gut ging. Dass er auf den letzten Satz nicht wie sonst auch immer ein >Hn...< antwortete, bemerkte ich in meiner Sorge gar nicht, obwohl dies die logischste Erklärung gewesen wäre, wenn man sein Verhalten in der letzten Zeit beobachtet hatte. Ich versuchte mich für die nächsten zwei Minuten auf den Unterricht vorzubereiten, doch wie ich es eigentlich die ganze Zeit vorher tat, musste ich auch jetzt noch an seine Gesundheit denken. Zudem warf mir mein Nachbar links neben mir einen seltsamen Blick zu, als wäre ich ein Virus oder eine Bakterie auf einem Marsriegel. Ich missachtete ihn einfach und holte mein Schulbuch heraus. Jedoch fiel dabei mein Heft auf den Boden und ich musste mich bücken, um es aufzuheben. Erst jetzt viel mir auf, dass auch einige andere Schüler mich ansahen. Hatte ich vielleicht wirklich grüne Haut bekommen oder was war mit denen los?! In der ersten Pause blieben viele Schüler im Klassenzimmer, da es heute mal wieder kälter war. Es hielt Zero dennoch nicht davon ab, hinaus zu gehen. Ich bemerkte sein Fehlen erst, als ich ihn fragen wollte, ob ich ihm vielleicht etwas aus der Apotheke holen könnte. Ich schlussfolgerte, dass er sicher wieder beim Baum war und ging auch dorthin. Er hätte mich ja auch fragen können, ob ich mit will, wir sind doch Freunde! Wenn er jetzt umkippte...! Wie erwartet lehnte er am Baum, ein wenig in seinen Pulli gemurmelt, als wollte er schlafen und sich am liebsten eine Decke um den Körper legen. Wieso zog er denn keine Jacke an? "Hey...", sagte ich und setzte mich neben ihn. Wieder kam als Antwort nur ein für ihn wie immer klingendes 'Hn...'. Ob er sich das irgendwann mal abgewöhnen wird? "Ist dir nicht kalt? Soll ich dir meine Jacke geben, immerhin..." "Nein." "Ist das wieder deine Sturheit?! Willst du dir ne Lungenentzündung holen?!" Selbst wenn er das wollte, ich wollte das nicht. "Kälte ist angenehm. Mir ist eh zu warm..." "Was?! Das liegt nur am Fieber, aber das ist doch ungesund." Denkt der jetzt wirklich es würde ihm helfen?! "Nein. Ich bin strange, ich weiß, aber mein Körper reguliert sich bei Kälte besser wieder." "Wirklich?! Das hab ich ja noch nie gehört." "Mein Kinderarzt fand es auch unglaubwürdig." "Bist du nicht ein wenig alt für den Kinderarzt?" "Hn..." Er lag bisher mit dem Kopf zur Wiese, so dass er mich nicht sah, rollte sich jetzt aber zu mir. "Für so dumm hältst du mich?" Darauf schüttelte ich schnurstracks mit dem Kopf. Das tat ich natürlich nicht. "Ich war mit sieben das letzte Mal beim Arzt." "Achso..." Schon seltsam. Das hat er ja selbst auch über sich gesagt. Unbemerkt fixierten meine Augen seine blasse Haut wieder. Er hatte nicht mal rote Bäckchen, obwohl er Fieber hatte wie ein Irrer. Er kam mir so speziell vor. Er war nicht wie andere. Ich kannte niemanden aus der Familie, der in dem Alter das letzte Mal beim Arzt war oder gern auf dem Boden lag. "...Okay.", begann ich dann. "Meinetwegen brauchst du Kälte zum Gesundwerden, aber keinen harten Boden." "Na..!" Noch bevor er mir richtig widersprechen konnte, hatte ich ihn näher zu mir heran gezogen und seinen Kopf auf meinem Schoß platziert, nachdem ich dort meine Jacke zu einem Haufen geballt hatte, der ein gutes Kissen darstellen sollte. "Ist auch nicht warm! Versprochen!" "Grrrr..." Knurrte er mich da grade an!? "Zero...? Und du willst jetzt wirklich hier liegen bleiben...?" "Hn..." "Oh, man..." "Kannst ja wieder rein..." "Hn... Nö.", grinste ich dann. In den nächsten Minuten herrschte absolute Stille. Ich sprach nicht und er schien eingeschlafen zu sein. Das konnte ich gleich an den gleichmäßigen Atemgeräuschen durch den Mundschutz hören. Ich hatte nicht gedacht, dass er das zulassen würde, denn auf eine Art bedeutete es, dass er mir vertraute. Irgendwie freute mich das. Am besten erzähle ich Karyu gleich mal davon! Aus irgendeinem Grund freute mich das wirklich sehr. Handy musste irgendwo in der Tasche sein, auf der Zero nicht liegt. Nur ganz langsam versuchte ich es heraus zu ziehen, damit ich ihn auch ja nicht wecken würde. Während das Handy die Nummer anwählte, blickte ich noch einmal kurz zum Schlafenden runter. Ich mag es, Menschen schlafen zu sehen. Mein Karyu sieht dann auch immer ganz niedlich aus, aber wehe ich sag ihm das. "Hizu? Du rufst auf Arbeit an? Ist was passiert?" "Zero ist krank." "Na sowas... Das is...