Stay (Faraway, So Close!) von Jessa_ ([Itachi/Sasuke- Centric]) ================================================================================ Kapitel 1: When I Look At The World ----------------------------------- Kapitel 1: When I Look At The World I can't see what you see When i look at the world Durch das Fenster an der Südwand des Gebäudes blickte der schwarzhaarige Student hinaus. Wie gerne würde er jetzt einfach nach Hause gehen, sich einen Tee machen und dann schlafen. Es war ein harter Tag gewesen. Erst die beiden Vorlesungen an der Uni, dann die Arbeit in der Kanzlei seines Vaters und nun dieser scheußliche Regen, der ihn davon abhielt nach Hause zu fahren. Warum war er nur heute nicht mit seinem Auto gekommen? Genau, er hatte ja unbedingt das neue Motorrad ausprobieren müssen. Als ob er das am Wochenende nicht schon lange genug getan hatte. Er war es selber Schuld, er wusste das, und gerade deswegen ärgerte es ihn umso mehr. „Warum lässt du das Ding nicht einfach hier stehen und rufst dir ein Taxi, Itachi?“, hörte er die Stimme der jungen Anwaltsgehilfin. „Es ist sein Baby, Konan. Das kann er doch nicht einfach hier stehen lassen. Also wirklich, was denkst du denn?!“ Das war der vorlaute Praktikant, der Itachi schon den ganzen Arbeitstag auf die Nerven ging. Er stützte die Arme auf dem Fensterbrett ab, starrte weiterhin hinaus, unterdrückte einen Seufzer, atmete stattdessen laut ein und versuchte den Jüngling zu ignorieren. An solchen Tagen sollten ihn solche Jugendliche nicht über den Weg laufen und wenn sie es taten, sollten sie ihn, verdammt noch mal, nicht ansprechen. Denn er war genervt. „Ey, ey, Itachi!“, hörte er erneut die unverkennbar anstrengende Stimme des Neunklässlers. „Dann kannst du mir ja doch noch dein Büro zeigen. Und hey, du kannst mir doch bestimmt bei diesem Text helfen. Der den ich ins Englische umwandeln soll. Weil, weißt du? Ich kann gar nicht so gut englisch…“ „Vergiss es“, schnitt ihm der Anwaltssohn das Wort ab. Itachi wandte sich vom Fenster und vom Praktikanten ab, verabschiedete sich mit einer Handbewegung von Konan, schritt durch den Flur, verschwand kurz in seinem Büro, schnappte seine Tasche und die schwarze Lederjacke, zog sie über, ging wieder in den Flur und dann hinaus aus dem Gebäude. Der kühle Oktoberregen prasselte auf ihn nieder, er eilte über den Bürgersteig in eine Gasse hinein und von dort aus in die Tiefgarage, wo sein nagelneues Baby im Trockenen stand. Die Yamaha Vmax 1700 Modell 2009 war für ihn das Beste, was der Motorradmarkt im Moment zu bieten hatte. Er zog sich den Helm über den Kopf, schloss seine Jacke, schlüpfte in die Motorradhandschuhe und stieg auf die Yamaha. Mit arg gedrosseltem Tempo fuhr Itachi durch die Tiefgarage, dann hinaus und durch das miese Wetter die Straße entlang. Er achtete auf den Verkehr, versucht den Regen aus seinem Gedächtnis zu verdrängen, all die Genervtheit über den Praktikanten verschwand wie im Fluge, als er auf seinem Motorrad saß. In der Innenstadt bog er in eine Seitenstraße ein und fuhr bis zum Ende, drosselte das Tempo noch weiter und stoppte auf der Einfahrt. Er stieg eilig ab, drückte auf den Schlüsselknopf, der per Funk die Garage öffnete und schob seine Yamaha hinein. Er stellte sie ab, ging hinaus, spürte wieder den Regen, der auf seine Motorradjacke prasselte, schloss, ebenfalls durch Funk, das Garagentor und sputete sich in den trockenen Hausflur zu kommen. Er wohnte seit einem Jahr nicht mehr bei seinen Eltern, nachdem er diese schicke Zweizimmerneubauwohnung in einem Vier-Parteien-Stadthaus angemietet hatte. Er ging die Treppe hinaus in den ersten Stock und öffnete seinen Wohnungstür, schaltete das Licht im Flur an, zog die Handschuhe von den Fingern, schlüpfte aus der triefenden Jacke, zog sich den feuchten Helm vom Kopf und schnürte die Schuhe auf. Er legte die Sachen an ihren Platz im Flur, verschwand im Badezimmer, ließ seine Kleidung achtlos auf den Boden fallen und stieg unter die Dusche. Warmes Wasser prasselte auf ihn herab, löste seine verspannten Muskeln, wärmte ihn ein auf und ließ allen Stress im Abfluss verschwinden. Er seifte sich ein, brauste sich ab, stieg aus der Dusche, rubbelte seinen Oberkörper, seine Beine und seine Haare ein wenig trocken, band sich das Baumwolltuch um die Hüfte, stellte sich vor den Spiegel, kämmte seine langen, schwarzen Haare und band sie noch feucht zu einem Zopf zusammen. Itachi nahm seine dreckige Kleidung, schmiss sie in den Wäschekorb und verließ das Bad. Er verschwand in seinem Schlafzimmer, zog sich eine Boxershorts aus dem Schrank, zog sie an, schmiss, im vorbeigehen am Badezimmer, das Handtuch in die Schmutzwäsche und ging in die Küche. Dort stellte er ein fertiges Pastagericht in den Ofen und setzte sich an den Glastisch. Manchmal vermisste er das gut, warme und immer frisch gekochte, fertige Essen seiner Mutter, das er und sein Vater jeden Tag bekommen hatten, wenn sie nach Hause kamen. Es war völlig anders eine eigene Wohnung zu haben, als sich von Mama und der alten Haushälterin hinterher putzen zu lassen. Dennoch hatte er sich vollkommen dagegen entschieden ein Hausmädchen oder eine Putzfrau kommen zu lassen, die seine Wohnung in Ordnung hielt, obwohl er das Geld dafür gehabt hätte. Das war einfach nicht sein Ding. Es war immer das seines Vaters gewesen. Itachi lehnte sich nach hinten an die Stuhllehne und wartete darauf, dass sein Essen warm wurde. Als es soweit war, holte er es hinaus, nahm sich Gabel und Messer und setzte sicher mit einem Glas Zitronenwasser wieder an den Tisch. Ruhig aß er die Hälfte seiner Nudel, nahm sich noch etwas von dem Getränk nach und schaltete den Radio in der Küche ein, ehe er weiteraß. In den Nachrichten wurden zunächst über Staus im Umkreis berichtet, dann über das Wetter und im Anschluss über den Neubau des städtischen Kindergartens um die Ecke, ehe sie das Lied eines Newcomers aus Belgien spielten. Itachi aß seinen letzten Bissen Nudel, trank aus seinem Glas, hörte das Lied zu Ende, schaltete dann das Radio aus und verschwand in sein Schlafzimmer. Er legte sich auf die weiche Matratze des geräumigen Doppelbettes, zog die Decke über seinen nackten Bauch, bis hin zum Brustkorb und schlief unter den Geräuschen des prasselnden Regens, hinter den verschlossenen Fenstern, ein. ~~ Am nächsten Morgen jedoch, als Itachi die dunkeln Augen öffnete, sah die Welt schon wieder ganz anders aus. Die Sonnenstrahlen kitzelten seine Nase, als er die Jalousie hochzog und plötzlich hatte er enorme Lust darauf, joggen zu gehen. Er schnappte sich seine Sportkleidung, verschwand im Bad, wusch sich, putze seine Zähne und zog sich an, ehe er, mit Musik in den Ohren, das Treppenhaus hinunter und dann die Straße entlang bis zum Stadtpark lief. Dort bog er nach einer Runde um den großen See im Wald ein. Mit den zufällig wechselnden Liedern und dem Laufen vergaß er alles, den Stress der letzten Tage, den morgigen Modeljob, seinen Vater und alles an was er sonst immer dachte. Der kühle Wind strich hauchzart über sein Gesicht, die Sonnenstrahlen, die durch das Dickicht der Bäume schien, lies seine helle Haut schimmern, der Boden unter seinen Füßen war die pure Natur und es fühlte sich gut an, ohne Gedanken im Kopf und federleicht, durch den Wald zu laufen. Itachi gab es immer ein Gefühl von Frieden. Hier war er allein, ohne andere Menschen, von denen er die meisten als lästig empfand. Eine kurze Strecke lag lief er ein wenig schneller, ehe er sein Tempo wieder drosselte und gemächlich weiterjoggte. Manchmal überkam es ihn, dann musste er laufen. Das war eine schlechte Angewohnheit, fand er, da ihn dieses Verlangen nicht nur beim Joggen kam, sondern auch in der Uni, in der Kanzlei seines Vaters oder bei Shootings. Dann war es, als würde irgendetwas in ihm sich selbst zwingen, wegzurennen, vor der Welt und all den Hintertüren, hinter denen irgendetwas lauerte. Itachi musste leise über sich selber schmunzeln. Er dachte wie ein Psychopath, aber dass war er nicht. Im Grunde war er ein ganz normaler Sohn aus reichem Hause, hatte eine gute Ausbildung, wohlhabende Bekannte, gute Freunde, eine schöne Mietwohnung, ein tolles Mofa, seine Gitarre und ein geniales Auto, eine liebende Mutter und einen hart arbeitenden Vater. Er hatte ein gutes Leben, dass würde er nicht bestreiten, aber dennoch glaubte er manchmal, er denke zu viel über die Welt nach. ~~ Das Shooting war einfach nur ermüdend gewesen. Er hatte sich schrecklich schmeichelhafte Kommentare über sein Aussehen anhören müssen, die Stylisten haben ihn seiner Meinung nach, viel zu sehr geschminkt und die Klamottenwahl war absolut daneben gewesen. In der Kabine hatte er die hässliche weiße Jeans, die braunen Slipper und das rosa Hemd gegen seine dunkeln Kleidungsstücke getaucht, hatte das ekelhafte Make-up aus seinem Gesicht entfernt und war der festen Überzeugung einen starken Kaffee zu brauchen. Dieses Mal hatte Itachi daran gedacht, mit seinem Auto und nicht mit dem neuen Motorrad zu kommen. Es schüttete nämlich wieder wie aus Eimern, als er hinaus auf die Straße trat und zu seinem Auto eilte um in die Innenstadt zu fahren, wo er parkte und dann in einem kleinen Cafe in der Galerie verschwand. Das Cafe hatte Holzbänke mit lila und grün gemusterten Stoffen und Stühlen aus demselben Material. Itachi setzte sich an einen kleinen Tisch am Fenster, direkt neben der Heizung. Er hängte seinen Mantel über den anderen Stuhl, stellte die Umhängetasche darauf ab, lehnte sich zurück. Aus seiner Hosentasche holte er ein Päckchen Zigaretten, zog eine hinaus und zündete sie an. Er bestellte einen Kaffee, dazu ein Croissant und einen O-Saft, wie jedes Mal, wenn er hierher kam und dies war nun mal ziemlich häufig der Fall. Itachi wartete, mit Zigarette in der Hand, auf seine Bestellung. Während er das tat, schaute er durch die offene Front des Cafes hinaus, wodurch er freien Blick auf den Schmuckladen der Galerie hatte. Hätte er nicht jetzt hingesehen, wäre er spätestens darauf aufmerksam geworden, als er die laute Stimme des Verkäufers hörte. „Raus hier, Bengel! Schau dich an! Mit deinen dreckigen Klamotten verscheust du mir die Kundschaft!“ Gut, der ältere Mann hatte Recht, musste Itachi zugeben, als er seine Bestellung bekam. Er nahm einen Schluck vom Orangensaft und musterte den Jungen von oben bis unten. Seine blaue Jeanshose war löchrig und am Beinende abgetreten, die dunklen Chucks waren ausgelatscht und kaputt. Der Junge trug nur einen, ebenfalls löchrigen und dunklen, Kaputzenpullover, keine Jacke, die ihn wärmen konnte. Ein ausgefranster, abgetragener, nicht besonders dicker Schal war fest um seinen Hals gebunden, einen alten, kaputten Rucksack trug der Jugendliche bei sich. Seine schwarzen Haare waren fettig, zerstrubbelt und nass, genauso wie seine dreckige Kleidung vom Regen getränkt war. „Ich tu hier doch niemandem etwas. Schicken sie mich nicht raus“, hörte Itachi den Jungen, durch all das Gewimmel der Menschen, bitten. „Ich diskutiere doch nicht mit Straßenkötern! Wenn du jetzt nicht auf der Stelle verschwindest, rufe ich die Polizei.“ „Aber…“, setzte der Teenager wieder an. Itachi schätze ihn für höchstens sechzehn. Wenn er nicht sogar noch jünger war. „Nichts Aber! Raus hier und das Pronto!", wurde er zum wiederholten Mal von dem Juwelier unterbrochen. Der Junge schaute auf den Boden und entfernte sich einige Schritte rückwärts von dem grauhaarigen, älteren Mann. Nach kurzer Zeit jedoch, in welcher, der Schwarzhaarige immer noch dort stand, bellte der stämmige Mann ihn an: „Was fällt dir ein mich zu beleidigen?! Das muss ich mir doch nicht von einem dahergelaufenen, dreckigen Rotzlöffel anhören lassen!" Der Teenager musste wohl einige Beleidigung gegen den Juwelier abgelassen haben, dachte Itachi, welcher einen Schluck von seinem Kaffee nahm. Mittlerweile gestikulierte der Mann heftig mit seinen Händen, was Itachi dazu brachte, den Kopf zu schütteln. Menschen waren so einfältig. Es würde nichts sonderlich stören, wenn ein Junge in einer Shopping-Galerie saß, weil er draußen bis auf die Unterhosen nass werden würde. Aber so waren die Leute auf dieser Erde nun mal. Sie lebten nicht für den Moment, taten oftmals nichts Gutes und manchmal existierten sie nur noch, gingen arbeiten, aßen, schlafen, duschten, manchmal erwischte Itachi sich dabei, selbst so zu werden. Den Jugendlichen in sich zu vergessen, der er einmal gewesen war. Itachi schüttelte erneut den Kopf, trank noch einmal von seinem Saft, legte einen Zwanziger auf den Tisch, nahm seinen Mantel und die Umhängetasche, verließ das Cafe und stellte sich seitlich hinter den schmutzigen Teenager. „Dürfte ich fragen, was hier vor sich geht?“ Der Juwelier antwortete nun in einem viel freundlicheren Ton als vorhin mit dem Jugendlichen: „Natürlich, dieser Junge stört meine Kunden. Ich bat ihn freundlichst hinaus zu gehen und er beleidigte mich". „Von wegen Freundlich", machte der Teenager und funkelte den alten Juwelier wütend an. Dennoch verlor sein Gesicht nicht diese Hilflosigkeit. Und auch die Angst draußen in diesem Regen sein zu müssen verschwand nicht. „Ich bitte sie“, wandte sich der Verkäufer wieder an Itachi. „Wem glauben sie mehr? Mir oder einem daher gelaufenem Straßenbengel.“ Itachi schüttelte sachte den Kopf und meinte abwinkend: „Ich kümmere mich darum. Gehen sie einfach zurück in ihr Geschäft.“ Er legte die Hand auf die Schulter des Jungen, welcher sich dieser aber sofort entzog und zurückwich. Der Juwelier wagte noch einen unsicheren Blick auf die beiden Schwarzhaarigen, ehe er wirklich in seinem Geschäft verschwand und Itachi die Situation überlies. „Komm mit“, sagte Itachi schlichte und drehte sich um. Er wusste, dass er Jugendliche ihm folgte. Itachi ging zum Ausgang, blieb aber unter der schmalen Überdachung stehen, dort zog er seinen Mantel an und blickte dann auf den Jugendlichen, der nun seitlich neben ihm stand. Der Jüngere lies die Hände in seinen Hosentaschen verschwinden, rückte mit dem Kinn den Schall zurecht und verzog das Gesicht. Ihm war wohl kalt, dachte Itachi. Aber ob es das war, was ihn dazu bewegt hatte, diesem Jungen diesen Vorschlag zu machen, wusste er nicht. „Es regnet“, stellte er fest. „Willst du nicht bei mir einen Kaffee trinken?“ „Nein“, sagte der Junge abweisend. Er schüttelte den Kopf, aber in seinen Gesichtszügen lag zweifelsohne etwas Hilfloses. „Nun. Warum nicht?“, wollte Itachi wissen. Er wollte es wirklich wissen. Es war keine sinnlose Fragerei. Er war interessiert. Die Schattenseiten des Lebens, die dieser Welt hatten schon immer einen großen Reiz auf ihn ausgeübt. Schon immer war er sehr neugierig danach gewesen, wie es auf der Straße und im Untergrund, in den Gassen und im Dunklen aussah. Aber er war davon überzeugt, dass er nicht das sah, was dieses Kind gesehen hatte und immer noch sah, wenn er die Welt anschaute. „Darum nicht“, gab der Jugendliche von sich, wollte patzig klingen, aber wieder zeigte es Itachi nur, wie hilflos dieser junge Kerl war. „Schau. Warte kurz“, sagte er dann, schnappte sich aus seiner dunkeln Umhängetasche einen Block und einen Stift, schrieb seinen Namen, die Adresse und die Telefonnummer auf, langte dann in seine Hosentasche, zog sein Portmonee heraus, nahm einen Zehneuroschein und drückte es dem Jungen, zusammen mit dem Zettel, in die Hand. „Ruf mich ruhig an“, bot Itachi an, wandte sich dann erneut ab und ließ den Jugendlichen unter der Überdachung stehen. Er konnte und wollte seine Hilfe nicht aufdrängen. Aber einfach nichts tun – dass hatte er auch nicht gekonnt. to be continued... by Jessa_ Kapitel 2: Dirty Day -------------------- Kapitel 2: Dirty Day Dragging me down - that's not the way it used to be You can't even remember what I'm trying to forget It was a dirty day - a dirty day Sasuke ging durch die Straßen. Er froh erbärmlich in seine viel zu dünner Pullover, seiner löchrigen Jeans und den abgewetzten Chucks. Es war spät. Nachts. Und er fühlte er sich einsam. Einsam und elend. Die Wege wurden nur spärlich von Straßenlaternen erleuchtet. Sasuke wusste nicht, wo er hin sollte. Seine nassen Haare klebten auf seiner Stirn und eine Gänsehaut überzog seinen mittlerweile mageren Körper. Schon so lange lebte er auf der Straße, weil es keinen anderen Weg gegeben hatte. Keinen Ort, an den er hin gekonnt hatte. Sasuke zog sich die Kapuze zu Recht, doch es brachte nichts. Durch den immer neu fallenden Regen war die Kapuze auch schon bald durchnässt und bot ihm keinen Schutz mehr vor dem prasselnden Nass. Sasuke musste niesen. Er zog den feuchten Schal enger um seinen Hals und lies seine Hände in die Hosentaschen gleiten. Ihm war schrecklich kalt und er wollte nur noch schlafen. Sich irgendwo hinlegen und die Augen schließen, aber er konnte sich nicht einfach irgendwo hinlegen. Auf ihn wartete kein warmes Bett mit kuscheliger Decke. Hier auf den Straßen gab es so was nicht. Er musste sich ein trockenes Plätzchen suchen, doch dies war bei diesem Wetter nicht einfach. Sasuke ging an Bürohäusern vorbei, an geschlossenen Läden und teuren Restaurants, die er kaum anzusehen wagte. Als er noch ein Stück weiterging sah er die Eisenbahnbrücke und setzte sich eng an die kalte Steinmauer dort drunter. Dort legte er seinen dunkeln, alten Rucksack auf seinen Schoß. Er hatte nicht viel bei sich. Ein schwarzes T-Shirt und eine Boxershort zum wechseln, ein altes Brötchen von gestern und für die die kleine Wasserflasche hatte er die letzten fünfundfünfzig Cent des Scheines ausgegeben, den ihm dieser Mann in die Hand gedrückt hatte. Dann war da die Kette, die seinem leiblichen Vater gehört hatte, bevor er gestorben war und der kleine Zettel mit Itachis Anschrift und seiner Telefonnummer. Als er den Rucksack öffnete, überkamen ihn, beim Anblick auf die Kette mit dem kaputten Verschluss schmerzliche Gedanken an seinen geliebten, schon viel zu lange verstorbenen Vater, die er versuchte zu verdrängen und holte das mittlerweile hart gewordene Brötchen heraus. Er hatte schon seit gestern nichts mehr gegessen und da war es auch nur schon ein halbes Brötchen gewesen. Mit den zehn Euro von Itachi war er über eine ganze Woche ausgekommen und musste nicht betteln, aber er hatte sich auch nur das nötigste gekauft. Ein bisschen Brot, etwas zu Trinken, die Brötchen, zwei fast verdorbene und somit sehr tief runtergesetzte Äpfel, eine Banane, eine neue Zahnbürste und billige Zahnpasta. Er knabberte an seinem spärlichen Abendessen herum und zog die Knie an, während er seinen Rucksack neben sich legte. Den Arm, mit dem er das Brötchen nicht hielt, legte er um seine Knie. Ihm war so kalt. Die vergangenen Nächte waren immer ein wenig wärmer gewesen. Doch nun spürte man auch an der Witterung, dass es auf den Winter zuging. Es war das erste Mal in diesem Jahr, das es schneite. Sasuke wusste nicht, wie er diese Nacht aushalten sollte. Ihm war einfach viel zu kalt. Er konnte kaum noch an was anderes denken. Er wünschte sich einfach nur ein warmes Bett zu haben, sich richtig waschen zu können. Sasuke fühlte sich so dreckig. Er hatte sich schließlich schon seit fast zwei Monaten nicht mehr duschen können. Hatte sich in öffentlichen Toiletten notdürftig säubern müssen. Es hatte natürlich nicht lange gedauert, bis Sasuke das trockene Brötchen aufgegessen hatte. Er umschloss nun auch mit dem zweiten Arm seine Knie und lehnte den Kopf dann darauf ab, in der Hoffnung so vielleicht ein wenig schlafen zu können. Sasuke hatte eine Decke mitgehabt, als er von zu Hause abgehauen war, aber in dieser Decke waren schon in der zweiten Nacht Flöhe gewesen, die ihn gepiesackt hatten und so musste er sie notgedrungen wegschmeißen. Weil er auch nach einiger Zeit noch nichts einschlafen konnte, nahm er die Kette aus seinem Rucksack und schaute sie an. Es war ein dünnes silbriges Bändchen mit einem ebenfalls silbernen Kleeblatt daran. Sie hatte seinem Vater immer viel bedeutet und die, mittlerweile auch verstorbene, Großmutter hatte gewollt, dass er sie bekam. Wenn er die Kette in der Hand hielt, konnte er manchmal besser einschlafen. Er fühlte dann seinen Vater, auch wenn er sich dabei lächerlich vorkam. Er war ein Junge. Er hatte taff zu sein und stark. Aber er wollte nicht mit diesen anderen Straßenkindern rumsitzten und Alkohol trinken, Drogen nehmen. Sasuke hatte es einfach nur nicht mehr Zuhause aufgehalten können, dass hätte wahrscheinlich niemand. Als Sasuke am nächsten Morgen wach wurde, klingelten die Schulglocken neben dem Park und Grundschulkinder stürmten in die Pause. Von seinem Platz unter der Brücke, sah Sasuke wie die Kinder rumtobten und in kleinen Grüppchen zusammenstanden. Auch er war auf diese Schule gegangen. Sein Vater hatte ihn fast jeden Morgen hingebracht, bevor er zur Arbeit in die Uni gefahren war. Sasukes Vater war Professor und ein verdammt intelligenter Mann gewesen, aber viel mehr war er der netteste Mensch, den Sasuke je gekannt hatte. Er hatte seinen Vater über alles geliebt. Sasuke stand auf, schulterte seinen Rucksack und ging langsam wieder mehr ins Stadtinnere. Er musste heute wieder betteln gehen. Ihm blieb gar nichts anderes übrig. Doch blieb ihm wohl. Er könnte Itachi anrufen, aber das wollte er nicht. Er würde nie wieder jemandem vertrauen können. Vor allem keinen Mann. Er würde nicht dorthin gehen und um Hilfe bitten. In dieser Welt war nichts umsonst. In den Einkaufsstraßen angekommen, setzte er sich an eine Hauswand und stellte einen kleinen Pappbecher, den er unterwegs aus dem Mülleimer gezogen hatte, vor sich. Er blieb stumm und senkte seinen Blick auf die Straße vor ihm. Er sah Schuhe an sich vorbeiziehen. Dunkle Herrenschuhe, bunte Stiefel, klobige Turnschuhe, gemusterte Chucks, dicke Boots. Alle möglichen Schuhe, aber für die Gesichter der Menschen in diesen Schuhen interessierte er sich nicht. Es war Sasuke schrecklich peinlich hier zu sitzen und zu betteln. Nur damit er sich ein Brötchen leisten konnte. Wie erbärmlich er war. Sasuke zog die Beine näher an sich und sah aus dem Augenwinkel, wie ein Zweieurostück in seinem Pappbecher landete. Er blickte auf und sah in das mitleidige Gesicht einer alten Dame. Sie war in einen dicken Wintermantel gehüllt und trug dicke Stiefel. „Vielen Dank“, sagte Sasuke leise und sie beugte sich ein Stück hinunter, nur so weit sie konnte, und fragte nach: „Was hast du gesagt?“ „Vielen Dank!“, wiederholte Sasuke nun lauter. Es kam nicht oft vor, dass Leute ihm zwei Euro gaben. Vielleicht mal ein 50 Cent Stück, aber meistens waren es nur kleine Münzen, außer bei diesem Itachi.... „Möchtest du einen warmen Kakao trinken?“, bot die alte Frau ihm an und zeigte auf das kleine Cafe, neben dem Haus an dessen Wand er saß. Sasuke linste hinein und augenblicklich schämte er sich. Er wollte nicht, dass die alte Frau ihn dort hinein bat und ihm etwas Warmes Zutrinken kaufte, denn dann müsste er sich in dieses schicke Cafe setzten. Doch wie sollte er ihr das sagen, ohne unhöflich zu klingen? „Es ist mir peinlich“, fing er leise an und sagte dann: „.Tut mir Leid.“ „Was ist dir peinlich?“, hakte die alte Frau freundlich nach. „In solch einem Cafe zu sitzen.“ Die Grauhaarige machte ein trauriges Gesicht und schien nachzudenken. Sie lies ihren Blick zu dem Cafe gleiten und dann wieder zu Sasuke. „Warte bitte hier.“ Sie wandte sich ab, verschwand in dem Cafe und kam nach einigen Minuten wieder hinaus. Sie ging zu ihm, wobei ihr dunkelroter Wollschal auf ihrer üppigen Oberweite immer wieder hoch und runter wippte. Als sie vor ihm stand, erhob Sasuke sich ein wenig, so dass die alte Dame ihm den Kakao im Pappbecher geben konnte. Sasuke bedankte sich erneut und wärmte seine kalten Finger an dem warmen Becher. Die alte Dame wandte sich wieder ab und verabschiedete sich nett von Sasuke. „Schönen Tag noch!“, sagte Sasuke laut, damit sie es auch verstand. Er sah noch, wie sie ihn kurz anlächelte und blickte dann wieder auf den Boden. Er hatte den warmen Pappbecher in der Hand. Diese Frau war eine der wenigen Leute die ihm wirklich etwas Gutes tun wollten und das wusste Sasuke wirklich zu schätzen. Er wusste es auch bei Itachi zu schätzen, aber er konnte dessen Hilfe einfach nicht annehmen. Zu groß war die Angst. Er führte das heiße Getränk zu seinem Mund, pustete kurz etwas gegen die Flüssigkeit und trank dann einen kleinen Schluck. Er hatte bestimmt seit mehr als zwei Wochen nichts Warmes mehr getrunken, weswegen der Kakao ihm noch mal viel besser schmeckte, als er es in Erinnerung hatte. Vielleicht weil er sogar schon ein billiges, warmes Getränk so schätzen gelernt hatte. Sasuke lehnte seinen Kopf gegen die Hauswand und zuckte leicht zusammen, als der kalte Stein seine Ohrspitzen berührte. Er merkte wie es wieder anfing zu nieseln. Sasuke zog sich seine Kapuze über den Kopf und trank seinen Kakao etwas schneller, hielt, während er nicht trank, seine Hand über den warmen Pappbecher, sodass der Regen sich nicht mit seinem Kakao vermischte. Es war toll wie der warme Dampf seine kalten Finger aufwärmte. Sasuke drückte sich enger an die Hauswand, ehe der Regen stärker wurde und er sich gezwungen sah aufzustehen. Er blickte in den mittlerweile durchweichten Pappbecher mit dem nun im Regenwasser schwimmenden Kleingeld. Es war nicht viel, aber eine Kleinigkeit zu essen oder zu trinken würde er sich bestimmt kaufen können. Sasuke ging die Straße entlang, bis er zu dem ersten Supermarkt kam. Er nahm zwei Brötchen aus der Brottheke, eine kleine Flasche Wasser und einen Apfel und ging damit zur Kasse. Er sah, wie die Kassiererin ihn misstraurig musterte. Sasuke, wusste, dass sie ihn abartig fand, denn das war er auch. Abartig, weil er ich nicht waschen konnte und verdammt erbärmlich, weil er betteln musste. Nachdem er mit dem Zweieurostück bezahlt hatte, ging er so eilig wie möglich hinaus. Es war ihm schrecklich peinlich, doch er war auch ein wenig erleichtert. Wenigstens hatte Sasuke noch etwas über einen Euro um sich morgen noch etwas Kleines kaufen zu können. Sasuke eilte die Straßen entlang und hielt Ausschau nach einem trockenen Plätzchen, wo er sich etwas hinsetzten könnte. Er fand ein Geschäft mit Überdachung über dem Bürgersteig und setzte sich dort ein wenig Abseits hin, sodass er die anderen Menschen in ihrem Weihnachtseinkauf nicht belästigte. Sasuke packte sein Brötchen aus dem Rucksack und aß es langsam. Er wünschte sich etwas Warmes zu essen. Als er noch zuhause gelebt hatte, hatte seine Mutter auch nie für ihn gekocht. Vor dem Tod seines Vaters schon. Da hatte sie gemusst, denn sie wollte natürlich eine gute Frau sein. Sasukes Vater hatte Geld gehabt, er war als Professor ein angesehener Mensch und somit natürlich eine gute Partie gewesen. Da hatte sich seine Mutter natürlich Mühe gegeben. Doch nach dem Tod von Sasukes Vater hatte sie sich immer weniger um ihr einziges Kind gekümmert. Zunächst hatte sie ihm nicht mehr bei den Hausaufgaben geholfen, sich nicht mehr dafür interessiert, wann er ins Bett ging, später dann war es ihr egal, wo er sich herumtrieb und sie hatte dann auch nicht mehr für ihn gekocht. Sasuke war ihr schlichtweg egal geworden. Selbst dann als ihre bester Freund ihn angrapschte, hatte sie nur zugesehen und er war sich sicher, dass sie auch wusste, dass er mehr mit ihrem Sohn tat, als nur grapschen. ~~ Es waren fast über zwei Wochen vergangen und Itachi hatte nichts von diesem Jungen gehört. Er glaubte nicht mehr daran, dass er sich melden würde. Vielleicht hatte er den Zettel auch einfach nur in den nächsten Mülleimer geschmissen und sich von dem Geld Alkohol gekauft, aber dann schüttelte Itachi den Kopf. Das glaubte er nicht von diesem Jungen. Nicht, weil er bestimmt noch fast ein Kind war, sondern weil er nicht so gewirkt hatte. Er hatte hilflos gewirkt und unsicher, seine Augen hatten um Hilfe geschrieen. Und nicht nach der nächsten Dröhnung. Heute war eigentlich ein recht normaler Tag. Ein Tag, an dem er mal kein Shooting hatte, nicht in die Uni oder in die Kanzlei musste. Ein Tag an dem er entspannen konnte und Zeit hatte, seinen besten Kumpel Kakashi zu besuchen. Kakashi war einunddreißig Jahre alt und arbeitete in einer Realschule der Stadt. Er war mit dem siebenundzwanzigjährigen Kollegen Iruka Umino liiert und lebte auch mit ihm zusammen. Manchmal beneidete Itachi die beiden um ihr Zusammenleben. Sie waren so friedlich miteinander und liebten sich. Er hatte schon seit Gott-weiß-wann keine Beziehung mehr gehabt, aber wenn er ehrlich war hatte er auch gar keine Zeit dafür. Er musste sich um seine Karriere kümmern. Dennoch, wenn er sich verlieben würde, wäre es so, doch dafür konnten seine Arbeit und die Uni nicht zurückstecken. Er tat es ja nicht fürs Geld, davon hatte er genug, er konnte sich nur einfach nicht vorstellen, nicht mehr arbeiten, sondern nur zur Uni zu gehen. Das wäre irgendwie falsch. Ihm käme es falsch vor. Als Itachi dann vor Kakashis Haustüre ankam, öffnete Iruka diese. Ja, sie hatten ein kleines Haus gekauft, welches direkt neben einem Park lag. Perfekt für die hübsche, freilaufende Burmakatze Kiki, welche draußen so gerne rumtollte, vor allem im anliegenden, kleinen Garten. „Hallo, Itachi. Komm nur rein. Kakashi ist auch schon zu Haus. Er hatte sogar kaum Verspätung“, sagte Iruka höflich, aber mit einem Zwinkern. Er hielt die Tür auf und lies Itachi eintreten. Gemeinsam gingen sie in die Stube, wo Kakashi auf dem Sofa saß und im Tv-Progamm rumschaltete, während sein berühmtes Icha Icha Buch neben im auf dem Stoff lag. Iruka und Itachi setzten sich zu ihm, Kakashi machte den Fernseher aus und lehnte sich ein bisschen zurück, während er einen Arm um seinen Freund Iruka legte. Sie schwiegen einige Zeit, weil niemand etwas zu sagen wusste und niemand die beruhigende Stille stören wollte, ehe Kakashi dann doch das Wort erhob: „Du bis so in Gedanken, Itachi. Was ist los?“ „Nichts“, sagte dieser erst kalt, mehr aus Gewohnheit, als dass er es wollte, erklärte jedoch dann leise: „Es ist nun… es ist dieser Junge.“ „Dieser Junge?“, fragte Kakashi nach und Itachi fuhr fort: „Ich habe ihn vor zwei Wochen kennen gelernt. Ich weiß weder seinen Namen, noch wie alt er ist, ich weiß nur, dass er auf der Straße lebt.“ „Und weiter?“, hakte Kakashi nach. „Ich hatte… es ist lächerlich, aber ich hatte so ein starkes Bedürfnis diesem Kind zu helfen. Ich gab ihm ein bisschen Geld und meine Telefonnummer, die Adresse.“ „Aber er hat sich noch nicht gemeldet?“, riet Kakashi und der Schwarzhaarige nickte, während Iruka aufstand um seinen Freund und dessen besten Kumpel in Ruhe reden zu lassen. Er hatte sowieso Durst, dann konnte er auch für die anderen beiden ein paar Getränke mixen. „Ich glaube nicht, dass er sich noch meldet“, gab Itachi zu. Er blickte auf den Tisch, schabte mit seinem rechten Fuß auf dem Laminat herum, linste an die Wand und sprach weiter: „Vielleicht ist er auch schon erfroren.“ „Red keine Scheiße, Itachi“, gab Kakashi von sich. Nicht weil er überzeugt war, sondern weil er den Jüngeren beruhigen wollte. Warum ging das Itachi so zu Herzen? Der war doch sonst nicht so… sentimental oder redete großartig mit ihm über seine Gefühle. „Vielleicht hat er ja schon mal angerufen und du warst einfach nicht zu Hause“, versuchte Kakashi den Schwarzhaarigen aufzumuntern, als er dessen nachdenklichen Blick sah. „Ja, vielleicht hast du Recht“, murmelte der dann, schaute auf seinen Schoß und stand dann auf. „Dann… ich geh mal lieber nach Hause, man sieht sich Kakashi.“ Er hob eine Hand zu Abschied und verschwand dann. Vielleicht rief Sasuke ja wirklich an… vielleicht… Nein, sagte er sich dann, als er in ein Auto stieg. Sasuke würde nicht anrufen, sonst hätte er es schon längst getan. to be continued... by Jessa Kapitel 3: Kite --------------- Kapitel 3: Kite I'm a man, I'm not a child A man who sees The shadow behind your eyes Die Wahrheit war, wenn du ein Teenager bist und die meiste Zeit unnötig frustriert, ist es einfach Nirvana zu mögen. Später machte das alles Sinn. Jedenfalls dann, wenn du dich vorher nicht selber getötet hast. Itachi hatte sich nicht selbst getötet, bevor er erwachsen geworden war. Bevor er seinen endgültigen Platz im Leben gefunden hatte und nun ein finanziell sicheres und auch recht glückliches Leben zu führen vermochte. Knapp sechs Jahre nach dem Suizid-Tod des Sängers Cobain, genau zu Jahrhundertwende konnte Itachi von sich behaupten, in Ordnung zu sein. Itachi war zweiundzwanzig, Musikstudent, Raucher, einziger Erbe der Uchiha-Familie, Model und Ire. Sein bisheriges Leben verlief in geregelten Bahnen er war ein Glückskind, ein schwieriger Jugendlicher und nun war er ein verantwortungsvoller, selbstbewusster, junger Mann. Und heute wusste er, dass Nirvana und Kurt und Smells like teen spirit nicht der Schlüssel zu allem waren. Ihn hatten sie retten können, weil er eben unnötig unzufrieden gewesen war, frustriert, weil es ihm in den Kram gepasst hatte, nicht weil es nötig gewesen war, denn was er gebraucht hatte, hatte er bekommen. Von seinem Vater, der schon immer gutes Geld verdient hatte. Aber Sasuke hatte nicht von Nirvana gerettet werden können, weil sie eben nicht jeden retten konnten. Sie waren eben doch nur eine Band und machten Musik, wie jeder andere Musik machte, der eben Musik machte. Und er selber konnte den Jungen anscheinend auch nicht retten. Als er am Abend von Kakashi heim gekommen war, hatte er wirklich gehofft, Sasuke würde auf ihn warten oder er hätte vielleicht angerufen und eine Nachricht hinterlassen. Er hatte es wirklich gehofft, obwohl es sich da ja gar nicht um sein Leben ging. Das war nur das Leben eines Kindes, das er nicht kannte. Aber… es berührte ihn. Es berührte ihn selbst dann noch, als er eingeölt und vollkommen genervt von diesem Strandmodenshooting vor der Kamera stand. Wer machte bitte jetzt schon Werbung für die Bikinis und Badeshorts des nächsten Sommers? Das war doch verrückt, aber es brachte gutes Geld und sein Cousin Shisui hatte nur von den Fotografen und Stilisten geschwärmt. Ja, dachte Itachi dann, war klar. Shisui stand eben auf eingeölte Kerle genauso wie auf halbnackte Weiber. Der Kerl stand einfach auf alles, was nicht bei Drei auf den Bäumen war. Aber selbst darüber konnte sich der junge Uchiha nicht aufregen. Seine Gedanken waren immer nur bei dem Jungen von der Straße. Er wusste, verdammt noch mal, nicht mal dessen Namen. Er konnte nichts tun, um ihm zu helfen und während er hier stand, eingeölt und so leichtes Geld verdiente, musste dieses halbe Kind, dass er auch nach einigen Überlegungen nicht älter als sechzehn schätze, auf der Straße frieren, wahrscheinlich hungern und was nicht alles. Das Leben war nicht fair und an diesem Kind sah man auch, dass sich Irland und vor allem manche Ecken Dublins Straßen nicht von ihrer schönsten Seite zeigten. Touristen und Werbemache sprachen immer nur von dem Gold der grünen Insel, dem Land wo Milch und Honig fließt, von den magischen Orten, der wundervollen Musik, von Irland, den ständigen Gewinnern des Grand Prix. Aber sie erzählten nicht, was sich in den berüchtigten Gassen, der heruntergekommenen James Street Gegend oder anderen ähnlich verkorksten Plätzen der wundervollen, grünen Insel abspielte, weil sie es nicht wussten, weil selbst Itachi da nicht ganz klar sah. Da waren ein Haufen junger schwangerer Mädchen, Autodiebstähle, Drogendealerei, Prostitution, Kids, die wie dieser Junge auf der Straße lebten. Auch in Irland gab es Alkoholabhängige, auch hier war nicht alles Friede, selbst wenn die Touristen, die Einwanderer und die nie dort gewesenen Anhänger der Insel das glaubten. Im Grunde hatte Itachi, wie er es auch an jedem anderen Ort der Welt gehabt hätte, einfach nur das Glück, in eine Familie geboren zu sein, die Sorge trug und genügend Geld besessen hatte um das Bild einer perfekten Familie zu geben. Er hätte einfach nur, durch eine schicksalhafte Wendung, durch eine Spielerei Gottes, in ein Drecksloch fallen können. Das konnte jedem passieren, auch hier in Irland. ~~ Sasuke saß in der Gasse. Einsam, verlassen und blutend. An den intimsten Stellend blutend, weil er diesen Kerl, den besten Freund seiner verdammten Mutter, wieder getroffen hatte, der ihn erneut – dieses Mal aber auf dem dreckigen Asphalt dieses Hinterhofgasse – genommen und einfach liegen gelassen hatte. Dies war ihm auf der Straße bisher zweimal passiert, dass er diesen Kerl wieder getroffen hatte. Das erste Mal war gewesen, kurz nachdem er abgehauen und noch viel zu naiv und unwissend gewesen war um vorsichtig genug zu sein. Heute war er es wieder gewesen. Vor Hunger, weil er schon seit mehr als einer Woche nichts mehr in den Magen bekommen hatte, außer ein dreckiges, halbes Sandwich aus der Mülltonne neben dem Supermarkt, das er nur kurze Zeit später wieder ausgekotzt hatte. Bei diesem Dreckswetter wagte sich ja kaum mehr jemand auf die Straßen und so bekam er kein Geld zusammen. Schon seit zwei Tagen presste er unerbittlich die Zahnpasta aus der Tube und versuchte, weil er keine Flasche hatte, mit den Händen Regenwasser aufzufangen um wenigstens etwas zu Trinken zu bekommen. Alle öffentlichen Toiletten waren schließlich abgeschlossen um Penner wie ihn von dort fern zu halten und zu verhindern, dass sie sich in der Nacht dort zu schlafen nieder legten. Sasuke weinte nicht, er biss die Zähne vor Schmerzen zusammen und wünschte sich seinen Vater und den kleinen Stoffdrachen, den er damals von ihm bekommen hatte zurück. Wenigstens das hätte er jetzt gerne gehabt. Arme, die ihm umschlangen und ein Kuscheltier, seinen Kuscheldrachen, den er an sich drücken konnte. Aber sein Vater war tot, schon viel zu lange und den Stoffdrachen hatte der beste Freund seiner Mutter, sein Peiniger verbrannt. Widerstrebend und mit höllischen Schmerzen an seinem Anus stand er auf, zog sich die alte, und nun mit noch mehr Dreck und Löchern verunstaltete, Jeanshose zurecht und ging einige Schritte, ehe er sich an der rauen Hauswand festhalten musste, da seine Knie drohten nachzugeben. Nach wenigen Minuten, einem elendig knurrendem Laut seines Magens versuchte sich der Jugendliche noch einmal mit dem Gehen, wobei seine Beine nicht mehr den Dienst versagen wollten er aber genau spürte, wie das Blut durch seinen viel zu sehr gedehnten Muskelring lief. Er hoffte, dass es keine bleibenden Schäden hinterließ, denn einen Arztbesuch konnte er sich beim besten Willen nicht leisten, geschweige denn einen Krankenhausaufenthalt. Er wusste ja noch nicht einmal wo er die Nacht verbringen sollte um wenigstens geschützt zu sein vor diesem schrecklichen Schneeregen zu sein, der nun schon seit Tagen, nur mit winzigen Unterbrechungen, die Leute zum Seufzen brachte. Und wo er sich waschen konnte um den Dreck von dem besten Freund seiner Mutter, seinem Peiniger fortspülen zu können wusste er auch nicht. Leise schniefend und leicht zitternd vor Kälte und Schmerzen kämpfte er sich aus der Gasse hinaus und dachte an den jungen Kerl, der ihm den Zehner und den Zettel mit der Adresse da gelassen hatte. Vielleicht stand dessen Angebot nach knapp einem Monat ja noch und Sasuke könnte statt einem heißen Kaffee eine reinigende Dusche bekommen. Ein Versuch… war es wert. ~~ Als Itachi nach Hause kam, stockte ihm entsetzt der Atem. Vor den Treppenstufen des Hauses in dem seine Wohnung lag, saß der Junge von damals. Ein wenig durch die Abdeckung geschützt, hatte er die Augen geschlossen, aber das Gesicht schmerzverzehrt. Seine Jeans war kaum mehr blau, sondern gräulich dreckig und die Jacke schien durchnässt und klamm zu sein, die Chucks waren noch kaputter, als beim ersten Zusammentreffen, die Haut des jungen blasse, die Wange leicht geschwollen, als wäre er dort geschlagen wurden. Als Itachi näher kam, riss das Kind die Augen auf und erhob sich eilig, wobei ein unterdrückter Schmerzenslaut dessen Lippen verließ. „Hey, alles in Ordnung? Hast du Schmerzen?“, fragte Itachi alarmiert, doch der Jungen schüttelte nur sachte den Kopf und blieb eng an der Hauswand, mit einem Fuß auf der ersten Treppenstufe, stehen. Itachi steckte den Schlüssel ins Schloss, öffnete die Tür zum Hausfluh und winkte den Jungen hinein, der sich dort in der angenehmen Heizungswärme kurz, fast unmerklich, schüttelte, wobei seine nassen Haare Tropfen auf der dreckigen, viel zu dünnen Stoffjacke hinterließen. Itachi machte sich gefolgt von dem schweigsamen Jungen auf den Weg in die erste Etage, schloss auch dort auf und trat in die kleine Diele, zog dort schon seine Schuhe aus und bedeutet Sasuke es ihm gleich zu tun, ehe er ihn hinein lies. Das hatte nichts damit zu tun, dass Sasukes Schuhe dreckiger waren als seine oder damit, dass er ein Straßenjunge war, sondern Itachi verlange es von jedem der seine Wohnung betrat. Er war kein all zu großer Fan vom putzen und auch wenn er sie eine Putzfrau hätte leisten können, mochte er auch das nicht. Fremde holte er sich generell nicht gerne ins Haus, aber bei dem obdachlosen Jungen vor ihm war es irgendwie etwas völlig anderes. Im Wohnzimmer angekommen, lies Sasuke seinen Blick nur mäßig durch den Raum und über die teure Einrichtung schweifen. Er hätte nicht herkommen sollen, stellte er fest, als er mit löchrigen Socken auf dem wertvollen, sauberen Laminat stand. Ihre Welten, die des Mannes und seine, waren einfach zu verschieden. Zu verschieden, dass er um eine Dusche bitten konnte. Das er sich dazu traute. „Ich mach dir einen Kaffee, setz dich ruhig hin, wenn du möchtest“, hörte er Itachis ruhige Stimme, schüttelte jedoch eilig den Kopf und schritt auf den Größeren zu. „Nein“, machte er nur stoßend. Würde er den Kaffee annehmen konnte er sich die Möglichkeit sich waschen zu dürfen noch eher abschminken. Dann war es nicht nur unvorstellbar, sondern gar unmöglich. „Wenn du keinen Kaffee magst“, setzte der Ältere an und zeigte in die geräumige Küche. „dann habe ich auch genügend andere Sachen zum Trinken da.“ „Bitte“, flüsterte der verschüchterte Jugendliche, schielte auf den Boden und meinte leise: „Ich… könnte ich mich vielleicht bei Ihnen duschen? Oder waschen, falls das nicht möglich ist… ich meine…“ Itachi nickte und bedeutete dem Jungen, ihm ins Badezimmer zu folgen. Er holte aus dem kleinen Schrank ein großes Badetuch heraus, legte es auf die Ablage neben der Dusch und zeigte einladend auf das große Sanitärgestell. „Seife und so was steht dort“, sagte er noch und ging hinaus. Natürlich wollte das Kind duschen, schallte er sich dann. Wer würde das nicht wollen wenn man auf der Straße lebte und soviel Dreck auf dem eigenen Körper spürte. Dieses Gefühl konnte Itachi sich kaum vorstellen. Eilig befeuchtete Sasuke die grünliche Seife und schäumte sich notdürftig ein, wagte es nicht die teuren Pflegeprodukte des jungen Mannes zu benutzen, ehe er mit kalten Wasser, da man so Geld sparte, den Schaum, samt Dreck und Blut in einigen Regionen von seinem Körper wusch, ehe er die Haare anfeuchtete, ebenfalls ein bisschen Seifenschaum rein rieb und ebenso schnell, wie seinen Körper vorher, von dem Schaum wieder befreite um schon nach wenigen Minuten aus der Dusche hinaus zu sein. Er trocknete sich kurz ab, rubbelte sich die Haare soweit wie möglich trocken, zog sich die dreckigen Klamotten wieder über und warf noch einen kurzen Blick zur dusche zurück, ehe er sich auf den Weg in die Diele und dann zu Itachi Uchiha machte. Er hatte nur zurückgesehen um sich sicher zu sein, keinen Dreck hinterlassen zu haben. Nun wollte er so schnell wie möglich gehen, ehe der Erwachsene noch auf die Idee käme, ihn mit seinem Körper bezahlen zu lassen, aber einfach so abhauen gehörte sich nicht. Er konnte das einfach nicht tun auch wenn er schon so schlechte Erfahrungen mit solchen Dingen gemacht hatte. Bei Fremden duschen, sich einen Kaffee ausgeben lassen. Nichts in dieser Welt war umsonst, das hatte der Jugendliche schon zu genüge lernen müssen. Der junge Uchiha-Erbe saß mit übereinander geschlagenen Beinen auf dem Sofa und schaute auf, als Sasuke den Raum betrat. Auf dem Couchtisch vor ihm standen zwei dampfende Tassen. „Ich hab dir einen Kakao gemacht“, sagte der Dunkelhaarige und wies auf den Platz neben sich, ehe er zu einer der beiden Tassen griff und an seinem warmen, gesüßten Kaffee nippte. „Ich… danke Ihnen wirklich, Herr Uchiha. Es tut mir Leid, falls ich ihnen Unkosten gemacht habe und… es ist wirklich freundlich von Ihnen mir… aber ich sollte jetzt lieber gehen.“ Sasuke wusste, dass er mit Höflichkeit am weitesten kam. Vielleicht musste er so nicht mit seinem Körper bezahlen oder sich nicht schlagen lassen, weil er Geld verschwendet hatte, indem er vielleicht zu lange geduscht oder zu viel Seife benutzt hatte. „Hey“, machte Itachi noch, als Sasuke sich schon abwenden wollte. Er wusste es, jetzt konnte er sich auf Schläge gefasst machen. So war es bisher immer gewesen, wenn ihn jemand mit in seine Wohnung genommen hatte. Was hatte er sich nur dabei gedacht?! „Trink doch vorher etwas“, hörte er dann die ruhige Stimme des Älteren und spürte keine groben Behandlungen auf seinem Körper, einzig eine Hand die ihn am dreckigen Ärmel der Jacke festhielt. „Du musst dich gar nicht hinsetzten, aber glaub mir, etwas Warmes zu trinken tut gut.“ Widerwillig, und mit einem leichten Schwindelgefühl, nahm Sasuke das Getränk zur Hand, trank ein zwei kräftige, aber sehr schnelle Schlücke um so schnell wie möglich gehen zu können. Er spürte schon, dass er mit Sicherheit bald zusammen klappen würde. Nicht verwunderlich, schließlich hatte er schon so lange nichts Essbares mehr zu Gesicht bekommen, geschweige denn in seinem Magen hinein. Mit einem losen Gestammel verschwand Sasuke eilig, nachdem er die Tasse zurückgegeben hatte und in seiner Schuhe geschlüpft war, durch die Eingangstür in den Flur des Hauses. Wenn er schon einen Schwächeanfall kriegen würde, dann lieber irgendwo allein in einer dreckigen, stinkenden Gasse, als in der Wohnung eines Fremden, der dann mit ihm machen könnte, was er wolle. Itachi unterdes stand im Rahmen der offenen Haustür und blicke auf die weiße Flurwand, als er zunächst ein schmerzverzehrtes Stöhnen und dann einen Aufprall hörte, der ihn alarmiert hochschrecken und in den Flur gehen lies. Er schritt die Treppe in Erdgeschoss hinunter und sah den schmalen Körper des Jungen auf den kalten Fließen liegen. Er hatte es wohl Gott sei Dank noch bis hinunter geschafft und war nicht die Stufen herunter gefallen. Als Itachi näher kam und sich hinunter hockte, bemerkte er, dass der Junge es zudem noch geschafft hatte, den Sturz durch seine Hände abzufangen, sodass er nicht ernsthaft verletzt, sondern schlicht nur bewusstlos war. Dennoch machte Itachi sich schreckliche Sorgen um dieses fremde Kind zu dem er so ungewohnt offen und freundlich gewesen war. Er hob denn Schwarzhaarigen auf seine Arme und trug ihn, da der Kleine sehr zierlich und alles andere als schwer war, mit Leichtigkeit die Treppen bis zu seiner Wohnung hinauf und trat durch die offen gelassene Haustür in hinein. Er hätte den Jungen doch nicht dort liegen lassen können. Er hatte einfach helfen müssen. Keine andere Wahl und eine viel zu große Sorge um jemanden, den er nicht kannte. Vielleicht war es, weil er hinter all der Höflichkeit des Jungen, hinter all der Zurückhaltung eine Angst entdeckt hatte. Schon bei ihrem ersten Treffen. Eine Angst vor Dingen die er nicht kannte. Aber Itachi war ein Mann. Er war kein dummes, behütetes Kind mehr, kein Probleme machender Teenager, der dachte Nirvana könne jeden retten, nur weil er sich von ihnen tragen ließ, weil er unnötig frustriert gewesen war. Er war ein Mann, der die Schatten hinter den Augen dieses Menschen sah. to be continued... by Jessa_ Kapitel 4: 11 o'Clock Tick Tock ------------------------------- Kapitel 4: 11 O’Clock Tick Tock It’s so cold outside It gets so hot in here Erst als er den Jungen auf dem Sofa abgelegt hatte, bemerkte der junge Mann, wie kalt die Haut des Teenagers war. Und dann sah er auch, dass immer wiederkehrende Schauer durch den Körper des Kindes fuhren. Erschrocken legte er sofort die dicke Wolldecke, die immer in einem der beiden Ledersessel lag, über den frierenden Körper und entschied sich ein heißes Bad einzulassen, um den Jungen so schnell wie möglich warm zu bekommen. Die Körpertemperatur, auch wenn er sie nicht messen konnte, war bestimmt nicht normal. Sie war mit Sicherheit viel zu niedrig. Itachi drehte an den Knöpfen seiner Wanne und fühlte nur kurz, ob die Temperatur stimmte, ehe er Handtücher auf die Ablage legte und schnell im Zimmer verschwand, um eine Boxershorts für den Teenager zu besorgen, die er ihm nach dem Baden anziehen könnte. Nachdem auch dies erledigt war und die Wanne soweit voll, dass er das Kind hineinlegen konnte, ging er wieder ins Wohnzimmer und hob den Schwarzhaarigen samt Decke auf seinen Arm und trug in ins Badezimmer. Dort befreite er ihn zunächst von dem breiten Stoff, ehe er ihn bis auf die Shorts auszog und die alte Kleidung samt den Rucksack zur Seite stellte, bevor er den Jungen in das warme Wasser legte. Dieser seufze sogar im Schlaf wohlig leise auf, während Itachi darauf achtete, dass der Kopf nicht zu weit unter Wasser geriet und den kalten Körper des Jungen mit einem Waschlappen rieb, damit wieder mehr Blut durch die unterkühlten Stellen floss. Er tat dies so lange, bis er der Meinung war, es wäre genug und saß dann noch einige Minuten neben der Wanne und hielt den Kopf des Kindes in die Höhe, ehe er sah, wie dessen Augen flackerten und sich dann sachte öffneten. Wild schaute er sich um, schien dann aber das Badezimmer, in dem er zuvor geduscht hatte zu erkennen, bevor er realisierte in welcher Situation er sich befand. Ungeschickt versuchte er sich aufzusetzen und linste fast augenblicklich auf seinen Unterkörper. Anscheinend stellte er fest, dass er noch seine Boxershorts trug. So atmete er erleichtert aus, bevor sein Kopf zu dem jungen Mann neben der Wanne ruckte, der ihn aus scheinbar freundlichen Augen anblickte. Erneut versuchte der Jugendliche sich aufzusetzen, wobei ihm der Andere dieses Mal half, indem er den Kopf und danach auch den Rücken stützte. Erneut fuhr der Blick des Jungen gehetzt durch den Raum und auf Itachi wirkte es ganz so, als suche er einen Fluchtweg. „Du bist unten zusammengebrochen“, erklärte Itachi also ruhig, wodurch die Augen des Jungen sich sofort wieder zu ihm zuwandten. Kurz öffnete er den Mund, als wollte er etwas sagen, schloss ihn dann aber wieder und schaute ins warme Wasser. Na toll. Ein paar Schritte weiter und der Kerl hätte ihn nicht in die Finger bekommen. Jetzt aber saß er hier in einer Badewanne voll mit wohlig warmen Wasser und er wusste sowieso nicht, wie lange er schon hier in dieser Wohnung war. Jetzt verlangte der Typ bestimmt irgendeine Gegenleistung und wenn es eben die wäre, dass er Sasuke nehmen würde. Kurz die Augen vor Erschöpfung schließend versuchte er seine Ängste zu verdrängen und hoffte letztendlich sogar, dass der Kerl ihn nur verprügeln würde und nicht vorhatte etwas Sexuelles mit ihm zu tun, schließlich fühlte sich der Jugendliche mittlerweile wirklich sauber. „Hey, alles in Ordnung? Nicht wieder zusammenbrechen“, hörte er dann die scheinbar freundliche Stimme des Mannes, der wohl darauf reagierte, dass er mit geschlossenen Augen dort saß. Sasuke wandte ihm seine Aufmerksamkeit wieder zu und nickte nur leicht. Ja, es war alles völlig in Ordnung. Er hatte nur fürchterliche Angst vor dem was in den nächsten Minuten geschehen würde. Er bemerkte, wie der Ältere seine Hand in das Wasser hielt, und zuckte schon unbewusste zusammen, sah jedoch dann auch, wie die Hand wieder verschwand, und hörte, wie der Mann sagte: „Das Wasser wird kalt. Ich lasse dich jetzt kurz allein. Du kannst die Shorts da anziehen, wenn du so weit bist. Ich mach das Bett fertig.“ Er sah erneut, wie der Junge die Augen schloss, doch dieses Mal wirkte es um ein Vielfaches verschreckter und, wenn er zugab, auch ängstlicher. Itachi erhob sich aus seiner hockenden Position, griff nach den dreckigen Klamotten des Kindes, um sie in die Wäsche zu geben und nach dem Rucksack, um ihn in seinem Schlafzimmer abzustellen. Hinter sich schloss er die Badezimmertür und machte sich auf den Weg in einen kleinen Abstellraum, wo neben einem Regal mit diversen lang haltbaren Lebensmitteln und Getränken auch eine Kühltruhe, sowie ein Trockner und eine Waschmaschine standen. Dort schmiss er die dreckige Wäsche in seiner Hand und die aus dem Rucksack hinein, gab das nötige Pulver dazu und stellte die Maschine an, bevor er sich samt der fast gänzlich leeren Tasche in sein Schlafzimmer begab. Dort stellte er den dunklen Stoffrucksack neben den Nachttisch und bezog die Bettwäsche neu, bevor er die Decke zurückschlug und die Heizung zwei Stufen höher drehte, damit das Kind es auch warm genug haben würde. Noch ehe er sich wieder umdrehen konnte, stand der dunkelhaarige Junge schon im Rahmen der Zimmertür. Die dünnen Arme hatte er um seine zierliche Mitte geschlossen, die schwarzen Boxershorts saß unheimlich locker auf den schmalen Hüften und er blickte mit unsicheren Augen auf den Boden. Die feuchten Haarspitzen tropften auf seinen trockenen, blassen Oberkörper. Itachi sah, wie der Junge leicht zitterte und mit den nackten Füßen verängstigt auf dem Boden rumscharrte. „Gott, leg dich hin“, fuhr Itachi aus. Der Jugendliche schaute kurz hoch und schloss dann augenblicklich die Augen. Wie er diese Worte hasste. Leg dich hin. Er hasste es. Er hasste das, was die Männer mit ihm taten, die ihm zuvor so freundlich eine Dusche, einen Schlafplatz oder lediglich etwas zu trinken angeboten hatten. Mit wackeligen Beinen machte sich der Schwarzhaarige auf den Weg zu dem großen Bett und legte sich auf den Rücken, mit dem Kopf auf dem Kissen gebettet. Sich mit der Hand übers Gesicht fahrend spreizte er leicht die Beine und hoffte, dass der Kerl es schnell machte. Warum hatte er sich überhaupt anziehen sollen? Wie dämlich, wenn er ihm die Shorts nun sowieso vom Leib reißen würde. „Was tust du denn da?“, hörte er dann jedoch die scheinbar geschockte Stimme des Älteren. Er nahm die Hand von seinen Augen und schaute dann zu diesem. Der Schwarzhaarige stand immer noch neben der Heizung, schaute ihn nur mit hochgezogener Augenbraue an und wartete auf eine Antwort. Sasuke bedeckte sein nun vor Scham rot werdendes Gesicht erneut mit seinen Händen und schloss die Beine nun wieder vollends. Wenn er dafür keine Prügel bekam, dann wusste er auch nicht. Statt grober Hände spürte er jedoch nur eine warme Decke über seinen Körper, die von dem älteren Mann über ihn gezogen wurde. Er sah, wie dieser sich hinunterhockte und lächelte, wie ihn seit dem Tod seines Vaters keiner mehr angelächelt hatte. „Hab keine Sorge“, hörte er die Stimme des Schwarzhaarigen. „Aber für so etwas bist du mir noch zu jung.“ Auf die Worte des Mannes blickte Sasuke ihn erschrocken an. So was hatte noch niemals jemand zu ihm gesagt. Niemand, der ihm je Hilfe vorgespielt hatte, hatte es danach nicht mit ihm getrieben und schon gar nicht hätte einer dieser Männer solche Worte in den Mund genommen. Er spürte eine Hand an seiner Stirn und sah dann, wie der junge Mann sich erhob, zur Tür ging und mit ebenso ruhiger Stimme, wie zuvor sagte: „Schlaf nun.“ Als Sasuke die Augen öffnete war ihm das erste Mal seit langer Zeit beim Aufwachen wohlig warm. Er lag noch immer in diesem großen, unheimlich gemütlichen Bett mit einer dicken Decke über seinem fast nackten Körper. Sein Blick fiel auf den Radiowecker auf dem Nachttisch; er hatte sich wohl im Schlaf auf die Seite gedreht. Es war schon früher Morgen. Gott, wann war er denn eingeschlafen? Da war es noch nicht dunkel draußen gewesen. So ein Mist. Dieser Mann war freundlich und er hatte ihm nicht wehgetan, das musste Sasuke zugeben, aber er sah auch ein, dass er die Hilfsbereitschaft des Mannes maßlos überspannte. Er hatte die komplette Nacht sein Bett belegt. Wo hatte sein Gastgeber denn geschlafen? Sachte hob Sasuke die Decke von seinem Körper und stand mit immer noch leicht wackeligen Beinen auf. Kurz hielt er sich den vor Hunger schmerzenden Bauch und grübelte nur kurz darüber, wie lange er schon nichts mehr in den Magen bekommen hatte. Trotz, dass er sich immer noch sehr schwach fühlte, schüttelte er kurz da Kissen auf und legte die Decke ordentlich übers Bett. Er wollte keine Unordnung machen, wenn dieser Mann schon so freundlich und wohl gesonnen ihm gegenüber gewesen war. Dennoch, auch dies konnte sich ins Gegenteil wandeln und davor fürchtete sich der Jugendliche. Ebenso verstand er nicht warum Itachi Uchiha ihm so sehr half. Ihm zuerst die zehn Euro samt den Zettel mit seinem Namen, Adresse und der Telefonnummer in die Hand gedrückt hatte, ihn gestern uneigennützig rein ließ und ihn dann auch noch aufsammelte, als er zusammengebrochen war. Mit immer noch leicht schlotternden Knien öffnete er die Tür, die in einen großzügigen Flur führte. Links wusste er, war das Badezimmer, also klopfte er zunächst an der Tür gegenüber von ihm. Weil ihn aber niemand hereinbat, ging er zur Nächsten, die ein Stück offen stand, sodass er hinein blicken konnte, aber es war nur eine winzige Abstellkammer mit Trockner und Waschmaschine. Sasuke wandte sich ab und klopfte an der letzten Tür, aber weil sich auch da niemand meldete, lies er sich neben dem Eingang zum Schlafzimmer, an der Wand hinunter gleiten. Er wollte nicht unhöflich sein und sich einfach wieder ins Bett legen. Hier könnte er warten, bis Itachi Uchiha auch in den Flur kommen würde und ihm seine Kleidung zurückgab. Sasuke hatte schließlich keinen blassen Schimmer, wo die war und nur mit den Shorts von diesem Mann konnte er ja nicht vor die Tür gehen und einfach abhauen wollte er auch nicht. Irgendwie, trotz seiner immer noch vorhandenen Furcht, wollte er sich bei seinem Gastgeber bedanken. Das war das Mindeste was er tun konnte. Die nackten Beine an seinen Oberkörper ziehend, schloss er erneut die Augen. Noch immer fror er ein wenig, was wohl auch nicht verwunderlich war, schließlich blies durch ein offenes Fenster kühler Novemberwind und er saß in nichts weiter als einer dünnen Shorts auf dem ebenfalls kühlen Holzboden. Aber wenigstens waren die beim Gehen stärker gewordenen Magenschmerzen in dieser Position erträglich. Sasuke legte den Kopf auf seine angewinkelten Knie. Er atmete ruhig ein und aus und döste ein wenig vor sich hin, ehe er nach einigen Minuten, die ihm gar nicht so lang vorkamen, wie sie wohl waren, hörte, wie eine Tür sich öffnete. Danach waren das Fußschritte, bei denen er hinauf blickte. Er ah in die Augen Itachi Uchihas und stellte erschrocken fest, dass Sorge in ihnen lag. Sorge um ihn und das verstand er nicht. „Warum sitzt du hier im Flur?“, drang dann auch schon dessen freundliche Stimme an sein Ohr. Er selber war nur in Boxershorts und einem dünnen T-Shirt gekleidet und wahrscheinlich selbst gerade erst erwacht. Sasuke wusste nicht, was er antworten sollte. Wie könnte er diesem Mann nur in wenigen Worten erklären, dass er es nicht als richtig angesehen hatte, weiter in dessen gemütlichen, warmem Bett zu liegen, weil er der Meinung war, schon genug Umstände gemacht zu haben. Mit Wackeligen Knien erhob sich der magere Teenager, wobei er sich ein wenig an der Wand abstützte. Noch einmal atmete er tief durch, ehe er leise sagte: „Ich danke ihnen, Herr Uchiha. Könnten sie mir… sagen wo meine Kleidung ist, bitte?“ Auf das kurze, fast kaum sichtbare Stirnrunzeln des Älteren fügte er versucht selbstsicher und höflich an: „Entschuldigen sie bitte die Umstände, ich wollte sie nicht belästigen.“ „Moment mal. Ich glaube ich bin noch nicht richtig wach“, stoppte Itachi den Schwall an Informationen und winkte den Jungen ins Schlafzimmer, wo er ein wenig im Schrank rumwühlte und dem Teenager dann ein langärmliges, mit Sicherheit viel zu weites, T-Shirt zuschmiss. Itachis Gegenüber blickte ihn zunächst verwundert an, zog sich dann aber das Oberteil über und folgte dem Schwarzhaarigen auf eine Geste hin wieder in den Flur und von dort aus in einen anderen Raum. Dies war wohl die Küche. An der linken Wand stand eine hochmoderne, dunkle Kochzeile mit Ofen, Spülmaschine und Kühlschrank, während an der anderen Wand ein schicker Glastisch und vier dunkle, passende Stühle ihren Platz gefunden hatten. „Setz dich“, sagte der Uchiha nur und wies an den Tisch, während er sich selbst an der Kaffeemaschine zu schaffen machte. Sasuke ging der Forderung nach, obwohl er viel lieber nach seinem Dank abgehauen wäre, aber er konnte doch schlecht ohne Klamotten verschwinden. Da würde er sich ja noch viel eher den Tod holen und darauf konnte er, egal wie verhunzt sein Leben momentan war, gerne verzichten. „Was trinken?“, hörte er die immer noch leicht verschlafene Stimme des Mannes und schüttelte nur sachte den Kopf. Er würde schon gerne, hatte auch Durst, aber er war nun mal wirklich der Meinung dem anderen schon Genug Geld und Nerven gekostet zu haben. Er sah nur, wie der Schwarzhaarige die Schultern zuckte und sich dann samt seiner fertigen Tasse Kaffe, ihm gegenüber an den Tisch setzte und einige kleine Schlücke nahm, ehe er sich, nun wirklich wacher wirkend, im Stuhl zurück lehnte und den Jugendlichen auffordernd ansah. Sasuke konnte dem Blick nicht standhalten und senkte seinen eigenen hinunter auf seinen Schoß. Die dünnen Arme schlang er wieder um seinen vor Hunger schmerzenden Bauch. Sasuke war sich nicht vollends sicher, was Itachi Uchiha von ihm wissen wollten. Galt dieser Blick seinem idiotischen Verhalten gestern Nacht, wo er die Beine gespreizt hatte oder galt er seinem Zusammenbruch im Treppenhaus. Sasuke wusste es nicht und wenn er ehrlich war, konnte er auf keine der beiden Sachen eine Antwort geben. „Schau mich nicht so an“, wisperte er dann eher unbewusst, doch auf Itachi wirkte es wieder so schrecklich gebrochen. Genauso gebrochen wie diese Kind vergangene Nacht in seinem großen Bett, mit gespreizten Beinen und fürchterlich ängstlichem Blick, gewirkt hatte. Dann fiel Itachi auf, dass er Teenager ihn das erste Mal geduzt hatte, was ihn leicht zu Lächeln brachte. Vielleicht, egal wie zerbrochen er wirkte, konnte er ein wenig Vertrauen fassen. „Entschuldige“, sagte Itachi deswegen nur und erhob sich wieder vom Tisch um sich Kaffe nachzuschenken, ehe er hörte, wie der Magen des Jüngeren verdächtig knurrte. „Hast du Hunger?“, fragte er daraufhin nach, erntete jedoch nur ein Kopfschütteln, was ihn zum Seufzen brachte. Generell war es ja gut, wenn ein Kind – und das was Sasuke in Itachis Augen schließlich noch – nichts von Fremden annahm, aber der Uchiha war fest entschlossen, dass dieser Junge etwas Nahrung zu sich nehmen musste, denn neben der Unterkühlung und der Müdigkeit des zierlichen Körpers vergangene Nacht war zum Zusammenbruch mit Sicherheit auch noch dazu gekommen, das der Jugendliche total abgemagert war. Itachi stützte sich mit starken Armen auf dem Glastisch ab und schaute das Kind wieder an. „Junge“, sagte er leise aber bestimmt. „Schau dich an. Du musst was essen.“ Als er daraufhin keine Antwort bekam, sondern nur ein weiteres Bauchgrummeln des Teenagers und dessen vor Scham rot werdende Wangen, fügte er an: „Dein Körper verlangt danach.“ Er sah, wie Sasuke seine Arme nun noch enger um sich schlang und auf die Tischplatte linste, ehe er leise flüsterte: „Ich weiß.“ „Gut“, antwortete Itachi deswegen und wandte sich der Küchenzeile zu. „Dann mach ich uns etwas.“ Normalerweise konnte er von sich behaupten, dass er nicht besonders gastfreundlich war. Fremde Leute nahm er schon mal gar nicht mit in seine Wohnung, weil sie ihn nicht kümmerten, aber bei diesem Jungen war es von Anfang an etwas anderes gewesen. Vielleicht Nächstenliebe, die er von sich nicht kannte oder eben nur der Wille helfen zu wollen. Und das tat er, im Gegensatz zu seinem üblichen Tun, bei diesem Kind sehr gerne. to be continued... by Jessa_ Kapitel 5: Stuck in a moment you can't get out ---------------------------------------------- [iKapitel 5: Stuck in a moment you can’t get out You've got to get yourself together You've got stuck in a moment and now you can't get out of it Ein Frühstück wie solches hatte Sasuke schon irre lang nicht mehr gesehen. Auf dem schicken Glastisch stand ein Korb mit ausgebackenen Brötchen, Weißbrot und frischem Körnerbrot. Daneben ein riesiger Teller mit Wurst und Käse, mit Gurkenscheiben und winzigen Tomaten. Ein Glas Nutella und eines mit roter Marmelade standen seitlich von der Kaffeekanne und zwei Eier lagen in einer kleinen Schüssel. Zuhause bei seiner Mutter hatte er sich lediglich ein Müsli vor der Schule gemacht oder ein Brot, wenn welches da war und nicht vor Schimmel strotzte. Auf der Straße dann hatte er letztendlich auch Essen aus dem Müll gegessen, wenn es gar nicht anders ging. Doch meistens hatte ihn das so angeekelt, dass er danach hatte kotzen müssen. Zögerlich linste er auf Itachi und sah, wie dieser zunächst ein ernstes, nachdenkliches Gesicht zog, ehe er seinen Blick hob und den Jugendlichen anlächelte, bevor er sich ein Brötchen nahm, es mit Butter beschmierte und mit zwei Scheiben Schinken belegte. Er biss hinein, kaute und schluckte daraufhin hinunter. Dann fiel Sasuke wieder dessen Blick auf. Er wusste nicht, was er denken oder tun sollte, weswegen er auf seinen Teller starrte und zunächst gar nicht realisierte, wie der Älteste ihn ansprach. „Greif zu“, wiederholte dieser wohl deswegen und sofort spürte Sasuke, wie er ihn auffordernd ansah. Zögerlich nahm er sich ebenfalls ein Brötchen und legte es auf seinen Teller. Er wollte nicht unhöflich wirken; so entschied er das Gebäck trocken zu essen und biss hungrig, aber dennoch langsam hinein. Itachi stimmte das ganze Verhalten des Jugendlichen nachdenklich. Kaum etwas, außer irgendwelche Entschuldigungen und einigen wenigen lahmen Antworten, hatte er gesprochen. Die Aktion in seinem Bett irritierte ihn noch viel mehr, als dessen Ängstlichkeit und den gehetzten Blick des Jungen im Badezimmer. Zunächst war er einfach nur erschrocken und, zugegeben, sehr verwundert gewesen, als der Teenager sich in dieser Pose auf sein Bett gelegt hatte, doch schon bald war Itachi in den Sinn gekommen, was dieses halbe Kind glaubte tun zu müssen. Itachi wusste nicht, ob man dem armen Kerl Gruselgeschichten über Menschen die solch etwas taten, erzählt hatte oder ob er es schon selber hatte erleben müssen. Vielleicht war der magere Schwarzhaarige sogar ein Stricher. Ein Kind das mit seinem Körper Geld verdiente. Itachi seufzte. Er hoffte, dass es dies nicht war. Den Jungen eingehend musternd wollte er feststellen, ob er vielleicht Drogen nahm, aber er glaubte das nicht. Natürlich, er konnte sich irren, aber irgendwie fand er, würde es nicht zu ihm passen. Dafür wirkte er zu wachsam, zu anwesend und, wenn Itachi ehrlich war, musste er zugeben in dem Rucksack des Jungen und der Kleidung nach irgendwelchen Pillen oder Spritzen gesucht zu haben. Nichts; nicht mal Zigaretten oder einen Flachmann. So konnte der Teenager auch nichts genommen haben seit er bei ihm war und so hätte er schon längst Entzugserscheinungen haben müssen über Nacht. Itachi schüttelte für sich selber leicht den Kopf. Nein, dieses Kind nahm keine Drogen. Da war irgendwas anderes. Er biss noch einmal von seinem Semmel ab, schaute wieder auf den Jugendlichen und sah, dass er sein Brötchen trocken aß. Leicht die Augenbraue hebend, überlegte er, ob er was sagen sollte. Dieser Junge hatte ihm nicht einmal seinen Namen, weder sein Alter, noch woher er ursprünglich kam, verraten. Itachi wusste prinzipiell nichts von ihm, aber er entschied trotzdem was zu sagen. „Ich hab die Sachen nicht zum Spaß auf den Tisch gestellt.“ Er wartete auf die Reaktion des Teenagers, der erschrocken hochblickte. „Ich…“, setzte dieser nach einigen Sekunden an und senkte sein Haupt erneut, bevor er murmelte: „Ich mag es so.“ Itachi nickte nur und verschränkte, nachdem er sein eigenes Brötchen auf den Teller gelegt hatte und einen Schluck Kaffee getrunken hatte, seine Arme vor der Brust. Er wusste natürlich, dass das Kind log. Natürlich gab es Menschen, die es lieber mochten trockene Brötchen zu essen; er war davon überzeugt, dass es diese gab, aber genauso war er auch davon überzeugt, dass der junge Kerl vor ihm nicht dazu gehörte. Er lebte auf der Straße und er konnte froh sein, wenn er ein trockenes Brötchen bekam und so, glaubte Itachi, würde er sich alle Finger danach lecken, eine Scheibe Käse, etwas Wurst oder süßes Aufstrich auf dem Gebäck zu haben. Doch, auch das wusste Itachi schon jetzt, war der Teenager unheimlich schüchtern, vorsichtig und ängstlich, so dass er sich kaum getraut hatte den Semmel zu nehmen. Da würde er es gar nicht wagen nach dem Aufschnitt zu greifen. Itachi griff nach einem Ei aus der Schüssel, nahm sich eine Scheibe Weißbrot, bestrich sie mit Butte, gab das zerschnittene, gekochte Ei dort drauf und salzte es ein wenig, bevor er sich eine Scheibe Gurke, sowie zwei kleine Tomaten nahm und sie ebenfalls dazugab, ehe er hinein biss. Er kaute und schluckte runter, nahm einen Schluck Kaffee und schaute dann wieder auf den Jugendlichen. Dieser hatte mittlerweile die Hälfte des Brötchens vernichtet und knabberte mehr an dem Teiggebäck herum, als wirklich davon zu essen. Ohne etwas zu trinken war es wohl auch dem Jungen, der vorgab es so wirklich gern zu mögen, zu trocken. „Jetzt was trinken?“, fragte Itachi noch einmal nach, woraufhin er zunächst nur ein Kopfschütteln des Kindes vernahm, dennoch seien unbewusst leidenden Blick, woraufhin Itachi merkte, dass er die Sache total falsch anging. Wenn er nachfragte, würde der Junge sowieso verneinen und damit quälte er ihn nur, weil er wusste, dass dieses halbe Kind dennoch was trinken wollte, dennoch sein Gebäck nicht trocken essen wollte. So erhob Itachi sind, ging zur Küchenzeile und gab etwas Milch mit Kakaopulver in eine Tasse, die er dem Jugendlichen vor die Nase stellte und leise, aber ernst, sagte: „Trink das.“ Itachi hörte, wie sein Gegenüber vorsichtig die Luft ausstieß, sah, wie er den Rest seines Brötchens auf den Teller legte und sich mit den Händen über da Gesicht fuhr, woraufhin Itachi wieder Platz nahm, seinen Blick jedoch nicht vom Teenager abwandte. Kaum wahrnehmbar zitterten die Hände des Jungen, bevor er sich wieder von seinem Gesicht nahm. Die Miene des Kindes wirkte gequält und irgendwie konnte Itachi nicht leugnen, dass er ihm verdammt Leid tat. Erst als er wiederholte, dass sein Gegenüber doch trinken sollte, tat dieser es auch. Zögerlich führte er die Tasse an seine Lippen und trank einen kleinen Schluck des süßen Getränks. Itachi lächelte kaum merklich und legte sein eigenes Brot ein Stück zur Seite, ehe er eine weitere Scheibe nahm und mit Butter beschmierte. Das zweite Ei schnitt er auch in Scheiben und gab es, mit ein wenig Salz, auf das Weißbrot. Dann legte er dies auf den Teller des Jugendlichen, griff nach zwei winzigen Tomaten und legte sie dazu. „Iss das“, sagte er bestimmt und hoffte, dass seine Taktik funktionierte. Es brachte nichts, wenn er darum bat, dass der Junge etwas tat, denn aus Scham und Angst, tat er genau dies nicht, egal wie gut Itachi es meinen würde. Aber aus derselben Angst, tat er genau das, was Itachi mehr oder weniger befahl und so musste er eben bestimmen, dass der Teenager essen sollte. Sasuke hatte Angst. Er hatte wirklich Angst. Er wusste nicht, was Itachi Uchiha für ein Spiel spielte. Aus Furcht vor Prügel griff er nach der Scheibe Weißbrot, die der Ältere für ihn belegt hatte und biss hinein. Er musste zugeben, dass es, mit dem noch lauwarmen Ei, das wahrscheinlich Beste war, was er in den letzten Wochen gegessen hatte, dennoch verschwand sein Argwohn auch bei dem Essen nicht. Als Sasuke die Hälfte auf hatte, trank er noch einem Schluck vom Kakao und wagte es hochzublicken. Der junge Mann saß nun zurückgelehnt auf dem Stuhl und trank Kaffee. Momentan lag dessen Blick nicht auf ihm. Sein Gastgeber blickte aus dem Fenster und runzelte die Stirn leicht, woraufhin Sasuke wieder auf seinen Teller blickte und das kleine, runde Gemüse in die Hand nahm. Er hatte Tomaten immer geliebt, aber wenn er zurück dachte, konnte er sich kaum mehr daran erinnern, wie sie schmeckten. Sachte schob er sich die Cocktailtomate in den Mund und zerbiss sie. Bei deren Geschmack lief ihm fast ein Schauer über den Rücken. Ja, er wusste wieder, warum er dieses Gemüse so gerne gegessen hatte. „Schmeckt’s?