-Hmmmmmmmmmmmm~...- Hey! Moment..." "Karyu? Was ist?" Ein wenig überrascht blickte ich das Handydisplay an, um sicher zu stellen, dass der Anruf noch da war und die Leitung nicht unterbrochen wurde. "Hoh!!" "Karyu....?" Was ist das da am anderen Ende der Leitung?! "Bist du noch dran?!" Ich schaute noch einmal aufs Handy, um sicher zu gehen, dass ich auch Empfang hatte, doch hier in der Nähe war gleich ein Funkmast, also war das unwahrscheinlich, eine schlechte Verbindung zu haben. "Karyu, soll ich noch mal anru..?" "Karyuuuu~~~!", kam es laut kreischend von der anderen Leitung. Ich knallte mein Handy erschrocken auf den Boden, dass auf einmal eine andere Stimme im Hintergrund so laut zu hören war. So ungünstig wie es im Moment war, flog es direkt auf einen dummen, im Weg liegenden Stein, der die obere Klappe ein wenig aushakte und das Display beschädigte. //Na super... // "Pass doch besser auf deine Sachen auf..." Ich zuckte zusammen, als er auf einmal wieder mit mir sprach. "Zero!" "Deine Eltern freuen sich sicher nicht, wenn sie dir ein neues kaufen müssen, nachdem du schon das Auto zu Schrott gefahren hast." "Ich wohn bei Karyu, das is denen egal." schmollte ich. "Dann hast du ein Problem." "Karyu wird dafür Verständnis haben. Das kann ja jedem passieren." Er hob seinen Kopf von meiner Jacke und setzte sich hin. Mit geradlinigem Blick sah er mir direkt in die Augen. Um mir nicht anmerken zu lassen, dass ich das als unangenehm empfand, blickte ich auf das kaputte Handy. "Das meinte ich nicht.", als wäre er beinahe wieder geheilt, stand er auf. "Komm mit." "Was meintest du dann?" Ich hob mein Mobilphone noch schnell auf und lief ihm dann hinterher, weil er einfach vorgegangen war. "Tu nicht so, als wüsstest du das nicht allein." "Nein, weiß ich nicht." Er seufzte, scheinbar war ich wirklich zu blöde. Gut, wer sein Handy ins Jenseits befördert, ist bestimmt nicht der Erfinder des Jahres. "Hm? Wieso bleibst du stehen?" Ich sah ihn an und er kam mir mit seinem Blick entgegen. "Ich sage das nicht, um dich zu ärgern, aber trenn dich von dem." "Wie bitte!!!? Das ist doch wohl n Witz!!" Hab ich das grade richtig verstanden...?! "Wundert mich nicht. Er denkt sicher >Hizumi hat dafür Verständnis, das kann jedem mal passieren.<" "Mach mich nicht wütend und hör auf so über ihn herzuziehen.", blaffte ich ihn daraufhin an. Warum sagte er auch so was, wenn er ihn doch gar nicht kannte?! Ich war sehr schnell darüber erbost und wurde wütend, bevor ich mir überhaupt einen zweiten Gedanken machte, warum er dies sagen konnte oder ähnliches. Eigentlich war es nicht meine Art, direkt so aus der Haut zu fahren. "Du musst mir nicht glauben, aber ich sage dir, er betrügt dich. Aber was geht's mich an?" Und indem er Schultern zuckend weiter ging, hatte sich das für ihn erledigt?! Ja, genau! "Stimmt genau! Was geht's dich an!?" Beleidigt folgte ich ihm in den Klassenraum zurück und ging sofort auf meinen Platz. Das dumme Ding in meiner Hand ließ ich in meine Schultasche wandern. //So ein Arsch! Was soll der Scheiß? Da will man sich mit dem anfreunden und dann passiert so was!? Ist er etwa eifersüchtig?! Oh mein Gott! Er wird doch nicht....?! // Mit einer schnellen Kopfbewegung drehte ich mich zu ihm zurück und wieder sah ich ihn auf dem Schalhaufen, den er auf dem Tisch platzierte, liegend. Diesmal sollte mich das aber nicht abhalten. Ich ging zu ihm zurück und klopfte auf den Tisch, damit er mich ansah. "Ich weiß, was dein Problem ist! Du stehst auf mich." "Nope." Wie immer monoton. "Was für ne dumme Ausrede." "OMG! Dann...!!! Dann..!!" "...Ist es wahr?" "Dann stehst du auf Karyu!! Dabei kennt ihr euch gar nicht richtig!" "Das meinst du nicht wirklich oder?" Er drehte seinen Kopf zu mir und warf mir einen alles sagenden, bissigen Blick zu, dem mein erzürntes Wesen nicht standhalten konnte. Verunsichert, aber noch immer nicht gelassen, antwortet ich schnippisch. "Was denn sonst?! Anders kann ich mir dein Verhalten nicht erklären!" "Du solltest zum Arzt gehen und checken lassen, dass du kein Fieber hast." "Dann schlepp ich dich gleich mit hin." "Nein, danke. Du Idiot." "Wieso bin ich jetzt der idiot?" "......" Er holte tief Luft. "Entweder du verschonst mich mit deinem Dünnsinn oder du kannst dir jemand anderen suchen, den du zum neuen besten Freund gewinnen willst." Wie schaffte er es