“, hörte er die Stimme des Älteren und das erste Mal fiel ihm auf, wie stark dessen Akzent war. Er wusste nicht, ob seiner ebenso ausgeprägt war, aber er glaubte es sei nicht so, schließlich hatte er nie ein Wort irisch gekonnt. Wäre sein Vater Ire gewesen, hätte er bestimmt dafür gesorgt, dass er es lernte, aber er war Engländer und hatte die Sprache selbst nie beherrscht, auch dann nicht, als er nach seinem Studium rüber gekommen war. Sasukes Mutter hatte sich nie darum gekümmert, dass er die Sprache dieser Insel lernte, obwohl er fand, dass sie sich toll anhörte. Ob Itachi Uchiha wohl irisch sprach? Obwohl Sasuke bewusst war, dass kaum mehr ein irischer Jugendlicher in dieser Stadt der Sprache mächtig war, zweifelte er kaum eine Sekunde darüber, dass Itachi es war. Warum auch immer. Als der Zweiundzwanzigjährige auf seine Einsilbrige Frage nur ein Kopfnicken bekam, ärgerte es ihn ein wenig. Er hatte geglaubt das Kind vielleicht zum reden bringen zu können, aber daran war er wohl gescheitert. Aber dennoch war er sich dieses Mal sicher, dass das Nicken ehrlich gewesen war. Die Tomate hatte dem Jungen geschmeckt, dass hatte er genau an dessen Gesicht gesehen und in seiner These überzeugt, wurde er dadurch, dass der Jugendliche auch nach der zweiten Cherrytomate auf seinem Teller griff und sie sich ebenfalls in den Mund steckte. Itachi griff noch einmal zu dem Gemüse, nahm drei der runden Glücklichmacher und legte sie ebenfalls auf den Teller des Jungen. „Iss“, sagte er nur, weil er nicht wusste, ob der Schwarzhaarige es sonst tun würde. Itachi kam es falsch vor, den Teenager beim Essen zu beobachten und blickte deswegen aus dem Fenster. Leichter Nieselregen viel auf die Erde hinunter, der Wind wehte in den Bäumen und der Himmel war ekelig grau. Regen. Itachi grinste. Typisch für Irland. Völlig typisch. Doch dann schoss Itachi durch den Kopf, das er den Jungen eben nicht in dieses regnerische, eben völlig typische Irlandwetter, auf die Straßen schicken konnte. Aber was sollte er sonst tun? Er konnte den jungen Kerl nicht hier alleine lassen und gleich musste er arbeiten. Was sollte er nur tun? Sasuke war verwirrt und seine Angst wuchs stetig, obwohl er unheimlich begeistert von den leckeren, kleinen Tomaten war. Dieser Mann verunsicherte ihn, Sasuke konnte nicht mit voller Überzeugung sagen, was er im Schilde führte. Wollte er ihn erst in Sicherheit wiegen, bevor er es mit ihm trieb oder konnte er dessen Worten vom gestrigen Abend wirklich Glauben schenken. War er ihm zu jung? Würde er ihm nicht wehtun? Sasuke griff nach der letzten Tomate auf seinem Teller und tat sich auch die in seinen Mund. Irgendwie erinnerten ihn Tomaten an seinen Vater. Auch der hatte sie so geliebt wie er selber. Hatte, als Sasuke noch kleiner gewesen war, die Großen mit ihm geteilt, während der Sohn stolz auf Papas Schoß gesessen hatte. Ganz oft hatte Sasukes Vater der Mutter vorgeschlagen dem Jungen zum Mittagessen doch Tomatensalat zu machen und sie hatte gespurt, schließlich wollte sie nicht den Unmut dieses angesehenen, wohlhabenden Mannes auf sich ziehen, indem sie das gemeinsame Kind schlecht behandelte oder vernachlässigte. Doch nach dessen Tod nach, nachdem sie die Hinterlassenschaft ihres Göttergatten bekommen hatte, hatte der Sohn sie nicht mehr interessiert und dafür hasste Sasuke seine eigene Mutter. „Magst du noch welche?“, hörte er dann die ruhige Stimme des Mannes. Sasuke sah auf. Sein Gastgeber hatte den Blick dem Fenster zugewandt. Sasuke schüttelte wieder nur Kopf, sah sich dann aber, weil sein Gastgeber ihn nicht anschaute, gezwungen seinen Mund zu öffnen. „Nein. Vielen Dank“, sagte er deswegen sehr leise und lies seinen Blick ebenfalls aus dem großen Fenster schweifen. Es regnete mal wieder und so wie es aussah, war es unheimlich kalt. Unbewusste schlang er die Arme um seinen mageren Körper und spürte, wie die Schmerzen in seinem zuvor viel zu leeren Magen stetig nachließen. Sasuke wandte seinen Blick wieder ab und hoffte, dass er bald seine Kleidung zurückbekam und verschwinden konnte, obwohl es irre kalt sein würde. Aber er hatte immer noch diese Furcht in seinem Körper und die war kälter als jede Witterung sein konnte. Glaubte er jedenfalls. Er sah wie Itachi Uchiha aufstand und zur Küchenzeile ging. „Ich muss gleich zur Arbeit“, hörte er den Erwachsenen sagen und stand ebenfalls auf. Er konnte beobachten, wie die Miene seines Gastgebers nachdenklich wurde, eher er Sasuke bedeutete, ihm zu folgen. Hintereinander gingen sie in die Abstellkammer, wo Itachi in den Trockner griff und die Kleidung des Jungen hinauszog. Er gab sie ihm und brachte ihn dann ins Schlafzimmer, wo er auf den Platz des Rucksackes deutete und dann hinausging. Sasuke zog die Boxershort und das langärmlige Baumwollshirt aus. Beide Kleidungsstücke legte er ordentlich auf das Bett, ehe er in eine eigene Short schlüpfte, eines seiner beiden T-Shirts überzog, seine löchrige aber nun saubere Jeanshose, den Kapuzenpulli und seinen Schal. Dann setzte er sich vorsichtig auf das Bett und zog die ebenfalls löchrigen Socken über seine Füße, bevor er hörte, wie es an der Tür klopfte. Als er nicht antwortete, klopfte es erneut, woraufhin er den anderen leise in dessen eigenes Schlafzimmer bat. Itachi lehnte am Schrank und linste auf die Socken des Jungen, bevor er sich zu einer Schublade hinunterbeugte und dort nach einem dicken Paar suchte, dass er dem Jugendlichen zuschmiss. Dieser fing sie auf, zog seine wieder von den Füßen und legte sie zu dem zweiten seiner dunklen T-Shirts und der Wechselboxershorts, ehe er die dicken Wollsocken anzog. Er wollte nicht unhöflich sein, nicht dagegen sprechen, weil er sich vor Itachi Uchihas Reaktion fürchtete. Sasuke griff nach seinem Rucksack und stopfte seine spärliche Wechselkleidung, samt den alten Socken, in die Tasche, als die Stimme seines Gastgebers an sein Ohr drang. „Pack die Sachen auch ein.“ Er zeigte auf die Kleidung, die Sasuke zuvor angehabt hatte. Der Jugendliche tat wie ihm geheißen und gehorchte, indem er die beiden Teile zu den anderen tat und den Rucksack schloss. Schweren Herzens öffnete er die winzige Seitentasche und griff nach seiner Kette. Obwohl der Verschluss kaputt war, war sie immer noch eine Menge wert. Sasuke stand auf und ging zu dem Größeren, der ihn verwundert anblickte. Mit Tränen in den Augen, die er unbedingt verstecken wollte, drückte er dem Erwachsenen das Kettchen in die Hand. Damit währen seine Schulden mit Sicherheit beglichen, obwohl es ihn mehr schmerzte, als all die Prügel und die Vergewaltigungen, die er hatte über sich ergehen lassen müssen. Mit zitternden Händen schulterte er seinen Rucksack und trat in den Flur, bevor er zur Tür ging und dort seine Schuhe griff und anzog. Bevor er jedoch die Wohnung verlassen konnte, griff ihn eine Hand an der Schulter. „Was soll das?“, fragte Itachi und drehte den Jungen zu sich um. Dieser blickte ihn unheimlich geschockt an und wollte sich losreißen, was der Ältere jedoch nicht zuließ. „Sie ist nicht wertlos“, sagte Sasuke, als würde es alles erklären. Das Zittern in seiner Stimme konnte er nicht unterdrücken. „Nein“, spie Itachi aus. „Für dich bestimmt nicht. Für mich schon.“ Er fühlte, wie der Junge sich wieder los reißen wollte und bereute es augenblicklich ihn praktisch ohne Worte hinaus zu schmeißen. Vielleicht fühlte er sich schuldig und hatte ihm deswegen diese Kette in die Hände gedrückt. Ohne Zweifel war sie wertvoll, auch wenn, wie er gesehen hatte, der Verschluss kaputt war. Wenn es um den finanziellen Punkt ging. Gefühlvoll ging war es aber augenscheinlich nur für diesen Jungen wertvoll. Mehr als das, denn das hatten seine feuchten Augen und das Zittern seine Hände ohne Zweifel gezeigt. Ganz in seinen Gedanken versunken, merkte er zunächst nicht, wie der Jugendliche es dann wirklich schaffte sich loszureißen. Als dieser schon halb die Treppe hinunter war, rief Itachi mit ruhiger Stimme: „Hey, warte kurz. Warte mal.“ Er trat auch einige Stufen hinunter und blickte diesem halben Kind in die Augen. „Kennst du das Giorgio? Das kleine Cafe in der Galerie?“ Er sah nur, wie der Jugendliche leicht nickte und fügte daraufhin an: „Morgen Mittag gegen zwölf bin ich da. Komm da hin, ja?“ Itachi war sich nicht gänzlich sicher, ob sein Gehirn ihm einen Streich spielte, aber er glaubte, dass der Teenager erneut genickt hatte, bevor er hinunter gelaufen war. Itachi ging zurück in seine Wohnung, die Kette immer noch im Griff. Hinter sich schloss er die Tür und fuhr sich mit der freien Hand über sein Gesicht, während er leise seufzte und in sein Schlafzimmer verschwand. Das Kettchen kurz auf dem Nachtisch ablegend, zog er sich an und stopfte es dann in seine Hosentasche. to be continued... by Jessa_ Kapitel 6: Moment of surrender ------------------------------ Kapitel 6: Moment of Surrender Every eye looking every other way Counting down till the pain will stop Die Nacht war kalt. Der Wind wehte unbarmherzig durch die Straßen. Ließ auch die berüchtigte James Street Gegend nicht außen vor, doch hier waren eine Menge Brücken, wovon eine ihn momentan vor den heftigen Regenschauern schütze. Mit angezogenen Knien hockte er unter der Eisenbahnbrücke und spürte immer wieder das vibrieren der Güterzüge auf den Schienen, während die donnernden Geräusche an seine Ohren drangen. Den Kopf auf dem auf den Knien liegenden Rucksack gebettet und die Arme um seine Beine geschlungen, versuchte er dennoch mit geschlossenen Augen endlich Schlaf zu finden. Er musste zugeben, dass dieses warme Bett sich wundervoll auf seinem Körper hatte angefühlt, genauso wie die Tomaten einfach irre geschmeckt hatten und auch der Kakao, den Itachi Uchiha ihm gemacht hatte. Und wie das weiche langärmlige Shirt, dass er hatte mitnehmen sollen. Genau wegen all der Dinge, die dieser fremde Mann für ihn getan hatte, hatte Sasuke ihm seine geliebte Kette als Schuldausgleich gegeben, aber er war nicht der Meinung, dass seine Schuld beglichen war. Außerdem vermisste er das Gefühl des Kettchens um seinen Hals oder wenigstens das Wissen, dass sie sich – zwar mit kaputtem Verschluss, aber überhaupt – in seinem Rucksack befand. Aber so war es nicht. Weil er dumm gewesen war. Er hätte seinen verdammten Körper anbieten sollen oder hätte sich zum Ende hin daneben benehmen müssen, damit der Uchiha ihn hätte verprügeln können. Er würde sich jetzt schlecht fühlen, er würde Schmerzen haben – schlimmere als er sowieso hatte, denn sein Anus schmerzte höllisch. Er musste total wund sein. Aber dann hätte er wenigstens noch sein tröstendes Schmuckstück. Gegen den Schmerz den er jetzt deswegen fühlte, würde kein körperlicher je ankommen. Sasuke spürte wie ihm die Tränen unbarmherzig in die Augen schossen und er sie nur schwer zurückhalten konnte, aber er tat es. Er wollte jetzt nicht weinen. Er wollte vergessen, und schlafen und nicht mehr daran denken, dass er morgen zu dem Treffen im Giorgios gehen würde, weil er sich seinem ehemaligen Gastgeber schuldig fühlte. Deswegen musste er jetzt schlafen, schließlich hatte er vor morgen früh in der Stadt betteln zu gehen, damit er sich im Cafe wenigstens ein Getränk leisten konnte und nicht dem Uchiha das Gefühl zu geben, er müsste es tun. Das wollte Sasuke nicht. Dann würde er sich nämlich nur noch schuldiger fühlen. Er verstand eh nicht, warum dieser Mann ihm geholfen hatte. Warum er ihn nicht einfach im Flur hatte liegen lassen, als er zusammen gebrochen war. Natürlich war Sasuke ihm irgendwie dankbar gewesen, schließlich hatte er durch den Älteren in einer Wanne voll mit wohlig warmen Wasser gelegen, die Nacht in einem gemütlichen Bett verbracht und am Morgen was anständiges zu Essen und danach flauschige, dicke Socken bekommen hatte, die seine Füße nun aber nicht mehr warm hielten. Sie fühlten sich kalt und klamm an, von den Stunden in denen er durch den Regen gelaufen war, weil er keinen Ort gewusst hatte, wo er hätte hin gehen können. Die annähernd zerfledderten Chucks hatten seine Socken und Füße nicht vor der Nässe schützen können, genauso wenig die seine löchrige Jacke das T-Shirt und seinen Oberkörper oder gar seine Arme, an denen sich die Härchen vor Kälte schon vor Stunden aufgestellt hatten und seine Gänsehaut war in Abstände immer wieder zurückgekommen. Obwohl die Taubheit seiner Glieder vor Kälte immer mehr schmerzte, konnte dieser Schmerz auch die Erschöpfung nicht mehr zurückdrängen, was ihn schlussendlich dazu brachte, doch noch einzuschlafen. ~~ Als er erwachte war Itachi warm. Er lag in seinem Bett, in dem in der vergangenen Nacht dieser Junge geschlafen hatte, der für ihn immer noch namenlos war. Gerade weil Itachi warm war, weil er die Heizung hatte andrehen können, sich zudecken, fühlte er sich unheimlich schlecht, denn Sasuke hatte das in der Nacht auf der Straße bestimmt nicht gekonnt. Mit Sicherheit nicht. Itachi fragte sich, als er sich erhob und die Beine aus dem Bett schwang, wo der Junge wohl die Nacht verbracht hatte. Und ob er was gegessen hatte. Doch gleichzeitig fragte der junge Mann sich auch, warum es ihn so kümmerte. Itachi fasste sich mit der Hand in den Nacken und drehte den Kopf zur Seite, bis das erlösende Knacksen ertönte. Er seufzte leise, als er sich daran erinnerte, dass heute wieder eine dieser nervigen Shootings anstand. Würden diese nicht so irre viel Geld bringen, würde er sie schon längst nicht mehr machen. Vor einem halben Jahr hatte ihm dieser Mist ja noch gefallen, heute tat er es nur noch für das Geld. Es war leichte Arbeit und für seinen Traum von dem eigenen Restaurant am Hafen, für das er schon so viel Geld gespart hatte, brauchte er diesen Job. Finanzielle Probleme hatte er nie gehabt und er hatte auch generell genug um dieses Restaurant zu eröffnen, aber er wollte etwas Spezielles. Nicht einfach nur irgendein Lokal in einem Haus, sondern sein Restaurant sollte mit den besten Köchen ausgestattet sein und das Wichtigste war: Es sollte auf einem Schiff sein und das würde eine Menge Geld kosten. Dafür nahm Itachi aus seinen Job als Model hin, denn er wusste, dass er gefragt war. Sonst würde er nicht so gute Aufträge bekommen. Itachi schnappte sich ein paar dunkle Klamotten aus dem Schrank und ging ins Badezimmer um sich eine warme Dusche zu genehmigen, ehe er sich abtrocknete, seine langen schwarzen Haare föhnte und im Nacken zu einem Zopf zusammenband. Er fasst nach der Kleidung, die er auf eine Ablage gelegt hatte und zog sie über. Er öffnete die Tür und machte sich noch einmal auf den Weg ins Schlafzimmer um das Kettchen des Jungen vom Nachttisch zu nehmen. Itachi steckte es wieder in seine Hosentasche, schnappte sich seine Tasche und schritt durch den Flur in die Küche, vor er sich einen Kaffee machte und samt Tasse und Zigarette an den Tisch setzte. Appetit hatte er keinen. Er würde zu Mittag im Giorgios essen. Obwohl es als Cafe bekannt war, gab es zur Mittagszeit dort großartige Pasta, Suppen und herzhafte Croissants mit Dips. Nachdem Itachi seine Zigarette geraucht hatte und die Tasse halbleer in die Spüle gestellt hatte, zog er im Flur seinen dicken Wintermantel über, schlüpfte in seine Schuhe und schulterte seine Tasche, bevor er sich auf den Weg zu seinem Auto machte um zum Shooting zu fahren. ~~ Das erste was Sasuke spürte, als er erwachte, war der Schmerz seiner steifen Glieder, der nichts im Vergleich zu dem an seinem Anus war. Gott, dass musste doch mal aufhören. Sasuke stand, sich an der Mauer der Brücke stützend, auf und schulterte seinen Rucksack. Der Tag war wohl schon lange angebrochen und er musste sich beeilen in die Innenstadt zu kommen um ein bisschen zu betteln. Er hasste es und er versuchte es zu verhindern. Nahm lieber Essen aus Mülleimern, aber das brachte ihm schließlich nicht viel, wenn er es immer auskotzte. Außerdem brauchte er neue Zahnpasta, denn seine Tube war nun absolut leer. Da kam nichts mehr raus und er hasste es, sich nicht die Zähne putzen zu können, genauso sehr wie er es hasste ins Gebüsch pinkeln gehen zu müssen, weil wieder alle möglichen öffentlichen Toiletten abgeschlossen waren. Dann, wenn es so war, hatte er auch nichts zu trinken und gerade jetzt war seine Kehle so trocken, dass er sich wünschte, etwas Wasser zu haben. Auf seinem Weg durch den strömenden Regen in die Innenstadt, schaute Sasuke in diverse Mülleimer, biss er einen noch recht sauberen und wenig durchweichten Pappbecher fand, denn er so hielt, dass Regenwasser hinein fiel und er wenigstens das trinken konnte, was er nach wenigen Minuten auch tat. Als Sasuke die Innenstadt erreichte, setzte er sich unter einen Dachvorsprung eines Geschäfts und stellte den nun viel instabileren Pappbecher vor sich, ehe sich mit dem Kopf an die Wand lehnte und die Arme um seine angezogenen Knie schlang. Er wusste nicht, wie viel ein Kaffee im Giorgios koste, aber als er kurz vor Mittag in seinen Becher schaute, hoffte er, dass es nicht mehr als drei Euro sein würden, so hatte er noch einen Euro für Zahnpasta. Das war ihm so wichtig. Leicht ächzend auf Grund der steifen Glieder stand er auf, doch ehe er seine Münzen in die Hosentasche stecken konnte, wurde er von einem jungen Mann angerempelt. Bevor Sasuke sich den Kerl richtig ansehen konnte, hörte er schon dessen gefährliche Stimme, während er ihn um die Ecke in die Gasse zog und dort an die Wand presste. Erst dann konnte Sasuke den Kerl genauer ansehen. Er hatte blau gefärbte, fettige Haare und verdammt viele Piercings, dreckige Klamotten und einen irren Blick. „Gib mir die Scheiße“, zischte er ihm zu, woraufhin Sasuke nur leicht den Kopf schüttelte und dafür einen mittelstarken Schlag in den Bauch bekam. Dennoch, und weil er schon wieder leichte Magenschmerzen vor Hunger hatte, krümmte er sich leicht zusammen. Als der Kerl erneut zuschlagen wollte, sagte Sasuke leise: „Stopp“, und setzte dazu an ihm die Hand mit dem Geld entgegenzustrecken. Sofort schnappte der Blauhaarige vor ihm dieses, schlug dem Jungen noch einmal in den Magen, ehe er seinen Griff löste und eilig von dannen zog. Ächzend sank Sasuke zunächst nach unten auf den Boden und lehnte den Kopf schmerzverzehrt gegen die kühle Wand. Der letzte Schlag war beschissen hart gewesen. Die Lippen zusammenpressend fasste er nach seinem Bauch und erhob sich langsam, mit einem leichten Wimmern. Kurz blieb er noch stehen und dachte darüber nach, sich einfach wieder hinzusetzten und den Kopf so oft gegen die Wand zu knallen, bis er einschlafen würde und keine Schmerzen mehr hatte, aber diese irre Idee verwarf er und machte den pochenden Schmerz in seinem Magen für solche wirren Gedanken verantwortlich. Er hatte zugesagt. Er würde ins Giorgios kommen. Er war es Itachi Uchiha schuldig. Egal, dass er sich in dem Cafe nichts zu trinken würde kaufen können und ebenso egal, dass er Schmerzen hatte. Mit dieser Schuld konnte Sasuke nicht leben. Und außerdem hoffte er, dass Itachi Uchiha die Schmerzen erträglich machen konnte. Er wusste nicht, wieso er es tat, aber bei jedem Schritt, den er näher an die Galerie kam, wo das Cafe lag, hoffte er dies. ~~ Das Shooting war mal wieder ermüdend gewesen, aber daran wollte Itachi nun keinen Gedanken mehr verschwenden. Er saß im Giorgios und wartete darauf, dass der Jugendliche kommen würde. Er hoffte es. Und seine Hoffnung wurde bestätigt, als er die zweite Zigarette im Aschenbecher ausdrückte. Verloren wirkend blickte Sasuke in das schöne kleine Cafe und näherte sich dann unsicher dem runden Tischen, an dem Itachi saß. Auf eine einladende Geste hin, setzte er sich gegenüber dem Mann auf den Stuhl und hielt sich dabei den immer noch schmerzenden Bauch. Itachi lächelte ihm freundlich zu, nahm einen Schluck von seinem Orangensaft und fragte dann leise: „Magst du was Trinken?“ Der Junge schaute zunächst auf den Tisch. Sein Magen schmerzte von den beiden Schlägen so sehr. Zunächst waren diese ihm gar nicht so hart vorgekommen, doch nun, nach wenigen Minuten, waren sie fast unerträglich. Er hoffte etwas zu Trinken würde diese höllischen Magenschmerzen lindern. Leise, fast nicht vernehmbar, wisperte er: „Könnte ich… einen Tee haben, Herr Uchiha?“ „Natürlich“, sagte diese nur und winkte einen Kellner herbei. Bestellte einen Pfefferminztee und für sich einen Kaffe, ehe er sich, als der Kellner von dannen gezogen war, an den Jungen wandte. „Wie geht es dir?“ Er hoffte, dass es keine falsche Frage war. Der Jugendliche blickte verwundert nach oben. Schon seit langer Zeit hatte ihn niemand mehr gefragt, wie es ihm ging und gerade jetzt, wo die Schmerzen – nicht nur die in seinem Bauch, sondern auch die an seinem Anus – richtig heftig waren. Aber zugeben wollte er das nicht. Mit Schmerzen war er verletzlich und das wollte er nicht sein, egal wie sehr er gehofft hatte, dass Itachi Uchiha seinen Pein lindern konnte. „Ich… bin okay“, sagte er deswegen zögerlich, hielt jedoch weiterhin den pochenden Magen fest. Itachi zog die Augenbraue nach oben. Er glaubte dem Jugendlichen nicht. Alles sprach dagegen. Er hielt sich schon seit er hier ankam den Magen und sein Gesicht wirkte alles andere als entspannt. Wenn Itachi ehrlich war, würde er sogar sagen, es wirkte leicht schmerzverzehrt. Außerdem wunderte es ihn, dass Sasuke um einen Tee gebeten hatte. Bei ihm zu Hause hatte er dem Jungen alles aufdrücken müssen. Natürlich freute es ihn, dass der Jugendliche etwas zu trinken annahm, aber irgendwie beunruhigte es Itachi auch. Stimmte irgendwas nicht? „Hast du Magenschmerzen?“, fragte der Zweiundzwanzigjährige deswegen vorsichtig nach und fügte auf einen scheuen Blick von Sasuke an: „Du hältst ihn dir die ganze Zeit. Brauchst du was zu Essen?“ Eilig schüttelte Sasuke den Kopf. Es reichte, dass er sich angemaßt hatte, um einen Tee zu bitten, aber er brauchte etwas Warmes zu trinken und die Schmerzen zu beruhigen. „Junge“, hörte er die eindringliche Stimme des Uchihas. „Wenn dein Magen schon weh tut vor Hunger, solltest du wirklich was essen.“ „Ich…“, setzte der Jugendliche an und schüttelte erneut den Kopf. Er würde hier ganz bestimmt nichts essen. Heute schaffte er es nicht mit dem Schwarzhaarigen als Dank ins Bett zu steigen und etwas anderes Wertvolles wie seine Kette, hatte er nicht mehr. Es würde schon scher genug sein, dass Geld für den Tee zu erbetteln um es dem Uchiha später zurückgeben zu können. Da konnte er es sich nicht noch leisten, Schulden in Form einer Mahlzeit zu machen. „Ich meine das Ernst“, hörte er wieder Itachis Stimme. Er war ihm dankbar, dass er leise sprach, damit die anderen Gäste nichts von ihrem Gespräch mitbekamen. Es war ihm peinlich genug, mit seinen dreckigen Klamotten hier zu sitzten. Gegenüber von Itachi, der so gut gekleidet war und einen dicken Wintermantel neben sich liegen hatte. Als der Kellner mit den Getränken kam, spürte Sasuke dessen argwöhnischen Blick auf sich und fühlte sich gleich noch unwohler. Der Jugendliche zwang sich, nachdem der Kellner wieder fort war, dazu die Arme von seinem Magen zu nehmen, um überzeugend auf Itachi Uchiha zu wirken, doch das ging, seiner Meinung nach, gründlich in die Hose. Ein schmerzverzehrtes Keuchen konnte er sich daraufhin nämlich nicht mehr verkneifen und sofort lag der sorgenvolle Blick des Erwachsenen auf ihm. „Sei ehrlich“, wies dieser ihn an. „Hast du Schmerzen.“ Itachi sah das zögerliche Nicken des Jungen und fragte sich, woher so starke Schmerzen kommen konnten. Der Jugendliche hatte mit Sicherheit schon länger als einen Tag hungern müssen und am letzten morgen hatte er schließlich noch bei ihm gefrühstückt, aber vielleicht hatte er sich den Magen verdorben. „Und woher kommen die?“, wollte Itachi dann ernst wissen. Der Angesprochene jedoch schüttelte nur stumm den Kopf, während sich seine Arme wieder um seinen Bauch legten. So waren der Pein – wenn auch nur ein bisschen – erträglicher. „Also?“, hakte Itachi nach und hörte dann die leise Antwort des Teenagers. „Mir hat jemand in den Magen geboxt.“ Auf einen erneut so sorgenvollen Blick von Itachi, fügte er an: „Ist nicht so schlimm.“ „Nicht schlimm, sagst du?“, wiederholte dieser jedoch und starrte das halbe Kind, das eilig den Kopf gesenkt hatte, an. „Kann ich… bitte gehen, Herr Uchiha?“, wisperte das Straßenkind dann und Itachi seufzte leise. „Trink deinen Tee, Junge. Danach besorgen wir die was für die Schmerzen.“ „Ich… verstehe nicht…“, stotterte der Jugendliche leise, woraufhin Itachi Uchiha ihn traurig anlächelte und auf die nur noch wenig dampfende Tasse deutete. Er würde ihm helfen, dass wusste der Schwarzhaarige in diesem Moment. Er würde dieses halbe Kind nicht einfach fortlaufen lassen, in die Kälte und dorthin wo es Menschen gab, die ihn schlugen. Dieses Mal war er nicht einer der Menschen, die die Augen einfach abwandten und darauf warten, das der Schmerz eines Kindes von alleine stoppte. Wohl in einem Moment voller Irrsinn entschied sich Itachi dass dies der Moment der Aufgabe war. Und seine Aufgabe war wohl, diesem Kind zu helfen, wenn er es denn nur irgendwie konnte. to be continued... by Jessa_ Kapitel 7: Sometimes you can't make it on your own -------------------------------------------------- Kapitel 7: Sometimes you can't make it on your own Listen to me now I need to let you know You don’t have to go it alone Nachdem Sasuke seinen Tee ausgetrunken hatte, bezahlte Itachi die Rechnung und meinte leise: „Möchtest du zum Arzt?“ Der Teenager jedoch schüttelte nur den Kopf. Er konnte sich schließlich keinen Arzt leisten, sonst wäre er doch schon längst mal hingegangen. Wenigstens wegen den Schmerzen am Anus. Er war schließlich nicht blöd. Er wusste, das sich dort was hatte entzünden können und das war wahrscheinlich auch der Fall. Er hatte sich nicht getraut selber nachzusehen. Er wollte es gar nicht wissen, obwohl es zeitweise höllisch schmerzte. Jetzt war es sein Magen der ihn fast verrückt machte, obwohl der Tee die Schmerzen erstmal ein wenig beruhigte. „Dann komm mit“, meinte Itachi und nahm seinen Mantel und legte ihn sich über den Arm, ehe er gefolgt vom dem Jugendlichen zur Apotheke neben dem Cafe ging. In der Galerie waren mehrere Geschäfte überdacht nebeneinander und die Apotheke war die, in die er immer ging, wenn er Arzneimittel brauchte, die nicht Verschreibungspflichtig waren. Dort angekommen, stellte er sich an den Tresen und wartete auf die Angestellte, die ihn, sobald sie kam, prompt freundlich fragte, wobei sie ihm helfen könne. „Ich brauche etwas gegen heftige Magenschmerzen.“ „Woher kommen die Schmerzen denn?“, fragte die junge Dame. „Durch einen Schlag. Haben sie da was?“ „Nur ganz normale Schmerzmittel“, antwortete sie. „Ansonsten versuchen sie es mit viel Tee, Schlaf, einem warmen Bad und einer Wärmflasche. Wenn gar nichts hilft, müssen sie zum Arzt.“ Itachi nickte, orderte eine Packung starker Schmerzpillen und machte dann mit Sasuke kehrt. Der Junge hatte einen unsicheren Ausdruck auf dem Gesicht und Itachi konnte sich denken, dass es wahrscheinlich den Ursprung hatte, dass er sich mal wieder unwohl fühlte, weil er ihm etwas gekauft hatte, selbst wenn es nur etwas so Banales wie Schmerztabletten war. Itachi ging gefolgt von dem Jugendlichen zum Ausgang und zog sich dort seinen Mantel über. Es regnete wieder heftiger als zuvor, der Himmel war grau, der Tag schien trist. „Mein Auto steht dort drüben“, sagte er und nickte in die richtige Richtung. Er sah, wie der Jugendliche seine Arme um sich schlang, sobald sie hinaus in den kalten Wind traten. Itachi fand es schrecklich zu sehen, dass der Junge nur solch einen dünnen Kaputzenpullover trug, obwohl die Witterung alles andere als passend dafür war. So beeilte sich der Mann zu seinem Volvo S80 zukommen und schloss dort per Funk auf. Der schwarzhaarige Teenager stand unsicher zwei Schritte vom Auto entfernt, doch Itachi winkte ihn näher, stieg auf der Fahrerseite ein und als der Junge keine Anstalten machte, sich ebenfalls zu setzten, lehnte Itachi sich rüber und öffnete von Innen die Beifahrertür und sagte leise: „Setz dich.“ Sasuke linste zum Boden und wurde immer nasser. Er spürte wie ihm zwei Tropfen die Stirn hinunterliefen und kalt auf einen Hals prasselten, dort wo der dünne Schaal ihn nicht zu wärmen versuchte, ehe er zusammenzuckte, weil er Schmerz in seinem Magen wieder zunahm. Der Tee hatte wohl nicht allzu lange geholfen, aber dankbar dafür war er trotzdem. Dennoch, egal wie sehr er hoffte, Itachi könnte dafür sorgen, dass die Schmerzen fort gingen, er konnte sich jetzt nicht in dieses Auto setzten. Er war dreckig und nass, er war ein verdammtes Straßenkind. Sasuke war davon überzeugt, dass dieses Fahrzeug unheimlich teuer gewesen war, mehr Geld gekostet hatte, als er in seinem ganzen Leben gesehen hatte und so was Teures konnte er nicht einfach verschmutzen. „Jetzt setz dich“, meinte der Zweiundzwanzigjährige erneut. Sasuke atmete einmal tief durch und überwand sich dann, sich auf den sauberen, und wie er feststellte unheimlich gemütlichen Sitz, zu setzten. Er schloss vorsichtig die Beifahrertür und sah, wie Itachi vorne unter der Heckscheibe rumfuchtelte, bevor es wärmer wurde. Er hatte die Heizung angemacht. Itachi beobachtete den Jungen. Er sah, welche Überwindung es ihn gekostet hatte in dieses teure Auto einzusteigen und urplötzlich wünschte Itachi sich eine alte Rostlaube, statt seinem modernen Volvo zu haben, um es dem Jungen leichter zu machen, doch jetzt saß er ja und schloss so vorsichtig, als hätte er eine Höllenangst etwas kaputt zu machen, die Tür. Und Itachi sah auch, wie sich ein entspannter Zug über dessen Gesicht legte, als es durch die Autoheizung wärmer wurde. Er hörte ein fast unterdrücktes, wohliges Seufzen und lächelte leicht, obwohl es ihn traurig stimmte, dass für diesen Jungen Wärme Luxus war. Für niemanden sollte es dies sein, es sollte normal sein. Itachi startete sein Auto und fuhr es aus der Parklücke, bevor er sich mit gemäßigtem Tempo durch die Innenstadt auf den Weg zu seiner Wohnung machte. Normalerweise hörte er Musik, wenn er fuhr, aber er wollte den Jugendlichen nicht verschrecken und verzichtete somit dieses Mal darauf. An der dritten roten Ampel wagte er einen erneuten Blick auf den Schwarzhaarigen und sah wie dieser, eine Hand im Schoß vergraben und die andere um den wahrscheinlich schmerzenden Bauch geschlungen, aus dem Fenster blickte. Doch vermutlich spürte der Junge Itachis Augen auf ihm, sodass er nicht mehr hinaus sah sondern seinen Blick senkte. Er wusste schließlich nicht, ob der Erwachsene das mochte. Itachi jedoch fühlte sich schlecht, fühlte sich schuldig, weil er merkte, dass dieses Straßenkind trotz allem eine unvorstellbare Angst vor ihm hatte. Als die Ampel auf grün umschlug, konzentrierte Itachi sich wieder auf den Straßenverkehr. Vor dem Haus, in dem seine Wohnung lag, parkte er und stieg aus, wobei er sah, wie eilig der Junge ihm gleichtat, dabei aber wieder, wahrscheinlich wegen seinen Magenschmerzen, zusammenzuckte. Sasuke folgte dem jungen Mann durch das Treppenhaus hinauf in die ihm bekannte Wohnung und dann ins Wohnzimmer, wo Itachi ihm wieder anbot zu sitzten, doch erneut blieb Sasuke stehen. Er war so dreckig, da konnte er sich nicht einfach auf diese Couch setzten, selbst wenn diese aus dunklem Leder war. „Was hältst du von einem warmen Bad? Danach gebe ich dir paar Klamotten von mir und du kannst dich schlafen legen. In Ordnung?“ „Das… ist so nett von ihnen… aber ich… ich kann das nicht… nicht annehmen…“, meinte Sasuke leise mit schüchternem Unterton in der Stimme. „Natürlich kannst du. Es ist nichts dabei, Junge. Ich will dir nur helfen. Komm mit, ich lass dir jetzt das Bad ein.“ Sasuke ging hinter Itachi ins Badezimmer und sah wie dieser das Wasser auf eine angenehme Temperatur stellte und dann laufen ließ. Er hockte sich hinunter und blickte in seinen Schrank, bevor er ein Fläschchen herausnahm und ein paar Tropfen in das Badewasser gab. „Eins von den Wundermitteln meiner Mutter“, erklärte er. „Soll gegen Schmerzen helfen, wenn man drin badet.“ Er grinste, als wüsste er nicht wirklich ob es half, aber es roch gut und wann immer er Muskelkater oder ähnliches gehabt hatte, hatte er etwas von dieser Mischung ins Badewasser getan und er glaubte, die Schmerzen waren schneller verschwunden. Seine Mutter hatte von einer Freundin gelernt, wie man die Mittelchen herstellte und heute war es eines ihrer größten Hobbys. „Warte kurz hier“, meinte Itachi nur und verschwand in den Flur, nur um ein paar Minuten später mit einem kleinen Stapel Kleidung zurückzukommen. Er legte sie auf die Ablage neben dem Waschbecken, legte ein großes Handtuch daneben, bückte sich noch einmal, öffnete ein weiteres kleines Schränkchen und griff nach eine Tube Shampoo und Waschlotion, die er für den Jungen bereit stellte. „Brauchst du noch was?“, fragte er dann nach und sah, wie der Jugendliche auf den Boden starrte und verlegen mit dem Fuß scharrte, wahrscheinlich ohne es zu wollen. „Zahnpasta…“, murmelte er leise, weil er sich wirklich unbedingt die Zähne putzen wollte. Er hatte einen so ekeligen Geschmack im Mund. „Natürlich“, lächelte Itachi und freute sich, dass er Junge zugegeben hatte, etwas zu brauchen. Er nahm die Zahnpasta aus dem winzigen Händeschrank und legte sie auf das Waschbecken. „Zahnbürste hast du? Falls nicht, irgendwo müsste ich noch eine Neue haben…“, bot er an, doch der Junge schüttelte leicht den Kopf und sagte leise: „Hab ich. Vielen Dank.“ Itachi nickte ebenfalls und drehte sich um. Mit der Klinke in der Hand, sagte er noch leise: „Ich bin in der Küche, falls etwas ist.“ Dann machte er kehrt und Sasuke war allein. Obwohl er nicht fürchtete, dass der junge Mann zurückkam, schloss er dennoch die Badezimmertür ab, einfach weil er sich dann sicherer fühlte, bevor er sich auszog. Seine Kleidung legte er auf den Boden, vor der Ablage, stieg dann in das warme Wasser und drehte den Hahn ab, weil die Wanne schon fast voll war. Sofort entspannte er sich ein wenig, weil die Schmerzen in der Magengegend nachließen, sodass er sich traute, denn Arm, mit dem er den Bauch bis jetzt umklammert hielt, zu lösen und sich zurückzulehnen, sodass er mit dem Kopf auf dem kühlen Wannenrand zum liegen kam. Dennoch, obwohl sich das Wasser so gut anfühlte, war ihm dass alles hier sehr peinlich. Er konnte sich noch nicht mal Zahnpasta leisten, fand keinen Job, weil er so lange schon nicht mehr zu Schule ging, schließlich lebte er nun schon seit über einem Jahr auf der Straße. Und er hatte zudem keine Ahnung, wie er Itachi die Hilfe je zurückzahlen sollte. Wenn er genügend Geld zusammenkriegen wollte, um den Tee, das Bad, die Pflegeprodukte die er benutzen durfte, das Leihen der Kleidung und die Wärme der Wohnung, in der er sich aufhalten durfte, gleich zu machen, müsste er Wochenlang hungern, glaubte er jedenfalls, schließlich bekam er beim Betteln auch nicht immer so viel zusammen. Itachi unterdessen stand in der Küche und überlegte was er zu Essen machen könnte, schließlich hatte der Jugendliche höllische Magenschmerzen und er wusste nicht, was man dann essen sollte und was nicht und überhaupt, ob er dann irgendwas da hatte, was in Ordnung war, schließlich ernährte er sich selbst meist von Fertiggerichten oder ging Essen, da er nicht besonders viel Zeit zum Kochen hatte, obwohl er dies gerne tat. Itachi blickte in seinen Kühlschrank und dann in die Hängeschränke daneben und entschied sich eine Gemüsesuppe zu kochen. Er schnibbelte Möhren, den Rest Sellerie, denn er noch da gehabt hatte und gab eine paar Bohnen und Erbsen aus der Dose hinzu, bevor er ein paar Nudeln kochte und ebenfalls mit der Brühe zu dem Gemüse tat und einkochte. Während die Suppe nun vor sich her köchelte, gab Itachi Wasser in den Wasserkocher, tat dieses danach in zwei Tassen, gab in seine einen Beutel Früchtetee und in die des Jungen einen Beutel Fencheltee, bevor er diese auf den Tisch stellte, als der Junge auch schon hinein kam. Er trug die Sachen, die Itachi ihm gegeben hatte. Eine lange, dunkle Jogginghose, die er hatte umschlagen müssen, dazu ein langärmliges Shirt und dicke Socken. Seine eigene Kleidung hatte er wohl in seinen Rucksack getan, denn der sah nun viel gefüllter aus. Itachi nickte dem Jungendlichen zu und deutete auf den Tisch, woraufhin sich Sasuke auf den Stuhl setzte, auf dem er auch schon gestern beim Frühstück gesessen hatte. „Trink“, wies Itachi ihn an und erklärte kurz: „Ist nur Fencheltee.“ Sasuke nahm einen Schluck und dann gleich noch einen, aber nicht weil es so gut schmeckte, sondern weil es so wundervoll warm war und fast sofort merkte er, wie es seinen Magen noch mehr beruhigte, als es das warme Bad gemacht hatte, aber gleichzeitig tat auch sein Anus wieder mehr weh, im Wasser hatte er sogar wieder ein wenig geblutet, weswegen er hoffte, gleich trotzdem eine Schmerztablette zu bekommen, denn von seinem Leiden an dieser privaten Stelle würde er mit Sicherheit nicht erzählen. Sasukes Hoffnungen wurden bestätigt, als Itachi kurz in den Flur ging und mit der Schachtel aus der Apotheke zurückkam. Er öffnete sie und drückte eine Tablette hinaus, die er dem Jungen gab. Die legte dieser sich in den Mund, trank etwas von dem Tee und schluckte, ehe er noch einen Schluck nahm und die Tasse dann abstellte. Fast augenblicklich sah er, wie Itachi ihm einen Teller Suppe vor die Nase stellte und sich dann ebenfalls mit einem Teller und seiner Tasse Tee ihm gegenüber niederließ und ihm einen guten Appetit wünschte. Sasuke nickte dankend und ließ den Löffel in die Gemüsesuppe gleiten, ehe er sich daran erinnerte, dass er all das niemals würde zurückzahlen können, was ihn dazu veranlasste, den Löffel loszulassen und den Kopf zu senken. „Hast du keinen Hunger?“, drang die sorgenvolle Stimme des Mannes an sein Ohr. Sasuke hob seinen Kopf nicht, sondern kaute nervös auf der Innenseite seiner Unterlippe herum. Doch so wie er jetzt saß, stieg ihm der angenehme Geruch der Suppe noch eher in die Nase, was seinen Magen dazu bracht zu grummeln und ihn zu verraten. Er hatte wohl Hunger, vor allem weil er so lange nichts Warmes mehr gegessen hatte. „Was ist los, Junge?“, wollte Itachi, der immer noch nicht seinen Namen wusste, wissen. „Ich…“, stotterte der Jugendliche, schüttelte dann aber leicht den Kopf und griff nach dem Löffel, um einem unangenehmen Gespräch aus dem Weg zu gehen. Die Suppe schmeckte großartigen, wie er im Stillen zugeben musste. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er zuletzt so etwas Tolles gegessen hatte. Selbst wenn damals Männer ihn mit zu sich genommen hatten, hatte er höchstens einen Kaffee bekommen oder wurde schnell in die Dusche geschickt, ehe sie ihn genommen hatten, aber was Itachi Uchiha alles für ihn tat war unvorstellbar und gerade deswegen hatte Sasuke solch ein schlechtes Gewissen. Als die beiden ihre Teller leer gegessen hatten und auch in den Tassen kaum mehr etwas war, erhob Itachi sich und gebot Sasuke still, ihm zu folgen. Sie gingen ins Wohnzimmer, wo Itachi auf die Couch deutete. „Du kannst dort schlafen, ich hole noch `ne Decke und so, warte kurz.“ Sasuke nickte und stellte seinen Rucksack zwichen Couch und Couchtisch ab und schaute sich ein wenig im Raum um. Erneut fielen ihm die riesigen Fenster auf und der große Flachbildfernseher. Es schüchterte ihn genauso sehr ein, wie die teuer aussehende Ledercouch und der ebenso edle Schrank neben der Tür. Als er hörte, wie Itachi zurückkam, senkte er seinen Blick wieder auf den Fußboden und merkte dann, wie Itachi neben ihm ein Kissen auf dem Sofa zurechtlegte und dann die mitgebrachte Decke daneben. „Leg dich hin.“ Dieses Mal fürchtete der Jugendliche sich nicht aufgrund der Wörter, dennoch, weil er sie schon so oft in Verbindung mit etwas Schlechtem gehört hatte, versteifte er sich ein paar Sekunden, ehe er sich wirklich auf das Sofa legte. Er wollte sich auf die Seite drehen, doch Itachi schüttelte leicht den Kopf und meinte entschuldigend. „Heute nicht, sonst geht das mit der Wärmflasche nicht.“ Erst da fiel Sasuke der dunkelblaue Beutel und das dunkle Handtuch in Itachis Hand auf. Der junge Mann hockte sich neben dem Sofa hin und sagte leise: „Heb mal dein Shirt ein bisschen an.“ Zuerst zuckte Sasuke zusammen, ermahnte sich dann aber vernünftig zu sein, weil er ja wusste, was der ältere vorhatte und so griff er vorsichtig nach Itachi Uchihas Oberteil das er trug und hob es ein Stück hinauf, sodass sein magerer Bauch freilag. Der Anblick schockierte Itachi aufs Neue. Er hatte den Jungen zwar schon bis auf die Boxershort unbekleidet gesehen, aber das war, als er sich darum kümmern musste, das der Jugendliche nicht unterkühlte. Jetzt ab, sah er den nackten Bauch des Jungen das erste Mal ohne Zeitdruck. Man sah den Ansatz der Rippen und unterhalb die Hüftknochen herausstechen. Die Bauchdecke an sich wirkte schon fast eingefallen. Mitleidig schüttelte Itachi den Kopf und wickelte die Wärmeflasche in das Handtuch damit sich der Junge nicht verbrennen konnte und legte sie dann auf dessen Bauch nieder. Der Teenager zog das Oberteil wieder hinunter, bevor Itachi die Bettdecke über ihn zog und noch einmal lächelte, ehe er zu den Fenstern ging und die Jalousien runter machte, damit es, obwohl es erst früher Nachmittag war, schön dunkel im Zimmer war. Ein kleines Stück ließ er jedoch auf, sodass der Junge, falls er auf Toilette musste oder ähnliches, auch die Tür finden würde, zu der er selber nun ging. Leise, wieder mit der Hand auf der Klinke setzte er noch einmal zum Sprechen an. „Schlaf gut und… keine Sorge, okay? Du bist sicher hier.“ Itachi drückte die Klinke hinunter und trat in den Flur. Er wusste nicht genau, warum er das letzte gesagt hatte, aber es schien richtig. Er wollte, dass dieses halbe Kind hier sicher war. Vor was auch immer. to be continued... by Jess- Kapitel 8: I'll go crazy if i don't go crazy tonight ---------------------------------------------------- Kapitel 8: I'll go crazy if i don't go crazy tonight Everybody needs to cry or needs to spit Every sweet tooth needs just a little hit Verschlafen versuchte Sasuke seine zittrigen Lider zu öffnen, als er auch schon die schreckliche Pein in seinem Unterleib spürte. Er krümmte sich zusammen, schenkte dabei der zur Seite rutschenden Wärmeflasche keine Aufmerksamkeit und stöhnte gequält auf. Das waren grässliche Schmerzen. Sie fühlten sich so schlimm an, das er mit dem Gedanken spielte zu Itachi zugehen und ihn um eine Schmerztablette zu beten, aber er traute sich nicht. Er hatte dem jungen Mann schon genug Nerven gekostet. Bei Anbruch des Tages würde er sich verabschieden und aus dessen Leben verschwinden, egal wie sehr es ihn schmerzen würde. Schlimmer, als den Pein, den er jetzt ertrug, konnte es nicht sein. Er versuchte sich aufzusetzen, ließ sich jedoch mit einem schmerzverzehrten Keuchen wieder zurück in das Kissen sinken und dann spürte er es… Das konnte doch nicht sein! Sasukes Unterlippe bebte vor Scham. Er hatte seit er ein kleiner Junge war nicht mehr ins Bett gemacht, niemals hatte er jetzt…! Und warum hatte er dann solche Schmerzen? Sasuke entschied sich, egal wie schlimm diese waren, aufzustehen und das Licht einzuschalten, was er dann auch tat, nachdem er die Wärmflasche entfernt hatte und neben seinem Rucksack auf den Boden gelegt hatte. Mit einigen unterdrückten Schmerzenslauten schaffte er es dann zurück zum Ledersofa und was er dort sah, erschrecke ihn. Er hatte nicht in die Hose gemacht, natürlich hatte er das nicht. Er hatte die Couch mit Blut besudelt, aber dann mussten ja auch die Hose und die Boxershorts voll sein, fiel ihm erschrocken ein und blickte über seine Schulter nach hinten. Ach du liebe Scheiße! Sasuke biss die Zähne zusammen und unterdrückte wieder die Schmerzenslaute beim Gehen, als er einer seiner eigenen Boxershorts, die er aus seinem Rucksack gefischt hatte, auf den Weg ins Bad machte. Dort schloss er vorsichtshalber ab und entledigte sich der Jogginghose und der Shorts, ehe er sich traute nach seinem Anus zu sehen. Nur dort hatte er bluten können, nur dort schmerzte es so sehr. Mit ein wenig Toilettenpapier wischte er das restliche Blut fort und sah dann, dass die Wunde schon aufgehört hatte zu bluten. Wenigstens das, stellte Sasuke nur wenig erleichtert fest, ehe er das Papier in die Toilette schmiss, abzog und vorsichtig die saubere Boxershort anzog, damit die Wunde nicht wieder aufriss. Er bückte sich, nahm die verdreckten Klamotten und legte sie ins Waschbecken. Weil er sich nicht anders zu helfen wusste und immer noch Schmerzen hatte, verriegelte er den Abfluss mit dem dafür vorgesehenen Stecker und ließ warmes Wasser ins Becken laufen. Er wusste, dass er Geld verschwendete, aber es ging einfach nicht anders. Itachi Uchiha würde ihn umbringen, wenn er sehen würde, dass seine Klamotten mit Blut beschmiert waren. Jeder würde das tun. Eilig schrubbte der Jugendliche am Stoff herum und sah, dass sie das Wasser schon leicht rötlich färbte, doch ganz gingen die riesigen Flecken nicht heraus. Sasuke griff nach der Tube Waschlotion und gab etwas auf den nassen Stoff, ehe er weiterschrubbte und die Kleidung so schon um einiges sauberer bekam. Als er endlich mit seiner Arbeit zufrieden war und keinen Rest Blut mehr au dem Stoff sah, nahm er die Klamotten und hängte sie über die warme Heizung, in der Hoffnung morgen früher als Itachi Uchiha zu erwachen und sein Missgeschick so geheim halten zu können. Oder, ging es ihm dann durch den Kopf, er zog sich jetzt einfach an und haute ab. Er würde den Älteren nie wieder sehen, wenn er das nicht wollte, aber irgendwie konnte er nicht einfach so verschwinden. Irgendwie wollte er das nicht, obwohl er sich davor fürchtete, Ärger zu bekommen. Sasuke erinnerte sich an da besudeltem Ledersofa und augenblicklich schlich sich ein gequälter Ausdruck auf sein Gesicht. Verdammte Scheiße, dass Ding hatte mit Sicherheit einen Hauen Geld gekostet und jetzt hatte er, der wertlose Straßenbengel, es verdreckt. Na super. Und Sasuke wusste noch nicht mal, wie man Leder sauber bekam. Er hoffte einfach, es würde so gehen, wie er auf die Kleidung gereinigt hatte, also machte er ein kleines Handtuch, das neben dem Waschbecken hing nass und schnappte sich das Duschgel, womit er auch schon die Hosen gesäubert hatte, bevor er sich damit auf den Weg ins Wohnzimmer machte. Er schloss die Tür hinter sich und kniete sich vor das Sofa. Etwas von der Waschlotion auf den Lappen gebend, knirschte er mit den Zähnen. So was konnte ja auch nur ihm passieren. Kräftig wischte er das Blut vom Sofa und bemerkte dabei zunächst die näher kommenden Schritte nicht. Erst als sich die Wohnzimmertür öffnete, blickte Sasuke erschrocken hoch und sah Itachi im Türrahmen stehen. Er stoppte in seinem Tun, seine Augen weiteten sich und seine Unterlippe bebte. „Ich war auf Toilette, hab deine Kleidung da gesehen und dann dachte ich, ich schau… Junge?“ Zunächst hatte Itachi noch versucht sich zu erklären, doch dann sah er wie der Jugendliche den Kopf senkte. Dessen Schultern bebten und die Hand mit dem er das Handtuch auf dem Sofa hielt, zitterte. Weinte er etwa? Was war überhaupt los? Itachi verstand nichts mehr. Warum kniete dieser junge Kerl vor seinem Sofa und wischte da drüber? Warum hatte er die Hosen ausgewaschen? Hatte er ins Bett gemacht, oder was? Waren alle seine Fragen jetzt überhaupt angebracht? Itachi trat einige Schritte näher und hockte sich neben den Jungen hin, der sofort ein Stück zur Seite wich und so unterließ Itachi es den Jungen tröstend in den Arm zu nehmen, so wie es sein erster Impuls gewesen war. Stattdessen hockte er nur da und sah nun, wie sich die Hand des Teenagers stärker ins Handtuch krallte, die andere in seine Boxershort. Tränen tropften auf den Fußboden und Itachi glaubte, der Körper des Kindes hörte nicht mehr auf zu beben und deswegen erlaubte er es sich, eine Hand auf den Rücken des Jungen zu legen und ihn dort beruhigend zu streicheln. Zuerst versteifte sich der Körper des Schwarzhaarigen, doch dann schien er sich etwas zu beruhigen. Vielleicht, schoss es Itachi dann durch den Kopf, hatte er gefürchtet, er würde wütend sein. Aber warum sollte er? Natürlich dieser Junge war schon längst aus dem Grundschulalter heraus und sollte auch schon viel länger nicht mehr ins Bett machen, aber es war in Ordnung. Er konnte nichts dafür und so entschied sich Itachi zu warten, bis der Teenager sich gänzlich beruhigt hatte und strich derweil immer weiter über dessen Rücken und löste ohne richtig hinzusehen, die Hand des Jungen vom Waschlappen, ehe er selbst aufstand und leise sagte: „Komm mit.“ Unsicher folgte Sasuke, sich die letzten Tränen aus dem Gesicht streichend, dem Erwachsenen und merkte, dass sie in dessen Schlafzimmer gingen. Jetzt wusste Itachi Uchiha, dass er keine Jungfrau mehr war, das Blut sprach für sich und so musste dieser Mann auch nicht mehr der Meinung sein, er sei zu jung für so was. Und Sasuke akzeptierte es. Das erste Mal in seinem Leben tat er dies. Er war es ihm schuldig. Anders könnte er ihn eh nicht bezahlen und so würde er wenigstens nicht mehr in dessen Schuld stehen. Schmerzen hatte er sowieso. Was sollte es also? Auf einer stummen Anweisung des Älteren setzte Sasuke sich auf das Bett und schielte zu Boden. „Leg dich hin, Junge und schlaf. Es ist alles in Ordnung.“ „Was…?“ Völlig perplex verließ dieses Wort seinen Mund. Er verstand diesen Mann nicht, weil er so völlig anders als alle Anderen Männer war, die er auf der Straße kennen gelernt hatte. Aber gerade deswegen hoffte Sasuke so sehr, vielleicht ohne es selbst zu wissen, dass der Ältere ihm helfen konnte. Vorsichtig, damit seine Wunde nicht wieder aufriss und er das Bett des Mannes nicht auch noch verschmutzte legte er sich seitlich hin, bettete seinen Kopf auf dem gemütlichen Kissen und rollte sich ein wenig zusammen, als er spürte, wie der Mann erneut, wie auch schon am Nachmittag, die Decke über ihn legte und dann hinaus ging. Itachi hatte die Schlafpose des Jungen an einen Fötus im Mutterleib erinnert. Da seine Arbeitskollegin und gute Freundin Konan vor einigen Monaten ein Baby von ihrem Lebensgefährten Pain, der ebenfalls Mitarbeiter in der Firma seines Vaters war, zur Welt gebracht hatte und ihm während der Schwangerschaft immer alles mögliche an Bildchen, Büchern, Ultraschallfotos und was nicht alles gezeigt hatte, wusste er genau, wie ein Fötus lag. Er schüttelte den Kopf über seine dummen Gedanken und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer, wo er das Sofa zu Ende säubern wollte. Er hockte sich hin und nahm das Handtuch, als ihm auffiel, dass es nicht mehr weiß, sondern rot war. Er wischte noch mal über die Ledercouch und stellte fest, dass es wirklich Blut war. Der Junge hatte nicht in die Hose gemacht, aber wo hatte er dann geblutet? Was war los, verdammte Scheiße? Itachi entschied sich zunächst die Couch zu säubern und sich zu beruhigen, auch wenn ihm das schwer fiel. Das verdreckte Handtuch schmiss er danach in den Müll, ging wieder ins Wohnzimmer und entfernte den Bettbezug vom Kissen und der Decke. Den brachte er in die Waschküche, ehe er sich erneut auf den Weg in die Stube machte, während er im Flur auf die Uhr linste. Bald fünf Uhr am morgen. Es lohnte sich nicht mehr zu schlafen, fand er und außerdem juckte es ihn in den Fingern erneut die Sachen des Teenagers zu durchsuchen. Er wusste nicht, was er sich erhoffte zu finden, aber anscheinend hielt dieses Straßenkind mehr Dinge vor ihm geheim, als er zunächst vermutet hatte. Als sich in den Sessel setzte und den Rucksack auf seinen Schoß hob, dachte er erneut darüber nach, woher das Blut kommen konnte und das Erste was ihm einfiel, war das sich der Jugendliche vielleicht ritzte. Als er in dessen Alter war, hatte er einen Kumpel, der es auch gemacht hatte. Einer dieser Kerle, die von Nirvana gerettet wurden. Doch Itachi hatte keinerlei Schnitte an Sasukes Armen gesehen. Aber vielleicht, schoss es ihm dann durch den Kopf, ritzte er sich an den Unterschenkeln, das würde auch die Stelle des Sofas erklären, wo das Blut gewesen war. Vorsichtig öffnete er den dreckigen Beutel und zog zunächst einige Klamotten, unter anderem die Boxershort und das Shirt das er ihm gegeben hatte, hinaus und betrachtete jedes für sich genaustes. Er tastete in den Taschen des dünnen Kaputzenpullovers, in den Taschen der Jeans und legte dann alles auf den Couchtisch vor ihm. Unter den Klamotten fand er den Zettel den er damals geschrieben hatte. Seinen Namen, die Telefonnummer und die Adresse. Er war froh dass er es getan hatte, obwohl er sich damit wohl selbst in einige Schwierigkeiten katapultiert hatte. Neben dem kleinen Zettel lag eine Zahnbürste. Sie sah billig, alt und abgenutzt aus, so als benutzte Sasuke sie schon sehr lange, über Monate, aber Itachi freute es irgendwie zu sehen, dass auch ein Straßenjunge sich darum bemühte, sich die Zähne zu putzen, obwohl er mit Sicherheit weitaus schlimmere Probleme hatte. Itachi tastete nach irgendwelchen kleinen Täschchen im Rucksack, aber alle, die er fand, waren leer. Dieser Junge nahm wohl wirklich keine Drogen und er hatte auch kein Messer um sich zu ritzten. Aber woher kam dann das Blut? Hatte er irgendeine Wunde, die Itachi nicht gesehen hatte? Wenn ja, wo? Der junge Mann stopfte die Kleidung, nach dem Zettel und der Zahnbürste, wieder in den Rucksack und hoffte, der Jugendliche würde nicht merken, dass er in seinen Sachen gewühlt hatte, denn jetzt hatte er irgendwie ein schlechtes Gewissen. Itachi schloss den Rucksack und stellte ihn wieder auf den Boden, ehe er sich die Schläfen rieb. Zu viele Fragen, schoss es ihm durch den Kopf, bevor er sich auf den Weg in die Küche machte um sich dort einen Kaffee zu kochen, mit welchem er sich dann wieder in einen der beiden Ledersessel setzte, ehe er den Fernseher anschaltete. Er zappte durch die Kanäle, bis er an einer Sendung auf Comedy Central hängen blieb, die er gucken wollte. Es ging um einen annähernd sexbesessenen, reichen Kerl der Jingles schrieb und seinen übervorsichtigen, peinlich ordentlichen und peniblen Bruder, nach dessen Scheidung bei sich wohnen ließ und so auch immer Wochenendbesuch des vorpubertierenden Neffen bekam. Sobald es seine Zeit zuließ, vertiefte Itachi sich in diese Sendung, denn sie war mit dem nötigen, zumeist zynischen Witz, gefüllt, um nicht beschissen zu sein, obwohl er sonst kaum Comedyshows ansah. Doch dieses Mal erreichten Itachi die Witze kaum, er sah einfach zu, doch richtig anwesend war er nicht. Er wusste, dass er so heute mit Sicherheit nicht arbeiten gehen konnte. Als ihn dann nach der zweiten von vier Folgen die am Morgen liefen, immer noch nicht besser zu Mute war, entschied er sich den Fernseher auszuschalten und sich duschen zu gehen. Dabei ließ er sich heute morgen besonders viel Zeit, rasierte sich dann, föhnte sich ausnahmsweise mal die Haare, gerade weil er Zeit hatte und lief dann nur in Boxershort in den Flur um dort einen kleinen Zettel und einen Kugelschreiber aus seiner Arbeitstasche zu nehmen, wo er eine Nachricht für den Jungen hinterließ. Er konnte nicht dessen Namen auf das zusammengefaltete Papier schreiben, weil er ihn schlicht nicht kannte. Vielleicht war es seitens des Straßenkindes ein zu großer Vertrauensbeweis, ihm seinen Namen zu nennen und das respektierte Itachi und fragte nicht danach. Mit diesem Zettel machte er sich dann auf den Weg in sein Schlafzimmer und legte ihn auf den Nachttisch, der auf der Seite stand, wo der Teenager schlief. Er wurde den schon sehen, da war Itachi sich sicher. Leise, um den Jungen, nicht zu wecken, öffnete er seinen Schrank und zog eine Jeans eine Boxershort, ein Hemd und Socken heraus, ehe er sich im Badezimmer umziehen ging und die dreckigen Sachen in die Wäsche schmiss. In der Küche machte er sich noch einen Kaffee und merkte dann, als er die Tasse in aller Ruhe und mit vier Zigaretten währenddessen ausgetrunken hatte, dass es Zeit war sich auf den Weg zu machen. Er würde heute nicht lange bleiben, nur ein paar Unterlagen vorbei bringen und dann seinen Vater um ein paar Tage Urlaub bitten. Im Moment hatte er einfach keinen Nerv zu arbeiten. Es gab jetzt wichtigere Dinge und damit musste er erstmal klarkommen. Denn nur so konnte er dem Jungen helfen und egal, was er heute morgen gedacht hatte, bevor er dessen Tasche durchwühlt hatte, genau das war es, was er tun wollte. to be continued... by Jess- Kapitel 9: With or without you ------------------------------ Kapitel 9: With or without you. With or without you. Through the storm, we reach the shore Als Sasuke am morgen erwachte, waren seine Schmerzen weniger geworden. Er konnte sich nun, ohne unter Pein aufkeuchen zu müssen, aufsetzten und fast sofort knipste er die Lampe neben dem Bett an, die Itachi Uchiha am Abend zuvor ausgemacht hatte und kontrollierte, ob er auch dessen Bett mit Blut besudelt hatte, aber zu seiner Erleichterung war alles sauber. Er atmete einmal aus und linste dann zum Radiowecker neben dem Bett und sah, dass es knapp acht Uhr am morgen waren, bevor sein Blick überrascht zu dem Zettel auf dem Nachttisch schweifte. Der lag doch gestern Abend noch nicht da, oder? Er traute sich das zusammengefaltete Papier zu nehmen und zu öffnen. Vielleicht war es ja wirklich von Itachi Uchiha an ihn. Schließlich arbeiteten normale Menschen um diese Uhrzeit, im Gegensatz zu ihm, der nur ein dummer Straßenbengel war. Nach dem ersten Satz war Sasuke sich jedoch sicher, dass der Zettel an ihn gerichtet war und so las er weiter. Guten Morgen Schlafmütze^^, ich bin nur schnell zur Arbeit gefahren um einige Dinge zu erledigen, die sich nicht aufschieben lassen. Bin aber bald wieder zurück, also bleib schön hier und warte bis ich wieder da bin. Itachi P.S. Sieh dich ruhig um und bedien dich am Kühlschrank Sasuke traute seinen Augen kaum. Itachi Uchiha nannte ihn Schlafmütze und setzte auch noch diese lächerlichen Zeichen dahinter, die Sasuke sonst nur von Mails kannte, die seine Mutter ihrem besten Freund immer geschrieben hatte, wenn sie dort spaßten. Vielleicht sollte er seinem Gastgeber wirklich mal seinen Namen nennen. Das würde wohl einiges erleichtern. Dennoch, obwohl Itachi ihn Schlafmütze genannt hatte und diese Zeichen dahinter gesetzt hatte – oder gerade deswegen -, gefiel Sasuke dieser Zettel. Sein Vater hatte ihm damals immer solche hinterlassen, wenn er ohne ihn fortgefahren war und er noch geschlafen hatte. So entschied Sasuke diese kleine Nachricht zu behalten, obwohl es vielleicht lächerlich war, aber dann, wenn er wieder auf der Straße war, würde er etwas haben, wodurch er sich an diesen netten Mann erinnern konnte. Und das wollte er, weil er, vielleicht ohne es wirklich zu wissen, immer noch die Hoffnung hatte, dass Itachi Uchiha ihm wirklich helfen konnte, obwohl er dass gar nicht verdient hatte. Sasuke stieg aus dem Bett und ging mitsamt dem Zettel ins Wohnzimmer, wo sein Rucksack stand. Die Kleidung hob er kurz an und legte die Nachricht zu dem Zettel, wo Itachi Uchiha ihm damals seine Adresse aufgeschrieben hatte, bevor er seinen Rucksack wieder schloss und sich fragte, was er nun tun sollte, während der Ältere auf der Arbeit war. Er wusste gar nicht, welchen Job er hatte. Er wusste überhaupt nichts über Itachi Uchiha, aber dieser wusste noch weniger über Sasuke. Noch nicht mal seinen Namen. Weil er nach einigen Minuten, in denen er einfach nur so rum saß, irgendwie nervöser wurde, schloss er kurz die Augen und lehnte sich zurück. Er wusste ganz genau, warum er so unsicher war. Er war noch nie von einem fast Fremden mit soviel Vertrauen beschenkt wurden, einfach in dessen Wohnung zu bleiben, während der andere fort war. Wie auch, wenn die Kerle ihn immer genötigt hatten? Aber jetzt fühlte er sich irgendwie nervös. Er hatte Angst irgendwas falsch zu machen, wusste nicht wie er sich zu verhalten hatte. Wie man sich in solch einer Situation benahm. Ganz sicher aber wusste er, dass er auf keinen Fall einfach an den Kühlschrank gehen würde, obwohl Itachi Uchiha es ihm mit diesem Zettel ja erlaubt hatte. Doch er fand es irgendwie falsch, auch wenn er ein wenig Hunger hatte, aber dieses Gefühl kannte er nur zu Genüge und solange sein Magen vor Hunger nicht schmerzte, war alles in Ordnung. Und im Moment schmerzte schließlich weder sein Bauch von den Schlägen, noch vor Hunger und auch sein Anus tat nicht sonderlich weh, weswegen es unsinnig wäre, nach den Schmerztabletten zu suchen, auch wenn er dann etwas zu tun gehabt hätte. Nach einer weiteren viertel Stunde, in der Sasuke einfach nur rum gesessen und ins Leere gestarrt hatte, traute er sich aufzustehen und sich ein wenig umzusehen. Ganz unauffällig und dabei nichts anfassend, aus Angst etwas kaputt zu machen. Während er durch die Glasfenster des Schrankes blickte, fiel ihm auf, das Itachi Uchiha vermutlich wirklich sehr reich war. Er hatte eine riesige Sammlung an CDs und DVDs, die dort ordentlich sortiert eingeräumt waren. Auf der anderen Seite standen kleine Figuren aus verschiedenen, wahrscheinlich sehr wertvollen Edelsteinen, ebenfalls ordentlich aufgestellt und darüber teure Flaschen Alkohol und Schnapsgläser aus edlem Glas, so wie es aussah. Beschämt wandte Sasuke den Blick ab. Neben dem Wohnzimmerschrank standen eine riesige Musikanlage und ein alter Plattenspieler. Erst dann fielen Sasuke die Platten im extra dafür vorgesehenen Schränkchen darunter auf. Wahrscheinlich war Itachi Uchiha sehr Musikbegeistert, darauf wies auch die Gitarre in der Ecke des Raumes. Sasukes Vater hatte Klavier und Keyboard spielen können und er hatte seinem Sohn beigebracht wie es ging, sodass er noch heute ein bisschen was konnte. Die schmerzlichen Gedanken an den Vater zerdrängend, blickte Sasuke zur anderen Seite des Zimmers, wo der riesige Fernseher stand, sowie die Lautsprecher und verschiedene Player und eine Spielkonsole, deren Stecker nicht eingestöpselt war. Sich immer kleiner fühlend wagte Sasuke noch einen Blick zu dem Bücherregal und schaute genauer hin. Ob Itachi Uchiha wohl böse wäre, wenn er sich ein Buch nähme? Er würde er ja nicht kaputt machen und auch wieder zurückstellen, also war doch nichts dabei, oder? Selbst wenn er ein dummer Straßenjunge war. Sich innerlich Mut zugesprochen habend, besah Sasuke sich die Bücher genauer und griff nach einem. Die Schatten des Windes. Hörte sich doch interessant an. Er setzte sich, mit dem Buch in der Hand auf das Sofa und öffnete es. Zuerst fiel sein Blick auf die Widmung. Er fand sie immer besonders interessant, obwohl sie nicht wirklich zum Buch gehörten, aber hinter den kurzen Sätzen, die der Autor an jemand Besonderen richtete, steckten manchmal mehr Geschichten, als in der eigentlichen Erzählung selber. Für Joan Ramon Planas, der etwas Besseres verdient hätte Wer war Joan Ramon Planas? Was hatte er Besseres verdient und warum? Was war das Schlechte? Sasuke schüttelte den Kopf und blätterte weiter. Seine Gedanken waren lächerlich und er wusste das, wusste, dass er nur ein dummer Straßenbengel war. Das Kapitel hieß der Friedhof der vergessenen Bücher. Sasuke hasste Friedhöfe, seit sein Vater tot war und wann immer er konnte und die Kraft dazu fand, besuchte er dessen Grab. Einmal hatte ihn dort sogar ein Mann aufgegabelt und ihm heile Welt vorgespielt, von wegen er wolle ihm helfen, könne nicht sehen, wie so ein armer Kerl wie er weine. Scheißdreck konnte er. Vergewaltigen, ja das. Erneut den Kopf schüttelnd las er die ersten Sätze, des ersten Kapitels. Ich erinnere mich noch genau an den Morgen, an dem mich mein Vater zum ersten Mal zum Friedhof der vergessenen Bücher mitnahm. Die ersten Sommertage des Jahres 1945 rieselten dahin, und wir gingen durch die Straßen eines Barcelonas, auf dem ein aschener Himmel lastete und dunstiges Sonnenlicht auf die Rambla de Santa Monica filterte. „Daniel, was du heute sehen wirst, darfst du niemandem erzählen“, sagte mein Vater. „Nicht einmal deinem Freund Tomas. Niemandem.“ „Auch nicht Mama?“, fragte ich mit gedämpfter Stimme. Mein Vater seufze hinter seinem traurigen Lächeln, das ihn wie einen Schatten durchs Leben verfolgte. „Aber natürlich“, antwortete er gedrückt. „Vor ihr haben wir keine Geheimnisse. Ihr darfst du alles erzählen.“ Und das Buch hatte ihn in seinen Bann gezogen, wie es so viele Bücher zuvor schon getan hatten. ~~ Als Itachi die Haustüre aufschloss, war er erleichtert dass sein Vater ihm widerstandslos und ohne viel Fragerei drei Tage, also bis zum Wochenende, frei gegeben hatte. Wie ein sorgender Vater hatte er einzig wissen wollen, ob alles in Ordnung war und Itachi hatte zugestimmt. Natürlich war alles in Ordnung, er musste nur erstmal die Dinge regeln die nun durch Sasuke in seinem Privatleben aufgetaucht waren, so war er froh das die morgige Vorlesung nicht besonders wichtig war und bis Ende nächster Woche kein Shooting anstand. Als er in den Flur kam, war es leise, aber er machte sich keine großartigen Sorgen, schließlich war ihm klar, dass sein kleiner Gast keine Unruhe machen würde, wenn er denn überhaupt auf ihn gehört hatte und geblieben wäre. Nachdem er die Schuhe ausgezogen hatte und die Tasche abgestellt hatte, schlüpfte er aus seinem Mantel und rief mit freundlicher Stimme: „Junge, ich bin wieder da.“ Als er darauf keine Antwort erhielt und auch keine Tür aufging, war er der festen Überzeugung er wäre gegangen. Dennoch voller Hoffnung schaute er ins Schlafzimmer. Vielleicht schlief der Jugendliche ja noch, schließlich konnte es ihm nicht besonders gut gehen. Aber im Bett lag keiner mehr und auch der Zettel war fort. Itachi senkte resigniert den Kopf und machte sich auf den Weg in die Küche. Es lohnte nicht im Badezimmer oder der Waschküche oder im Wohnzimmer nachzusehen, denn der Teenager hatte ihm nicht geantwortet, also war er wohl fort. Es hätte ihm klar sein müssen. Egal, was er über den Jungen gedacht hatte, er war eben doch nur ein Straßenkind. In der Küche machte Itachi sich einen seiner heiß geliebten starken Kaffees und überlegt, ob er seine freien Tage für sich nutzen sollte oder doch in der Kanzlei anrufen und Bescheid sagen, dass er doch käme? Er wusste es noch nicht und wenn er ehrlich war, wollte er sich momentan keine großen Gedanken darüber machen. Obwohl er den Jungen kaum gekannt hatte, nahm es ihn irgendwie mit, dass dieser einfach so abgehauen war. Er konnte es sich selbst nicht erklären. Itachi nahm seine Tasse und ging ins Wohnzimmer, wo sich ein Lächeln auf seine Lippen schlich. Sasuke saß auf der Couch, den Kopf gesengt und auf dem Schoss ein Buch liegend, in das er wohl völlig vertieft war. Als Itachi leise etwas näher ging, sah er, wie viel der Junge in der kurzen Zeit, in der er fort gewesen war, gelesen hatte. Itachi war sich sicher, er hätte kaum die Hälfte von dem geschafft, weil er sich beim Lesen immer von anderen Dingen ablenken lies. Er machte eindeutig lieber Musik, aber Sasuke musste wohl so vertieft in das Buch sein, dass er ihn immer noch nicht bemerkt hatte, so schlich sich Itachi dann hinter das Sofa und beugte sich ein Stück nach vorne, sodass er, dennoch mit einem guten Stück Abstand: „Buh“, in Sasukes Ohr flüstern konnte, was den Jungen erschrocken aufblicken lies. „Ich…“, setzte er an und wollte sich schon entschuldigen, was Itachi aber nicht auffiel, weswegen er mit einem spaßigen Unterton in der Stimme sagte: „Hast du mich denn gar nicht vermisst? Einfach ein Buch genommen und mich vergessen.“ Anstatt dass der Jugendliche, wie Itachi gehofft hatte, grinste, wurde der Ausdruck in dessen Gesicht nur erschrockener und ängstlicher, während die Hand die das Buch hielt zu zittern anfing und die andere sich in die Decke, die noch von der Nacht neben ihm lag, krallte. Als Sasuke sich genauso gehetzt umblickte, wie er es am damals getan hatte, als er nach seinem Zusammenbruch in der Badewanne aufgewacht war, merkte Itachi, dass er genau das Gegenteil von dem erreicht hatte, was er hatte erreichen wollen. „Hey… Junge, ich tu dir doch nichts, dass sollte… naja… nur ein kleiner Scherz sein.“ An dem aufrichtigen Ausdruck in Itachi Uchihas Gesicht merkte Sasuke, dass dieser die Wahrheit sagte. Er wollte ihn nicht verschrecken. Er wollte nur einen Scherz machen. Durch dieses Wissen entspannte Sasuke sich wieder und merkte, wie seine Hand aufhörte zu zittern, doch dabei merkte er auch, dass er das Buch noch in der Hand hielt. Itachi Uchihas Buch. „Tut mir Leid“, fing unsicher an und setzte schon an aufzustehen, als er, auf einen verwunderten Blick von Itachi, hinzufügte: „Ich hätte vorher fragen sollen. Wenn… es nicht recht ist… ich stell das Buch sofort zurück… Entschuldigung.“ Doch Itachi schüttelte nur den Kopf und legte die Hand auf die Schulter des Straßenkindes und drückte ihn zurück ins Sofa. „Du kannst hier alle Bücher lesen, die ich habe. Dazu sind die ja schließlich da.“ Er sah wie der Jugendliche nickte und dann kurz auf das Buch in seinen Händen linste, ehe Itachi zum ersten Mal dessen Lächeln sah, was ihn dazu veranlasste sich neben ihn zu setzten. „Du liest gerne?“, fragte er mit freundlicher Stimme und lehnte sich zurück. Erneut erhielt er ein sachtes Nicken und hörte dann ein leises: „Ja. Hab… ich schon immer.“ Als beide in ihren Gedanken versunken waren, hörte Itachi nach einiger Zeit ein leises Magengrummeln aus der Richtung des Jungen, was ihn dazu brachte zu fragen: „Hast du überhaupt schon was gegessen?“ Sasuke jedoch schüttelte nur kurz den Kopf und wandte ihn dann beschämt in eine andere Richtung. Wie sollte er nur erklären, dass er sich einfach nicht getraut hatte etwas zu nehmen, obwohl er gewollt hatte? Er konnte das nicht. Er war kein Meister der großen Worte. Aber das musste er wohl bei Itachi auch nicht sein, denn dieser stand grinsend auf und meinte: „Dann mach ich uns was. Hab nämlich auch Hunger.“ Sasuke blickte diesem Mann hinterher und augenblicklich schossen ihm all die Dinge durch den Kopf, die er getan und nicht getan hatte. Er war wohl, nach seinem Vater – den Sasuke über alles liebte – der netteste Mensch, der ihm je begegnet war und langsam glaubte Sasuke daran, dass dessen Nettigkeit wirklich von Grund auf ehrlich war. Er hatte für nichts, was er getan hatte, eine Gegenleistung gewollt, hatte ihn weder geschlagen, noch beschimpft oder benutzt. Itachi Uchiha hatte ihn sogar alleine in seiner, zugegeben sehr wohlhabend ausgestattenden Wohnung gelassen, und er hätte wer weiß was tun können. Dabei kannte Itachi Uchiha noch nicht mal seinen Namen. Vielleicht sollte er…? Aber irgendwie traute er sich auch nicht. Fast jeder der auf der Straße lebte, hatte ihm bisher gesagt, man solle niemanden seinen Namen verraten. Das würde nur Schlechtes bringen. Sasuke erhob sich, ohne dass sein Magen oder sein Anus schmerzte, und ging in die Küche, wo er Itachi am Herd stehen sah. Schüchtern setzte er sich auf den Stuhl, wo er auch gestern Abend gesessen hatte und schaute dem Erwachsenen dabei zu. Er glaubte zu merken, dass der Uchiha gerne kochte, so wie sein Gesicht dabei aussah. Er beobachtete weiter. Sah, wie Itachi Uchiha Nudeln kochte, geschnittene Möhren und frische Tomaten in eine Hackfleischsoße gab und immer wieder umrührte. Bei dem Geruch knurrte Sasukes Magen erneut und erst jetzt merkte er, dass er wirklich Hunger hatte. Vorher war es nur dieses ewige Gefühl gewesen, dass er vom Leben auf der Straße kannte, aber es waren auch jetzt nicht die typischen Schmerzen aus Hunger, die er ebenfalls so oft spüren musste. Es war was anderes. Appetit. Ja, er glaubte das war es. Erneut fiel Sasuke auf, das sich keine, außer seinem eigenen Vater, je so viel Mühe mit ihm gegeben hatte. Er wusste gar nicht, wie lange es her war, dass er Appetit verspürt hatte. Das musste zu Lebzeiten seines Vaters gewesen sein und auch in diesen Zeiten war es wohl das letzte Mal gewesen, dass Sasuke sich irgendwie umsorgt oder sogar ein wenig beschützt gefühlt hatte, denn danach war sein Vater gestorben, doch jetzt fühlte er sich wieder ein wenig so. Ein wenig umsorgt, ein wenig beschützt. Und was sollte Itachi Uchiha schon Böses mit seinem Namen anfangen? Er hatte ihm bisher nichts Böses gewollt. Warum sollte er es danach tun? Das war Quatsch. Sasuke entschloss sich, dass erste Mal seit dem Tod seines geliebten Vaters wieder zu versuchen irgendjemanden Vertrauen zu schenken und darauf zu hoffen, dass es nicht missbraucht wurde. Außerdem konnte Itachi Uchiha ihn ja nicht immer mit dem Wort Junge rufen. Das war doch dämlich. Dabei kam er sich nur noch kleiner und unbedeutender vor, obwohl der Uchiha es mit Sicherheit nur gut meinte. „Sasuke“, sagte er deswegen leise und sah dann, wie sein Gegenüber sich verwundert zu ihm umdrehte und ihn fragend anblickte. „Was hast du gesagt?… Wiederhol das bitte noch mal.“ Itachi konnte es nicht glauben. Hatte der Junge ihm da grade seinen Namen verraten? Dabei hatte er doch am Morgen noch geglaubt, dass sei ein viel zu großer Vertrauensbeweis seitens des Jüngeren, aber anscheinend hatte er sich geirrt. Oder doch nicht…? „Sasuke. Mein Name.