eigentlich, immer so ruhig und gelassen zu bleiben...? Jeder andere hätte mir irgendwelchen Mist ins Gesicht gebrüllt oder mir eine runter gehauen. Nahm ich zumindest an, wenn ich an die Mitschüler aus dieser unsozialen Klassengemeinschaft dachte. "..." Wieso war er nur so verbissen von der fixen Idee, dass ich und Karyu Eheprobleme haben würden?! Dabei sind wir nicht mal verheiratet... "Gut, du hast gewonnen, ich halt meine Klappe, aber wir führen eine glückliche Beziehung!" "Hn..." "Pennst du schon wieder?", irgendwie musste ich schmunzeln. Eben hatten wir noch Streit. "...fast..." Ich konnte es gar nicht glauben, dass Zero seit dem letzten Gespräch die ganze Zeit durchgehend geschlafen hatte. Die letzten vier Stunden und die Pausen über hatte er nichts Anderes getan. Seltsam auch, dass die Lehrer nichts dagegen hatten, aber na ja. Einzig die Mitschüler haben ab und an gemeckert. Er hat auch nicht bemerkt, dass ich ihn während der Pause beobachtet hab und seine Haare versucht hab, auf zu flechten, was gar nicht ging. Er wäre sicher sauer, wenn ich es geschafft hätte. Nachdem nun auch die anderen den Raum verlassen hatten und niemand mehr hier war, beschloss ich, dass ich ihn vielleicht wenigstens noch wecken sollte, damit er nicht bis morgen hier bleiben würde. Und unglaublicherweise ging es noch blasser als er es vorher schon war. Der Arme. "Hey, Zero...", vorsichtig rüttelte ich ihn an den Schultern. Er reagierte kaum darauf. "Hn....?" "Komm, wir müssen nach Hause." "Ich hab keins.....", er schien immer noch so gut wie zu schlafen. Aber wieso sagte er das? Jeder hat doch ein Zuhause. Ich wartete noch ein bisschen in der Hoffnung, dass er von allein aufwachen würde. Als er das jedoch nicht tat und ich keine Lust mehr hatte, noch weitere 10 Minuten zu warten, kam meine zweite und auch erfolgreiche Weckaktion. "Moah, hab ich geschlafen...", nuschelte er, während er seine Schultasche schnappte und sich den Schal wieder umhing. "Fest wie ein Stein.", grinste ich ihn lieb an und ging dann vor. Vorm Klassenzimmer wartete ich auf ihn, als ich dann mit ihm gemeinsam weiter wollte, ging er in die falsche Richtung. "Hier geht's lang, Zero." Ich zeigte nach links, doch er nickte nur. "Schon richtig. Ich muss noch auf Toilette." "Ach so!" Ich ging ihm in die andere Richtung hinterher und als er in der Tür verschwand, entschied ich mich dazu, doch lieber draußen zu bleiben. Ich musste ihm ja nicht beim pinkeln zusehen, auch wenn das vielleicht... // Nein! Das hast du nicht gedacht! Du bist doch nicht schwanzgesteuert und außerdem hast du dafür Karyu!! // So würde ich sein Vertrauen nur schneller wieder verlieren, als dass ich es gewonnen hätte. Ich könnte mich für diese Gedanken ohrfeigen. Gut, dass er nicht grade neben mir stand, das hätte er mir sicher angesehen. Oh man, oh man, oh man... Reiß dich mal zusammen... "Du hättest aber nicht warten müssen.", war das erste, was er sagte. Er hatte wahrscheinlich gedacht, dass ich ja eh abgeholt werden würde und von daher schon vor gegangen wäre. "Eh, doch, ich wollt ja noch was... Aber sag mal, hast du dich übergeben?" "Woher weißt du das?! Hab ich mich etwa bespuckt?!", sofort sah er sich seinen Pulli an, doch der war einwandfrei sauber, wenn man von dem Dreck auf der Wiese absah. "Das nicht, aber dein Schal und Mundschutz sitzen jetzt ganz anders. Hättest es natürlich auch einfach gerichtet haben können, als du dir die Hände gewaschen hast." "Stimmt, ich hab mich verraten..." "Geht's dir denn besser? Nicht, dass es doch ernster ist." "Geht schon. Typische Grippesymptome halt. Komm jetzt." Und wieder folgte ich ihm. Wieso mach ich das eigentlich immer? Ich könnte doch auch vorgehen... Na ja, vielleicht hatte ich ja Angst, dass er auf dem Weg verloren ging, weil er genervt von mir war oder ähnliches. "Du?" "Hn?" "Ist mit dir wirklich alles in Ordnung?" "Ja, warum auch nicht?" "Na, wenn ich krank oder erkältet bin ist es gaaaaaaaa~nz selten, dass ich kotzen muss." "Dafür aber bei Unfällen, ne?", grinste er mich an. Durch den Mundschutz hindurch konnte ich das trotzdem erkennen. "He...!" "War doch nur n Witz." "Das freut mich.", lächelte ich ihn an. Darauf warf er mir einen erstaunten Blick zu. "Wieso?" "Na ja... Es ist das erst Mal, dass du mich geärgert hast." "Bild dir nichts drauf ein, ich bin krank.", auch wenn er