“ to be continued... by Jess- Kapitel 10: Elevation --------------------- Kapitel 10: Elevation Won't you tell me something true I believe in you Den Namen Sasuke hatte er in den letzten Monaten oft gehört, denn seine Freunde Konan und Pein hatte mit dem Gedanken gespielt ihr Kind so zu nennen, doch am Ende hatten sie ihn doch Yahiko genannt. Wahrscheinlich auf Peins Wünsche hin, denn die Frau hatte fast täglich von dem Namen Sasuke geschwärmt und daher wusste Itachi auch, was dieser bedeutete. Er war eine Hommage an Sasuke Sarutobi, eine bekannte Ninja-Figur in japanischen Kinderbüchern zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Itachi hatte diese Erzählung schon damals erstaunlich gefunden, doch jetzt wo dieser scheinbar so schwache, hilfsbedürftige Jugendliche vor ihm saß, fand er es nur noch erstaunlicher, was dieser Name bedeutete. Er fragte sich, welcher von seinen Eltern dafür gewesen war, ihn so zu nennen. Ihm diesen schönen Namen zu geben. Ja, er fand ihn schön. Vater, Mutter oder beide? Und was war jetzt mit diesen Eltern? Lebten sie noch? Und wenn ja, warum ließen sie zu, dass ihr Sohn auf der Straße lebte? Welche liebenden Eltern ließen so was schon zu? Itachi rührte abwesend in der Soße und schüttelte den Kopf. Sasuke war doch fast noch ein Kind! Ein Kind, das jetzt in seiner Obhut war. Jetzt, wo dieser obdachlose Junge auch für ihn einen Namen hatte, fühlte Itachi Sich ihm gleich viel verpflichteter, aber gleichzeitig merkte er auch, dass er es vielleicht wirklich schaffen konnte, dem Jungen zu helfen. Ganz in seinen Gedanken versunken, merkte Itachi nicht, wie in Sasukes Augen wieder ein unsicherer Glanz aufleuchtete. Er verschränkte die Hände unsicher in seinem Schoß und blickte auf den Boden, als er sich daran erinnerte, was er für ein hirnloser Idiot war. Er hätte verdammt noch mal warten sollen, bis Itachi Uchiha ihn von selber nach seinem Namen fragte und ihn nicht einfach wie ein Depp in den Raum werfen dürfen. Immer mehr in sich zusammensackend, als wäre irgendeine unsichtbare Last auf seinen Schultern, fragte er sich, wie er es hatte hinbekommen können, diesen netten Mann mit nur einem dummen Satz, so schweigsam zu machen. So ein Mist konnte auch nur ihm passieren. Vielleicht hatte seine Mutter Recht damit gehabt, wenn sie sagte, er sei ein dämlicher Bengel und total unfähig für alles mögliche, als er mit vierzehn lieber weiter hatte zur Schule gehen wollen, als diesen Drecksjob zu machen, den sie für ihn ausgesucht hatte. Hatte im Endeffekt auch nicht viel genützt, denn zwei Wochen nach den vernichtenden Worten seiner Erzeugerin war er abgehauen. Nach einiger Zeit schüttete Itachi die Nudeln ab und stellte sie dann mit dem Topf auf die Spüle, ehe er zwei Teller aus dem Hängeschrank nahm und mit der Teigspeise und der frischen Bolognesesoße auffüllte, ehe er sich umdrehte, um die Teller auf den Tisch abzustellen, doch dann fiel ihm auf, sie zusammengesunken Sasuke dort saß. Was war nun schon wieder los? Was glaubte der Junge wieder falsch gemacht zu haben? Itachi hatte ihm doch keineswegs das Gefühl gegeben, etwas nicht richtig getan zu haben. Er hatte doch nichts getan, um den Vertrauensbeweis, den Sasuke ihm erbracht hatte, zu brechen, also… Verdammt! Er hatte nichts gesagt, hatte nur geschwiegen, vielleicht war es das, was Sasuke dazu brachte sich schlecht zu fühlen. Wohlmöglich fürchtete dieser unsichere Jugendliche nun, er wäre sauer oder verstimmt, weil der Andere einfach so seinen Namen in den Raum geschmissen hatte. Aber es war genau das Gegenteil. Itachi war ihm dankbar für dieses Vertrauen. „Sasuke.“ Es fühlte sich toll an, diesen Namen auszusprechen. „Sieh mich an, Junge.“ Zögerlich, aber dennoch artig, folgte Sasuke dem was der Ältere gesagt hatte und blickte ihn aus unsicheren Augen an. Itachi lächelte ein selten zuversichtliches Lächeln, aber er wusste, dass dieser Teenager es jetzt brauchte. „Ich danke dir, dass du mir verraten hast, wie du heißt. Das bedeutet mir einiges, glaub mir. Du brauchst dich also vor mir nicht zu grämen, hörst du?“ Itachi lächelte noch breiter, obwohl er das gar nicht von sich kannte und sagte mit freundlicher Stimme: „Außerdem finde ich deinen Namen sehr schön.“ Durch die netten Worte des Älteren spürte Sasuke wie sich seine Wangen vor Verlegenheit erhitzten. Und sofort war es ihm peinlich, dass ihm etwas peinlich war, weswegen er fürchtete schon wie eine überreife Tomate auszusehen. Aus diesem Grund senkte er seinen Blick wieder zu Boden und murmelte ein schüchternes: „Danke.“ Aber es war ernst gemeint. Und dieser Dank war nicht nur dafür, dass Itachi Uchiha seinen Namen schön fand, sondern für alles andere auch, was dieser Mann schon für ihn getan hatte. Besonders aber dafür sorgte, dass Sasuke sich gut fühlte. Ja, dafür war er besonders dankbar, denn so lange schon, hatte er sich nicht mehr umsorgt gefühlt. Oder gar beschützt. Noch nicht mal gewollt hatte er sich in den letzten Jahren, seit dem Tod seines Vaters, irgendwo gefühlt. Doch hier, bei Itachi Uchiha tat er dies. Vielleicht war es anmaßend, dies zu denken, aber er glaubte, der Ältere hatte ihn wohlmöglich, aus welchem unsinnigen Grund auch immer, gerne hier. Sonst hätte er heute morgen in dem Zettel doch nicht geschrieben, dass er bleiben solle, oder? Itachis Lächeln ebbte nicht ab bei dem schüchternen Dank des Jungen, doch er schüttelte erneut den Kopf, als er bemerkte, dass Sasuke wieder auf den Tisch blickte und nicht mehr zu ihm. Ohne große Worte schob er deswegen den Teller näher, sodass er genau vor dessen Nase stand, ehe er sich seinen eigenen nahm und sich auf einen anderen, freien Stuhl setzte und, nachdem er dem Jüngeren einen guten Appetit gewünscht hatte, zu essen anfing. Er musste einige Sekunden warten, bis sein Gegenüber den Kopf hob und unsicher nach der Gabel griff. „Iss, Sasuke. Es ist genügend da“, sagte Itachi schnell, da er merkte, das der Junge wieder zögerte und dass sollte er nicht. Nicht bei solch alltäglichen und lebensnotwendigen Dingen wie der Nahrungsaufnahme. Auf Itachi hörend, drehte der Jüngere nun ein paar Spagetti auf seiner Gabel und führte sie dann samt etwas Soße zu seinem Mund. Mal wieder war das Straßenkind davon überwältigt, wie das Essen schmeckte. Er wusste nicht, ob es so war, weil er so lange nichts Warmes und Vernünftiges mehr gegessen hatte, außer der Suppe gestern – die auch schon großartig gewesen war – oder weil Itachi einfach ein brillanter Koch war. Nachdem Itachi sich schon einige Nudeln zu Gemüte geführt hatte, befand er es für gut, ein Gespräch mit Sasuke anzufangen, damit es nicht so wirkte als dürfe er beim Essen nicht reden oder so etwas und weil er es selber wollte. Er wollte mit Sasuke reden. Irgendwie hatte er das schon bei ihrem ersten Treffen gewollt. „Wer hat deinen Namen eigentlich ausgesucht? Mama oder Papa?“, fragte er dann mit der freundlichsten und vertrauenserweckenden Stimme, die er aufbringen konnte. Dennoch musste er sehen, dass Sasuke wieder den Kopf senkte, doch er flüsterte mit unheimlich leiser und unsicherer Stimme: „Mein Vater.“ Itachi nickte und entschloss sich dazu, nicht weiter zu fragen, auch wenn er gerne die Geschichte hinter dieser Namengebung gehört hätte, wenn es denn eine gab. Zu seinem eigenen Namen gab es keine großartige Geschichte. Seine Mutter hatte einfach gefunden, dass er sich gut und stimmig mit seinem Nachnamen anhörte und hatte so seinen Vater überredet über die Bedeutung hinwegzusehen, weil dieser am Anfang gar nicht darüber erfreut gewesen war, dass der Name seines Kindes Wiesel bedeutete. Aber er hatte sich in den Jahren wohl damit abgefunden. Als Itachi und Sasuke mit dem Mittagessen fertig waren, wobei der Jüngere seinen Teller nicht mal annähernd leer bekommen hatte, weil er es nicht gewohnt war so viel und regelmäßig zu Essen zu bekommen, stellte Itachi das Geschirr in die Spülmaschine und lehnte sich dann gegen die Küchenzeile, ehe er zu dem Jugendlichen sagte: „Ich muss noch ein bisschen Hausarbeit erledigen. Die Wäsche, saugen und die Fenster müssen auch mal wieder geputzt werden. Du kannst ja solange lesen oder…“ „Ich könnte ihnen helfen, Herr Uchiha“, schlug der Teenager mit zurückhaltender Stimme vor. Das war das Mindeste, was er tun konnte. Dennoch hoffte er sich nun nicht aufgedrängt zu haben. Vielleicht wäre es besser gewesen, vorzuschlagen, dass er jetzt gehen könnte oder einfach auf den Älteren hören und sich ruhig mit dem Buch beschäftigen, um nicht zu nerven. Doch all seine aufkommenden Sorgen wurden von Itachi fröhlicher Stimme durchbrochen. „Super, vier Hände schaffen mehr als zwei und Hausarbeit kann ich sowieso nicht besonders leiden.“ Sasuke folgte dem Mann ins Wohnzimmer, wo dieser sagte, er solle kurz hier warten. Nach seinen Worten ging Itachi durch den Flur in die Waschküche, wo er die saubere Wäsche der letzten Maschine in den Trockner schmiss und die Dreckige in die Waschmaschine, bevor er beide Geräte einschaltete und mit den passenden Putzmitteln, Schwämmen, Tüchern und einem Eimer, denn er im Badezimmer mit Wasser auffüllte, zurück ins Wohnzimmer ging und die Sachen auf der breiten Fensterbank abstellte. „Hast du schon mal Fenster geputzt?“, fragte er den Straßenjungen dann, woraufhin er ein Nicken und leise gemurmelte Worte erhielt. „Schon öfters.“ Das stimmte sogar. Nachdem sein Vater gestorben war, hatte er sich ob um die Ordnung und Sauberkeit des Hauses gekümmert, weil es seiner Mutter egal geworden war. Sie hatte sich genauso wenig um die Bude gesorgt, wie um ihn, hatte nur noch gesoffen, geraucht und sich mit ihrem besten Freund vergnügt oder vor dem PC gehockt und von dem reichhaltigen Erbe seines Vater jeglichen Müll gekauft, denn sie nicht gebraucht hatte. Er hingegen hatte schon damals kaum mehr Geld von ihr bekommen. Erst dann wenn die Lehrer oder die Nachbarn sich wieder beschwert hatten, in welchen alten und teilweise kaputten Klamotten er wieder rum lief, hatte sie ihm etwas zugesteckt. Sich selbst aus seinen Gedanken reißend griff er nach dem Glasreiniger, den Itachi zuvor zurückgestellt hatte, nachdem er ein anderes Fenster besprüht hatte, das er im Anschluss mit einem trockenen Tuch bearbeitete. Sasuke besprühte seines auch mit dem Putzmittel und tat es dem Älteren dann gleich, wobei er sich immer wieder auf die Zehenspitzen stellen musste und den Arm weit nach oben strecken, damit er bis ganz nach oben kam. Itachi Uchiha hatte es da wohl leichter, schließlich war er gut einen Kopf größer als er. Durch diese Anstrengung, die Sasuke immer wieder durch seinen geschwächten Körper jagte, der solch eine Art von Arbeit nicht mehr gewöhnt war, schmerzte bald schon sein Magen wieder und auch sein Anus, sodass er sich kurz bei Itachi abmeldete um auf die Toilette zu gehen und zu kontrollieren, ob die Wunde nicht wieder aufgegangen war. Das könnte dann nämlich unangenehm werden, wenn Itachi Uchiha plötzlich sehen würde, wie Sasukes Boxershort mit Blut besudelt war und außerdem würden dann Fragen aufkommen und die wollte Sasuke unbedingt verhindern. Mit Erleichterung stellte er fest, dass die Wunde nicht blutete, sondern nur schmerzte, aber er wusste, dass er aufpassen musste und ging so mit vorsichtigen Schritten zurück ins Wohnzimmer, ehe er sich wieder an die Arbeit machte. Mittlerweile waren beide schon am jeweils zweiten Fenster, doch das riesige Wohnzimmer hatte sechs Stück und so hatten sie noch eine Menge Arbeit vor sich, vor allem wenn der Ältere vorhatte auch die anderen Räume so zu reinigen. Je öfter Sasuke seinen Arm streckte um an die oberen Stellen des Fensters zu kommen, desto mehr schmerzte sein Bauch wieder, sodass er ein schmerzvolles aufkeuchen bald nicht mehr unterdrücken konnte, doch er hoffte, dass Itachi Uchiha es überhört hatte. Er wollte diesem Mann zum Dank für alles nun wenigstens dabei helfen zu putzen, wenn er schon nicht mehr tun konnte und dennoch in dessen Schuld stehen würde. Als Itachi das schmerzverzehrte Geräusch wahrnahm drehte er sich zu Sasuke um und sah, wie dieser die Zähne zusammenbiss, mit der Hand die Fensterbank umklammerte und mit der Anderen seinen höchstwahrscheinlich höllisch schmerzenden Bauch hielt. „Sasuke“, entfuhr es Itachi besorgt, bevor er seinen Lappen auf das Fensterbrett ablegte und näher an den Jugendlichen heran schritt. „Setz dich hin“, sagte er überflüssigerweise, da er den Jungen schon an der Schulter zum Sofa führte und dafür sorgte, dass der sich darauf niederließ. „Warum sagst du mir denn nicht Bescheid, wenn du Schmerzen hast?“, fragte er noch, ehe er auch schon, ohne die Antwort abzuwarten aus dem Wohnzimmer verschwand und nach kurzer Zeit mit einem Glas Wasser und einer Schmerztablette zurückkam. Beides drückte er seinem Schützling in die Hand und wartete, bis dieser die Pille geschluckt hatte. Da die Schmerztablette nicht sofort wirkte, hielt der Junge sich immer noch krampfhaft den Bauch, doch das hielt ihn nicht davon ab, sich zu entschuldigen. „Tut mir… Leid“, keuchte er unter Schmerzen. „Ich… ich helfe ihnen gleich weiter…“ „Ganz bestimmt nicht“, winkte Itachi ab und musste sich stark konzentrieren nicht aus der Haut zu fahren. Ja, es machte ihn wütend, dass Sasuke seine Schmerzen geheim hielt, bis es gar nicht mehr ging. „Du bleibst jetzt hier sitzten und erholst dich, hörst du? Wenn dir langweilig ist, lies oder so, aber gönne deinem Körper mal das, was er braucht und wenn es nur Erholung ist.“ Den Jungen erstmal nicht mehr beachtend, blickte Itachi auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass es schon früher Abend war, sodass er den Putzkram einsammelte und entschied für heute erstmal Schluss zu machen. Im Moment war er sowieso viel zu geladen um sich da hinzustellen und über ein Fenster zu wischen, sodass er mit den Putzsachen in den Flur ging, den Kram in der Waschküche abstellte und dann einmal, weil er es nicht in sich halten konnte, mit voller Wucht auf die Oberseite des Trockners schlug, der dennoch nicht seinen Geist aufgab, sondern gemächlich vor sich weiter brummte, woraufhin Itachi seine Arme auf der Maschine verschränkte und den Kopf auf diesen bettete. Was war nur mit ihm los? So schnell fuhr er doch sonst nicht aus der Haut, aber es störte ihn, dass Sasuke sich wegen Schuldgefühlen oder sonst irgendwelchem Dreck, den er dachte, selber kaputt machte. Es reichte doch wohl, dass er so abgemagert war und auf der Straße lebte, da konnte er doch wenigstens auf die Symptome hören, die sein Körper ihm mitteilte. Als er sich dazu zwang sich zu beruhigen, fragte er sich, was ein Kind dazu bringen konnte so verschüchtert zu sein, so wenig auf sich selbst zu achten. Selbst er, in seinen schlimmsten Teenagerjahren hatte immer auf seinen Körper gehört, egal was für ein Rebell er hatte sein wollen. Doch Sasuke… auf Itachi schien es zwischenzeitlich als hätte er aufgehört auf sich zu achten, vielleicht weil er glaubte, dass es keinen Sinn hatte, aber das hatte es. Das hatte es. Itachi Hände schlossen sich zu Fäusten, als er sich entschloss, den Jungen nun wirklich einige Dinge zu seiner Vergangenheit fragen zu müssen. Es ging nicht anders. Itachi brauchte Antworten. Als er mit einem Gemütszustand zufrieden war, entschied Itachi zurück ins Wohnzimmer zu gehen, wo er sich neben den verschreckten Sasuke auf die Couch sinken lies. Ja, natürlich. Der Junge hatte wahrscheinlich gehört, wie er gegen den Trockner geschlagen hatte und fürchtete nun wohl, wie so oft schon, – das war Itachi aufgefallen – dass er ihn schlagen würde. „Sasuke“, setzte er an und merkte, durch ein zusammenzucken des schmalen Körpers, dass der Jugendliche ihm zuhörte. „Ich will dass du weißt, dass ich dir in keiner Weise wehtun will und auch nicht werde.“ Als Sasuke keine Reaktion von sich gab, seufzte Itachi kurz und meinte mit ernster Stimme: „Ich will dass du mir sagst, dass du verstehst, dass ich dir nicht wehtun werde.“ Er erntete jedoch nur ein Nicken des Jugendlichen und schüttelte den Kopf, bevor er eine Hand auf dessen Schulter legte und dann mit so viel Einfühlungsvermögen, wie er nur in seine Stimme legen konnte, sagte: „Was ist mit deinen Eltern?“ Als auch dieses mal wieder kaum eine Reaktion, außer einem Zusammenzucken des Jugendlichen kam, vertiefte Itachi seine Stimmfarbe und forderte: „Rede mit mir, Junge.“ Sasuke wusste, dass er verdammt noch mal schon vorher hatte antworten sollen, dass er sich hätte entschuldigen sollen, für all die Probleme und Unannehmlichkeiten er dem Älteren bereitete, aber er konnte nicht. Er hatte seine Stimme einfach nicht gefunden und auch jetzt schien es ihm unendlich schwer, zu antworten. Heraus kam nur eine halbe Lüge, weil er es nicht besser wusste. Sich nicht anders zu helfen wusste. Denn er konnte nicht erzählen, was seine Mutter tat und was ihr bester Freund getan hatte. Er konnte einfach nicht. „Sie… sind tot.“ Fassungslos starrte Itachi den Jugendlichen an. Er machte so einen erbärmlichen Eindruck auf ihn. Die Haare ins Gesicht hängend, die Hände im Schoss vergraben und in dieser gebückten Sitzhaltung. Wie ein Häufchen Elend, schoss es Itachi durch den Kopf, obwohl er sich im nächsten Moment schon dafür schämte. Aber… hatte Sasuke denn niemanden der für ihn sorge trug? Dieser arme Kerl. „Was ist mit Verwandten? Es muss doch einen Ort geben wo du zu Hause bist.“ Itachi sah wie Sasuke, fast schon apathisch wirkend, den Kopf auf seine Frage hin schüttelte und wie seine Schultern zu Beben anfingen. „Es gibt niemanden.“ Und Zuhause war er auf der Straße. Sasuke hatte die Worte zwar nicht ausgesprochen, aber dennoch glaubte Itachi, dass es das war, was er gesagt hätte, wenn er mehr sagen würde und vielleicht brannten sich gerade deshalb diese Worte, diese unausgesprochenen Worte, so in sein Gedächtnis. „Wie… lange schon?“, setzte er an und erklärte seine Frage: „Wie lange lebst du schon auf der Straße?“ Seine Hand hatte die Schulter noch nicht losgelassen und immer wieder spürte Itachi so die Schauer, die durch den Körper des Jüngeren fuhren. Aber er weinte nicht. Er weinte nicht, obwohl Itachi, auch wenn er es nicht gerne zugab, zum heulen zu Mute war. „Weiß nicht. Ein Jahr“, murmelte der Jugendliche und sackte noch weiter in sich zusammen, woraufhin Itachi die Augen schloss und versuchte dieses Gefühl los zu werden. Es war kein Kloß im Hals, es war auch nicht der Pipi in den Augen, es war eher eine echte Traurigkeit im Herzen. Und wenn er schon diese Traurigkeit fühlte, was musste dann in dem Jungen vorgehen? Itachi wollte es sich gar nicht vorstellen und er wollte nicht mehr nachhaken, in keinen Wunden mehr bohren. Also stand er auf und ging in den Flur, wo sein Telefon den Platz gefunden hatte, ehe er die Nummer vom Pizzaservice wählt und eine Familienpizza Margherita bestellte, ehe er ins Wohnzimmer zurück ging, wo Sasuke immer noch so dasaß, wie er ihn zurückgelassen hatte. Leise seufzte er aus und legte ein aufmunterndes Lächeln auf, als er sich vor den Kleineren hinkniete und den Blickkontakt zu ihm suchte, welcher ihm auch nach kurzer Zeit geschenkt wurde. Weiterhin lächelt blickte er Sasuke an und sagte dabei: „Ich hab uns eine schöne riesige Pizza bestellt und dachte mir, ein ruhiger TV-Abend könnte dir gut tun, na was sagst du?“ Er erhob sich und trat, gefolgt der Blicke des Jugendlichen zum Schrank und öffnete eine der Glastüren, ehe er auf seine riesige DVD-Sammlung zeigte. „Ich hab genug Auswahl. Such dir was aus.“ Als der Film zu Ende war, spürte nicht nur Sasuke wie schläfrig er war, sondern auch Itachi gähnte hinter vorgehaltener Hand. Kein Wunder; die Straßenlaternen waren schon an, der Mond stand hoch am Himmel und dieser war dunkel. Sasuke erhob sich aus der gemütlichen Position, in die er sich nach einiger Zeit niedergelassen hatte, als er bemerkt, dass Itachi Uchiha da alles andere als etwas gegen gehabt hatte, wenn er die Füße ebenfalls aufs Sofa abstellte und seine Arme darum schlang. Wahrscheinlich hatte dieser sogar gewollt, dass er mutig genug war und sich breiter machte, aber das hatte er nicht getan. Mit einem traurigen Ausdruck im Gesicht schnappte er nach seinem Rucksack und fragte leise: „Kann… ich mich schnell im Bad umziehen gehen?“ „Umziehen?“ Itachi gähnte noch einmal. „Wozu denn? Wir gehen doch jetzt eh gleich schlafen.“ „Ja… deswegen“, murmelte Sasuke und scharrte verlegen mit dem Fuß auf den Boden. „Ich… will sie nicht länger stören.“ „Ah, jetzt verstehe ich“, meinte Itachi nur und grinste kopfschüttelnd. „Schau aus dem Fenster, Junge. Es gießt wie aus Eimern. Denkst du ich schmeiß dich bei dem Wetter raus? Vergiss es. Ich bezieh das Bettzeug jetzt noch schnell neu und dann kannst du dich auf die Couch legen und schlafen.“ Auf diese Worte hin war es Sasuke, der den Älteren verwundert anblickte. Egal wie nett der Uchiha zu ihm gewesen war, er hatte nicht geglaubt noch eine Nacht im Warmen verbringen zu dürfen und erneut fragte er sich, wie er das nur je wieder gut machen sollte, als Itachi sich erhob um aus dem Wohnzimmer zu verschwinden, nur um mit warmen Bettbezug, frisch aus dem Trockner, zurückzukommen. Während der Ältere anfing die Bettewäsche zu beziehen, stand Sasuke, immer noch mit dem Rucksack in der Hand, daneben und blickte verwundert auf das Tun, ehe er aus seinen Gedanken gerissen wurde. „Geh ruhig ins Bad Zähne putzen, Gesicht waschen, was weiß ich.“ Sasuke nickte nur, weil er nichts anderes zu tun oder sagen wusste und ging samt seinem Rucksack ins Badezimmer. Dort putzte er sich eilig die Zähne, um nicht so viel Wasser und Zahnpasta zu verschwenden, wenn der Uchiha ihn schon die zweite Nacht hier behalten würde. Noch schnell wusch er sich das Gesicht mit kalten Wasser und den Händen, ehe er nach einem T-Shirt aus seinem Rucksack griff, um sich damit das Gesicht abzutrocknen, weil er sich trotz allem nicht traute, einfach ein Handtuch zu nehmen, nachdem er mit seinem Blut vergangene Nacht das Andere wohl schon zerstört hatte. Als er dann fertig war und das Shirt und die Zahnbürste wieder in den Rucksack geräumt hatte, ging er wieder zurück ins Wohnzimmer, wo Itachi in einem Sessel hockte, während die Couch unheimlich einladend wirkte mit dem großen Kissen und der dicken Decke, dennoch traute er sich nicht, sich einfach so hinzulegen. Itachi Uchiha aber bemerkte wohl seinen zurückhaltenden Blick und sagte leicht schmunzelnd: „Leg dich schon hin. Ich lass die Jalousie etwas auf, damit es nicht ganz dunkel ist, in Ordnung?“ Sasuke tat wie geheißen, stellte seinen Rucksack neben der Couch hab, kuschelte sich seitlich in die dicke Decke und nickte leicht, ehe er sagte: „Ich danke ihnen, Herr Uchiha.“ „Gute Nacht, Sasuke“, sagte der jedoch nur, nachdem er die Jalousien der viele Fenster so weit zugezogen hatte, dass dennoch etwas Licht der Laterne in den Raum schien, lächelte noch einmal aufmunternd und verschwand dann aus dem Wohnzimmer, um sich und auch seinem kleinen Gast den wohlverdienten Schlaf zu gönnen. t o be continued... by Jess- Kapitel 11: I fall down ----------------------- Kapitel 11: I fall down And the wind and the rain Never look back again Nachdem Itachi entgegen seines typischen Verhaltens am nächsten Morgen erst gegen zehn Uhr aufstand, ging er gemächlich ins Badezimmer, duschte, band sich die nassen Haare zum Zopf und zog sich eine dunkle Jeans und einen lockeren Pullover an, bevor er kurz ins Wohnzimmer linste und einen in die Decke gekuschelten Sasuke vorfand. Sollte er sich ausschlafen, dachte der Ältere mit einem kaum merklichen Lächeln auf den Lippen und schloss vorsichtig wieder die Tür. Auf nackten Füßen machte er sich auf den Weg in die geräumige Küche und stierte in den Kühlschrank. Er musste wohl wirklich einkaufen gehen und das nicht immer so vor sich herschieben. Naja, wenigstens reichte es noch für ein halbwegs vernünftiges Frühstück, stellte er dann nach einem geschulten Blick fest und holte den restlichen Aufschnitt und den halbleeren Milchkarton aus dem Kühlschrank, nahm Aufbackbrötchen aus dem Hängeschrank und etwas Toastbrot, dass er noch da hatte, bevor er die letzte Salatgurke, die er noch in seinem Gemüsekorb hatte, in Scheiben schnitt. Als alles soweit fertig war, stellte er die Lebensmittel, mitsamt zwei Brettchen und zwei Messern auf den Glastisch. Dann entschied er sich seinen jungen Gast mal wecken zu gehen, wobei er sich fragte, wie jung Sasuke eigentlich wirklich war. Er schätze ihn keinesfalls über Achtzehn, viel eher einige Jahre jünger, aber eben auch nicht jünger als vierzehn. Kopfschüttelnd öffnete Itachi die Wohnzimmertür und trat leise hinein. Er hatte noch nie gut das Alter einer Person schätzen können. Wahrscheinlich, schlussfolgerte Itachi, war er dieses Mal nicht so leise gewesen, wie zuvor, sodass er mit ansehen musste, wie der Junge aus dem Schlaf schreckte und hochfuhr, wobei er sich augenscheinlich verwirrt umschaute, ehe sich ein wissender Ausdruck auf sein Gesicht schlich und er seinen Kopf vollends zu Itachi drehte. „Guten Morgen“, sagte Itachi zunächst und fügte dann an: „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken, sondern dich zum Frühstück rufen. Kommst du?“ Sasuke nickte, stand auf und merkte, dass zwar die Schmerzen in seinem Anus momentan kaum mehr da waren, dafür sein Bauch aber wieder schmerzte, was er darauf zurückführte, dass er dringen auf Klo musste. „Könnte ich… vorher… auf Toilette, bitte?“, fragte er leise und nun war es an Itachi zu nicken und mit den gemurmelten Worten: „Komm gleich einfach nach, ich brauch jetzt meinen Kaffee“, im Flur und dann in der Küche verschwand. Dort goss er sich etwas von dem vorher aufgesetzten Kaffee in seine Tasse und überlegte Sasuke auch etwas einzuschenken, aber er ließ es bleiben, weil er sich noch genau daran erinnern konnte, wie ekelig er das koffeinhaltige, heiße Getränk mit sechzehn gefunden hatte. Erst mit dem Anfang seines Studiums vor drei Jahren, hatte auch der Kaffee Einzug in sein Leben gefunden. Als Sasuke hinein kam, wirkte er immer noch ein wenig müde, da der Schrecken von vorhin wohl allmählich einen Körper verlassen hatte. Sasuke setzte sich dem Älteren gegenüber auf den Stuhl und blickte auf den Frühstückstisch, wobei ihm jedoch kein bisschen Appetit oder Hunger aufkam. Er hatte in den letzten zwei Tagen bei Itachi Uchiha einfach mehr gegessen als er gewohnt war. Drei warme Mahlzeiten, wenn er die gestrigen Pizzastücke mitrechnete. In seinen Magen passte nichts mehr rein, aber er wusste nicht, wie er dass seinen viel zu großzügigen Gastgeber beibringen sollte, ohne undankbar zu klingen. Im reden war er schon seit Jahren nicht mehr besonders gut. Aber es wurde ja bisher, außer eben von diesem Mann, nicht mehr verlangt, dass er viel sprach. Hauptsache er hielt seinen Arsch hin. Er sah im Augenwinkel, wie der Ältere sich ein Brot schmierte und Gurke nahm, um sie zu essen, ehe er nach wenigen Minuten angesprochen wurde. „Vergiss das Essen nicht, Sasuke.“ „Ich- entschuldigen sie bitte, aber ich… habe wirklich keinen Hunger…“ Sasuke sah, wie Itachi die Stirn runzelte und hörte ihn dann fragen: „Aber du trinkst wenigstens etwas, oder? Kaffee, Milch, Wasser? Was magst du?“ „Ich…“ Sasuke wusste nicht, was er antworten sollte, aber er glaubte, es wäre das Höflichste, sich für das Billigste zu entscheiden. „Wasser, bitte.“ Itachi nickte nur, stand auf um ein Glas aus dem Schrank zu nehmen und goss Mineralwasser hinein, was er Sasuke dann, mit den Worten: „Du kannst dir mehr zu Trinken nehmen, wann immer du willst“, vor die Nase stellte. Als Sasuke nur zögerlich nickte, einen Schluck trank und dann nichts mehr sagte, trat eine Stille ein, die Itachi erst nach seiner zweiten Brotscheibe durchbrach, während er sich seine erste Zigarette am Morgen anzündete. „Ich muss gleich mal eben in die Innenstadt zum Superquinn. Du kannst es dir ja so lange vor dem Fernseher gemütlich machen oder lesen, okay?“ „Ich… könnte auch die Fenster zu Ende putzen, Herr Uchiha“, schlug Sasuke vorsichtig vor, um sich nützlich zu machen. Das fand er sehr wichtig. Wenn er Itachi Uchiha schon so viel schuldete, wollte er es wenigstens mit Kleinigkeiten gut machen, bis er es irgendwann zurückzahlen konnte. „Nein, Sasuke“, sagte Itachi freundlich und grinste: „Du kannst mir beim Einkauf helfen, wenn du nicht nur rumsitzten willst. Na geh schon duschen, wenn du fertig bist, fahren wir schnell.“ Itachi schaute seufzend auf den Tisch, nachdem er einen Schluck Kaffee getrunken hatte. Er wollte eigentlich, dass Sasuke sich schonte, es sich auf der Couch bequem machte und einfach mal seinem Körper die nötige Ruhe gab um in Ordnung zu kommen. Wenigstens für die Tage, die er hier war, doch nun war es besser ihn zum Einkauf mitzunehmen. Nicht vorzustellen, was passieren würde, wenn der Jugendliche sich in seiner Abwesenheit an den Fenstern zu schaffen machte und wieder solche Schmerzen bekommen würde. Nein, das wollte Itachi nicht riskieren. Nach einem letzten starken Zug an seiner Zigarette, machte er diese im Aschenbecher aus, ehe er den Tisch abräumte und nach getaner Arbeit in seinem Schlafzimmer verschwand, um sich Socken anzuziehen. Als er wieder in den Flur trat, kam auch Sasuke mit feuchten Haaren, der löchrigen Jeans, seinem kaputten Kaputzenpullover und den dicken Socken, die Itachi ihm nach dem ersten Morgen geschenkt hatte, aus dem Bad. Der Uchiha schüttelte nur den Kopf und ging, an Sasuke vorbei ins Badezimmer, öffnete eine Schublade und griff nach dem Föhn, den er Sasuke in die Hand drückte und mit einem Lächeln auf die Steckdose neben dem Waschbecken zeigte. Dem stummen Befehl folgte leistend, stöpselte Sasuke das Gerät ein und föhnte sich eilig die dunklen Haare, ehe er diesen, nachdem er fertig war, Itachi zurückgab, der ihn an den richtigen Platz legte und zur Haustür ging um sich seine Schuhe und den Mantel anzuziehen. Auch Sasuke schlüpfte in seine alten Chucks und folgte dem Mann, nachdem dieser sich noch sein Portmonee aus der Umhängetasche geschnappt hatte, nach unten in die Garage, wo Itachis Auto stand. Per Funk schloss der Uchiha den Wagen auf und setzte sich auf die Fahrerseite, nachdem er Sasuke gebot, ebenfalls einzusteigen, was dieser, dieses Mal mit deutlich weniger Zögern, tat. Itachi drehte den Schlüssel im Schloss um und stellte zunächst die Heizung des Wagens auf eine angenehme Temperatur, ehe er am Musikspieler herumfummelte. „Irgendwelche Musikwünsche?“, erlaubte er sich zu fragen, weil er wusste, dass er eine Menge CDs im Auto hatte, doch wie er schon vermutet hatte, schüttelte Sasuke einfach nur still mit dem Kopf, weswegen Itachi schlicht die neuste Platte von Coldplay einlegte und auf Play schaltete. Ruhige, melancholische Töne drangen an sein Ohr, als er im Rückwertgang hinaus fuhr und durch die Seitenstraßen in die Innenstadt, während Sasuke die gesamte Zeit still auf dem Beifahrersitz verharrte und nur ab und an mal aus dem Fenster blickte. Itachi hätte gerne gewusst, ob dem Jungen die Art von Musik gefiel. Gerade als Itachis momentanes Lieblingslied der Band The Scientist ausklang, fuhr er auf den Parkplatz des Superquinns, parkte und stieg, gefolgt von Sasuke aus, bevor er, ebenfalls per Funk, abschloss, sich schnell vor der Glastür einen Einkaufswagen schnappte und sich dann mit dem Jüngeren auf den Weg in den Laden machten. Sasuke wusste nicht, wie lange es her war, dass er einen richtigen Einkauf machte. Es musste die Zeit gewesen sein, wo sein Vater noch am Leben gewesen war. Seine Mutter war immer alleine gegangen, ihn konnte sie ja nicht schicken, sonst hätte sie ja ihre Kippen, ihr Bier und ihren Schnaps nicht bekommen. Doch einmal, fiel ihm dann doch noch ein, war er mit ihr gewesen und sie hatte ihm aus voller Wut, auf was auch immer, die noch unbezahlte Wodkaflasche vor die Füße geschmissen. Die Gedanken aus seinem Kopf vertreibend folgte Sasuke dem Älteren zunächst in die Brotabteilung, die für einen irischen Supermarkt über echt viel Auswahl verfügte. Sowieso war der Laden größer als die, die er kannte, weswegen er, völlig in diese Überlegungen versunken, stehen blieb und erst aufschreckte, als er von hinten angerempelt wurde. Mit erschrockenem Ausdruck im Gesicht, blickte er über seine Schulter und sah einen grauhaarigen, älteren Mann mit kantigem Gesicht. Der Kerl zeigte mit seinen knochigen Fingern auf ihn und motzte beherzt, mit einem Akzent, den viele ältere Leute, vor allem die aus den ländlicheren Gegenden, hatten: „Die jungen Leut’ von heute. Im Weg rumsteh’n. Das hätt’ ich mir mal erlauben sollen als Bub, mein alter Herr hätt’ mich übers Knie gelegt, ja dat hätt’ er getan.“ Sasuke spürte wie seine Hände leicht zu beben anfingen, als der Mann weiterhin wie wild mit seinen Fingern auf ihn deutete und weiterzeterte: „Ne ordentliche Tracht Prügel hätt’ ich bekomm’n. Det sollt ma jemand bei dir mache. Hat mir auch nich jeschadet.“ Tss, hätte er gesagt, wenn er den Mut dazu gehabt hätte, es hatte schon längst jemand bei ihm gemacht. Zu oft wurde er schon geschlagen. Auch von seiner eigenen Mutter und seinem Peiniger, diesem Schwein! Aber dieser Mut hatte ihn schon längst verlassen. Er war nicht mehr der selbstbewusste, kreativer, intelligente Junge, der er einst gewesen war. Nein, heute war er nur noch ein erbärmlicher Straßenköter und vielleicht hatte der Kerl Recht. Vielleicht sollte Itachi ihm mal eine gehörige Tracht Prügel verpassen, damit er ihm nicht immer Ärger bereitete, so wie jetzt, denn Sasuke sah, wie der Ältere zurückkam. „Wenn sie zu blind zum Laufen sind, sollten sie sich vielleicht mal eine Brille besorgen oder es ganz sein lassen. Aber diesen Jungen lassen sie gefälligst in Ruhe, denn er ist schließlich nicht in sie rein gerannt, sondern sie in ihn.“ Sasuke realisierte die Worte erst gar nicht, er sah nur, wie sich die Miene des Alten noch weiter verhärtete er was von der Jugend von heute brummend von dannen zog. Sasuke jedoch blickte nur zur Seite, traute sich nicht Itachi Uchiha anzusehen und murmelte leise: „Entschuldigen sie. Ich sollte wohl besser… am Auto warten.“ Besser gehen, konnte er nicht sagen, schließlich hatte er noch seinen Rucksack bei dem Älteren, auch wenn er vor Scharm am liebsten verschwunden wäre. Er wollte sich schon abwenden und hinausgehen, als Itachi ihn an der Schulter packte und schlicht sagte: „Es war nicht dein Fehler, Sasuke.“ Nicht dein Fehler, Sasuke. Es war nicht sein Fehler. Der Junge spürte wie sich etwas in ihm zusammenzog und wieder hatte er die Bilder seiner Mutter vor seinem Auge, wie sie vor ihm stand, mit wutverzehrter Fratze und vor seinen Füßen die kaputte Weinflasche. “Alles nur deine Schuld, du dummes Gör. Dein Fehler, hörst du?!“ Ihre Stimme. Kalt wie Eis. Hart wie Granit. Und besoffen. Er hatte sich damals so vor ihr gefürchtet. Und durch sie war er gefallen. Hart auf dem Boden aufgekommen. Weil sie sich einfach nicht mehr gekümmert hat. Ihn nicht mehr hat auffangen wollen, weil es ihr egal war. „Nein… ich hab gar nichts… gar nichts gemacht“, sagte er leise, meinte nicht den alten Mann, sondern seine Mutter und die Wodkaflasche, aber das wusste Itachi nicht, weswegen er zustimmte und zuversichtlich lächelte. „Na komm, gehen wir weiter. Wir brauchen noch so Einiges.“ Sasuke schloss kurz die Augen, um die quälenden Gedanken zu verjagen, ehe er Itachi nun folgte und nun genau darauf achtete, den Älteren, der die verschiedensten Lebensmittel in den Wagen räumte, nicht mehr aus den Augen zu verlieren und niemandem im Weg herum zu stehen. Nachdem Itachi so gut wie alles zusammen hatte, machte er noch Halt an der Wursttheke. Schinken, sowie Salami und irischen Speck kaufte er am liebsten frisch von der Theke. Mit einem kaum hörbaren Seufzen stellte er fest, dass einer seiner Studienkollege, der hier als Aushilfe jobbte, hinter der Ladentheke stand und ein ekelhaft wissendes Grinsen zeigte. Genauso schleimig wie seine Haare. Viel zu viel Gel war dort, wie in diesem Grinsen viel zu viel Unverschämtheit war. Mit Sasuke im Schlepptau und den Wagen vor sich herschiebend, trat er dann an die Fleischtheke und grüßte mit monotoner Stimme: „Hallo Hidan.“ „Itachi, sieh mal einer an. Zu solchen Zeiten im Supermarkt, was verschafft mir die Freude?“ „Ja, schon klar. Ich brauch 100 Gramm von der Pfeffersalami, 100 Gramm Schinkenwurst und eine Portion Speck.“ „Wird gemacht“, brummte sein Gegenüber nur. Itachi wusste wie sehr dieser seine Arbeit in der Fleischabteilung des Ladens hasste, aber anderes konnte er sich sein Studium nicht finanzieren und er hasste ja schließlich nicht alles daran. Das Hacken des Fleisches machte ihm Spaß, die Kunden waren eher das Problem. Als der Silberhaarige die Wurst auf die Waage legte, fiel sein Blick auf Sasuke und sofort kam dieser ekelhaft wissende Blick von vorher wieder hervor. „Na Itachi, hast deinen Lover mitgebracht, um ihn mir vorzustellen?“ Er ging zurück zu dem Gerät das die Wurst in Scheiben schnitt um noch ein paar Weitere abzutrennen, die er ebenfalls auf die Waage tat, ehe er weitersprach: „Aber ein wenig mehr Verantwortungsgefühl hätte ich dir schon zugetraut. Der kleine Scheißer is doch nicht älter als Sechzehn.“ Itachi sah, wie Hidan sich kurz umschaute und sich dann über die Theke beugte, während sich ein, in Itachis Augen merkwürdiger aber ebenso lüsterner und, in der typisch Hidan-artigen Weise, fieser Blick auf sein Gesicht stahl. „Aber wer könnte es dir verübeln. Der ist ja echt zum anbeißen, der Hosenscheißer, wie zum vernaschen gemacht.“ Mit der Hand, mit der der Fleischer vorher noch die Wurst angefasst hatte, wollte er Sasuke nun im Gesicht berühren, doch dieser wich verängstigt zurück. Im nächsten Moment schon, merkte Itachi, wie der Jüngere, versucht unbemerkt, hinter ihm Schutz suchte. Was ging den hier ab? Itachi knirschte unterdrückt mit den Zähnen und schluckte den aufkeimenden Ärger auf Hidans Worte hinunter um keinen Aufstand im Laden zu machen und den ängstlichen Jungen hinter seinem Rücken nicht noch mehr zu verschrecken. „Er ist nicht mein Lover und außerdem glaube ich nicht, das wir je so gut befreundet waren, dass du dich in meine Privatsphäre oder gar die meines, dir fremden, Begleiters einzumischen hast.“ Mit diesen Worten schnappte Itachi sich die mittlerweile eingepackte Wurst von der Theke und schmiss sie in den Wagen, ehe er Sasuke mit einem Blick bedeutete, weiter zu gehen. Auf dem Weg zur Kasse wich Sasuke Itachi nun gar nicht mehr von der Seite. Mehr als der alte Greis hatte Hidan, dieser verdammte Lackaffe, wie Itachi ihn in Gedanken nannte, geängstigt. Und im Stillen würde ihm Sasuke da in jedem Punkt zustimmen. Der Alte hatte ihn mehr an was erinnert, was schmerzte, vor dem Silberhaarigen jedoch fürchtete er sich wirklich, da dieser genau denselben fiesen Blick hatte, wie die Männer die ihm Unterkunft oder eine Mahlzeit anboten und ihn dann fickten. Er hasste es so sehr, dass ihm eine Schauer über den Rücken lief. „Komm, Sasuke“, sagte Itachi dann leise und wagte es nicht ihn an der Schulter zu berühren, aber auch so folgte der Jugendliche ihm mit gesenktem Blick hinaus aus dem Supermarkt, nachdem Itachi bezahlt hatte. Der Uchiha sah, wie ein Zittern durch Sasukes hageren Körper fuhr und momentan war er sich nicht sicher, ob es durch die Kälte war, die sich beißend durch seine viel zu dünnen Klamotten bohren musste oder durch die Angst – die Angst vor Männern, wie Itachi feststellte – die sich in ihm eingebrannt hatte. to be continued... by Jessa_ Kapitel 12: Seconds ------------------- Kapitel 12: Seconds Takes a second to say goodbye, say goodbye Oh, oh, oh, say bye-bye. Where you going to now? Der Regen prasselte stetig auf das Dach und die Fensterscheiben des Volvos, während seine beiden Insassen schweigend hinaus blickten. Kurz öffnete Sasuke den Mund und schloss ihn wieder. Wie dämlich war das denn bitte, was er hatte sagen wollen. “Wenn wir zuhause sind sollte ich gehen.“ Das war nicht sein zuhause, würde es niemals sein und es war schrecklich, dass er es in Gedanken – egal wie durcheinander er von der vorherigen Angst war – so nannte. Diese Worte durften niemals, und schon gar nicht in Gegenwart von Itachi Uchiha, seinen Mund verlassen. Aber sonst wusste er nichts zu sagen. Hatte keinen blassen Schimmer und selbst die Gedanken in seinem Kopf rasten wohl so schnell, dass er keinen einigen Strang zu fassen bekam und so viel eher an gar nichts dachte. „Ich hätte nicht zugelassen, dass er dich anfasst“, drang die Stimme des Uchihas an sein Ohr. Sie hatte einen Klang, den er nicht beschreiben konnte, aber er glaubte ihm. Glaubte dieser Stimmfarbe und danach den schwarzen Augen, die ihn anblickten. Als Itachi merkte, dass der Junge zu zittern anfing, dachte er zuerst es wäre wegen der Angst, doch dann stellte er fest, dass er den Motor noch nicht gestartet hatte und somit auch die Heizung des Wagens noch nicht lief. Sasuke hatte nur diesen dünnen, löchrigen Pullover an. Darin würde er, an seiner Stelle auf vor Kälte zittern. Itachi drehte den Schlüssel im Zündschloss um und spürte sofort, wie es im Auto wärmer wurde. Sasukes Zittern lies nach und er erlaubte sich wieder, wie auch auf der Hinfahrt, sich leicht in den Sitz zu lehnen, was zeigte, dass es ihm wieder besser als im Laden ging. Dies brachte Itachi dazu auszuparken und mit einem Grinsen der Vorfreude zu sagen: „Wir zwei Hübschen werden jetzt ein wenig shoppen gehen, sonst erfrierst du mir noch.“ Er wusste nicht, ob es besser gewesen wäre, wenn er totale Ernsthaftigkeit an den Tag gelegt hätte, aber er war sich sicher, dass er ein paar Klamotten für den Jugendlichen besorgen musste. Es war das Mindeste was er tun konnte, außer dem Jungen was zu Essen und einen Platz zum Schlafen zu geben und diese Dinge waren schließlich nur vorübergehend. So wenig Itachi es sich eingestehen wollte, er hatte nur noch zwei Tage Sonderurlaub und die beiden Wochenendtage. Am Montag müsste er Sasuke wohl oder übel wieder fort schicken. Nicht das er Sasuke nicht vertrauen würde, ihn alleine in der Wohnung zu lassen, das hatte er schließlich schon einmal getan und es war alles gut gegangen, aber er konnte ihn nicht ewig bei sich behalten. Dennoch, vielleicht konnte er Sasuke mit einigen Winterklamotten helfen später auf der Straße klar zu kommen. Nachdem Itachi an der ersten Ampel mal wieder am Musikplayer rumfuchtelte, drang eine Mischung von Schlagzeug, Bass und Gitarre an Sasukes Ohr, ehe der Sänger – ein Andere als auf der Hinfahrt -, nur noch begleitet von leiser Gitarre zu singen anfing. Davon dass er jemanden brauchte und Sasuke blickte aus dem Fenster, auf die Straße, die sein Zuhause war, egal ob er es wollte oder nicht. Und er war davon überzeugt, das Itachi Uchiha ihm Kleidung kaufen würde, ob er wollte oder nicht. Zunächst hatte er bei den Worten des Älteren gezweifelt, hatte nicht geglaubt, dass dieser wirklich so weit ging, hatte gehofft, er würde meinen Sasuke solle nur mitkommen, während er sich selber was kaufte, aber desto länger der Jugendliche grübelte, wurde ihm klar, dass Itachi Uchiha nicht für sich fuhr, sondern für ihn. Er würde es nicht annehmen, er hatte gar kein Recht dazu und eigentlich, Sasuke hasste sich für den Gedanken, hatte auch Itachi kein Recht dazu ihm etwas kaufen zu wollen. Wie stellte er sich das eigentlich vor? Gab ihm einen Schlafplatz, ließ ihn duschen, ließ ihn essen und im Warmen sein, all das kostete, wenn man drüber nachdachte Geld. Für die Wohnung bezahlte der Mann Miete oder er hatte sie gekauft, für die Dusche bezahlte er Wasserkosten, das Essen kaufte er ein und für Wärme bezahlte er Heizkosten. All solche Dinge, die Sasuke sich nicht leisten konnte und die er irgendwann in einem gewissen Maße zurückgeben wollte. Er konnte nicht jetzt noch Kleidung annehmen, die er ebenfalls in kommender Zukunft ersetzten musste, denn auch wenn Itachi wahrscheinlich gar kein Geld für seinen Aufenthalt wollte, die Klamotten schenkte er ihm mit Sicherheit nicht. Niemand würde das tun. Itachi hielt in einem Parkhaus, von dem sie direkt in ein großes Einkaufszentrum kamen, ohne durch den Regen laufen zu müssen. Er sah, wie Sasuke ihm mit gesenktem Blick folgte und manchmal spürte Itachi, die Blicke, die sie beobachteten, als sie an den ersten Geschäften vorbeigingen. Aber was kümmerten ihn diese Menschen? Nichts, sollten sie doch denken, was sie denken wollten, aber er machte sich Sorgen um Sasuke, der beim Gehen immer weiter in sich zusammensackte. Natürlich stellten sie einen Blickfang da. Er, teuer gekleidet, groß gewachsen mit staatlicher Figur neben diesem Jungen, mit Löchern in der Hose, die keinesfalls Mode waren, dreckigen Schuhen, traurigem Gesicht, was die meisten, egal wie sie starrten, wohl nicht sahen und viel zu mager war er sowieso für sein Alter. Leise seufzend machte Itachi an dem ersten Laden, in den er auch oft ging, halt, blickte kurz zu Sasuke und beugte sich etwas hinunter: „Ich weiß, dass dir das hier nicht gefällt, aber ich will keine Widerworte, verstanden?“ Als der Jugendliche seinen Kopf noch weiter senkte, sprach Itachi einfühlsamer: „Sasuke. Ich tu es um dir zu helfen, nicht um dich zu blamieren oder deswegen nachher etwas zu verlangen.“ Itachi ging voran den Laden, während Sasuke noch kurz die Werbeletter las. Closed, in diesem Geschäft war er noch nie gewesen, er hoffte aber dass es keiner dieser teuren Modeläden war, obwohl es ganz so aussah. Sasuke folgte Itachi durch die Gänge und sah, wie diese bei einer riesigen Abteilung für Jeanshosen hielt. „Welche Größe hast du?“, drang Itachis Frage an sein Ohr. „Ich… schätze 32“, murmelte er und fühlte sich schon wieder von allen möglichen Leuten beobachtet. „Und in Schuhen?“ „39.“ Die Menschen starrten ihn und Itachi Uchiha an, als wären sie Außerirdische und das ganze nur wegen ihm. Das war nicht schön. Es war eine Blamage und Sasuke hoffe sobald wie möglich raus aus diesem Laden zu sein, denn eine Frau mittleren Alters mit blondierten Haaren, wandte ihren Blick kaum mehr ab, sodass Sasuke seinen eigenen wieder gen Boden senkte. Itachi griff nach einigen Hosen, doch häufig fand er die, die ihm gefielen, nicht in der passenden Größe. Er blickte kurz zu Sasuke und stellte fest das dessen eigene Hose ihm sehr locker am Leib hing, sodass er sich fast fragte, wie sie ohne Gürtel nicht von den Hüften rutschte. Die war bestimmt zwei Nummern zu groß, sodass Itachi sich gut vorstellen konnte, wie Sasuke früher mal ausgesehen hatte, bevor er auf der Straße hatte leben müssen. Und seitdem hatte er sich wohl keine neue kaufen können. Der Zweiundzwanzigjährige selber trug Größe 38 und war zufrieden damit, auch wenn er sich für manche Modeljobs in hautenge Hosen der Größe 36 quetschen musste, was er kaum aushielt, obwohl er recht schlank war. Er hatte eben einen gewissen Hüftumfang und einen, wenn auch durchtrainierten, Bauch, doch Sasuke war einfach… viel zu dünn. Fast verzweifelt suchte Itachi nach einer schönen, und am besten passenden Hose, bis er endlich fündig wurde. Sie war dunkel und schlicht und somit wahrscheinlich passend für Sasuke. Itachi legte sie über seinen Ärmel und machte sich mit dem Jungen im Schlepptau auf den Weg weitere Kleidung zu besorgen. Mit einem dicken Pullover, einer warmen Jacke mit Kapuze sowie zwei paar Socken, einem T-Shirt - dass er gar nicht vorgehabt hatte zu nehmen, was ihm aber so gut gefallen hatte, dass er nicht anders konnte - einem dunklen Schal, Handschuhen und einem Doppelpack Boxershorts gingen sie zur Umkleide, wo Itachi mit Freuden hörte, dass alles mehr oder weniger passte, was er ausgesucht hatte, wobei er zugeben musste, bei jeglichen Sachen, die kleinste Männergröße genommen zu haben. An der Kasse stehen fiel Itachi auf, dass Sasuke wirklich keine Widerworte gegeben hatte, sondern völlig ruhig das getan hatte, was er von ihm verlang hatte. Vielleicht waren seine Worte zu hart gewesen, vielleicht hätte er ihn nicht so zwingen sollen oder ihn selber die Kleidung auswählen lassen dürfen, aber er war davon überzeugt gewesen, so abwesend wie der Jüngere zwischenzeitlich gewirkt hatte, hätte er sich niemals etwas Anständiges ausgesucht. Als sie dann an der Reihe waren, zückte Itachi seine Karte und tippte den Pin in das dafür vorgesehene Gerät, während Sasuke bei dem Preis schlecht wurde. Itachi Uchiha gab hier jetzt nicht ehrlich knapp dreihundert Euro für ihn aus! Bitte lass das nicht wahr sein, flehte Sasuke innerlich und überlegte wie wild, wie er den Älteren davon überzeugen konnte, den Kram wieder umzutauschen, doch ihm fiel nichts ein, sodass er dem Älteren hinterher wieder aus dem Laden ging und nichts dagegen tun konnte von diesem in einen Converse-Laden geschleppt zu werden, wo der Ältere ihm ein paar schwarze Chucks in der richtigen Größe kaufte. Klar, fuhr es Sasuke durch den Kopf, Itachi hatte sich denken können, dass Sasuke nachdem er den vorherigen Preis gesehen hatte, ihm die Schuhgröße nicht mehr verraten würde, damit nicht noch mehr Geld ausgegeben wurde. Deswegen hatte er vorher schon gefragt. Gemeinsam, nun mit drei Tüten, die Itachi in den Händen hielt, beladen gingen sie zurück ins Parkhaus, setzten sich ins Auto und fuhren zurück zur Wohnung, wo Itachi dann die Tüten, dieses Mal mit Sasukes Hilfe, da er auch noch die vom Superquinn im Auto hatte, hoch schleppte und teilweise in die Küche oder ins Wohnzimmer neben dem Wohnzimmertisch abstellte, ehe er sich auf die Couch setzte und neben sich klopfte. „Du solltest dich was ausruhen, Sasuke. Bevor die Bauchschmerzen wieder kommen. Ich koch unterdessen was.“ Mit den Worten verschwand Itachi auch schon in die Küche, während Sasuke sich auf das Sofa, wo noch das Bettzeug der vergangenen Nacht lag. Er seufzte leise auf, stütze seine Hände auf die Knie und stützte seinen Kopf, während die Tüten so genau in seinem Blickfeld waren. Sasuke schloss die Augen, als er auch schon spürte, dass er die Tränen, die schon im Auto hatten laufen wollen, jetzt wo er alleine war, nicht mehr halten konnte. Leise, ohne irgendein Geräusch zu machen, weinte er vor sich her und wusste nicht, wie er seine Schuld jemals begleichen sollte. Einen kurzen Moment lang wünschte Sasuke sich Itachi würde ihn einfach, so wie alle anderen Männer zuvor, benutzen und ihn dann fort schicken. Seine Schuld wäre ein für alle Mal beglichen und er würde niemals mit dem Gedanken spielen wieder her zu kommen. Aber Itachi tat es nicht, sondern behandelte ihn weiterhin gut, kochte jetzt schon wieder, damit er etwas essen konnte und sagte er solle sich ausruhen, damit er keine Schmerzen habe. Er hatte keinen blassen Schimmer womit er das verdient haben sollte. In seinen Augen und in denen der Männer, die ihn benutzt hatten, war er nur ein Stück Dreck. Doch warum tat Itachi es dann für ihn und warum hatte er keine verdammte Gegenleistung erwartet? Sofort erinnerte sich Sasuke daran, wie er sich in der ersten Nacht vor Itachi mit gespreizten Beinen auf sein Bett gelegt hatte. Doch der Mann war nicht über ihn hergefallen, er hatte einfach nur gesagt, er sei ihm zu jung. Das stimmte, er war jung aber er war schon lange keine Jungfrau mehr und vielleicht… Nein. Itachi Uchiha würde sich von ihm nicht mit Sex bezahlen lassen und Sasuke wollte das was zwischen ihnen war, auch wenn er nicht wusste was es war, nicht verunreinigen. Er wollte den Dingen nicht ihre Unschuld nehmen, weil das, was da war, das einzige in seinem Leben war, was noch über diese verfügte. Doch dann kam Sasuke wieder dieses viele Geld in den Sinn, das Itachi für die Kleidung ausgegeben hatte und ihm wurde schlecht. So schlecht, dass er fast kotzen musste, doch er konnte das Gefühl zurückdrängen, mit den Tränen die seine Wangen hinunter auf seine Jeans tropften. Er Idiot hatte sich noch nicht einmal bei ihm bedankt, hatte die ganze Zeit im Auto geschwiegen und versucht die Lieder auszublenden, weil sie ihn bestimmt noch trauriger gemacht hätten. Doch Sasuke hatte sich nicht aus Unhöflichkeit nicht bedankt, sondern weil ein einfaches Danke niemals gereicht hätte… verdammter Mist, er wusste einfach nicht, was er tun sollte. Als Itachi die sechs großen, dünnen Pfannkuchen fertig hatte, stellte er sie, mit Nutella, roter Grütze, Apfelmus und Zucker auf den Tisch, ehe er sich entschied Sasuke holen zu gehen. Er öffnete die Wohnzimmertür und trat hinein, doch bei dem Bild was sich ihm bot, konnte er den Jungen nicht einfach zu essen rufen. Er trat näher und setzte sich neben den Jugendlichen auf das Sofa. Sasuke hatte den Kopf auf den Händen abgestützt, saß in gebeugter Haltung dort und stumme Tränen liefen über seine Wangen. Itachi fragte sich augenblicklich was nun wieder los war und der erste Gedanke der ihm kam, war das die Sache im Supermarkt Sasuke doch mehr mitgenommen hatte, als er ursprünglich gedacht hatte. Dieser Junge hatte Angst vor Männern, so wie es schien und Angst vor Schlägen. Was musste ihm nur geschehen sein? Hatte sein Vater ihn geschlagen? Was war mit der Mutter? Warum waren beide tot? Itachi verstand die Vergangenheit des Jungen nicht und er verstand auch nicht woher dessen Ängste rührten, aber er musste ihn nun trösten. Das war seine Aufgabe, schließlich hatte er Sasuke freiwillig in seine Wohnung geholt. Er legte vorsichtig eine Hand auf den dunklen Haarschopf, woraufhin Sasuke erschrocken aufsah und sich eilig die Tränen fort wusch, was aber nichts brachte, da sofort wieder neue hervorschlüpften. „Hey Sasuke“, sagte er leise und nahm seine Hand von dessen Kopf. „Hier ist niemand… der dir wehtun könnte, nur ich bin hier und ich hab dir ein Versprechen gegeben. Wein nicht mehr, hmm?“ Ja, Itachi sah es als Versprechen an, als er im Auto gesagt hatte, dass er nicht zugelassen hätte, das Hidan in anfasste, ihn verletzte und er ließ auch nicht zu das es jemand anders tat, solange Sasuke in seiner nähe war. Doch statt Itachis Worte geholfen hätten, fing der Jugendliche nur noch stärker an zu weinen und schlurtzte unterdrückt auf, ehe er sich auf die Lippen bis und sich erhob. Sasuke wurde wieder schmerzlich bewusst, dass er solch einen gutmütigen Menschen wie Itachi Uchiha nicht verdient hatte, genauso wenig, wie er es nicht wert war, dass man sich um ihn sorgte. Diese Erkenntnis fassend, traf Sasuke eine Entscheidung, die ihn mehr schmerzte, als die Momente in denen seine Mutter ihn geschlagen hatte. Eilig aufstehend, schnappte er sich seinen Rucksack, wischte sich noch mal über die Augen und trat ohne ein Wort zu sagen durch die Wohnzimmertür hinein in den Flur, wo er seine alten Chucks anzog und den Schal wieder fest um seinen Hals wickelte. Er würde gehen. Er würde sich nicht mehr so umsorgen lassen, weil er es nicht verdient hatte und wenn er genug Geld zusammen hätte, um seine Schuld zu begleichen, würde er es Itachi in einem Umschlag in den Briefkasten schmeißen und gut war die ganze beschissene Geschichte, auf die er sich nie hätte einlassen sollen. Er hätte gar nicht in Giorgios gehen sollen, egal wie groß seine Hoffnungen auf Hilfe gewesen waren. Er war es nicht wert. Doch noch ehe Sasuke die Tür öffnen konnte, war Itachi zu ihm in den Flur getreten und als er sah, was Sasuke vorhatte, stellte sich vor diese. „Ich lass dich jetzt nicht gehen“, sagte er mit heiserer Stimme. Sasuke schielte, sich wieder auf die Unterlippe beißend, auf den Boden zu seinen Füßen, als er spürte, wie wieder neue Tränen aufkommen wollten. Warum ließ er ihn nicht gehen? Es war doch so schon schwer genug. Noch viel, viel schwerer als beim ersten Mal. „Ich hab dir nichts getan. Es gibt keinen Grund… dich vor mir zu fürchten“, hörte er dann wieder Itachis Stimme, woraufhin der den Kopf schüttelte und leise sagte: „Ich fürchte mich nicht vor Ihnen.“ „Warum willst du dann gehen?“ „Bitte…“, sagte Sasuke jedoch nur und trat einen Schritt näher zur Tür, während er seinen Rucksack schulterte. „Ich bitte sie, Herr Uchiha… bitte.“ Sasuke trat einen weiteren Schritt nach vorher und wollte mit der Hand zur Tür greifen, als Itachi aufgrund dieser flehenden Worte zur Seite trat und ergeben nicke. Er konnte ein Straßenkind, einen freien Menschen, einen verletzten Vogel nicht bei sich behalten, egal wie gebrochen diese war. Er hatte das nicht zu bestimmen und auch wenn er nicht besonders gläubig war, musste Itachi einsehen, dass Gott, wenn es ihn denn gab, einen Grund für alles hatte, egal wie schrecklich diese Sache war. Er wollte Sasuke nicht gehen lassen, aber er durfte ihn nicht festhalten. Itachi lächelte traurig, sah wie Sasuke die Klinke griff und die Tür öffnete, noch einmal mit einem Blick zurückschaute, den Itachi nicht deuten konnte und dann in den Hausflur verschwand und die Tür hinter sich schloss. Itachi jedoch lehnte sich gegen die geschlossene Tür. Er blickte an die Wand. Dort hing ein Bild, das seine Mutter ihm ganz zu Anfang in die Wohnung gehängt hatte. Es war bunt. Zu bunt. Er hasste es. to be continued... by Jess- Kapitel 13: I will follow ------------------------- Kapitel 13:I will follow I walk away, walk away I will follow. Der ewige Regen des Vormittags war wohl doch nicht so ewig und hatte der Sonne Platz gemacht, damit sie ihm voller Hohn in die Wohnung scheinen konnte. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, die Jalousien runter zu ziehen, doch er hatte keine Lust sich diese Mühe zu machen. Sollte die Sonne ihn doch auslachen. Scheiß drauf. Aber seit er vor wenigen Minuten, nachdem er fast eine halbe Stunde im Flur gestanden hatte um auf das hässliche Bild zu glotzen, in die Küche gekommen war und sich den mittlerweile kalten Kaffee aus der Kanne eingegossen hatte, wollte er gar nicht mehr aufstehen. Er zog an seiner zweiten Zigarette, nachdem er die Erste fast im ganz dem Aschenbecher geschenkt hatte, wo sie stetig vor sich her gebrannt war, während er auf den gedeckten Tisch starrte. Die Pfannkuchen die er zuvor, voller Zuversicht gebacken hatte, die süßen Aufschnitte, mit denen er Sasuke eine Freude hatte machen wollen und zwei Teller, weil Gläser, zwei Messer, zwei Gabeln, weil sie bis vorhin noch zu Zweit gewesen waren. Itachi Uchiha hatte drei Partner in seinem Leben gehabt. Zwei Frauen und dann später einen Mann. Die Erste hatte er aus der Schule gekannt und sie hatte mit ihm Schluss gemacht, weil er nicht so Partybegeistert war wie sie. Arschloch hatte sie ihn später mal genannt. Langweiliges, egoistisches Arschloch. Er hatte ihr nie hinterher getrauert. Die Zweite war ein wundervolles Mädchen gewesen, aber er hatte sich von ihr getrennt, weil er gemerkt hatte, dass er sich doch eher von Männern angezogen fühlte. Wie ein richtiges Arschloch eben. Ein sehr egoistisches Arschloch. Shizune und er waren Freunde geblieben, noch heute schrieb sie ihm manchmal aus dem fernen Afrika, wo sie schon seit einigen Jahren studierte und Kranken half. Wie gesagt, sie wäre sowieso zu wundervoll für ihn gewesen. Damals, als sie mit ihm zusammen war, war er eben noch ein waschechtes Arschloch gewesen und manchmal war er das heute noch. Auch bei seinem ersten und bisher einzigen homosexuellen Partner Deidara war er es gewesen der das Ende ihrer Beziehung zu verschulden hatte. Aufgrund seiner Arbeit, hatte er diesen völlig vernachlässig und die Beschwerden des Mannes, den er geliebt hatte, hatte er kaum wirklich zugehört. Ihm war nur wichtig gewesen, schnell sehr viel Geld zu verdienen, um seinen Traum von eigenem Restaurant zur Wirklichkeit zu machen. Arschloch. Wie dem auch sei. Dann war er es halt. Itachi seufzte auf, entschied nun doch aufzustehen, weil es sinnlos war einfach rum zu sitzen. Er griff nach dem süßen Aufschnitt, stellte ihn, ein weiteres mal seufzen wieder in die Schränke, die unbenutzten Gläser, das saubere Besteck und die leeren Teller räumte er fort, ehe er die Pfannkuchen griff und auf den Mülleimer zuging. Er öffnete diesen, doch hinein schmeißen konnte er das Gebäck nicht. In Afrika verhungerten Kinder. Hörte man immer. Schrieb Shizune ihm. Hier verhungerten Kinder auch. Zeigte Sasuke ihm, der vor Hunger Schmerzen litt. Er wandte den Kopf ab, erinnerte sich daran dass er ein Arschloch war und wollte somit die Gedanken an hungernde Kinder aus seinem Kopf verdrängen, doch er konnte nicht, sodass er die Klappe des Mülleimers zuschmiss und den Teller mit den Pfannkuchen grob auf die Ablage der Küche abstellte. Er unterdrückte ein weiteres seufzen, weil er sich schon doof vorkam, dies immer zu tun und ging schlussendlich ins Wohnzimmer. Itachi griff nach dem Bettzeug, öffnete die ersten beiden Knöpfe des Überzuges, als ihm Sasukes schüchterner Blick in den Sinn kam. Er hatte neben dem Sofa gestanden, verunsichert, während er die Decke und das Kissen bezogen hatte. Zunächst von der Decke ablassend, griff er zum Kopfkissen und öffnete dort den Bezug, ehe ihm der, in den Stoff gekuschelte Sasuke in den Sinn kam. Er hatte sich wahrscheinlich sogar ein bisschen wohl gefühlt. Beschützt, vielleicht. Dieses Mal konnte Itachi ein schweres Seufzen nicht unterdrücken. Er schloss die Knöpfe wieder, legte die Decke zusammengefaltet hin, strich sie auch noch glatt und schüttelte das Kissen auf. Vielleicht würde er es morgen fort räumen und waschen. Heute konnte Sasukes Geruch ruhig in den Stoffen bleiben. Es gab ihm irgendwie ein gutes Gefühl. Warum auch immer. Er fuhr sich durch die schwarzen Haare, als sein Blick zu den Einkaufstüten fiel. Es brachte doch nichts. Er sollte sie umtauschen, schließlich kannte er niemanden der so mager war wie Sasuke und wenn schon… Warum sollte er sie jemandem geben? Er griff nach den Tüten, stellte sie im Flur neben der Wohnzimmertür wieder ab und schlüpfte in seine warmen Winterschuhe, zog seinen dunklen Mantel an und den Kaschmirschal. Zwar schien die Sonne, aber es war immer noch kalt draußen. Das wusste er. Er lebte schließlich schon lange genug auf dieser Insel. Bevor er Taschen mit den Klamotten griff, öffnete er die Tür und ging dann mit diesen einen Schritt hinaus, ehe er wieder kehrt machte und die Tüten achtlos abstellte. Er konnte das nicht, genauso wenig, wie er die Bettwäsche hatte wegräumen können oder diese beschissenen Pfannkuchen in den Müll werfen. Bei diesem lächerlichen Schritt hinaus, hatte er sofort den frierenden Sasuke vom ersten Treffen und den im Auto vor sich gehabt. Die Augen zusammenpressend, ging er blind in Badezimmer, griff gekonnt nach dem Hahn und ließ kaltes Wasser laufen, dass er sich ins Gesicht spritzte, ohne auf seinen Schal zu achten, der auch ein paar Tropfen abbekam. Warum konnte er nicht wieder klar im Kopf werden? Was hatte dieser junge, armselige Kerl nur mit ihm angestellt? Wie konnte der einfach so abhauen?! Sich auf den Klodeckel niederlassen, verschränkte er das feuchte Gesicht in den Händen, die er auf seinen Knien abgestützt hatte und öffnete die Augen wieder. Er blickte auf die weißen Fließen. Was sollte er tun? Was konnte er tun? Sollte er überhaupt was tun? Sein Leben weiterleben und vergessen, sagte er sich und schüttelte den Kopf. Wollte sich selber anschreien, wie er das denn tun sollte. Er musste was tun. Was anderes. Was ganz anderes. Itachi presste die Lippen zusammen und nickte sich selber zu. Ja, das war das Bete was er tun konnte. Dieser Junge hatte ihn verändert, ohne dass er es selber gemerkt hatte. Itachi erhob sich wieder und stellte sich vor den Spiegel. Dasselbe alte Gesicht. Die stark ausgeprägte Nasolabialfalten unterhalb seiner Wangen, dunkle Augen, lange Wimpern, schmale Lippen. Er war noch derselbe Kerl von außen, der er seit seiner Schulzeit war, aber in den letzten Tagen war er ein anderer geworden, in den letzten Wochen vielleicht schon, indem er darauf gewartet hatte, das Sasuke sich meldete. Innerlich fühlte er sich nicht mehr wie das Arschloch, das er gewesen war. Und das war wohl Sasukes Verdienst, ohne das sie beide groß etwas dafür getan hatten. Itachi nickte seinem Selbst im Spiegel zu, trat in sein Schlafzimmer, nahm die Kette des Jungen griff, sie in seine Hosentasche steckte und wieder hinaus in den Flur ging. Er hockte sich vor die Tüten, stellte sie ordentlich hin und zog die dicke Jacke hinaus. Er musste sagen, dass sie echt ein schönes Exemplar war. Dunkelblau, fast schwarz, mit Reißverschluss und Knöpfen, einer dicken Kapuze. Allgemein war die Jacke nichts im Vergleich zu Sasukes dünnen, löchrigen Pullover. Sie würde ihn mit Sicherheit warm halten und die Kette in seiner Hosentasche würde sein Herz erwärmen; das glaubte Itachi jedenfalls. Mit der Jacke auf dem Arm, griff er nach seinem Autoschlüssel und seinem Portmonee, den er auf ein kleines Schränkchen im Flur abgelegt hatte, ehe er hinunter in seine Garage ging. Die Sonne war schon vor einer halben Stunde untergegangen, obwohl sie sich sowieso wieder hinter den Wolken versteckt hatte und zugelassen hatte, dass es wie aus Eimern goss. Die Scheibenwischer seines Volvos liefen auf Hochtouren, die Jacke lag immer noch neben ihm und die Heizung hatte er mittlerweile auch eingeschaltet, da selbst ihm im Mantel im Auto kalt war. Musik der neusten Platte von Bon Jovi lief leise vor sich her, aber er achtete nicht darauf. Schon zum vierten Mal fuhr er die Haupteinkaufsstraße der Innenstadt entlang, war durch Parkanlagen gelaufen, durch alle möglichen Straßen in der Umgebung gefahren, hatte mehrere Male in Gassen nachgesehen, hatte sogar ein paar andere Jugendliche um Hilfe gebeten, die auf der Straße gesessen hatten, Bier tragen und anscheinend am Abend auch keinen warmen Platz zum Schlafen vorfinden würden. Sie hatten ihm nicht viel weitergeholfen, kannten den Kerl seiner Beschreibung kaum, er kam ihnen bekannt vor, hatten sie nach einem Zehner zugegeben. Er trank nie mit ihnen, sie hatten ihn sowieso noch nie trinken sehen, wenn sie ihn denn gesehen hatten, verrieten sie ihm nach einem weiteren Fünfer. Manchmal saß er vor der Galerie und bettelte, aber das kam nicht oft vor, dabei schien er so ein elendes Leben zu führen, konnte sich nicht mal Kippen leisten, so wie die meisten von ihnen, entlockte ein Zehner. Dann war Itachi wieder in sein Auto gestiegen, war noch mal die Straße abgefahren, hatte zum zweiten Mal an diesem Tag getankt und sich danach fast eine Stunde in ein Cafe gesetzt, von dem er den Eingang der Galerie genau im Auge hatte, aber Sasuke war nicht aufgetaucht. So saß er nun, gegen halb neun am Abend wieder im Auto und fuhr sinnlos rum, ehe er entschied nicht die ganze Nacht durchfahren zu können. Wo sollte er Sasuke auch dann finden? Er würde sich irgendwo hinlegen und schlafen. Itachi konnte morgen wieder nach ihm suchen. Was anderes blieb ihm gar nicht übrig. Vielleicht würde er auch noch mal irgendwelche Straßenkinder fragen, wenn er welche fand und sich mehr Geld aus der Tasche ziehen lassen. Das Rot der ersten Ampel erinnerte ihn an Sasukes Blut, obwohl das total lächerlich war. Ein völlig anderer Ton. Das Grün der zweiten erinnerte ihn daran, auf welch einer wundervollen Insel sie eigentlich lebten. Ein Lang wo Milch und Honig floss. Wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagten. Und Itachi stellte fest dass er ziemlich wirr im Kopf war. Dachte an Klippen, an Drachen die er als Kind hatte steigen lassen, die im blauen Wasser versunken waren, weil er nicht damit hatte umgehen können. Erinnerte sich an Salz in der Luft des Strandes, an kalten Sand unter seinen Füßen, an einen Sommer seiner Jugend. Das Gelb der dritten Ampel erinnerte ihn unweigerlich an das Blinken seines Telefons auf der Arbeit und an die Farbe der Akten, auch wenn diese eher beige waren. Er schüttelte wirr den Kopf und zwang sich an der vierten und vorvorletzten Ampel aus dem Fenster zu sehen und wusste, dass es gut so war. Sofort parkte er seinen Volvo am Straßenrand und schnappte sich die Jacke vom Beifahrersitz. Der Mensch dort unter der Brücke musste Sasuke sein. Musste einfach! Itachi ging näher. Obwohl es irre kalt draußen war, wurde ihm warm. Irgendwo da drinnen. In seiner Seele. Warum auch immer. Es war Sasuke. Das Glück musste, egal wie verkorkst auch immer, doch auf seiner Seite stehen. Doch als er noch näher kam, schlich sich ein trauriger Ausdruck auf sein Gesicht. Zusammengesunken, den Rucksack und die Knie umschlungen, den Kopf dort drauf bettend, saß er dort und zitterte wie Espenlaub, sodass Itachi auch die letzten drei, vier Meter hinter sich lies und sich vor dem Jungen hinhocke. Sanft griff er nach dessen Schulter und stellte fest, dass der Pullover ganz durchnässt und eisig kalt war. Nur wenige Zentimeter von dort wo er den jungen Kerl berührte befand sich auf dem Oberteil ein länglicher Riss, wo drunter freie Haut zu sehen kam, die noch blasser war, als er die Haut des Jungen in Erinnerung hatte. „Sasuke“, sagte er mit sanfter Stimme und erst da blickte dieser hoch. Verschreckt. Müde. Kraftlos, mit fiebrigen Glanz in den Augen, geröteten Wangen und leicht geöffnetem Mund; wahrscheinlich um besser Luft holen zu können, denn seine Nase war ebenfalls gerötet und lief. Itachi fand keine Worte. Dieser Anblick erschreckte ihn zutiefst. Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit so einem schwachen Sasuke. So krank, so frierend, so… er fand wirklich keine Worte. „Herr Uchiha…“, drang dann die schwache Stimme des Kindes an seine Ohren. „Was… tun sie hier?“ Itachi lächelte müde, umfasste Sasukes Schulter ein bisschen fester. „Dich abholen.“ Auf einen ebenso schwachen Blick, der dennoch einen leisen Anflug von Protest zeigte, fügte er hinzu. „Du kannst hier nicht bleiben.“ Sasuke bewegte seinen Arm und versuchte somit die Hand von seiner Schulter zu schütteln. Ein stummer Protest. Augenschließen. Er musste unheimlich erschöpft sein und fast Starr vor Kälte. „Gehen sie… bitte.“ Itachi ließ den Jungen los, blieb jedoch weiter in seiner Hocke verharrend, bei ihm. Ging nicht fort. „Du wirst erfrieren, wenn du hier bleibst.“ „Nein…“, murmelte der Jugendliche mit leiser Stimme und schüttelte bekräftigend den Kopf. Hustete und da fiel Itachi auf, dass sich selbst die Lippen schon bläulich verfärbten. „Sasuke. Es ist zu kalt. Viel zu kalt. Du kannst hier draußen nicht schlafen.“ Itachis Stimme war eindringlich. Er musste einfach zu diesem Jugendlichen durchkommen. Konnte ihn nicht hier lassen. Im Regen. Bei Wind. In der endlosen Kälte dieser Insel. „Ich… bin’s gewohnt.“ „Sasuke.“ Itachi fuhr sich mit der Hand durch die dunklen Haare. Selbst ihm war kalt und er saß hier noch nicht mal halb so lange hier, wie der viel dünner angezogene Jugendliche. Deswegen hielt Itachi ihm auch die Jacke entgegen, nachdem er ihn kurz angestupst hatte. „Zieh die an. Es ist zu kalt.“ „Ich… bin okay, Herr Uchiha“, entgegnete dieser nun und versuchte der Stimme Kraft zu verleihen, die er gar nicht mehr hatte. „Bitte… gehen sie.“ „Okay. Hör mir zu. Du musst nicht mit zu mir nach Hause. Mein Auto steht gleich dort drüben.“ Mit der freien Hand zeigte er dort hin. „Wir könnten was trinken gehen. Irgendwas hat mit Sicherheit noch auf. Oder… ich buche dir ein Zimmer für heute Nacht, aber bitte bleib nicht einfach hier sitzen. Du erfrierst sonst.“ Erneut schüttelte der schwarzhaarige Junge nur den Kopf, doch dieses Mal schien es nicht mehr so bekräftigend… eher langsam, bedächtig… kraftlos. „Schluss jetzt“, entschied der Mann nach einem erneuten Husten des Jüngeren. „Du wirst dich jetzt für eine der drei Möglichkeiten entscheiden. Das ist kein Spiel, es geht um dein Leben und ich lass dich hier nicht erfrieren.“ Er war gekommen, um sich zu bedanken, war gekommen, um diesem Kind seine Kette zurück zu geben und eine Jacke, damit er nicht frieren müsse, aber jetzt ging es um ein Leben. Um das Leben des Menschen, den er, obwohl er ihn doch eigentlich kaum kannte, am wenigstens sterben lassen wollte. Sasuke öffnete seine müden Augen wieder. Ihm war so kalt. Er fühlte sich hundselend, war erschöpft, wollte nur noch schlafen und bis vorhin war es ihm egal gewesen, ob er noch mal wach werden würde, doch jetzt saß dieser Mann wieder vor ihm, hielt ihm eine Hand entgegen und wollte ihn ins Warme bringen. Ins Cafe, in ein Hotel oder wieder zurück. Ja, Sasuke wusste genau, wo er hinwollte, wenn er sich eines der drei Sachen aussuchen musste. Er wollte wieder zurück. Dort hin, wo er sich einigermaßen sicher gefühlt hatte, gewollt. Also nickte er, kam auch nicht mehr dazu sich über viele Dinge Gedanken zu machen. Nicht mal darüber, dass er es gar nicht angenommen hätte, wenn Itachi Uchiha ihm ein Hotelzimmer bezahlen würde, wenn er denn überhaupt dorthin gewollt hätte. Noch einmal blickte Sasuke auf die dargebotene Hand und dann auf seine eigene, viel zu blasse, eiskalte schaute, ehe er zögerliche und schwächlich fragte: „Können wir nach Hause… zu ihnen?“ Itachi nickte. „Klar. Fahren wir heim.“ Mit Vorsicht seine in die größere Hand legend, spürte er wie sich sanfte Finger um seine schlossen. Viel zu schnell für seinen Geschmack wurde ihm aufgeholfen, sodass er leicht strauchelte, weil in seinem Körper kaum mehr Kraft war um sich aufrecht zu halten. Ihm war so kalt. Doch er fiel nicht auf den dreckigen Boden, sondern gegen Itachi Uchihas Brust, der ihm sofort wieder aufhalf und an den Schultern festhielt, bis er wieder richtig stehen konnte. Während er so dort stand, wehte ihm ein Duft entgegen. Vom Leder des Autos, woraufhin er sich fragte, wie lange nach ihm gesucht worden war und wie er gefunden worden war. Doch Itachi roch nicht nur nach Leder, er roch nach anderen Dingen. Zu viel, sodass Sasuke gar nicht beschreiben konnte, wonach es war. Aber er roch gut. Itachi hielt den Jungen noch eine Weile, ehe er ihm vorsichtig in die Jacke half, dann eilig dessen Rucksack hochnahm und den Jugendlichen an der Schulter festhaltend, zu seinem Auto ging, wo er zunächst die Beifahrertür öffnete, dafür sorgte, dass Sasuke sicher einstieg und sich anschnallte. Den Rucksack stellte er zu dessen Füßen auf den Boden, bevor auch er sich ins Auto setzte, den Motor startete, die Heizung noch höher drehte und die Musik leiser machte. Es war noch ein ganzes Stück nach Hause. Es war gut, dass er den weiteren Weg heimwärts genommen hatte, warum auch immer er es getan hatte. Nach der zweiten und letzten Tankstelle vor seiner Wohnung linste er zur Seite und sah, dass der Junge vor Erschöpfung eingeschlafen war. Sein Kopf war zur Seite gegen die Fensterscheibe gerutscht und trotz der Wärme im Auto zitterte Sasuke noch immer. Es würde dauern bis ihm wieder richtig warm sein würde. Erst als er zu Hause hielt, rüttelte Itachi leicht an der Schulter des Jugendlichen, worauf hin dieser wach wurde, seinen Kopf drehte und ihn aus glasigen Augen ansah. „Komm wir gehen hoch. Dann kannst du schlafen.“ „…Dankeschön.