mir wie eine Ausrede vorkam, bei ihm konnte man nie wissen, ob es das auch war. "Oh, man...", schmollte ich daraufhin und wir gingen weiter. Ich konnte schon den Wagen von Karyu sehen, der ein wenig verärgert aussah. Bestimmt hatte er wieder viel zu tun gehabt. Ich lief schnell vor zu ihm. "Hey, Ka-chan!!", freute ich mich und gab ihm einen Kuss auf den Mund durch sein offenes Wagenfenster. "Kann ich dich was fragen?" "Na sicher doch." Ich drehte mich noch mal zu Zero um, damit dieser nicht wie meistens heimlich verschwand, wenn wir uns begrüßten. "Zero!" Diesmal sah er her. Da ich ihn auch noch heran winkte, blickte er erst mal perplex rüber und machte sich dann schließlich auf den Weg zum Auto. "Können wir ihn nach Hause fahren? Er ist krank." "Hizu, lass den Scheiß.", grummelte der Schwarzhaarige sofort und schüttelte den Kopf, als Karyu ihn ansah. "Ich geh zu Fuß." "Aber hey!", ich wollte ihn bei seinem Zustand einfach nicht allein wissend durch die Straßen laufen lassen. Besonders traurig fand ich es, dass er auch noch allein zu Hause sein würde. "Hizu, Schatz. Das geht leider nicht, ich hab noch etwas zu erledigen, ich kann dich nur schnell Heim bringen." "Ist es dringend?", fragte ich dann. "Sehr." "Na gut, dann kannst du ja schon los fahren." "Wie bitte?!", er sah böse zu dem größeren von uns beiden und hatte ein Stechen in den Augen. "Hai, ich hab beschlossen, ihn nach Hause zu bringen. Ich bin auf jeden Fall wieder zum Essen zurück, okay?" "Lass das, ich geh allein.", wandte mein kurzzeitiger Freund dann ein und ich schüttelte den Kopf. "Du bist krank, du hast niemanden, der dich versorgt und wenn du mitten auf der Straße umkippst, kann dir sonst was passieren. Oder du fällst von der Treppe!" "Oh, man. Du bist zu gutmütig, Schatz.", seufzte mein Geliebter daraufhin. "Also gut, dann bis heute Abend. Und sei vorsichtig." "Ja, ist gut.", ich gab ihm wieder einen Kuss und hauchte ihm noch drei liebliche Worte in die Ohren, bevor er dann das Fenster hoch kurbelte und kurz darauf mit dem Wagen verschwand. "Idiot!", keifte mich der andere gleich an. "So lang ich da schon wohn, bin ich noch nie die Treppe runter gefallen oder anderes Zeugs." "Ja, ja, na los, wir gehen auch noch in die Apotheke, damit du Medizin hast." "Spinnst du? Ich kann mir meine Kippen nicht kaufen, aber Medizin?! Das ist ja Selbstmord." "Ich hab nicht gesagt, dass du sie kaufst. Ich bezahl." "Warum machst du das?!" "Na, wir sind doch Freunde!", ein liebes und wohl auch niedliches Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus und scheinbar wirkte es. Er seufzte nur kurz und ließ mich ihn dann doch noch begleiten. "Aber du gehst wieder nach Hause." "Klar!" 2.Kapitel -Ende- tbc~ p.s.: ich weiß net, was ich hier für n intelligenten kommi machen soll, also mach ich einfach nur einen ohne scharfsinn: zero's blog isch so liebäää~ x) Kapitel 3: from the beginning that wants no ending to the dream that decayed ---------------------------------------------------------------------------- 3. Kapitel: -from the beginning that wants no ending to the dream that decayed- Wieder einmal redeten wir kein Wort miteinander. Zero wusste gut, wie man Stille zwischen sich schaffen konnte. Ich glaube, ich würde ihm erneut ein Ohr abkauen, wenn er nicht grade wieder so blass um die Nase aussehen würde. Andere Menschen würden jetzt sicher jammern, dass es ihnen ja so mies ging, aber er nahm es einfach hin. Wenn man ihn nicht kannte, sah es immer nur aus, als wäre er ein Einzelgänger, aber auf mich wirkte er sehr reif und ernst. Woran lag das nur? Nicht einmal Karyu benahm sich so und der war nun schon etwas älter als er. Ich tat es aber auch nicht. Ich sollte mir vielleicht von ihm eine Scheibe abschneiden. Ich kannte wirklich niemanden, der in dem Alter schon so erwachsen war. Ich bezweifelte einfach mal, dass er mich angelogen hatte mit dem Alter. Wäre ja auch unsinnig, wozu sollte er das schon tun...?! "Hier Zero, in die Apotheke wollte ich.", bevor er einfach daran vorbeigelaufen wäre, zog ich ihn am Arm, sodass er stehen blieb. "Hn..." "Na los, rein mit dir." "Du musst das nicht tun.", erwiderte er, als ich ihn voran schob. "Stimmt, aber ich tu es trotzdem.", wieder lächelte ich ihn an, irgendwann konnte er sich auch nicht mehr raus reden. Wenn ich mir was in den Kopf gesetzt hatte, tat ich es auch. "Hn..." Ja, ja, bla, bla. Wissend, was ich ihm am besten holen würde, ging ich direkt zur Kasse. Er folgte mir nur langsam. Es schien ihm wirklich nicht zu gefallen. Na ja, aber wie hieß es doch? Manche Menschen musste man erst zu ihrem Glück zwingen. Während ich an der Kasse der Verkäuferin mitteilte, was ich haben wollte, sah er sich bei den ganzen Medikamenten um. Irgendwo blieb er dann stehen und sah sich eine Schachtel genauer an. Ich bezahlte schnell und ging sofort zu ihm. Er schien eine der Packungen mit dem alten Scharfhirten drauf anzustarren. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich geschätzt, dass es eine der Schlaftabletten aus der Werbung war. "Brauchst du noch was?", fragte ich ihn dann. Ich hätte es ihm gern gekauft, wenn es ihm dann besser gehen würde. "Nope." Woher wusste ich nur, dass das seine Antwort sein würde? Na ja, dann eben nicht. "Gut, dann lass uns schnell weiter gehen. Es ist ganz schön frisch draußen geworden." "Hn." Und wieder liefen wir schweigend nebeneinander her und schauten uns nicht mal an, wenn wir schon nicht sprachen. Wenn ich so neben ihm die Straßen entlang ging, bemerkte ich erst einmal, dass er ein Stück größer war als ich. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er mich an etwas Familiäres erinnerte. Es hatte schon fast eine brüderliche Atmosphäre zwischen uns, aber ich glaubte, das würde ich ihm lieber nicht erzählen. Das war dann wohl mein kleines Geheimnis. "Wieso reden wir nicht miteinander?", fragte ich dann einfach drauf los. "Weiß nicht. Erzähl doch was." "Na toll.", seufzte ich. "Du musst ja nicht." "Ich dacht nur, du würdest auch mal von dir reden." "Nope." "Oh, man... Na gut, dann red ich eben von mir.", ich sah ihn an, in der Hoffnung, dass er wenigstens einen interessierten Gesichtsausdruck machen würde, aber er sah unverändert aus. Entweder war ich ihm wirklich vollkommen egal oder aber er war nicht fähig, anders auszusehen, weil die Viren ihn zu sehr ärgerten. "Ich bin mit Karyu schon fast drei Jahre zusammen und es ist immer noch so schön wie am Anfang. Ich hätte früher selbst nie gedacht, dass ich mal mit einem Kerl ne Beziehung führen würde. Vor allem nicht, weil ich vorher auch keine Beziehung mit einem Mädchen hatte. Durch und durch schwul könnte man das jetzt nennen, nich?" "Na ja. Es ist etwas Natürliches." "Ja. Karyu ist mein Ein und Alles. Ohne ihn bin ich ganz allein. Vielleicht funktioniert unsere Beziehung ja auch deswegen so gut." "Das ist kein wirklicher Grund." "Stimmt wahrscheinlich.", irgendwie klang es wirklich nicht sehr plausibel, deswegen mit jemandem zusammen zu sein, wenn man von ihm das hörte. "Wieso solltest du ohne ihn ganz allein sein?", ich bemerkte seine Frage gar nicht, weil die Menschenmaßen um uns herum so laut waren. Wir bleiben an einer roten Ampel stehen. Das erinnerte mich daran, wie ich damals immer mit Karyu in den Ferien weg gefahren war. Er regte sich meistens auf, wenn wir an jeder zweiten Ampel stehen bleiben mussten, während ich noch immer müde fast jedes Mal eingeschlafen war, bis er mich durch das Gemecker dann wieder geweckt hatte. Das Grün in der Ampel leuchtete auf und die Menschen begannen sich zu bewegen. Zero wiederholte seine Frage noch einmal, dass ich es diesmal auch hörte. Wie perplex konnte ich mich nicht weiter bewegen, in mir riefen seine Worte ungeahnt verängstigende Gefühle wach. Er ging ebenfalls weiter, bemerkte gar nicht, dass ich stehen blieb. Vor meinem geistigen Auge hörte ich nur die Autoreifen quietschen und laute Hupen. Auf der Hälfte des Übergangs blieb er inmitten der Masse stehen und blickte sich nach mir um. Als er mich dann sah, schien er zu bemerken, dass ich nicht mehr anwesend war. Ich blickte ihn an, doch sein Gesicht verschwamm zu einem anderen. "Worauf wartest du? Es ist grün.", ich hörte seine Worte gar nicht. Ich war erstarrt. Erstarrt wie schon vor drei Jahren. Er bemerkte mein Verhalten scheinbar gleich und kam zurück. Kurz nachdem er dann bei mir war, schalteten die Ampeln um und die Auto fuhren weiter. "Hizumi, alles in Ordnung?", er sah mich näher an und als ich darauf noch nicht reagierte, folgte er meinem Blick. Noch immer starrte ich auf den Übergang, auf dem eben noch eine große Menge von Menschen unterwegs gewesen war. "Zieh den über." Zero warf mir einen schwarzen Pulli zu, der aussah, als wäre er gestrickt worden. "Ich hab die Heizung ausgestellt." "Oh... Danke." Ich nahm ihn vom Sofa, auf dem er neben mir gelandet war und schlüpfte hinein. Er war ein wenig zu groß, aber er war sehr kuschelig. "Willst du Kaffee? Oder Tee?", hörte ich ihn dann aus der anliegenden Küche fragen. "Tee." Er bereitete sich ebenfalls einen Erkältungstee zu, den ich eben gekauft hatte. Während er damit beschäftigt war, sah ich mir seine Wohnung an. Sie war nicht sehr groß, aber für jemanden, der allein lebte, reichte das aus. Das Wohnzimmer bestand lediglich aus einem abgesessenen Sofa, einem Tisch, der aussah, als wäre er von seinen Großeltern, auf dem ein Laptop stand und einem schwarzen Teppich. Alles war sauber und nirgends auch nur ein Fünkchen Unordnung. Die Küche sah ich nicht, aber ich konnte mir vorstellen, dass es dort auch nicht anders war. Das einzige, was störte, war die Kälte und dass er nur Vorhänge statt Gardinen hatte. "So..." Mein Gastgeber kam mit zwei Tassen in der Hand und noch immer in Schal und Mundschutz eingemurmelt wieder aus dem Nebenzimmer und setzte sich dann vor mir auf der anderen Seite des Tisches auf den Teppich. "Willst du da sitzen bleiben?", fragte ich ihn überrascht. "Ich sitz immer auf dem Boden. Das Sofa is nur für Gäste." "Ach so...? Du bist seltsam." "Ich schlaf auch im Futon.", grinste er dann. "Oh... Ähm... Noch mal sorry wegen vorhin.", sagte ich dann, als er mir die Tasse vor die Nase stellte. "...Na ja, sieh es mal so, ich hätte dich sonst nicht mit rein genommen." "Wie?" Ich sah ihn überrascht an. "Du wirktest leicht verunsichert und so kannst du nicht durch das Viertel hier gehen. Sonst wärst du der nächste, den irgendein Pädophiler weg geschnappt hätte." "Wow...! Ist das hier wirklich so gefährlich?!" "Na ja. Nicht wenn du 'nen selbstbewussten Eindruck machst oder die Leute hier kennst." "Aha..." Irgendwie gefiel mir nicht, dass er in einer solchen Gegend wohnte. Wenn Karyu davon hören würde, würde er mir sicher verbieten, wieder her zu kommen. "Wo ist denn das Bad?", fragte ich ihn dann, ich musste nämlich mal ganz dringend auf die Toilette. "Im Flur die Tür mit dem Schild 'Bad'." "Oh... Is' mir nich' aufgefallen.", ich stand schnell auf und ging hin. Das Schild leuchtete sogar im dunklen Flur, wo es kein Fenster gab. Das konnte man wirklich nur in betrunkenem Zustand übersehen. Oh man, ich war wirklich nicht mehr ganz auf der Höhe. Seufzend betrat ich dann das Badezimmer. Hier gab es nur ein kleines Fenster, das selbst bei Tag nicht viel Licht hinein warf, also musste ich das Licht anschalten. Das erste was man sah, wenn man hinein kam, war das Waschbecken und ....! Wie aus Reflex ließ ich einen lauten Schrei aus meiner Kehle kommen, als ich die ganzen Rasierklingen im Waschbecken liegen sah. Das waren zwanzig, wenn nicht sogar noch mehr, die da alle einfach drin lagen und mich angrinsten. "Ist was passiert?", hörte ich Zero dann nur fragen, als er in den Flur kam und mich in der Tür stehen sah. "Was zur Hölle machen die Dinger im Waschbecken?!" Ich sah ihn an, als wollte ich einen kleinen Jungen davon abhalten eine Dummheit zu begehen. "Was?" Er schien nicht ganz zu verstehen, was ich meinte. Also kam er her und sah sich die Waschmuschel genauer an. "Ach das meinst du. Geh doch erst mal auf Toilette, ich erklär dir das dann alles." Wie er das sagte. In einem solchen normalen Ton, als würden ein Haufen Rasierklingen zur Grundausstattung eines Bades gehören. Oh man, oh man, auf die Erklärung war ich wirklich gespannt. Nachdem ich mich dann wieder auf dem Sofa hingesetzt hatte, musste ich erst mal eine fast eine Minute lang andauernde Keuchaktion miterleben, bevor er wieder in der Lage war, mit mir zu sprechen. "Das liegt nur am Tee." "Die Rasierklingen?!" "Trottel! Der Husten natürlich." "Das kommt sicher davon, dass du so lang auf dem kalten Boden gesessen hast." "Na, ich musste ja warten, dass du wieder zur Besinnung kommst." "Man, die Leute haben aber auch blöd geschaut. Warum hast du mich nicht einfach angesprochen?" "Hab ich doch, aber du hast doch nicht reagiert. Also hab ich gewartet, bis du von allein wieder bei uns warst." "Ich will gar nicht wissen, wie lang du da gesessen hast. Bestimmt wird deine Grippe noch schlimmer." "Muss ich durch.", wieder hatte er diese monotone Stimmlage, als