“ Hauchzart, kaum zu verstehen, aber er sagte es. Itachi stieg aus, half Sasuke ebenfalls hinaus, schloss seinen Wagen per Funk ab, nachdem er Sasukes Rucksack genommen hatte und ging mit dem Jungen hinauf in seine Wohnung. Dort suchte er eilig nach einer dicken Trainingshose und einem gemütlichen, warmen Pullover, griff eine frische Boxershorts aus der neuen Kleidung und brachte Sasuke ins Badezimmer. Nach einigen Minuten kam ein noch viel kraftloserer Junge wieder hinaus, woraufhin Itachi entschied ihn eilig schlafen zu lassen. Er öffnete seine Schlafzimmertür, sorgte dafür dass Sasuke in seinem Bett zu liegen kam, deckte ihn zu, strich ihm die von Regen nassen Haare aus dem Gesicht, woraufhin ihm die warme Stirn auffiel, aber darum musste er sich morgen früh sofort kümmern. Heute konnte er nicht viel tun, Sasuke brauchte Ruhe, schon alleine das würde helfen. Einen nassen Lappen konnte er ihm nicht auf die Stirn legen, nachher würde der immer noch zitternde Jungendliche nur noch mehr unterkühlen. Itachi drehte die Heizung noch etwas auf und ging dann mit einem unheimlich leisen Gutenachtgruß hinaus. Mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen machte er sich auf den Weg ins Badezimmer, wo er Sasukes nasse Kleidung aufsammelte, die er in seine Waschküche brachte, bevor er entschied, dass der Tag auch für ihn lang genug war. Es würde erholsam für Sasuke sein in einem richtigen Bett zu schlafen. Itachi nahm heute Nacht mit dem Sofa vorlieb. to be continued... by Jessa_ Kapitel 14: Rejoice ------------------- Kapitel 14: Rejoice I can’t change the world But i can change the world in me. Die Zimmerdecke, auf die er starrte war weiß. Das wunderte ihn. Normalerweise sah dreckigen Boden, wenn er erwachte oder ein Teil der Brücke. Manchmal aus seine Hose, weil er den Kopf zum Schlafen auf die Knie gelegt hatte. Auch die Decke über seinem Körper hatte er nicht erwartet, bevor ihm wieder einfiel, dass er doch mit Itachi Uchiha mitgegangen war. Wieder nicht standhaft geblieben war, aber was hätte er tun sollen. Ehrlich: Was hätte jeder andere getan? Er schloss die Augen, spürte das Kratzen im Hals und drehte sich auf die Seite. Er lag nicht auf dem Sofa, sondern im Bett. In einem großen Doppelbett, mit einer Matratze die weder zu weich noch zu hart war und einem saugemütlichen Kopfkissen. Irgendwie genoss er es sogar, obwohl er ein schlechtes Gewissen hatte. Selbst wenn Itachi Uchiha ihm nicht das Bett überlassen hätte und es keine Couch gäbe, wäre er vollkommen zufrieden damit, auf dem Boden zu schlafen, eingekuschelt in eine weiche, dicke Decke, so wie die, die nun über ihm lag. Denn die Wärme des Zimmers war optimal. Er froh nicht und er schwitzte nicht. Eigentlich fühlte es sich sogar relativ gut, wenn man darüber nachdachte, dass er in der Kälte fast erfroren wäre und sich wohl eine üble Erkältung eingefangen hatte. Doch obwohl es ihm eben relativ gut ging, fühlten sich seine Stirn und seine Wangen erhitzt an. Und seine Kehle rau und trocken. Itachi Uchiha hatte gesagt, er dürfe sich was Zutrinken nehmen, wann immer er wolle. Ob das auch jetzt noch galt, obwohl er ja eigentlich schon mal fort war? Nach minutenlangem Wachliegen, entschied er sich, etwas gegen seinen trockenen Hals zu unternehmen. Vorsichtig schwang er die Beine aus dem Bett, spürte wie seine nackten Füße den Boden berührten, aber erst in der Diele spürte er die Kälte. Dort heizte der Uchiha wohl nicht so doll wie in seinem Schlafzimmer. Oder heizte er wegen ihm so? Sich nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen wollend, tapste Sasuke in die Küche, schaltete das Licht ein und trat zu den Hängeschränken, wovon er einen vorsichtig öffnete und ein kleines Glas hinaus nahm. Er hielt es unter den Wasserhahn der Spüle und ließ kühles, frisches Wasser hinein laufen. Gott, wie lange hatte er das schon nicht mehr selbst gemacht. Sich ein Glas aus dem Schrank genommen und etwas Frisches zum Trinken hinein gefüllt. Er konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, dabei war so etwas eines der alltäglichsten Dinge, die das Leben zu bieten hatte. Vorsichtig und immer noch unsicher, ob er überhaupt durfte, setzte er das Glas an seine Lippen an und spürte, wie das kühle Nass wohltuend seinen Rachen hinunter lief und sein Hals sich direkt besser fühlte. Dennoch verlangte sein Körper – welcher Teil auch immer – nach mehr Flüssigkeit, jetzt wo er etwas bekommen hatte. Ob er sich noch ein Glas voll machen könnte? Er schloss kurz überlegend die Augen, hielt den Glasbecher wieder unter den Wasserstrahl und wollte es dann, als es gefüllt war, wieder an die Lippen führen, als er Itachi Uchihas Stimme von der Küchentür hörte. „Was machst du da?“, fragte er. Die Stimme war nicht wütend, nicht so als dürfte er sich nichts nehmen, dennoch erschrak der Jugendliche so sehr – und seine Hände fühlten sich sowieso, wie der Rest seines Körpers, so kraftlos an - das ihm das Glas aus den Händen rutschte und hart auf dem Fließen aufkam. Mit vor Schock geweiteten Augen bückte er sich sofort hinunter, wobei ihm leicht schwindelig wurde, dennoch versuchte er die im Wasser liegenden Scherben einzusammeln, als auch schon ein Schatten in sein Sichtfeld trat, dann eine Hand, die ihm die Fläche offen hielt. „Komm, gib mir die Scherben.“ Eine Stimme. Itachis Stimme. Sasuke spürte wie seine Hände zitterten, als er die Glasstücke in Itachis offene Handfläche gleiten lies, genauso wie seine Lippe bebte, als er sich zu entschuldigen versuchte. „Das tut mir… tut mir Leid. Bitte… Ich.“ Als Sasuke merkte, dass er nur gestotterten Müll hinaus brachte, griff er mit seinen immer noch zitternden Händen nach neuen Scherben um sie aufzuheben, doch Itachis freie Hand hielt seine fest. „Es ist okay. Alles ist gut. Geh wieder schlafen, Sasuke.“ „Ich… soll ich nicht…“, setzte der Teenager unsicher an, doch sein Gegenüber schüttelte nur mit dem Kopf. „Nein. Du solltest nicht. Dein Körper braucht die Ruhe.“ Dennoch zögerte der Jugendliche, woraufhin Itachi zuversichtlich lächelte und in Richtig der Glasscherben nickte. „Ich mach das schon.“ Er sah wie der Junge sich aufraffte und endlich auf ihn hörte, indem er wieder zurück ins Schlafzimmer ging. Der Uchiha hob die Scherben nacheinander vorsichtig hoch und warf sie dann in den Mülleimer, ehe er ein neues Glas aus dem Schrank nahm und es mit Wasser aus dem Hahn füllte. Es wunderte ihn, dass Sasuke so schnell erwacht war und dass es ihm doch scheinbar einiger Maßen gut zu gehen schien. Klar, er wirkte irgendwie immer noch schwach, verständlich, aber er konnte gehen, zitterte nicht wie sonst was vor Kälte und vor allem sprach er mit ihm. Itachi ging samt Glas in sein Schlafzimmer. Sasuke lag im Bett, das Licht war nicht gelöscht und der Junge hatte seinen Kopf unter der Decke vergraben. „Sasuke“, sagte er leise, als fürchtete er, denn Jugendlichen aufzuwecken. Doch innerlich wusste er dass Sasuke nicht schlief. Die Decke hob und senkte sich viel zu unregelmäßig für einen Schlafenden und die Schultern und dem Stoff vergraben bebten, wie wild, was Itachi dazu veranlasste, das Glas auf den Nachttisch abzustellen, ehe er sich vor das Bett hockte und den Namen des Jungen noch mal wiederholte. Doch er bekam auch wieder keine Reaktion, woraufhin er die Decke ein Stück hinunterzog und in Sasukes Gesicht blickte. Tränen schimmerten auf den erhitzten Wangen und das Gesicht wirkte unheimlich verschreckt, als der Jugendliche die salzige Flüssigkeit versuchte mit dem Handrücken zu entfernen, was ihm nur mäßig gelang. Eine sanfte Tränenspur blieb dennoch zurück. Er schniefte, seine Nase lief sogar an bisschen und als es schlimmer zu werden drohte, wischte er sich auch dort mit dem Handrücken drüber, bevor er sich etwas aufrichtete und ein Stück zurückrutsche. „Nun“, sagte Itachi zunächst tonlos, setzte aber dann alles Vertrauenserweckenden in seine Stimme, was er konnte. „Was ist los, Sasuke?“ Wieder zog der Jugendliche die Nase hoch, fuhr sich mit der Handfläche über die müden Augen und schüttelte den Kopf. „Ich… bin okay.“ „Du bist nicht okay“, entgegnete der Ältere und erklärte mit ruhiger, freundlicher aber dennoch eindringlicher Stimme: „Du kannst nicht okay sein, wenn du hier heulend sitzt. Wenn die vor Nervosität wegen meiner Stimme ein Glas aus der Hand rutscht.“ Wieder schniefte Sasuke, doch dieses Mal wirkte e auf Itachi so, als wolle der Junge sein weinen unbedingt unterdrücken und nicht als wäre es wegen der laufenden Nase. „Bitte…“, drang dann die kraftlose Stimme an sein Ohr. Sie wirkte, als hätte der Junge sich vollkommen selbst aufgegeben. „Ich tu alles… bitte sagen sie mir… wie ich es wieder gut machen kann… ich tu…“ „Du musst gar nichts tun. Nicht wieder gut machen, Sasuke. Hör mir zu.“ Er griff über die Matratze hinüber und wollte Sasukes Kinn anfassen, der jedoch, ohne es selbst zu realisieren, ein Stück zurück rutschte, ehe es ihm auffiel und er demütig den Kopf senkte. Itachi ließ seine Hand auf die Decke sinken. „Ich helfe dir, weil ich dir helfen möchte. Ich will kein Geld von dir. Ich will…“ Er erinnerte sich an die Darbietung des Jungen in der ersten Nacht. „… keinen Sex mit dir.“ Sasuke zog die Nase hoch, zog die Beine näher an den Körper ran und legte die Arme darum. Er wollte in diesem Moment nur zu seinem Papa. Mehr wollte er doch gar nicht. Er fühlte sich schrecklich, jetzt wo er einige Minuten wach gewesen war und geweint hatte. Seine Kehle war immer noch trocken und das Wasser auf dem Nachttisch grinste ihn an, aber er traute sich nicht, es zu nehmen. Seine Nase lief, er hatte einen Hustreiz, aber es kam kein Geräusch aus seinem Mund, ihm war kalt, er hatte Angst, er hatte Fieber, fühlte sich schummrig, hungrig und sein verdammter Anus schmerzte auch wieder höllisch. Sich flüchtig über die Lippen fahrend spürte er wie spröde und rau diese waren, seine Fingernägel vor Nervosität bis aufs Fleisch abgeknabbert und seine Haare vom Regenwetter fettig. Er fühlte sich einfach hundselend und wenn er nicht zu seinem Vater konnte, der ja schließlich tot war, wollte er sich einfach in irgendeine Ecke legen und sterben. Doch er traute sich nicht. Traute sich nicht, seine Gedanken so auszublenden, dass er sterben konnte, weil er, warum auch immer, am Leben hing. Itachi sah den Blick in den Augen des Kindes und die neuen Tränen die zu kommen drohten. Er konnte nicht weiterbohren, konnte einfach nicht. Sasuke tat ihm viel zu Leid, um hart zu sein, damit er Antworten bekam. Viel wichtiger als beschissene Antworten, war doch das Wohlergehen des Jugendlichen, weswegen er sich kurz erhob und zum Schrank ging, wo seine Jeans drin hing. Er fischte kurz in den Taschen herum und nahm die Kette des Jungen hinaus. Schweren Herzens wurde sie ihm vor einigen Tagen als Bezahlung gegeben und nun war es endgültig an der Zeit, sie zurück zu schenken. Dieses Schmuckstück gehörte nicht ihm, gehörte niemand anderem als Sasuke. Er hockte sich wieder vor das Bett und legte seine Hand mit offener Fläche, wo die Kette drin lag, auf die Bettdecke. Es verging eine Minute, in der er stumm war, und Sasuke nicht realisierte, was geschehen war, ehe ihm die Kette auffiel und er fast augenblicklich danach greifen wollte, doch dann erinnerte er sich wohl daran, wie unhöflich das war und dass es nicht mehr die Seine war. Wie dumm er gewesen war! Ohne diese Kette konnte er nicht leben. Sie war doch das einzige, was ihm von seine Vater geblieben war. „Bitte…“, fing Sasuke dann leise an und sah flehend auf: „Bitte… ich tu alles… wirklich… bitte, ich… sie können meinen Körper benutzten, sie können mich… schlagen… Ich halte alles aus… nur bitte…“ Aus Schockgeweiteten Augen, blickte Itachi den Jüngeren an. Er hatte mit so was gerechnet, das Sasuke ihm Sex anbot, durch die Pose am ersten Abend, aber dennoch: Wirklich angeboten hatte er es ihm bisher nicht und er hätte es auch niemals tun soll. Itachis Welt brach ein Stück in Scherben, so fühlte es sich jedenfalls an. Er wurde von einem Kind angefleht, geschlagen und gefickt zu werden, nur damit es diese Kette bekam, die er ihm schon hinhielt. Itachi fiel es wie Schuppen von den Augen. Dieser Junge vor ihm, war mit Sicherheit keine Jungfrau mehr, wenn er sich schon so anbot. Wie alt, verdammt, war er? Welches Schwein hatte ihn entjungfert, wie viele hatten es diesem Kerl nachgetan? Warum tat man so etwas einem Kind an? Er wusste selbst nicht genau, was er mit so etwas meinte, aber Sasuke mussten schreckliche Dinge widerfahren sein. „Ich will keinen… Sex“, sagte er leise, wurde aber lauter. „Ich werde dich nicht schlagen. Nimm jetzt die verdammte Kette.“ Sasuke biss sich auf die Lippen und haderte mit sich. Er wollte fort. Fort von diesem Ort, von dem Mann, dessen Nettigkeiten er nicht verstand und bei dem er sich unbedingt so sicher fühlen wollte, wo er sich gewollt fühlte. Mit zitternder Hand griff er nach der Kette, hielt sie fest in der Hand und stand eilig, über die andere Seite des Bettes, auf und eilte zur Tür. Er wollte weg, registrierte nicht, dass er nur eine Jogginghose und einen dicken Pullover trug. Doch bevor er den Flur erreichte, griff Itachi ihn an der Schulter und zog ihn zurück ins Schlafzimmer, wo er dafür sorgte, dass der Jugendliche sitzten blieb. „Jetzt hör mir zu“, sagte er mit eindringlicher und wohl sehr strenger Stimme. „Ich werde dir nicht weh tut. Ob du mir das glaubst oder nicht, ist deine Sache, Sasuke, aber ich werde es nicht tun und genauso wenig, lass ich dich jetzt wieder abhauen. Versteh es endlich: Die Tage werden kälter, du wirst erfrieren, wenn du jetzt gehst!“ Sasuke atmete heftig ein und aus, und erst als die ersten neuen Tränen und Schluchzer durch seinen Körper jagten, wurde es etwas besser, doch er fühlte sich völlig kaputt. Die Hand fester um seine Kette fassend, murmelte er leise, annähernd unverständlich: „Papa…“, eher er sich daran erinnerte, dass sein Vater nie wieder da sein würde, um ihn in den Arm zu nehmen, dass er schon so lange nicht mehr da gewesen war. Ohne wirklich nachzudenken rutschte er dann ein Stück nach vorne, schloss die Augen und drückte sich an den erschrockenen Itachi. Dieser wollte zunächst etwas sagen, überlegte es sich dann jedoch anders und legte schlicht einen Arm um Sasuke, machte ein paar beruhigende Laute, während er ihm vorsichtig über den Rücken strich. Sasuke weinte seinen ganzen Schmerz aus seinem geschundenen Körper. Das erste Mal seit Jahren, an der Brust eines anderen Mensches und wenn er nicht darüber nachdachte, fühlte es sich gut an. Nach einiger Zeit wurden seine Schluchzer schwächer, seine Tränen weniger und sein Körper erschöpfter. Der Kopf lehnte kraftlos gegen Itachis Brust, die Arm schlapp hinunter. „Ich hab Durst“, murmelte er leise, merkte es wahrscheinlich vor Müdigkeit selber nicht, merkte den leicht auffordernden Ton in der eigenen Stimme nicht, doch Itachi machte es nichts aus, es freute ihn sogar irgendwie. Da er mit Sasuke direkt am Nachttisch auf dem Boden hockte, griff er nach dem Wasserglas und hielt es dem Jugendlichen an die spröden Lippen. Nachdem Sasuke vorsichtig das halbe Glas gelehrt hatte, sorgte Itachi dafür, dass er im Bett zu liegen kam. Er nahm ihm ganz vorsichtig die Kette aus der Hand und legte sich gut sichtbar vor dem Jungen auf den Nachttisch, ehe er die Bettdecke in die Höhe zog. „Schlaf nun. Morgen… sieht die Welt besser aus“, sagte er, aber es hörte sich nicht wie ein Versprechen an. Doch dies fiel Sasuke nicht auf. Itachi schon. Er konnte so was nicht versprechen. Er konnte es sich nur wünschen. Er konnte die Welt nicht ändern. Aber er konnte die Welt in sich ändern. Und wenn es soweit wäre, das mehr Menschen die Welt in sich selbst änderten, würde er jubeln. to be continued by Jessa_ Kapitel 15: Get on your boots ----------------------------- Hallöchen Leute, Es tut mir Leid, aber ich hatte kaum zeit zum schreiben. Klassenfahrt, 10nerStress, Freunde und dann fang ich mit meinem Alter auch noch an meine Mitmenschen mit dem Gitarre lernen auf den Geist zu gehen xD Ich hoffe ihr nehmt mir die lange Wartezeit nicht übel, freut euch über das Kapitel und habt Spaß beim lesen. Bin gespannt auf eure Meinung. Liebe Grüße Jess- [iKapitel 15: Get on your boots Get on your boots, yeah You free me from the dark dream Das Tropfen des Regens gegen die Fensterscheibe, brachte Itachi schlussendlich, nachdem er sich schon einige Male wieder umgedreht hatte, dazu, die Beine vom Sofa zu schwingen und sich müde durch die Haare zu fahren. Die Suche nach Sasuke war wohl doch nicht so spurlos an ihm vorbeigegangen. Gut, dass er den Jungen wenigstens gefunden hatte. Sich den Nasenrücken massierend stand er langsam auf und schritt im halbdunkeln des Raumes zur Tür, dann in den Flur, ehe er leise die Schlafzimmertür öffnete und hineinlinste. Sasuke lag noch im Bett. Die Decke war bis zu seinem Bauch gezogen, sodass die Brust, Schultern und Arme frei lagen. Das war nicht gut bei einer Erkältung, die er sich mit großer Sicherheit zugezogen hatte. Itachi ging ein wenig näher zum Bett, nahm das Ende der Decke in die Hand und zog diese etwas hinauf, als er die erhöhte Körpertemperatur des Jungen spürte. Er legte seine Hand auf die Stirn und stellte erschrocken fest, dass diese glühte. Mit eiligen Schritten trat Itachi wieder in den Flur und dann sofort ins Badezimmer um eine Schüssel mit kalten Wasser und reine Waschlappen zu organisieren, mit denen er dann zurück zu seinem kranken Schützling ging. Er stellte die Schüssel auf den Nachttisch ab, tunkte die Lappen hinein, wrang diese ein wenig aus, bevor er den ersten auf Sasukes Stirn legte. Dabei konnte er beobachten, wie die Lider des Kindes flackerten und sich daraufhin langsam und kraftlos öffneten. Wirr schauten sie Itachi an, der seine Hand zum Schopf des Teenagers wandern lies und ihm sanft über den Kopf strich. Schwer atmete der Jugendliche und schluckte kurz. Er sah sich hektisch im Zimmer um, wurde sich wahrscheinlich bewusst wo er war und versuchte sich vorsichtig aufzusetzen, doch Itachi lies es gar nicht soweit kommen und sagt mit freundlicher Stimme: „Bleib besser liegen.“ Er war sich der vollen Aufmerksamkeit des Jungen nicht sicher, dennoch sprach er weiter: „Du bist ziemlich schwach und hast hohes Fieber im Moment. Magst du mir sagen, wie du dich fühlst?“ Wieder blickte Sasuke sich nur wirr um, obwohl er jetzt wohl wusste, wo er war, ehe er nach vielen Minuten der Stille endlich etwas sagte. „Es tut… so weh.“ Alarmiert schreckte Itachi auf, und fragte mit versucht ruhiger Stimme nach: „Was tut weh, Sasuke? Wo hast du Schmerzen?“ „Mama…“ War das Fieber etwa so weit angestiegen, dass der Jugendliche jetzt nach seiner Mutter wimmerte, wie ein allein gelassener Wolfsjunge. Wie schrecklich. Am gestrigen Abend, daran konnte Itachi sich erinnern, hatte Sasuke schon nach seinem Vater verlang. Und beide waren sie tot. Dieses arme Kind. „Ich… wollte gar… gar nicht“, hörte er wieder die Stimme des Jungen, woraufhin Itachi ihm über die Haare strich und vorsichtig den Lappen wechselte. „Was wolltest du nicht, Sasuke?“, fragte er und hoffte Antworten zu bekommen, auch wenn Sasuke momentan wohl nicht ganz bei sich war. „Aufhören… bitte… bitte nicht“, flüsterte Sasuke stockend. Er war unheimlich abwesend, schien in weite Ferne zu blicken und nicht Heer über das Fieber zu werden, obwohl der Erwachsene einen neuen, kühlen Lappen auf dessen Stirn gelegt hatte. Doch plötzlich, nach wenigen Minuten, wurde die Stimme des Jungen klarer, auch wenn er mit den Gedanken immer noch fort zu sein schien. „Bitte… Kabuto, hör auf…“, sagte er und versuchte sich auf die Seite zu rollen, wobei Itachi den Lappen auf der Stirn festhielt, sodass dieser nicht hinunter rutschen konnte. Sein Hirn ratterte. Wer war Kabuto? Und womit sollte er aufhören? Womit? War er ein Bruder? Ein lebender Verwandter? Aber womit sollte er verdammt noch mal aufhören? Was hatte Sasuke nicht gewollt? Moment. Dieser unsinniger aber doch gleichzeitig so sinnige Gedanke traf Itachi wie ein Blitz. Kabuto war eindeutig ein männlicher Name und Sasuke hatte Angst vor den meisten Männern. Itachi erinnerte sich an das Blut, dass Sasuke vom Sofa gewischt hatte. Das Blut was da gewesen war, wo er mit dem Hintern hatte gelegen haben musste. War Sasuke… war dieses Kind – was er immer noch, nach allem was geschehen war, in Itachis Augen war – etwa vergewaltigt wurden?! Bot Sasuke ihm deswegen an, ihn mit Sex zu bezahlen? Weil er es nicht anders kannte, als benutzt zu werden. Vergewaltigt. Aber wann? Wie alt war er da gewesen? Hatten seine Eltern denn da noch gelebt? Durch einen Ruck aus seinen Gedanken gerissen, spürte er wie Sasuke immer noch im Fieberwahn seine Hand fort schlug, wobei der Lappen von der Stirn auf das Kissen rutschte und er mit zitterndem Körper, fest zusammengepressten Augen und an den Oberkörper gezogene Beine in voller Verzweiflung schrie: „Lass mich los… ich will… nicht! Kabuto!“ Itachi schloss kurz die Augen, atmete heftig aus und packte den Jüngeren dann an den Schultern. Er drückte leicht zu und bat leise: „Komm, mach die Augen auf. Komm schon, Junge.“ „Nein. Nein, nein, nein. Geh weg!“ „Sasuke, bitte. Du hörst doch meine Stimme. Ich bin’s, Itachi. Itachi Uchiha.“ Er lies die Schultern des Kindes los, strich ihm über die schweißnasse Stirn, bevor er die Berührung löste und leiste sagte: „Du weißt doch, dass du hier sicher bist.“ Er wartete auf eine Reaktion. Der Junge blinzelte kurz und fuhr dann, wie aus einem Alptraum erwachend hoch. Verwirrt schaute er durch den Raum, ehe sich sein Blick festigte und er Itachi anschaute. „Entschuldigung.“ Seine Stimme war unendlich kraftlos, dies fiel Itachi Uchiha sofort auf. Er sorgte sich. Nicht nur um den körperlichen Zustand des Jungen, sondern auch um seinen seelischen. Aber er hatte nicht auch nicht einen Hauch von Recht Sasuke danach zu fragen, deswegen wandte er sich anders an den Jugendlichen. „Wie fühlst du dich?“ „Ich bin… in Ordnung“, flüsterte der Junge und zog die dicke Decke näher an seinen Körper. Obwohl ihm schrecklich kalt war, glaubte er zu erfrieren. Und er war wirr im Kopf. Konnte man an Eis verbrennen. Klar. Gefrierbrand. War das dasselbe? Er wusste es nicht. Ein Zähneknirschen seines Gegenübers riss Sasuke aus den Gedanken. Er blickte zu dem Erwachsenen auf und biss sich von innen auf die Unterlippe, während der Ältere hinauspresste: „Dir geht es gar nicht gut. Lüg mich nicht an, verdammte Scheiße!“ „Ich…“, setzte der Jugendliche an, verstummte jedoch, weil er nichts zu sagen wusste. „Kapierst du nicht, dass ich mich sorge?! Du redest wirre Dinge und ich spinne mir Sachen zusammen!“ Jetzt hatte er das Thema doch angeschnitten. Er durfte nicht weitergehen. Innerlich versuchte der aufgebrachte Schwarzhaarige sich zu beruhigen. Sasukes Augen brachten ihn dazu. Er hatte nicht das Recht so aus der Haut zu fahren und Sasuke dafür anzuschreien, dass er ihm nur keine Sorgen bereiten wollte. „Bitte… Entschuldigen sie.“ „Nein. Ich muss mich entschuldigen, Sasuke.“ Itachi lächelte freundlich. „Kann ich irgendwas für dich tun? Möchtest du zum Arzt? Etwas trinken oder hast du Hunger? Du kannst fernsehen im Wohnzimmer, wenn du magst.“ Itachi sah, wie der kranke Junge, wohlmöglich vor Nervosität, an seinen Fingernägel knabberte, ehe er leise bat: „Könnte ich ein Glas Wasser haben?“ „Klar.“ Der Zweiundzwanzigjährige macht sich eiligst auf den Weg in die Küche, wo er etwas stilles Wasser in ein Glas füllte, dass er dem Jungen brachte. Sasuke trank kraftlos einige Schlücke, stellte das Glas auf dem Nachttisch ab und zog ein Bein, unter der Decke an seinen Körper. Er wusste nicht, was er tun sollte. Nun war er wieder hier. Das war nicht richtig. Hier gehörte er nicht hin. Aber er war krank und er wünschte sich im Moment nichts sehnlicher, als sich in diesem warmen Bett auskurieren zu können, aber das ging nun mal nicht. Es war Samstagmorgen und Itachi Uchiha würde auch seinen Schlaf brauchen, schließlich hatte dieser ein geregeltes Leben, wozu nun mal auch Arbeit gehörte. Aber wo sollte er dann hin? Er hatte einfach kein zu Hause mehr, aber er wusste, das er auf den Straßen auf kurz oder lang verrecken würde. Da führte kein Weg dran vorbei. Es war einfach zu kalt. „Wie lange kann ich bei Ihnen bleiben?“ Es war, als sei ihm die Frage rausgerutscht und wenn er ehrlich war, wollte er sie am Liebsten sofort wieder zurücknehmen, aber das ging nun mal nicht so einfach, deswegen blickte er einfach auf die helle Decke und grübelte darüber, was wäre, wenn Itachi Uchiha ihn schon heute Abend fort schicken würde. Wo sollte er dann nur schlafen? Itachi schmunzelte leicht und sagte dann mit zuversichtlicher Stimme: „Du kannst auf jeden Fall bleiben, bis es dir wieder besser geht. Wenn du bleiben möchtest, natürlich nur. Es ist deine Entscheidung, okay? Aber wenn du bleibst, habe ich eine klitzekleine Bedingung.“ Sofort schlich sich ein vorsichtiger Ausdruck auf das kranke Gesicht und, wahrscheinlich unbewusst, rutschte der Jugendliche etwas nach hinten. Bedingung war wohl das falsche Wort gewesen, sagte Itachi sich in Gedanken und fügte deswegen schnell an: „Du kennst meinen Vornamen, also kannst du mich auch damit ansprechen.“ „Sie meinen…“, setzte Sasuke an und konnte nicht glauben, dass dieser Mann, ihm gerade wirklich das Du anbot. Er hatte doch nicht das Recht ihn zu duzen. Doch nicht solch einen wohlhabenden Mann und außerdem…! Das ging einfach nicht, oder? „Ja, lass das Sie weg. Das muss nicht sein, ehrlich. Ich fühl mich ja dann, als wäre ich ein Greis.“ Der Ältere grinste und meinte dann: „Ich lass dir jetzt ein schön warmes Bad ein und dann mach ich dir was zu Essen, einverstanden?“ Sasuke schluckte seinen Stolz und die Angst davor, etwas anzunehmen hinunter und sagte leise: „Klar.“ Immer noch leicht grinsend stand Itachi auf und trat aus dem Raum und dem Jungen ein Bad einzulassen. Er gab wieder etwas von der Kräutermischung seiner Mutter hinein, ehe er Sasuke zu sich rief und auf den Teenager wartete. Der Junge hatte einen schwachen Stand, die Stoffhose war ihm zu lang und schleifte über den Boden, der Pullover saß unheimlich locker. „Lass dir Zeit“, meinte Itachi beim rausgehen, merkte aber an: „Schau aber danach, dass das Wasser nicht zu kalt wird, sonst hilft es nicht, in Ordnung?“ Itachi sah, wie sein Gegenüber nickte und ging hinaus um sich in der Küche daran zu machen, eine Brühe auf zu setzten, ehe er sich am Küchentisch niederließ um sich eine Zigarette zu gönnen. Die hatte er sich verdient. Aber die Gedanken, die durch sein Hirn ratterten ließen ihm keine Ruhe. Er war aus der Haut gefahren und das tat ihm im Nachhinein unheimlich Leid, schließlich konnte Sasuke nicht dafür, was in dessen Leben schief gelaufen war, oder was Itachi glaubte, was geschehen war. Doch er wusste genau, dass er – auch wenn er sonst so selten Hilfe braucht – mit dieser Sache nicht alleine klar kam. Das hier war einfach kein Zuckerschlecken. Aber wen könnte er um Hilfe bitten. Seine Mutter? Keinesfalls. Sie konnte zwar mit Kindern und Jugendlichen umgehen, sie war eine nette Frau, aber auch sie würde nicht damit klar kommen, dass er einen fremden Straßenjungen in seine Wohnung gelassen hatte. Und noch viel weniger würde sie damit klarkommen, was Sasuke geschehen war. Gott, er kam ja nicht mal selbst damit klar, was der Jüngere wohlmöglich hatte alles durchmachen müssen. Dabei wusste er mit hundertprozentiger Sicherheit nicht mal alles von diesen Dingen. Allein schon diese Sachen, die Sasuke im Fieberwahn gesagt hatte und dessen Angst, als Itachi ihm nur die Hand auf den Kopf gelegt hatte. Plötzlich, als er die Augen schloss, kam ihm sein Vater in den Sinn. Er war der Mann, der ihn immer beschützt hatte. Vor allem in der Welt, selbst dann, wenn es nichts gab, wovor er hätte beschützt werden müssen. Doch mit diesen Dingen, die Sasuke wohlmöglich geschehen waren, würde auch er – sein starker Vater – nicht mit klar kommen. Dafür war er immer zu engstirnig gewesen. Und seine Welt war zu heile. Mit einem schweren Seufzen stürzte er seinen Kopf in die Hand und zog seine Stirn krau. Verdammt, irgendjemand musste ihm doch einfalle, der ihm wirklich helfen konnte. Nein, jemand der Sasuke helfen konnte. Aber wer? Konan? Aber nein. Sie war mit ihrem eigenem Kind beschäftigt genug und sie war eine ganz normale Frau. Wie sollte sie ihm schon helfen können. Wer dann? Ihm wollte einfach keiner einfallen. Aber er konnte diesen Jungen doch nicht einfach in irgendeine Anstalt schicken, auch wenn sie dort wohl Menschen wie ihn heilen konnten. Das wäre nicht der richtige Weg oder doch? Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er sich nicht mehr komplett fühlte, wenn Sasuke nicht um ihn herum war. Er konnte ihn nicht fortschicken. Nicht in irgendeine Anstalt. Das ging einfach nicht. Schon allein wegen Sasukes höllischer Angst vor fremden Männern. Moment. Vielleicht könnte Kakashi ihm helfen. Gerade wegen dieser Angst. Er konnte seinem Freund hundertprozentig vertrauen und wenn er Sasuke mit ihm konfrontieren würde, würde er vielleicht mehr über eben diese Angst in Erfahrung bringen können. Es war ein Versuch wert, oder nicht? Mit seiner Idee einigermaßen zufrieden, machte er sich auf den Weg zu Telefon, wählte Kakashis Nummer und lud ihn und Iruka für den heutigen Abend zum Essen ein. Es sei wichtig, hatte er gesagt und Kakashi, der schon seit einigen Tagen nicht mehr von seinem besten Freund gehört hatte, war einverstanden und meinte, sein Freund und er seien gegen sieben Uhr da. Nur was tun mit Sasuke bis sieben Uhr. Itachi hatte momentan keine Ahnung wie er dem Teenager gegenüber treten sollte. Keine Ahnung, wie er nun, nachdem er wusste, was er zu wissen glaubte, auf Sasuke zugehen sollte. Er schielte zu Tür, wo der Junge mit einem Handtuch um die Haare im Türrahmen stand. Die zu lange Stoffhose hatte er umgeschlagen, doch der Pullover hing ihm immer noch locker am Leib. Sich unsicher auf die Innenseite der Unterlippe beißend, trat er in die Küche und setzte sich, nach einem scheuen Blick, gegenüber dem Älteren an den Tisch. Dieser jedoch stand dann auf, ging zu den Hängeschränken, nahm eine Tasse und einen Teller hinaus. In die Tasse gab er zuvor gekochtes Wasser und einen Teebeutel, während er den Teller reichlich mit heißer Brühe füllte, ehe er Sasuke beides, mit einem Löffel, vor die Nase stellte. Sasuke griff, als Itachi wieder saß, vorsichtig nach dem Löffel und führte sich, nachdem er gepustet hatte, etwas Brühe zum Mund. Sofort spürte er die wohltuende Wärme, die sich in seinem Inneren breit machte. „Ich muss Ihnen etwas sagen, Herr Uchiha“, sagte er mit leiser Stimme, bevor er an seinem Tee nippte. „Ich habe dir doch das Du angeboten.“ „Entschuldigung.“ Sasuke schwieg einige Sekunden, schaute auf die warme Brühe und fasste den Entschluss, dass Itachi Uchiha das Recht hatte einen Teil der Wahrheit zu erfahren. Er hatte ihm die Kette uneigennützig zurückgegeben. Wer würde das schon tun - und ihm einen Platz zum schlafen geben und überhaupt all das tun, was er für ihn tat. „Ich… habe dich angelogen“, gab Sasuke flüsternd zu, nippte noch einmal an dem Tee und wartete auf Itachis Reaktion. „Womit angelogen?“, wollte dieser wissen. Seine Stimme war ruhig. Er strahlte keine Gefahr aus, was Sasuke dazu veranlasste, weiter zu sprechen. „Die Sache mit meinen Eltern.“ Zuerst entstand eine Stille zwichen den beiden, in denen Sasuke auf Itachi unendlich ängstlich zu sein schien. Er sackte immer mehr in sich zusammen, hatte aufgehört die Suppe zu löffeln und den Tee zu trinken. Erst als Itachi das Wort erhob, traute er sich zögernd wieder nach oben zu schauen. „Sie sind also nicht tot?“ „Doch. Mein… mein Vater schon.“ „Aber deine Mutter nicht?“ „Nein.“ Sasukes Stimme war nur ein schuldbewusstes Wispern. Für solch eine Lüge würde Itachi Uchiha ihn mit Sicherheit rausschmeißen. Davon war er mehr als überzeugt. Wer wollte schon ein lügendes Straßenkind daheim haben? Niemand. War doch völlig logisch. Lange herrschte Stille zwischen den Beiden, in der Sasuke nervös mit seinem Fuß auf dem Boden scharrte und seinen Blick weiterhin gesenkt auf seine nun im Schoß gefalteten Hände hielt. Den Blick Itachis spürte er stark auf sich, aber er hatte einfach nicht den Mut dazu, auf zu blicken und in den sonst so gütigen Augen Verachtung ihm gegenüber zu lesen. Wenn er es sich schon selbst kaputt gemacht hatte, bleiben zu können, mit einer so unnötigen Lüge, wollte er Itachi Uchiha als den Menschen in Erinnerung behalten, der er die ganze Zeit zu ihm gewesen war. Wie waren seine Gedanken damals gewesen? Die Unschuld der Dinge aufrecht erhalten, genau das war es. Doch als er die drückende Stille nickt mehr aushielt, fand er dass das Schweigen genug war und er nun gehen sollte. Selbst wenn er auf der Straße lebte und krank war bis zum geht nicht mehr, hatte er einen gewissen Selbsterhaltungstrieb. Außerdem… würde er lieber auf der Straße verrecken, an der Kälte und seinem körperlichen Zustand, als an seelischen Schmerzen in dieser Wohnung, wo er sich doch eigentlich nur sicher fühlen wollte. Er wollte sich schon erheben, als er die sanfte Stimme Itachis hörte. „Du solltest deine Suppe essen.“ Es waren keine besonderen Worte, kein großartiges Geständnis, es war kein Versprechen, aber die waren auch nicht von Nöten, denn in diesen Silben lag etwas, was Sasuke dazu veranlasste ruckartig sein Haupt zu heben. Er sah wie Itachi seinen Kopf in die Hand gestützt hatte. Schlicht und ergreifend lächelte er ihn einfach nur an. Sah ihn an. Sasuke konnte es nicht fassen. Er hatte Itachi Uchiha belogen und dieser tat gar nicht. Er schmiss ihn nicht raus. Er saß nur da und… lächelte. Sasuke biss auf seine Unterlippe und senkte den Kopf. Um die Tränen, die sich hinausflüchten wollten zu verdrängen, wurde sein Biss immer fester, sodass seine Lippe bald schon ein wenig blutete und es zu sehr weh tat, sie weiter zu bearbeiten. Doch als er die Umklammerung seiner Zähne löste, flossen die ersten Tränen, bei denen er sich die Hände vor das Gesicht schlug und leise, ungewollt aber nicht zu verhindern, aufschluchzte. „Scheiße…“, fluchte der Jüngere in seine Hände hinein, was Itachi ein leichtes, für Sasuke nicht sichtbares, Grinsen auf das Gesicht zauberte. Der Teenager spürte aber, wie seine Handgelenke umfasst wurden und er somit von Itachi Uchiha gezwungen wurde, sein Gesicht preiszugeben. „Ich denke, das war ein Fortschritt.“ Itachis Grinsen wurde breiter. Er entließ Sasuke aus seinem Griff, woraufhin dieser sich flüchtig die Tränen fortwischte und leise sagte: „Scheint so.“ to be continued by Jess- Kapitel 16: Touch ----------------- Kapitel 16: Touch Falling Did you find a place to hide Um kurz vor sieben klingelte es an der Tür zu Itachis Wohnung, der verwundert aufblickte, sich aus dem Sessel im Wohnzimmer erhob und in den Flur ging um zu öffnen. Es wunderte ihn schon ein wenig, wer jetzt klingelte, denn es konnten weder Iruka noch Kakashi sein, denn dank Kakashi, der ein notorischer Zuspätkommer war, kam natürlich auch Iruka immer zu spät. Kein Wunder also, dass Itachi große Augen machte, als die Beiden nun doch schon vor seiner Tür standen. Anscheinend war ihm seine Überraschung anzusehen, denn Iruka grinste nur und deutete hinter sich. Dort stand ein doch sehr fertig aussehender Kakashi Hatake, der allen Anscheins nach auch noch verdammt abgehetzt wirkte. Der arme Kerl! Itachi konnte sich ein Grinsen gerade noch verkneifen, als er sich bildlich vorstellte, wie Iruka ihn gescheucht hatte, damit sie ja nicht zu spät kämen. Mit diesem verkniffenen Grinsen, trat er auf die Seite um die beiden einzulassen und die Tür hinter ihnen zu schließen. Seine letzten Zweifel, ob diese Einladung eine gute Idee sei, zur Seite schiebend, bat er seine Freunde, nachdem diese sich den dicken Mänteln entledigt hatten, ins Wohnzimmer, wo Sasuke auf dem Sofa saß. Bis vorhin hatte er ein Buch gelesen, doch seit die Klingel ihn aufgeschreckt hatte, lag dieses nur noch auf seinem Schoß, während er wachsam zur Wohnzimmertür schaute. Itachi sah, wie Sasukes Augen sich unwillkürlich weiteten und sich seine Finger in Richtung Mund bewegten. Nervös kaute er an einem seiner Nägel herum. Doch dann wurde Itachi auch schon von Kakashis Stimme aus den Gedanken gerissen. „Wer ist das und was tut er hier?“ „Das ist Sasuke. Er wohnt hier bei mir. Vorübergehend.“ Sasuke konnte seinen geschockten Blick nicht von den drei Männern abwenden. Er schämte sich dafür, dass ihn Furcht packte und Misstrauen. Was hatte Itachi mit ihm vor? Was hatten diese Kerle mit ihm vor? Wer waren die? Was wollten die? Was sollte er tun? „Hallo Sasuke.“ Der Kleinere der beiden Männer näherte sich dem Sofa und hielt ihm die Hand entgegen. Er hatte einen braunen Pferdeschwanz, braune, freundlich wirkende Augen, gebräunte Haut und lockere, sportliche Kleidung am Leib. Ohne nachzudenken drückte Sasuke sich enger gegen die Sofalehne, um wenigstens ein wenig zurückweichen zu können, wenn er schon nicht die Möglichkeit hatte, richtig aus Reichweite zu gelangen. Die freundlichen Augen konnten ihn nicht täuschen. Der Einzige, zu dem er glaubte wieder Vertrauen fassen zu können, hatte ihn – wie alle anderen zuvor – nun einfach ausgeliefert. Und das tat verdammt weh. Sasuke griff voller Furcht nach der Kette, die um seinen Hals baumelte. Auf Itachis Anregungen hatte er sie gegen Mittag angezogen. Sie sei schließlich seine, hatte der Ältere gesagt. Es war gut zu wissen, dass sie wieder an dem Platz war, wo sie hingehörte. Sie gab ihm Kraft, auch wenn er schreckliche Angst hatte. Angst vor diesen Männern. Es brach Itachi fast das Herz zu sehen, wie sehr Sasuke nun litt. Vielleicht war das hier keine Gute Idee gewesen. Vielleicht war es sogar alles andere als das. Itachi merkte, dass er das seichte Vertrauen, dass Sasuke in ihn aufgebaut hatte, mit diesen paar Minuten zerstörte, wenn er jetzt nicht etwas tat. Als Iruka einen weiteren, freundlichen Annäherungsversuch startete, indem er seinen Namen nannte, trat Itachi, unter Kakashis verwirrten Blicken, weiter in den Raum hinein und ließ sich neben Sasuke auf dem Sofa nieder. „Sasuke“, wollte Itachi ansetzten, doch er merkte schnell, das der junge Kerl nun auch vor ihm ein bisschen zurückwich. Zwar nicht so weit wie bei Iruka selbst, aber er tat es. Wieder setzte er an: „Sasuke. Hör mal, ich hab einen Fehler gemacht, okay? Ich hätte dir sagen sollen, dass sie vorbei kommen. Aber keine Sorge. Sie sind nur meine Freunde.“ Seine Stimme wurde leiser. „Ich werde dir nichts tun. Sie werden dir nichts tun. Sie sind nur hier zum Abendessen. Ich habe sie eingeladen.“ Gespannt wartete er die erste Reaktion seitens Sasuke, die auch langsam und vorsichtig mit dessen Aufblicken kam. Erleichtert seufzte er aus und setzte, die Hand auf Sasukes Schulter legend an: „Es ist alles in Ordnung, okay?“ Er musste ein wenig auf eine Antwort warten, doch dann nickte Sasuke ihm zu und antwortete leise: „Okay.“ Auch wenn Iruka die Szene nicht ganz verstand, versuchte er sein Glück ein weiteres Mal und hielt Sasuke, mit den Worten: „Mein Name ist Iruka Umino.“, die Hand entgegen. Als Sasuke sie nicht sofort nahm, erhob Kakashi das erste Mal an diesem Abend das Wort. „Ich denke wir sollten den Abend verschieben, Itachi. Wir tun diesem Kind nicht gut.“ Bevor Itachi etwas erwidern konnte, drehte sich Sasukes Gesicht erschrocken zur Tür, ehe er leise sagte: „Nein… Ich… nicht wegen mir…“. Das war doch das Mindeste, was er jetzt tun konnte. Itachi hatte ihm so viel gegeben, einen Platz zum schlafen und alles und jetzt wollten seine Freunde auch noch gehen, weil sie glaubten, sie würden Sasuke damit schaden. Das war alles andere als Richtig. Wenn müsste er gehen und nicht diese Männer. Sasuke wollte es anbieten. Er wollte wirklich, aber er konnte nicht. Stattdessen wandte er beschämt das Gesicht ab. Er war krank, hatte immer noch ein wenig Fieber und er wusste, wenn er jetzt gehen würde, würde er sich auf der Straße den Tod holen. Dabei freute er sich, auch wenn das so falsch und dreist von ihm war, auf die dicke Decke über seinem Körper und das gemütliche Kissen beim Einschlafen. Kakashi wusste nicht, wer dieser Junge war und er fragte sich, warum Itachi ihn nicht früher aufgeklärt hatte. Moment! Was, wenn dies der Junge war, von dem Itachi damals geredet hat?! Das Straßenkind. Und dieses Straßenkind hatte Angst. Große Angst, obwohl Iruka ihm nur die Hand hatte geben wollen. „Na dann, wenn wir bleiben dürfen“ – Kakashi ging ebenfalls zum Sofa und nickte grüßend in Richtung des Jungen. – „Mein Name ist Kakashi Hakate. Freut mich dich kennen zu lernen.“ Sasuke schaute den Älteren mit großen Augen an. Er war ein wenig schicker gekleidet, vielleicht sogar ein bisschen teuerer, weniger sportlich, was Sasuke noch mehr einschüchterte. Dennoch zwang er sich höflich zu sein, schließlich waren das Itachis Freunde und durch sein vorheriges Auftreten war er schon unhöflich genug gewesen. „Ich bin Sasuke… fr-freut mich auch“, antwortet er dann, froh nicht die Hand schütteln zu müssen. „Nun denn, da diese Sache nun geklärt ist, könnten wir uns ja mal darüber einigen, was wir essen wollen“, zog sich Itachi aus der Affäre, dass er keinen der Anwesenden im Vorfeld aufgeklärt hatte und wechselte das Thema. Kakashi sprang jedoch sofort auf den Themenwechsel an und meldete sich eilig, entschieden zu Wort: „Pizza.“ Er erntete jedoch nur resigniertes ein Kopfschütteln von Iruka, woraufhin er protestierte: „Wir haben schon zu lange nicht mehr Pizza bei Hills geholt.“ „Dennoch“, setzte Iruka an, „Sollte derjenige entscheiden, was gegessen wird, der nicht immer bei unseren Abenden dabei ist. Stimmt’s, Sasuke?“ „Ich… mir… ist…“, selbst mit solch einer einfachen Frage war Sasuke überfordert. Er hatte seit dem Tod seines Vaters nie die Entscheidung treffen dürfen, was gegessen wird oder nicht. Vor allem auf der Straße hatte er keine Wahl und ihm war eben oftmals nicht anderes als ein trockenes Brötchen oder etwas aus der Mülltonne gewährt gewesen. „Ich denke Pizza ist in Ordnung, hm Sasuke?“, half ihm Itachi, der merkte, wie unangenehm die Frage dem Jüngeren gewesen war, aus der Patsche. Der Junge nickte daraufhin leicht, woraufhin Itachi in die Runde fragte wer denn, welche Pizza haben wollte. „Meeresfrüchte“, kam es von dem Braunhaarigen, was Itachi auf einen kleinen Zettel schrieb. „Mit Brokkoli und Schinken.“ Auch Kakashis Bestellung wurde vom Dunkelhaarigen über seiner eigenen aufgeschrieben, ehe er sich an Sasuke wandte. „Und welche magst du haben?“ „Ich… ich weiß nicht…“ Sasuke wollte nicht wieder Geld kosten, aber er wollte Itachi auch nicht in Verlegenheit bringen, indem er gar nichts haben wollte und somit dessen Freunde stutzig machen würde. Wieder sah Itachi, dass er den Jungen mit solch einer einfachen Frage völlig aus dem Konzept gebracht hatte und schlug, nachdem er darüber nachgegrübelt hatte, was der Junge gerne mochte, vor: „Wie wäre es mit einer mit frischen Tomaten?“ „Ja… ja, bitte“, hörte er die leise Stimme von Sasuke, ehe er auch die letzte Pizza aufschrieb. Den Zettel in die Hosentasche stopfend ging er mit Kakashi in den Flur um sich die Wintersachen überzuziehen. Immer wenn sie Pizza besorgt hatten, waren die beiden gefahren, während Iruka und die teilweise anderen anwesenden Freunde daheim gewartet hatten. Mit einem „Wir sind gleich wieder da“, wollte Itachi Kakashi in den Hausflur folgen, wurde jedoch von einer Hand an seinem Ärmel aufgehalten. „Er… er wird mir nichts tun, oder? Du hast sie nicht deswegen eingeladen… damit…“, sagte Sasuke so leise, dass nur Itachi ihn verstehen konnte. Und er verstand. Er verstand genau, was Sasuke sagen wollte. Und deswegen verneinte er. „Er wird dir kein Haar krümmen. Keine von beiden würde das. Sie sind gute Menschen, Sasuke.“ Sasuke erntete ein Nicken seitens des Jüngeren, nachdem er nun wirklich zu Kakashi hinausging, um was Essbares zu besorgen. Zur selben Zeit schritt Sasuke, durch Itachis Worte neuen Mut fassend, wieder ins Wohnzimmer, wo der Dunkelhaarige mittlerweile im Sessel saß. Er selber ließ sich wieder auf der Couch nieder. Okay, sagte Sasuke sich in Gedanken. Tief durchatmen. Alles war in Ordnung. Itachi hatte ihm versichert, dass er ihm nichts tun würde und dass er ein guter Mensch war. Trotz alledem zitterten seine Hände und sein ganzer Körper war auf Anspannung, damit er gewappnet war, sollte dieser – wie hieß er gleich? Iruka Umino, genau – sollte Iruka Umino auf dumme Ideen kommen. Er würde sofort flüchten können und er würde es tun, wenn er müsste, denn er wollte sich einfach nicht wehtun lassen. Er behielt Iruka Umino im Augenwinkel, zu tief saß die Angst vor Männern. Dem Einzigen, dem er ein wenig Vertrauen entgegen brachte, war Itachi. Scheiße, seine verdammten Hände mussten aufhören zu zittern, sonst würde der Mann noch merken wie nervös er war. Der beste Freund seiner Mutter war immer angetan davon gewesen, wenn er Angst gehabt hatte. Mehr Angst seinerseits, deutete eine Steigerung der Lust des Mannes und eine Steigerung der Brutalität. Immer noch unheimlich nervös fing Sasuke nun auch noch an, an den Nägeln zu knabbern. Iruka hatte Mitleid. Dieses Wort traf es wohl. Er hatte noch nie in seinem Leben einen so ängstlichen, nervösen Jungen gesehen, obwohl er als Lehrer tätig war und die meisten Jugendlichen schon mal in Schwitzen gerieten, vor allem wenn sie vor der Klasse etwas vortragen mussten oder wenn die nächste Mathearbeit anstand, aber diese Furcht war wohl eine völlig andere, als die, die er kannte. Iruka erlaubte sich, den Blick über den Jugendlichen schweifen zu lassen. Er hatte schwarze, gewaschene Haare, rote Wangen, ansonsten blasse Haut, dunkle Augen, feine Gesichtszüge, er war mager; er wirkte kindlich, um es auf den Punkt zu bringen. Niemals älter als sechzehn Jahre. Und selbst für einen Jungen in dem Alter unheimlich zerbrechlich. Die weite Jogginghose, die er trug, hatte er umschlagen müssen. Iruka glaube sie von Itachi zu kennen, genauso wie den dicken, sehr locker sitzenden Pullover, den der Junge trug. Hatte er denn keine eigenen Dinge? Wer war er? Doch nicht etwa das Straßenkind, das Itachi einmal getroffen hatte?! Nach wenigen Minuten konnte Iruka es nicht mehr aushalten dieses Kind so nervös zu sehen, stand auf und ließ sich neben dem Jungen auf dem Sofa nieder. Sofort versteifte sich der Körper des jungen Kerls, was Iruka dazu veranlasste in einer beruhigenden Geste die Hand auf die Schulter des Jungen legen zu wollen. Noch bevor er seinen Griff tröstend verstärken konnte, erhob sich der Junge blitzartig und bewegte sich rückwärts in Richtung Fensterfront, bis er mit seinem Rücken gegen eins stieß. Erschrocken über die plötzliche Flucht des Jüngeren sah Iruka Sasuke einfach nur an, weil er zunächst nichts Besseres zu tun wusste. Er tat nichts weiter, dennoch konnte er sehen, dass er ihn durch diese einfache, harmlose Geste, mit denen er schon viele Schüler bedacht hatte, dermaßen verschreckt haben musste. Große Güte, was hatte der Junge nur? Warum hatte er solche Angst. Wovor nur? Fragen über Fragen, die er sich stellte und auf keine von ihnen konnte er sich eine Antwort bilden. Also beschloss er erstmal Sasuke wieder dazu zu bewegen, sich zu setzen, schließlich war er es Schuld, dass der Junge so abrupt aufgesprungen war und nun zittert dort stand. Und Iruka konnte ja damit schließlich nicht warten, biss Itachi wieder da wäre. Wo kämen sie denn da hin! „Sasuke?“ Zwar sah der Junge ihn ab, aber anscheinend registrierte er gar nicht, dass er angesprochen wurde. Oder er wollte es nicht bemerkten. Dennoch stand Iruka kurzerhand auf und wollte schon zu ihm rüber gehen, als der Kleinere versuchte noch einen Schritt zu machen, was jedoch an der Fensterfront scheiterte. Iruka sah daraufhin die Angst des Kindes wachsen und entschied sich diese schlichten und anständigen Annäherungsversuche zu lassen. Er setzte sich wieder auf die Couch, ließ den Jungen aber nicht aus den Augen. „Sasuke, hör mal. Ich wollte dich nicht erschrecken. Das war gewiss nicht meine Absicht.“ Er versuchte sich zu sammeln, die Situation war auch für ihn neu. Wusste Itachi das der Junge so drauf war? So ängstlich, so nervös, so… kaputt? „Ich dachte nur, ich könnte dich ein wenig beruhigen“, fuhr er fort. Gespannt wartete er nun auf eine Reaktion des Jüngeren, die zwar auf sich warten ließ, aber dennoch kam. Die Schultern entspannten sich ein wenig, aus dem Gesicht wich die Angst, aber keinesfalls das Misstrauen, das Zittern ließ ein wenig nach und die Lippen formten leise Worte, die Iruka vielleicht überhört hätte, wenn er nicht genau gelauscht hätte. „Tut… tut mir Leid.“ Sich für seinen Auftritt vor einem von Itachis Freunden schämend, ging Sasuke mit gesenkten Kopf zum Sessel und lies sich darauf, mit angezogenen Beinen nieder. Er wich Iruka Uminos Blicken aus und wartete stumm darauf, dass Itachi heim kommen würde. Wahrscheinlich würde Herr Umino sofort von seinem dummen Verhalten erzählen und Itachi würde unheimlich genervt sein, auch wenn er immer eine Menge Verständnis mit Sasuke gehabt hatte. Sasuke kannte es doch eigentlich nicht anders. Die Freunde waren immer Wichtiger, so war es schon bei seiner Mutter gewesen. Er hatte nie auch nur annähernd die Wichtigkeit besessen, die ihre Freunde inne gehabt hatten. Ob Itachi ihn wohl fortschicken würde? Möglich, schließlich ging es ihm sichtbar besser, auch wenn er sich noch krank fühlte und Fieber hatte. Vielleicht sollte er sich umziehen gehen, vielleicht auch lieber nicht, denn er wusste ja nicht genau, ob Itachi ihn wirklich rausschmiss, weil er sich so komisch einem Freund gegenüber verhalten hatte. Als Iruka und auch Sasuke das Öffnen der Tür vernahmen, war von dem Ältern nur ein leises, aber durchaus erleichtertes Seufzen zu hören. Er wusste wirklich nicht, wie er mit diesem Kind umgehen sollte, obwohl er doch als Lehrer schon so viele Erfahrungen im Umgang mit Kindern gemacht hatte. Doch Sasuke überforderte ihn. War Itachi denn nicht überfordert oder benahm sich Sasuke bei ihm anders? Auf diese Frage sollte er, ausnahmsweise mal, sofort eine Antwort erhalten, als Itachi ihn das Wohnzimmer Trat und Sasuke ihn sah. Urplötzlich hörte der zierliche Körper auf zu beben. Man konnte deutlich sehen, dass er sich entspannte, wenn auch ein kleiner Teil Anspannung zurückblieb, aber der größte Teil und auch die Angst die wohl vorhanden gewesen war, verschwand, als die Augen des Jungen Itachi erblickten. Es wirkte wie eine natürliche Reaktion. Wie Wasser Feuer löschte und Töne die Stille verdrängten, verbannte Itachis Anwesendheit die Furcht des Jungen. Es war eine ganz natürliche, chemische, wissenschaftliche, nicht zu erklärende, psychische Reaktion, schoss es Iruka durch den Kopf, doch sofort kam ihm der Gedanke, dass er total durch den Wind war. Sein eigener Satz widersprach sich. Wie konnte etwas wissenschaftlich aber dennoch zu erklären sein, wie konnte etwas natürlich und gleichzeitig chemisch sein? Erneut seufzte Iruka, dieses Mal in einem schwereren Ton, auf. Doch kurz nachdem die Anspannung aus dem zierlichen Körper gewichen war, trat eine ähnliche, dennoch nicht vergleichbare, wieder in ihn. Sasuke fühlte sich überfordert. Er fühlte sich kaputt und er wollte nicht hier mit Itachis Freunden sitzen. Er wollte sich hinter Itachi vor der ganzen Welt verstecken, ja genau das wollte er im Moment, aber das war unmöglich, das war lächerlich. Er war fünfzehn, er war auf dem Weg ein Mann zu werden und er hatte verdammt noch mal stark zu sein. Er musste den Dingen in die Augen sehen, selbst wenn es bedeutete, dass Itachi ihn nun fortschicken würde. Aber Sasuke konnte nicht. Er hatte Angst, er war nun mal verdammt kaputt, das wusste er selber. Er konnte nicht stark sein. Und er wollte weinen. Aber das konnte er auch nicht. Er war überfordert. to be continued by Jess- Kapitel 17: Help! ----------------- Kapitel 17: Help! When I was younger, so much younger than today, I never needed anybody's help in any way. But now these days are gone, I'm not so self assured Kakashi hatte sich im Sofa zurückgelehnt, hielt ein Glas Cola in der Hand und streichelte mit der anderen nebenbei über Irukas Knie, der sich genüsslich ein erstes Stück seiner Pizza schmecken lies. Itachis Augen wandten sich von dem zufriedenen Pärchen ab und richteten sich auf seinen jungen Mitbewohner auf Zeit, der immer noch so im Sessel saß, wie er gesessen hatte, als er das Wohnzimmer betreten hatte. Das war zwar noch nicht lange her, aber dennoch gefiel es Itachi nicht. Ebenso gefiel es ihm nicht, dass Sasuke nicht zu essen anfing, während Kakashi schon nach seinem zweiten Stück griff und er selbst schon sein erstes aufhatte. „Warum isst du nicht, Sasuke?“, wollte Itachi wissen. Sein Ton war nicht verwundert, er wusste, dass es einen Grund geben musste. Sasuke war nicht dumm und Itachi hatte schon bemerkt, dass dieses Kind sich unheimlich viele Gedanken über alles machte, was er tat. Hinter allem, hatte er tiefsinnige Gründe. Doch meistens konnte er diese nicht in Worte fassen. Ganz so als hätte er die Fähigkeit sich gezielt auszudrücken, vor langer Zeit verlehnt. Oder, schoss es Itachi dann durch den Kopf, als er den Blick in Sasukes Gesicht sah, es gab einfach keine Worte für diese tiefgründigen Gedanken. Vielleicht musste Itachi lernen, den Jungen ohne Worte zu verstehen. „Wir haben die Pizza für dich mitgebracht, dass weißt du“, erneut erhielt Itachi keine Antwort, doch irgendetwas, was er nicht benennen konnte, geschah in Sasukes Gesicht. Itachis Augen richteten sich auf den Jungen vor sich, während er die Beine im Sessel sitzend locker überschlug und einen Schluck trank. Sasuke hatte den Kopf gesenkt und nur mit viel Mühe konnte Itachi seine Miene sehen. Er hatte die Beine an den Körper gezogen und die Arme darum gelegt. Es war, als wollte er sich selber schützten, aber vor was nur? Vor Itachis Freunden? Fürchtete er sich wirklich so sehr vor ihnen? Nur weil sie Männer waren? Itachi runzelte die Stirn angestrengt und hasste sich für einen Moment dafür, Sasuke mit Iruka allein gelassen zu haben, auch wenn der Braunhaarige ihm mit Sicherheit nichts angetan hatte. Dennoch war der Junge nun so in sich gekehrt. Verdammte Drecksscheiße. Itachi biss die Zähne zusammen. Diese Minuten in denen Itachi ihn ausgeliefert hatte an einem Fremden, hatten ihn verletzt, auch wenn Iruka nichts Falsches getan hatte. „Sasuke“, setzte er erneut, dieses Mal mit einem lauteren, härteren Ton, an, woraufhin der Junge seinen Blick endlich ihm zuwandte. „Tut mir Leid.“ „Ich versteh es nicht, Itachi“, wandte sich Iruka dann eilig zu Wort. „Ich versteh ihn nicht. Wofür entschuldigt er sich? Was soll das ganze hier?“ Itachi wusste, dass Iruka es keinesfalls Böse meinte, was er sagte, er wusste es wirklich, aber Sasuke wusste es nicht. Sasuke zuckte zusammen; Sasukes Hände bebten; er biss sich auf die Lippe, doch noch bevor Itachi Iruka etwas erklären kann oder Sasuke beruhigen, sieht er, wie Kakashi sich den leeren Teller des Jungen nahm, ein Stück der Pizza mit frischen Tomaten drauf legte und es diesem dann entgegen hielt. Sasukes Zähne lösten die Umklammerung seiner Lippen, seine Haltung entspannte sich ein winziges Bisschen und die Hände bebten nicht mehr so sehr, wie zuvor, als er nach dem Teller griff. Er mochte Kakashi Hatake mehr als Iruka Umino, auch wenn dieser wohl freundlicher zu sein schien. Mitsicherheit auch ein angenehmerer Zeitgenosse war, aber die Art von Herr Hatake lag ihm mehr. Da dieser nicht so viel sprach, sah Sasuke sich nicht gezwungen zu antworten; es war irgendwie einfach, auch wenn er sich immer noch vor beiden Männern fürchtete. Vielleicht vor dem Grauhaarigen sogar mehr Respekt hatte. Aber Iruka war ihm zu aufdringlich, obwohl dies wohl zu seiner hilfsbereiten, freundlichen Art dazugehörte und wahrscheinlich lag es einfach an ihm, an Sasuke. „Was hab ich falsch gemacht, Itachi?“, wollte Iruka wissen. Er hatte seinen Teller auf den Tisch gestellt und sich aufrecht hingesetzt. „Ich versteh ihn nicht. Ich hab nichts getan, ehrlich nicht. Er war die ganze Zeit so komisch. Wer ist er? Woher kennst du ihn?“ Itachis Blick lag sorgenvoll auf Sasuke, der durch die eilig gestellten Fragen Irukas, wieder angespannter auf dem Sessel hockte. Seine blassen Finger hatten sich um den Teller geschlossen und immer noch hatte er keinen Bissen genommen. „Itachi. Was hab ich ihm getan? Warum reagiert er so? Schau doch mal, er hat Angst vor uns. Ich versteh das nicht.“ Er hörte nicht auf Fragen zu stellen. Itachi wusste, dass er es nicht böse meinte, er konnte nichts dafür, nun dreist oder vielleicht sogar unhöflich zu wirken. Er sorgte sich irgendwo wahrscheinlich auch, er war eben ein Mensch, der helfen wollte und um zu helfen, um sich zu kümmern, musste er Bescheid wissen. „Iruka, später“, meldete sich Kakashi zu Wort. Er spürte den dankbaren Blick Itachis auf sich und merkte, dass er Iruka mit seinen Worten wohl verwirrt haben musste, aber Iruka wusste schließlich auch nicht über das bescheid, was Itachi ihm vorhin im Auto erzählt hatte. Wie sollte er auch? Er legte eine Hand auf das Knie seines Freundes und sorgte unauffällig dafür, dass Irukas Blick auf Sasuke fiel, der immer noch total versteift im Sessel saß und fast anfing zu weinen. Man sah es genaustes an den bebenden Schultern und den nass glänzenden Augen. „Sasuke“, hörte der Junge dann die Stimme des Grauhaarigen und blickte ihn an. „Iss, Junge.“ Die aufkommenden Tränen herunterschluckend, nickt er leicht, löst die nervöse Umklammerung des Tellers und fängt langsam an zu essen. Er blickte nicht hoch und sagte kein Wort, selbst dann nicht, als die drei Männer nach einiger Zeit in ein lockeres Gespräch verfielen. Irgendwann fand Sasuke den Mut hoch zu blicken und sah, dass die drei anderen mittlerweile ihre Pizzen aufgegessen hatten, während er sich das dritte Stück nahm und langsam daran rumknabberte. Anscheinend hatten die Männer unterdes entschieden, die Spielkonsole einzustöpseln und daran zu spielen. Es dauerte einige Zeit, in der Kakashi mit einem der Charakter durch die Gegend rannte, sprang, kletterte und mit einer Pistole rumballerte, ehe er zu einer Stelle kam, an der er zum dritten Mal scheiterte. Sasuke streckte seinen Kopf ein wenig um sehen zu können, was das Wiederversagen von Kakashi erklären könnte und dann sah er es. Seine Spielfigur stand vor einer Tür hinter der anscheinend der nächste Level sein sollte, doch musste er diese mit einem Formelcode öffnen. Es war einfach. Wirklich einfach, das das zu sagen, würde er sich niemals trauen, schließlich würde er so Kakashi – einen von Itachis Freunden – bloß stellen und das wollte er mit Sicherheit nicht. Kakashi schien sein Interesse bemerkt zu haben und hielt ihm leichthin den Controller entgegen. „Versuch es ruhig.“ „Ich…?“, verließ es Sasukes Mund unsicher fragend, woraufhin Itachi grinste. „Wir haben keinen blassen Schimmer, wie das gehen soll. Vielleicht schaffst du es. Und wenn nicht, auch nicht schlimm, also mach nur.“ Sasuke streckte langsam und vorsichtig, darauf bedacht die Finger des Mannes nicht zu berühren, die Hand zum Controller aus und nahm ihn an sich. Kurz verschaffte er sich einen Überblick über das Spielfeld und die Tastenfunktionen. Er hatte früher in seinem Zimmer selbst eine Spielkonsole und hatte gerne mit seinem Vater gezockt, aber damals, als dieser noch gelebt hatte, war die Technik noch nicht so weit wie heute und er musste sich kurz an die Steuerung gewöhnen, ehe er es mit schneller werdenden Handgriffen schaffte, die Gegner zu überwinden und wie schon zuvor Kakashi vor der Tür zum stehen zu kommen. Kurz überlegte Sasuke noch einmal und sah den verschlüsselten Code an. Er drückte ein paar Tasten und schon öffnete sich die Tür. Hatte er also doch recht gehabt. So schwer war der Code nicht gewesen. Er sah wieder vom TV weg und blickte in drei überraschte Gesichter, was ihn sehr verunsicherte. Hatte er etwas falsch gemacht? Hatte er sie in Verlegenheit gebracht oder sogar wütend gemacht, da er die Lösung gefunden hatte? „Uh… also die… die Tür ist auf“, murmelte er leise, unsicher und gab Kakashi den Controller zurück. Dieser grinste Itachi und Iruka verschmilzt an, hörte wie der Schwarzhaarige grinsend „Schlaues Kerlchen, hm?“, sagte und drückte dem Jungen den Controller wieder in die Hand. Kakashi lehnte sich zurück und legte den Arm um seinen Freund. Nachdem was Itachi über den Jungendlichen erzählt hatte, hoffte er Sasuke könnte ein wenig Ablenkung in dem Spiel finden und nicht immer darüber nachdenken, wie er sich zu verhalten hat. Vielleicht würde er sogar Spaß haben. Doch der Junge fing nicht an zu spielen, sondern hielt Kakashi den Controller mit gesengtem Blick ein wenig entgegen. „Sie… sie wollten doch… ich meine… ich…“, er wusste mal wieder nicht, wie er das sagen sollte, was er sagen wollte. Nie kamen die Worte heraus, die sollten. „Aber du kannst es eindeutig besser.“ Kakashis Stimme war ernst. Ein ernstes Lob. Etwas was Sasuke schon sehr lange nicht mehr bekommen hatte. Er wusste nicht damit umzugehen, wusste nichts zu sagen. Immer noch hielt er den Blick gesenkt. Als er immer noch keine Anstalten machte zu spielen, wandte Itachi sich ein. „Spiel einfach, Sasuke“, sagte er leise und schenkte dem Junge ein freundliches Lächeln. Er war froh, dass Kakashi ein wenig mit Sasuke umgehen konnte und dass er auf all die Vermutungen, die er im Auto auf der Fahrt zum Hills mit seinem Kumpel geteilt hatte, so unglaublich gut reagiert hatte. Wenn Itachi an ihr Gespräch vor knapp einer Stunde zurückdache, war er wirklich dankbar einen Freund wie Kakashi zu haben. Der Regel prasselte auf das Autodach und gegen die Fenster des Volvo S80. Aus dem Radio drangen seichte Töne einer Gitarre bevor Mat Kearneys Stimme einsetzte. Obwohl er kaum einen großen Bekannheitsgrad hatte, war er einer der Lieblingsmusiker des jungen Iren. „Er ist de Straßenjunge von neulich, stimmts?“ Kakashis Stimme übertönte die des Sängers, obwohl sie mitnichten wirklich laut war. Itachis nickte nur und starrte auf die Fahrbahn. Er wollte mit Kakashi über all das reden, aber er wusste nicht wie er anfangen sollte, doch dann, nachdem er einige Zeit auf die Textzeilen des Liedes geachtet hatte, entschied er sich einfach beim Anfang anzufangen. Reden konnte schließlich nicht so schwer sein, wenn manche Menschen damit einfache Dinge in Musik poethisch machen konnten. „Irgendwann saß er einfach vor meiner Tür. Er tat mir Leid und ich hab ihn rein gelassen. Ich hab ihm was zu trinken angeboten, aber er wollte sich einfach nur waschen. Ich ließ ihn, natürlich ließ ich ihn. Wie hätte ich es ihm ausschlagen können? Du wirst ihn kennen lernen, Kakashi. Er ist ein großartiger Junge.“ Kakashi nickte stumm, wartete bis Itachi fortfuhr. „Schon bald darauf ist er gegangen, aber ich hab gehört, wie er im Hausflur hingefallen ist, also bin ich hinterher. Er war ohnmächtig oder so, also hab ich ihn hochgebracht. Sein Körper war total kalt, also hab ich ihn erstmal hoch getragen und in die Wanne gelegt. Als er wach geworden ist, hat er sich total verstört und irgendwie panisch im Bad umgesehen. Bald darauf ließ ich ihn dann kurz allein, damit er sich eine frische Short anziehen konnte. Ich hab nicht vorgehabt ihn fort zu schicken an dem Tag. Vielleicht war das dumm, ich weiß es nicht, aber ich hab gar nicht drüber nachgedacht. Wenn du ihn gesehen hättest, er war so dünn, so kraftlos und als er dann ins Schlafzimmer gekommen ist, hab ich ihm gesagt er soll sich hinlegen. Hat er auch, aber… wie er sich hingelegt hat.“ Sie hielten an eine Ampel und Itachi fuhr sich über das Gesicht, bevor er weitererzählte. „Er spreizte die Beine. Schau nicht so, Kakashi. Ich hab mir da nichts zusammen gesponnen, er hat wirklich gedacht, ich würde ihn ficken.“ „Was hast du gemacht, Itachi?“ „Ich hab ihn zugedeckt und ihm gesagt, dass er schlafen soll, dann bin ich gegangen. Ich war verwirrt, ich wusste eben nicht, was ich tun soll.“ „Und dann, weiter“, drängte Kakashi, der ahnte, dass es eine längere Geschichte war. Itachi erzählte vom nächsten morgen, wie Sasuke im Flur saß, von der unnatürlichen Schüchternheit am Frühstückstisch und von Sasukes Kette. „Er hat sie mir einfach in die Hand gedrückt, glaubte wohl er müsse mir etwas bezahlen und wenn ich seinen Körper schon nicht wollte, wollte ich vielleicht die. Sie war ohne Zweifel eine kleine Menge Geld wert, echtes Silber, aber sie hat ihm wohl auch eine Menge bedeutet. Ich wollte sie ihm zurückgeben, also hab ich gesagt, dass wir uns am nächsten Tag im Giorgio treffen. Dann hab ich gesehen, dass die Kette kaputt ist und wollte sie noch vor unserem Treffen reparieren lassen. Ich weiß nicht warum, ich weiß sowieso nicht, warum ich die Dinge tue, aber es ist richtig. Es ist richtig, oder Kakashi?“ „Ich hätte ihn fortgeschickt. Ich hätte es nicht soweit kommen lassen. Jetzt schau du nicht so, du wolltest meine ehrliche Meinung und hier hast du sie.“ Es entstand kurz ein drückende Stille, bevor Kakashi sie wieder brach. „Aber ich glaube, dafür ist es jetzt zu spät, also erzähl weiter. Ich bin dein Freund, du willst meine Hilfe, also tu ich, was ich kann.“ Itachi nickte nur, verstand wie Kakashi darüber dachte und erzählte vom Treffen im Giorgio, von Sasukes Schmerzen und davon, dass er ihn dann mit zu sich nach Hause genommen hat. Er berichtete von ihrem ersten gemeinsamen Tag, von Sasukes Zurückhaltung, den wenigen Worten und von der Nacht, in der Blut auf der Couch war. „Er schrubbte da rum und ich dachte erst er hätte sich in die Hose gemacht, aber dann, nachdem ich ihn in mein Bett gebracht habe, habe ich gesehen, dass es Blut war. Ich weiß immer noch nicht woher Kakashi, ich hab… auch ein wenig Angst um ihn, verstehst du? Und ich war misstrauisch, also hab ich seinen Rucksack durchwühlt, aber ich hab nichts gefunden.“ Die Augen kurz an der nächsten Ampel schließend und sich dann wieder auf den Verkehr konzentrierend, erzählte er von dem Zettel den er Sasuke da gelassen hatte am nächsten morgen und davon, wie erschrocken Sasuke reagiert hat, als Itachi ihn beim Lesen eines seiner Bücher erwischt hatte, wie gerne Sasuke las. Er erzählte davon, wie Sasuke ihm seinen Namen genannt hat, als sie an der Pizzeria ankamen, ausstiegen und das Essen holten. Zurück im Auto, versuchte der junge Ire wieder in seine Erzählung rein zu kommen. „Wir haben Fenster geputzt und er hatte wieder Magenschmerzen, also hab ich ihm eine Pille gegeben, aber ich bin wütend geworden, aus Sorge oder so was und dann hab ich ihn Dinge gefragt über seine Eltern. Er meinte sie seien tot und er tat mir leid, also habe ich Pizza bestellt und eine DVD mit ihm geguckt um ihn abzulenken. Er ist ein Kind. In meinen Augen ist er das, also hab ich ihn auch am Abend nicht fortschicken können.“ An einem Zebrastreifen halten, seufzte Itachi kurz auf, berichtete vom Einkaufen am nächsten morgen und davon, dass er dem Jungen Kleidung geholt hat. Doch dann musste er auch davon erzählen, dass Sasuke von sich aus gegangen war. „Ich hab ihn erst vergessen wollen, aber das konnte ich nicht. Ich hab gemerkt… dass er mich in der kurzen Zeit verändert hat, das ist dumm, aber… du weißt schon…, also hab ich mir die neue Jacke und seine Kette geschnappt und bin ihn suchen.“ Itachi erzählte von dem unterkühlten Sasuke und wie er ihn mit heim genommen hat, von dem kaputten Glas in der Nacht und von Sasukes Angst danach. „Ich hab ihm die Kette gegeben. Ich glaubte, dass er nur so zu beruhigen war. Dann… hat er in meinen Armen geweint. In meinen Armen, verstehst du das Kakashi, verstehst du?!“ Leises Lachen drang an das Ohr Itachis und er blickte aus den Augenwinkeln zu Kakashi. „Ich verstehe, dass es dir eine Menge bedeutet hat.“ „Ja… ich meine… ich weiß nicht. Es ist nur einfach so, dass noch niemals jemand in meinen Armen geweint hat. Ich war immer das Arschloch und jetzt ist er da und ich bin…“ „Du bist nicht mehr das Arschloch, sondern sein Beschützer?“, schlussfolgerte Kakashi und Itachi nickte perplex und erzählte von den Fieberträumen am nächsten morgen und von seinen Vermutungen, dass der Junge vergewaltigt worden war, von der Angst, die er wohl vor Männern hatte.. Dann erzählte er Kakashi von Sasukes Lüge über die Mutter und davon, dass Itachi sich selbst nicht mehr zu helfen gewusst hat und deswegen nach jemanden gesucht hatte, der ihm helfen könnte. „Ich hab an dich gedacht und jetzt… jetzt sitzen wir hier.“ „Ja, jetzt sitzen wir hier. Schöne Scheiße, Itachi.“ Es war ein heftiges Gespräch gewesen, ein nicht einfach zu führendes, aber Itachi glaubte ihre Freundschaft damit noch ein Stück weit weiter nach vorne gebracht zu haben, denn Kakashi hatte sich nicht nur bereit erklärt ihm zu helfen, er tat es wirklich. Itachi wandte den Blick seinem jungen Schützling zu, der durch kleine Bestärkungen Kakashis nun endlich auf der Spielkonsole spielte. Er half ihm. Er half Sasuke. to be continued by Jess- Kapitel 18: The Cry ------------------- Kapitel 18: The Cry Somebody cry Somebody Well, I can't tell why or what for Als Itachi in der Nacht die Augen aufschlug, war es nicht der Regen, der sonst immer gegen die Fenster prasselte, sondern die Trockenheit in seiner Kehle. Er schluckte ein paar mal, doch auch die eigene Spucke im Mund verjagte das Gefühl nicht, wodurch er sich dann doch gezwungen sah die Beine aus dem Bett zu schwingen und schlaftrunken in die Küche zu schlürfen. Dort angekommen, kippte er sich etwas Mineralwasser aus dem Kühlschrank in ein Glas. Nachdem er dies mit einem tiefen Schluck gelehrt hat, füllte er sich ein zweites auf und trank nun langsamer, schüttete einen kleinen Rest fort und stellte das Glas in die Spüle, bevor er wieder aus der Küche ging. Sich durch das frische, nasskühle Wasser wacher fühlend bemerkte er dieses Mal dass die Wohnzimmertür offen stand. Er blickte hinein und stellte erschrocken fest, dass Sasuke nicht auf dem Sofa lag. Die Decke war hastig zurückgeschlagen und das Kissen war verrutscht. Obwohl diese Dinge ihn zur Sorge veranlassen sollten, dass Sasuke fortgelaufen war, taten sie es nicht. Itachi war davon überzeugt, dass Sasuke bei ihm bleiben würde, bis er wieder gesund war oder wenigstens bis es ihm wieder besser ging. Wo aber war Sasuke dann? In der Küche konnte er nicht sein. Da kam Itachi ja schließlich her, doch dann zuckte der junge Ire mit den Schultern und musste über sich selber grinsen. Natürlich, im Badezimmer. Warum auch nicht? Er hatte bestimmt auf Klo gemusst, trotzdem wunderte es Itachi. Er hätte nicht gedacht, dass Sasuke sich das traute. Einfach die Toilette benutzten, denn wann immer er musste, fragte er Itachi um Erlaubnis, das Bad benutzten zu dürfen, obwohl Itachi gesagt hatte, er dürfe jeden Raum betreten, wann immer er wollte. Dennoch hatte Itachi das Verlangen danach auf den Jungen zu warten und setzte sich deswegen in den Sessel. Er wollte sehen, ob Sasuke in Ordnung war. Ob es ihm gut ging. Psychisch. Wegen dem Abend, denn trotz das es einen guten Ausgang gefunden hatte, machte Itachi sich Vorwürfe, Sasuke einfach so ausgeliefert zu haben. Aber nun wusste er wenigstens Bescheid. In einem ruhigen Moment hatte Itachi sich kurz mit Iruka zurückgezogen um sich erzählen zu lassen, was geschehen war, als er und Kakashi Pizza holen waren und ich Gleichzug hatte er Iruka versprochen, dass dessen Freund ihm noch am selben Abend daheim die ganze Wahrheit erzählen würde. Sich ein wenig vorlehnend massierte Itachi sich den Nasenrücken. Er war froh nun jemanden zu wissen, mit dem er über die Situation reden konnte, denn schließlich war er selber noch jung, er hatte noch nie ein Kind aufgezogen und er war auch kein Psychologe. Als Sasuke nach einiger Zeit noch nicht zurück aus dem Badezimmer war, begann Itachi sich doch zu sorgen. Er stand auf und ging in den Flur. Er hob seine Hand und wollte grade zum Klopfen ansetzten als Würgegeräusche aus dem Inneren des Raumes an sein Ohr drangen. Oh Gott, der arme Junge. Itachi stieß die Tür langsam auf und trat einen Schritt in den Raum. Wie ein Häufchen Elend kniete Sasuke auf den kalten Fließen, den Kopf über die Kloschlüssel. Immer wieder zuckte der schmächtige Körper heftig zusammen und erneut würgte das Kind. Eilig trat Itachi an den Jüngeren heran und hockte sich zu ihm runter. Seine Hand legte sich wie ferngesteuert auf den Rücken Sasukes. Obwohl er noch nie jemanden versucht hatte beim kotzten zu beruhigen, wusste er instinktiv das es richtig war. Behutsam strich er in kurzen Bewegungen über das schmale Rückrat. Er merkte wie sich der Junge kurz verkrampfte, bevor er erneut würgen musste und dabei verstärkte sich das Beben, das durch seinen Körper fuhr. Plötzlich zitterte der Teenager wie Espenlaub. Ein leiser Schluchzer entwich ihm, bevor er sich erneut in die Toilette übergab. Zwischen zwei Würgelauten, schnappte Sasuke nach Luft und schaffte es kraftlos das Wort „Geh“, heraus zu pressen. Es lies Itachi nur Stumm den Kopf schütteln. Er würde nicht gehen. Nicht jetzt, weil er fürchtete zu wissen, dass es nie jemanden interessiert hatte, wenn Sasuke kotzend überm Klo hing. Ihn interessierte es. Er würde ihn nicht allein lassen, denn auch wenn Sasuke gesagt hatte er solle gehen, klang es nicht so, als wolle er allein sein. Itachi wusste es plötzlich, er würde diesen Moment niemals vergessen. Erst als die Finger Sasukes den Rand der Kloschüssel nicht mehr so fest umklammerten, schien es so, als würde der Junge sich langsam beruhigen können. Der Jüngere richtete sich etwas auf und wischte sich in einer fahrigen Bewegung über den Mund. Er spürte Itachis Hand auf seinem Rücken. Nun streichelte sie nicht mehr, aber sie lag warm und beschützend da, was seinen Körper dazu brachte, nicht mehr ganz so heftig zu zittern. „Geht es wieder?