wäre ihm sein eigenes Wohl völlig egal gewesen. Das würde ich ihm wohl nie abgewöhnen können. "Gut und wozu hast du die Dinger?", ich klang schon fast ein wenig sauer, als ich ihn das fragte. "Zum Haare schneiden." "Was?! Das soll ich dir glauben?!" "Kannst es auch sein lassen." "Wozu braucht man das?" "Es gibt da so n Teil, dass nennt man Messer, in das werden zwei Rasierklingen reingelegt, damit es die Haare schneiden kann. Funktioniert gut zum Abstufen der Haare." "Aber so viele?" "Ich hatte gestern wieder mal die Leute aus dem zweiten Stock hier. Die kommen immer so zu sechst. Die meisten Klingen sind schon total stumpf, so dass ich ständig wechseln musste." "Spielst du für die den Friseur?" Ich sah ihn vollkommen ungläubig an. Das passte gar nicht zu ihm und seinem Auftreten. "Na ja, hat sich ergeben. Ich hab's anfangs nur für mich selbst gemacht. Dafür hab ich aber bei allen hier im Viertel Achtung und kann mir n bisschen was dazu verdienen." "Oho..." "So ist das halt hier. Dafür halten sie die Fresse, wenn ich Ärger am Hals haben sollte, sonst müssen sie ja zum teuren Friseur in die Stadt." "Ah verstehe... Hast du denn Ärger...?" "Unwichtig." "Warum beantwortest du nie Fragen über dich...?" "Du hast mir auch nicht geantwortet." "Natürlich!" "Und was war mit der Frage, warum du ohne Karyu allein bist?" "Er ist der einzige, den ich noch habe..." In diesem Moment traute ich mich nicht, ihn anzusehen. Vielleicht lachte er mich für diesen Satz ja aus? "Wie kommt das?" "....Na ja... Ich.. Ich hielt vor meinen Eltern die Beziehung zu ihm anfangs geheim. Meine Eltern bemerkten, dass ich anders war, aber Karyu wollte nicht, dass ich ihnen schon davon erzählte, also log ich sie noch an...", ich machte eine kurze Pause. Warum erzählte ich ihm das eigentlich? Hoffte ich, dass er es verstehen konnte? "Na ja.... Seitdem stritten meine Eltern immer mehr, wahrscheinlich dachten sie, dass es an ihnen lag. So ist es ja meistens bei pubertären Kindern. Ähm... Und dann irgendwann ließen sie sich scheiden und meine Mutter zog aus. Ich fühlte mich unglaublich schuldig und wollte es ihnen erklären, damit sie sich wieder vertrugen, aber sie stritten nur noch, wenn sie sich sahen. Meine Mutter besuchte mich ab und zu, aber an dem einen Tag kam sie nicht. Später erfuhr ich, dass sie einen Unfall hatte und auf dem Weg ins Krankenhaus starb. Die Polizei sagte uns, dass sie zu schnell unterwegs war. Mein Vater glaubte, dass sie wieder von Termin zu Termin gehetzt war und das Treffen verpassen würde und deswegen zu schnell war." "...Wenn das so ist, versteh ich nicht, dass du so rücksichtslos sein kannst und unangeschnallt bei Glatteis Auto fährst." "Wenn das ein Vorwurf sein soll..." "Das nicht, aber ich an deiner Stelle hätte mich nie in ein Auto gesetzt." "Ist ja auch egal... Auf jeden Fall stritt auch mein Vater nur noch mit mir, sodass ich mehr und mehr bei Karyu war. Er gab mir Halt und half mir auf die Beine, aber ich fühlte mich immer noch schuldig für das, was geschehen war. Und dann... Im Februar..." "Ja...?" "Es ist seltsam, dass die Veränderungen immer im Februar passieren, nicht?" "Wie?" "Na es war Februar, als ich dich beinahe umgefahren hätte." "Wirklich? Ist mir nicht aufgefallen." "...", ich stockte. Ich wollte gar nicht weiter erzählen, irgendwie. Ich wusste nicht wieso ich ihm das überhaupt schon alles erzählt hatte. Eigentlich war er doch immer gleichgültig. Sicher dachte er sich grade 'Wann is er endlich fertig!?' Vorsichtig blickte ich zu ihm und sah, dass er mich immer noch ansah. "Willst du nicht weiter erzählen?" "...Also... Februar, richtig... Mein Vater und ich trafen uns in der Stadt, ich wollte nicht zu Hause mit ihm reden, weil er dann nur wieder ausgerastet wäre." "Schlägt er dich dann?" "Nein, nein, aber er hört nicht zu und es würde keinen Sinn machen, ihm die Sache mit Karyu erklären zu wollen. Ich verabredete mich mit ihm in einem Café und Karyu kam ebenfalls mit. Er sollte ja auch wissen, wer meine Herzensflamme war. Doch sobald er auch nur die Location betrat und ihn sah, zog er sauer wieder ab. Ich ging ihm nach und wollte wissen, warum er ging. Er meinte, dass er dachte, wir würden uns allein treffen. Na ja... Ich lief ihm nach, an einer Ampel blieben wir stehen. Ich nutzte die Gelegenheit und sagte ihm, dass er mein Freund sei. Daraufhin ging er los, als die Ampel auf grün schaltete und ich blieb stehen, weil Karyu ja auch wartete...", wieder pausierte ich. "Und weiter?" "Er drehte sich auf der Hälfte um, als ich ihn zurück rief. Ich wollte mit ihm reden. Wollte, dass er versteht. Ich rief ihn. Doch er sah mich nur abschätzend an. >Du bist nicht mehr mein Sohn.<... Dann wendete er sich wieder ab und ging... Seitdem sah ich ihn nie wieder." "Ganz schön herzlos von ihm." "Deswegen wohn ich bei Karyu." "Jetzt klingt es auch logisch, dass du an der Ampel stehen geblieben bist. Ich würd sagen, du hast so etwas wie eine posttraumatische Belastungsstörung." "...Und wenn schon... Ich werd das nie wieder gut machen können... Es gibt keinen Weg zurück." "Ich denke, du hast das richtige getan. Du bist deinem Herzen gefolgt. Die Liebe ist das, was uns am Leben hält. Auch wenn es Opfer gekostet hat, du solltest dir keine Schuld mehr geben." "Das ist nett von dir." "Dennoch... Irgendwas sagt mir, dass du dich zu sehr von ihm abhängig machst und er dich betrügt." "Halt den Mund!!" Diesmal wurde ich wirklich laut. Ich wollte das nicht hören. Ich wollte es nicht. Dann sollte er mich doch betrügen! Solange ich nur bei ihm sein konnte. Solange ich nicht einsam war! "Ich weiß schon... Wenn du dich von ihm trennen würdest, könntest du es dir selbst nicht verzeihen, weil du so viel dafür gegeben hast..." "WAS weißt du denn schon!? Für dich bist doch nur du selbst wichtig!!" Und er sah mich an. Wissend, was ich meinte und durchdringend. Verdammt, das wollte ich nicht sagen...! Jetzt würde er mich sicher rauswerfen und nie wieder auch nur ein Wort mit mir wechseln. Wieso stand er denn jetzt auf?! Wo ging er hin? Wieso...? Ich lief ihm nach und dachte schon, er ging um mir die Haustür zu öffnen. Doch er ging ins Bad. Unsicher, was jetzt werden sollte, bewegte ich mich zurück ins Wohnzimmer und setzte mich wieder hin. Als ich meine Tasse nahm, blickte ich auf seinen Laptop. Erst jetzt viel mir auf, dass auf der Rückseite des Monitors ein Pricla klebte. War das seine Freundin?! Es sah aber nicht so aus, als würde hier irgendwo noch eine Frau leben. Seufzend nahm ich einen Schluck Tee. Ich wusste wirklich nichts über ihn. Ich hörte, wie die Tür zu gemacht wurde und blickte zu ihm, als er mit einem seltsamen Gerät in der Hand wieder in das Wohnzimmer kam. Jetzt musste ich mich entschuldigen, bevor es keine Gelegenheit mehr gab. "Tut mir leid, ich wollte nicht..." "Ich weiß genug." "Aber ich hätte nicht..." "Schon gut. Mach dir keine Gedanken. Und gib dir nicht an allem die Schuld." Er stellte sich hinter das Sofa und hantierte mit dem Gerät herum. "Was machst du?" "Ich zeig dir, wie das Messer funktioniert." "Huh?" "Geht aufs Haus. Entspann dich mal ein bisschen." Irgendwas war an ihm wirklich anders, als an allen anderen Menschen, die ich kannte. Wie schaffte er das? Wäre nicht jeder andere ausgerastet oder zumindest wütend geworden? Es war, als würde er dieses Gefühl einfach runter schlucken. Wie wohl auch alle anderen, wie ich ihn kannte. "Bist du mir nicht böse?", fragte ich dann leise. "Nope." "Du bist wirklich anders." "Ich weiß." Und ohne, dass ich es bemerkt hatte, fielen schon die ersten Haare zu Boden. Es dauerte gar nicht lang, bis er mit dem Abstufen fertig war. Kurz darauf verschwand er noch um die Schere zu holen, mit der er die Haare noch in eine ordentliche Form brachte. Wir sprachen für diese kurze Weile kein Wort mehr miteinander, aber es herrschte nicht diese angespannte Stimmung, wie ich sie sonst fühlte, wenn ich Streit mit anderen hatte. Es war schon fast etwas Beruhigendes in der Luft. In der ganzen Aufregung über die Rasierklingen fielen mir die vielen leeren Schachteln Schlaftabletten, die auch irgendwo im Bad verstreut lagen, gar nicht mehr auf. Erst einige Tage später erinnerte ich mich daran. Der liebliche Duft im Raum, der sich verteilt hatte, bereitete mir Wohlwollen und ich schloss die Augen. Wie er schon sagte, entspannen. Eine solche Ruhe fühlte ich bisher noch nie von jemandem ausgehen. Könnte dieser Moment doch für immer andauern......... 3. Kapitel -Ende- Ich konnte im Internet nicht finden, wie genau es in einer Apotheke in Japan aussieht, aber ganz interessant is das hier: http://www.clair.or.jp/tagengorev/de/f/03.html Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)