“, wollte Itachi dann leise wissen. Er wusste selber dass solch eine Frage bescheuert war, aber was sollte er tun? Er war noch nie in so einer Situation gewesen. Aber eines wusste er sicher. Sie würden Morgen zum Arzt gehen. Moment. Sie konnten nicht zum Arzt. Man würde Sasuke in ein Heim stecken oder sonst wohin, das war klar. Er musste sich anders zu helfen wissen und da fiel ihm die Email ein, die er gestern bekommen hatte. Von Shizune, seiner Exfreundin, die heute heimgekehrt war. Sie hatte in Afrika gelebt für einige Jahre und Medizin studiert und würde nach Weihnachten ein Semester hier machen. Sie könnte er anrufen, auch wenn sie grad erst zu Hause war. Sie würde ihm helfen. Sie war immer ein guter Mensch gewesen. Itachi schaute auf Sasuke, der auf die vorherige Frage hin schlicht nickte und Itachi aus erschöpften Augen ansah. Er wollte sich ein wenig aufrichten um die Klospühlung zu drücken, da er nicht wollte, dass Itachi sein Erbrochenes in der Schlüssel sehen musste, doch bei dieser Bewegung wurde ihm so schwindelig, dass er sich, ohne es wirklich zu Bemerken, zurück und dann mit dem Kopf gegen Itachis Brustkorb sinken lies. Dieser strich ihm noch einmal über den Rücken und hörte wie der Jüngere die Nase hochzog. Wohlmöglich um nicht zu weinen? „Ganz ruhig. Magst du dich wieder hinlegen?“ Auf ein weiteres Nicken hin, erhob sich Itachi, den Jungen gut festhaltend, drückte kurz die Spülung und half Sasuke dann, mit einem festen Griff an den Schultern, ins Wohnzimmer zu gelangen. Kurz richtete Itachi dort das Kissen, wartete das der Junge sich hinlegte und breitete dann die Decke über ihn aus, bevor er sich neben die Couch hockte und dem auf der Seite liegenden Sasuke so ins bleiche Gesicht blicken konnte. Itachi bemerkte, dass sich die Miene vor Schmerz verzerrte und sich unter der Decke Sasukes Hand verkrampft um seinen mageren Bauch schloss. „Hast du Schmerzen?“, wollte der Uchiha eindringlich wissen. Sasuke sah den Älteren unentschlossen an, doch an öffnete er seinen Mund, um ihn im selben Augenblick gleich wieder zu schließen. Er hatte fürchterliche Angst sich wieder übergeben zu müssen und im schlimmsten Fall hier etwas zu verschmutzen. Er versuchte den ekeligen Geschmack im Mund herunterzuschlucken und sagte dann leise: „Ein… Ein wenig Bauch-Bauchschmerzen.“ „Möchtest du was trinken?“, fragte Itachi. „Oder eine Schmerztablette?“ Die Hand immer noch um seinen Bauch geschlungen, nickte Sasuke leicht. Er hatte Schmerzen, er wollte dass die Schmerzen weggingen und er wollte sich gut fühlen. Wusste er doch, dass dies wohlmöglich seine vorletzte Nacht im Warmen war. Sonntag müsste er mit Sicherheit gehen, schließlich arbeitete Itachi. Dann wollte er jetzt wenigstens schlafen können, sich erholen, damit er wieder die Stäke fand, auf der Straße zu überleben. Er richtete sich ein wenig auf, lehnte gegen die Armlehne des Ledersofas und zog die Decke zu sich heran. Ihm war kalt. Er fror und er wusste, wenn Itachi nicht wäre, würde er unter einer Brücke sitzen und noch viel mehr frieren. Er sah aus dem Augenwinkel wie der Uchiha zurückkam. Er hielt ihm das Wasser entgegen, Sasuke nahm es und trank einen kleinen Schluck, ehe Itachi ihm die Tablette in die Hand legte. Sasuke platzierte sie auf seiner Zunge, spülte sie mit Wasser runter und leerte das Glas danach langsam. Wenigstens schmeckte er nun nicht mehr seine eigene Kotze im Mund. Er schloss kurz die Augen, als er daran dachte, wie es war, auf der Straße zu sein, etwas aus dem Mülleimer gegessen zu haben und dies dann einige Stunden später in die nächste Gasse zu kotzen. Es war so ekelig. Er fühlte sich selber immer so widerwärtig, aber er hatte keine andere Wahl. „Um… Könnte… kann ich dich was fragen, Itachi?“ Der Uchiha sah ihn etwas überrascht an, nickte dann aber. „Klar.“ Er war froh, wenn der Junge von sich aus das Wort an ihn richtete. Er sah, wie Sasuke kurz zu überlegen schien, wie er schluckte, seine Beine näher zu sich zog und nervös auf die Bettdecke starrte. „Kannst du… also ich…“, er brach ab, konnte es einfach nicht. Er war doch keine fünf Jahre mehr. Er war kein Kind mehr. Er musste ein Mann sein, aber dann spürte Sasuke eine Hand auf seiner Schulter. Itachis Hand. Zögernd sah er auf. Gut, er musste jetzt einfach fragen. Jetzt oder nie. So wandte Sasuke seinen Blick wieder ab und kniff die Augen zu. „Ich wollte fragen ob du vielleicht bleiben kannst. Nur bis ich eingeschlafen bin, weil, na ja, mein… mein Vater hat das auch immer gemacht, also wenn ich krank war und ja… deswegen.“ Zum Ende hin wurde Sasukes Stimme immer leiser, unsicherer, bis es nur noch ein murmeln war. Er hatte einfach drauf los gesprochen, ohne nachzudenken. Er wusste, wenn er gestoppt hätte und überlegt, wie er reden sollte, welche Wörter er benutzten sollte, hätte er nie wirklich gefragt. „Mein Gott“, wisperte Itachi gerührt. Er wusste nicht, warum ihm diese Worte so nahe gingen, warum sie ihn dazu brachten gleichzeitig heulen zu wollen und doch das auflachen zu unterdrücken. Es war irgendwie, auf irgendeine Art niedlich von Sasuke das zu fragen, aber dennoch hörte man die Verletztheit in den Worten. Itachi glaube zu spüren, wie sehr Sasuke seinen Vater vermissen musste. Mit sanftem Druck sorgte Itachi dafür, dass Sasuke in eine liegende Position kam. Der Junge drehte sich auf die Seite, bevor der Uchiha die Decke wieder richtig über ihm ausbreitete und sich neben dem Sofa auf den Boden sinken ließ. „Ich bleibe solange“, sagte er noch überflüssigerweise und Sasuke nickte, wisperte leise: „Dankeschön.“ Zögerlich hob Itachi die Hand und strich sanft über die dunklen Haare des Jungen. „Schon okay.“ Durch die sanfte Berührung Itachi wurde Sasuke klarer als je zuvor bewusst, was dieser Mann für ihn tat. „Itachi“, sagte er leise und versuchte die aufkommenden Tränen zurückzudrängen. „Es tut mir so Leid. Ich… Bitte entschuldige.“ „Wofür, Sasuke?“, wollte Itachi sofort wissen und legte eine Hand auf den Oberarm des Jungen. „Wofür?“ „Ich… ich weiß nicht… für einfach alles.“ Er spürte, dass er die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte und fügte, mit zitternder Stimme hinzu: „Dafür… das ich dich da mit rein gezogen hab… du… wir kannten uns nicht und ich… ich…“ „Es gibt nichts zu entschuldigen.“ Itachi drückte die Schulter des Jungen in einer vertrauensvollen Geste und nickte. „Hörst du? Du musst dich für rein gar nichts entschuldigen.“ Itachi glaube zu hören, wie der Junge noch einmal leise seinen Namen sagte, doch dann vor Müdigkeit die Augen schloss und schwieg. Er schlief noch nicht, das wusste Itachi, Sasukes Atmung verriet es. Der Student strich über Sasukes Oberarm, immer wieder, bis er merkte, dass der Teenager in einen ruhigen Schlaf driftete. Mit einem traurigen Lächeln erhob Itachis sich, zog die Decke noch ein letztes Mal zu Recht und strich dem schlafenden Kind über den Kopf. „Du wirst in Ordnung kommen, Sasuke“, flüsterte er, hoffte das das Unterbewusstsein des Kindes es im Schlaf war nahm und ging seinen Weg hinaus in den Flur. Etwas ganz wichtiges musste dieser Junge in seinem Leben noch lernen. Itachi hatte es irgendwann gelernt. Es war wichtiger sich sicher zu fühlen als schuldig. Manchmal war es wichtig egoistisch zu sein. Gerade für Menschen wie Sasuke, schoss es Itachi durch den Kopf, denn diese können es sich nicht, wie er, leisten, selbstlos zu sein. ~~ Das war nicht richtig. Das war nicht gut. Es war nicht so, dass er sich vor dieser Frau fürchtete. Das tat er nicht, obwohl sie ihn berührte. Vor Frauen hatte er nicht solch eine Angst wie vor Männern. Klar, seine Mutter hat ihn geschlagen, sie hat ihn angeschrieen, aber bei Frauen konnte er leichter den Unterschied machen, ob sie sie ihm wehtun würden oder nicht. Und Shizune Shoten war mir Sicherheit niemand der ihn verletzten konnte. Itachi hatte ihm zuvor von ihr erzählt. Sie war Medizinstudentin und erst seit knapp sechzig Stunden wieder in Irland. Sie war eine Freundin und sie würde dafür sorgen, dass es ihm besser ging, dass waren Itachis Worte gewesen. Worte, denen Sasuke Glauben schenkte. Aber diese Frau und Itachi sollten sich nicht um seine Gesundheit sorgen müssen. Deswegen war es nicht gut, dass Shizune Shoten nun vor ihm hockte, während er auf dem Stuhl in der Küche saß, und ihn untersucht hatte. Bevor er seine Bedenken in Worte hatte fassen können, war sie jedoch schon fertig und legte das Abhörgerät für die Lungen zu den anderen Utensilien mit denen sie Sasuke untersucht hatte. Mit einer stummen Geste erlaubte sie ihm, das Oberteil wieder nach unten sinken zu lassen, während sie sich aus ihrer hockenden Position erhob, kurz Itachi anblickte und dann in den Raum sagte: „Es ist nur eine ganz normale Erkältung. Daher das Fieber und die laufende Nase. Kein Grund zur Besorgnis, wenn es nicht anhält. Die Bauchschmerzen und das Erbrechen rühren wohl daher, dass er sich den Magen verstimmt hat.“ Itachi hatte Shizune zuvor am Telefon berichtet, dass Sasuke bis vor wenigen Tagen auf der Straße geschlafen hat und somit kaum etwas in den Magen bekommen hat, während er bei ihm nun regelmäßig etwas bekam. Daher konnte sie sich da recht sicher sein. „Damit solltest ihr am Besten schon mal in eine Praxis gehen, schließlich kann ich ihm nichts verschreiben und er sollte etwas dagegen tun, ist ja nicht sonderlich angenehm.“ „Ich… bin okay“, warf Sasuke unsicher ein, verschränkte die Hände im Schoss und blickte auf die beiden Erwachsenen. Er würde nicht zum Arzt gehen. Das ging einfach nicht. Itachi tat schon genug für ihn. Viel zu viel. „Geh noch was schlafen, Sasuke. Ruhe wird dir gut tun“, wies Itachi ihn an, woraufhin der Jüngere nickte und aus der Küche ins Wohnzimmer verschwand. Itachi zeigte in einer stummen Geste auf den Tisch, bat Shizune sich zu setzte und goss Kaffee in zwei Tassen, die er dann abstellte. „Zwei Zucker, ein bisschen Milch, stimmts?“ „Schwarz, neue Gewohnheit.“ „Aus Afrika?“ „Ja, durch die Kollegen.“ Sie lächelte und hob die Tasse an die Lippen um einen Schluck zu nehmen. „Worüber möchtest du reden?“ „War ich so offensichtlich?“, hakte Itachi nach und grinste müde. „Nein. Ich denke, ich habe einfach nie aufgehört dich zu kennen.“ „Scheint so“, murmelte er und fasste sich ein Herz. „Ich wollte über Sasuke reden. Ich kann nicht mit ihm zum Arzt, verstehst du? So gerne ich ihm auch helfen möchte, aber es geht nicht.“ „Warum nicht?“, wollte sie wissen und schaute ihn durchdringend an. „Er ist krank, das wäre das Naheliegendste.“ „Ja, aber hör zu: Ich weiß nicht, was er hat durchstehen müssen, aber ich bin davon überzeugt, dass es einen triftigen Grund geben muss, warum er nicht mehr dort ist, wo er zuvor gelebt hat. Ich meine, man lebt nicht einfach so auf der Straße.“ „Nein, stimmt. In Irland tut man das nicht. Hier kann man sich Hilfen holen.“ „Genau. Und ich verstehe nicht, warum ein solch junger Kerl wie er sich keine holt. Er müsste nur zum Jugendamt gehen und man würde etwas für ihn finden, man würde ihm helfen, aber er tut es nicht und das sagt mir, dass er keinen anderen Ausweg sieht als auf der Straße zu leben, obwohl er von diesen Hilfen weiß.“ „Ich verstehe“, entgegnete Shizune, fügte an. „Ich versuche es jedenfalls.“ Sie trank noch einen Schluck Kaffee und griff über den Tisch Itachis Hand. Auch wenn ihre Beziehung irgendwann, damals, in die Brüche gegangen war, hat sie nie aufgehört, seine beste Freundin zu sein, auch wenn Zeitweise tausende von Kilometern zwischen ihren Körpern gewesen waren. „Sie würden ihn doch niemals wieder mit mir nach Hause gehen lassen“, sagte er resignierend, meinte den Arztbesuch. „Er kann so oder so nicht ewig bei dir bleiben, ich hoffe du weißt das. Er braucht ein zu Hause, eins wo er wirklich hin gehört.“ „Ich weiß das“, versicherte er. „Ich weiß, dass er Sonntag gehen muss. Das wäre einfach nicht richtig, aber…“ „Aber du kannst ihn auch nicht gehen lassen?“ „Ich muss“, er zuckte auf eine verzweifelte Art und Weise mit den Schultern. „Ich geh zur Uni, dann die Firma meines Vaters und das Modeln. Ich hab keine Zeit, mich um ihn zu kümmern. Ich hab selbst kaum Zeit für ein Privatleben.“ „Wie alt ist er, Itachi? Fünfzehn, Sechzehn? Braucht er wirklich so viel Umsorgung von dir oder ist ein warmer Platz zum Schlafen nicht viel wichtiger?“ „Er ist nicht so…“, wollte er ansetzten, verstand sie falsch und zog seine Hand zurück. „Nein, Itachi. Ich wollte ihm nicht unterstellen, dass er dich ausnutzt.“ Sie hatte ihn nie falsch verstanden. Es war immer so gewesen, als hätte sie in seine Seele blicken können, obwohl ihre Beziehung in die Brüche gegangen war. „Nur glaub mir, Itachi. Selbst wenn du dich nicht den ganzen Tag um ihn kümmern kannst, wird es ihm in deiner Wohnung besser gehen als auf der Straße.“ „Er vertraut auf mich, Shizune. Ich kann ihn doch nicht einfach im Stich lassen.“ „Und das würdest du, wenn du ihn einfach ohne nichts auf die Straße setzt. Denk mal nach, Itachi. Denk logisch, nicht gefühlsmäßig.“ Das sie das mal zu ihm sagte, sonst war sie immer der Gefühlsmensch bei ihnen gewesen. „Nur weil er dann außerhalb deines Blickfeldes ist, ist er nicht in Ordnung gekommen.“ Und genau das hatte er ihm versprochen. Genau das. Itachi trat gegen das Tischbein und erhob sich mit geballten Fäusten. „Was soll ich denn tun? Ich hab doch keine Wahl.“ „Warum nicht?“ Sie blieb ruhig. Sie kannte solche fort schicken muss. Ich muss Montag wieder arbeiten und da kann ich ihn nicht hier Ausbrüche von ihm nicht, aber es machte ihr nichts aus. Es war nicht schlimm. Für den Moment war es okay. „Verdammt“, er stützte sich an der Küchenzeile ab und atmete einmal tief durch. „Wenn ich ihn den ganzen Tag, die ganze Woche über daheim lasse, alleine, werden die Nachbarn raus finden, das er nicht zur Schule geht und das tut man in seinem Alter eben noch. Fragen werden kommen und man würde mich anschwärzen. Außerdem darf ich hier eigentlich keinen länger als eine Woche wohnen lassen. Mietvertrag und so. Du weißt doch wie das ist.“ Er seufzte. „Ich hab einfach keine Wahl.“ „Mensch, Itachi“, sie seufzte. „Wo ist mein Rebell hin?“ Er zuckte nur wieder mit den Schultern. Er wirkte traurig, fiel ihr auf. „Entschuldige. Ich weiß, es ist viel Zeit vergangen, ich war nur verwundert, dass dich so etwas mittlerweile stört. Dass es dir nicht mehr egal ist, was andere über dich sagen. Aber wenn du magst, ich meine… während du auf der Arbeit bist kannst du mir Sasuke vorbei bringen, ich hab Zeit, dieses Halbjahr setz ich schließlich ein Semester aus.“ Itachis Augen weiteten sich verwundert. „Das würdest du…?“, er verstummte, als Shizune aufstand und ihm einen Finger auf die Lippen legte. Sie schlang ihre Arme um seinen Oberkörper und drückte ihn an sich. „Für dich würde ich eine Menge tun“, wisperte sie und berührte seinen Hals hauchzart mit ihren Lippen. to be continued by Jess- Kapitel 19: All because of you ------------------------------ All because of you I’m not broke but you can see the cracks You can make me perfect again Als Shizune sich von Itachi verabschiedet hatte und zur Tür hinaus war, begab sich Itachi zuallererst zu Sasuke in Wohnzimmer. Sasuke lag immer noch, eingekuschelt in die Decke, auf dem Sofa und schlief mit offenem Mund. Er bekam wohl immer noch schlecht Luft, da seine Erkältung nur langsam nach ließ. Sasuke tat ihm Leid. Itachi schluckte, bevor er sich im Sessel neben dem Sofa sinken ließ. Es musste unheimlich hart sein auf der Straße zu leben, dennoch war Itachi sich nicht gänzlich sicher, ob Sasuke akzeptieren würde, die Stunden, in denen er arbeiten oder in der Uni war, bei Shizune zu verbringen. Doch im Grunde hatte Sasuke nicht mal eine Wahl. Itachi würde ihn nicht zurück auf die Straße lassen. Nicht in seinem Zustand. Er konnte das gar nicht zulassen. Niemals. Entschlossen rüttelte Itachi an Sasukes Schulter, versuchte dennoch sanft zu sein und lächelte dem Jugendlichen zu, als dieser die Augen öffnete. „Hey“, sagte der Student leise und wartete, bis Sasuke ein wenig wach geworden war und ihm Aufmerksamkeit schenkte. Itachi sah, wie Sasuke sich aufsetzte, ihm zuwandte und sich gegen die Lehne lehnte, bevor er die Decke hochzog. Er schien immer noch zu frieren. „Soll ich dir einen Tee machen?“, bot Itachi an und erntete ein zögerliches Nicken. „Das wäre toll“, hörte er Sasukes Stimme, erhob sich, ging in die Küche, kochte Schnell Wasser, tat den Teebeutel in die Tasse, goss sich selbst Kaffee ein und ging dann zurück ins Wohnzimmer, wo er Sasuke die warme Tasse in die Hand drückte. „Danke“, vernahm er wieder die zurückhaltende Stimmfarbe des Jungen und lächelte. „Kein Ding.“ Er wartete einige Momente, beobachtete Sasuke dabei, wie er in die Tasse pustete, bevor er einen Schluck nahm. Nachdem Itachi selber an seinem Kaffee getrunken hatte, wandte er sich an den Jüngeren. „Ich muss Montag wieder arbeiten. Übermorgen.“ „Ja. Ich weiß.“ „Aber du bist immer noch krank und ich kann dich nicht einfach weg schicken.“ „Das…“, fing der Jugendliche an, trank noch einen Schluck und blickte dann auf die Bettdecke hinab. „Das ist schon in Ordnung.“ „Nein, ist es nicht.“ Eine Weile schwieg Itachi, wusste nicht, wie er es dem Jungen beibringen sollte, doch dann fand er einen Anfang, der wahrscheinlich nicht der Beste war, aber zumindest der Ehrlichste. „Ich hatte überlegt, dass du morgens gehst und dann Abends, wenn ich wieder daheim bin, zurückkommst, aber das wäre echt scheiße, weil es draußen verdammt kalt ist und du keinen Ort hast, an den du gehen könntest.“ Itachi sah, wie Sasukes Blick weiterhin auf der Bettdecke haftete, während er an seiner Tasse nippte. „Ich kann dich aber auch nicht mit zur Arbeit nehmen, geschweige denn mit zur Uni und dich hier lassen, wenn ich nicht da bin, kann ich auch nicht. Wegen den Nachbarn.“ Er hoffte, dass Sasuke verstand und nicht glaubte, er sei eine Last. Denn das war er nicht, auch wenn das bei Itachis Worten so rüber kommen könnte. Sasuke war keine Last. Es war schlicht eine neue Situation für sie beide und die mussten sie meistern. Ende. „Kakashi und Iruka sind beide Lehrer. Sie sind vormittags also auch weg, sonst hättest du mit Sicherheit zu ihnen gekonnt.“ Itachi musste mit ansehen, wie Sasuke den Tee nur noch mit einer Hand hielt und die andere zum Mund führte, um an den eh schon viel zu kurzen Nägeln zu knabbern, aber er wusste auch nicht, wie er das Kind davon abhalten konnte. Mit Worten war auch er nie so besonnen gewesen, obwohl er es bei Sasuke zu sein versuchte. „Wie fandest du Shizune?“, rang sich Itachi dann die Frage ab und wartete auf eine Antwort. Hoffte, eine zu bekommen. „Ich verstehe nicht…“, murmelte Sasuke jedoch nur und blickte auf. „Wie du sie fandest. War sie in Ordnung?“ „Klar“, antwortete Sasuke perplex, würde niemals etwas gegen Itachis Freunde sagen. Vor allem dann nicht, wenn sie da gewesen waren, um ihm zu helfen. „Dann könntest du es ein paar Stunden bei ihr aushalten?“ Itachi wusste, dass sich seine Fragen anhörten, als sei Shizune ein Monster oder sonst was, was sie mit absoluter Sicherheit nicht war, aber er wusste nicht, wie er sonst fragen sollte. „Ich… schätze schon, ja“, murmelte Sasuke leise und schien, obwohl er eigentlich ganz clever war – was Itachi glaubte – immer noch nicht zu verstehen, was Itachi mit seiner Fragerei wollte. Zunächst schien es, als würde Sasuke das Gesagt alles noch mal überdenken, doch dann sah Itachi entsetzten und auch Schuld in den Augen, ehe diese sich weiteten und er bedacht den Kopf schüttelte. „Das kann ich nicht verlangen“, murmelte er und blickte wieder auf die Bettdecke. „Du verlangst es ja auch nicht“, sagte Itachi sofort. „Ich tu es, weil es tun will und Shizune tut es um mir… um uns zu helfen.“ „Ich bin’s nicht wert und ich…“, Sasuke machte eine kurze Pause, „… kann’s nicht wieder gut machen. Wie soll ich denn…?“ „Du hast nichts gut zu machen!“ Itachi zwang sich dazu, nicht laut zu werden, sondern die Ruhe zu bewahren. Er wollte Sasuke jetzt nicht verschrecken, aber er hasste es, wenn der Junge wieder so sprach. So sprach, als sei er nichts wert und das stimme doch nicht. In Itachis Augen, war Sasuke eine Menge wert. Ein Seufzen entfloh Itachis Kehle als er sah, dass Sasuke doch ein wenig erschrocken war, weil seine Stimme doch an Schärfe bei diesem Satz nicht nachgelassen hatte. „Hör mal, Sasuke“, fing er erneut an. „Du hast bei mir nichts gut zu machen. Ich tu es, weil ich es tun will. Das verstehst du, oder? Itachi beobachtete, wie sich Sasukes blasse Hand feste um den Henkel der Tasse schlang, wie er sich auf die Lippe biss und wie seine andere Hand sich in die Decke krallte. „Aber… ich…“, er sprach nicht weiter und Itachi wollte zuerst sagen, dass es kein Aber gab, doch dann entschied er sich dagegen. Vielleicht gab es ein Aber und vielleicht müsste er es den Jungen aussprechen lassen. Er dachte zurück und stellte fest, dass er sich mit den Bedenken dieses Kindes auseinandersetzen musste, wenn er ihm helfen wollte. „Was ist los?“, fragte er deswegen so einfühlsam wie es ihm nur möglich war und schaute Sasuke an. „Du sagst immer“, fing Sasuke dann mit leiser Stimme an, „dass ich nichts wieder gut machen muss, aber wie kann ich mich darauf verlassen, wenn ich es nicht anders kenne.“ Itachi nickte verstehend und fuhr sich durch die schwarzen Haare. Sasuke hatte dieses Mal nicht gestockt, aber seine Stimme war dennoch so unsicher gewesen, als würde Itachi ihn bei dem kleinsten Widerwort vor die Tür setzten. „Bei wie vielen Leuten bist du schon untergekommen, seit du auf der Straße lebst?“, wollte der Uchiha dann wissen und lehnte sich, in Erwartung an ein längeres Gespräch im Sessel zurück. Er sah wie Sasuke mit den Schultern zuckte und ein: „Weiß nicht genau“, murmelte. „Niemand von ihnen hat dir geholfen, ohne selbst etwas zu verlangen.“ Dieses Mal musste er länger auf die Antwort des Jungen warten, der selbst dann noch stumm blieb, als er nickte. Itachi wollte zunächst nachfragen, was diese Leute verlangt hatten, aber dann wurde ihm schlagartig klar, dass er die Antwort schon kannte und sich nur davor fürchtete, die Worte aus Sasukes Mund zu hören. Sie wollten Sex oder sie haben ihn geschlagen. Haben ihm wehgetan, denn all diese Dinge, die Ängste und die Vorahnungen hatte Itachi in den letzten Tagen mitbekommen. In jeder Minute, die sie miteinander verbracht hatten, hatte er es mitbekommen. „Ich versteh einfach nicht, warum du das tust“, riss ihn Sasuke dann ungewollt aus seinen Gedanken. „Was es dir bringt.“ Wie sollte er diesem Jungen – diesem kaputten Kind – erklären, was es ihm brachte, ihn bei sich zu haben? Wie sollte er ihm sagen, dass er sich durch Sasukes Anwesenheit verändert hatte? Denn das hatte er. Immer mehr stellte er das fest. Er merkte, dass er sich um jemanden kümmern konnte. Dass er mit jemanden leben konnte, ohne ein Arschloch zu sein. Aber all das konnte er Sasuke nicht sagen. Er würde es nicht verstehen und deswegen sah Itachi sich gezwungen zu lügen. „Es bringt mir nichts, nein.“ Itachi sah, wie Sasuke die Beine näher zu sich zog und seinen Kopf auf die zugedeckten Knie legte. „Wann wirst du mich fortschicken?“ „Ich weiß es noch nicht.“ „Es wäre besser wenn ich heute Abend gehe.“ Es war einige Minuten still gewesen, bevor Sasuke dies gesagt hatte. Als er die Worte vernahm, rechnete Itachi damit, dass Sasuke sofort aufspringen, seine Sachen packen und dann hinaus rennen würde, so wie er es ein paar Tage zuvor schon getan hat, doch Sasuke blieb sitzen. Verharrte stumm in seiner Position, bevor er den Kopf seitlich legte und aus dem Fenster schaute. Itachi folgte dessen Blick. Es regnete, der Himmel war grau, kaltes Wetter, ungemütlich. Bald schon, nicht mehr ganz in einem Monat, war Weihnachten. „Wartest du auf einen Rausschmiss?“, wollte Itachi dann wissen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Der wird nicht kommen.“ Sasuke schaute Itachi an und schluckte. Er wusste nicht, wieso er in den letzten Minuten den Mut fasste, so viele Dinge zu sagen. Vielleicht war es, weil die Dinge von dem ablenkten, was Itachi für ihn geplant hatte. „Irgendwann wird er kommen“, sagte er deswegen, damit Itachi nicht wieder auf das Thema Shizune kam und weil er wirklich so fühlte. Sich vor einem Rausschmiss fürchtete, aber wusste, dass er unausweichlich war. „Ja, irgendwann wird er kommen.“ Itachis Stimme war nicht seufzend, aber in ihr lag etwas, was sich schwer anhörte, als er diese Worte sagte, aufstand und zum Fenster ging. Wieder war es still. Sasuke mochte diese Stille nicht, er wollte nicht das Itachi böse auf ihn war und vielleicht war er das grade, er wusste es nicht genau. Das machte es für Sasuke fast unerträglich, sodass er erneut an seinen kaum mehr vorhandenen Fingernägeln herumknabberte. Sasuke fürchtete sich nicht mehr besonders vor Schlägen von Itachi. Vielleicht noch ein bisschen, schließlich konnte jeder Mensch die Kontrolle verlieren, wenn er böse wurde, aber Sasuke wusste, dass Itachi ein guter Mensch war. „Ich mag es dich hier zu haben“, hörte er dann Itachis Stimme, die sich so unglaublich ehrlich anhörte. „Es fühlt sich gut an, nicht allein sein zu müssen, obwohl ich fast mein ganzes Leben am liebsten allein gewesen bin.“ Sasuke blickte auf den Rücken des Älteren, auf breite Schultern, auf einen Mann der ihn vielleicht beschützen könnte, anstatt ihn zu verletzten und dieses Wissen war gut, auch wenn er sich nicht vollkommen sicher war, dass es die Wahrheit war. Vielleicht würde Itachi ihn auch nicht beschützen, wenn es hart auf hart kam. Das wusste er nicht. „In Wahrheit“, sprach der Uchiha dann weiter, „bin ich vielleicht ziemlich egoistisch. Ich hoffe einfach…“ Und dann sprach er nicht weiter, wandte sich vom Fenster ab und setzte sich neben Sasuke auf das Sofa. Plötzlich war sein Blick anders, als er zuvor gewesen war, als er noch im Sessel gesessen hatte. Er war zuversichtlicher, erwachsener noch. „Lass uns einen Deal machen, Sasuke.“ Würde Sasuke sich trauen, würde er sagen, dass er keine Deals mochte. Der beste Freund seiner Mutter hatte manchmal Deals mit ihm gemacht. Sasuke erinnerte sich an einen, der besonders schmerzvoll war. Er hatte es schaffen müssen, zwanzig Packungen Zigaretten zu besorgen, damit er an diesem Abend nicht vergewaltigt würde. Sasuke war gar keine andere Möglichkeit geblieben, als zuzustimmen und so hatte er versucht, ohne Geld an Zigaretten zu kommen, aber schon im zweiten Kiosk hatte man ihn geschnappt. Der alte Kioskinhaber hatte sofort die Polizei gerufen und ihm noch nicht mal die Möglichkeit gegeben sich zu erklären, was er sowieso, aus Angst, nicht getan hätte. Auch den Polizisten hatte er nicht die Wahrheit gesagt und so hatten diese seine Mutter benachrichtigt, die am Abend natürlich in der Männerrunde ihres besten Freundes alles haarklein erzählte. Der musste ihn dann natürlich auch sofort bestrafen. Und die Hilfe seiner Kumpels und sogar die Sasukes Mutter, hatte er nicht abgelehnt. Sasuke wollte nicht daran denken, er wollte nie wieder an diese Dinge denken, doch sie waren so unheimlich fest in seinem Gehirn veradert, dass er gar nicht anders konnte, als sich immer wieder daran zu erinnern und dann immer wieder diesen ekeligen Geschmack im Mund zu spüren. Sasuke blickte auf den Boden und schwieg, gerade weil er sich nicht traute zu sagen, dass er keine Deals mochte. „Gib mir bis Weihnachten die Chance dir zu beweisen, dass ich kein schlechter Mensch bin.“ In Wirklichkeit wollte Itachi auch sich das beweisen. Und gleichzeitig hoffte er, ja er hoffte wirklich, dass Sasuke ihn zu einem besseren Menschen machen konnte. „Bis dahin wird es keinen Rausschmiss geben.“ Itachi sah, dass Sasuke die Stirn runzelte. Ja, im Grunde war sein Deal wirklich uneigennützig und er konnte sich vorstellen, dass Sasuke sich fragte, wo der Hacken war, denn er kannte es bestimmt nicht anders, aber es gab keinen Hacken. Itachi meinte all das so, wie er es sagte. Und wenn er sich Urlaub bis Weihnachten nehmen wusste, weil Shizune ihre Meinung änderte, würde er es tun. Selbst wenn er seine Eltern um Hilfe bitten musste, auch dann würde er den Deal nicht brechen, solange Sasuke ihm wirklich die Möglichkeit gab, ein besserer Mensch zu werden. „Ich kann nicht von dir verlangen, dass ich bis Weihnachten bleiben darf“, riss ihn Sasukes Stimme erneut aus seinen Gedanken. „Du verlangst es nicht.“ Itachi wusste, dass sie nun wieder genau am Anfang des Gespräches waren. Ja, Sasuke musste wirklich lernen, dass es manchmal besser war, sich sicher zu fühlen, als Angst davor zu haben, jemanden etwas schuldig zu sein, schoss es Itachi erneut durch den Kopf. „Deal?“, fragte Itachi dann nach einiger Zeit, in der sie beide geschwiegen hatten. Er hielt dem Jüngeren die Hand hin und wartete dass dieser einschlug. Zögerlich und mit großer Vorsicht griff Sasuke dann auch seine Hand und hielt sie kurz ohne ein Wort zu sagen. Vielleicht wäre es zu viel verlang, dass Sasuke den Deal mit Worten besiegelte, also drückte Itachi noch einmal kurz die schmale Hand in seiner und löste den Griff dann, ehe er sich erhob. „Wie wär’s? Lust auf `ne DVD?“, schlug Itachi dann schon bald darauf Themenwechseln vor. Sasuke nickte nur leicht, schien immer noch sehr verunsichert, was Itachi dazu brachte, sich schuldig zu fühlen, obwohl nichts von alledem, was Sasuke geschehen war, seine Schuld war. Er wandte sein Gesicht ab, hockte sich vor den DVD-Schrank und suchte ein paar heraus, die er vor Sasuke auf den Tisch legte. „Such dir eine aus“, bat er dann und hoffte, dass der Junge es schaffte, eine Entscheidung zu treffen. Dieser jedoch zögerte zunächst sogar, sich die Hüllen anzusehen und als er es dann tat, blickte er unschlüssig zu Itachi. Er wusste schließlich nicht, welche dem Student wohl gefallen könnten und wollte keine wählen, mit der der Ältere nicht einverstanden wäre. Vielleicht war das eine Probe? Sasuke biss sich auf die Lippe, die schon schmerzte von vorhin, wo er sie kaum aus der Umklammerung seiner Zähne gelöst hatte. Dieser Deal verunsicherte ihn, weil Deals ihn immer verunsichert und ihm bisher nur Schmerzen zugeführt hatten. „Soll ich dir helfen?“, bot dann der Ältere an, woraufhin Sasuke leicht nickte. Er spürte, wie Itachi sich neben ihm auf das Sofa niederließ, ehe er dessen Hände an den Hüllen der DVDs sah. „Fluch der Karibik ist ganz gut. Spannend und lustig, kennst du den?“ Sasuke nickte leicht. „Hast du ihn schon angesehen?“ Wieder nickte der Jugendliche. Das erste Teil hatte er noch mit seinem Vater im Kino gesehen. Das war im Jahr vor dessen Tod gewesen. Die anderen beiden hatten sie in der Schule angesehen, im Jahr bevor er von daheim abgehauen war. Sie hatten vor den Sommerferien immer Filme angesehen und diese waren frisch als DVD auf den Markt gekommen und der große Renner bei den Schülern damals. „Mh, was hab ich hier noch?“, hörte er Itachi laut überlegen, während dieser die Hüllen auf dem Tisch durchschaute und dann noch einmal zu Schrank zurück ging und eine Hülle hochhielt. „Wie wär’s damit? Avatar. Das Beste im letzten Jahr.“ Sasuke nickte schlicht, beobachtete, wie Itachi zum DVD-Player ging, die Disk einlegte und dann auf Play drückte, dass große Licht im Wohnzimmer losch, schnell noch die restlichen Hüllen auf einen Haufen legte und es sich dann im Sessel bequem machte. Wissentlich überließ er Sasuke die Couch, hoffte dass dieser sich breiter machte. Bisher hatte er sich das noch nicht getraut, wenn Itachi in der Nähe war. Nur beim schlafen nutzte er die Länge der Couch, wobei er sich sogar da so klein wie möglich unter seiner Decke machte, wie Itachi auch nach dem Film wieder feststellte, als Sasuke sich auf seine Anweisung hin, hinlegte. Itachi lehnte noch gegen den Sessel und blickte auf den Jugendlichen auf seiner Couch. „Hast du eigentlich Alpträume?“, fragte der Student dann ganz unvermittelt. Er sah, wie Sasuke die Augen schloss und die Decke ein Stück höher zog, bevor er bejahend nickte. „Manchmal“, murmelte er. Wieder schwiegen beide und erst als Itachi an der Tür noch einmal stehen blieb, sagte er leise zu dem Teenager. „Ich wollte dich nur wissen lassen… dass ich da bin, wenn was ist. Du kannst mich dann wecken. Ich werd’ nicht sauer sein.“ Mit diesen Worten ging Itachi hinaus in den Flur und dann in die Küche um noch einen Schluck Wasser zu trinken. Er wusste nicht, was es war, dass ihn dazu brachte, sich so verantwortlich für Sasuke zu fühlen. Vielleicht war es einfach das Wissen, dass sich sonst niemand kümmerte. to be continued... by Jessa_ Kapitel 20: Walk on ------------------- Kapitel 20: Walk on Walk on, walk on Stay safe tonight Am Sonntagmorgen, als Itachi im Bad war, klingelte das Telefon. Sasuke, der im Wohnzimmer saß, in eine Decke gehüllt und lesend, wusste nicht, was er tun sollte. Seit er bei Itachi war, hatte es weder an der Tür geläutet, noch hatte das Telefon geklingelt. Jedenfalls nicht dann, wenn Itachi außer Reichweite war. Sasuke wusste nicht, ob er rangehen sollte. Was sollte er auch sagen? Und was, wenn es jemand war, der nicht wusste, dass er bei Itachi war. Jemand der es nicht gut hieß. Vielleicht sollte er Itachi holen, aber der war doch unter der Dusche. Das konnte er nicht machen. So wollte er nicht in die Privatsphäre des Älteren eindringen. Er würde selbst nicht wollen, dass der Student ihn nackt sah und genauso wenig wollte er ihn nackt sehen. Jemals wieder einen Mann nackt sehen – dass wollte er nicht. Aber einfach Klingeln lassen konnte er doch auch nicht. Vielleicht war es wichtig und er war nachher Schuld, dass Itachi den wichtigen Anruf verpasste, also entschied Sasuke ranzugehen. Wenigstens um Itachi sagen zu können, wer es war. Es könnte schließlich wirklich wichtig sein, sprach Sasuke sich selber Mut zu. Er nahm den Hörer in die Hand und meldete sich mit unsicherer Stimme. „Bei Uchiha.“ „Hey, du bist’ s stimmt’ s, Sasuke?“, hörte er dann die freundliche Stimme von Kakashi und nickte, ehe ihm bewusst wurde, dass der Ältere am anderen Ende der Leitung ihn ja nicht sehen konnte. Sasuke war es nicht mehr gewohnt zu telefonieren. „Ja, ich bin’ s“, antwortete er also. „Und wie geht’s? Alles klar soweit?“ „Uhm… Ja“, murmelte er leise, fragte sich, ob er auch fragen sollte, wie es dem anderen ging; das war nur höflich, aber er traute sich nicht, sodass Kakashi wieder das Wort ergriff: „Ist Itachi grad nicht da?“ „Doch… Er ist im Bad.“ „Na, dann sag ihm einfach, er soll mich zurückrufen. Und bis dahin sollt ihr euch einen Film überlegt haben, okay? Iruka hatte nämlich die grandiose Idee euch heute ins Kino zu schleppen. Sag ihm das.“ „… Okay.“ Sasuke wusste nicht anderes zu sagen, als Kakashi sich auch schon verabschiedete und den Hörer auf hing, sodass auch Sasuke das Telefon wieder auf die Station stellte, sich zurück auf Sofa setzte und das Buch zur Hand nahm. Itachi hatte ihm heute Morgen erlaubt, sich ein Neues zum lesen auszusuchen, da Sasuke das Alte durch hatte. Es dauerte eine Weile, bis Itachi aus dem Bad kam. Er trug nur eine weite Jogginghose und einen Pullover, als er mit nackten Füßen ins Wohnzimmer kam. Seine feuchten Haare waren zum Zopf gebunden. „Und ist es gut?“, wandte er sich fast sofort an Sasuke und deutete auf das Buch in dessen Händen. „Ja…“, sagte der Jugendliche und fügte an: „Danke, dass ich’s lesen darf.“ „Nicht dafür“, winkte Itachi ab, meinte das Bedanken und ließ sich in den Sessel sinken, während Sasuke das Lesezeichen, das Itachi ihm am Morgen mit dem Buch gegeben hatte, zwischen die Seiten steckte und dann das Buch neben sich legte. „Kakashi hat angerufen“, sagte er dann leise, wusste nicht wie er entschuldigen sollte, dass er einfach rangegangen war. Erst jetzt überkam ihn die Furcht, dass Itachi wütend sein könnte, obwohl er es mittlerweile besser wissen musste. Itachi wurde nicht einfach wütend. Er würde ihm nicht wehtun. „Hat er gesagt, was er wollte?“, fragte Itachi und überging wissentlich die Tatsache, dass Sasuke das Telefon abgenommen hatte. Es war in Ordnung, entschied Itachi, auch wenn er das nicht erlaubt hatte. Sasuke hatte ja mit Sicherheit nicht aus Unhöflichkeit gehandelt. Vielleicht hatte er sogar Angst gehabt nicht abzunehmen. Itachi konnte es nicht wissen, er wusste nur, dass Sasuke Nichts tat um ihm zu schaden, also war es wirklich in Ordnung, dass er ran gegangen war. „Er will ins Kino“, murmelte der Jugendliche und senkte seinen Blick. „Hat er gesagt wann?“ Sasuke überlegte, dann nickte er. „Heute. Du… uh… sollst dir einen Film aussuchen.“ „Na dann ruf ich ihn mal an.“ Itachi erhob sich, nahm den Hörer von der Station, doch bevor er wählte, wandte er sich noch mal an Sasuke. „Wie fühlst du dich heute?“ Sasuke schwieg, wusste nicht, was er antworten sollte. Was Itachi hören wollte, doch dann wurde ihm auch diese stumme Frage beantwortet. „Die Wahrheit, Sasuke“, verlangte der Ältere, der an dem Blick des Jungen gemerkt hatte, dass diese wieder so antworten würde, wie er glaubte, Itachi würde das wollen. „Besser“, murmelte Sasuke dann und spürte, dass Itachi ihn aufmerksam musterte. Die Wangen des Jungen waren nicht mehr so gerötet, dass das auch der Rest des Fiebers zurückgegangen war. Er wirkte nicht mehr so schwach, er wirkte okay. Ganz so als könnte er heute ins Kino, deswegen wählte Itachi dann endlich, hörte es zwei, drei Mal tuten, bevor Kakashi abnahm. „Hey, Kakashi. Gute Idee mit dem Kino.“ „Hast schon einen Film ausgesucht?“ „Nein. Mach du das.“ Beide schwiegen kurz, ehe Itachi wieder die Stimme seines Kumpels hörte. „Lass doch Sasuke entscheiden. Zeig ihm im Internet paar Trailer oder so, was weiß ich. Wann treffen wir uns?“ „Um vier bei mir.“ „Gut, bis dann Itachi.“ Den Hörer weghängend, drehte Itachi sich zu Sasuke und grinste leicht. „Was hältst du von einen guten Frühstück, ehe wir entscheiden, welchen Film wir ansehen?“ Sasuke nickte schlicht, wusste das es eine rein rhetorische Frage war. Er stand auf und ging dem Uchiha hinterher in die Küche, wo dieser gerade anfing Kaffe zu kochen, bevor er Aufbackbrötchen in den Ofen schmiss, ein paar Sachen, wie Aufschnitt und Nutella auf den Tisch stellte, zwei Brettchen, Tassen und Messer dazu, ehe er sich wartend an die Küchenzeile lehnte. Er musterte Sasuke eine Weile und fragte sich aufs Neue wie alt der Junge wohl sein mochte. Sein Gesicht sah noch immer so jung aus. Er hatte noch keinen Bartwuchs, denn sonst wären da Stoppeln auf seinem blassen Gesicht du die waren da nicht. Das ließ natürlich nicht unbedingt auf ein junges Gesicht oder im Allgemeinen auf einen jungen Menschen schließen, sein eigener Bartwuchs war auch nicht der Größte. Selbst wenn er sich nicht rasieren würde, hätte er kaum mehr als ein paar Stoppeln, die auch nicht wirklich länger wurden. Aber er sah deutlich die Unterschiede zwischen ihren Gesichtern. Er sah, dass Sasuke im Gegensatz zu ihm noch kein Mann war, sondern ein Junge. Im Grunde vielleicht noch ein Kind. Ein heimatloses Kind, das bei ihm Unterschlupf gefunden hat. „Wie alt bist du, Sasuke?“, hörte Itachi sich dann selber fragen und blickte den Jungen an. Er wollte nicht löchern, wollte eigentlich warten, bis Sasuke ihm die Dinge von selbst erzählte, selbst so ganz Banale, wie sein Alter, aber das war gar nichts o leicht, keine Fragen zu stellen, auch wenn er sonst eigentlich ein ziemlich ruhiger Mensch war. Sasuke schwieg und blickte auf den Boden. Sofort fragte Itachi sich, ob er sich fürchtete, zu jung oder zu alt zu sein, um zu bleiben. Aber im Grunde war das egal. Itachi wollte es einfach nur wissen. Es würde nichts ändern. „Fünfzehn“, murmelte Sasuke dann leise und senkte seinen Blick. Also doch so jung, stellte Itachi fest. Es passte zu dem noch so jungen Gesicht, aber aufgrund der Tatsache, dass Sasuke schon seit knapp einem Jahr auf der Straße lebte, hätte Itachi gedacht, er sei doch zwei oder mindestens ein Jahr älter. Itachi schüttelte leicht den Kopf. Sogar vor dem Staat war Sasuke noch ein Kind. Nicht nur in seinen Augen. Er entschloss sich vor den Jugendlichen hinzuhocken und blickte ihm dann in die Augen. „Sasuke“, sagte er ruhig, wollte weiter sprechen, doch dann hörte er die unsichere Stille des Jungen. „Schickst du mich weg?“ Itachi schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Nein, ich schick dich nicht weg.“ Er wusste, dass er in Probleme kommen konnte, weil er einen Minderjährigen bei sich zu Hause hielt, obwohl er eigentlich in einem solchen Fall mit dem Jugendamt in Kontakt zu treten hatte. Wenigstens solange, wie Sasuke noch keine Sechzehn war, aber Itachi konnte ihn jetzt nicht, wegen ein paar Monaten, wegen einem knappen Jahr oder was auch immer – er wusste ja nicht, wann Sasuke fünfzehn geworden war – fort schicken. ~~ Nach dem Frühstück hatte Itachi seinen Laptop auf den Wohnzimmertisch gestellt, angemacht und dann gewartet, bis Sasuke zu ihm kam und sich auf Itachis Bitte neben ihn. „Les dir mal die Titel durch. Von welchen willst du den Trailer sehen?“ „Das vielleicht…“, murmelte Sasuke und setzte ein eiliges: „Ich weiß nicht an.“ Itachi klickte unterdes auf den Titel den Sasuke gezeigt hat und öffnete den Trailer, denn sie sich dann gemeinsam ansahen. „Hört sich gut an, was meinst du? Du sollst schließlich entscheiden. Kakashis Anweisung“, meinte der Ältere am Ende schmunzelnd und schielte zu seinem jüngeren Couchnachbarn, der nur leicht nickte. „Nicht so begeistert?“ „Doch. Doch… Ich weiß nur nicht… Ich kann och nicht einfach so entscheiden… ich weiß doch nicht, was… naja… was Kakashi und Iruka gefällt.“ Es war sowieso neu für ihn, normale Filme zu sehen. Filme, die in Ordnung waren, mit guten Schauspielern, mit Handlung. Gute Filme. Zuletzt hatte er solch ‚gute Filme’ mit seinem Vater geschaut, dann hatte seine Mutter ihn zunächst kaum mehr fernsehen lassen. Den in seinem Zimmer hatte sie verkauft, mitsamt den Spielkonsolen und seinem Computer. Im Wohnzimmer durfte er nicht schauen. Wenn dann das, was Kabuto wollte. Dann musste er manchmal mitschauen. Auf dem Schoß von Kabuto oder in seinem Arm. Auf jeden Fall musste er sich dabei betatschen lassen. Manchmal hatte er Pech und sie schauten keinen ekeligen Horrorfilm, sondern direkt ein Porno. „Hier schau mal der, Sasuke. Die etwas anderen Cops. Der wird denen mit Sicherheit gefallen. Möchtest du den Trailer sehen?“, riss Itachi ihn aus seinen Gedanken. Sasuke nickte nur leicht, versuchte auch den letzten Rest dieser Erinnerungen für den Moment aus zu schalten, schaute sich das kleine Filmchen dann an und nickte noch mal. „Guter Film? Sollen wir den gucken?“ „Okay“, murmelte Sasuke und blickte weg vom Laptop. Er sah, wie Itachi sich kurz zurück lehnte, die Augen schloss und sie dann wieder öffnete. „Möchtest du was ins Internet, während ich spülen gehe?“, fragte er dann im ruhigen Ton. Sasuke zuckte nur mit den Schultern und schwieg. Er hatte keine Ahnung, was er im Internet sollte. Als er noch einen eigenen Computer hatte, hatte er noch keinen Internetzugang. Sasukes Vater hatte ihm den damals gekauft, damit er darauf Spiele spielen konnte und mit manchem Spielen für die Schule lernen konnte, wenn er Lust hatte. Der PC seiner Mutter war ihr Heiligtum gewesen. Hätte er auch nur einen Finger dran gewagt, hätte sie ihn den abgehackt, mit Sicherheit, so hatte Sasuke keine Ahnung, was man im Internet wirklich machen konnte. Klar, es gab Seiten wie Facebook und so was, die kannte er von damaligen Klassenkameraden, aber er konnte nichts damit anfangen. „Du könntest bei Youtube Musik hören oder Filmchen ansehen oder du gehst auf Amazon und guckst mal nach Büchern. Vielleicht gefällt dir ja eins und wir leihen es mal in der Bibliothek aus oder gehen es kaufen, na was meinst du?“ „Ich… ich weiß nicht“, murmelte Sasuke. Er wollte ja auch nichts kaputt machen und so verlockend fand er Computer noch nie. „Du kannst auch fernsehen oder das Buch weiter lesen. Ich kann dir Musik anmachen oder so“, schlug Itachi vor. Sasuke griff nach dem Buch, dass immer noch auf dem Sofa lag und sagte leise: „Ist da okay?“ Itachi nickte und antwortete: „Klar. Bin gleich zurück.“ ~~ Nur eine Viertel Stunde bevor Kakashi und Iruka vorbei kommen wollten, klingelte das Telefon und dieses Mal hob Itachi im Flur ab. Dort hatte er auch eine Station stehen. „Ich bin’s Itachi. Endlich erreich ich dich! Kannst du nicht mal an dein Handy gehen?!“, maulte Konan vom anderen Ende der Leitung, klang aber unendlich erleichtert ihn zu hören. „Liegt irgendwo hier rum“, murmelte Itachi, meinte sein Handy, ehe er sich aufmerksam an Konan wandte: „Was ist los?“ „Du musst unbedingt in die Kanzlei kommen. Wir haben es gestern gar nicht mehr gemerkt und dein Vater ist ausgerastet, als ich ihm heute die letzten Akten vorbei gebracht habe.“ „Was habt ihr nicht gemerkt, Konan? Beruhig dich. Sprich Klartext.“ „Na, dass das total die falschen sind! Der Scheiß-Praktikant hat nicht die von 2000 weggeschmissen, sondern die von diesem Jahr. Das ist eine Katastrophe! Dein Vater meint, du wüsstest, wie man an die Daten rankommt, du musst unbedingt kommen. Morgen muss alles wieder richtig sein, sonst dreht er uns allen den Hals um.“ „Er ist kein Monster“, murmelte Itachi, meinte es ernst und fügte dann an: „Ich komm gleich vorbei. Beruhig dich, ich hol die Daten zurück.“ Dann legte er auf und ging zu Sasuke ins Wohnzimmer. Dort saß er auf dem Sofa, mit frisch gewaschenen, trockenen Haaren, seiner alten Jeans, einem von Itachis dicken Pullovern und seien alten, gewaschenen Jacke. Er trug immer noch nicht die neuen Sachen. Selbst die Jacke nicht, obwohl sie an der Garderobe hing. Doch Itachi wollte ihn nicht zwingen. Irgendwann würde Sasuke sie hoffentlich von selber tragen und vielleicht würde er sich von Itachi dann ja noch ein bisschen Kleidung holen lassen. „Tut mir Leid, Sasuke“, wandte er sich dann an den Jungen, wurde jedoch von einem Klingeln an der Haustür unterbrochen. Gerade heute mussten Iruka und Kakashi wohl das erste al in ihrem Leben zu früh kommen. Gerade heute. „Bin sofort zurück. Sekunde.“ Er öffnete die Tür und wirklich waren es seine Kumpel, die er kurzerhand in Wohnzimmer winkte und sich dann wieder dem Jugendlichen zuwandte: „Ich muss in die Kanzlei. Notfall. Ich weiß nicht, willst du hier bleiben oder mit Kakashi und Iruka ins Kino?“ „Ich…“, murmelte Sasuke und schaute auf das Sofa. Das hatte doch er nicht zu entscheiden! Wie sollte er auch. Er wusste doch nicht, was richtig war. „Weißt du was, geh mit ihnen ins Kino. Das ist gut, dann könnt ihr ja was essen gehen. Hier, Sekunde, ich hol dir den Ersatzschlüssel der Wohnung. Kannst den einfach hier hinhängen, wenn du zurückkommst.“ Er zeigte auf den winzigen Hängeschrank, in dem er seine Schlüssel aufbewahrte, ehe er Sasuke den kleinen silbernen Türöffner in die Hand drückte. Er kramte in seiner Hosentasche nach dem Portmonee, doch ehe er Geld herausholen konnte, meinte Kakashi leichthin: „Schon gut, wir laden ihn ein. Sollen wir dir was zu Essen mitbringen?“ „Ja, macht ihr mal. Ich muss jetzt los. Alles okay, Sasuke?“ Er war in Eile, aber er konnte es nicht lassen nach Sasuke Wohlbefinden zu fragen. Gerade jetzt, wo er ihn mit Kakashi und Iruka alleine lies. Zögerlich nickte Sasuke, woraufhin Itachi sagte: „Sie werden dir nichts tun. Ihr geht ins Kino, esst was und dann bringen sie dich wieder zu mir. Alles ganz anständig, versprochen Sasuke. Vielleicht bin ich ja auch schon wieder daheim, wenn du zurückkommst, wenn nicht denk einfach an den Schlüssel. Ich muss weg, bis später.“ Und weg war er. Iruka lachte auf, während Kakashi nur grinste. „Er ist so ein Plappermaul, wenn er in Hektik ist. Das kennst man gar nicht von ihm, hm?“, sagte der Braunhaarige, woraufhin dessen Freund nur bekräftigend nickte und dann die Haustür öffnete. „Na dann, wollen wir mal. Habt ihr einen Film ausgesucht?“ ~~ Der Film hatte Kakashi und Iruka gefallen. Auf der Rückfahrt sagten sie, er hätte einen super Treffer gelandet. Sie hielten noch beim Italiener und besorgten etwas zu Essen ohne groß zu fragen, wer was haben wollte. Kakashi entschied einfach, dieselben Pizzen wie beim letzten Mal zu holen, als Sasuke ihn aufhielt. „Ich glaube…“, setzte er an und wusste nicht wie er weiter sprechen sollte. Er suchte sich die Wörter an und sagte dann: „Ich sollte jetzt… keine Pizza essen… weil… ich… naja… ich war krank und…“ „Ich versteh schon, ist okay, Sasuke. Entschuldige. Ich besorg nur schnell was zu Essen für Itachi und dann gucken wir einfach, was ihr da habt, was nicht schlecht für deinen Magen ist.“ Sasuke lehnte sich auf der Rückbank etwas zurück. Er hatte jetzt weniger Angst vor Kakashi und Iruka. Zwar kein Vertrauen, das baute er nicht so schnell auf, wenn er es überhaupt noch aufbauen konnte, aber sie hatten im bewiesen, dass sie ihm nicht weh tu würden. Und solange er unter Itachis Schutz stand, glaubte er das. Kakashi kam mit zwei Pizzakartons zurück, gab die Iruka rüber und setzte sich dann hin. Sie fuhren nach Hause, wo Kakashi sich an der Haustür an Sasuke wandte. „Na, schließ schon auf.“ Sasuke holte den Schlüssel, den Itachi ihm gegeben hatte aus seiner Hosentasche und wollte ihn Kakashi reichen, der jedoch den Kopf schüttelte. „Du wohnst hier.“ „Ja“, murmelte der Jugendliche, wusste im Grunde doch, dass es nicht sein Zuhause war, dass er es nur der Nettigkeit Itachi Uchihas zu verdanken hatte, dass er jetzt nicht die Nacht draußen verbringen musste. Er schloss auf, ging gefolgt von den beiden Männern das Treppenhaus hinauf und schloss auch dort auf, ehe er den Schlüssel beiseite hängte. Itachi war schon daheim. Er saß auf dem Sofa und schaute fern, als die drei in die Wohnung kamen. Er begrüßte sie, fragte nach dem Film, freute sich, dass sogar Sasuke ein bisschen erzählte, von einer Szene, die er gut fand. Dann aßen sie, Iruka und Itachi Pizza, Kakashi hatte für sich und Sasuke Suppe gemacht, klaute aber ein Stück von seinem Lebensgefährten. Sie saßen noch eine Weile zusammen, bevor Kakashi und Iruka sich verabschiedeten. Morgen war Schule, sie hatten früh dort zu sein, um sich mit den Schülern rumzuschlagen und dann waren Itachi und Sasuke allein. Der Ältere machte dem Jungen noch einen Tee und dann entschieden sie, schlafen zu gehen. Als Itachi Sasuke so da liegen sah, in die Decke gehüllt, warm und ruhig, wusste Itachi, dass er heute Nacht sicher sein würde und in vielen Nächten darauf. to be continued by Jessa_ Kapitel 21: The Ocean --------------------- Hallo, ihr Lieben. Danke noch mal für eure netten Kommentare. Ich hoffe die Kapitel kommen jetzt wieder regelmäßiger. Ich gebe mir jedenfalls die größtmögliche Mühe. Wenn ihr Verbesserungsvorschläge oder Wünsche für den Weiteren Verlauf habt, nur raus damit. Liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen. Jessi ;) Kapitel 21: The Ocean And I felt like a star I felt the world could go far If they listened to what I said. Am Morgen von Itachis erstem Arbeitstag nach seinem kurzen Urlaub, stand er früh auf. Er wollte duschen und was zum Essen für ihn und Sasuke machen, bevor er den Jüngeren weckten würde. Das tat er auch: Suchte sich Klamotten zusammen, stieg unter die Dusche, genoss das warme Wasser, blieb etwas länger darunter stehen, entspannte dabei seine von der Nacht verspannten Muskeln, trat dann hinaus, trocknete sich, band sich ein Handtuch um die Hüfte, föhnte die Haare, putzte die Zähne und zog sich dann an. Er ging in die Küche, kochte Kaffee, fühlte sich für einen kurzen Moment so, als hätte sich in den letzten Tagen nichts verändert. Ganz so – nur für einen winzigen Moment – als sei er alleine hier und würde ganz normal, wie alle Montage seit einigen Jahren zur Arbeit fahren. Aber dann holte er Brot aus dem Schrank, schnitt ein paar Scheiben ab, stellte sie auf den Teller, Aufschnitt dazu und Nutella, zwei Tassen, zwei Brettchen und zwei Schmiermesser, wodurch ihm klar wurde, dass eben nicht alles unverändert geblieben war. Sasuke war nun bei ihm. Schon ein paar Tage lang. Itachi goss noch Kaffee in seine Tasse, zuckerte ein wenig, machte Sasuke dann einen Tee und ging ins Wohnzimmer, um den Jungen aufzuwecken. Sasuke lag in die Decken gekuschelt, seitlich, auf dem Sofa. Noch immer stand sein Mund ein wenig offen, er hatte wohl immer noch leichten Schnupfen. Aber ansonsten schien es ihm gut zu gehen. Er schlief ruhig und sah nicht mehr fiebrig aus. Itachi bückte sich ein wenig herunter und rüttelte leicht an Sasukes Schulter, wobei es ihm ein wenig Leid tat, den Jungen so früh wecken zu müssen. Eigentlich sollte er ausschlafen können, sich erholen. Sasuke öffnete zögerlich die Augen und schaute Itachi müde an. „Entschuldige, aber du musst aufstehen. Wir müssen in einer Stunde los.“ Der Jugendliche nickte und rieb sich kurz den Schlaf aus den Augen, ehe er sich aufsetzte und langsam aufstand. „Möchtest du erst duschen oder frühstücken?“ „Ich…“, murmelte Sasuke und wusste nicht, was er antworten sollte. Würde irgendwas davon Itachi besser gefallen? Er wusste es nicht. Er merkte nur, dass er af die Toilette musste und glaubte durch eine Dusche wacher zu werden. „Darf ich zuerst duschen?“, fragte er zögerlich, gab Itachi damit immer noch die Möglichkeit, ihm etwas anderes vorzuschreiben, aber das tat der Ältere natürlich nicht. „Klar“, sagte der nur, ließ Sasuke vorbei, folgte ihm ins Badezimmer, gab ihm ein frisches Handtuch und zeigte ihm noch mal, wo ein paar Dinge standen. Sasuke hatte in der Zeit bei ihm immer nur unheimlich schnell geduscht und die Haare erst geföhnt, wenn Itachi es ihm erlaubte. „Du musst dir noch Wechselklamotten holen“, merkte Itachi an. Sasuke nickte und wollte sich wieder auf den Weg ins Wohnzimmer machen, um Kleidung zu holen. Er holte seine löchrige Jeans heraus und das seiner T-Shirt, dass er – seit Itachi für ihn gewaschen hatte – nur einmal angehabt hatte. Bevor er jedoch nach den Socken greifen konnte, die nicht so sehr rochen, hörte er Itachis Stimme von der Wohnzimmertür aus. „Du kannst die neuen Sachen anziehen“, schlug dieser vor. Sasuke biss sich auf die Lippen. „Die waren teuer“, sagte er leise, war aber nicht mehr ganz so standfest, wie am Tag, als sie die gekauft hatten. Frische Socken, ein frisches T-Shirt. Das wäre schön, würde sich bestimmt gut anfühlen. Genauso wie eine Jeans ohne Löcher, sodass nicht immer der Wind an seine dürren Beine gelangen konnte. Als er dann an den dicken Pullover und die Winterjacke denken musste, war ihm fast dabei nachzugeben, aber er konnte es nicht. Itachi hatte fast 300 Euro für die Sachen ausgegeben. Immer noch auf dem Boden hockend, fing er wieder an, an seinen Nägeln zu knabbern. Er spürte Itachis Körperwärme neben sich und eine seiner großen Hände um sein Gelenk, das seine eigene Hand vom Mund wegzog. Itachi besah sich die Finger, woraufhin Sasuke ihn den Kopf schütteln ließ. „Du solltest das Knabbern aufhören. Du blutest ja fast.“ „Tut mir Leid“, murmelte Sasuke und wandte den Blick ab. Das war ihm peinlich. Er konnte nicht wirklich etwas dafür, dass er Fingernägel kaute, wenn er nervös war. Es war irgendwann einfach so gekommen. Sofort bereute Itachi das gesagt zu haben. Schon wieder blickte der Junge so unsicher und schuldbewusst fort. Das war nicht das, was Itachi erreichen wollte. Er wollte Sasuke zufrieden sehen, sicher und zufrieden. Ein letztes Mal, entschied Itachi dann im Stillen, würde er Sasuke etwas aufzwingen. So wie er ihm damals das erste Frühstück aufgezwungen hatte und die zehn Euro samt seiner Adresse auf der Straße. Itachi erhob sich, ging in sein Schlafzimmer und holte dort einen großen Teil der neuen Kleidung für Sasuke, die er ihm dann im Wohnzimmer – mit den Worten: „Geh dich duschen und vergiss dieses Mal das föhnen nicht.“ – in die Hände drückte. Er wusste das Sasuke ihm in solchen Situationen, dann wenn er wirklich etwas anordnete, nicht widersprach. Und das tat Sasuke auch dieses Mal nicht. Er ging mit der neuen Kleidung in Badezimmer, legte die dort sorgfältig ab und stieg in die Dusche. Wie immer benutzte er nur kaltes Wasser und Seife, anstatt dem Warmen und Itachis teuren Pflegeprodukten, die er ihm angeboten hatte zu benutzten. Ob der Ältere wohl merkte, dass er es nicht tat? Das Wasser ausstellend und leicht schlotternd fuhr sich Sasuke mit nasskalten Händen durch das ebenfalls feuchte Gesicht und durch die tropfenden Haare. Durch die heiße Luft des Föhns würde ihm gleich schon wieder warm sein. Alles war in Ordnung. Nur dass die Schuld und das Wissen, Itachi selbst diese kalte Dusche niemals zurückzahlen zu können, geschweige denn die teueren Klamotten, von innen heraus auffraß. Ihm war wieder, als müsste er fast heulen. Er stieg aus der Dusche, war nicht mal zehn Minuten dort drin gewesen, und band sich ein Handtuch um die schmalen Hüften, ehe er den Föhn einstöpselte und sich eilig die Haare trocknete. Dabei dachte er an den gestrigen Tag im Kino. Auf der Hinfahrt war er so unsicher gewesen, hatte nicht von selbst aus ein Wort an die beiden Älteren gerichtet und erst als Kakashi ihn was gefragt hatte, hatte er die erste zögerliche Antwort gegeben. Im Kino selbst hatten Kakashi und Iruka verlangt, dass er sich etwas zu trinken und Popcorn nahm. Sie sagten, das gehöre dazu und hatten sich selber was geholt. Manchmal hatte es ihn während des Films irritiert, dass Iruka und Kakashi Händchen hielten und dass sie es auch noch im Hellen taten, als sie den Saal mit ihm im Schlepptau verließen. Aber warum auch nicht. Sie waren ein Paar. Sie liebten sich aufrichtig, auch wenn Sasuke von eigenen Erfahrungen her wusste, dass einer beim schwulen Sex Schmerzen hatte. Anders kannte er es nicht und er konnte sich nicht vorstellen, dass es anders ging. Vielleicht war er deswegen irritiert. Wie konnte man einen Menschen lieben, der einem Schmerz zufügte? Die Gedanken verdrängend, schaltete er den Föhn aus, schlüpfte in die dunklen Boxershorts, in die frischen Socken, in die neue Jeans und besah sich dann das T-Shirt. Es war grau mit einem Print von einer Straße und geschnörkelten Buchstaben. Es war ein schönes Shirt. Sasuke wusste, dass es teuer gewesen war. Dennoch zog er es an; um Itachi nicht zu verärgern und dann gleich darüber den Pullover, der an sich schon viel dicker war, als sein eigener. Als Sasuke mit den frischen Klamotten in die Küche kam, traute er sich nicht, Itachi in die Augen zu schauen. Er setzte sich mit gesenkten Blick an den Küchentisch, hatte wieder das Verlangen an seinen Fingernägeln zu knabbern, stoppte sich aber selbst, weil er wusste, dass Itachi das gar nicht leiden konnte. „Du kannst dir gleich noch schnell was zum lesen aussuchen, damit dir bei Shizune nicht zu langweilig wird“, bot Itachi an, woraufhin Sasuke zögerlich aufblickte. Er beobachtete Itachi nur kurz dabei, wie er sein Brot mit Nutella bestrich. Er hatte schon ein wenig Hunger, aber er wollte immer noch nicht unhöflich wirken. Jetzt trug er schon die teure Kleidung, war wieder duschen gewesen und belästigte später auch noch Itachis Bekannte, so wie er wahrscheinlich gestern irgendwie auch Kakashi und Iruka belästigt hatte. „Wir müssen uns ein wenig beeilen“, hörte er Itachis Stimme und blickte auf dessen Hand, die auf den Brotkorb wies. „Du solltest was essen.“ „Danke“, murmelte der Jugendliche und griff nach einer Scheibe Brot, die er sich mit etwas Käse belegen wollte, da er immer noch glaube, der sei am Billigsten, doch bevor er nach dem Milchprodukt greifen konnte, hielt Itachi ihm das Nutellaglas hin. „Du musst nicht immer Käse essen, es sei denn du hast Lust drauf“, sagte der Student, dem aufgefallen war, dass Sasuke nie nach etwas anderem griff. Wieder hörte er einen unsicheren Dank des Jungen, ehe dieser sein Schiermesser ins Nutellaglas gleiten lies und sein Brot dann beschmierte. Sasuke wusste nicht mehr, wie lange er schon keinen Nutella mehr gegessen hatte oder Schokolade an sich – Kakao ausgenommen. Es schmeckte einfach großartig, auch wenn er zwischenzeitlich auf der Straße geglaubt hatte, er würde keine Süßigkeiten mögen. Vielleicht um sich selbst zu trösten wenn er Kinder und Jugendliche in seinem Alter mit Schokoladeneisbällchen im Sommer oder mit Donuts gesehen hatte. Als er das Brot aufhatte, würde er sich am liebsten noch eines schmieren, aber das ließ er bleiben, auch um seinen Magen nicht wieder zu überstrapazieren. Es war gut im Moment keine Schmerzen zu haben und er war auch überaus froh, dass in den ganzen letzten Tagen, sein Anus nicht mehr wehgetan hatte. Vielleicht waren auch die Wunden da endlich verheilt. Nachdem Sasuke sich zwei Bücher ausgesucht hatte und diese nun in der Hand hielt, trat er in den Flur, wo Sasuke ihm die neue Jacke und den neuen, dickeren Schal entgegen hielt. Zögerlich, ohne ein Widerwort, weil er glaubte, Itachi würde das nicht besonders mögen, schlüpfte er in die Winterjacke und band sich den Schal um, ehe er, auf Itachi Anweisung hin, auch die neuen Chucks anzog. Es fühlte sich, obwohl er immer noch daran denken musste, für wie viel Geld Stoff an seiner Haut war, ganz gut, da er Shizune Shoten in wenigen Minuten nicht mit dreckigen, abgenutzten Kleidern entgegen treten musste. Auch wenn ihn das vielleicht nicht wertvoller machte, es ließ ihn wenigstens so scheinen. ~~ Im Auto lief wieder Musik und als sie auf einem Parkplatz hielten, sagte Itachi, wahrscheinlich damit er sich nicht all zu schlecht bei Shizune Shoten fühlen würde: „Sie hat eine eigene Wohnung im Haus ihrer Eltern, mit eigener Zugangstreppe und allen drum und dran und sie ist wirklich nett, Sasuke.“ Er stieg aus, bedeutete Sasuke es ihm gleich zu tun und ging die kleine Treppe hinauf um an der oberen Klingel zu läuten, ehe ihnen von Shizune geöffnet wurde. Sasuke stellte fest, dass sie ganz einfach aussah. Ungeschminkt, die Haare zu einem einfachen Zopf, in einer Jogginghose, dicken Wollsocken und einem sehr weiten Pullover. „Hi, Itachi. Hallo, Sasuke“, hörte er ihr freundliche Stimme und gab ein leises: „Hallo“, zurück. Sie bat beide herein, doch Itachi winkte ab. „Ich muss los, bin ein bisschen spät dran. Gegen fünf heute Abend bin ich dann wieder hier.“ „Gut. Ich koch dann was, in Ordnung? Wir können dann ja zusammen essen“, schlug sie vor. Er grinste und nickte. „Mach das, bis heute Abend ihr zwei.“ „Byebye, Itachi.“ „Tschüß“, traute auch Sasuke sich zu sagen, ehe die Tür wieder zu ging und er alleine mit Shizune in dem großen Flur stand. Shizune lächelte Sasuke zu und sagte freundlich: „Du kannst ruhig die Schuhe und die Jacke ausziehen.“ Sie zeigte auf einen Henkel an der Wand und dann auf seine Jacke. „Da kannst du die hinhängen.“ Als Sasuke das getan hatte, die Schuhe ordentlich neben die kleine Kommode gestellt hatte und seinen Schal dann zu der Jacke gehangen hatte, folgte er Shizune – mit den Büchern in der Hand – ins Wohnzimmer, wo sie ihm anbot sich hinzusetzten. „Naja, ich weiß ja nicht, was Fünfzehnjährige heutzutage machen, ich bin sowieso so europafremd im Moment. Es ist echt krass hier herzukommen, in einem richtigen Haus zu wohnen, nachdem ich manchmal wochenlang in alten Holzhütten oder unter freiem Himmel geschlafen hab, aber Afrika ist echt großartig. Wenn du willst kann ich dir später Fotos zeigen oder du kannst mit der Playstation meines großen Bruders spielen. Der hat die gestern noch aus dem Keller hervorgekramt, da ich ihm in den Ohren gehangen habe, dir würde nachher noch langweilig bei mir werden. Na, wie auch immer. Möchtest du? Ich bin dann solange noch den Rest an Klamotten einräumen, also…“ „Ich… Ich hab Bücher mit“, sagte er und sie nickte ein wenig schneller, als er es von anderen gewohnt war. „Okay, entschuldige meinen Redeschwall. Manchmal kommt das einfach so. Na, dann les einfach und wenn was ist, ich bin für einige Zeit da drin.“ Sie zeigte auf eine Tür, die wohl ins Schlafzimmer führte und verschwand dann in den Raum. Nun saß er hier alleine in dem fremden Wohnzimmer, mit den beiden Büchern auf dem Schoß. Er fühlte sich unsicher, unsicherere noch als zu Beginn bei Itachi, obwohl der eindeutig die wohlhabendere Wohnung besaß. Aber darauf kam es sich ja eigentlich nicht an. Sasuke schlug eines der beiden Bücher auf. Anstatt einer Widmung, wie in dem ersten Buch, das er bei Itachi gelesen hatte, fing die Geschichte mit einigen kursiv geschriebenen Sätzen an. In der Welt der Menschen geschah, was geschehen musste, weil die Menschen so waren, wie sie immer schon waren. Die Gemeinschaft der Kleinen Leute ist anders. Denn diese kleinen Menschen, die Kleinen Klone, sind anders. Anders als die großen Menschen waren. Sie sind kleinwüchsige, großköpfige Geschöpfe ohne Geschlecht. Mit acht Jahren sind sie ausgewachsen und dann werden sie alt – sehr alt. Hass und Angst, Aufregung und Verzweiflung sind ihnen fremd. Sie scheinen intelligent, rational und vernünftig. Zeitgemäß gesagt: cool – so cool, wie die großen Menschen es immer wollten. Sasuke fand es sofort interessant, fand es gut – glaubte er – wie diese kleinen Menschen waren. Auf jeden Fall hatten sie ohne Geschlecht, ohne Hass und Angst, ohne Aufregung und Verzweiflung weniger Schmerzen, als er es mit alle dem hatte. Manchmal, a manchmal, da waren Gefühle etwas schlechtes, glaubte er, auch wenn sie einen irgendwie am Leben hielten. Als er den kleinen Text ein zweites Mal las, fühlte er sich an seinen Vater erinnert, der für ihn immer etwas Besonderes gewesen war. Der ihm Bücher vorgelesen hatte, als er selbst noch nicht im Stande dazu gewesen war, aus den aneinander gereihten Buchstaben sinnvolle Worte zu erkennen. Er hatte ihm das Buch der kleinen Prinz vorgelesen und das mit den großen Menschen erinnerte ihn irgendwie daran. Es war eine schöne Erinnerung, auch wenn er seinen Vater vermisste. Sasuke schlug das Buch zu und blickte sich sitzend ein wenig im Raum um. Ein ganz normales Wohnzimmer, mit etwas weniger normalen Dekorationen, wahrscheinlich welchen aus Afrika. Er schaute auf den Couchtisch und sah dort ein aufgeschlagenes großes Buch. Auf den einer der zwei ehemals weißen Seiten war ein Bild von Shizune Shoten und Itachi zu sehen. Er hielt einen Arm um ihre Hüfte, in einer freundschaftlichen Geste. Beide grinsten in die Kamera. Dort schaute Itachi noch ein wenig jünger aus, aber nicht mehr als ein oder zwei Jahre. Darunter die Namen der beiden in einer feinsäuberlichen Schrift und in derselben dann daneben in schön groß: Jeder Mensch sollte einmal im Leben auf einem Konzert gewesen sein. Die Menge, die Einheit, gespürt haben. Jeder Mensch sollte einmal im Leben auf einem Boot gewesen sein, das seichte Treiben auf dem Wasser und die Freiheit des Ozeans gespürt haben. Jeder Mensch sollte einmal im Leben ein großartiges Essen gegessen haben und mit allen Sinnen gespürt haben, wie sehr der Koch es liebte zu kochen. „Das Buch haben sie mir geschenkt, als ich nach Afrika gefahren bin letztes Jahr“, hörte er Shizunes Stimme. Er hatte gar nicht gemerkt, dass sie sich neben ihn gesetzt hatte, so vertieft hatte er auf die Seiten geschaut. Bevor er sich entschuldigen konnte, blätterte sie zurück auf die erste Doppelseite und zeigte auf ein Foto, auf dem sie, Itachi, Kakashi, Iruka und dieser Typ von der Fleischtheke damals abgebildet waren. Unten drunter stand sein Name neben dem der vier anderen. Hidan, genauso hatte der Typ geheißen. „Sie kennen Kakashi und Iruka auch?“, traute Sasuke sich zu fragen und schaute wieder auf das Bild und den Text daneben, der dieses Mal mit einer anderen Schrift geschrieben wurden war. Sieh die Sonne, wenn sie leuchtet und den Mond, wenn er dir die Nacht erhält. Traue den Sternen selbst dann, wenn dir jeder Mensch erzählt, sie würden lügen. Denn durch winzige Meteoren am Nachthimmel, Mond und Sterne und Sonne am Tag, siehst du uns selbst am anderen Ende der Welt noch aufrecht stehen. „Ja“, hörte er dann Shizune Shotens Stimme. „Ich war mit Itachi und Hidan zusammen in der Oberstufe. Da war Kakashi gerade der neue Lehrer an unserer Schule. Wir haben uns direkt mit ihm angefreundet, vor allem Itachi und dann haben wir uns mal mit ihm und seinem Freund getroffen. Seitdem waren die vier Jungs, meine Eltern, mein Bruder und seine Verlobte das Wichtigste in meinem Leben, bis ich entschied nach Afrika zu gehen. Das ändert einen Menschen, weißt du?“ Sie blätterte das Album weiter. Er sah Fotos von Shizune, ihren Freunde, ihrer Familie, sie erzählte immer was. Er durfte die geschrieben Texte lesen, fand die von Itachi besonders schön. Mittlerweile erkannte er sie nicht mehr nur am Bild daneben, das immer ihn mit ablichtete, sondern auch an seiner schönen Schrift. „Weißt du, Sasuke. Itachi ist ein ganz besonderer Mensch“, sagte Shizune dann irgendwann, so viel ruhiger, als sie die Minuten davor gesprochen hatte. „Er hält sich selber für ein Arschloch, für einen nicht besonders guten Menschen aber an dir… an dir beweißt er, wie großartig er ist und er beweißt, was ich schon immer gewusst habe.“ Sie sah Sasukes fragenden Blick und lächelte, sagte aber nichts, wollte die Gefühle des Kindes nicht verletzten, aber an Sasuke sah sie, dass Itachi Uchiha – der einst ihr Freund gewesen war und von dem sie sich für einen kurzen Moment nach Sasukes Untersuchung gewünscht hatte, er würde es wieder sein – Menschenleben retten konnte, mehr als sie es je können würde, obwohl sie die angehende Ärztin von ihnen beiden war. to be continued by Jessa_ Kapitel 22: Where the streets have no name ------------------------------------------ Kapitel 22: Where the streets have no name We're beaten and blown by the wind Trampled in dust. Shizune legte großen Wert auf gesundes Essen. Sie war Ärztin, natürlich tat sie das. Und sie liebte Reis. Seit sie aus Afrika heim gekommen war, liebte sie Reis noch viel mehr. Doch Reis mit Curry, das war das Großartigste, hatte sie Sasuke gesagt, als sie angefangen hatte zu kochen. Reis mit Curry, kam natürlich nicht aus Afrika, hatte sie dann noch erklärt, aber sie liebte es. Es schmeckte wirklich großartig, das musste Sasuke im Stillen zugeben, als er mit ihr und Itachi am runden Esstisch im Wohnzimmer saß. Itachi war erst vor einer guten Viertel Stunde gekommen und fast sofort hatten sie mit dem Essen angefangen, damit es nicht kalt wurde. Sasuke blickte rüber zu Itachi, der gerade einen Schluck Wein aus einem großen Glas trank. Der Jugendliche war froh, dass der Student wieder da war, denn auch wenn er vor Shizune keine Angst hatte, fühlte er sich in ihrer Wohnung nicht besonders wohl. Sie war nett gewesen, unheimlich nett, keine Frage, aber sie war eine Fremde und Sasuke fühlte sich grundsätzlich unsicher bei Fremden. Im Grunde war Itachi für ihn auch noch ein Fremder, aber… irgendwie war er das auch nicht. Seit er da war fühlte Sasuke, dass ein bisschen seiner Anspannung abgeflaut war. Sasuke hörte, wie Shizunes ihm mittlerweile bekannte Stimme im Raum hallte, als sie Itachi von ihrer Afrikareise erzählte. Auch wenn Sasuke fast die ganze Zeit, nachdem sie das Bilderalbum durchgeschaut hatten, in seinem Buch gelesen hatte, hatte sie ihn immer wieder angesprochen. Gefragt, ob er was trinken wolle, ob es ihm gut ginge, ob ihm auch nicht langweilig sei. Sie hatte sich gekümmert, ja das hatte sie und dennoch hatte Sasuke keine besondere Lust morgen wieder herzukommen. Natürlich, alles war besser als die Straße, aber er fühlte sich hier einfach noch so unwohl, unwohler als bei Itachi, obwohl dieser eine viel wohlhabendere ausgestattete Wohnung hatte. Ruhig nahm Sasuke noch einen Löffel von dem Curry. Dieses Mal hatte er nicht gezögert zu essen. Er würde Itachi nicht vor Shizune blamieren. Er würde höflich sein, essen und sich dann bedanken. Er hoffte jedenfalls, dass es so richtig war. Dass es Itachi so gefiel. Doch anscheinend achtete er gar nicht auf ihn. Schien im Gespräch mit Shizune genauso vertieft zu sein, wie sie es war. Beide sahen unheimlich zufrieden aus. Sasuke ließ den Löffel auf den Teller sinken und senkte seinen Blick. Was machte er eigentlich hier? Beide, Shizune und Itachi, schienen mit der Situation der gefühlten Zweisamkeit zufrieden, glücklich, zu sein. So zufrieden, dass sie ihn ausblenden konnten. Er störte hier nur, stellte er fest, fragte sich zum ersten Mal, wer Shizune eigentlich war. War sie eine Freundin Itachis oder war sie seine Freundin. Er wusste es nicht. Wusste aber, dass man nicht zusammen leben musste, um zusammen zu sein. Gott! Wenn sie wirklich ein Paar waren und sie jetzt wieder aus Afrika zurück war, würde sie vielleicht auf öfter bei Itachi sein, logisch! Und da würde er stören. Vor allem wenn sie intim sein wollten oder einfach… einfach so. Sasuke biss sich kurz auf die Lippe und entschied, den beiden ein wenig Zeit für sich zu geben und sich selbst etwas frische Luft zu gönnen, die er nun dringend brauchte. „Ich…“, erhob Sasuke kurz seine Stimme und stand auf. „Darf ich… ein wenig raus?“ Er hoffte, dass Itachi antworten würde, ihn kurz wahrnehmen und er hoffte, dass er ihn lassen würde. Und er ließ ihn. „Ja. Nicht zu weit weg und nicht zu lang.“ „In Ordnung“, murmelte Sasuke leise, ging in den Flur und zog sich die Schuhe und die dicke Jacke an. Itachi hatte ihn gelassen, Sasuke hatte ihn gehört, aber was er nicht wahrgenommen hatte, war der Blick mit dem Itachi ihn zuvor bedacht hatte. Die Sorge in den Augen und die Zweifel ob er zustimmen sollte. Und auch nicht gesehen hatte er Shizune hauchzarte Berührung an Itachis Hand und ihr nicken, auf das Itachi es ihm erst erlaubt hatte, hinaus zu gehen. Ansonsten hätte er es, aus riesiger Sorge, verboten. ~~ Shizune sah Itachis Blick, mit dem er Sasuke folgte genau. Sie fragte sich in dem Moment, ob sein Blick ihr irgendwann mal so gefolgt war und sie glaubte ziemlich sicher zu wissen, dass es nie so gewesen war. Selbst dann nicht, als sie durch die Gates gegangen war und Itachi wusste, dass sie sich für ein ganzes Jahr nicht sehen würde. Irgendwie war sie schon ein wenig eifersüchtig, auch wenn sie das gar nicht sein wollte. Auch wenn das vollkommen falsch war auf diesen Jungen eifersüchtig zu sein. Denn im Grunde… im Grunde war Sasuke… „Er ist hilflos“, sprach sie ihre Gedanken laut aus. Ja und er war aus Hilflosigkeit bei Itachi. Das war es was zwischen den beiden war. Nichts anderes. Nicht mal Freundschaft. Und das war zwischen ihnen. Zwischen ihr und Itachi. Ja, wollte Itachi zuerst sagen, doch dann schüttelte er den Kopf. Er glaubte es besser zu wissen. „Er ist nicht hilflos. Er hat auf der Straße überlebt. Er ist zäh, aber er ist…“ Itachi schaute zur Seite, trank einen Schluck Wein und entschied, dass das Wort verstört zu hart war, aber er kein anderes fand, weswegen er es doch sagte: „Er ist verstört.“ Itachi sah, dass Shizune nickte und ebenfalls einen Schluck Wein trank, bevor sie zustimmte. „Ja“, murmelte sie dann, vielleicht ist er das wirklich. Ich frage mich nur warum… Klar, er lebt auf der Straße, aber er muss einen Ort haben an den er hin kann. Und solange er nicht nach Hause flüchtet, kann es ihm doch nicht all zu schlecht gehen.“ „Shizune… manchmal“, Itachi suchte die richtigen Worte. „Manchmal kann man eben nicht dort hin, wo man zu Hause ist. Ich glaube, ich weiß, warum er es nicht kann. Ich glaube, man hat ihm sehr wehgetan, da wo er her kommt.“ Shizune wurde zögerlicher. Mit beiden Händen hielt sich das Weinglas, als sie fragte: „Wie… wie glaubst du haben sie ihm… weh getan? Und wer?“ „Seine Eltern vielleicht, ich weiß es nicht. Ich weiß nicht genau, was sie ihm angetan haben, aber es muss schlimm gewesen sein. Er braucht meine Hilfe.“ „Ja, aber wie willst du ihm helfen, dass er anders wird?“ Sie griff hinüber und nahm Itachis Hand. „Aufgeschlossener“, setzte sie an. „Ich weiß es nicht. Wirklich nicht“, gab Itachi zu. Stille trat ein. Eine drückende Stille, die Itachi nicht besonders mochte und deren Shizune dann nach einigen langen Momenten Herr wurde. „Du musst ihn zur Schule schicken oder… du kaufst ihm ein Haustier!“, sagte sie begeistert aus. „Du könntest ihm ein Zimmer einrichten.“ „Er ist nicht mein Kind“, brummte Itachi, zum ersten Mal etwas ausschlagend, was Verbesserung für Sasuke bedeuten könnte. „Und ich weiß nicht mal, wie lange er bleiben wird.“ „Dann kauf ihm einen Hund, denn kann er nachher mitnehmen.“ Shizune verlor nicht die Überzeugung ihrer Vorschläge. „Nein“, sagte Itachi schlicht und schaute aus dem Fenster. Das war absoluter Bullshit, was Shizune erzählte. Wie sollte er Sasuke zur Schule schicken, wenn er nicht mal einen Personalausweis mit sich trug, geschweige denn dessen Hinternamen wusste oder sonst welche Unterlagen hatte, um ihn an einer Schule anzumelden? Wie sollte er dem Jungen ein Zimmer machen, wenn er nicht mal eines frei hatte? Und ein Haustier? Idiotisch! Was für ein Quatsch! „Dann such doch seine Familie und reden mit ihnen, damit er wieder heim kann oder… such ein Jugendheim für ihn oder sonst was, einfach damit der von der Straße weg ist.“ „Als ob ich nicht selbst drüber nachgedacht hätte“, fuhr er ärgerlich aus, stand abrupt auf und löste dann seine Hand aus Shizunes. Wie sollte er Sasukes Familie denn finden, wenn er nicht mal dessen Nachnamen kannte? Und was, wenn sie Sasuke wirklich das angetan hatten, was er glaubte, sie hatten es? Und ihn in ein Heim stecken. Er wusste nicht mal ob Sasuke das wollte. Ob er es an seiner Stelle wollen würde. Dann, urplötzlich, fragte er sich, wie er sich fühlen würde, wenn er an Sasukes Stelle wäre. Er konnte es sich nicht vorstellen. Konnte einfach nicht und deswegen wurde er wütend. „Wie soll ich das machen, hä?!“, schrie er Shizune an. Schrie sie so an, wie er diesen guten Menschen immer angeschrieen hatte, als sie noch zusammen gewesen waren. Gott, und dann, als er ihre Augen sah, wurde er traurig und spürte die Reue tief in sich drinnen. Sie konnte nichts für Sasukes Leiden, sie wollte nur helfen, deswegen ging er auf sie zu und schloss sie in seine starken Arme. Mit Worten hatte er sich bei ihr noch nie entschuldigen können, er würde es wahrscheinlich nie können, aber sie hatte seine stummen Entschuldigungen schon immer verstanden. ~~ Sasuke stand einige Zeit vor der Haustür. Es schneite nur noch ein bisschen, kaum merkbare Flocken, aber ihm war ausnahmsweise mal nicht kalt. Die dicke Jacke wärmte ihn gut und die im Gegensatz zu seinen Alten nicht kaputten Schuhe, ließen die Nässe des liegenden Schnees nicht bis zu seinen Socken durchdringen. Er entschied ein paar Schritte zu gehen und ganz plötzlich, obwohl er die warmen Sachen trug und in einer ganz anderen Gegend war als sonst – die hier wäre viel zu verlassen um hier zu betteln, nur ein paar Kneipen, ein paar Familienhäuser und schon geschlossene kleine Läden – fühlte es sich wieder so an, als müsse er sich einen Platz zum Schlafen für die Nacht draußen suchen. Er wusste natürlich, dass es nicht so war und dass er schon bald zurück konnte, zu Shizune und dann mit Itachi zu dessen Wohnung, wo er schlafen konnte, noch bis Weihnachte. Noch über zwei Wochen. Das war schön. Ein paar Straßen von Shizunes Elternhaus entfernt, gegenüber einer Kneipe, setzte er sich dann auf eine Mauer. Es hatte aufgehört zu schneien, seine Fußspuren sah er noch genau, sie waren die Einzigen auf dieser Straße. Wie einsam es hier war. Irgendwie schön. Friedlich. Er blickte zur Seite. Dort war eine Gasse zwischen zwei Hauswänden. Ein alter Zigarettenautomat, Mülleimer und doch nicht so gepflegt wie der Rest der Straßen, die er zuvor passiert hatte, so als würde sich keiner darum kümmern. Als fühlte sich keiner dafür verantwortlich und er wusste, wie die Gasse sich fühlen müsste, wenn sie Gefühle gehabt hätte. Aber es war eine Gasse. Etwas lebloses, was von den Menschen einen Namen bekommen hatte und es konnte nicht fühlen. Sasuke wandte seinen Blick ab, schaute in das Licht der Straßenlaterne und auf den hellen Punkt den es im Schnee hinterließ. Itachi war für wenige Wochen der helle Punkt in seinem Leben und er musste daran festhalten, auch dann, wenn er wieder auf der Straße sein würde. Er glaubte, die Erinnerungen an Itachi würden ihn nach Weihnachten für einige Monate am Leben halten. Sasuke zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und putzte sich die Nase, ehe er es wieder zurück steckte und die Augen nachdenkend schloss. Noch immer wusste er nicht, was Itachi Uchiha dazu gebracht hatte, ihn auf Zeit bei sich wohnen zu lassen und dafür nicht zu verlangen. Er fand keine Antwort darauf und als er wieder die Augen öffnete und sah, was er sah, hatte er auch keine Zeit mehr darüber nachzudenken. ~~ Itachi saß neben Shizune auf dem Sofa. Es war noch nicht viel Zeit vergangen seit Sasuke fort gegangen war. Ein wenig hinaus, an die frische Luft. Doch Itachi wünschte sich schon jetzt, er wäre wieder hier. Es war keine Sehnsucht, wie man sie nach einem lange vermissten Freund spürte. Es war schlicht und ergreifend das Wissen, dass Sasuke die Straße nicht gut tat. Itachi griff nach dem Weinglas – erst das Zweite des Abends – und trank einen Schluck, während er Shizunes Erzählungen aus Afrika lauschte. Sie mochte den Moment der Zweisamkeit, freute sich, dass Itachi ihr zuhörte, denn irgendwo tief drinnen liebte sie diesen Mann noch immer. Sie hat es immer getan, auch dann als Itachi mit Deidara zusammen gewesen war. Er war ein guter Kerl gewesen, ein lieber Junge, würde sie fast sagen, aber eifersüchtig war sie immer gewesen. Auch auf Sasuke war ein wenig Eifersucht da, auch wenn sie wusste, dass er nur bei Itachi lebte, weil er Hilfe brauchte, einen Ort, an dem er es sicher und warm hatte. Es ging da nicht so sehr um Itachi, glaubte sie. Es ging um Sasukes Wohlergehen und das warf sie dem Jungen nicht vor. Nur würde sie auch gerne mit Itachi zusammen leben, denn sie mochte seine Anwesenheit, mochte es seine Präsens zu spüren, wenn er neben ihr saß. Gott, sie erinnerte sich an eine Zeit, in der sie nackt nebeneinander im Bett gelegen hatten und wie sie es genossen hatte, Itachi zu spüren. Sie errötete nicht, an ihrer Beziehung, die sie einst gehabt hatten, gab es nichts zu erröten. Sie lehnte sich schlicht an seine starke Schulter und streichelte seinen Arm. ~~ „Hübsche neue Kleidung, hast du an, Sasuke. Na, bei wem hast du dafür die Beine breit gemacht?“, fragte die Stimme, die Sasuke schon immer, seit er sie kannte, Angst eingejagt hatte. Mit Schockgeweiteten Augen starrte er die Person an, die vor ihm stand und ihn hämisch angrinste. „Na, erzähl schon. Schon zu lange musste ich darauf verzichten deine Stimme zu hören.“ Eine Hand streichelte Sasuke über die kalte, glatte Wange, der Mann kam ihm immer näher. Und Sasuke hasste es. Den Geruch, das Gefühl an seiner Wange… Er musste sprechen. Er musste einfach, denn Sasuke wusste, wie sehr der Mann es hasste, wenn er nicht tat, was von ihm verlang wurde. „Für niemanden“, murmelte Sasuke leise und senkte seinen Blick. Er würde aus der Situation nicht raus kommen, dass wusste er. Warum dann kämpfen? Warum? Es brachte doch nichts. Er würde es einfach über sich ergehen lassen. Wie immer. Brav sein, dann tat es vielleicht weniger weh. Dann war der Mann nicht so wütend auf ihn. Und wenn er nicht wütend war, war er meistens ein bisschen weniger brutal. „Was hast du dann gemacht, Sasuke? Hast du ihm einen geblasen?“ Sich auf die Lippe beißend schüttelte Sasuke den Kopf, ehe er eine Hand an seinem Kinn spürte und ihn zwang auf zu schauen. „Erzähl schon. Du weißt doch, ich liebe es deine kleinen Geschichten zu hören, meine süße Schlampe.“ Panisch atmete Sasuke ein und aus, versuchte sich zu beruhigen, aber er hasste es, wenn man so mit ihm sprach. Wenn diese Person so mit ihm sprach. Wenn er ihn so nannte. Er hasste es! Aber er konnte rein gar nichts dagegen tun. „Ich musste nichts… nichts tun“, murmelte Sasuke ehrlich. Sasuke spürte wie der Mann sich neben ihm auf die Mauer sinken ließ und den Arm um seine schmalen Schultern legte. Er näherte sich mit seinem Mund Sasukes Ohr und flüsterte, während er die Hand zu Sasukes Schritt gleiten ließ: „Ist es nicht ein großartiger Zufall, dass einer meiner Jungs dich hier sitzen gesehen hat? Er hat mich natürlich gleich angerufen und ich bin so schnell gekommen wie ich konnte. Wenn du dich mir schon so auf dem Präsentierteller zeigst, muss ich natürlich für einen guten Fick herkommen.“ Er leckte über Sasukes Ohrmuschel und hauchte: „Du bist unvorsichtig geworden, Sasuke.“ Der Jugendliche zog die Nase hoch und biss sich auf die Unterlippe, als der Mann aufstand und ihn mit sich in die Gasse zog. Die Gasse, mit der Sasuke noch so viel Mitgefühl gehabt hatte, würde nun zu dem Schauplatz eines schmerzvollen Aktes werden, dass wusste Sasuke in diesem Moment und das war es, was ihm die erste, klitzekleine Träne entlockte. Sasuke wurde gegen die Hauswand gepresst, das Knie des Mannes bohrte sich schmerzhaft in seinen Schritt und es war absolut Ekel erregend die Zunge und die Hände dessen an seinem Körper zu spüren, auch wenn er noch angezogen war. Als der Mann anfing, den Reisverschluss Sasukes Jacke aufzuziehen und seine Hände dann unter Pullover und T-Shirt auf nackte Haut gleiten ließ, war Sasuke zunächst kalt. So kalt, dass er schauderte, ehe er begriff, dass der Kerl nun seine pure nackte Haut anfasste und wieder schoss ihm durch den Kopf, wie sehr er das hasste und wie hilflos er war, nichts dagegen tun zu können. Sich nicht selbst schützen zu können. Wie ein kleines Kind. Doch mit der nackten Haut am Brustkorb hielt sich Sasukes Peiniger nicht lange auf. Er öffnete zuerst seine eigene Hose, dann die Sasuke und zog sie, samt Boxershorts, hinunter, sodass sie Sasuke nun in den Kniekehlen hing. Er fror, als der kalte Wind seine emblösten Beine und den Unterkörper erreichte. „Bitte“, wisperte Sasuke und hob seine Hände ein wenig an, die zuvor schlaff herunter gehangen hatte. „Bitte, hör auf.“ „Meine kleine Schlampe“, hörte er die Stimme des Mannes, spürte seine Küsse auf der Haut am Hals, wo der Kerl zuvor den Schal gelöst hatte, der nun auf dem Boden lag. „Es ist doch viel zu schön um aufzuhören.“ Sasuke presste die Augen fest zusammen und spürte, wie die Tränen über sein Gesicht liefen. Er wollte das nicht. Er wollte nicht. Sasuke schluchzte auf und hörte wieder die Stimme seines Peinigers. „Nicht doch, wer wird denn heulen. Wir werden unseren Spaß haben, Sasuke. Wir genießen es doch beide.“ Der Mann kicherte ein wenig, was Sasuke so unheimlich wütend machte. Es gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. Er hasste es. Er hatte es schon immer getan. Sasuke legte die zuvor angehobenen Hände auf die Schultern seines Gegenübers und versuchte ihn das erste Mal in seinem Leben wegzudrücken, doch sein Peiniger griff beide Hände und zog sie über Sasukes Kopf zusammen. Er fasste sie so stark, dass Sasuke ein erstes schmerzvolles Aufkeuchen nicht unterdrücken konnte. „Du miese kleine Schlampe! Seit wann sind wir denn so aufmüpfig, hä?! Sei froh, dass ich noch so zärtlich mit dir war, aber das kannst du jetzt vergessen!“ Sasuke riss panisch seine Augen auf und starrte auf die freie hand die sich unter seinen Oberschenkel legte und anhob. "Bitte… Bitte… ich flehe dich an, lass ... lass das bitte…" Sasuke wollte seine Beine schließen, aber ihm fehlte die Kraft, ihm fehlte alles dazu und dann spürte Sasuke nur noch Schmerz. Schmerz der an seinem Gesäß begann und sich durch seinen ganzen Körper zog. Immer wieder, während des ganzen Aktes, schluchzte Sasuke, weinte und hatte irgendwann nicht mehr die Kraft die Schmerzenslaute zu unterdrücken, so weh tat es. Als der Mann mit ihm fertig war, hing Sasuke nur noch schlapp in den Armen seines Peinigers, er spürte das Blut und spürte den kalten Schnee unter seinem Körper, als der Ältere ihn auf den Boden schmiss, wie ein Stück Dreck, ein nicht mehr gebrauchtes Spielzeug. Und das letzte was Sasuke durch einen Tränenschleier sah, bevor er in die erlösende Dunkelheit der Bewusstlosigkeit oder des Schlafes driftete, war Kabutos Rücken, als dieser die Gasse verließ. ~~ Itachi und Shizune hatten sich auf die Suche nach Sasuke gemacht, als der auch nach einer Stunde nicht wieder zurückgekommen war. Schon an der Haustür sahen sie die ersten Fußspuren im Schnee. Es waren nur drei paar. Zwei Paar Stiefel in Richtung Innenstadt und die anderen in die andere Richtung. Sasukes. Zum ersten Mal war Itachi erleichtert, das Shizune hier so abgeschottet mit ihrer Familie lebte. Nicht viele Menschen waren zu der Urzeit noch auf den Straßen. In der Oberstufe hatte er das immer blöd gefunden, da nicht mal eine anständige Busverbindung hier hielt, doch jetzt war es perfekt. Itachi und Shizune gingen Sasuke Fußspuren hinterher, bis sie zunächst an einer Mauer endeten und dann wieder in eine Gasse daneben führten, in die Itachi trat. Und was er sah, schockte ihn zutiefst. In dieser Gasse, einer der Namenlosen zwischen den vielen benannten Straßen, lag Sasuke im Schnee, mit nacktem Unterkörper, offener Jacke und offene Hosen, die nur noch lose an seinen Beinen hingen. Itachi schüttelte den Kopf, öffnete den Mund und machte ihn wieder zu, ehe er flüsterte: „Das ist nicht wahr.“ Shizune blickte hilflos auf die Szene, auf Sasuke, der so schrecklich verloren dort im Schnee lag und dann spürte sie, dass sich eine Träne der Hilflosigkeit aus ihren Augenwinkeln stahl, ehe sie näher an Itachi ran trat. War es das, was Itachi meinte? Wusste er davon? Schon vorher? „Itachi“, sie wisperte seinen Namen und sah, wie er sich auf die beweglose, unheimlich blasse Gestalt zu bewegte und trat ebenfalls näher. Sie war Ärztin verdammt! Sie hatte schlimme Dinge in Afrika gesehen, dort wie die Straßen auch keine Namen hatten. HIV-Infizierte Babys, Sterbende Frauen, Schwangere AIDS-Kranke, Infektionen, verletzte Soldaten, abgetrennte Gliedmaßen, vergewaltigte Mädchen. Und doch konnte sie sich jetzt nicht rühren, denn in ihrer Heimat, in Irland, da durfte so was nicht in einer Gasse, ganz in der Nähe ihres Hauses passieren. Itachi bückte sich zu Sasuke herunter. Die vergangenen, kleinen Momente waren ihm so lang vorgekommen und sie waren die schmerzvollsten in seinem ganzen Leben. Er wollte Sasuke nicht so sehen. Er wollte ihn nicht leiden sehen. Und er wollte nicht daran denken, ob Sasuke nur bewusstlos war oder vielleicht sogar Schlimmeres. Schluckend strich er über Sasukes bleiche Wange, spürte am Hals noch den Puls und war erleichtert. Natürlich lebte Sasuke noch. Itachi zog seinen Mantel aus und als er ihn über Sasukes entblößten Körperstellen legte, fiel ihm auf, dass sich da, wo kein Blut sein dürfte – da wo er es befürchtete – der Schnee rot färbte. Itachi hockte im Schnee, neben Sasuke, hatte die Hände im Schoß vergraben, schaute in das Gesicht des Kindes und dann weinte er stumm. Er weinte. to be continued by Jess- Kapitel 23: Lean on me ---------------------- Kapitel 23: Lean on me Praying that someday the sun will shine again and the pain will end. I am here. You don't have to worry. I can see your tears. I'll be there in a hurry. „Shizune, frag deinen Bruder ob der paar Klamotten leihen kann“, sagte Itachi eilig, während er Sasuke in ihr Badezimmer trug, schnell Wasser anstellte und Sasuke dann aus dem Mantel wickelte, ehe er ihn den Anziehsachen entledigte und kurz darauf in das lauwarme Wasser legte. Mit einem Waschlappen, den er aus dem kleinen Schrank neben der Wanne gezogen hatte, wusch er Sasuke und schrubbte über dessen Oberkörper, Arme und Beine, um die Haut anzuwärmen. Itachi kämpfte erfolgreich die Wut und die Traurigkeit hinunter, als Shizune rein kam und die Kleidung auf das kleine Schränkchen legte. Ihr Bruder Dan war einige Jahre älter als sie und wohnte mit seiner Verlobten ein paar Häuser entfernt. Er hatte ihr eilig, ohne wirklich zu fragen, ein paar Sachen in die Hand gedrückt. „Wie… wie geht es ihm?“, flüsterte Shizune und hockte sich neben der Tür hin. Sie wollte nicht schamlos auf den nackten Sasuke sehen. Das war nicht richtig. Shizune sah nur, wie Itachi den Kopf schüttelte und wusste, dass er nicht Imstande war zu reden. Sie beobachte, wie Itachi den Jungen weiterhin wusch und ihn, bevor das Wasser kalt werden konnte, hinaus hob und eilig in ein großes, von Shizune gereichtes Handtuch, einwickelte. Er trocknete Sasuke vorsichtig aber gründlich und zog ihm dann zunächst die Boxershorts von Dan über, ehe er nach dem Pullover und der Jogginghose griff, die Shizune von ihrem Bruder geholt hatte. Als Sasuke in die weiten Kleider gehüllt war, hob Itachi den Jungen wieder auf seinen Arm und trug ihn zunächst ins Wohnzimmer, legte ihn auf der Couch ab und fuhr sich durch das Gesicht. „Soll ich noch mit zu dir fahren?“, hörte er Shizunes fragende Stimme, als sie ihm die Tüte mit der Schmutzwäsche von Sasuke reichte, doch Itachi schüttelte den Kopf, während er den Jungen erneut hochhob und sich in einer stillen Geste von seiner besten Freundin verabschiedete. Er ging mit Sasuke auf den Armen hinab, schloss sein Auto umständlich auf, legte Sasuke auf dem Rücksitz ab, schmiss die Tüte auf den Beifahrersitz, setzte sich selber und fuhr los. Die ganze Fahrt über konnte er nur an Sasuke denken, immer wieder blickte er nach hinten, schaute, ob Sasuke noch schlief, ob es ihm gut ging und dann, als er in seiner Garage parkte, lehnte Itachi seinen Kopf auf das Lenkrad und wollte weinen. Er hatte an diesem Abend das erste Mal seit vielen Jahren wieder geweint, er kannte dieses Gefühl gar nicht mehr, aber im Moment war ihm wieder danach, doch er musste stark sein für Sasuke und jetzt dafür sorgen, dass er in Ordnung kam. Itachi stand auf, griff zunächst nach der Tüte neben sich, ehe er Sasuke wieder auf seinen Arm trug und dann in seine Wohnung hinein, wo er ihn auf die Couch ablegte. Er hatte überlegt ihn in sein Bett zu stecken, aber nach dem was zuvor passiert war, glaubte er nicht, dass Sasuke in einem fremden Bett aufwachen wollte. Die Kleidung von Dan, die er ihm zuvor angezogen hatte, ließ er so. Er wollte den Jungen nicht schon wieder ausziehen, dem Schlafenden Körper nicht noch mehr Strapazen aussetzten. Stattdessen deckte er ihn einfach nur zu und setzte sich selber in den Sessel. Einen Blick auf die Uhr werfend, griff er nach dem Telefon. Vielleicht hatte er Glück und sein alter Herr war noch wach. Eilig wählte Itachi die Nummer seines Vaters, wartete einen Moment, biss dieser an sein Handy ging und fragte was los sei. „Entschuldige, dass ich so spät anrufe, aber ich muss morgen frei haben.“ „Du musst also?“, hörte er die Stimme seines Vaters. Itachi schloss die Augen und atmete lautstark aus. „Ja. Ich muss“, sagte er und fügte an: „Nicht nur morgen, sondern ein bisschen länger.“ „Warum, Itachi?“ „Ich hab keine Wahl“, antwortete der Student. Er blickte zu Sasuke und fuhr sich mit der freien Hand durchs Gesicht. „Ich muss mich um ein paar Dinge kümmern und…“ „Um was? Sprich Klartext, Itachi!“, unterbrach ihn sein Vater. „Du konntest mir immer die Wahrheit sagen und du solltest nicht jetzt damit aufhören. Worum geht’s? „Ich kann’s dir nicht am Telefon sagen. Hör zu, wenn ich morgen Zeit hab, komm ich schnell vorbei und erklär’s dir, aber ich brauch die freien Tage.“ „Wenn du Zeit hast“, hörte Itachi, wie sein Vater seine vorherigen Worte wiederholte. „Warum solltest du keine Zeit haben?“ Als Itachi schwieg, fügte sein alter Herr an: „Morgen, bevor ich ins Büro fahr, komme ich vorbei und wenn du dann keinen guten Grund vorweisen kannst, dir wieder frei zu nehmen, nehme ich dich höchstpersönlich mit zur Arbeit, verstanden?“ Wieder atmete Itachi lautstark aus und stimmte zu. „Tu was du nicht lassen kannst. Bis morgen.“ Und dann legte er auf, lehnte sich gegen die Rückenlehne des Sessels und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Er war hundemüde, geplättet von den Dingen die geschehen waren und elende Kopfschmerzen suchten ihn heim. Sich erhebend ging er zunächst schnell ins Badezimmer, griff nach Tabletten und schluckte diese dann mit etwas Wasser hinunter. Hoffentlich würden die Schmerzen davon weggehen. Er schlürfte in sein Schlafzimmer, zog sich aus, griff nach einer Jogginghose und einem Shirt, zog es über, band seine langen, schwarzen Haare neu zusammen, machte sich in der Küche eine große Kanne Kaffe, die er samt Zucker und einer Tasse mit ins Wohnzimmer nahm, wo er sich die erste einschenkte. Er musste wach bleiben. Mindestens so lange, bis Sasuke erwachen würde. Er musste doch für den Jungen da sein, egal wie er sich selber fühlte. Denn sein Leiden, die paar Kopfschmerzen und die Müdigkeit konnten nichts sein, im Vergleich zu dem, was Sasuke spüren musste. Itachi trank immer wieder von dem Kaffee, saß auch dann noch wach im Sessel als die Uhr schon zeigte, dass der nächste Tag vor einer Stunde angebrochen war. Fas die ganze Zeit über hatte sein Blick auf Sasuke gelegen, doch erst jetzt regte sich etwas in dem blassen Gesicht. Itachi sah, wie der Junge kurz die Augen öffnete, sie sofort wieder schloss, sich auf die Seite rollte, eine Hand unters Kissen und die andere unter seinen Kopf bettete und wieder, ohne wahrscheinlich richtig wach gewesen zu sein, in den Schlaf driftete. Itachi erhob sich kurz, machte die Decke über dem Teenager richtig, ehe er sich wieder in den Sessel sinken ließ, eine neue Tasse Kaffee einschenkte und die Beine überschlug. Er trank einen Schluck, stellte sie dann auf dem Wohnzimmertisch ab und schloss nur für einen Moment die Augen, als er auch schon selber in einen tiefen Schlaf driftete. Itachi erwachte erst wieder, als er das schrille Klingeln vernahm, dass durch seine Wohnung dröhnte. Er warf einen Blick auf Sasuke, der immer noch auf dem Sofa lag, in die Decke eingekuschelt war und sich nicht von der Lautstärke stören lies. Wenigstens das. Itachi erhob sich, verzog das Gesicht auf Grund seiner steifen Glieder, streckte sich kurz und ging dann in den Flur um die Tür zu öffnen. Er hörte die Schritte auf den Treppen und wartete, bis sein Vater hinauf gekommen war. Dort schloss er die Tür hinter seinen alten Herren, nachdem er ihm grüßend zugenickt hatte. Itachis Vater wollte schon auf das Wohnzimmer zusteuern, doch sein Sohn hielt ihn noch auf, bevor er in den Türrahmen trat. „Lass uns in der Küche reden“, sagte er, ging voran und fügte an: „Kaffee?“ Er sah, dass sein Vater nickte und sich auf einen Stuhl sinken ließ. „Du siehst schlecht aus, Itachi“, hörte er die Stimme Fugakus, als er sich gerade den Nacken massierte und an der Küchenzeile darauf wartete, dass der Kaffee fertig wurde. Er grinste schief und stellte fest, dass sein alter Herr sorgendvoll geklungen hatte. Genau solche Sachen meinte Itachi, wenn er u Konan sagte, dass sein Vater kein Monster sei, denn das war er nicht. Allem in Allem war Fugaku immer ein guter Mann gewesen und ein guter Vater für seinen Sohn, der sich selbst dann noch dazu herab gelassen hatte mit ihm im Herbst Drachen steigen zu lassen, Schlitten im Winter zu fahren, im Frühling zu angeln oder im Sommer schwimmen zu gehen, obwohl er schon damals ein angesehener Anwalt gewesen war. Genauso war es heute immer noch. Fugaku würde alles für seinen Sohn tun, was nur in seiner Macht stand und schon jetzt war Itachi sich sicher, dass er frei bekommen würde. Es stand gar nichts anderes zu Debatte, obwohl Itachi wusste, dass Fugaku erste in wenig rumzicken würde. Das hatte er immer getan, zu jedem Konzert, zu dem Itachi wollte, bei jeder schlechten Note, aber am Ende war alles gut gewesen und meistens nach Itachis Wünschen. Nur wie sollte er das hier jetzt anfangen? Das war etwas völlig anderes, als alle anderen zuvor geführten Gespräche zwischen Vater und Sohn. Doch dann besann Itachi sich und sagte einfach kurz und knapp die Wahrheit. Seinem Vater konnte er die ganze Geschichte nicht so ausbreitend erzählen wie er es bei Kakashi getan hat. Außerdem wollte Itachi so schnell wie möglich zurück zu seinem Schützling und sein Vater musste auch noch ins Büro. „Du wirst mich für total bescheuert halten“ fing Itachi an. „Aber ich haben einen Jungen bei mir aufgenommen, dem es sehr schlecht geht. Ich muss mich um ihn kümmern und deswegen brauche ich Urlaub.“ „Bitte was hast du getan?“, hörte er den seinen Vater ungläubig fragen, doch Itachi antwortete schlicht: „Du hast mich gehört und ich habe nur die Wahrheit gesagt.“ „Ich will mit ihm reden.“ „Er schläft.“ „Dann zeig ihn mir, verdammt noch mal!“, fuhr der ältere Uchiha aus. Itachi seufzte resigniert und nickte, doch bevor er seinem Vater voran ins Wohnzimmer ging, sagte er leise: „Bitte weck ihn nicht auf.“ Im Wohnzimmer angekommen, sah Itachi, wie sich der Blick seines Vaters stirnrunzelnd auf Sasuke legte, ehe er nickte und wieder kehrt machte. Er blieb im Flur stehen und wartete, bis Itachi, der noch schnell die Kaffeekanne und die Tasse genommen hatte, ihm folgte, wobei er die Wohnzimmertür schloss, um Sasuke nicht beim Schlafen zu stören. „Ja, ich halte dich für total bescheuert“, hörte Itachi die Stimme seines Vaters und senkte den Kopf. Er würde niemals frei bekommen, aber dann… ja, aber dann würde er kündigen. Er würde es in einer dieser Kurzschlussreaktionen tun, weil er sich unbedingt um Sasuke kümmern musste. „Aber aus irgendeinem irrationalen Grund vertraue ich dir, Sohn und gebe dir und diesem Kind dort drüben eine Chance für was auch immer ihr diese Chance braucht.“ „Was ist deine Bedingung?“, hakte Itachi sofort nach. Er und sein Vater hatten zwar immer ein gutes Verhältnis, aber das war einfach zu unglaubwürdig um wahr zu sein. „Du wirst bist zum Ende der Woche frei bekommen und dann möchte ich den Jungen kennen lernen, bevor ich entscheide ob ich dir weiterhin Urlaub gewähre. Bring ihn einfach mit zum Adventsessen, bis dahin, Itachi.“ Er nickte ihm zum Abschied zu und bevor Itachi die Haustür hinter ihm schloss, sagte er leise: „Danke, Papa.“ ~~ Er wusste nicht genau, was es war, was ich aufgeweckt hatte, er wusste nur, dass er mit Schmerzen wach wurde. Und mit dem Gefühl eine große Schande zu sein. Er hatte sich wieder ficken gelassen, er hatte nichts tun können, obwohl er es so sehr hasste. Sasuke erhob sich, biss dabei die Zähne zusammen und stellte fest, dass er umgezogen war. Erst danach realisierte er, dass er wieder bei Itachi Uchiha war. Er hatte ihn gefunden. Er hatte nach ihm gesucht. Und er hatte ihn so gesehen. Mit heruntergelassenen Hosen, im Schnee, dort wo er zusammen gebrochen war. Er musste ihn hassen, davon war Sasuke überzeugt. Nein, nicht hassen, aber er musste sich vor ihm ekeln, sonst wäre er jetzt hier, bei ihm. Hätte vielleicht sogar darauf gewartet, dass er wach wurde oder hätte einfach nach ihm gesehen. Das hatte er nicht, aber Sasuke konnte das verstehen. Er blickte neben sich und merkte dass dort sein Rucksack stand mit den alten, aber gewaschenen Klamotten. Unter Schmerzen hockte er sich hin, öffnete seinen Rucksack, holte seine Jeans heraus, ein T-Shirt, seinen alten Kaputzenpullover, eine Boxershorts und Socken. Nachdem er sich angezogen hatte, griff er nach seiner Kette, die er sicher im Rucksack gelagert hatte und zog sie um seinen Hals. Auf der Straße würde er seinen Papa die ganze Zeit bei sich brauchen. Unbedingt. Eilig schloss Sasuke den Rucksack, ging in den Flur, um dort seine alten Chucks und den alten Schal anzuziehen und hörte dann, dass Rauschen der Dusche. Da war Itachi also. Sasuke entschied, dass er sich unbedingt noch für alles bedanken musste und außerdem brauchte er seine Zahnbürste, die im Badezimmer war, bevor er ging. Also setzte er sich neben die Badezimmertür, bettete seinen Rucksack auf dem Schoß und wartete, bis Itachi heraus kam. Als dieser dann hinaus kam, spürte Sasuke den verwunderten Blick auf sich, ehe dieser sich in Sorge wandeln musste, denn Itachi hockte sich sofort hinunter und meinte eilig: „Leg dich wieder hin… ich meine…“, er stoppte und blickte auf den Rucksack auf Sasukes Schoss. „Wo willst du hin?“ „Ich…“, murmelte Sasuke und merkte erst jetzt, als er in Itachi Augen blickte, dass er mehr als Willkommen hier war, auch wenn er gestern erneut vergewaltigt wurde. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass Itachi es schon länger wusste. Dass der Uchiha schon länger von diesem Teil seiner Vergangenheit wusste. „Ich… wollte das nie“, wisperte Sasuke und spürte wie die Tränen hervor kamen. „Ich weiß… ich weiß“, hörte er Itachis Stimme und sah, wie diese sich aus der Hocke auf die Knie sinken lies und nun fast auf selber Höhe mit Sasuke war. „Ich lass nicht zu, dass das noch mal passiert, hörst du?“ „Ja“, antwortete Sasuke, zog die Knie an seinen Oberkörper, schlang seine Arme darum und weinte in seinen Schoß. Und dann, dann spürte er zum Trost Itachis Arme um seinen zitternden Körper und er fühlte sich wohl. Auf eine verkorkste Art und Weise fühlte er sich zu Hause und er weinte, weinte lange an Itachi gelehnt. to be continued... by Jessa_ Kapitel 24: Bad --------------- Kapitel 24: Bad If you twist and turn away. It you tear yourself in two again. If I could, yes I would If I could, I would let it go. Die Mittagssonne hatte schon hoch gestanden, als Sasuke sich wieder umgezogen hatte und mit weiter Jogginghose des Älteren und einem seiner eigenen T-Shirts, in die Decke eingewickelt, auf dem Sofa lag. Itachi hatte die Jalousien fast komplett runter gemacht, damit die Helligkeit des Tages den Jungen nicht beim Schlafen störte, denn Schlaf war das, was Sasuke Itachis Meinung nach brauchte. „Ich bin kurz noch paar Sachen für die nächsten Tage einkaufen“, informierte Itachi, „Schlaf solange ein bisschen, ich brauch nicht allzu lange, okay Sasuke?“ Er sah, wie der Junge zögerlich nickte und dann die Decke noch ein Stück hoher zog. Er blickte Itachi noch hinterher, wie dieser aus dem Wohnzimmer verschwand. Müde zog Sasuke die Beine näher an seinen Körper, schloss die Augen und driftete langsam aber stetig in einen leichten Schlaf. ~~ Es regnete. Die Scheibenwischer des Autos liefen auf Hochtouren, als Itachi auf den Parkplatz fuhr und in einer Lücke hielt. Er stieg aus, zog sich die Kapuze über den Kopf und lief eilig zu den Einkaufswägen und dann hinein in den Laden. Er kaufte eine Menge Dinge, schließlich lebte er jetzt nicht mehr alleine und außerdem hatte er nun, durch den Sonderurlaub, mehr Zeit zu kochen. Vielleicht würde es Sasuke auch mal Spaß machen, ihm dabei zu helfen. Nachdem der Erwachsene die Brotabteilung, die Gemüseabeilung und die Tiefkühltruhen hinter sie gelassen hatte, räumte er in den anderen Gängen noch allerlei Kram, wie Nudeln, Soßen, Wurst, Eier und Aufstriche, in den Wagen, ehe er vor der beinahe riesigen Süßwarenabteilung stand. Sasuke war ein Kind, war ihm beim Einkauf eingefallen. Und Kinder aßen nun mal gerne Süßigkeiten. Er jedenfalls hatte das außerordentlich gerne getan. Auf die Süßigkeiten an Nikolaus, an Ostern und an Weihnachten hatte er sich immer besonders gefreut oder auf die Süßigkeiten, die seine Mutter ihm bei jedem Einkauf gekauft hatte. Immer eine Sache, daran erinnerte er sich noch. Wie teuer oder wie groß diese Sache war, war egal gewesen, aber Itachi hatte eh meist nicht die großen Pakete genommen. Die kleinen waren meist schöner eingepackt gewesen und das hatte ihm gefallen. Außerdem hatte er ja gewusst, dass er in der darauf folgenden Woche wieder etwas bekam. Sollte er also etwas mitnehmen? Was grübelte er darüber noch nach? Natürlich würde er etwas mitnehmen! Itachi griff nach einer Tafel Schokolade, nach ein paar Gummibärchen und nach ein paar anderen Dingen, von denen er glaubte sie könnten Sasuke schmecken. Und wenn nicht, mochte Itachi Süßigkeiten schließlich auch gerne. Mit dem annähernd vollen Einkaufswagen machte er sich auf den Weg zur Kasse, bezahlte und eilte zurück zu seinem Wagen. Es regnete nicht mehr, aber er sollte schnell einräumen, bevor es wieder anfing. Als er dann im Auto saß, entschied Itachi sich dazu, sein vorherigren Vorhaben in die Tat umzusetzen. Als er Sasuke Kleidung von sich gegeben hatte, an diesem Morgen, tat es ihm plötzlich Leid, dass der Junge kaum eigene hatte. Doch ob er ihm welche kaufen sollte, wusste er nicht genau. Er wollte Sasuke kein schlechtes Gewissen machen und das würde er unweigerlich haben, wenn Itachi mit neuer Kleidung für ihn heim kommen würde. Aber er braucht welche. Er brauchte sie wirklich. Gerade jetzt wo er in der Jeans, der Jacke, dem T-Shirt und den anderen Dingen, die Itachi ihm neu gekauft hatte, vergewaltigt worden war. Itachi konnte doch nicht von Sasuke verlangen, dass dieser die Sachen noch mal anzog, selbst dann nicht, wenn sie gewaschen sein würden. Doch dann kam Itachi in den Sinn, dass Sasuke wohlmöglich auch schon in seiner alten Kleidung vergewaltigt worden war. Wie schrecklich. Er hatte sich und die Sachen auf der Straße nicht mal waschen können. Itachi stieg erst in der Innenstadt aus seinem Auto, ging in die Galerie und dann hinauf in eines der Kleidungsgeschäfte. Er suchte ein paar Dinge zusammen. Zwei Jeanshosen, zwei Pullover mit Kapuze, Unterwäsche und Socken – damit Sasuke was zum wechseln hatte. Ein T-Shirt mit Druck, das er schön gefunden hatte und ein einfarbiges. Ein weiteres Oberteil mit langen Armen zum Schlafen und eine Jogginghose, damit er nicht immer welche von Itachi nehmen musste. Mit dem Stapel auf dem Arm ging er zur Kasse, wo er zu seinem Entsetzten ihm bekannte Gesichter entdeckte. Fliehen war jetzt aber keine Option. Absolut nicht, denn Konan hatte ihn schon gesichtet. „Itachi, hallo. Dich beim stoppen zu treffen, dass ist ja mal was ganz Neues!“ „Hallo“, grüßte er auch, nickte Konans Ehemann zu, der den kleinen Yahiko auf dem Arm hielt, während Konan lachend auf den Kinderwagen neben ihnen zeigte. „Der Kleine mag einfach nicht still darin liegen. Ein kleiner, sturer Esel.“ Sie schaute kurz zu ihrem Baby, das daraufhin eine Grimasse zog, die wohl ein Lächeln darstellen sollte, für Itachi aber deutlich misslungen rüber kam. Doch dann spürte er auch schon Konans Blick auf den Klamotten die er trug, ehe ihre Frage an sein Ohr drang: „Ui, für wen sind denn die Klamotten? Die sehen ja reichlich winzig für dich aus.“ „Die sind… sind halt für einen Freund“, wich Itachi aus, doch sie grinste nur. „Für einen Freund? Oh, warte, Pein, bezahlst du schon mal? Dankeschön. Warum kaufst du denn so viele Klamotten für einen Freund? Weihnachtsgeschenk? Für wen denn?“ „Neugierig wie immer“, spottete Itachi, legte den Stapel Klamotten auf den Tresen und stellte entsetzt fest, dass Konan und Anhang auf ihn warteten, nachdem sie bezahlt hatten. Als auch er um knapp dreihundert Euro leichter war – was er Sasuke natürlich nicht erzählen würde – fragte die junge Frau ihn lächelnd: „Lass uns doch zusammen einen Kaffee trinken gehen. Ja, möchtest du?“ Itachi wollte Nein sagen. Unbedingt. Aber er konnte nicht. Zum einen hatte er Konan fast nie einen Wunsch abschlagen können, seit sie gemeinsam arbeiten und zum zweiten fand er Pein reichlich merkwürdig, so wie der manchmal blickte und ehrlich gesagt, traute er sich in dessen Beisein nicht, Konan zu widersprechen. Das hörte sich reichlich übertrieben an, aber mit seinen Piercings, mit den orangefarbenden Haaren und einem grimmigeren und gleichzeitig ungewöhnlich gefährlicheren Gesichtsausdruck, als den den Itachi in seinen besten Tagen zu Stande bekam, schüchterte er unweigerlich ein, sodass Itachi sich gezwungen sah, zuzustimmen. So dackelte er, mit zwei Tüten beladen, dem Pärchen und dem Kinderwagen hinterher, bis sie gemeinsam in einem kleinen nahe liegenden Café saßen und etwas zutrinken bestellten. Während Pein das Baby auf seinem Arm wiegte hatte er einen friedlichen Ausdruck im Gesicht, den Itachi von dem Mann kaum kannte, aber er wollte sich mit den Gedanken daran nicht aufhalten. Es hieß schnell seinen Kaffee zu trinken und genug Konversation mit Konan zu führen, dass sie ihn gehen ließ, denn daheim wartete Sasuke auf ihn, auch wenn dieser vielleicht noch schlief. Itachi hatte Angst der Junge würde aufwachen und ängstlich sein, weil er allein war oder noch schlimmer, Sasuke würde einen Alptraum haben und alleine sein. „Nun komm schon, erzähl mir doch, für wen du die Klamotten gekauft hast!“, bat Konan eindringlich, trank einen Schluck ihres Milchkaffees, doch er schüttelte den Kopf. „Nur für einen Freund, nicht die Rede wert.“ „Itachi, ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber ich als eine deiner besten Freundinnen, kenne den Rest deiner Freunde und bei Weitem sind die Klamotten weder für Kakashi, Iruka oder gar für Hidan.“ Sie stoppte kurz und fuhr fort: „Hast du etwa einen neuen, festen Freund? So ein kleines, schmächtiges Kerlchen, ehrlich? Erzähl mir von ihm!“ „Konan, ein ganz normaler Freund. Du kennst ihn nicht. Lass es gut sein.“ Er trank noch einen großen Schluck des warmen Getränks, ehe sie jammernd bat: „Komm schon, Itachi. Bitte.“ Sie grinste, doch er schüttelte erneut den Kopf und erhob sich. Er reichte Pein zum Abschied die Hand, strich dem kleinen Baby über den Kopf und umarmte Konan dann, weil sie das so gerne mochte. „Wir telefonieren. Du wirst ihn kennen lernen, okay? Machs gut.“ ~~ Bevor Itachi daheim die Wohnungstür aufschließen konnte, hatte er sich schon mit seiner neugierigen Nachbarin rum schlagen müssen, die sich über Itachis langfristigen Besuch wunderte. Da dese Frau zu ihrer Neugierde auch noch über eine unheimliche Hartnäckigkeit verfügte, hatte Itachi im Flur die Tragetaschen abstellen müssen und ausweichend auf ihre Fragen geantwortet. Ein Freund sei zu Besuch, nein, das wäre kein Grund mit dem Vermieter zu reden, es ging ihm gut, ja, er hatte frei, deswegen war er nun morgens daheim. Erst dann hatte sie ihn in Frieden gelassen, doch Itachi glaubte, auf die Sache mit dem Vermieter würde sie noch einmal zurückkommen. Seine Warmmiete würde schließlich ansteigen, wenn er Sasuke als Mitbewohner eintragen ließ und das war er unweigerlich, wenn er ihn länger bei sich behielt. Im Grunde war die Mitsteigerung Itachi auch egal, er konnte Sasuke nur einfach nicht als wohnhaft bei sich anmelden, wenn er weder eine Geburtsurkunde, noch einen Personalausweis des Jungen hatte. Doch Itachi Nachbarin würde sich freuen, wenn etwas Stress mit dem Vermieter deswegen aufkommen würde. Sie hatte Itachi noch nie sonderlich gut leiden können, der alte Mieter hatte ihr besser gefallen und außerdem interessierte sie sich für alles, was Stress bedeuten konnte. Würde der Vermieter also wegen ihm und Sasuke antanzen, hätte sie nur noch mehr, wo sie ihre Nase rein stecken konnte. Als Itachi dann endlich die Wohnungstür hinter sich schloss, stellte er die Lebensmittel auf der Küchentheke ab, nachdem er entschieden hatte, die mit den Klamotten einfach im Flur stehen zu lassen, bevor er sie Sasuke später geben würde. Er schlüpfte aus seinen Schuhen, zog den Mantel aus, hängte ihn an die Gardarobe und legte den Schaal beiseite, ehe er die Wohnzimmertür öffnete und dort hinein ging. Erstaunt stellte er fest, dass Sasuke schon wach war. Er hatte fest damit gerechnet, dass dieser noch schlafen würde, wenn er heim käme. Doch dann schoss Itachi durch den Kopf, dass Sasuke vielleicht einen Alptraum gehabt hatte und deswegen schon wach war. Der Student trat näher zum Sofa und erst da fiel ihm auf, wie Sasuke dort saß. Der Junge hatte die Beine an den Oberkörper gezogen, die Arme darum abgelegt und den Kopf darauf abgestützt. Die Decke war fast gänzlich vom Sofa gerutscht. Sasukes Augen waren geöffnet, aber sie wirken bei Weitem nicht so, als wäre er wach oder gar anwesend. Es war, als blickte er in weite Ferne. „Sasuke“, meldete Itachi sich zu Wort. „Ich bin wieder zurück.“ Doch der Angesprochene reagierte nicht. Kein bisschen. Vielleicht hörte er nicht oder wollte nicht hören, doch wieder rief Itachi ihn bei seinem Namen, nun ein wenig lauter, und trat ein Stück an ihn heran, ließ ihn nicht aus den Augen. Und wieder rührte Sasuke nicht einen Muskel. Er saß einfach weiterhin in dieser Position und starrte ins Leere oder in irgendwas, dass er zu sehen glaubte. Irgendwas, dass Itachi nicht sah und wieder wurde dem Älteren bewusst, dass er nicht das sehen konnte, was Sasuke sah, wenn sie die Welt anschauten. Dennoch versuchte der Student erneut Sasukes Aufmerksamkeit zu erlangen. Er ließ sich neben dem Jungen auf dem Sofa nieder, vermied es jedoch, im Anbetracht der Dinge, die diesem zuvor geschehen waren, ihn zu berühren. „Hast du Hunger? Soll ich was kochen? Ich war einkaufen, weißt du noch?“, versuchte Itachi den Jungen mit Fragen zum Reden zu bringen, doch dieser blieb weiterhin stumm und unbewegt auf seinem Platz sitzen. „Wir können auch zusammen kochen oder du schaust Fernsehen. Oder möchtest du lesen, Sasuke?“, sprach Itachi, mit einem verzweifelten Unterton in der Stimme weiter. Erneut glaubte Itachi, der Jugendliche habe sich nicht bewegt, doch dann sah er, wie Sasuke den Kopf zur Seite drehte. Wahrscheinlich schloss er die Augen, glaubte Itachi. Die Hand des Studenten wanderte zum Nasenrücken, wo er leicht massierte. Das tat er oft, wenn er stress hatte oder nicht wusste, was er tun sollte. Er schloss die Augen und schüttelte, die Hand weiterhin am Nasenrücken, den Kopf. Was sollte er nur tun? Sasuke sprach nicht mit ihm. Sasuke reagierte nicht. Das erste Mal, seit der Junge hier war, tat er nicht genau das, was er glaubte, sei für Itachi am Besten. Ob das gut oder schlecht war, wusste der Ältere nicht. Irgendwie war es doch beides. Sasuke tat nun das, was er brauchte oder was er glaubte zu brauchen, auch wenn dies sein Schweigen war. Das war doch eigentlich das, was Itachi von ihm gewollt hatte. Er selbst zu sein. Aber war Sasuke wirklich er selbst? Oder war er nur ein Trugbild seiner Selbst, dass nicht wusste, wie es reagieren sollte, jetzt wo solch schreckliche Dinge geschehen waren und ein paar Stunden, bald schon ein ganzer Tag vergangenen war. Und doch machte Sasuke sich mit seinem Schweigen auf eine Weise kaputt, wurde es Itachi bewusst. Es half nicht, stumm zu bleiben, glaubte er, aber er wusste auch nicht, wie er en Jugendlichen dazu bringen sollte, über die geschehenen Dinge zu reden. Er wusste sich einfach nicht zu helfen, weswegen er ebenfalls stumm und beinahe unbeweglich sitzen blieb. Vielleicht nur, weil er nichts anderes zu tun wusste, vielleicht aber auch, um Sasuke nicht allein beim Leiden zu lassen. Und irgendwann dann, ganz aus dem Nichts heraus, sprach Sasuke mit leiser Stimme zu ihm. „Kann ich duschen gehen?“ Irgendetwas in Sasukes Stimme wog schwer auf Itachis Gemüt. Er wollte „Ja“, sagen und noch irgendetwas Kluges dazu, etwas Nettes, was Sasuke aufbauen würde, aber mehr als ein Nicken bekam er nicht zu Stande. Ein Nicken, was Sasuke genügte, denn er erhob sich vom Sofa, ging um den Tisch herum und dann auf die Tür zu. Itachi wusste nicht, ob Sasuke zurückblickte, ehe er das Wohnzimmer hinter sich ließ, denn der Ältere wandte sich nicht um, um dem Jungen nachzusehen. Er legte den Kopf in den Nacken, seufzte, hoffend dass die Kopfschmerzen der Nacht nicht zurückkamen, auf. Erneut seufzend griff er in seine Hosentasche, zog seine Zigarettenschachtel und das Feuerzeug hinaus, griff nach de Aschenbecher auf dem Wohnzimmertisch, zündete eine Zigarette an und zog einmal kräftig daran. Das hier war doch lächerlich und erbärmlich. Er war unfähig einen zerbrochenen Jungen zu trösten, unfähig Sasuke dazu zu bringen, über die Geschehnisse zu sprechen. Stattdessen wartete er mit einer großen Portion Verzweiflung auf die kleinsten Wörter des Jungen. So konnte es doch nicht weitergehen. Mit Kippe in der Hand und Aschenbecher in der anderen ging er in den Flur, stellte das kleine Behältnis auf der Kommode ab, schnippte ein wenig Asche hinein und griff nach dem Telefon, um Kakashis Nummer zu wählen. Er brauchte Hilfe. Kakashi war sein bester Freund. Und Kakashi hatte versprochen ihm und Sasuke zu helfen, soweit es in seiner Macht stand. Itachi hoffte, diese Dinge würden in Kakashis Macht stehen. ~~ Unter dem eiskalten Strahl der Dusche stehend, biss Sasuke die Zähne zusammen und legte die Arme so um seinen Oberkörper, dass es beinahe aussah, als würde er sich selbst umarmen. Er zitterte, fühlte sich schwach und lehnte gegen die kalte Wand der Dusche, spürte den Strahl immer noch auf seinem Körper. War irgendwie froh, überhaupt etwas zu spüren, auch wenn es nur die Kälte war, die auf ihn hinunterprasselte. Er verstand es einfach nicht. Verstand nicht, wieso er noch hier sein durfte, wieso er noch unter der Dusche dieses Mannes stehen durfte, unter seiner Decke schlafen und warum dieser Mann sich immer noch um ihn bemühte. Sasuke war kaputt. Selbst Itachi Uchiha hätte es jetzt kapieren müssen. Er war nicht mehr gerade zu biegen. Da war einfach nichts mehr. Sasuke wusste das. Immer und immer wieder wurde ihm die vermeidliche Unschuld geraubt, die er schon lange nicht mehr besessen hatte. Immer und immer wieder hatte er gelitten, irgendwas von ihm, war immer und immer wieder aufs Neue zerbrochen, doch dieses Mal war es anders. Ob es so war, weil er vorübergehend ein Dach über dem Kopf hatte, eine warme Mahlzeit im Bauch gehabt hatte, neue Kleidung getragen hatte oder weil er Itachi kennen gelernt hatte. Aber dieses Mal, vergangenen Nacht, war mehr kaputt gegangen, als je zuvor. Sasuke hatte zu glauben gewusste, vergangene Nacht, als er im Schnee gelegen hatte, frierend und kurz darauf ohnmächtig, dass er alles verloren hatte. Die Wohnung, in der er für einige Zeit schlafen durfte, folgende warme Mahlzeiten, die neue Kleidung, an der ein Stück Unschuld geklebt hatte und letztendlich Itachi Uchiha, der ihm – ob Sasuke es wollte oder nicht – etwas bedeutete. Selbst heute Morgen noch wurde Sasuke von Itachi umarmt und getröstet. Selbst nach den Dingen die geschehen waren, empfand Itachi keinen Ekel. Oder wenigstens zeigte er das nicht. Doch das war Sasuke unbegreiflich. Er war kaputt. Er wusste das. Warum verstand Itachi das dann nicht? Als er vor einigen Minuten wach geworden war, hatte er sterben wollen. Wirklich. Er wollte das. Aber er konnte nicht. War aufgestanden und in den Flur gegangen, hatte sich ein Messer nehmen wollen, aber bis zur Schublade war er gar nicht erst gekommen. Er würde sich nicht in dieser Wohnung umbringen und Itachi damit in größtmögliche Scheiße reiten. Itachi nämlich konnte nichts dafür, dass Sasuke kaputt war. Er wusste das. Warum verstand Itachi das dann nicht? Sasuke merkte nicht, dass er sich andauernd dieselben Dinge fragte, dass er dieselben Dinge sagte. Das Wasser peinigte ihn. Warum verstand Itachi nicht, dass er kaputt war? Warum ließ er ihn nicht gehen und auf der Straße den Witterungen erliegen? Warum hielt er ihn am Leben? Am Leben erhalten. Leben. Sasuke lebte. Er spürte. Spürte das eisige Wasser und wusste, dass er nie hatte sterben wollen. Nie, nicht in vergangenen Tagen, egal wie dreckig es ihm gegangen war. Er hatte immer leben wollen, denn er wusste, sein Vater hatte gewollt, dass er lebte. Sasuke war ein Wunschkind. Sein Vater hatte ihn gewollt. Ihn geliebt. Sein Vater hatte gewollt, dass er lebte und deswegen musste Sasuke einfach leben. Leben wollen. Er wollte doch leben. Eine Träne floss seine Wange herab. Er wollte wirklich. Eine weitere. Nur manchmal… manchmal konnte er nicht. Und noch eine Träne. Er wusste, dass er kaputt war. Aber er wusste auch, dass er stark war. Er war stark. Er war’s doch. Und er wollte leben. Er wollte vergessen. Wollte leben. Und die Dinge vergessen. Als ihn die Tränen ihn dann übermannten und er den salzigen Geschmack derer im Mund spürte, fiel er in sich zusammen, sank in die Hocke und vergrub seinen Kopf in den Händen. Es tat weh. Das Wasser auf seinem Rücken schmerzte, es brannte, denn auch eiskaltes Wasser konnte brennen wie Feuer. Doch auch mit all dem Schmerz verschwanden die Gedanken und der Glaube an seinen Vater nicht. Und mit ihm kam der Wille zum Leben zurück, sodass Sasuke sich erhob, dass Wasser abdrehte, aus der Dusche stieg und sich in ein Handtuch wickelte. Er rubbelte sich trocken, zog die Klamotten wieder über und versuchte dann seine Haare ein wenig zu trocknen; er wollte sie jetzt nicht föhnen. Mit feuchten Haaren ging Sasuke dann durch den Flur ins Wohnzimmer. Itachi saß auf dem Sofa, massierte sich die Schläfen. Im Aschenbecher auf dem Tisch brannte ein Zigarettenstummel aus. Und im Sessel saß Kakashi mit Kaffeetasse in der Hand. Auch wenn Sasuke es besser wissen sollte, auch wenn er wissen sollte, dass Itachi und Kakashi ihm nichts antaten, fürchtete er sich augenblicklich und wich einen Schritt zurück. Itachi würde ihm nicht wehtun, er würde Kakashi das nicht erlauben und Kakashi würde das doch gar nicht wollen, oder? Sasuke merkte nicht, wie er wieder anfing an seinen Nägeln zu knabbern, doch als er Kakashis Blick sah, der zunächst grübelnd auf Itachi lag und sich ihm dann zuwandte, mitleidig wirkte und einladend, trat er näher und lies sich mit einigem Abstand neben Itachi aufs Sofa nieder. Er wollte leben, aber er wusste nicht, ob er stark genug war, sich den Menschen, die das Leben bereithielt, zu stellen. to be continued by Jess- Kapitel 25: Dreaming with tears in my Eyes ------------------------------------------ Kapitel 25: Dreaming with tears in my eyes I cared for you more then you knew Eine unangenehme Stille machte sich im Wohnzimmer breit. Keiner der drei jungen Männer sagte ein Wort. Sasuke kaute immer noch – oder schon wieder – an seinen Nägeln herum. Itachi massierte weiterhin seine Schläfen und Kakashi… ja, Kakashi besah Sasuke die ganze Zeit mit einem grübelnden Blick, nicht wissend, was er nun sagen oder tun sollte. Itachi hatte ihn in eine Situation gebracht, die für Kakashi alles andere als alltäglich war, aber da der Uchiha schon seit Jahren den Status als seinem besten Freund innehatte, hatte er natürlich die Korrektur der Klassenarbeit stehen und liegen lassen und war sofort losgefahren. Das was Sasuke geschehen war, war unmenschlich. Er glaubte das und Itachi glaubte dasselbe, obwohl sie beide nicht mal über das volle Ausmaß des Geschehens informiert waren. Und doch hatte Kakashi keine Ahnung, wie er nun mit Sasuke umgehen sollte. Itachi war ihm nun keine Hilfe. Der saß nur da, massierte sich die aufkommenden Kopfschmerzen weg, hatte dem Aschenbecher zufolge schon fast eine viertel Schachtel Zigaretten gelehrt und so wie der Hatake seinen Freund kannte, Unmengen an Kaffee weggekippt, während Sasuke im ad gewesen war. Der Junge tat ihm leid. Jede Sekunde den Kakashi ihn länger ansah, bemitleidete er ihn mehr. Mit feuchtem Schopf saß er auf der Couch, wirkte verschreckt, knabberte an den Nägeln und scheute sich, etwas zu sagen, etwas zu tun oder den Blick zu heben. Derjenige, der Sasuke hatte zerstören wollen, hatte wahrlich großartige Arbeit geleistet, denn Sasuke war zerstört. Kakashi atmete tief durch. Was sollte er nur tun? Wie sollte er Itachi und vor allem Sasuke helfen? Was konnte er tun? Kakashi wusste nicht, ob es Sasuke zusammengesunkene Gestalt war, die ihn dazu zwang, den Entschluss zu fassen, radikal vorzugehen oder ob er es doch schon im Unterbewusstsein von Anfang an geplant hatte. „Sasuke“, erhob er seine Stimme und bemerkte, dass der Junge mit vor Furcht geweiteten Augen zu ihm aufsah. Ein Ton war hart gewesen, das war ihm bewusst. Es musste so sein. Anders glaubte er würde er Sasuke nicht zum Sprechen bekommen. „Itachi kann dir nicht helfen, wenn du nicht mit ihm sprichst. Und ich kann es dann auch nicht.“ Kakashi konnte beobachten, wie Sasuke verschämt den Kopf wegdrehte. Natürlich. Er machte ihm ein schlechtes Gewissen. Ein schlechtes Gewissen für dessen Stummheit. Und plötzlich tat es Kakashi leid, weswegen er es in einem netteren Ton versuchte. Er konnte doch nicht wirklich so hart bleiben nachdem, was der Junge durchgemacht hatte, auch wenn die sein ursprünglicher Plan gewesen war. „Sieh mich an, Junge. Wir wollen wissen, was in dir vorgeht. Wir wollen dir helfen.“ Als Sasuke ihn dann aber nicht anblickte, sondern stumm und unbewegt verharrte. Kakashi spürte Itachis Blick auf sich und sah aus dem Augenwinkel, wie dieser sich eine neue Zigarette anzündete. „Nun gut, dann eben anders, Sasuke.“ Wieder gewann Kakashis Stimme an Härte. Er konnte nicht zulassen, dass diese Situation ausartete. Itachi, der Gelegenheitsraucher, leerte schon fast wieder eine halbe Schachtel am Tag. Und Sasuke zerstörte sich mit seinem Schweigen selbst noch ein bisschen mehr. Kakashi konnte vernehmen, wie Sasuke zusammenzuckte. Sasuke biss sich auf die Unterlippe. Ihm war kalt – von der eisigen Dusche und den noch feuchten Haaren – und er fürchtete sich. Vor Kakashi und dessen Stimme. Er mochte es nicht, wenn so hart mit ihm gesprochen wurde. Dann fühlte er sich immer so hilflos. Würde Kakashi ihn schlagen wollen, müsste er es hinnehmen. Er war nicht stark genug. Würde Kakashi ihn anfassen, müsste er es hinnehmen. Er konnte sich nicht wehren. Er war es gewohnt, die Dinge mit sich geschehen zu lassen. Sasukes Blick senkte sich auf seine nackten Füße. Er wollte doch nur irgendwo sicher sein. Er wollte die Vergewaltigung vergessen. Kabuto vergessen. Verdrängen. Und nun… nun gab es zwischen Itachi und ihm Probleme, nur weil dieser… dieser Kerl wiederaufgetaucht war und ihm wehgetan hatte. Sogar Kakashi Hatake wurde da jetzt mit rein gezogen und vielleicht, fürchtete Sasuke, gäbe es bald wieder jemanden, der ihm wehtun würde. Bei Kakashis Stimme konnte er ich das sogar vorstellen, obwohl er zuvor geglaubt hatte, der Hatake würde ihm nichts tun. „Hör zu. Ich kann mir vorstellen, dass es hart für dich sein muss, was dir geschehen ist und noch härter wird es sein, dass du weißt, dass Itachi dich gefunden hat. Nackt in dieser Gosse. Aber er hat dich hierher zurückgebracht, obwohl er dich so gesehen hat.“ Kakashi hoffte, der Junge würde jetzt, nach dieser Konfrontation aufsehen, aber so war es leider nicht. Sasuke zog die Beine an seinen Körper, legte die Arme darum und bettete den Kopf auf seine Knie. „Komm schon, hast du dazu nichts zu sagen, keine Reaktion?“, versuchte der Hatake den Jungen erneut zum Sprechen zu bringen, doch das Einzige was er erntete war ein unsicherer Blick seitens Itachi. Kakashi jedoch schüttelte nur den Kopf und zeigte mit dem Finger auf Sasuke, der sich, den Kopf immer noch auf den Knien gebettet, die Ohren zuhielt. Alt Itachi den Jüngeren so sah, tat es ihm im Herzen weh und sofort verstand er Kakashi Wink. Er erhob sich und hockte sich vor Sasuke und die Couch zu Boden. Er sah aus dem Augenwinkel, wie Kakashi sich neben den Kleineren setzte, aber nichts tat, außer diesen aufmerksam anzublicken. Itachi erhob langsam und vorsichtig seine Hände und griff nach den dünnen Handgelenken Sasuke, die er umfasste und sie sanft, aber bestimmt von dessen Ohren zu nehmen. Sasuke jedoch hob seinen Blick nicht, er hatte das Gesicht weiterhin auf den angezogenen Knien abgelegt und zitterte unheimlich. Wie er ihn so hielt, spürte er das Zittern, das durch Sasukes ganzen Körper fuhr, auch an seinen Händen und plötzlich bebte sein Körper innerlich mit. In einem kurzen, irren Moment glaubte Itachi Sasukes Schmerzen zu spüren, was ihm die Tränen in die Augen trieb, die er nur schwer unterdrücken konnte. „Ich kann dir nicht helfen, wenn du nicht mit mir sprichst“, wisperte der Student, spürte wie eine eigene Unterlippe zitterte, weil er sich selber davor fürchtete, die nächsten Worte auszusprechen. Doch er tat es. Er wusste das es sein musst. Stumm hatte Kakashi ihm das klar gemacht. „Ich hab dich dort gefunden. In der Gasse. Ich weiß, was mit dir geschehen ist.“ Itachi schluckte. „Ich weiß, dass du vergewaltigt wurdest. Und ich will dir helfen.“ Itachi hörte Sasukes Schluchzen und gab daraufhin dessen Handgelenke frei. Nun lag es an Sasuke. An Sasukes weiteren Reaktionen, denn jetzt hatten sie ihm die erste entlockt. Er weinte. Das war gut. Weinen war gut. Das reinigte die Seele. Die beiden Erwachsenen mussten mit ansehen, wie Sasukes Körper weiterhin bebte und wie er seine Arme um seine angezogenen Knie schlang. „Nein… Nein, nein… bitte“, murmelte der Junge wie in einem Manta. „Sasuke“, sagte Itachi nach einigen Sekunden und wollte gerade seine Hand auf den Arm des Jungen legen, als Kakashi diese festhielt und leicht den Kopf schüttelte. „Shh“, sagte der Älteste. „Lass ihn weinen.“ Und das tat Sasuke. Er weinte. Der Stoff an seinen Knien war schon nass von seinen Tränen, als diese langsam weniger wurden, aber nicht gänzlich versiegten. Itachi sah unsicher zu Kakashi, nicht wissend, was sie weiter tun sollten, als sie noch einmal ein leises Schluchzen vernahmen und dann Sasuke kaum hörbare Stimme: „Ich hatte so Angst.“ Itachi wollte etwas sagen, doch schon wieder schüttelte Kakashi den Kopf, bedeutete ihm stumm, nichts zu sagen. Denn da sprach Sasuke auch schon, genauso leise wie zuvor, weiter: „Und ich wollte das nicht.“ Er schwieg einige Sekunden lag, zog die Beine noch etwas näher an den Körper, wenn das überhaupt noch möglich war. „Aber er hat nicht gehört.“ Wieder dieses Schweigen. Sasuke spürte die Blicke der beiden Männer auf seinem Körper, aber es war nicht unangenehm. Das erste Mal seit langem war es das nicht. „Hat er nie“, gestand er dann, wusste nicht, ob die ganzen Worte, de er raus bekommen hatte, für Kakashi und Itachi überhaupt einen Sinn ergaben, aber für ihn ergaben sie das. Sie entsprachen der Wahrheit. Und nichts als das. Er hatte Angst gehabt. So unheimlich große Angst. Schon immer. Würde er immer haben. Und er hatte das nicht gewollt. Das war ekelhaft, was mit ihm geschehen war. Das war es schon immer gewesen. Aber er hatte wirklich nie gehört. Nicht auf sein Flehen, seine Schmerzenschreie, nicht auf sein Weinen, auf nichts. Hat er nie. Kakashi schaltete sich ein. Jetzt war e an der Zeit etwas zu sagen. Sein Plan war auf eine Weise aufgegangen. Er hatte Sasuke nicht so leiden lassen wollen, aber letztendlich hatten sie ihm eine Reaktion entlockt und ihn zum Reden gebracht. „Wer ist ‚er’, Sasuke?“, fragte er deswegen eindringlich. Nur kurz blickte Sasuke die beiden Männer an, ehe er sein Gesicht wieder abwandte, doch Kakashi und auch Itachi hatten es gesehen. Hinter der Tränenspur und der makellosen, blassen Haut lag so viel Schmerz. Schmerz und Angst und Einsamkeit. „Mama hat ihn gemocht. Das… tut sie heute noch. Er kam fast jeden Tag… und abends, wenn er… meistens… wenn er betrunken war, kam er in mein Zimmer…“ Sasuke schluchzte wieder. Bitterliche und verzweifelte noch als zuvor. Er erinnerte sich an die Abende, die zumeist, wenn er daran dachte, zu einem Abend zusammenschmolzen, weil er in jeden dieser Stunden nur Pein, Furcht und Unmenschlichkeit erlebt und gefühlt hatte. Meist war Kabuto alleine zu ihm gekommen, doch manchmal brachte er auch Freunde mit und manchmal trieb er es die Nächte so schlimm mit ihm, dass er sich am nächsten Morgen nicht mal aufraffen konnte, zur Schule zu gehen, obwohl dies für ihn doch so wichtig gewesen war. Und seine Mutter hatte sich nicht gekümmert. Weder um die Dinge, die ihr bester Freund in der Nacht mit ihm getan hatte, noch um sein Leiden am nächsten Morgen. Sasuke glaubte, er hätte ihr alles verziehen, sogar dass sie zuließ, dass man ihm so weh tat, wenn sie morgens oder nachdem es vorbei gewesen war, nur zu ihm gekommen wäre, um ihn zu trösten. Itachi fand es schrecklich. Schrecklich diesen Jungen nun so fertig zu sehen. Weinend, zitternd. Er glaubte, alles Schlechte der Welt lastete auf Sasukes Schultern. Wie konnte eine Mutter nur den Kerl mögen, der ihrem Kind – ihrem eigenen Sohn – so was antat? Wie?! Itachi erhob sich aus seiner hockenden Position und ließ sich auf Sasukes andere Seite nieder, bevor er den Jungen in seiner Arme zog. Zuerst versteifte das Kind sich, doch dann, nach nur wenigen kurzen Momenten, in denen Itachi über das schmale Rückrat Sasukes strich, entspannte er sich ein wenig. Er erwiderte die Umarmung zwar nicht, sondern ließ seine Arme weiterhin dort um seine Beine, wo sie gewesen waren, aber er lehnte seinen Kopf gegen Itachis Oberkörper und weinte stumm weiter. Irgendwann ließen seine Arme die Umklammerung seiner Beine entkrampfter, bis diese gänzlich gelöst wurde und die Arme nun locker herunterhingen. Dabei drohten diese jedoch auf den Boden zu knallen, doch Kakashi, dessen Blick die ganze Zeit auf den beiden Schwarzhaarigen gelegen hatte, war schneller. Er fasste Sasuke gerade noch so unter den Kniekehlen um dies zu verhindern. Gemeinsam mit Itachi brachte er den Jungen, ohne ihn aufzuwecken, in eine liegende Position. Erneut hockte Itachi sich neben das Sofa, während Kakashi, den Blick immer noch auf Sasuke geheftet, stehen blieb. Dessen Gesicht zeichnete ein gequältes Lächeln, als er Itachi die Hand auf die Schulter legte und leise sagte: „Er schläft. Und trotzdem weint er. Dieser arme Kerl.“ Da sah es auch Itachi. Selbst im Schlaf hatten Sasuke Tränen nicht ganz versiegt. Plötzlich ergriff Itachi eine riesige Traurigkeit. Er hatte noch nie einen Menschen im Schlaf weinen sehen. Kurz blickte er hoch zu Kakashi, doch lange hielt er es nicht aus und schaute wieder auf Sasuke. Er begann langsam und vorsichtig, darauf bedacht den Jungen nicht zu wecken, mit der Hand über den Oberarm zu streicheln, bevor er sich vorlehnte und seinen Kopf neben Sasukes auf den Stoff des Kissens bettete. Neben dieser tiefen Traurigkeit erfasste ihn Dankbarkeit. Sasuke fühlte sich sicher bei ihm. Sicher in seinen Armen. Das musste einfach so sein, wenn er einschlief. In seinen Armen. „Danke“, flüsterte Itachi leise, ehe auch er sich erhob, nach der Decke griff und diese über Sasuke ausbreitete. Durch einen Blick machte er Kakashi verständlich, dass sie gleich weiterreden würden. Der Student zog die Jalousien fast gänzlich runter, löschte das Licht und ging gemeinsam mit Kakashi in die Küche. Dort setzte Kakashi sich an den Küchentisch, während Itachi frischen Kaffee kochte, stumm darauf wartete, dass dieser fertig wurde und dann zwei Tassen füllte, Milch und Zucker in kakashis Tasse gab und diese dann an ihn weiter reichte. Itachi lehnte sich an die Küchenzeile, trank einen Schluck des schwarzen Getränks und stellte sein Gefäß auf der Zeile ab. Er griff in seine Hosentasche und holte die Zigarettenschachtel und das Feuerzeug heraus, zündete eine an, lief das Zeug wieder in der Tasche verschwinden und nahm einen tiefen Zug, bevor er sich an Kakashi wandte. „Ich kann ihn nicht gerade biegen.“ Konnte er nicht. Er konnte Sasuke einfach nicht wieder in Ordnung bringen, dafür war der Junge zu kaputt. Er weinte im Schlaf. Weinte in seinen Armen. Und es gab nichts, was Itachi tun konnte, um dafür zu sorgen, dass er sich besser fühlte. Nichts. Rein gar nichts. „Das verlangt niemand“, entgegnete Kakashi, trank einen Schluck Kaffee und stellte die Tasse wieder auf den Tisch, bevor er Itachi ansah. „Ergo: Ich soll ihn weg schicken“, meinte Itachi, versuchte beiläufig zu klingen, was ihm nicht gelang. Stille entstand, die zunächst keiner der beiden zu brechen vermochte, doch dann drangen Kakashis Worte an Itachis Ohren. „Trottel“, war es zunächst nur und dann: „Als ob du ihn jetzt noch fort schicken könntest.“ Itachi schüttelte verneinend den Kopf und blickte gen geschlossene Küchentür, bevor er einen kräftigen Schluck des nunmehr nicht so heißen Kaffees nahm und ein, zwei weitere, tiefe Züge seiner Kippe. Erst als er diese im Aschenbecher ausdrücke und seine Tasse Kaffee gelehrt hatte, wandte er sich wieder an Kakashi. „Ich hab einfach keinen blassen Schimmer, was ich tun soll. Wie ich ihm helfen soll.“ Itachi sah Kakashi nachdenklich auch den Tisch blickend, während der Student sich eine weitere Zigarette anzündete und sich neuen Kaffee eingoss. Er hielt die Kanne hoch und fragte Kakashi, ob dieser noch welchen wolle, doch der schüttelte nur den Kopf. Seine Tasse war noch fast voll. „Missbrauch einfach sein Vertrauen nicht. Sei gut zu ihm.“ „Das bin ich… ich versuch’s jedenfalls.“ „Ja, ich weiß, Itachi.“ Als die Kopfschmerzen, die Itachi schon den ganzen Abend wieder quälten, kurzzeitig schlimmer wurden und der Schmerz zu explodieren drohte, fasste der Student sich an den Kopf und gab ein Knirschen von sich. Er hatte nicht mitbekommen, dass Kakashi aufgestanden war und erst als er vor sich stand, registrierte Itachi es. „Ich muss los“, meinte der Silberhaarige und grinste schief. „Pass auf den Jungen auf. Und auf dich, Itachi. Trink weniger Kaffee und… lass das viele Rauchen sein. Tut dir nicht gut.“ „Trottel“, murmelte nun auch der Student und sah seinem besten Freund nach, wie dieser aus der Küche verschwand. Als er nach einigen Minuten die Eingangstür ins Schloss fallen hörte, ließ er sich auf den Stuhl sinken. Er löschte den Zigarettenstummel im Aschenbecher und entschied nur noch die Kaffeetassen in die Spüle zu legen und schlafen zu gehen. Sein Schädel dröhnte. Er brauchte Ruhe. to be continued by Jess- Kapitel 26: Surrender --------------------- Hallöchen^^ Ich wünsche euch allen eine frohe, besinnliche und schöne Weihnachten. Feiert schön, lasst euch beschenken und verbringt eine tolle Zeit mit euren Familien ;) Dann eine kleine Info, zu dem Buch was Sasuke ließt. Isola. Obwohl es aus der Sicht von Vera, einem unheimlich sympathischen weiblichen Hauptcharakter geschrieben ist, geht es eigentlich um zwei Brüder, von denen einer Rache geschworen hat. Gerade deswegen – auch wenn Itachi und Sasuke hier keine Brüder sind und auch wenn hier keiner Rache schwört – finde ich es sehr passend. Und außerdem ist es, wenn ich mich entscheiden müsste, wohl mein absolutes Lieblingsbuch ;) Deswegen xD Also, wie gesagt: Schon mal Frohe Weihnachten euch allen und viel Spaß mit dem extra-weihnachtslangem Kapitel. Grüße Jessi ;) Kapitel 26: Surrender It's in the air, it's everywhere I look for you. It's in the things that I do and say And it I wanna live I gotta die to myself someday. Als Sasuke am nächsten Morgen wach wurde, fühlte er sich ausgeschlafen. Er fühlte sich recht gut, obwohl die Sonnenstrahlen, die sich durch den offen gelassenen Schlitz der Jalousie in Wohnzimmer schlichen, ihn geweckt hatten. Mit einem beiläufigen Blick auf die Wanduhr stellte er fest, dass es schon fast Mittag war. Wie lange er geschlafen hatte…! Aber er wusste auch, dass er es gebraucht hatte. Diese Erholung lies ihn sich gut fühlen. Er schwang die Beine vom Sofa, legte die Decke ordentlich zurück und schüttelte das Kissen auf – er wollte schließlich nichts unordentlich zurücklassen, wenn Itachi ihn schon so uneigennützig hier schlafen lies. Sasuke trat durch das Wohnzimmer hinaus in den Flur und öffnete vorsichtig die Küchentür. Zwei Tassen mit Kaffeerand standen in der Spüle, ansonsten deutete nichts darauf hin, das Itachi schon wach gewesen wäre und die Tassen konnten auch gut von gestern Abend sein, also war es gut möglich, dass Itachi noch schlief. Sasuke war durstig. Es war nicht schlimm, ein bisschen trockene Lippen, ein schlaftrunkener Geschmack im Mund. Er leckte sich kurz über die Lippen, um diese anzufeuchten, weil er ich nicht einfach etwas zu Trinken nehmen wollte, auch wenn Itachi ihm schon mehrmals versichert hatte, er könnte an den Kühlschrank so viel und oft er wolle. Dennoch wollte Sasuke die Freundlichkeit des Älteren nicht ausnutzen. Er entschied wieder ins Wohnzimmer zu gehen. Blöd in der Küche rum stehen war dumm. Als er sich auf dem Sofa nieder lies, verharrte er dort für einige Minuten, schaute der Uhr beim Weiterlaufen zu und langweilte sich unheimlich. Sein Durst verschwand auch nicht, weswegen er sich erneut über die trockenen Lippen leckte. Sasuke erhob sich, trat zum Bücherregal, besah sich die Buchrücken und zog eins heraus, von dem er den Titel recht ansprechend fand. Isola. Das hörte sich nicht schlecht an. Der Einband gefiel ihm auch. Schwarz und durch eine gemalte Kameralinse blickte man auf eine Insel. Er nahm das Buch mit zum Sofa und lies sich darauf nieder. Er hatte schon drei Bücher bei Itachi gelesen, Itachi würde nichts gegen ein Viertes haben. Ganz sicher nicht. Deswegen schlug der Jugendliche das Buch auf. Nach einigen weißen Seiten, Seiten mit Informationen über den Verlag und einer kurzen Widmung, fing das Buch mit einem Abspann an. Namen von Menschen und Rollennamen. Ein Film von Quint Tempelhoff prangte oben drüber. Und dann auf den folgenden einundeinhalb Seiten kursiver Text, der einen Menschen beim Besuch eines Friedhofes beschrieb. Sasuke konnte sich mit Personen auf Friedhöfen gut identifizieren. Hatte er doch viel Zeit dort damit verbracht, seinen verstorbenen Vater dort zu besuchen. Sasuke las lange, über eine Stunde glaubte er, war es gewesen, als sein Durst zu groß wurde. Er zog den Zettel mit Itachis Telefonnummer aus seinem Rucksack und legte es zwischen die Seiten des Buches, bevor er es auf dem Wohnzimmertisch platzierte und in die Küche ging, um sich ein Glas Leitungswasser einzuschenken. Wenn er schon so unhöflich war, sich selbst etwas zu nehmen, wollte er wenigstens nicht das gute Wasser aus dem Supermarkt nehmen. Das ätzende Gefühl des Durstes verschwand. Sasuke spülte das Glas flüchtig aus und trocknete es mit dem Trockentuch, das neben der Spüle lag, bevor er das Glas wieder ordentlich in den Schrank räumte. Er war froh, dass er die Schranktür schon geschlossen hatte, denn sonst wäre ihm jetzt schon das zweite Glas Itachis zu Bruch gegangen, da er sich unheimlich erschreckte, als er das schrille Geräusch der Klingel vernahm und dann, kurz danach, Hämmern an der Wohnungstür. Sasuke trat in den Flur und hörte eine Damenstimme lautstark meckern: „Machen Sie die Tür auf, Uchiha oder ich werde ungemütlich! Ich weiß dass Sie da sind!“ Sasuke trat unbewusst einen Schritt zurück. Was wollte die bloß? Und warum war die so drauf? Er verstand das nicht, doch als sie sich dann erneut zu Wort meldete, verstand er umso besser. „Ich weiß, dass Sie nicht allein sind. Sie können mir nichts vormachen. Öffnen Sie jetzt, Sie... fauler Hund!“ Es ging um ihn. Er brachte Itachi auch nur Ärger ein und jetzt… jetzt musste er ihn auch noch wecken. Ihn wecken, um Itachi die Möglichkeit zu geben, dem Ärger ein Ende zu machen, auch wenn das bedeuten würde, dass er vielleicht doch gehen müsste. Sasuke klopfte vorsichtig an die Tür von Itachis Schlafzimmer und öffnete dann einen Spalt, als ihm ein müdes Brummen entgegen kam. „Itachi“, sagte er leise und dann noch mal etwas lauter. „Itachi, da ist jemand an der Tür.“ „Was?“, entgegnete ein müder Itachi. Sasuke sah wie der Erwachsene sich mit der Hand über das Gesicht fuhr, während das Hämmern gegen die Tür nicht nachließ. Die Frau würde wohl erst verschwinden, wenn der Uchiha öffnete. Itachi jedoch schaltete erstmal seine Nachttischlampe ein und stand schwerfällig auf. Er sah nicht gut aus, stellte Sasuke fest. Eher kränklich, blass und müde. Sofort ergriff den Jugendlichen ein schlechtes Gewissen. Die ganze Zeit hatte Itachi sich um ihn gekümmert, hatte ihn zweimal bei Dreckswetter wieder aufgegabelt und kein einziges Mal hatte Sasuke sich um den Gesundheitszustand des Älteren gekümmert, dabei hatte Itachi so viel für ihn getan. „Ist ja gut, ich komm ja schon“, hörte er Itachi mit kratziger Stimme gen Tür brüllen. Er schnappte sich ein Haargummi vom Nachttisch und band eilig seine schwarzen Haare zusammen, während er in Sasukes Augen die Angst sah. Er ging ein paar Schritte näher zu dem Jungen, sodass beide nun im Flur standen und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Alles in Ordnung“, sagte er leise, sodass seine liebe Frau Nachbarin ihn von vor der Tür aus nicht hörte. „Sie kann mich nicht leiden, ich wimmle sie schnell ab.“ An dem Teenager vorbei, ging er dann zur Haustür, öffnete diese und schaute seiner Nachbarin, die sofort loszeterte, ins Gesicht. „Nur weil sie einen Gast dahaben, der übrigens schon länger bei ihnen ist und auch übernachtet, als es der Mietvertrag erlaubt, dürfen sie unter keinen Umständen den Putzdienst vergessen. Unter keinen Umständen, verstehen sie, Herr Uchiha?! Außerdem hat es diese Nacht geschneit und laut Plan wären sie für den Schneedienst zuständig. Ich rate ihnen schleunigst damit zu beginnen!“ „Schon gut. Beruhigen Sie sich. Wie sie sehen, bin ich gerade erst aufgewacht und habe somit nicht bemerkt, dass es geschneit hat. Wenn sie mich entschuldigen, der Dienst wird schon heute noch gemacht.“ „Das will ich stark hoffen, Herr Uchiha. Und außerdem…“, sie stoppte kurz und blickte an dem Studenten vorbei in den Flur hinein auf Sasuke, der dort mit nackten Füßen, umgeschlagener Jogginghose und weitem Oberteil verschüchtert stand. „Das ist ja noch ein Kind“, fuhr die Dame vor der Tür aus. „Wie kommen sie dazu ein Kind bei sich zu haben, Herr Uchiha?“ „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht. Schönen Tag noch“, entgegnete der Uchiha verabschiedend und mit dem Rest Höflichkeit, was er noch für diese Frau übrig hat, bevor er die Haustür verschloss und sich zu Sasuke umwandte. „Hey“, machte der Student unbeholfen und trat einen Schritt näher zu Sasuke. „Tut mir Leid, dass du das mitkriegen musstest. Sie ist `ne dumme Pute.“ Sasuke wandte den Blick ab. Itachi hatte sie bei ihm entschuldigt. Seit langer Zeit, war er der erste Mensch, der das getan hatte. Doch dazu bestand kein Anlass. Itachi hatte nichts getan, wofür er sich hätte entschuldigen müssen. „Es ist meine Schuld, nicht wahr?“, fragte er leise und wie von selbst, wanderten seine Hände in die Taschen der Jogginghose. Auf der Straße hatte ihn diese Geste oftmals geschützt. Nicht nur vor kalten Fingern, sondern auch vor den Menschen. Irgendwie wirkte er so stärker. Gelassener und cooler hatte ihm mal jemand gesagt, dabei war er weder stark noch gelassen oder gar cool. „Oh nein. Nein, Sasuke“, wehrte Itachi ab. Er trat noch einen Schritt näher und legte dem Jugendlichen beide Hände auf die Schultern. „Nichts von alledem ist deine Schuld, hörst du?“ Itachi war davon überzeugt, was er sagte. Nichts von den Dingen, die Sasuke geschehen waren oder um ihn herum geschehen waren, war seine Schuld. Es waren immer die Menschen – die falschen Menschen – die in seine Nähe kamen und dafür sorgten, dass er sich schuldig fühlte. Sasukes Peiniger, Sasukes Mutter, seine Nachbarin. Sasuke hob den Kopf und sah, dass Itachi wirklich der Überzeugung war, dass es nicht seine Schuld sei. Doch er selbst wusste es besser. Wenn er nicht hier wäre, dann hätte Itachi sich sicherlich keinen Ärger mit der Frau eingehandelt. Dann hätte er an den Putzdienst und ans Schneeschippen gedacht, denn dann wäre ja schließlich Sasuke nicht gewesen, um den sich Itachi hatte kümmern müssen. Und wenn er nicht hier wäre, wäre Itachi jetzt nicht krank. Und dass Itachi krank war, davon war er fest überzeugt. Die zuvor schon blasse Haut des Älteren war noch blasser, seine Augen hatten einen fiebrigen Glanz, seine Stimme war kratzig. „Ich kann das übernehmen. Schnee schippen und den Putzdienst, mein ich“, schlug Sasuke kleinlaut vor. Das wäre kein großes Ding. Daheim hatte er das immer getan. Seine Mutter hatte sich ja nicht gekümmert und bevor es Stress mit den Nachbarn wegen einem dreckigen Flur gab, hatte er das übernommen oder bevor jemand auf dem vereisten Weg ausrutschte, hatte er morgens mit schmerzenden Gliedern von der Nacht und den Dingen, die Kabuto mit ihm angestellt hatte, den Schnee fortgemacht. „Quatsch, das musst du nicht tun, Sasuke“, winkte der Ältere sofort ab. „Das wär’ okay, weißt du. Ich bin’s gewohnt.“ „Du bist es gewohnt?“, hackte Itachi nach und schaute dem Jungen in die dunklen, traurigen Augen, während dieser nur nickte. „Hab’s zu Hause auch immer gemacht“, hörte Itachi den Jungen murmeln und verstärkte sanft den Druck seiner Hände auf den schmalen Schultern. „Hier musst du es nicht tun. Ich hab einen Kumpel, der macht das, wenn ich keine Zeit hab. Ich ruf den gleich an.“ Durch seinen Job, die Uni und das Modeln, war Itachi immer zeitlich ziemlich eingeschränkt, weswegen es sich irgendwann ergeben hatte, dass Kisame Hoshigaki, ein Typ aus dem Nebenhaus und einer seiner Freunde, den monatlichen Putzdienst des Hausflures und der Kellerräume, sowie Fegdienste des Innenhofes und das Schneeschippen im Winter für etwas Geld übernahm. Enttäuscht, wieder nichts für den Älteren machen zu können, blickte Sasuke auf den Flurboden, doch als er den Blick wieder hob, sah er in Itachis lächelndes Gesicht. „Geh schon mal in Wohnzimmer. Ich komm gleich nach“, schlug Itachi vor, woraufhin Sasuke ins Wohnzimmer verschwand und sich da auf einen der Sessel sinken lies. Itachi war krank. Vielleicht wollte er sich dann lieber aus Sofa legen. Er war bestimmt noch müde, obwohl es schon so spät war. Itachi sah nicht gut aus. So kränklich und wieder bekam Sasuke ein schlechtes Gewissen. Nur wegen ihm, war Itachi zweimal bei Dreckswetter draußen rumgerannt. Um ihn zu suchen und deswegen war er jetzt krank. Das war doch nicht fair. Sasuke wollte nicht Schuld sein, dass es Itachi schlecht ging, denn erst durch den Älteren, ging es ihm für einige Momente gut. Er hatte ein Dach über dem Kopf, einen warmen Schlafplatz, durfte essen, trinken und duschen. Durfte sogar lesen. Das war mehr, als er je von einem fremden erwachtet hatte. Obwohl Sasuke in seinen Gedanken versunken war, bemerkte er, dass Itachi ins Wohnzimmer kam und sich, wie von ihm vermutet, auf dem Sofa niederließ. Er legte die Beine hoch und bettete den Kopf auf dem Kissen, das er Sasuke für die Nächte zur Verfügung gestellt hatte. Itachi registrierte gar nicht, dass es das es Sasukes Kissen war. Er war nur einfach so hundemüde, dass er sofort wieder ins Bett gehen könnte. Es war lange her gewesen, seit er das letzte Mal von einer Krankheit heimgesucht wurden war und das was er nun hatte war keine einfache Erkältung. Es war nichts Schlimmes, so war es nicht, aber es waren lästige Kopfschmerzen, seine Nase lief und wahrscheinlich hatte er auch noch Fieber, so wie er sich fühlte. Ätzend! Itachi wandte seinen Kopf zur Seite, sodass sein Blick auf den Couchtisch und das dort liegende Buch fiel. „Hast schon gelesen? Wie lange bist du denn schon wach?“, fragte der Erwachsene und lauschte der leisen Antwort. „Schon was länger“, murmelte Sasuke, wusste nicht genau, wie lange er wach gewesen war. „Ich… hoffe das war okay.“ Der zweite Satz bezog sich eindeutig auf das Lesen des Buches, woraufhin Itachi den Kopf schütteln musste. „Natürlich war es okay, Sasuke. Ich hab doch gesagt, du kannst alles hier lesen, was du lesen möchtest.“ Er schwieg eine Weile, schaute an die Decke des Raumes, bevor er für ein paar Minuten die Augen schloss. Sasuke schien heute mehr in Ordnung zu sein, als er es gestern gewesen war, aber dennoch wirkte er immer noch so schüchtern und scheu wie vorher. So leicht würde wohl niemand ihn dazu bringen können, dieses Verhalten abzulegen. Das war verständlich, fand Itachi. Bei den Dingen, die dem Jugendlichen zugestoßen waren. „Hast du eigentlich schon was gegessen?“, wollte Itachi nach einigen Minuten der Stille wissen. Sasuke schüttelte den Kopf, wurde sich dann aber bewusst, dass Itachi, so wie er auf dem Sofa lag, das ja nicht sehen konnte, weswegen er leise verneinte. „Ich kann uns gleich was machen“, schlug Itachi vor und wollte sich schon aufsetzten, als er Sasukes zurückhaltende Stimme vernahm. „Ich… hab gar keinen Hunger… und… ich meine… ich kann dir einen Tee machen, wenn… wenn du willst.“ „Das brauchst du nicht“, sagte Itachi mit ruhiger, sanfter Stimme. „Ich kann mir auch selbst einen machen, aber danke.“ „Ich wollte nur… du… du bist krank und ich wollte… Entschuldige“, stammelte Sasuke. Itachi fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Er konnte sich genau vorstellen, wie Sasukes Gesichtsausdruck jetzt wohl aussah und dass er im Sessel zusammensackte, nur weil Itachi nicht wollte, dass er hie die Putze oder seine Dienstmagd spielte. Itachi seufzte leise, fast lautlos. Sein Kopf brummte und ein Tee würde vielleicht wirklich helfen. „Ein Tee wäre super", sagte er daher, wandte seinen Kopf umständlich dem im Sessel sitzenden Sasuke zu und grinste. „Weißt du wo der Kram ist?" „Teebeutel und so?", fragte Sasuke kurz und nickte dann. "Im Schrank über dem Herd. Der Wasserkocher steht neben dem Toaster." Itachis Grinsen wurde breiter, bevor es sich wieder lichtete, als der Jugendliche leise sagte: „Entschuldige... ich... ich hab's letztens gesehen, als du... als du Tee gemacht hast." „Hey", machte Itachi gedehnt. „Kein Problem okay? Ehrlich nicht. Ist doch gut, wenn du weißt wo mein Kram ist. Wenn ich es nicht weiß, weiß es wenigstens einer von uns." Der Ältere grinste wieder breiter und entlockte mit seinem Witz auch Sasuke ein kleines, fast unbemerkbares Lächeln, bevor dieser aufstand und aus dem Wohnzimmer hinausging. „Hey, Sasuke", hörte der Jugendliche Itachis Stimme aus dem Wohnzimmer, als er im Flur war. „Vergiss nicht, dir auch was zu trinken zu nehmen, hörst du?“ Da bemerkte auch Sasuke sein Lächeln. Es war ein guter Morgen. Er fühlte sich wohl. Und er war Itachi sehr dankbar dafür, dass er dafür sorgen konnte, dass er sich wohl fühlte. Sasuke ging in die Küche, holte einen Teebeutel aus dem Schrank über dem Herd, füllte Wasser in den Wasserkocher neben dem Toaster, erwärmte es, schüttete es in eine große Tasse, gab den Teebeutel dazu, zwei Stücke Zucker aus dem Schrank. Er gab keine Milch hinein, weil er nicht wusste, ob Itachi das mochte. Mit der dampfenden Tasse in der Hand, wollte er schon zurück ins Wohnzimmer gehen, ehe er sich daran erinnerte, dass Itachi gesagt hatte, er solle sich selbst auch etwas zu trinken mitbringen. Sasuke hatte keine Lust auf Tee, er wollte nichts Warmes, weswegen er ein Glas aus dem Schrank nahm und schon kurz davor war, wieder Leitungswasser hinein laufen zu lassen, als ihm bewusst wurde, dass Itachi das gar nicht gut heißen würde, weswegen er unter der Spüle den Schrank öffnete, wo die Getränke drin waren. Er wollte schon nach dem Sprudelwasser greifen, als er eine Flasche Saft sah, von der Sorte, die sein Vater auch immer für ihn gekauft hatte. Er würde gerne etwas von dem roten Saftmix trinken, aber er wollte nicht unhöflich sein, weswegen er doch nach dem Wasser griff, etwas in das Glas schüttete, die Flasche wieder wegstellte und dann mit beiden Gefäßen zurück ins Wohnzimmer ging. Er gab Itachi, der nun nicht mehr lag, sondern mehr oder weniger aufrecht saß, die Tasse in die Hand und setzte sich selber wieder in den Sessel. Er nahm einen Schluck von seinem Wasser, während er Itachis Blick auf sich spürte. „Du musst nicht immer Wasser trinken, Sasuke“, sagte er mit ruhiger Stimme. Itachi hatte schon gemerkt, dass der Junge, wenn er Durst hatte, höchstens um ein Glas Wasser bat und nur etwas anderes, wie Tee oder Kakao trank, wenn Itachi es ihm vor die Nase stellte. Dabei hatte er eine Menge vom gestrigen Einkauf da. Cola, Säfte, Milch – sogar Eistee, denn er sonst höchstens im Sommer kaufte, aber er hatte gedacht, ein Jugendlicher würde vielleicht gerne Eistee trinken. „Ich weiß… aber…“, murmelte Sasuke und verstummte. Er sollte Itachi nicht widersprechen. Vor allem nicht dann, wenn dieser es nur wieder gut meinte. Würde er damit anfangen – Itachi zu widersprechen – fürchtete er, würde es nachher für ihn wie selbstverständlich werden, an dessen Kühlschrank zu gehen, die Dusche zu benutzten und das wollte er nicht. Nichts von alle dem hatte für ihn selbstverständlich zu werden. Er war hier nur ein Gast. Itachi könnte ihn, wann immer er wollte, vor die Tür setzten. Dessen wollte Sasuke sich immer bewusst sein, damit sein Weggehen nach Weihnachten nicht so schmerzen würde. Itachi seufzte erneut leise auf. Bei solchen Grundbedürfnissen sollte Sasuke nicht so zurückhaltend sein. Er sollte nicht fragen, ob er duschen gehen dürfte, wobei Itachi die Frage danach ja so gerade noch verstand. Aber die Frage, ob er was Trinken dürfe oder ob er auf Toilette dürfe – das waren Dinge, wonach kein Mensch sollte fragen müssen. „Wir können nachher was zusammen kochen“, schlug Itachi vor. „Hast du Lust?“ „Klar“, murmelte Sasuke, hoffte, dass es die Richtige Antwort war. Es war gut, wenn er Itachi beim Kochen helfen konnte, wenn ihm schon nicht erlaubt wurde, die Putzarbeiten im Flur und den Schneedienst zu erledigen, wollte er sich wenigstens da nützlich machen. Das war er Itachi mehr als schuldig. „Und wenn du willst“, hörte Sasuke dann wieder die Stimme des Älteren, „Können wir morgen mal nach einem Weihnachtsbaum gucken gehen. Im Keller müsste ich noch einen Karton mit Kugel und so haben.“ „Einen Weihnachtsbaum. Ehrlich?“ Sasuke bemerkte seine fröhliche Stimme nicht, doch Itachi fiel es genaustes auf. Und in diesem Moment wurde ihm plötzlich warm ums Herz. Ein Junge – der auf dem besten Weg war ein Mann zu werden und schon so viel in seinem Leben hatte durchstehen müssen – freute sich so sehr über einen geschmückten Tannenbaum. „Ja“, sagte Itachi deswegen nur, woraufhin er in Sasukes Gesicht den Ansatz eines glücklichen Lächelns sehen konnte, ehe er Junge mit glänzenden Augen auf seinen Schoß blickte. Sasuke zog die Beine an, sodass er im Schneidersitz im Sessel saß und sagte leise: „Seit Papas Tod… hatten wir keinen Tannenbaum mehr und… Papa und ich… haben den immer geschmückt.“ „Das haben mein Vater und ich auch immer gemacht, als ich noch klein war“, erzählte Itachi. „Und am Ende hat er mich hochgehoben, damit ich die Spitze anstecke. Einmal hab ich sie nicht richtig befestigt und sie ist ihm auf den Kopf gefallen.“ Er stoppte kurz und trank noch einen Schluck Tee. „Da war ich neun oder zehn. Ich weiß es nicht mehr genau. Aber auf jeden Fall war das das letzte Jahr Weihnachten, an dem wir den Baum zusammen geschmückt haben.“ Itachi erinnerte ich noch genau an diese Zeit. Damals war er für knapp vier Jahre auf ein Internat in England gegangen und wenn er dann zu den Weihnachtsferien heim kam, war der Baum schon geschmückt gewesen. Als er dann als Teenager, mit vierzehn war’s glaubte er, von dem Internat ging, fand er sich schon zu alt, um noch mit einem alten Herrn den Baum zu schmücken. So war ihnen die Tradition abhanden gekommen, was Itachi manchmal traurig stimmte. Viele Traditionen waren seinem Vater und ihm damals abhanden gekommen. Das Drachensteigen lassen im Herbst, der erste Freibadbesuch mit seinem Vater – denn hatte er dann durch die Gesellschaft Freunden ersetzt, das zu Bettbringen am Wochenende, das Wecken mit Pfannkuchen und Kerzen an seinem Geburtstag. Obwohl er sich noch heute gut mit seinem Vater verstand, hatte er einen Teil von ihm, im Alter von neun oder zehn Jahren verloren. Wie musste das dann erst für Sasuke sein, den Vater ganz zu verlieren. Schrecklich. Grausam, schoss es Itachi durch den Kopf. „Papa hat immer den Pick-up von einem Arbeitskollegen ausgeliehen und wir haben den Baum zusammen gefällt und er hat mir von Ländern erzählt… wo es riesige Tannen gibt und unheimlich viel Schnee.“ Sasuke stoppte und schaute Itachi kurz an. Er sollte nicht so viel reden. Vielleicht ginge er Itachi sonst noch auf die Nerven, obwohl es für ihn schön gewesen war, mal Dinge über seinen Vater zu erzählen. Dinge, auf die er stolz war, wie das Baumfällen. Soweit Sasuke sich erinnern konnte, war sein Vater schon immer ein Abenteurer gewesen. „Ist dein Vater viel gereist?“, hörte er dann Itachis Stimme und blickte auf. Er nickte bejahend. Itachi war nicht genervt von ihm. Itachi interessierte sich – er hörte zu. Das war ein gutes Gefühl. Sasuke trank noch einen Schluck Wasser aus dem Glas, ehe er erzählte: „Bevor ich geboren wurde… ist er viel rumgereist. Er war sogar in Kanada und Neuseeland. Und dann in Irland ist er… ist er hängen geblieben. Er hat das Land geliebt.“ „War dein Vater kein Ire?“, hörte er eine weitere von Itachis Fragen. Es war lange Zeit her, dass Sasuke ich normal mit jemandem unterhalten hatte. Er hatte zwar mit Itachi geredet, mit Kakashi und mit Shizune, aber meisten… meistens waren es keine Unterhaltungen gewesen – eigentlich nie. Das hier war es. Itachi erzählte. Dann erzählte er und Itachi fragte. „Nein“, meinte Sasuke, trank den letzten Schluck Wasser und fügte an: „Er kam aus England… meine Mutter ist Irin, aber…“, er verstummte, als es an der Tür schellte und Itachi, mit den Worten: „Keine Sorge, nur der Kumpel von dem ich eben gesprochen habe“, aufstand um zu öffnen. Sasuke nahm es Itachi nicht übel, dass er ging und sie nicht weiter reden konnten. Diese paar Minuten waren besser als vieles, was Sasuke in den letzten Jahren geschehen war. Und er fühlte sich seinem Vater plötzlich so nah. Seinem Vater, dem intelligenten Professoren, dem Hobbybaumfäller, dem Abenteuer, dem englischen Mann mit dem Herzen eines Iren. to be continued by Jessa_ Kapitel 27: Do they know its christmas? --------------------------------------- Kapitel 27: Do they know its christmas? It's Christmas time There's no need to be afraid At Christmas time We let in light and we banish shade Kochen konnte Sasuke. Das war kein Problem. Er hatte immer für seine Mutter sorgen müssen. Das sie was zu Essen bekam und dass ihre Freunde, die regelmäßig zu Besuch waren, ebenfalls versorgt waren. Bier bringen, Sandwichs machen, Nudeln kochen, Pizza aufwärmen. Darin war er ein Meister. Wenn es nicht schnell genug ging, schlug ihn der beste Freund seiner Mutter vor allen Anwesenden. Manchmal sogar, wenn er noch einen Teller in der Hand hatte. Einmal, daran konnte Sasuke sich noch genau erinnern, hatte er drei Tassen Kaffee in den Händen gehabt und er war, nach dem Ermessen Kabutos, nicht schnell genug gewesen, diese zu bringen. Bei dem Klaps auf den Hinterkopf war es Sasuke noch möglich gewesen, die Tassen zu halten, sodass nur ein wenig überschwappte und auf dem Teppich vor dem Sofa landete. Genau vor Kabutos Füße. Hätte das heiße Getränk ihn getroffen, hätte er Sasuke tot geprügelt, davon war der Junge überzeugt. Stattdessen hat er ihm nur eine heftige Ohrfeige verpasst, bei der eine Tasse gefallen war und die anderen beiden gänzlich auf Sasukes Oberkörper schwappten. Vor Schmerzen hatte er geschrieen, so weh hatte das getan, und war in sich zusammen gesackt. Niemand hatte ihm etwas zum kühlen gegeben, er wurde gezwungen das T-Shirt vor allen Anwesenden auszuziehen und hatte an diesem Tag kein Neues bekommen. Unter Schmerzen hatte er die Scherben der gefallenen Tasse aufheben müssen, neuen Kaffee machen und bringen und dann den Boden wischen müssen. Vor Kabutos Füßen hatte er gekniet und den Teppich gereinigt. Er war sich so wertlos vorgekommen. „Kannst du die Nudeln abschütten?“, drang Itachis Stimme an sein Ohr. Sasuke nickte eilig, als er sah, dass Itachi keine Hand frei hatte, sondern in der Soße rumrührte und Gewürze zugab und dabei auch noch auf das dünstende Gemüse achtete. Mit leicht zitternden Händen, durch die Erinnerungen an die Verbrennung, nahm er den Topf vom Herd und goss das heiße Wasser samt Nudeln in das dafür vorgesehene, in der Spüle stehende Sieb ab. Das Sieb mit den Nudeln reichte er Itachi herüber, der diese in eine Ofenschüssel gab, als im Radio das Lied ausklang und die Nachrichtensprecherin zu reden anfing. „Es ist 6.30 Uhr am Abend, Sie sind bei Drivetime, mein Name ist Mary Wilson, Guten Abend.“ Sasuke beobachtete Itachi dabei, wie er das Gemüse zu den Nudeln in die Ofenschüssel gab und dann die Soße vorsichtig darüber schüttete und Käse obendrauf verteilte, während sie beide stumm den Nachrichten im Radio lauschten. „Auf den Tag genau vor dreiundzwanzig Jahren starben sechs Menschen bei dem Bombenanschlag auf das englische Kaufhaus Harrolds. Als Täter wurden damals Mitglieder der IRA vermerkt. Heute, zu Zeiten in der die Wirtschaftskrise unser Land besonders hart trifft, sind die Gedanken an die IRA, die sich selbst als Unabhängigkeitskämpfer sahen, präsenter denn je“, dröhnte die sonore Frauenstimme aus dem Radio. Sie bat um Gedenken für die Verstorbenen und informierte über die IRA, was Itachi dazu bracht, das Radio abzudrehen. „Ich kann mir das nicht anhören.“ Er ging zurück, nahm die Ofenschüssel in die Hand und schob sie in den Ofen, den er schon vorgewärmt hatte und nun höher stellte, bevor er sich einen Kaffee einschenkte und an den Küchentisch setzte. „Mein Vater hat immer gesagt, sie hätten irgendwie Recht“, warf Sasuke ein, blieb dort stehen, wo er stand und blickte Itachi an, wartete seine Antwort ab. Er konnte schließlich nicht wissen, ob es Itachi doch zu nervig wurde, Dinge über Sasukes Vater zu hören. „Die IRA? Bullshit!“, murrte Itachi und trank einen Schluck Kaffee, als ihm bewusst wurde, dass er Sasuke indirekt den Mund verboten hatte, auch wenn seine Äußerung auf einen ungebeutelten Jugendlichen keinerlei Anlass gegeben hätte, nicht zu antworten. „Warum dachte dein Vater das?“, fragte Itachi mit freundlicher Stimme nach. „Er meinte… jeder Mensch hätte ein Recht auf… auf Freiheit und auch dieses Land hätte es.“ „Ja“, sagte Itachi nur, schaute auf die Platte des Tisches, bevor er sich an seinen jungen Mitbewohner auf Zeit wandte. „Was denkst du darüber?“ „Ich…“, fing Sasuke an und lies das Thema im Raum stehen, bevor er endlich die Worte fand, die raus sollten. „Ich glaube irgendwie hat er Recht, aber… der Weg der IRA war falsch.“ Gewalt konnte nicht mit Gegengewalt bezwungen werden. Er glaubte das zu wissen, auch wenn er sich nie gewehrt hatte, gegen die Menschen, die ihm seine Freiheit hatten nehmen wollen, indem sie ihn zerstörten. Itachi war sich bewusst, dass Sasuke eine ziemlich erwachsene Einstellung zu dem Thema hatte, was fast einen jeden Iren irgendwann beschäftigte. Die IRA. Wahrscheinlich wusste er darüber Bescheid. Von seinem Vater. Von damals. Sasuke war kein dummer Junge, dessen war Itachi ich auch bewusst. Wahrscheinlich war er sogar ziemlich intelligent und wissbegierig, nur wurden diese Seiten von ihm verdeckt und überschattet von seiner Angst, seiner Zurückhaltung und von den Dingen, die ihm zustoßen waren. „Wie auch immer“, murmelte Itachi dann, bevor er einen weiteren Schluck seines Kaffees nahm. „Lass uns nicht über Politik reden. Reicht schon, dass mein Vater immer versucht hat, mich dafür zu begeistern.“ „Magst du… magst das Thema nicht?“, hörte Itachi Sasukes schüchterne Stimme. Der Ältere blickte auf und stellte fest, dass Sasuke immer noch so dastand, wie vorher. Er konnte sich doch ruhig setzten, was zum Trinken nehmen. Aber ihm das immer sagen würde auch nicht gut sein. Itachi glaubte, das lies sich Sasuke nur noch schlechter fühlen. Sich mit ihm zu unterhalten war eindeutig besser, auch wenn es über Themen war, die ihn nicht interessierten. „Es hat mich nie interessiert“, gab Itachi deswegen zu und grinste leicht. „Dich etwa?“ „Schon… ein bisschen, ich meine… ich hab ja nicht sonderlich viel mitbekommen… die letzten Jahre und…“, er verstummte. Sasuke war schließlich seit über einem Jahr nicht mehr in der Schule gewesen. Er hatte so viel Stoff verpasst. Er selber fand sich sogar richtig ungebildet. Er schämte sich. „Schon okay“, hörte er dann Itachis Stimme und schaute dem Älteren in die Augen. „Ich versteh schon was du meinst, Sasuke.“ Itachi erhob sich, griff an Sasuke vorbei nach zwei Gläsern, füllte eines mit Cola und wandte sich dann an seinen Schützling. „Magst du auch was?“ Itachi hatte seine Meinung geändert. Er hatte wieder gesehen, wie verschüchtert Sasuke zuvor gewesen war und wollte den Jungen unbedingt dazu bringen, sich nicht dafür zu genieren zu Trinken oder zu Essen anzunehmen. Sasuke hingegen zweifelte. Wie immer wenn Itachi ihm etwas anbot. Doch eigentlich musste er ja zustimmen, schließlich hatte der Uchiha ihm schon ein Glas hinaus genommen. Aber Sasuke mochte keine Cola. Er hatte nie welche gemocht. Fanta und so was war okay gewesen, aber auch davon war er nie ein großer Fan. Lieber hatte er als Kind so was wie Saft oder Eistee getrunken. Aber auf der Straße hatte er gelernt, nicht wählerisch zu sein, weswegen er schlicht nickte. Er würde das nehmen, was Itachi ihm gab. „Was willst du denn?“, erreichte ihn dann Itachis Frage. Sasuke biss sich leicht auf die Lippen, während er seien Kopf gen Boden senkte. Er hoffte, dass es Itachi nicht sah. Der wollte schließlich nicht, dass er sich auf die Lippe biss. Sasuke würde gerne nach Saft fragen. Nach dem roten, den er im Unterschrank gesehen hatte, aber er wollte schlicht nicht unhöflich sein. Auch wenn sein Verhalten wahrscheinlich total dämlich war und vielleicht auch kindisch, konnte er nicht einfach um irgendwas bitten. Das ging nicht, nachdem Itachi schon soviel für ihn getan hat. „Kann ich Wasser haben?“, fragte er deswegen. Wasser schmeckte ihm nicht nur viel besser als Cola, es war auch noch billiger im Laden und auch wenn es nicht der leckere Saft war, würde es den Durst löschen. „Klar“, hörte er Itachis Stimme, sah wie dieser in den Unterschrank griff und eine Flasche Mineralwasser herausholte. „Du kannst aber gerne auch was anderes haben. Ehrlich.“ Sasuke nickte nur, in der Zustimmung, dass er das wusste, nahm dennoch aber das ihm hin gehaltene Wasserglas an sich und gab sich damit zufrieden. Für ihn war sauberes Wasser zum Trinken schon gut genug. Auf der Straße hatte er des Öfteren nur vom Regenwasser in Abfallbechern oder Leitungswasser aus heruntergekommenen Waschbecken in Bahnhoftoiletten gelebt. Nachdem sie beide ihr Getränk ausgetrunken hatten, deckten sie gemeinsam den Tisch. Das heißt: Itachi gab Sasuke da Besteck und dieser legte es so hin, dass man davon essen konnte. Dann nahm Itachi den mittlerweile fertig gebackenen Auflauf aus dem Ofen. Da die Nudeln und die Soße schon vorgekocht waren und das Gemüse schon gedünstet, musste es nicht lange backen, nur so das der Käse schmolz. Als die Kochvorgänge hatte Itachi aus dem Stehgreif gekonnt. Nudelgemüseauflauf war eins seiner leichtesten Übungen. Da konnte er noch so einiges mehr. Itachi schöpfte zunächst auf Sasukes Teller auf und dann auf seinen, bevor er sich vor den Getränkeschrank kniete und fragte: „Was darf es sein?“ „Ich… Wasser ist okay“, murmelte der schon sitzende Sasuke und nickte zustimmend. „Komm, Sasuke. Trink mal was anderes. Ich hab soviel gekauft und wenn nicht wir beide davon trinken, wird es nachher schlecht. Also, was willst du?“ „Das… das…was du…“, fing der Junge an, wurde jedoch vom Älteren unterbrochen. „Nein, du suchst dir selbst was aus. Nicht, dass was ich auch nehme, außer du willst es wirklich. Mach schon, Sasuke. Ich hab Hunger.“ Normalerweise würde Sasuke sich nun fürchten. Er würde denken, er verschwendete Itachis Zeit mit seinem dämlichen und kindischen Verhalten, aber dieses Mal dachte er es nicht. Denn die Stimme mit der Itachi das Gesagte gesagt hatte, war feixend und sein Grinsen verriet dem Jungen zusätzlich das er spaßte. „Dann…“, murmelte der Teenager deswegen und linste auf die Tischplatte. „Kann ich was von dem Saft haben? Dem Roten.“ „Natürlich“, vernahm er Itachis Stimme, sah wie der Erwachsene sich erhob, ihm ein Glas von dem süßlichen Saft eingoss und sich selbst etwas von dem Mineralwasser, dass noch auf der Küchentheke stand, bevor er sich ebenfalls hinsetzte und einen guten Appetit wünschte. „Dir auch“, sagte Sasuke leise und nahm ein bisschen mit der Gabel vom Teller, was er dann probierte. „Und ist es gut?“ Zuerst nicht Sasuke nur, nahm noch einen bisschen und sagte dann: „Ja, sehr gut.“ „Freut mich. Wir machen den Rest morgen Mittag warm, okay? Nach dem Tannebaumkaufen.“ Wieder nickte Sasuke und freute sich im Geheimen schon unheimlich auf den morgigen Tag. Sie würden einen Baum holen und schmücken. Das hatte er schon so lange nicht mehr gemacht. ~~ Die Heizung im Auto war hoch angedreht. Es war wieder kälter draußen geworden. Schneite ein bisschen. Schnee in Irland war nicht ungewöhnlich, aber es war auch nicht die Regel. Überhaupt regnete es mehr. Aber dieser Winter war für irische Verhältnisse recht hart, sodass zwischenzeitlich sogar der Flugverkehr nach Dublin gesperrt wurde. Nicht für lange, aber dennoch. Itachi wendete an der Kreuzung, weil er die Ausfahrt verpasst hatte und schielte zu Sasuke. Der trug eine der neuen Jeans, einen neuen Pullover unter der dicken Winterjacke und Handschuhe. Itachi glaubte, es machte Sasuke doch nicht so viel aus, die Kleidung zu tragen, in der er vergewaltigt wurde, wahrscheinlich verband er das gar nicht wirklich miteinander. Die Sachen waren gewaschen. Deswegen hatte Sasuke wohl kaum Probleme damit gehabt, die Jacke anzuziehen. Er wusste schließlich, dass sie ihn wärmte. Die neuen Sachen, die Itachi ihm noch am morgen gegeben hatte, waren Sasuke jedoch nur wieder unangenehm gewesen. Itachi glaubte, dass der Junge sich denken konnte, wie viel die Sachen ungefähr gekostet hatten, deswegen war es auch nur natürlich, dass er sich schämte oder sich schuldig fühlte, aber Itachi verlangte keines von diesen Gefühlen. Ein einfacher Dank reichte für ihn allemal aus. Und später hatte Sasuke ja auch eingesehen, dass er was Ordentliches zum Wechseln brauchte, vor allem dann, als Itachi mit dem Argument kam, er könne und wolle nicht jeden Tag waschen. Der Ältere hatte schon gemerkt, dass er Dinge, die er für Sasuke tat, oft so unterlegen musste, dass der Jüngere glaubte, sie wären auch für ihn eine Erleichterung und nicht nur für Sasuke. Schon von weitem, als Itachi dann endlich die richtige Ausfahrt erwischt hatte, sah Sasuke den Platz, an dem die Bäume verkauft wurden. Sie parkten in der Nähe und gingen darauf zu. Sie hatten Glück, dass wusste Sasuke, als er die hübschen Tannen sah, die in nicht allzu weiter Entfernung verkauft wurden. In Irland war die Tradition der Christbäume noch nicht so verbreitet wie Beispielsweise in Deutschland oder in den USA, hatte sein Vater ihm damals erklärt und die meisten Iren mussten weit fahren, um einen zu besorgen oder ihn selber fällen, so wie sein Vater es immer getan hatte. Die Verkäuferin war nett, bot ihnen einen nicht so großen, aber durchaus guten Baum zu einem fairen Preis, denn ihr Mann dann noch fest verpackte und ihn Itachi reichte, sodass er angenehm zu Tragen war. Keine große Sache, nur das Kaufen eines Baumes, normaler Ablauf vor Weihnachten im Leben einer Familie, doch für Sasuke war es eine besondere Sache gewesen, denn er hatte schon lange auf normale Dinge, die in normalen Familien gemacht wurden, verzichten müssen. Eigentlich seit sein Vater tot war, denn schließlich hat da seine Mutter aufgehört sich um ihn zu sorgen. Mit gerade mal elf Jahren, als er schon die ersten Schläge von Kabuto kassiert hatte, war er – als der verdammte Kerl endlich abgehauen war – mit von den Schlägen geröteten Wangen zu seiner Mutter gegangen, die im Wohnzimmer mit eine Bierflasche gehockt hat. Sasuke wusste noch genau, wie er sie leise gefragt hat, ob Kabuto wiederkommen würde und als sie nickte und freudig sagte, er käme ab jetzt öfter, da ihr Ehemann nicht mehr da war, fragte er nach dem Warum, woraufhin sie nur mit den Achseln zuckte. Weil sie ihn mochte, hatte sie damals gesagt, weil er ihr bester Freund war und vielleicht irgendwann auch mehr. Mehr war er nie geworden, denn anscheinend interessierte er sich nur für kleine Jungs. Aber das wusste er damals noch nicht und hatte mit kindlicher Naivität seine Mutter umarmt, den Alkoholgeruch in ihrem Atem vernommen und trotzdem gesagt, dass er nicht wollte dass der Mann zurückkam. Wieder hatte sie damals nur nach dem Warum gefragt und teilnahmslos auf seinen Rücken geklopft, woraufhin er sich mehr an sie gedrückt hatte – an seine Mama, die er liebte und die für ihn da sein sollte – und hatte ihr gesagt, dass der Mann ihm wehtat. Deswegen wollte er nicht, dass er zurückkam. Aber er kam zurück. Immer und immer wieder und immer wurde es schlimmer. Sasuke schüttelte den Kopf, als sie am Auto ankamen und Itachi schon den Baum verstaut hatte. Er musste diese Gedanken verdrängen, schoss es ihm durch den Kopf, als er einstieg und hörte, wie Itachi zuerst den Motor startete und dann die Musik andrehte. Sasuke mochte die Musik, die der Ältere hörte. Sie waren nicht zu hart, aber auch keine Schnulzen. Hörten sich gut an, angenehm, obwohl die Texte ihn manchmal traurig stimmten, denn hauptsächlich hörte Itachi traurige oder wenigstens melancholische Lieder, die eine gewisse Schwere besaßen. Aber Sasuke glaubte, Itachi hatte einen Drang nach dem Traurigen, sonst hätte er ihn doch niemals so uneigennützig aufgenommen. „Hey, alles okay?“, wandte sich Itachi an der roten Ampel an den Jungen, der so abwesend wirkte. Er erhielt nur ein Nicken. „Okay“, sagte er deswegen, schaute den Jugendlichen noch einmal an, schaltete dann, als die Ampel umschlug und fuhr weiter. Schon bald kamen sie an dem Haus an, in dem Itachi wohnte. Sie parkten in der Garage, Itachi nahm den Baum raus und trug ihn hinaus in seine Wohnung, während Sasuke aufschließen musste, weil der Ältere keine Hand frei hatte. Auch wenn es eben Gründe dafür gab, dass Itachi nicht aufschloss, sondern er, fühlte Sasuke sich damit nicht besonders wohl, schließlich war das nicht seine Wohnung. Aber er stellte die Gedanken hinten an, schloss einfach auf und öffnete dann auch die Wohnzimmertür, wo Itachi den fest verpackten Baum erstmal auf dem Laminat ablegte, bevor er den Schlüssel wieder an sich nahm, sie beide ihre Jacken auszogen und Itachi sich auf das Sofa schmiss. Dort sprichwortartig wie ein Schluck Wasser in der Kurve sitzend, schloss er die Augen und wandte sich an Sasuke. „Kannst du Kaffee kochen?“ „Klar“, murmelte der Jugendliche nur. „Machst du mir einen?“ Wieder ein Nicken, bevor Sasuke in die Küche verschwand, Kaffeepulver aus dem Schrank nahm und Filtertüten. Er gab Wasser in die Maschine, dann die Tüte aus milchigem Papier und das Pulver, bevor er den Schalter drückte, eine Tasse heraus nahm und Zucker. Er wusste, dass Itachi keine Milch in seinem Kaffee mochte. Dunkel musste er sein und ein bisschen süß. Als Sasuke die Tasse neben die Kaffeemaschine setzte, das Zeug das er gebraucht hatte wieder wegräumte und darauf wartete, dass das heiße Getränk fertig wurde, sah er, dass er mit dem Pulver gekleckert hatte und nun viele kleine Krümel auf der Arbeitsfläche lagen. Sasuke blickte sich kurz um, fand einen kleinen Schwamm, schrubbte darüber und trocknete dann mit einem Tuch ab, bevor er auch das alles wieder an seinen Platz räumte. Gerade rechtzeitig als der Kaffee fertig wurde. Er nahm die Kanne heraus, gab etwas in die Tasse, Zucker dazu und einen Löffel, räumte auch den Zucker wieder ordentlich weg und stellte die Kanne zurück in die Maschine, bevor er ins Wohnzimmer zurückging. Itachi saß nicht mehr auf der Couch. Im Gegenteil. Er war schon fleißig gewesen und hatte den Baum aufgestellt. Dort in der Ecke, wo zuvor seine Gitarre gestanden hatte, stand nun die Tanne, nur wenige Meter vom Plattenspieler weg. Das Instrument hatte nun seinen Platz räumen müssen und stand dicht am Wohnzimmerschrank. „Gefällt’ dir? Ich meine wir müssen noch schmücken, aber sieht doch gut aus da, oder?“, fragte Itachi, kam auf Sasuke zu und nahm den Kaffee mit einem leisen Dank an sich, bevor er trank. Sasuke nickte wieder eilig, zustimmend. Der Baum sah wirklich toll dort aus. Ein Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Minderjährigen. Deswegen hatte Itachi ihn also Kaffee kochen geschickt. Wie lieb. Aber Sasuke musste auch zugeben, dass es ihm eindeutig nichts ausgemacht hatte. Tatsächlich fad er es sogar sehr gut, was für den Älteren tun zu können, selbst wenn es nur so Kleinigkeiten waren. Dass lies ihn sich nicht mehr ganz so überflüssig vorkommen, auch wenn er wusste, dass er all das, was er hier erlebte, nur Itachis Gnaden zu verdanken hatte. Noch bevor Itachi einen zweiten Schluck Kaffee nahm, stellte er die Tasse auf den Wohnzimmertisch. „Bin schnell das Dekozeug holen.“ Damit war er auch schon davon gesaust. Sasuke setzte sich in den Sessel und blickte auf das Bettzeug. Sie hatten schon Donnerstag. 18. Dezember. Am Sonntag war schon der vierte Advent und dann noch drei Tage; dann war Heiligabend. Ob Itachi ihn schon da fortschickte? Bis Weihnachten hatten sie gesagt. Was hieß für Itachi bis Weihnachten? Bis zum 27. Dezember, wenn alles vorbei war, bis zum 23. Dezember, sodass er vorher fort musste? Bestimmt, schoss es Sasuke dann durch den Kopf. Schließlich würde Itachi die Feiertage doch sicherlich mit seiner Familie und mit Freunden verbringen. Mit Menschen die ihm wichtig waren. Und nicht mit einem dummen, heimatlosen Jungen. Sasuke verstand das. Tat er wirklich. Völlig in seinen Gedanken versunken, bemerkte Sasuke Itachi erst, als dieser den Karton neben dem Weihnachtsbaum abstellte. Der Jugendliche beobachtete, wie Itachi die große Pappschachtel öffnete und ging näher. Der Uchiha hatte schöne Kugeln. Es waren zwar nicht unheimlich viele, aber der Baum war ja auch nicht riesig; es würde mit Sicherheit ausreichen. „Na, dann lass uns mal anfangen“, sagte der Ältere, griff ein paar Kugeln und hängte sie nacheinander gekonnt an den Baum. „Egal welche?“, fragte Sasuke deswegen nach. Der wollte den Plan des Uchiha nicht durcheinander bringen, sofern dieser denn einen hatte. „Häng einfach irgendwo irgendwelche hin. Am Ende wird’s schon gut aussehen.“ Das tat es. Am Ende sah es wirklich richtig gut aus! Sasuke und Itachi hatten nicht viel geredet, während sie den Baum geschmückt hatten. Aber es war trotzdem eine schöne Sache gewesen, fand Sasuke. Er hätte vor ein paar Wochen nicht geglaubt so kurz vor Weihnachten in einem warmen Wohnzimmer eine Tanne mit Christkugeln zu schmücken. Hätte man ihm das erzählt, hätte er denjenigen für verrückt erklärt. Doch hier war er nun. Und er fühlte sich wohl. Das war etwas ganz besonderes für ihn. „Danke“, sagte er deswegen, den Blick zu Boden gesengt, während Itachi den Baum prüfend betrachtete. „Danke wofür?“, hörte Sasuke dann die Stimme des Älteren und zwang sich ohne zu stottern oder zu stocken zu sagen: „Für alles. Irgendwann… irgendwann mach ich dir das alles wieder gut. …. Versprochen.“ „Ja“, sagte Itachi und schaute weiterhin starr geradeaus zum Baum hin. Auch er war sich im Klaren, dass Sasuke irgendwann um die Weihnachtstage herum – wie sie es ausgemacht hatten – oder spätestens am Anfang des neuen Jahrs fort müsste. Er konnte ihn nicht auf ewig bei sich behalten, doch diese Gewissheit schmerzte Itachi. „Ich weiß, Sasuke“, flüsterte er deswegen und schaute zu dem Jugendlichen, lächelte ihm zu, „Aber bis dahin… reicht es mir, wenn du die Dinge… die Hilfe einfach annimmst.“ Itachi sah, wie Sasuke seine Hände in der Hosentasche verschwinden lies und auch den Baum anblickte. So standen sie also da, bemerkte Itachi seufzend. Er und dieser Junge. Aus dem Augenwinkel blickte Itachi ihn an, schluckte und fällte den Entschluss Sasuke nicht ohne weiteres fortzuschicken. In die Kälte, in die Einsamkeit – dorthin wo Gefahr war. Er würde einen Weg finden, damit Sasuke ein zu Hause bekam und auch wenn er noch nicht wusste, welcher dieser Weg war, wusste Itachi, dass er alles dafür tun wird, was ihm möglich war. ~~ Am Abend, nachdem sie den Auflauf vom Vortag warm gemacht und gegessen hatten, saßen sie im Wohnzimmer zusammen, schauten einen Film, den Itachi zuvor eingelegt hatte. Als dieser zu Ende war, war es noch nicht besonders spät, obwohl die Straßenlaternen schon an waren und der Mond hoch, fast von Wolken verdeckt, am Himmel stand. Es schneite wieder. „Morgen kommen paar Freunde vorbei“, warf Itachi in den Raum. „Kakashi, Iruka und Shizune. Und Konan, sie ist meine Arbeitskollegin. Sie bringt ihren Mann mit und ihr Baby. Ist das okay für dich?“ Sasuke blickte auf seine angezogenen Beine und nickte. Warum auch nicht? Shizune hatte sich als wirklich nett herausgestellt und Sasuke brachte sie nicht mit der Vergewaltigung in Verbindung. Auch Kakashi war… nett. Sasuke war ihm nicht böse, dass er ihn zum reden gebracht hatte. Er hatte nur helfen wollen. Ihm helfen. Vor allem Itachi helfen. Das war okay. Iruka war auch okay. Er würde ihm nichts tun, er fragte zwar zu viel und sein Taktgefühl war auch nicht das größte, aber es war wirklich okay. Vielleicht war er das letzte Mal ja auch nur völlig überrumpelt gewesen, denn böse schien er nicht. Mit der fremden Konan würde er wohl auch kein Problem haben. Sie war schließlich eine Frau – vor denen hatte er immer weniger Angst als vor Männern – und sie war Mutter eines kleinen Kindes. Und ihr Mann würde ihm wohl auch nichts tun. Sasuke wusste mittlerweile, dass nicht alle Männer schlecht waren, auch wenn er vor jedem ein wenig Furcht verspürte. Itachi hatte Sasukes Nicken nicht wahrgenommen und er sorgte sich, weil der Jugendliche nicht antwortete. „Weißt du, es ist nicht so, dass du keine Wahl hättest. Du kannst was sagen und dann blas ich das ab. Kein Problem. Es ist nur so… das wir die Treffen lange planen, jeden Monat bei wem anderen und diesen bin ich eben dran.“ Es war der erste, an dem Shizune wieder dabei war. Deswegen – und überhaupt – bedeuteten ihm diese Treffen mit seinen Freunden einiges. „Du musst das nicht… abblasen“, sagte Sasuke leise. „Wenn du mich… dabei haben willst… ist das für mich… für mich in Ordnung.“ „Gut. Dann ist das beschlossene Sache. Du kannst mir ja morgen vielleicht wieder beim kochen helfen bevor die kommen.“ „Okay“, stimmte Sasuke sofort zu. Wo er helfen konnte, half er. Keine Frage. „Und wenn du willst, kannst du mir auch am Samstag helfen Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Ich hab noch nichts. Für niemanden und ich hab auch keinen blassen Schimmer was ich holen kann.“ Itachi grinste und schüttelte den Kopf. Er war so ein richtiger Kerl in der Beziehung. Wenn er nicht Urlaub hätte, hätte er die Geschenke wohl noch am Morgen vom heiligen Abend besorgt. Schrecklich. „Ja“, stimmte Sasuke zu. Auch da konnte er dem Älteren helfen. Das war gut. Solange er sich nützlich machen konnte, fühlte er sich wenigstens nicht so überflüssig. „Und Sasuke?“ „Ja?“ „Meine Eltern haben uns eingeladen. Zu ihnen am vierten Advent, zum essen. Ich hoffe, du kommst mit.“ Endlich war es raus. Endlich. Itachi hatte gar nicht gewusst, wie er Sasuke beibringen sollte, dass sein Vater verlangte, Sasuke kennen zu lernen. Er fand, er hatte seinen Satz gut verpackt und vielleicht würde Sasuke ja auch zustimmen. Itachi hoffte nur, dass Sasuke nun nicht den Entschluss fasste abzuhauen. Noch einmal würde Itachi es wohlmöglich nicht schaffen, den Jungen wieder zurück zu holen. Sasuke hingegen nickte wieder. Natürlich würde er mitkommen, auch wenn er sich im Klaren war, dass sie wohlmöglich keine nette Einladung bekommen hatten. Dass er keine nette Einladung bekommen hatte. Itachi war volljährig und er konnte vielleicht noch so nette Eltern haben, aber sie hatten ihn wahrscheinlich nur mit eingeladen, damit sie den Straßenjungen kennen lernen konnten, den Itachi so uneigennützig und in den Augen von Eltern wahrscheinlich dumm und unverantwortlich, aufgenommen hatte. Aber auch das war okay. Auch das verstand er, weswegen er nun mit einem leisen „Ja, ich komme mit“, zustimmte. Das war das mindeste, was er tun konnte. Und er würde sich niemals wagen, nein dazu zu sagen. Niemals. to be continued by Jessa_ Kapitel 28: Save the Children ----------------------------- Kapitel 28: Save the Children Who's willing to try, who's willing to try To save a world, to save a world That's destined to die, that is destined to die Am Freitag begann der Tag für Sasuke und Itachi erst spät. Sehr spät – es war schon nach ein Uhr am Mittag, als sie sich beide, fast gleichzeitig aus ihren Schlafstädten kämpfen. Itachis Kaffee dampfte noch, als er mit der Tasse ins Wohnzimmer ging und sah, wie Sasuke die Decke ordentlich zusammenlegte. „Guten Morgen, Itachi“, sagte dieser höflich, fummelte immer noch an der Decke herum, bevor er sie ordentlich über die Seitenlehne der Couch legte und nach dem Kissen griff, auf dem er schlief, um es aufzuschütteln. „Na, ich würde eher Mittag sagen, Dornröschen.“ Itachi konnte beobachten, wie sich die Augenbrauen Sasukes nachdenkend zusammenzogen. Höchstwahrscheinlich ohne dass der Junge das realisierte, denn sonst würde er es bestimmt unterdrücken. „Dorn- Dornröschen?“, wiederholte er fragend, schien sich dann zu erinnern, worum es in dem Märchen ging und wer dieses besagte Dornröschen war. „Oh… entschuldige. Ich… ich hab zu lange geschlafen?“ „Nein, keine Sorge. Bin selbst grad erst aufgestanden“, tat Itachi das sofort ab. Solche Witze, solche Äußerungen waren also doch noch unangebracht, denn Sasuke konnte sie noch nicht als das wahrnehmen, was sie waren – Unbedeutsames Gequatsche. Er konnte nicht sehen, dass Itachi ihn Dornröschen genannt hatte, um witzig zu sein; er sah nur die Kritik dahinter. Dornröschen schlief hundert Jahre lang, Synonym für Langschläfer, und dann dachte Sasuke eben er habe zu lange geschlafen. Eine natürliche Reaktion für einen Jungen, der so unsicher und von der Vergangenheit gebeutelt war wie Sasuke. Als auch das Kissen ordentlich an seinem Platz lag, blickte Sasuke auf und schaute auf die Tasse in Itachis Hand. „Ich hätte dir… Kaffee machen können“, merkte der Jugendliche leise an und senkte seine Augen wieder nieder. Itachi nahm einen Schluck, lehnte sich mit dem Ellbogen gegen den Schrank, neben dem er stand und schaute aus dem Fenster, bevor er sich grinsend an Sasuke wandte. „Ich trink so viel Kaffee am Tag, dass du mir heute bestimmt noch mal einen machen kannst und außerdem haben wir beide gleich genug Schnippelarbeit für das Essen heute Abend.“ „Okay“, meinte Sasuke dann und wollte fragen, was Itachi denn vorhatte zu kochen, aber er wollte auch nicht unhöflich sein und den Älteren schon gleich nach dem Aufstehen so voll texten. Nur weil Itachi sich in den letzten Tagen anständig und interessiert mit ihm unterhalten hatte, hieß das nicht, dass er es immer tun würde und dass es ihm in Wirklichkeit nicht auf die Nerven ging. „Och Gott, wir haben gestern Nacht vergessen den DVD-Player auszumachen. Hat dich das Blinken nicht gestört?“, fragte der Ältere nach, stellte die Tasse auf dem halbhohe Schränkchen ab und ging zu dem Gerät um es auszuschalten. „Nein, ich hab es gar nicht bemerkt. Entschuldige“, hänge Sasuke sofort an, aus Sorge Itachi gab ihm die Schuld, dass sie beide nicht daran gedacht hatten. Das wäre schade, schließlich hatte Sasuke den gestrigen Abend als ein sehr gutes Ereignis in Erinnerung und glaubte auch noch in ein paar Wochen, wenn er wieder auf der Straße war, könne er daran zurückdenken. Das Wissen, das Itachi einst da gewesen war um mit ihm Zeit zu verbringen, würde ihm Kraft geben. Vielleicht nicht so viel, wie die Erinnerungen an seinen Vater, aber die verblassten mit der Zeit immer mehr, sodass Sasuke fürchtete er könne sich bald gar nicht mehr an ihn erinnern – er hatte ja noch nicht einmal ein Foto von ihm; die waren alle noch in dem Haus, wo seine Mutter wohnte, wo einst sein Zuhause und das seines Vaters gewesen war. Gerade deswegen – weil die Erinnerungen ohne Fotoalben und Erzählungen anderer Menschen die seinen Vater gekannt hatten, verblassten – glaubte Sasuke, ein paar neue, schöne Erinnerungen könnten ihm gut tun. So wollte er nicht, dass er nun in Itachis Augen schuldig war und so eine Erinnerung im Nachhinein weniger schön war. Früher, bei seiner Mutter – nachdem sein Vater gestorben war – da war Sasuke immer an allem Schuld gewesen. Selbst für die Dinge, für die er nichts gekonnt hatte. „Und die DVD liegt auch noch drin, klasse. Wo war ich mit meinen Gedanken?“, drang Itachis fragende Stimme wieder an seine Ohren. Augenscheinlich wurde ihm keine Schuld gegeben. Itachi fragte sich, wo er selbst wohl mit seinen Gedanken gewesen war. Er sah es als seine Schuld an, seinen Fehler nicht als Sasukes; das ließ den Jungen entspannter sein. Er beobachtete den Älteren dabei, wie dieser die DVD aus dem Player holte und in die Hülle steckte, die er in den Schrank räumte, während er sich an den Abend zurückerinnerte. Sie hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht, nachdem Itachi ihm von dem Besuch der Freunde, dem geplanten Weihnachtseinkauf und dem Adventsessen bei Itachis Eltern erzählt hatte. Im Fernsehen lief zuerst eine Sendung, die er schauen wollte. Dort wurden mehrer Größen der modernen Musikgeschichte beschrieben und interviewt. Sasuke kannte die Sendung nicht und einige der Leute, um die es ging, kannte er auch nicht. Andere natürlich schon – es hatte sogar welche gegeben, die er mochte. Auch wenn er nie die Möglichkeit hatte, wie andere Jugendliche mit einem Mp3-Player Musik zu hören, hatte er Bands, die er mochte. Er lebte a nicht auf dem Mond, sondern war nur obdachlos – er war nicht völlig unwissend, was solche Dinge wie Musik und Politik und das Geschehen im eigenen Land betraf. Weil Itachi nach der einen Sendung, die irgendwann um zehn Uhr abends oder so geendet hatte, noch nicht müde war, entschied Itachi einen Film mit seinem Lieblingsschauspieler zu sehen, obwohl sie schon vor der Sendung einen Film geschaut hatten, den Kakashi Itachi vor kurzem empfohlen hatte und der wirklich lustig gewesen war.. The Wicker Man. Gut, der Film war vielleicht teilweise ein wenig heftig und Sasuke waren schon einige Dinge zugestoßen, aber er würde den Film ohne weiteres vertragen. Sie, Iruka, Kakashi und er, hatten ihn mit Irukas damals dreizehnjähriger Nichte im Kino angesehen. Und Sasuke hatte den Film vertragen, sogar das fragwürdige Ende, dass Itachi nie gemocht hatte. Wer mag schon, wenn der vom Lieblingsschauspieler gespielte Charakter im Film stirbt? Doch leider war es im Film, den sie danach angesehen hatten, und dessen DVD Itachi vorhin aus der Hülle geholt hatte, genauso gewesen, das der von Cage dargestellte Charakter am Ende verstarb, dennoch mochte Itachi dieses Ende lieber. Dort siegten wenigstens irgendwie die Guten. Sasuke sah, wie Itachi wieder seinen Kaffee nahm in die Küche ging, nachdem er ihm bedeutet hatte, mitzukommen. Dort stellte Itachi die Tasse wieder auf dem Tisch ab und machte sich daran, ein paar Brötchen in den Ofen zu schieben und Aufschnitt, sowie Besteck und Brettchen auf den Tisch zu tun. „Trinken?“, bot er Sasuke fragend an und dieser nickte leicht. Sasuke war froh, dass Itachi ihn fragte; das war immer noch besser, als selber darum bitten. Auch wenn er wirklich wusste, dass er nicht mal mehr drum bitten musste, sondern es sich eigentlich nehmen durfte, ohne überhaupt zu fragen. Dennoch hätte er, wenn Itachi nicht wach gewesen wäre, gewartet, bis der Durst wirklich schlimm geworden wäre. Sich einfach etwas nehmen – Nein, das mochte er nicht. Er tat ja nichts dafür. Und außerdem wollte er wirklich nicht, dass all das was in dieser Wohnung vorhanden war – leckere Getränke, gutes Essen, ein warmes Bett, eine Dusche, der Fernseher, DVDs… – für ihn zur Normalität wurden, denn das waren sie nicht. Schon in wenigen Tagen würde er wieder auf der Straße leben und nichts mehr von alle dem zu Verfügung haben. Sasuke setzte sich an den Tisch, merkte erst als der Ältere die Brötchen aus dem Ofen nahm und auf einen Teller legte, dass er Itachi hätte seine Hilfe anbieten müssen. „Möchtest du Tomaten? Ich habe vorgestern extra welche vom Einkaufen mitgebracht. Du mochtest die doch so gern. Erinnerst du dich? Bei ersten Frühstück hier.“ „Ja“, murmelte Sasuke, meinte eher das Erinnern und dass er Tomatem mochte, als das er welche haben wollte. Natürlich, er wollte schon welche haben, denn er mochte Tomaten wirklich gerne, aber er hätte nie so einfach ja gesagt. Er wusste natürlich, das frische Tomaten, vor allem die kleinen, guten Cocktailtomaten, die Itachi gekauft hatte, teurer waren als eine Scheibe Käse aus dem Paket. Itachi gab Sasuke ein Glas von dem roten Saft und setzte sich, die Tomaten in einer kleinen Schüssel auf dem Tisch abstellend, auch hin. Er nahm sich ein Brötchen, schnitt es und belegte es, bevor er hinein biss und sah, dass Sasuke, wie so oft, noch nicht angefangen hatte, während er schon zum zweiten Mal abbiss. „Hey“, versuchte Itachi Sasukes Aufmerksamkeit zu bekommen. „Iss ruhig.“ „Ja…“, murmelte der Junge, griff nach einem Brötchen, legte es auf seinem Teller ab, schnitt es durch und belegte es, ohne es zu buttern, mit einer Scheibe Käse. „Keine original Kerrygoldbutter…?“, scherzte Itachi mit einem Grinsen. „Das Gold der grünen Insel.“ „Ich… ich mochte Butter nie gerne…“, traute sich der Jugendliche zu sagen und trank einen Schluck Saft. „Sagst du das jetzt nur?“, hakte Itachi nach und schallte sich selber als dumm. Sasuke würde jetzt sicher glauben, er würde ihm unterstellen er log, dabei wollte der Ältere nur sicher stellen, dass Sasuke nicht die Dinge nicht annahm, weil er glaubte, dabei zu viel zu verwenden, schließlich war Itachi schon aufgefallen, dass Sasuke immer versuchte, die Dinge zu nehmen, die er am Billigsten glaubte. „Nein“, murmelte Sasuke und schaute auf den Tisch. „Ist wirklich so.“ „Dann ist okay… und Hey, Sasuke“, meinte Itachi. „Du musst nicht immer den Blick senken, okay?“ Sasuke nickte, obwohl er genau wusste, dass er sich das nicht abtrainieren konnte, genauso wenig wie das Stottern und Stocken, das manchmal in seiner Stimme war, oder wie das Nägel knabbern. Es passierte einfach, weil er sich schämte, weil er nervös war, weil so oft da ein Gefühl in ihm war, dass ihn sich nicht gut fühlen lies. Sie aßen schweigend und Itachis goss Sasuke noch einmal von dem Saft nach, bevor dieser sich überwand etwas zu sagen. „Itachi… ich… ich weiß, dass ich nicht fragen sollte, aber… werden… werden deine Freunde nichts dagegen haben, das ich hier bin?“ „Du kennst Kakashi, Iruka und Shizune doch. Warum sollten sie was dagegen haben?“, stellte Itachi die Gegenfrage. „Ich… ich meine Pein und Konan.“ „Gott, Sasuke“, hörte der Junge schon Itachis Stimme und wollte sich augenblicklich entschuldigen so zu nerven, als der Ältere schon weiter sprach und ihn somit nicht mal zu Wort kommen lies: „Es wird sie nicht stören, davon bin ich überzeugt. Und wenn doch… dann müssen sie gehen.“ Sasuke Augen weiteten sich. Itachi würde… Itachi würde für ihn seine Freunde fortschicken? Für ihn? Was war er denn schon? Im Gegensatz zu Itachis Freunden war er ein Nichts. Itachi konnte doch nicht ehrlich der Meinung sein, eher seine Freunde wegzuschicken – ja dann praktisch schon rauszuschmeißen – als ihn, den unnützen Straßenjungen, den er aufgelesen hatte. Deswegen schüttelte Sasuke unbewusst den Kopf und sagte leise: „Das… ich meine ich… kann dann gehen, wenn ich störe… ich …“ „Hör auf, Sasuke“, meinte Itachi jedoch nur und trank einen Schluck Kaffee. Sasuke wollte nicht aufhören. Er wollte klar stellen, dass es nicht nötig war, dass Itachi seine Freund statt seiner fort schicken würde. Das es nicht richtig war, weil die viel mehr wert waren und weil die Itachi viel mehr bedeuten mussten. Sasuke wollte nicht der Grund für einen möglichen Streit sein, nur weil Itachi Mitleid mit ihm hatte. Aber Sasuke hörte auf. Er würde sich nie trauen, gegen Itachi zu sprechen. Stattdessen schwieg er und schaute bedrückt auf seinen Teller, der nach dem ersten Brötchen leer geblieben war. Seufzend schaute Itachi zu Sasuke und fragte sie wahrscheinlich zum hundertsten Mal, was in dem Kopf Sasukes vorging. Was, wollte er fragen, was geht in deinem kleinen Köpflein vor? Was denkst du? Worüber zerbrichst du dir den Schädel? Aber er fragte es nicht. Er sagte sanft: „Hör mal, Sasuke“, weil er wusste, dass er sanft sein musste, denn wenn er zu herrisch klang oder die falschen Worte wählte, würde Sasuke sich wieder sonst was denken. Und das konnte Sasuke gut. Denken. Nachdenken. Nachgrübeln. „Sie sind meine Freunde“, erklärte der Student weiterhin mit so sanfter Stimme, wie nur möglich: „Und das schon seit Jahren. Sie wissen, dass ich stur bin und mich nicht von meinen Entscheidungen abringen lasse. Kakashi, Iruka und Shizune wussten dass und sie alle haben meine Entscheidung dich hier her zu holen, akzeptiert. Sie haben kein böses Wort über dich gesagt. Keins, auch nicht, als du nicht dabei warst. Glaub mir das.“ Itachi machte eine kleine Pause und sah, wie sich die Augen des Jungen wieder weiteten. Hatte er erwartet, Itachis Freunde würden hinter seinem Rücken über ihn lästern? Ja, wahrscheinlich hatte der arme Junge das wirklich gedacht. „Konan ist ein sehr gutherziger Mensch und sie bemuttert die Leute gerne ein bisschen. Trotzdem: Du wirst sie bestimmt mögen und sie dich auch, also keine Angst, okay? Es wird nicht dazu kommen, das jemand gehen muss. Vertrau mir.“ Itachi wusste, das Vertrauen für Sasuke unheimlich viel verlangt war, aber er hoffte, hoffte sososehr, dass Sasuke in der kurzen, aber dennoch für ihn so lange wirkenden Zeit, doch ein wenig Vertrauen zu ihm aufgebaut hatte. Ein wenig Glauben gewonnen hatte, in Itachi und vielleicht in sich selber, sodass er irgendwann auch wirklich wieder Vertrauen konnte. In andere Menschen, die ihm gutes wollten und auch in sich selber. Dass er irgendwann herausfand – denn er war clever, er hatte die Intelligenz dazu – wie klug und wertvoll er wirklich war. Das er nicht wertlos war; kein dummer Straßenbengel. Dass er gewollt war und dass es sogar Menschen gab, die ihm helfen wollten, auch wenn sie noch keinen Plan hatten, wie. Der gute Wille war da. Das war er bei Itachi unweigerlich. ~~ Sasuke vermischte noch den letzten selbst gemachten Dip, als es zum zweiten Mal an der Tür klingelte. Itachi war gerade damit fertig geworden, die Käsehäppchen auf einer Platte anzurichten und ging deswegen zur Tür um zu öffnen. Konan grinste ihn mit lilarotlich geschminken Lippen an, umarmte ihn zur Begrüßung, während Pein ihm die freie Hand zum schütteln reichte. In der anderen hielt er den Maxi-Cosi, samt grinsendem Baby. Obwohl Itachi die kleine Familie erst vor ein paar Tagen gesehen hat, schien der kleine Kerl seine Grimasse perfektioniert zu haben, sodass der Student nun mit Leichtigkeit ein richtiges Grinsen erkennen konnte. Er hockte sich kurz hinunter, grinste auf und hielt dem Baby seine Hand hin, von der sofort ein Finger gegriffen wurde. Der kleine Yahiko zog einmal drang, schien es aber schon wieder uninteressant zu finden und entließ Itachis Finger in die Freiheit, woraufhin sich dieser erhob und samt den Eltern in die Küche ging, wo Sasuke noch an der Theke stand und den Dip zu dem ganzen anderen Kleinigkeiten, die sie vorbereitet hatten, auf die Ablage stellte. „Itachi?“, machte Konan fragend, als ihr Blick auf den Jungen fiel. Sie küsste Shizune, die schon vor ein paar Minuten gekommen war, zur Begrüßung auf die Wange, während sie auf eine Antwort des Älteren wartete. „Das ist Sasuke“, sagte der jedoch nur schlicht, ganz locker, ganz so, als würde er nicht einen Fremden vorstellen, sondern seinen kleinen Bruder. „Oh, okay. Hallo, Sasuke, ich bin Konan“, fing sich die junge Mutter dann aber schon, erkannte die Kleidung, die Itachi im Geschäft gekauft hatte, am Leib des Jungen. Sie hielt dem Jugendlichen die Hand hin und stellte fest, dass der Händedruck des Jungen nicht besonders kräftig, aber durchaus höflich war, genauso wie sein leiser Gruß. Sie machte Platz, damit auch Pein, Sasuke begrüßen konnte, nachdem dieser Shizune kurz die Hand geschüttelt hatte. Nun hielt er sie auch dem Jugendlichen hin. Sasuke zögerte. Nicht lange, aber ein bisschen tat er es schon. Fremden Männern die Hand zu schütteln, stellte er fest, kostete ihm einiges an Überwindung. Aber er tat es, nur kurz, mit einem leisen: „Guten Abend“, bevor sich die Hände wieder lösten. Konan setzte sich neben Shizune auf einen der vier Küchenstühle, Pein nahm den gegenüber und stellte den Maxi-Cosi neben sich auf den Boden. Sasukes Blick viel auf den kleinen Jungen darin, der immer noch grinste und nun die Arme nach vorne streckte und immer wieder leicht gurgelnde Geräusche von sich gab, die Shizune vor Verzückung fast quietschen ließen. Sasuke sah, wie sie aufstand und sich zu dem Baby hinunter hockte. „Er ist so putzig!“, sagte sie aus, grinste zuerst zu Konan hoch und dann zu Itachi, bevor sie leicht den Bauch des Babys kitzelte. „Nun schmeichle ihm nicht zu sehr“, feixte Konan. „Sonst hab ich nachher zwei so eingebildete Stümper zu Hause.“ Sie grinste zu ihrem Ehemann, der nur mit der Zunge schnalzte und Itachi einen Blick zu warf, der genau sagte, dass seine geliebte Frau mal wieder großen Müll quatschte. Itachi beobachtete die vier Freunde. Wie sie miteinander umgingen, schon jetzt spaßten und irgendwie kam er sich somit auch schon jetzt fehl am Platz vor. Unsicher schaute er zu Itachi, merkte, dass dessen Blick nicht auf seinen Freunden oder dem Baby lag, sondern auf ihm. Deswegen versuchte Sasuke sofort seinen unsicheren Blick zu überspielen, merkte dass es ihm nicht gelang und schaute zu Boden, als die Türglocke wieder ertönte. „Bin sofort wieder da“, hörte er noch Itachis Stimme, bevor dieser in den Flur ging und dann, nach wenigen Minuten, mit Kakashi und Iruka, zurück in die Küche kam, die nun schon etwas überfüllt wirkte, weswegen Itachi, nachdem Kakashi und Iruka alle begrüßt hatte, vorschlug, ins Wohnzimmer zu gehen. Er nahm Gläser aus dem Schrank, bat Sasuke und Shizune ein paar Getränke mitzubringen, bevor sie sich zusammen auf den Weg in den anderen Raum machten. Kakashi nahm sofort das Sofa in Beschlag, zog seinen Lebensgefährten neben sich und legte einen Arm um ihn, während Shizune sich neben Iruka setzte und Pein mit einem der beiden Sessel vorlieb nahm. Die Decke und das Kissen, das Itachi Sasuke zum Schlafen gegeben hatte, lagen für den Abend in Itachis Schlafzimmer, während eine große Wolldecke neben dem Sofa auf dem Boden ausgebreitet war, wo Konan sich mit ihrem Baby, das sie zwischenzeitlich aus dem Maxi-Cosi geholt hatte, niederließ; war froh, dass Itachi daran gedacht hatte, denn ihr Kind die ganze Zeit in dem Tragekorb zu lassen, fand sie nicht gut. Itachi stellte die Gläser vor seine Gäste auf den Tisch und setzte sich dann in den zweiten Sessel. Auf dem Sofa war, neben Kakashi, noch etwas Platz, doch Sasuke blieb erstmal stehen, konnte sich – so gern er auch wollte, um Itachi nicht in Peinlichkeiten zu bringen – nicht neben ein Paar setzten, dass sich gerade so innig miteinander benahm. Die streichelnde Hand Irukas auf Kakashis Bein und der Arm des Älteren um die Schulter des Braunhaarigen irritierte Sasuke, obwohl es eigentlich etwas völlig Normales war. Sasuke biss sich auf die Unterlippe, wusste dass er nicht so lange dort rum stehen konnte, wenn er keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte, als er die Stimme Konans hörte. „Hey, magst du dich nicht mit auf die Decke setzten? Ich glaube mein Kleiner findet dich interessant.“ Sie lacht leise und harmonisch, während sie auf ihren Sohn zeigte, der Sasuke interessiert beobachtete. Der Teenager nicht nur zögerlich, schritt dann auf die Decke zu und setzte sich, so weit weg wie möglich von Konan nieder. Er wollte ihr nicht auf die Pelle rühren oder ihrem Kind zu nahe kommen. Auch wenn sie ihm selbst angeboten hatte sich auf die Decke zu setzten, weil ihr Kind ihn beobachtete, hieß das noch nicht, dass sie es guthieß, wenn er mit dem Jungen sprach oder ihn berührte. Es gab solche und solche Eltern. Seiner Mutter war generell alles egal gewesen, aber um besorgt zu wirken, hatte sie nie gewollt, das er mit Fremden sprach, als sein Vater noch lebte, während dieser eher lockerer war, aber eh immer besser auf ihn aufgepasst hatte und sich diese Lockerheit so auch hatte erlauben können. „Nun, Shizune. Erzähl uns von deinem Abenteuer“, verlangte Kakashi feixend. Sie boxte ihm gegen den Oberarm, erzählte dann aber doch mit Begeisterung: „Es war großartig. Schon allein das Land. Es ist überwältigend. Du steigst aus diesem Helikopter, mit dem sie dich von der großen Stadt in den Busch bringen und du sieht eine völlig neue Welt.“ Sasuke blickte auf seinen Schoss. Sein Vater hatte auch immer von neuen Welten gesprochen, wenn er von den Ländern erzählt hatte, in die er gereist war. Als er dann nach Irland gekommen war, in ein ihm damals noch fremdes Land mit einer zwar nicht mehr ganz so häufig gesprochenen Sprache, die ihm fremd war, fühlte er sich dennoch sofort zuhause. Es war nicht, weil er die Iren eben doch verstand, weil sie hauptsächlich Englisch, seine Muttersprache, sprachen, sondern überhaupt. Weil er sich in das Land verliebt hatte, auf den ersten Blick, noch bevor er Sasukes Mutter kennen gelernt hatte, in die er sich danach verliebt hatte. Die Liebe zu diesem Land verstand Sasuke. Es war ein großartiges Land. Er mochte es sehr, wahrscheinlich vor allem weil sein Vater zu Lebzeiten immer davon geschwärmt hatte. Auch davon, wie stolz er sei, dass sein Sohn als Ire aufwuchs, auch wenn er ihm die Sprache nicht beibringen konnte. Er hatte geglaubt, sein Sohn würde die Sprache eh später in der Schule lernen, doch bevor es dazu kommen konnte, das Irisch überhaupt angeboten wurde – meistens ab dem Schulwechsel zur weiterführenden Schule – starb sein Vater und seine Mutter schickte ihn auf eine viel billigere, weiterführende Schule, an der noch nicht mal Irisch angeboten wurde. Ganz in seinen Gedanken versunken, verfolgte Sasuke nicht das weitere Gespräch der Erwachsenen und schreckte erst auf, als er eine kleine Hand an seinem Finger spürte, die sich daran fest krallte. Er schaute zu Seite und stellte fest, dass der kleine Junge zu ihm hingekrabbelt war, nun bäuchlings auf der Decke lag und gespannt auf den Finger in seinem Klammergriff starrte. Sasuke hörte erneut Konans Lachen und blickte auf. „Entschuldigung“, murmelte dieser und versuchte halbherzig seinen Finger zu lösen, was ihm nicht gelang, da er dem Kind nicht wehtun wollte. Konan schüttelte verwundert den Kopf und fragte wohlwollend nach: „Warum entschuldigst du dich denn?“ Sasuke schluckte und blickte zu Itachi, der mit überschlagenen Beinen im Sessel saß und mit Pein und Iruka über Rugby, einen Sport in dem die irische Nationalmannschaft recht talentiert war, sprach. Itachi schaute zu Sasuke, der sich auf der Decke niedergelassen hatte und nun, da der kleine Yahiko seinen Finger gefasst hatte und Konan bei der Entschuldigung nachhakte, so unsicher wirkte. Obwohl Itachi sich seinerseits unterhalten hatte, achtete er auch auf Sasuke. Er hatte ihn den Abend mit seinen Freunden ausgesetzt, also musste er auch aufpassen, dass es Sasuke nicht überforderte und nun war solch ein Moment gekommen, in denen er sich zuvor geschworen hatte, einzugreifen. Also blickte er Iruka und Pein entschuldigend an, dass er das Gespräch so abrupt beendete und ging hinter Sasuke in die Hocke. Er legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter, lächelte Konan zu und sagte, ohne Kritik an Sasuke zu üben: „Das weiß er wahrscheinlich selber nicht.“ Sasuke jedoch wurde rot, schämte sich augenblicklich, obwohl er wusste, das Itachi die Situation nur hatte entschärfen wollen. Er kam sich plötzlich so dumm vor, als würde Itachi denken, er würde solche Sprüche, wie Entschuldigung, es tut mir Leid oder es ist meine Schuld, die man so oft von ihm hörte, einfach so in den Raum schmeißen, weil es ihm Spaß machte. Aber genauso wie sein ewiges Nägelknabbern und das Ausweichen der Blicke wenn es brenzlig wurde, war etwas Wahres hinter seinen Worten. Er sagte sie nicht einfach nur so. Er meinte sie; meinte sie vollkommen ernst, auch wenn er nachher nicht erklären konnte, wofür sie galten. Ganz in seinen Gedanken versunken, war es wieder Konans Sohn, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Er klammerte nicht mehr an dem Finger sondern krabbelte umständlich auf Sasukes Schoss, sodass er nun bäuchlings halb auf den Beinen des Teenagers lag. Sasuke glaubte die Position musste total ungemütlich sein und für ein Baby nicht besonders gut, weswegen Sasuke zuerst zu Konan blickte und hoffte sie würde ihr Kind von seinem Schoß nehmen. Er war doch ein Fremder, wieso schien sie das so locker zu nehmen, wie ihr kleiner Sohn sich annäherte. Als Sasuke merkte das die junge Mutter nichts tat, sondern nur auf ihr Kind blickte und dann mal wieder in den Raum, fasste Sasuke den Entschluss, selber zu handeln und griff unsicher unter die Achseln des Kindes, bevor er es, gestärkt von dem Druck Itachis Hand auf seiner Schulter, auf seinen Schoß setzte, wo es wohl hingewollt hatte. Anschließend, den Jungen vorsichtig festhaltend, blickte er sofort zu Konan, doch ihr Lächeln signalisierte ihm, dass alles in bester Ordnung war, sodass er das Kind erstmal nicht von seinem Schoß setzte. Itachi unterdessen stand auf und setzte sich wieder in den Sessel, um sein Gespräch mit Pein und Iruka wieder aufzunehmen, die jetzt schon beim Fußball waren und bei der vergangenen WM, für die Irland sich nicht einmal qualifiziert hatte. Gut, in dem Sport waren sie dann wohl nicht so talentiert. „Er heißt übrigens Yahiko“, sagte Konan nebenbei, griff in ihre Handtasche und holte ein Packung Butterkekse heraus, die sie Sasuke entgegen hielt. „Die liebt er, vor allem seit er seine ersten Zähnchen hat.“ Sasuke nickte, als Zeichen dass er zuhörte und nahm einen Keks aus der Packung, die er dem Jungen entgegen hielt. Doch statt danach zu greifen, machte er nur den Mund auf und wartete scheinbar, dass der Keks, von Sasukes Hand gesteuert, angeflogen kam. Während der kleine Kerl dann eben so an dem Butterkeks knabberte, beobachtete Sasuke den Jungen. Er war wirklich unheimlich niedlich. Kleinkinder und Babys hatte Sasuke schon immer gemocht, aber so richtig eins auf dem Arm oder auf dem Schoß gehabt, hatte er noch nie. Irgendwie, fand er, traf einen dann eine heftige Welle Unschuld. Denn nichts, wirklich nichts, strahlten so kleine Menschen mehr aus, als das. Sie wussten noch nicht mal, in was für eine Welt sie eigentlich hinein geboren waren. „Wie alt ist er?“, fragte Sasuke so leise, dass nur Konan ihn hören konnte. Das fragte er sich schon, seit der Kleine auf ihn zugekrabbelt war. Schließlich schien er schon sehr aktiv und konnte auch schon relativ aufrecht sitzen. Er hatte Zähne, grinste und gab Laute von sich, aber Sasuke wusste gar nicht, ab welchem Alter Kinder so etwas überhaupt konnten. Noch vor dem ersten Lebensjahr? Bestimmt. Logisch, der Kleine war doch auch noch kein Jahr alt, bestimmt nicht. „In paar Tagen zehn Monate“, antwortete Konan und strich ihrem Kind über die dunklen Haare. „Schon fast erwachsen, huh?“ ~~ Der Abend mit Itachis Freunden, der zunächst für Sasuke alles anders als entspannt gewirkt hatte, wurde doch noch schön, obwohl der Teenager sich sehr zurück hielt. Mit Konan hatte er ein wenig geredet, unverfängliches, meistens etwas über ihren Sohn, der nachher fast durchs ganze Wohnzimmer gekrabbelt war, nur um hinterm Sofa einzuschlafen, sodass Konan ihn hatte aufsammeln und auf die Decke legen musste, wo er dann weiter vor sich hinschlummerte. Shizune hatte Sasuke auch einmal angesprochen, ihn gefragt, wie es ihm denn ginge, aber weil er merkte, dass sie eher gehemmt war mit ihm zu sprechen – wahrscheinlich nach den Dingen die vorgefallen waren – antwortete er nur kurz. Es ginge ihm besser, hatte er gesagt und gewusst, dass sie sich nicht vor ihm ekelte, sondern nur nicht wusste, wie sie nun mit ihm umgehen sollte. Kakashi war weniger gehemmt mit ihm zu sprechen. Nachdem er gemerkt hatte, das Sasuke ihm die Sache mit dem Konfrontieren und mit dem Anschreien nicht übel nahm, hatte er ihn in ein kleines Gespräch verwickelt, auch etwas ganz unverfängliches; wahrscheinlich wollte er vor den Freunden nichts über Sasukes Vergangenheit und den einen Abend sagen. Über Sport hatten sie gesprochen, ein wenig über Politik und über die Schule, in der er als Sport-, Politik- und Mathelehrer unterrichtete. Meistens hatte Kakashi geredet, aber hin und wieder gab Sasuke kurze, schüchterne und leise Antworten, die den Älteren aber wohl durchaus zu genügen schienen. Auch Iruka und sogar Pein, der zunächst aufgrund seiner Größe, den viele Piercings und den härteren Gesichtszügen leicht bedrohlich auf ihn gewirkt hatte, hatten ein paar Worte mit ihm gewechselt. Nicht so etwas banales, wie übers Wetter, aber auch nichts Weltbewegendes. Irgendwas daher Gesagtes, Alltägliches. Itachi hatte am häufigsten mit ihm gesprochen, hatte ihn gefragt, ob alles in Ordnung sei, ob er sich wohl fühlte; hatte sich einfach vergewissert, dass es ihm gut ging. Er hatte auch versucht ihn in Gespräche einzubeziehen, aber meistens hatte Sasuke mehr zugehört, als selbst etwas beizutragen. Er war es eben nicht gewohnt in einer Runde mit Erwachsenen zu sitzen, mit Leuten, die nicht seine Freunde waren und dabei nicht verletzt zu werden. Solche Abende hatte es bei ihm daheim nicht gegeben. Sobald Freunde zu Besuch waren und ganz speziell dieser eine Freund, Kabuto, der beste Freund, dann wurde es für Sasuke schier unerträglich. Schreckliche Abende hatte er mit den Freunden seiner Mutter verlebt. Und da wurde er ganz bestimmt nicht in den Smalltalk mit einbezogen. Doch nun war der Abend vorbei. Kakashi und Iruka verabschiedeten sich als Letzte. Schon eine Stunde zuvor, knapp nach elf, waren Pein und Konan, wegen ihrem Baby gefahren, dass unbedingt ins Bettchen musste. Shizune war fast gleich nach ihnen gefahren, morgen hatte wohl eine entfernte Tante oder so was Geburtstag, die sie unbedingt sehen wollte, nach dem Jahr in Afrika. „Wir sehen uns dann am zweiten Weihnachtstag. Bringst du Sasuke mit?“, wollte Kakashi an der Tür wissen. Sasuke war noch im Wohnzimmer, räumte das letzte Besteck zusammen, um es später in die Küche zu bringen. „Ja, ich denke schon.“ „Gut. Bis dann und…“, setzte Kakashi an, nahm Irukas Hand, sprach aber nicht weiter. „Und was?“ „Pass auf ihn auf.“ Itachi konnte Kakashis Blick nicht deuten. Irgendwas Sorgenvolles lag in ihm, aber mit Vertrauen in ihn, in Itachi. Ein Blick der sagte, dass Kakashi den Jungen gut leiden konnte. „Ich glaube er ist ziemlich intelligent“, sprach der Silbergrauhaarige dann leise weiter, hörte sich ein bisschen an, wie der Lehrer der er war, aber auch wie jemand, der sich wirklich kümmerte. „Wahrscheinlich wurde er nur nie gefördert. Ich schätze… unter anderen Umständen, könnte aus ihm wirklich was werden und es ist schade, dass niemand ihm die Chance gibt.“ „Ich versuch, was ich kann“, sagte Itachi leise, merkte selbst nicht, dass sein Gesichtsausdruck dem von Kakashi ähnelte. Bedauern, sorge und das Wissen, dass dieser junge Kerl in seinem Wohnzimmer, nicht dumm war. Mit Sicherheit nicht. „Ich weiß“, antwortete Kakashi, grinste wohlwollend, zog seinen Schal ein wenig hoch und wandte sich, immer noch Irukas Hand haltend ab. „Das rechne ich dir hoch an, Itachi.“ Der Student schloss die Tür hinter seinen Freunden und blieb kurz im Flur stehen, als Sasuke auch schon die Wohnzimmertür öffnete und beladen mit dem letzten Geschirr in die Küche ging, wo er es neben der Spüle zum Rest stellte. Itachi seufzte. War doch ganz schön was zusammen gekommen, aber das war ihm klar gewesen, als er entschieden hatte, lieber etwas Büffetähnliches zu machen, anstatt etwas Warmes. War im Endeffekt auch gut gewesen, seine Freunde waren begeistert. Waren sie aber immer wenn er kochte, dass konnte er, sagten sie. Das konnte er wirklich und deswegen sollte er sich kein ganzes Leben lang Zeit lassen, seinen Traum vom Restaurant auf dem Wasser, seinem Bootsrestaurant, wahr zu machen. Itachi sah, wie Sasuke gähnte, dann aber schon nach dem Wasserhahn griff, um mit dem Abwasch anzufangen. Sie mussten es schließlich mit Hand machen, die Spülmaschine war noch voll von den Dingen, die sie zur Zubereitung gebraucht hatten. „Lass schon, Sasuke“, sagte Itachi ruhig und lehnte sich gegen den Esstisch. „Du bist müde, geh schlafen.“ „Ich… ich kann dir noch helfen“, murmelte der Jugendliche, doch Itachi schüttelte gutmütig den Kopf. „Na komm“, sagte er und lächelte leicht. „Geh dich umziehen und dann schon mal ins Wohnzimmer. Ich trink noch `nen Kaffee und hol dir die Decke.“ „Oh… okay“, murmelte der Junge, ging zur seinem Rucksack im Flur, nahm eine von seinen alten Boxershorts und ein altes, aber ebenso frisch gewaschenes, T-Shirt raus, ging damit ins Bad um sich umzuziehen und um die Zähne eilig zu putzen. Die zusammengelegten Klamotten, die Itachi gekauft hatte, legte er nicht in seinen Rucksack, sondern in die Tüte daneben; das erschien ihm richtiger. Nachdem er das getan hatte, ging er ins Wohnzimmer und setzte sich dort aufs Sofa. Er wartete, bis Itachi nach wenigen Minuten, mit der Decke auf dem Arm, rein kam und die aufs Sofa ablegte. „Ist das wirklich in Ordnung… ich kann dir…“, fing Sasuke an, stoppte jedoch, auf Grund Itachis stummer Verneinung. „Mach dir keinen Kopf. Das bisschen Abwasch schaff ich schon.“ Auf ein bekräftigendes Nicken seitens Itachi, legte Sasuke sich, den Kopf auf dem Kissen gebettet, aufs Sofa und zog die Decke über sich. Der Student wollte sich schon abwenden, war schon fast bei der Tür, als er Sasukes zögerliche Stimme hörte. „Itachi…“, sagte er nur, doch der Ältere wusste genau, dass da mehr kommen würde, weswegen er zurück ging und sich auf die Lehne des Sessels setzte. „Was ist los, Sasuke?“, fragte er nach, als nach wenigen Sekunden nichts kam. „Ich… Ich…“, stotterte der Jungen und meinte dann leise, den Kopf weiter ins Kissen vergrabend, sodass fast nur noch ein Auge und die halbe Lippe zu sehen war: „Ist schon gut… entschuldige.“ „Du wolltest doch was sagen.“ Itachi wusste nicht, ob es richtig war, nicht nachzugeben, die Worte hören zu wollen, aber vielleicht war es richtig. Vielleicht tat er das richtige. Ein Versuch… war es wert, glaubte er. „Es ist nur so…“, murmelte Sasuke dann leise: „Ich hab ein schlechtes Gewissen… weil ich dir nicht helfe.“ „Das ist quatsch, ehrlich. Das musst du nicht haben.“ Itachi sah, wie Sasuke die Augen schloss und dann durchs Kissen gedämpft sagte: „Meine Mutter… – sie hat mir oft… ein schlechtes Gewissen gemacht.“ Er stoppte kurz und sprach dann weiter: „Wenn ich zu müde war, um ihre Flaschen wegzuräumen oder wenn ich… wenn ich mit der Schule beschäftigt war und deswegen nicht… deswegen nicht für sie und ihre Freunde kochen konnte… oder so was.“ „Du hast also den ganzen Haushalt geschmissen?“, wollte Itachi wissen. „Ja… ja, irgendwie schon und deswegen… deswegen erscheint es mir… mir so falsch, dich alles machen zu lassen, wo ich… wo ich doch helfen könnte.“ „Danke, aber… es meine Wohnung, mein Geschirr und du bist nicht mein Diener, sondern mein Gast.“ „Ich bin… ein dreckiger Straßenbengel, den du aufgenommen hast“, antwortete Sasuke in dem Ton, indem er einst, am Küchentisch, das erste und einzige Mal ‚Scheiße’ in seiner Wohnung gesagt hatte, was Itachi als ein Anfang gesehen hatte. Der Anfang davon, dass Sasuke vertrauen zu ihm aufbaute, denn da hatte er ihm gestanden, dass seine Mutter in Wirklichkeit noch am Leben war. Dennoch seufzte Itachi leise und sagte mit Nachdruck: „Mach dich nicht selber runter.“ Sie schwiegen einige Zeit, doch Itachi konnte nicht einfach gehen. Er wusste, dass Sasuke nicht alles gesagt hatte, was er hatte sagen wollen. Das da noch was war, was ihn Überwindung kostete. Vielleicht wollte er erzählen, brauchte jemanden der zuhörte, wusste nur noch nicht, ob Itachi wirklich der richtige dafür war, obwohl er als einziger seit langer Zeit so schien. „Weißt du…“, ertönte dann doch Sasukes immer noch gedämpfte Stimme: „Ich hab einmal Nein gesagt, hab gesagt… dass ich den Abwasch nicht mache, dass die den doch selbst machen sollen und dann… hat der Kerl mein Bett kaputt gehauen und meine… meine Matratze. Und mich… hat er solange ge-geprügelt, bis ich doch den Abwasch gemacht hab’.“ Sasuke erinnerte sich noch genau an diesen Tag und an die Wochen danach. Er hatte auf dem Boden schlafen müssen, was ihn nicht vor nächtlichen Übergriffen Kabutos bewahrt hatte. Nur einmal hatte er auf dem Sofa schlafen dürfen. Das war an einem Tag, wo es ihm wirklich richtig dreckig ging, obwohl Kabuto schon seit drei Tagen nicht da gewesen war. Trotzdem war er müde von der Arbeit in der Wohnung, ausgelaugt von der Schule und den vielen Arbeiten zu der Zeit und den Job, den seine Mutter für ihn besorgt hatte, damit er auch mal was Geld beisteuerte, wenn er schon noch unnütz zur Schule ging. Und erkältet war er gewesen, hatte hohes Fieber und vielleicht, so glaubte er, hatte seine Mutter sogar ein ganz klein wenig Sorge um ihn, nur ein bisschen, minimal, aber auf jeden Fall lies sie ihn auf dem Sofa schlafen. Nur die Nachbarin, die Sturm geklingelt hatte, hatte ihn gestört, als diese hinein polterte und motzte, dass der Putzdienst des Hausflurs nicht gemacht wurden sei. Seine Mutter entschuldigte das natürlich damit, dass es Sasukes Aufgabe gewesen sei, der das wohl wissend ignoriert hatte, dabei hatte er wirklich keine Zeit gehabt und keine Kraft dazu. Zuerst motzte die Nachbarin weiter; sie hatte ihre Mutter noch nie leiden können, aber dann sah sie Sasuke auf dem Sofa ins Gesicht und hörte, wie seine Mutter sagte, er würde das gleich noch machen. An die Worte der Nachbarin konnte er sich noch genau erinnern – sie hatte selber Kinder, das wusste er; vielleicht schienen sie ihm deswegen so bedeutend. „Ihr Sohn ist krank, es ist spät und morgen ist Schule. Ich versteh sie nicht, Frau Nakano. Mein Mann wird es machen, aber nicht für sie, sondern für ihr Kind.“ Und ein paar Tage später meldete sich das Jugendamt telefonisch und vereinbarte einen Termin mit seiner Mutter, um mal mit ihr und ihrem Sohn zu reden. Unter Androhung von heftigen Prügeln und mit ein paar Schlägen hatte Kabuto, der dann doch wieder gekommen war, ihm klar gemacht, er solle bloß nichts Falsches sagen. Hatte er nicht und so hatte sich auch nichts geändert, obwohl die Mitarbeiterin des Jugendamts ein paar weitere Tage später vorbei kommen wollte, um sich die Wohnung anzusehen. Nur deswegen hatte Sasuke dann, von dem Erbe seines Vaters, dass seine Mutter verwaltete – drauf machte – ein neues Bett und ein paar frische Klamotten bekommen. An dem Tag, als die Mitarbeiterin kam, hatte sie sogar für ihn gekocht, um so gut wie möglich rüber zu kommen. Sie hatte gelacht und Kabuto war nicht da gewesen, einen ganzen Tag lang nicht und seine Mutter ihn an die Frau erinnert, die sich einst um ihr Kind gekümmert hatte, weil sie einen Mann, seinen Vater, sehr liebte. An diesem Tag hatte er gehofft, es würde sich etwas ändern. An diesem Tag, hatte er sogar dran geglaubt, aber am Nächsten war alles wieder genauso, wie es immer gewesen war und seine Mutter, musste er feststellen, war eigentlich an dem Tag gestorben, an dem das Auto seines Vaters, samt ihm selber, auf dem Heimweg über die Autobahn, von zwei Lastern zerquetscht wurde. „Ich hab Mama… trotzdem noch lieb“, murmelte Sasuke dann undeutlich ins Kissen und spürte, dass eine Träne auf dieses tropfte. Er spürte Itachis Hand auf seinem Rücken und die Wärme, die damit kam. Instinktiv wusste Itachi, dass Sasuke fertig war. Das er mehr nicht erzählen konnte, nicht heute, aber dass, was er erzählt hatte, zeigte, dass er Vertrauen entwickelte und das bedeutete Itachi etwas. Aber er wusste, dass er nicht darauf erwidern konnte. Mitleidsbekundungen brachten diesem Jugendlichen nichts, seine tröstende Hand dagegen vielleicht schon ein bisschen was. „Schlaf gut, Junge“, sagte er deswegen, zog die Decke grade und strich kurz über dessen Schopf. Er wollte derjenige sein, der Sasuke die Chance gab, die er verdiente zu bekommen. Die Chance, von der Kakashi gesprochen hatte. Denn in diesem Moment Sasukes Verletztheit, sah er auch, wie stark und stolz Sasuke eigentlich war. Als Itachi dann das Licht im Wohnzimmer ausmachte und nur der fast unmerkbare Lichtstrahl durch eine Ritze der Jalousie hinein schien, wusste Itachi, dass er Sasuke nicht mit seinen Sorgen allein lies, dass er sich nicht aus der Situation geflüchtet hatte, obwohl er vielleicht auf Außenstehende so wirken mochte. Er hatte getan, was in seiner Macht gestanden hatte und mehr… mehr verlangte Sasuke gar nicht. to be continued by Jessa_ Kapitel 29: North and South of the River ---------------------------------------- Kapitel 29: North and South of the River I want to see, and I want to hear To understand your fears But we're north and south of the river Das Zimmer lag noch im Halbdunkel. Die Sonne musste scheinen, kämpfte sich durch die winzigen Ritzen der Jalousie und hatte Sasuke doch noch nie geweckt. Itachi schloss die Tür leise hinter sich und ging auf das Sofa zu. Er hockte sich zu dem Jungen hinunter und blickte in das kindliche Gesicht. Sasukes Züge waren immer ziemlich weich, doch im Schlaf waren sie es noch mehr; dann wirkte er fast, wie das Kind, dass er wohl nie wirklich gewesen war. Jedenfalls glaubte Itachi das, nach den Dingen die Sasuke ihm gestern anvertraut hatte und wegen der Dinge, die er wusste und die er sich denken konnte. Itachi beobachtete den Jungen noch einige Sekunden, streckte dann die Hand aus und rüttelte ganz leicht an dessen Schulter. Sasukes Augenlieder flackerten nur ein bisschen und er drehte den Kopf müde in Richtung Kissen, sodass beinahe sein ganzes Gesicht verdeckt war. Itachi grinste leicht. Doch ein kleiner Morgenmuffel? „Hey, Sasuke“, sagte Itachi mit gesenkter Stimme und rüttelte noch einmal ganz sachte an der Schulter des Jungen. „Mhh“, machte der jedoch nur im Halbschlaf und fasste den Zipfel der Decke, den er in der Hand hatte, ein wenig fester. Itachi wartete neben dem Sofa hockend, darauf das Sasuke ganz wach wurde, was auch bald geschah. Dennoch blieb dieser erst mal liegen und drehte nur seinen Kopf zur Seite. Irgendwie freute Itachi das. Es war wieder ein kleiner Fortschritt. Sonst, wenn er den Jungen geweckt hatte, war dieser immer sofort aufgestanden und hatte die Decke und das Kissen gerichtet. Klar, es war noch recht früh, gerade halb zehn am Morgen und sie waren wieder spät ins Bett gegangen und Sasuke war noch ein wenig müde, aber das hatte den Jüngeren zuvor auch nie davon angehalten, sofort aus der komfortablen Lage aufzuschrecken. „Noch müde?“, wollte Itachi leise wissen und erhob sich aus seiner Hocker, die auf längere Zeit hin etwas unbequem war. „Ja, bisschen, entschuldige.“ „Nicht so schlimm“, beruhigte Itachi sofort. „Ich geh mir einen Kaffee machen, bleib ruhig noch was liegen und dann geh duschen oder so. Wir fahren dann gleich in die Stadt, okay? Also nicht mehr einschlafen.“ „Ja“, murmelte Sasuke nur und Itachi wusste genau, dass der Junge Folge leisten würde. Wahrscheinlich mehr noch als Itachi es wollte; Sasuke würde bestimmt schon bald aufstehen und sich im Bad eilig fertig machen, damit er den Älteren nicht aufhielt. So war es dann auch. Sasuke blieb nicht mehr lange liegen. Das fand er, war unhöflich. Es war sogar unhöflich, dass er überhaupt liegen geblieben war, nachdem Itachi ihn geweckt hatte, aber er war wirklich noch müde. Dummkopf, schallte er sich dann selber, als er mit nackten Füßen und frischen Kleidern auf dem Arm auf dem Weg ins Badezimmer war, ohne Itachi wäre er jetzt nicht nur noch ein bisschen müde, sondern ihm wäre auch schrecklich kalt und er hätte in der vergangenen Nacht vor Hunger und der beißenden Kälte womöglich kein Auge zugetan. Deswegen und weil die Schuldgefühle dabei sofort wieder stärker wurden, machte er nur eine kurze Katzenwäsche, putzte sich die Zähne und zog sich eilig an, bevor er zu Itachi in die Küche ging. Dieser stellte gerade seine leere Kaffeetasse in die Spüle und grinste ihn schief an. „Na, dann wollen wir mal shoppen gehen“, meinte er und verzog das Gesicht noch ein bisschen mehr. Itachi öffnete die Tür, nachdem sie beide ihre Jacken und Schuhe angezogen hatten und lies Sasuke den Vortritt. Sie stiegen in Itachis Auto und fuhren, berieselt von seichter Radiomusik in die Innenstadt, wo Itachi seinen Volvo in der Tiefgarage parkte und gemeinsam mit Itachi hinaus auf die Straßen ging. „Ich hab einen Zettel gemacht für wen ich alles was holen will“, merkte Itachi an und kramte in seiner Hosentasche. „Ach, hier ist der ja. Also: Für meine Eltern, Kakashi, Iruka, Konan, Pein, dem Kind, Shizune, meinen Cousin, ein paar Kleinigkeiten für den Rest meiner Familie … ja, das war’s.“ Natürlich hatte Itachi noch jemanden auf seinem Zettel stehen. Gut, nicht auf der geschriebenen Liste, sondern auf der in seinem Kopf. Nämlich Sasuke. Er würde ihm mit Sicherheit etwas schenken und wenn es nur eine Kleinigkeit war, wie ein Buch. Darüber müsste er sich noch mal Gedanken machen und später mal schnell alleine in die Stadt düsen; jetzt hieß es erstmal was Gescheites für seine Lieben zu finden. „Und irgendeine Idee?“, wollte Itachi flachsig wissen. Sasuke schüttelte leicht den Kopf. Er hoffte, dass Itachi darüber nicht böse war, aber er kannte die Personen ja kaum bis gar nicht und auch wenn er sie einmal oder eben ein paar Mal, wie bei Kakashi, gesehen hatte, wusste er ja dennoch nicht, was ihnen gefallen mochte. „Na dann“, hörte der Teenager wieder Itachis Stimme. „Gehen wir erst mal ganz entspannt frühstücken. Haben schließlich den ganzen Tag Zeit und sind ideenlose Männer, stimmt’s Sasuke?“ „Uh… ja…“, murmelte dieser nur ein wenig verwirrt aufgrund Itachis Verhalten. Der wirkte heute irgendwie noch fröhlicher und entspannter als sonst, obwohl ihm das Geschenke kaufen wohl eindeutig überforderte. Vielleicht aber auch gerade deshalb; vielleicht war Itachi einfach kein Mensch der, wenn er überfordert war, die Dinge dramatisierte, sondern sich ein wenig über sich selbst amüsierte; die Dinge locker nahm – weil sie genau das waren. Er würde schon was zum Verschenken finden und musste sich keinen Stress machen. Das war eben eine ganz typisch männliche Überforderung – Geschenke kaufen. Nicht solch eine, die Itachi zuvor – nach Sasukes Vergewaltigung – im Umgang mit Sasuke gehabt hatte, sodass er Kakashi um Hilfe gebeten hatte. In einem kleinen, aber gemütlichen Café, unweit vom Parkhaus, suchten die beiden einen freien Platz am Fenster. Draußen nieselte es nur leicht, die Sonne schien; es war ein guter Tag. „Was möchtest du trinken?“, fragte Itachi sofort, nachdem er seinen Mantel neben sich auf die Sitzbank gelegt hatte. Sasuke zog auch seine Jacke aus und hängte sie unsicher über den Stuhl, auf dem er saß. Er schluckte. Sein Blick senkte sich auf die Tischplatte. Als Itachi das mit dem frühstücken gehen vorgeschlagen hatte, war Sasuke klar gewesen, das der Ältere wieder für ihn Geld ausgeben würde. Er wollte das nicht; immer noch nicht, aber er wollte Itachi auch nicht die gute Laune verderben, weswegen er leise, leicht fragend, murmelte: „Vielleicht einen Tee…?“ „Klar. Irgendeinen?“ Sasuke nickte nur scheu. Er fühlte sich, obwohl er nun gute Klamotten anhatte, immer noch fehl am Platz, in solch einem Café. Auch wenn es nicht übermäßig schick oder teuer, sondern eher bodenständig und gemütlich war, könnte er sich selbst hier nichts leisten. Er glaubte das war es, was ihn noch scheuer machte, als in Itachis Wohnung, wo er ja mittlerweile schon seit ein paar Tagen schlief. Als die Kellnerin kam, bestellte Itachi einen irischen Frühstückstee für Sasuke, einen schwarzen, gezuckerten Kaffee für sich selbst und die große Frühstücksplatte für zwei Personen, um Sasuke nicht in die Not zu bringen, sich selbst etwas zu Essen aussuchen zu müssen. Das war wohlmöglich noch einfach zu früh für den Jungen, glaubte Itachi. „Ich schätze ich mach das heute ganz klischeehaft“, merkte Itachi an, lehnte sich gegen die Rückenlehne und verschränkte die Arme locker vor der Brust. Sasuke wollte nachfragen, was Itachi damit meinte, aber er traute sich nicht. Wollte nicht nerven. Klar, wusste er, was Klischees waren, aber er wusste nicht was die typischen Geschenke waren, die Itachi meinte. Als sein Vater noch gelebt hatte, hatte er seinen Eltern meistens etwas gebastelt oder ihnen Gutscheine zum Kuscheln geschenkt und damals, als es für ihn noch nicht zum Standart geworden war, den ganzen Haushalt zu machen, Gutscheine für einmal Spülen oder so etwas. Er war schließlich noch klein gewesen, also ging das in Ordnung und seine Eltern – zumindest sein Vater – hatten sich aufrichtig über die kindlichen Geschenke gefreut. Den Kuschelgutschein hatte sein Papa meistens sofort eingelöst und seinen kleinen Sohn fast totgeknuddelt. Das hatte er gut gekonnt. Ihn ganz fest in den Arm nehmen und dabei hatte er immer dieses breite Grinsen, das Sasuke so gemocht hatte. Sasuke erinnerte sich noch an sein eigenes Lachen dann und dass er sich nie unwohl in den Armen seines Vaters gefühlt hatte, egal wie fest die Umarmung war. Weh getan hatte er ihm dabei ja nie. Er war nur immer sehr herzlich gewesen, sehr offen und impulsiv – aber all das auf eine gute Weise. An die Erinnerung denkend musste Sasuke leicht lächeln, was Itachi sofort auffiel. „Schöne Erinnerungen, Sasuke?“, fragte er deswegen und traf den Nagel damit auf den Kopf. Der Junge nickte nur leicht und blickte wieder auf die Tischplatte, bevor er murmelte: „An meinen Vater.“ „Er war bestimmt ein toller Mann“, wagte Itachi zu sagen, hoffte dass es stimmte; dass Sasuke nur schöne Erinnerungen an seinen Vater hatte. „Ja“, wisperte Sasuke; das Lächeln war schon wieder verschwunden, dachte er doch jetzt an den Tod seines Vaters. „Das… war er.“ Als die Getränke und das Frühstück gebracht wurden, griff fast sofort hungrig nach einem Brötchen, dass er mit Bacon belegte. Er mochte das Café, auch wenn es nicht das in der Galerie war, in dem er oft seine Mittagspause verbrachte. Vor allem das Frühstück hier war gut, da es zwar nicht ganz typisch irisch oder typisch britisch war, sondern auch, neben den roten Bohnen und den Würstchen, normalen Käse, Marmelade und Wurst enthielt. Und weil der ‚schwarze Pudding’, eine Art Blutwurst, nicht auf dem Teller lag, denn den hatte Itachi noch nie leiden können. Itachi biss in sein Brötchen und beobachtete Sasuke eine Weile dabei, wie er einen Schluck Tee nahm und zögerlich eine Scheibe Brot, die er mit Käse belegte. Immer wieder fiel Itachi auf, das Sasuke sein Verhalten nicht so leicht ablegen konnte. Er öffnete sich zwar ein wenig mehr, schien eine Art Vertrauen in ihn gefunden zu haben, aber im großen und ganzen, war er nicht viel selbstbewusster als zu Anfang geworden, dabei war er nun schon knapp zwei Wochen bei ihm. „Wie hat deine Mutter das gehandhabt – mit Essen, Duschen und solchen Dingen?“, fragte Itachi leise. Sie waren zwar beinahe die Einzigen Gäste im Café, aber er wollte Sasuke unter keinen Umständen in Verlegenheit bringen. Vor allem, da seine Frage recht brisant war. Sasuke wandte seinen Blick zur Seite und traute sich erst nach wenigen Minuten den Älteren anzusehen und leise zu antworten: „Ich hab… ich hab schon was zu Essen bekommen.“ „Aber nicht genug, stimmt’s?“ „Ich… brauch nicht so viel“, murmelte Sasuke ausweichend. Er wollte seine Mutter nicht weiter reinreiten. Itachi wusste im Grunde eh schon viel zu viel. Weil er sich hatte Dinge selber denken können, weil er ihn in dieser Gasse gefunden hatte und weil Sasuke zu viel erzählt hatte. Aber er hatte nicht anders gekonnt. Es hatte gut getan, zu sagen, dass Kabuto kein Fremder war; dass er der beste Freund seiner Mutter war und es hatte auch gut getan, zu sagen, was er am vergangenen Abend gesagt hatte. „Manchmal war sie auch lieb zu mir“, ergänzte Sasuke dann und wusste, dass es auf eine Weise sogar stimmte. Manchmal, wenn Kabuto nicht da war und sie ihren Rausch zum Teil ausgeschlafen hatte, aber immer noch blau genug war, um kotzend über dem Klo zu hängen, hatte er ihr manchmal die Haare aus dem Gesicht gehalten und einmal, daran konnte er sich noch erinnern, als sei es gestern gewesen, lag sie danach auf dem Teppichboden im Wohnzimmer, mit dem Kopf auf seinem Schoß. Sogar geweint hatte sie ein bisschen und gesagt, dass sie ihn lieb hätte. Sie hatte ihm versprochen, dass sie eine bessere Mutter werden würde und er hatte versucht ihr zu glauben. Sie meinte, sie wolle ab morgen für ihn kochen und waschen und sie würden fort ziehen, ganz weit fort. Doch schon ein paar Stunden später, am selben Abend noch, war Kabuto wieder gekommen und seine Mutter und er hatten sich vertragen. Da war alles wieder vorbei. Sie war nur so lieb gewesen, weil sie Streit gehabt hatte mit ihrem besten Freund und als wieder alles in Ordnung war, waren ihre Versprechungen vergessen; dann hatte sie doch nicht gehandelt, als Kabuto ihm noch in der selben Nacht wieder weh tat. Der Jugendliche riss sich selbst aus seinen Gedanken, weil sie weh taten und schaute in Itachis zweifelnde Miene. Klar, dass er ihm nicht glaubte. Sasuke glaubte sich ja selbst kaum mehr. Er wusste, dass seine Mutter mal lieb zu ihm gewesen war. Als sein Vater noch gelebt hatte und danach manchmal, manchmal ganz kurz, aber er wusste genauso, dass es gespielt war. War es doch, oder? Sasuke hob die Finger zum Mund und knabberte abwesend an seinen Nägeln, bevor er Itachi Hand an seiner Hand spürte. „Komm schon, lass das, Sasuke“, hörte er dessen ruhige Stimme und gehorchte. Sie schwiegen eine Weile, aßen ein bisschen, ohne wirklich darauf konzentriert zu sein und ohne dass es richtig schmeckte, weil sie beide ihren Gedanken nachhingen und ließen so eine Menge zurückgehen, als Itachi bezahlte und sie aus dem Café hinaus auf die Straße gingen. Dort legte Itachi eine Hand auf Sasukes Schulter und sagte leise. „Entschuldige, dass ich mit dem Thema angefangen habe. Ich wollte dir nicht wehtun.“ Sasukes Augen weiteten sich und er drehte sich zu Itachi um. „Du… du… es gibt keinen Grund… du musst dich nicht bei mir… entschuldigen.“ „Doch“, presste Itachi hinaus. „Weil das nie jemand gemacht hat.“ Sasuke blickte zu Boden und nickte. Es stimmte. Im Grunde stimmte das. Richtig hatte sich nie jemand bei ihm entschuldigt. Jedenfalls nie für die Dinge, die in den letzten Jahren geschehen waren. „Na, komm“, hörte er dann Itachis Stimme erneut, nun wieder versucht fröhlicher. „Lass uns die Geschenke kaufen, in Ordnung?“ Er ging ein paar Schritt nach vorne und wartete das Sasuke zu ihm aufrückte, ehe er ansetzte: „Und zieh die Kapuze über den Kopf. Es regnet.“ ~~ Bei der weiteren Shoppingtour waren keine unangenehmen Gespräche aufgetaucht, sodass sie, als sie fast alle Geschenke zusammenhatten, vor dem Starbucks standen und Itachi Sasuke beinahe in den Laden hineinzog. „Ich brauch einen Kaffee. Unbedingt. Wie steht es mit dir?“ Sasuke starrte auf die Karte, eine Minute, einundeinhalb Minuten und schob bald waren nur noch zwei Kunden vor ihnen, als sich Sasuke mit einem unwahrscheinlich ratlosen Blick zu Itachi umwandte. „Also… ich versteh kein Wort…“ Itachi lachte leise. „Keine Sorge. Das tut niemand.“ Er zwinkerte dem Jüngeren zu und fragte: „Wie wäre es mit einem Kakao?“ „Äh… ja“, murmelte Sasuke und blickte noch mal auf die Karte. Ach, da stand es ja. Hot Chocolate. Direkt unter Iced Peppermint White Chocolate Mocha und über Cinnamon Dolce Crème Frappuccino Blended Beverage. Sasuke schüttelte verwirrt den Kopf und wartete, das Itachi bestellte, als sie endlich dran waren. Er blickte neben sich und sah einen blonden Schopf, der ihm bekannt vorkam. Der Junge, der seinen Arm um ein dunkelhaariges Mädchen gelegt hatte, sprach mit sicherer Stimme zum Starbucks-Mitarbeiter: „Einmal Pumpkin Spice Frappuccino Blended Beverage für mich – und was möchtest du, Hinata?“ „Uhm… einen Iced Caramel Macchiato.” Während das Pärchen genau, wie Itachi und Sasuke auf ihre Getränke warteten, spürte Sasuke den Blick des Blonden auf sich und hörte dann dessen Stimme. „Sasuke? Alter, was tust du denn hier?“ Nun spürte Sasuke nicht mehr nur den Blick des Jungen auf sich sondern auch den dieser Hinata und den Itachis. Sasuke blickte zur Seite. Natürlich, deswegen war ihm das Gesicht so bekannt vorgekommen. Naruto hatte sich verändert, war brauner geworden und trug seine Haare anders, stilischere Klamotten – er war eben älter geworden und er war fort gewesen für ein Jahr bis zum vergangenen Sommer wahrscheinlich. Der Klassensprecher, der Clown. Naruto – sein irgendwie-Kumpel von damals, als er noch zur Schule ging. „Hey, hey, hey. Und der Kerl da ist doch der aus dem Werbespot, stimmt’s, Hinata? Ist er doch, oder?“ „Welchen Spot meinst du, Naruto?“, fragte sie leise und lies seinen Arm los, bevor sie die Getränke an sich nahm und bezahlte, weil sie wusste das ihr verwirrter Freund dazu momentan nicht im Stande zu war. „Du weißt schon, die von der Ino noch Wochen lang geschwärmt hat. Von dem Parfüm da, dass sie Shikamaru dann aufgeschwatzt hat!“ Sasuke sah, wie Itachi grinste und ebenfalls die Getränke an sich nahm. Gemeinsam gingen die vier dann hinaus auf die Straße, wo sie ein wenig abseits vom Laden beieinander stehen blieben. „Nun sag schon, Sasuke. Warum latscht du hier mit `nem Model-Typen herum? Wie kommt’s, Alter? Und warum bist du nicht mehr in der Schule, ey? Ich war echt sauer, als ich zurückkam und du nicht da warst, echt jetzt!“ „Wir sind… halt umgezogen“, log Sasuke und blickte auf den Boden, während Hinata an ihrem Getränk nippte. Sie kannte Sasuke nicht, denn Naruto kannte sie auch erst seit diesem Sommer, als er nach seinem Austauschjahr in Kalifornien die Neunte auch noch einmal in Irland machen musste. So war er eben in ihre Klasse gekommen und von Sasuke – nun von dem hatte er nur ein paar Mal erzählt, in der Zeit in der sie zusammen waren, was ja auch noch nicht all zu lange war. Ein paar Monate. Zwei um genau zu sein und drei Tage. So was merkte sie sich. „Ja und weiter? Was hat der Model-Typ damit zu tun?“ Naruto war immer noch verwirrt, während Sasuke weiterhin den Boden anstarrte. Itachi blickte auf die drei Jugendlichen und war völlig überfordert. Wer war dieser blonde Kerl und warum log Sasuke ihn an? Noch völlig in Gedanken und mit den beiden Pappbechern in der Hand, sah er wie das Mädchen den Jungen an der Schulter packte und mit dem Kopf schüttelte. „Naruto“, hörte er ihre leise Stimme. „Lass doch… gut sein, oder nicht?“ „Aber… Hinata! Er war mein Freund!“ „Ich bin… immer noch dein Freund“, antwortete Sasuke, obwohl Naruto eigentlich wirklich nur sein irgendwie-Kumpel gewesen war. Naruto hatte ihn nie zu Hause besucht, weil Sasuke das verständlicherweise nicht gewollt hatte und andersrum wollte Sasuke auch nicht wirklich mit zu Naruto, aus Angst seine Eltern wären zu Aufmerksam und natürlich hatte Sasuke auch niemals etwas von daheim erzählt. Deswegen war es vielleicht zu anmaßend sich als Freunde zu bezeichnen, aber wenn Sasuke überlegte, war Naruto doch derjenige gewesen, der einem Freund am nahesten gekommen war. Nur hatte Sasuke da auf der Straße nicht mehr drüber nachgedacht. Da hatte es dann nur noch ihn gegeben, und die Kälte, den Hunger, die Furcht vor Kabuto und die Trauer um seinen Vater. Also alles Dinge… von denen Naruto oder irgendjemand anders aus seiner damaligen Klasse nichts wissen konnte. „Dann musst du mir alles erzählen, okay? Wir treffen uns demnächst und du erzählst mir alles und ich erzähl dir von Kalifornien. Das war so Hammer!“ „In Ordnung“, stimmte Sasuke zu, nahm den Pappbecher, denn Itachi ihm entgegen hielt. Er würde Naruto mitnichten alles erzählen, aber Naruto hatte doch irgendwie ein Recht darauf, dass sie sich mal trafen. Außerdem wäre es vielleicht nicht schlecht, dachte Sasuke, einen Freund zu haben. Einen Freund dem er im Notfall doch was erzählen könnte. Doch dann blickte Sasuke zur Seite und sah in Itachis Gesicht. Denjenigen hatte er schon gefunden, schoss es ihm dann durch den Kopf. Vielleicht keinen Freund, aber auf jeden Fall einen Vertrauten, denn Itachi wusste Bescheid und Itachi behandelte ihn wie einen gleichwertigen Menschen, bemerkte Sasuke, als er an die Entschuldigung des Älteren zurückdachte. „Wir müssen los, Naruto“, sagte Hinata mit einer leisen und freundlichen Stimme. Sie wirkte nicht so, als wolle sie nicht, dass ihr Freund mit den beiden Männern sprach, eher so, als sei ihr die Situation wirklich unangenehm und das konnte Sasuke ihr nicht verübeln. Außerdem waren die beiden wohl auch gerade mit den Weihnachtseinkäufen beschäftigt. „Japp, japp. Lass mich nur noch schnell Sasukes Handynummer eintippen.“ „Ich… hab kein Handy.“ „Oh… okay, dann schreib ich dir meine auf, Sekunde!“ Damit flitzte Naruto auch schon zurück ins Starbucks und kam mit einem kleinen Zettelchen zurück, dass er Sasuke in die Hand drückte, bevor er wieder den Arm um Hinata legte und sich grinsend von Sasuke verabschiedete, natürlich nicht ohne noch mal zu erwähnen, dass Sasuke unbedingt anrufen müsste. „Was war das denn?“, fragte Itachi dann ganz perplex, als der blonde Wildfang und seine liebe Freundin nicht mehr im Sichtfeld der beiden waren. „Er war… ein Freund.“ Itachi nickte und fuhr sich durch die vom Regen feuchten, zusammengebundenen Haare und stellte fest, dass Sasuke zu dem Jungen eben noch gesagt hatte, sie seien immer noch Freunde. „Er war oder er ist?“, fragte der Ältere deswegen nach, wobei es ihm sofort wieder Leid tat, Sasuke wieder mit einem solch ungemütlichen Thema konfrontieren zu müssen. „Ich… hab keine Ahnung“, murmelte Sasuke dann und wandte seinen Blick ab. „Er weiß… nicht von den Dingen.“ „Ich verstehe“, entgegnete Itachi und bezeugte Sasuke wieder weiterzugehen. „Trotzdem solltest du ihn anrufen. Er schien irgendwie… besorgt.“ Itachi konnte sich nicht vorstellen, dass dieser blonde, aufgeweckte Kerl, niemals irgendetwas von Sasukes Problemen mitbekommen hatte. Gerade wenn sie irgendwie Freunde gewesen waren. Das war unvorstellbar. Er selber hatte schon in den ersten Tagen festgestellt, dass mit Sasuke grundsätzlich was nicht stimmen konnte und seine anfänglichen Vermutungen hatten sich ja dann leider Gottes bestätigt. Ein Freund hätte doch was merken müssen. Deswegen und wegen den Worten Naruto, die trotz all der jugendlichen Coolness eben irgendwie besorgt gewirkt hatten, fand Itachi es wichtig, dass Sasuke mal anrief. Nur um zu sagen, dass es ihm gut ginge oder eben um Dinge zu erzählen, falls er das denn wolle. Dafür könnte er gerne sein Telefon benutzen. Ohne Wenn und Aber. to be continued by Jessa_ Kapitel 30: Glastonbury ----------------------- Kapitel 30: Glastonbury You. Are. A pocketful of sunshine You. Are. A miracle I came here to find Am Ende der Shoppingtour hatten sie dann wirklich alles bekommen, was Itachi gewollt hatte. Den sauteuren Wein für seinen Vater, das Lieblingsparfüm für seine Mutter, Babyspielzeug für den Kleinen von Konan und Pein, ein Gutschein für ein Abendessen beim Italiener für die beiden – Babysitten seitens Itachi inbegriffen, die Delphinfigur für Irukas Sammlung, einen Büchergutschein und die neue Platte dessen Lieblingsrockband für Kakashi, für Shizune einen Kalender für das kommende Jahr mit Bildern aus Afrika und eine kleine afrikanische Statue, für seinen gleichaltrigen Cousin Shisui eine Flasche halbtreuen Whiskey, denn er so gerne trank und für den Rest seiner Familie – Tanten und Onkel, einen älteren Cousin, der auch mit Kakashi befreundet war und für seiner Frau, für die jüngere Cousine und den jüngeren Cousin, für seine einzige noch lebende Oma väterlicherseits – hatte er eben irgendwelche Kleinigkeiten wir Gutscheine, Blumen, Dekokram oder Spielzeug für die Kinder gekauft. Alles in allem eine gute Mischung, entschied er als er die Tüten im Kofferraum verstaute und dann selbst einstieg. Sie waren lange in der Stadt gewesen, es war schon dunkel draußen, aber das wurde es ja zu dieser Jahreszeit schon früh, deswegen war es noch nicht zu spät etwas zu Kochen, beschloss Itachi und sie hatten noch genug zu Hause. Der Student fummelte an seinem Autoradio herum und fuhr dann aus der Tiefgarage. Sasuke saß ruhig neben ihm. Der Tag musste hart für den Jungen gewesen sein und daran sah sich Itachi selbst nicht ganz unschuldig. Er hatte Sasuke zunächst im Café auf seine Vergangenheit angesprochen. Das war nicht gut, glaubte er. Es hatte Sasuke traurig gemacht und das wollte er nicht. Er wollte… ja, er wollte den Jungen glücklich sehen. Und dann noch dieser blonde Kerl, Naruto – auch dass hatte Sasuke erneut verunsichert, glaubte Itachi. Einen Menschen aus der Vergangenheit zu treffen musste immer hart sein, besonders wenn man die Vergangenheit vergessen wollte, weil sie schmerzte. Ja, dass konnte er sich gut vorstellen. In der Wohnung angekommen verstauten Sasuke und Itachi die Geschenke in eine freie Ecke in Itachis Schlafzimmer, bevor der Erwachsene sich im Flur an den Jungen wandte. „Ich muss noch mal schnell weg. Tanken und Geschenkpapier kaufen. Das haben wir vergessen. Kannst du schon mal Nudeln kochen?“ „Uh… klar“, murmelte Sasuke, wollte helfen, wann immer er konnte. Itachi nickte und fügte hinzu. „Wir müssten auch noch eine Dose Tomatensoße hier haben. Kannst ja mal gucken und die auch warm machen. Ich bin sofort wieder da. Bis gleich.“ Damit macht Itachi sich runter auf dem Weg zum Auto. Sasuke würde schon klar kommen. Mit Sicherheit. Er war ja nicht dumm und Nudeln mit Tomantensoße kochen konnte fast jeder. So fuhr er zuerst wirklich eilig tanken und in einem Geschäft neben der Tankstelle Geschenkpapier kaufen, bevor er eilig in die Stadt fuhr und sein Auto am Straßenrand parkte. Er ging rasch in die Buchhandlung und nahm zwei Bücher, von denen er glaube, sie würden Sasuke gut gefallen. Die Verkäuferin packte die beiden Bücher noch im Geschäft in Geschenkpapier – ein extra-Service zu dieser Zeit im Jahr – und legte das Lesezeichen, dass Itachi für Sasuke ausgesucht hatte, dazu. Der Erwachsene verließ das Geschäft und ging schon zwei Türen weiter in das Nächste. Er hatte sich ein zusätzliches Geschenk für Sasuke überlegt, von dem er nicht gänzlich wusste, ob es dem Jungen gefallen würde oder ob es vielleicht doch ein totaler Reinfall werden würde, aber Itachi hoffte – hoffte einfach – Sasuke würde sich darüber freuen. Deswegen bezahlte er das Geschenk, lies auch das einpackten und ging beladen mit zwei kleinen Tütchen zurück zu seinem Volvo, mit dem er wieder nach Hause fuhr. Zuhause angekommen schloss Itachi die Haustür auf, brachte die Tüten und das Geschenkpapier in sein Zimmer und ging dann in die Küche, von wo aus es schon nach leckerer Tomatensuppe duftete. Er sah dass Sasuke schon den Tisch gedeckt hatte und dass er gerade die Nudeln abschüttete. „Hey“, sagte Itachi und griff an Sasuke, der ebenfalls ein leises: „Hallo“ murmelte, vorbei zu dem Schrank, wo er die Getränke aufbewahrte und holte eine Flasche Cola und eine Flasche Wasser heraus die, die er auf den Tisch stellte, während Sasuke die Nudeln in eine Schüssel gab und mit der Soße auf den Tisch stellte, bevor beide sich setzten. Itachi tat nicht nur sich Nudeln auf den Teller, sondern auch Sasuke. Erst dann fing er zu Essen an. Sie schwiegen die meiste Zeit und Itachi hing wieder seinen Gedanken hinterher, wie er es hinbekommen, sollte, dass Sasuke länger bleiben konnte, als bis Weihnachten. Es ging ihm da nicht um ein paar Tage. Damit würde er Sasuke quälen, wenn er immer sagen würde: Ach, du kannst noch eine Woche bleiben oder bis dann oder dann lass ich dich noch hier. So was war Quatsch. Er musste einen Weg finden, dass Sasuke sich sicher sein konnte, irgendwo bleiben zu können und Itachi musste feststellen, dass seine Wohnung nicht der richtige Ort war. Klar, irgendwie fühlte Sasuke sich wohl, aber er schlief auf dem Sofa; Itachi hatte kein Zimmer frei, außer… er könnte die Abstellkammer ausräumen, die Waschmaschine und den Trockner in die Küche quetschen, den Rest einfach irgendwo anders hin und in diesen winzigen Raum ohne Fenster würde mit Sicherheit ein Bett und ein kleiner Schrank passen. Vielleicht sogar noch ein Bücherregal, aber das war nicht wirklich ein Zimmer für einen Jugendlichen. Dunkel, ohne Frischluft und so winzig. Das würde er Sasuke nicht antun wollen, aber er konnte doch nicht einfach eine neue Wohnung mieten. Außerdem sparte er doch schon seit Jahren auf seinen Traum hin, belegte deswegen extra Kurse in Gastronomie, neben seinem Sport- und Jurastudium, dass sein Vater zahlte, ging Modeln dafür und arbeitete in der Kanzlei. Nur deswegen tat er es ja – soviel arbeiten. Eine größere Wohnung wäre teurer und wenn Sasuke für längere Zeit bei ihm wäre, würde er definitiv weniger arbeiten können und müsste zudem mehr Geld auslegen. Klar, er tat das wirklich gern, aber auf ewig… wusste Itachi einfach nicht, ob er das schaffen könnte und er wusste ja auch nicht, ob Sasuke das überhaupt wollte. Im Grunde, stellte Itachi gerade fest, brachten ihm diese Grübeleien kaum etwas. Er war sich nicht sicherer, als zuvor und eine endgültige Entscheidung könnte er eh nur gemeinsam mit Sasuke treffen. Itachi fuhr sich mit der Hand durch die Haare und seufzte einmal tief, bevor er aus dem Fenster blickte. Sie hatten einen sternenklaren Himmel an diesem Abend, fiel ihm auf. Ganz auf das unbewegliche Bild hinter der Fensterscheibe fixiert, vergaß Itachi das Essen für einige Minuten, bis er Sasukes leise, unsichere Stimme hörte. „Hab ich… was falsch gemacht, Itachi?“ Der Student merkte, wie sich seine Stirn in Falten legte. Er wandte Sasuke den Kopf zu und sagte fragend: „Ich versteh nicht. Warum solltest du denn was falsch gemacht haben?“ „Ich… - entschuldige… ich weiß auch nicht. Bitte vergiss es.“ „Nein“, entgegnete der Ältere. „Sag schon. Was glaubst du, hast du falsch gemacht?“ „Ich…“, murmelte Sasuke nur und blickte auf die Tischplatte. Heute war irgendwie ein dämlicher Tag, schoss es ihm durch den Kopf, obwohl es ihm sofort wieder Leid tat, das zu denken. Dazu hatte er gar nicht das Recht. Itachi versuchte immer, dass er sich so gut wie möglich fühlte, aber heute war es irgendwie wirklich kein guter Tag. Die Erinnerungen an die Vergangenheit, dann noch Naruto und jetzt… jetzt war Itachi wahrscheinlich unheimlich genervt von ihm – so wie er geseufzt und aus dem Fenster gestarrt hatte. Vielleicht würde er ihn heute Abend noch fort schicken – vielleicht wäre das sogar ganz gut so. Sasuke biss sich auf die Unterlippe. Er würde eh in ein paar Tagen – wahrscheinlich Dienstag, dem Tag vor Heiligabend oder eben Heiligabend oder so – gehen müssen und so müsste er Itachis Eltern nicht unter die Augen treten. Denn jetzt, wo der morgige Besuch immer näher kam, fürchtete er sich auch immer mehr davor. „Ich… weiß, dass ich ziemlich… lästig bin…“, murmelte Sasuke wieder und wünschte sich, er hätte den Mund gehalten. Schon allein mit dieser Äußerung war er wieder nervig, wieder lästig. Er musste unbedingt lernen, die Klappe zu halten. Unbedingt. „Du bist nicht lästig“, hörte er Itachis Stimme. Sie wirkte so ernsthaft, so darum bemüht, dass Sasuke den Worten Glauben schenkte. Mit geweiteten Augen blickte er auf und sah in das vertraute Gesicht. „Du bist nicht lästig“, wiederholte Itachi. „Und ich habe dich gerne hier.“ Das entsprach der Wahrheit. Nichts mehr als das. Itachi verschwieg nur schlicht, dass er über einige Dinge nachdenken musste, die Sasukes Aufenthalt bei ihm betrafen, denn bevor sie gemeinsam eine Entscheidung fällen konnten, musste Itachi sich erstmal darüber klar werden, was und in welchem Maße er Dinge für Sasuke aufgeben konnte. Dinge wie das Bootsrestaurant, sein Studium oder diese Wohnung. „Na komm. Iss weiter“, merkte Itachi mit freundlicher Stimme an und stellte fest, dass er Sasuke am heutigen Tag schon ein paar Mal hatte auffordern müssen, irgendetwas zu tun, damit der Junge nicht in Schuldgefühlen, schlechten Gedanken und Erinnerungen an die Vergangenheit versank. Itachi wurde zum erneuten Male klar, wie sehr dieses Kind litt. Und damit wurde ihm auch schon wieder klar, dass er dieses Leiden beenden wollte. ~~ Sasuke saß auf dem Sofa. Normalerweise, dass wusste Itachi, würde der Junge fragen, ob er ein Buch lesen dürfe, aber selbst das tat er nicht. Er saß einfach nur da und starrte auf seine Knie, die er an den Körper gezogen hatte. Das war eigentlich ein Fortschritt. Meist saß er nur so, wenn sie über längere Zeit einen Film guckten oder etwas anderes im Fernsehen. Aber so, wenn Itachi gar nicht im Zimmer war und erst mit einem Kaffee rein kam, saß er immer ganz ordentlich, mit den Füßen auf dem Boden, da. Es schien ihm wohl nicht besonders gut zu gehen, fiel Itachi auf; er war so in Gedanken, noch stiller als sonst und auf eine Art auch wieder unsicherer, obwohl er eben so da saß. „Stimmt irgendwas nicht?“, fragte der Ältere deswegen, als er sich mit seinem Kaffee in den Sessel setzte. „Doch… alles in Ordnung“, murmelte Sasuke nur, wollte Itachi keinen Ärger bereiten und wusste ja selbst nicht mal, was nicht stimmte. Klar, er wusste, dass er sich merkwürdig verhielt, aber er war traurig. Wegen dem Tag und wegen den Erinnerungen. Im Grunde wollte er eigentlich nur schlafen und die Dinge für ein paar Stunden vergessen. Morgen früh würde vielleicht wieder alles besser sein, obwohl sie am Nachmittag bei Itachis Eltern eingeladen waren. Aber er konnte Itachi ja schlecht sagen, dass er schlafen wollte und ihm somit aus seinem eigenen Wohnzimmer vertreiben. Niemals. Das würde er sich nicht einmal trauen. Und müde war er ja nicht; er wollte schlicht und einfach vergessen. Itachi blickte sich in seinem Wohnzimmer um. Und das erste Wort was ihm einfiel, war komischerweise: Langweilig. Das hatte er zuvor noch nie in seiner Wohnung gedacht. Wenn ihm langweilig war, schnappte er sich seine Gitarre und griff ein paar Akkorde zur Übung, schaltete den Fernseher ein, las dann und wann mal ein paar Seiten oder ging – das tat er meistens wenn ihm anfing langweilig zu werden – joggen. Wäre ihm jetzt langweilig und Sasuke wäre nicht da, hätte er sich wohl, egal wie spät es war und wie schlecht das Wetter, seine neue und noch fast unbenutzte Yamaha geschnappt um damit ein wenig rumzudüsen. Kurz bevor er Sasuke zum ersten Mal getroffen hatte, hatte er sich die gekauft und war ein paar Wochen lang fast jeden Nachmittag mindestens eine Stunde damit rum gefahren, hatte sich wirklich in die Maschine verliebt, doch dann war Sasuke zu ihm gekommen und seitdem stand die Yamaha unbenutzt in der Garage. Seine aufkommende Sehnsucht nach dem Motorrad runterschluckend, blickte er sich noch einmal um und stellte fest, dass er wirklich kaum was da hatte, womit Sasuke sich beschäftigen könnte. „Magst du nicht lesen?“, fragte Itachi und erntete nur ein leichtes Kopfschütteln, was er sich nicht wirklich erklären konnte. Zuvor hatte Sasuke doch immer gerne gelesen. Aber vielleicht war es zuviel gewesen. Soweit Itachi sich erinnern konnte hatte der Junge in der kurzen Zeit bei ihm mindestens fünf Bücher verschlungen. Dafür bräuchte er keine zwei Wochen sondern mindestens zwei Monate und das nur, wenn die Bücher ihn wirklich interessierten und nicht all zu dick waren. Ne, bevor er sich stundenlang mit einem Buch aufs Sofa setzte, schnappte er sich lieber sein Moped. Eindeutig. Oder er ging laufen. Oder eine rauchen und in den Pub mit Kakashi und Iruka. Verdammt, dachte Itachi, er hörte sich ja beinahe an wie ein Vollidiot…. Na, super. „Wie steht’s denn mit fernsehen?“, fragte Itachi und als Sasuke daraufhin nur unsicher mit den Achseln zuckte, hakte der Erwachsene nach: „Ist dir nicht langweilig?“ „Ich…“, murmelte Sasuke und blickte weiterhin aus seine Knie. Ja schon, doch, ihm war langweilig, aber er hatte nicht das Recht sich zu beklagen. Nur lesen wollte er eben gerade nicht, auch wenn es nett war von Itachi, ihm das vorzuschlagen. Ob der Ältere den Fernseher anmachte, war ihm im Grunde egal. Wenn Itachi wollte, dass sie Fernsehschauten, würde er es tun, aber große Lust dazu hatte er eigentlich nicht. Sie hatten in den letzten Tagen beinahe jeden Abend irgendeinen Film gesehen, was ihm auch besonderes gefallen hatte, schließlich musste er ewig lang darauf verzichten, aber im Moment hatte er einfach, wie beim lesen auch, keine Lust darauf. „Du kannst auch mit der Konsole spielen, wenn du willst“, schlug Itachi vor und blickte sich noch mal in seinem Wohnzimmer um. „Oder ich mach dir den Laptop an.“ „Ich… ist schon in Ordnung“, murmelte Sasuke leise und log: „Mir ist… ist nicht langweilig.“ Sasuke wollte Itachi nicht in die Verlegenheit bringen, sich die ganze Zeit irgendwas auszudenken, womit er ihn beschäftigen konnte. Er war schließlich kein kleines Kind mehr und er hatte kein Problem damit, einfach nur dort zu sitzen und nichts zu tun. Viel mehr hatte er auf der Straße ja auch nicht gekonnt. Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Vielleicht war Itachi langweilig und vielleicht nervte es ihn, dass er einfach nur hier saß und nichts tat. Deswegen schaute Sasuke den Älteren unsicher an und sagte leise: „Bitte… entschuldige.“ „Moment“, bat Itachi und fuhr sich verwirrt durch die Haare. „Du entschuldigst dich, dass dir nicht langweilig ist oder versteh ich da grad was vollkommen falsch?“ „Nein nein… ich meine… ich…“, stotterte Sasuke nur und wusste nicht, wie er sich erklären sollte. Er entschuldigte sich doch nicht für seine Langeweile, solch ein Quatsch! Er entschuldigte sich dafür, dass Itachi sich mit ihm rumärgern musste, dass Itachi wegen ihm langweilig war; wegen so was entschuldigte er sich. Aber wie sollte er das nur erklären? „Warte einen Moment. Ich bin sofort wieder da, okay?“ Damit stand Itachi auf, ging in den Flur, zog seine Schuhe an, schnappte seinen Haustürschlüssel und ging rasch die Treppen runter, zwei Häuser weiter und dort klingelte er dann. Er wartete einen Moment, bis das Summen der Tür ertönte und er sie aufdrückte. Itachi ging hinauf. Im Flur vor seiner Wohnung wartete schon Kisame. „Brauchst wieder eine Putze, Itachi? Bist aber ganz schön spät.“ „Quatsch“, murrte der Schwarzhaarige, fragte dann aber freundlich. „Du hast doch bestimmt ein Kartenspiel oder so ein Zeug da, oder?“ „Ein Kartenspiel, huh?“ Kisame, dessen Haut schon immer so unnatürlich blassbläulich geschimmert hatte, grinste und erinnerte Itachi deswegen wie so häufig an einen Hai, der seine Zähne zeigte. „Du solltest mich kennen, Kumpel. Ich hab nicht nur ein Kartenspiel hier, sondern einen ganzen Schrank voller Spiele.“ „Genau deswegen bin ich zu dir gekommen“, grinste nun auch Itachi. Er kannte die Leidenschaft des Großen für Gesellschaftsspiele aller Art, fragte sich zwar manchmal, mit wem er diese spielte, denn Neffen und Nichten hatte er nicht, soweit Itachi das wusste, aber er hatte sie und gut war. Ja, gut war das wirklich, denn vielleicht würde Sasuke Spaß daran haben, ein Gesellschaftsspiel zu spielen. Denn irgendwie… war Sasuke ja immer noch ein Kind. Irgendwie war er es doch, oder? Itachi war vollkommen überfordert, als er das große Angebot an Spielen in Kisames Schrank sah. Schlimmer als ein Spielzeuggeschäft – nicht dass er da oft drin wäre, aber heute eben für seine jüngere Cousine und seinen jüngeren Cousin. „Äh… Was nehm’ ich denn da, Kisame?“, fragte er deswegen und hörte das laute Lachen seines Fast-Nachbarn. „Für Anfänger wie dich, würde ich sagen…“ er führte den Satz zunächst nicht zum Ende, sondern hockte sich hinunter und nahm drei Kartons und eine kleine Schachtel heraus. „Solltest du die mal mitnehmen. Mensch-ärgere-dich-nicht kann jeder. Sogar du.“ Kisame lachte wieder und zeigte auf die beiden andere. „Monopoly und Schiffe versenken sollte für einen Anfänger auch noch zu schaffen sein. Auf jeden Fall sind es Klassiker, die du kennen musst. Und falls alles nichts nützt.“ Kisame tippte zuerst auf die kleine Schachtel und dann gegen den Kopf seines Kumpels. „Hab ich hier ein stinknormales Kartenspiel für dich oder ihr spielt einfach Stadt, Land, Fluss.“ „Oh… äh, ja.“ Soviel dazu, dachte sich der Uchiha ironisch, danke aber dennoch, versprach die Spiele sofort morgen zurück zu bringen und zog von dannen. Hoffentlich konnte Sasuke damit jetzt was anfangen. Umsonst, hoffte Itachi, hatte er sich die Mühe ja nicht gemacht, rüber nach Kisame zu gehen und sich mit seiner Unwissenheit mehr oder weniger zum Affen zu machen. ~~ Sasuke saß immer noch auf dem Sofa. Die Beine an den Körper gezogen und die Arme locker darum geschlungen, schaute er aus dem Fenster. Es war wirklich schon dunkel draußen, aber eben noch recht früh. Man konnte den Winter nicht nur spüren, sondern auch sehen. Die Dunkelheit der kalten Jahreszeit. Itachi stellte die Spiele auf dem Couchtisch ab und schaute zu Sasuke. Wann immer er so da saß und irgendwo aus dem Fenster schaute, wurde Itachi immer klar, dass Sasuke genau wusste, dass er hier nicht zu Haus war, sondern nur auf Besuch. Er wusste, dass ihm nur noch weniger Tage blieben und dass er sich dann Pläne machen musste – oder jetzt schon, oder gar nicht. Itachi wusste nicht, ob man Pläne machen konnte, wenn man auf der Straße leben musste und im Grunde keine Perspektive hatte. Er selber war ein verwöhnter Bengel gewesen als Jugendliche. Keine dieser Neureichen, kein Schnösel oder so; er war mit Chucks rum gelaufen und mit stilischen Löchern in der Hose, mit langen, schwarzen Haaren, die er heute noch hatte und mit einem schrecklichen Piercing am Kinn und einem kleinen Ring in der Augenbraue, die er beide mittlerweile abgelegt hatte. Er war so eine Möchtegernpunk gewesen, wohlmöglich oder so was in der Art. Das hatten er und seine – ebenfalls nicht aus schlechtem Hause stammenden Freunde – besonders cool gefunden. Aber sie hatten es wahrscheinlich nur getan, wegen der Musik und wegen der Gewissheit, dass sie anders konnten, wenn sie wollten. Das im Schrank auch Hemden hingen, in der Hosentasche ihre neues Handy lag und sie in der Nacht in ein großes, teures Haus heim kamen, wo sie ganz Mamas Sohn und Papas Erbe waren. Sasuke hatte nicht die Gewissheit, dass es anders ging, wenn er wollte. Er musste. Musste dort leben, musste mit Löchern in der Hose rumlaufen und kam nachts eben nicht heim in ein schönes Haus mit einem warmen Bett, das nur ihm gehörte. Er musste sich eine Brücke suchen. Und dass dieses Wissen in Sasuke war, das sah Itachi, wenn der Junge so aus dem Fenster blickte. „Ich hab paar Spiele besorgt“, merkte Itachi an. Sasuke Blick ruckte zum Älteren und dann, etwas langsamer, zu den Sachen auf dem Tisch, bevor er wieder Itachi anblickte. Er war fünfzehn, sagte Itachi sich, eigentlich noch ein Kind. Aber irgendwie auch ein Teenager und fast erwachsen. Vielleicht kam Sasuke sich jetzt auch verarscht vor. Nach den Dingen, die ihm zugestoßen waren, wusste Itachi plötzlich nicht mehr, ob er das Recht hatte Sasuke wie ein Kind zu behandeln, denn durchstehen musste dieser Junge – dieses Kind – schon mehr als Itachi und der lebte schließlich schon knapp acht Jahre länger. „Wenn du keine Lust drauf hast“, sagte Itachi deswegen: „Stell ich die weg und bring die morgen wie geplant zurück. Kein großes Ding.“ „Ich… ich würde gerne…“, hörte er dann aber schon Sasuke zögerliches Murmeln. „Gut.“ Itachi lächelte leicht, grinste beinahe, als er auf die verschiedenen Schachteln zeigte. „Such dir was aus. Ich hab von so was keine Ahnung.“ Sasuke blickte auf die Verpackungen, las die Texte und freute sich wirklich sehr, dass Itachi die Spiele besorgt hatte. Das war wirklich viel besser als wieder lesen oder fernsehen und es war etwas, was er sonst nur mit Grundschulfreunden und seinem Vater gemacht hatte – Gesellschaftsspiele spielen, überhaupt Spiele spielen. „Schiffe versenken…?“, murmelte er daher fragend und Itachi zuckte die Schultern. „Weißt du wie es geht?“ Sasuke nickte „Gut. Ich nämlich nicht.“ Itachi seufzte und lies sich in den Sessel plumpsen. „Na los, erklär’s mir.“ „Na ja… wir… wir können auch…“, murmelte Sasuke wieder, wollte nicht einen auf klug machen und Itachi ein Spiel erklären, obwohl er derjenige war, der nicht zu Schule ging, nicht arbeiten und so was. Kabuto hatte es immer gehasst, wenn er etwas Kluges gesagt hatte. Schlaumeier, hatte er ihn immer genannt, oder Angeber, Streber oder so was und ihn dann geschlagen. „Doch nicht Schiffe versenken?“, hakte Itachi nach und Sasuke zuckte wieder unsicher mit den Schultern. „Kannst du… nicht… aus- aussuchen?“ „Sasuke“, seufzte Itachi und schaute den Teenager wohlwollend an. „Es ist nur eine ganz einfache Entscheidung. Du sucht ein Spiel aus, wenn ich es nicht raffe, erklärst du es mir und dann spielen wir das. Ganz einfach. Und wenn nicht hol ich halt Papier und Stifte und wie fangen ganz einfach mit Stadt, Land, Fluss an und arbeiten uns hoch. Na, was meinst du?“, brachte er Kisames Vorschlag mit ein. „… Klar.“ Sasukes Antwort war wie immer leise. „Also Stadt, Land, Fluss?“ Sasuke nickte und Itachi stand auf um Schreibzeug zu holen, dass er dann auf den Couchtisch legte. Ein Blatt vor sich und eines vor Sasuke, einen Stift für jeden und dann machten sie Striche und suchten die Kategorien aus. Stadt, Land, Fluss, Name, Tier, Beruf, Filmtitel, Pflanze. „Na dann los“, meinte Itachi und zählte im Kopf das ABC auf, bis Sasukes leise stopp sagte. „G.“ Sie schrieben und als Sasuke den Schrift niederlegte, blickte Itachi auf. „Du musst sagen, wenn du fertig bist. Dann darf ich nicht weiter schreiben.“ Sasuke nickte und murmelte leise, dass er fertig war. „Gut. Fang an, Sasuke. Stadt.“ „Galway.“ „Glastonbury. Beide zehn Punkte, ne? Dann Land.“ „Grönland.“ „Großbritannien. Wieder beide zehn. Fluss.“ „Garavogue River.“ „Gut, ich hab kein“, sagte Itachi. „Du kriegst zwanzig Punkte.“ „Oh… okay. Tschuldigung.“ „Entschuldige dich nicht, das ist ein Spiel.“ Sasuke blickte zu Boden. Er entschuldigte sich, weil er es gewohnt war. Er musste sich entschuldigen. Das hatte er immer gemusst. Vor allem wenn er sich wieder wie ein Klugscheißer aufgeführt hatte. Das hatte Kabuto wirklich nicht gemocht. Sasuke sollte nicht klug sein, sondern willenlos und biegsam. „Na komm, lass uns weiter machen“, hörte er Itachis Stimme. Sie verglichen die Kategorie Name, Tier, Beruf, Filmtitel und Pflanze, wobei Itachi auch keine Pflanze hatte. Bei den nächsten zwei Buchstaben ging es ähnlich zu. Fast immer hatte Itachi mindestens eine Kategorie nicht, während Sasuke wirklich gut war und kaum Felder hatte, die leer blieben. Er kannte keine Pflanze mit Y und keine mit Z, keinen Fluss und kein Land mit X. Am Ende jedoch, als das Blatt und sogar die Rückseite voll waren, hatte Sasuke haushoch gewonnen. Itachi lehnte sich leise lachend im Sessel zurück. „So fertig gemacht von einem Fünfzehnjährigen.“ Sasuke der sich für das Spiel auf den Boden vor den Tisch gesetzt hatte, senkte den Blick. „Ich… ich wollte nicht…“ „Hör auf dich zu entschuldigen, meine Güte, Sasuke. Du bist einfach intelligenter als ich. Da haben wir den Beweis.“ Itachi lachte wieder leise. Wenn sein Vater das wüsste. Fertiggemacht von einem Fünfzehnjährigen, haushoch und das in einem Spiel in dem es um pures Wissen ging. „Nein… nein, bin ich… bin ich nicht“, murmelte Sasuke und schaute nicht hoch. „Ich bin nur… nur ein dummer Straßenjunge…“ Itachis Grinsen verschwand und er lehnte sich vor. „Sieh mich an, Sasuke“, sagte er ernst und nach kurzer Zeit gehorchte der Jugendliche und blickte Itachi an. „Du bist nicht dumm, du bist nicht dreckig. Du bist ein großartiger Junge.“ Itachi sah, wie Sasukes Auen sich weiteten, wie seine Wangen sich leicht vor Verlegung röteten. „Ich…“, murmelte er nur und war sprachlos. Das hatte ewig keiner zu ihm gesagt. Sein Vater hatte immer gesagt, er sei ein toller Junge, der Beste Sohn, den er sich wünschen konnte. Und nach so vielen Jahren, was Itachi der erste, der so was aussprach. Sasuke konnte es kaum glauben. Konnte, nicht glauben, dass er nicht dumm und nicht dreckig war. Das war für ihn selbstverständlich. Er war schließlich ein Straßenkind. Hatte kein Geld, bettelte, ging nicht zur Schule und hatte kein zu Hause. Er war kein großartiger Junge, aber es war schön, das irgendjemand – nur ein Einziger – so von ihm dachte. „Na, was sagst du. Wo machst du mich als nächstes fertig?“, fragte Itachi feixend, riss den Jungen somit aus seinen Gedanken und zeigte auf die Spiele. Sasuke blickte wieder zu Boden. Itachi glaube er sei ein großartiger Junge. Itachi mochte ihn. Aus irgendeinem ihm unverständlichen Grund, mochte Itachi ihn und fand ihn nicht dumm und dreckig. Mit einem Funkeln, das schon lange nicht mehr in Sasukes Augen gewesen war, blickte er hoch und grinste halb. So ein irgendwie-Grinsen, als hätte er es beinahe verlernt. „Ich kann’s bei Schiffe versenken probieren.“ Itachi grinste auch, bemerkte das Funkeln, bemerkte den Blick, bemerkte Sasukes Stimme und nickte. Sie würden es hinbekommen, sie beide. „Na komm, gib die Anleitung rüber und bau auf“, wies Itachi den Jungen an und als Sasuke ihm das kleine Heftchen reichte, war das Funkeln in den Augen nicht verschwunden. In dem hatte sich etwas in Sasuke an die Oberfläche gekämpft. Selbstsicherheit. Ein Fünkchen davon. Die Option zu kämpfen; bei einem Spiel, ohne schmerzvolle Folgen. Und Unschuld. Das Funkeln in den Augen. Funkeln der Unschuld und Funkeln von Mut und Selbstsicherheit. Menschlichkeit. Sasuke wusste nicht, ob es morgen früh noch immer so war, aber er glaubte, Itachi hatte ihn ein bisschen ganz gemacht, gerade geboren. Er hatte ein paar Scherben geklebt. to be continued... by Jessa_ Kapitel 31: A sort of homecoming -------------------------------- Kapitel 31: A sort of homecoming Oh, don't sorrow, no don't weep For tonight at last I am coming home. I am coming home. Die Sonne schien durch die wenigen Wolken auf die Erde nieder und doch zeigte die Anzeige in Itachis Volvo nur 3 Grad Plus Außentemperatur. Sasuke war froh, dass es im Auto selbst wärmer war. Er saß im Sitz zurückgelehnt da und lauschte der Musik, die aus dem Autoradio schallte. Er war entspannter heute als all die Tage zuvor. Irgendwas in Itachis gestrigen Worten hatte ihm ein Fünkchen Selbstbewusstsein zurückgegeben. Es war ganz so, als sei einer von vielen Schaltern in seinem Inneren umgesprungen. Natürlich wusste auch Sasuke, dass er längst nicht wieder so selbstbewusst war, wie damals als sein Vater noch lebte oder wie er sein sollte und wie die meisten anderen Jugendlichen in seinem Alter waren. Dazu war wohl wirklich zu viel in ihm kaputt. Aber ein bisschen hatte Itachi reparieren können und vielleicht, so hoffte Sasuke, konnte er auch in den folgenden Tagen noch ein bisschen mehr reparieren, bevor er gehen musste. Sasuke traute sich jetzt locker aus dem Fenster zu schauen oder sich im Sitz zurückzulehnen, anstatt wie bei den ersten Fahrten krampfhaft da zu sitzen. Das war schon ein Fortschritt. Ein kleiner, aber er war da. Genauso wie es ein Fortschritt war, dass Sasuke heute selbstständig nach den kleinen Tomaten gegriffen hatte, die Itachi auf den Frühstückstisch gestellt hatte und dass er sich statt den ewigen Käsebelag mal Wurst genommen hatte. Dabei hatten seine Hände zwar ein wenig, ganz leicht, fast nicht zu bemerken, gezittert, aber er hatte es sich getan und er hatte danach Itachis Blick gesehen, der zuerst ein bisschen Verwundert gewesen war, dann aber erfreut. Sasuke glaubte, Itachi mochte ihn seit gestern Abend ein bisschen mehr. Sie hatten einen tollen Abend gehabt. Sasuke hatte Itachi auch beim Schiffe versenken besiegt und bei MauMau, bevor es Itachi zu blöd geworden war. Er hatte gefragt, ob Sasuke Poker spielen könnte und als dieser verneint hatte, hatte Itachi nur gegrinst, es ihm flüchtig beigebracht und ihn dann haushoch besiegt. Und doch, obwohl der gestrige Abend und auch der Tag bisher wirklich gut gewesen waren, fürchtete Sasuke sich vor dem Besuch in Itachis Elternhaus. Er wusste nicht, ob Itachi Eltern wohlhabend waren, aber er ging davon aus, schließlich leitete der Vater die Kanzlei in der Itachi arbeitete und Itachi war ja auch nicht arm. Sasuke hoffte einfach, dass sie ihn nicht öffentlich nieder machen würden. Dass sie keinesfalls mit ihm zufrieden sein könnten war für Sasuke schon jetzt klar, aber er hoffte wirklich einfach, dass sie es nicht so sehr zeigen würden. Das sie vielleicht gute Miene zum bösen Spiel machten und Itachi dann vielleicht in einer Minute unter vier Augen zu Recht weisen würden, in versuchen würden, davon zu überzeugen, dass er Sasuke fort schickte, anstatt es vor ihm zu verlangen. Vielleicht, schoss Sasuke durch den Kopf, schmissen sie ihn auch raus, sobald er einen Fehler machte. Das war möglich. Sasuke schluckte und blickte weiterhin aus dem Fenster. Die Gegend wurde wieder hübscher. Sie waren etwa zwanzig Minuten unterwegs bisher und durch eine Siedlung gefahren mit vielen Hochhäusern. In solch einem, wusste Sasuke, wohnte auch Kabuto. In einer runtergekommenen, winzigen Wohnung. Jedenfalls, wenn er mittlerweile nichts zu Sasukes Mutter gezogen war. Die waren schließlich beste Freunde und seine Mutter machte sich ja immer noch Hoffnungen auf eine Beziehung, obwohl sie wusste, was dieser Kerl ihrem Sohn angetan hatte. Wie auch immer, dachte Sasuke und senkte den Kopf. Er wollte jetzt nicht über Kabuto nachdenken. Das würde ihm vielleicht wieder den Funken Selbstbewusstsein nehmen, den Itachi gestern Mühsam gefunden hatte und diesen Funken, glaubte Sasuke, brauchte er dringend, wenn er Itachis Eltern unter die Augen treten wollte. Sasuke blickte zur Seite, sah Itachi am Steuer sitzen, der locker durch die schicke Vorstadtsiedlung lenkte. Unter seinem Mantel trug er ein Hemd und die dunkle Hose sah ebenfalls teuer aus. Er hatte sich gut angezogen für den Besuch bei seinen Eltern und Sasuke hoffte, dass sein Outfit auch ausreichen würde. Für ihn selbst diese Klamotten viel zu teuer gewesen – die Jeans, das T-Shirt mit dem Druck, der Kapuzenpullover, die Chucks und die Jacke – aber er wusste schließlich nicht, was Itachis Eltern erwarteten. Und wenn Itachi schon ein Hemd angezogen hatte… Sasuke wandte den Blick wieder ab, schaute aus dem Fenster und stellte mit Bangen fest, dass die Häuser immer teurer aussahen. Höhere Zäune waren um die Anwesen gebaut und größerer, imposanterer oder einfach kostspieligere Autos standen in den Einfahrten. Das Haus, das sein Vater damals gekauft hatte und in dem seine Mutter heute noch lebte, war ebenfalls nicht billig gewesen, denn es war wirklich groß. Kurz vor seinem Tod hatte Sasukes Vater damit begonnen den Dachboden auszubauen, denn er hatte vorgehabt ein Kind zu adoptieren, da er und Sasukes Mutter da schon seit Jahren vergeblich versucht hatten ein zweites Kind zu bekommen. Das schon begonnene Adoptionsverfahren wurde dann beendet, da sie kein Kind hatten in eine trauende Familie geben wollen und Sasuke war froh drüber. Einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester von weit her hatte er nicht beschützen wollen, wenn er sich kaum selbst hatte schützen können. Vielleicht hatte das Kind eine bessere Familie gefunden, eine die in Ordnung war, während Sasukes Familie, mit dem Tod des Vaters, zerbrochen war. Im Grunde, glaubte Sasuke, war sein Vater das Glied der Kette gewesen, das die beiden anderen zusammen gehalten hatte. Und als er starb, fehlte es. Das wichtigste Glied und die kaputte Kette war nur noch so stark, wie ihr schwächstes Glied. Sasuke hatte also gar nichts machen können, nachdem seine Mutter sich und ihn aufgegeben hatte, an saufen angefangen hatte und dann Kabuto immer und immer wieder herholte. Der war kein neues Glied in der Kette geworden, kein Halt. Er war die Zange gewesen, die den letzten Halt zwischen Mutter und Sohn angeknipst hatte. Sasuke schüttelte leicht den Kopf. Seine Gedanken waren wirklich wirr, aber er war nervös. Das konnte ihm doch niemand verübeln, schließlich wurden die Häuser wirklich immer imposanter, als sie die kleine Anhöhe hochfuhren. Vor einem hohen Gittertor machte Itachi dann halt, drückte auf den Fensteröffner und dann auf die Klingel neben dem Tor. Sie warteten kurz, das Tor öffnete sich und Itachi fuhr hindurch und parkte sein Auto neben dem Brunnen im steinernen Innenhof. Dieses Anwesen war zwar nicht unheimlich riesig – es war sogar ein wenig kleiner als das Haus, das sein Vater gekauft hatte, aber es war sehr viel edler und das Gelände drum herum mit dem riesigen Brunnen, den vielen Garagen und der riesigen Wiesenfläche war einfach überwältigend. Sasukes schlotterten die Knie als er ausstieg. Hatte Itachi ihm nicht sagen können, dass seine Eltern so vermögend waren. Sasuke hätte sich doch dann niemals eingebildet, es auch nur wert zu sein, einen Fuß auf dieses Grundstück zu setzten. Die Treppe zum dunklen Haus war auch aus Stein, das Geländer in derselben Farbe wie die Dachziegel und die riesige, geöffnete Tür aus massivem Holz. Dort stand schon eine Frau. Sie war wirklich hübsch, stellte Sasuke fest und sah sehr jung aus, dafür dass sie Itachis Mutter war. Und das war sie ohne Zweifel, denn er sah ihr unsagbar ähnlich. Ihre schwarzen Haare waren noch ein gutes Stück länger als die ihres Sohn, dafür war sie um einiges kleiner als er und noch viel zierlicher. Aber die Gesichtszüge waren beinahe identisch. Die Augen, die langen, dunklen Wimpern, die Nase, die dünnen Lippen und die blasse Haut. Und sie sah nett aus, wirklich freundlich und kein bisschen eingebildet. Dennoch war Sasuke immer noch unwohl, als er hinter Itachi, der in der Zwischenzeit sein Auto abgeschlossen hatte, die Treppe hinauf ging. Der Student umarmte seine Mutter zur Begrüßung, die gab ihm nach lieben Begrüßungsworten einen leichten Kuss auf die Wange, als er sich hinunter beugte und sich danach von ihr löste. Dann lächelte die jung aussehende Frau Sasuke und streckte ihm die Hand entgegen. „Hallo“, sagte sie freundlich, als Sasuke die Hand griff. „Mein Name ist Mikoto Uchiha.“ „Guten Tag, Ma’am“, sagte Sasuke und wusste, dass er sie noch höflicher Ansprach als Konan und Shizune bei der ersten Begrüßung aber auf Grund des Anwesens kam ihm das nur richtig vor. Er senkte den Blick und sah so nicht den verwunderten Blick, den Itachis Mutter ihrem Sohn zuwarf, als sie ihre Hand aus Sasukes löste. Itachi zuckte nur leicht mit den Schultern. Sollte Sasuke sie halt so nennen, wenn er sich dadurch besser fühlte und vielleicht war das eben einfach auch nur Selbstschutz. Der Student legte eine Hand auf Sasukes Schulter, wodurch der Junge aufblickte und merkte, dass er im Grunde doch sehr unhöflich war, denn er hatte nicht mal seinen Namen genannt. Er musste sich vorstellen, unbedingt. Das gehörte zu einem guten Benehmen dazu, aber wie sollte er das anständig machen, wenn er seinen Hinternamen nicht preisgeben wollte? Noch in seinen Überlegungen gefangen, hörte Sasuke, wie Itachi die Vorstellung für ihn übernahm. „Das ist Sasuke“, sagte er schlicht und löste seine Hand von der Schulter. Die Mutter lächelte immer noch freundlich, nickte und wandte sich dann um, um in den großen Flur zu treten. Es war im Grunde gar kein Flur, viel mehr eine kleiner Eingangshalle oder eine große Gardarobe. Sasuke sah, wie Itachi seinen Mantel auszog und an einen Hacken an der Wand hing. Er hielt Sasuke die Hand entgegen, was den Jungen dazu brachte, ebenfalls die Jacke auszuziehen und Itachi zu reichen. Die Schuhe behielt er an, weil Itachi das auch tat, bevor sie Itachis Mutter durch einen längeren Gang mit Bildern an der Wand folgten, bis sie eine Tür öffnete, durch die sie ging. Da war das Esszimmer mit einem riesigen Holztisch in der Mitte und zehn großen Stühlen drum herum. Auch hier hingen wieder Gemälde an der blass beigefarbenen Wand, seitlich neben der Tür stand auf dem dunklen Laminat eine große, alt und wertvoll aussehende Standuhr und an einer anderen Wand ein großer, antiker Schrank und ein einer wieder anderen eine Anrichte aus demselben antiken Holz. Itachis Vater saß auf einem der mit dunklem Polster bedeckten Stühle, nahe an der Tür und erhob sich um seinen Sohn in die Arme zu schließen. Das taten sie an Feiertagen durchaus, gerade weil sie beide wussten, wie sehr Mikoto es freute, wenn sie so miteinander umgingen. Als Vater und Sohn sich voneinander lösten, stand Sasuke unschlüssig neben Itachi. Innerlich zwang er sich zu Ruhe, ermahnte sich vernünftig zu sein und dem älteren Herrn die Hand entgegen zu strecken. Doch das traute er sich nicht. Er würde warten, bis Itachis Vater die Initiative ergriff. Solange beobachtete er den Mann unauffällig und spürte gleichzeitig dessen Blick auf sich. Er konnte nicht sagen ob es ein prüfender Blick war, denn die Miene des Mannes war unergründlich, doch dann – es waren nur weniger Sekunden vergangen – reichte der Mann ihm die große Hand und nickte grüßend, bevor er mit tiefer Stimme sagte: „Guten Abend, Sasuke. Fugaku Uchiha.“ Itachi hatte ihm am Telefon den Namen seines jungen Gastes verraten, als sie die Uhrzeit für den Besuch ausgemacht hatten und er hatte seinen Vater ausdrücklich gebeten, nett zu Sasuke zu sein, denn anderenfalls würde sich der Teenager nur selber fertig machen. „Guten Abend, Sir.“ Sasuke hatte eine Menge Respekt vor diesem Mann. Der hatte sich und seiner Familie – Frau und Sohn, denn Geschwister hatte Itachi keine – einen Lebenstandart aufgebaut und er strahlte unheimlich viel Stolz und Stärke aus, sodass Sasuke sich dementsprechend klein vorkam. Aber das war okay. Das war halt so, fand Sasuke. Itachi legte die Stirn in Falten. Sasuke benahm sich wirklich sehr respektvoll. Das hatten nur wenige Jugendliche drauf. Die meisten sprachen mit jedem gleich, ob es nun Lehrer waren, Eltern von Freunden oder Teenagern. Sie machten da keinen Unterschied. Andere waren schon recht höflich und so, aber in dem Ausmaß wie Sasuke sich verhielt war wirklich ungewöhnlich für einen Jungen in seinem Alter. Aber wer konnte es ihm verübeln, dachte Itachi, nach den Dingen, die er hatte durchmachen müssen. Dennoch hoffte Itachi, dass Sasuke im Laufe des Abends lockerer werden würde. Insgeheim würde Itachi es sehr toll von seinen Eltern finden, wenn sie Sasuke das Du anbieten würden, aber das mussten sie selber entscheiden und im Grunde waren sie einander ja fremd. „Kommt noch jemand?“, fragte der Student locker an seine Mutter gerichtet, da er fünf Gedecke auf dem riesigen Tisch sah. Mikoto nickte. „Wir haben Großmutter eingeladen und ihr ein Taxi bestellt. Sie müsste schon bald kommen.“ Wie auf Kommando klingelte es genau dann, als Itachi sich gerade auf einem Stuhl niedergelassen hatte und Sasuke neben sich winkte. Auch Fugaku hatte unterdessen wieder Platz genommen, während Mikoto erneut zur Haustür ging. Itachi spürte den Blick seines Vaters auf sich du Sasuke ruhen, der jetzt schüchtern neben ihm Platz genommen hatte. Was sein alter Herr wohl dachte? Im Grunde musste auch er sehen, dass Sasuke anders war, als ein normaler Jugendlicher. Viel schüchterner und zurückhaltender, scheuer. Nun einen Hund, den man geschlagen und getreten hat, kam auch nicht zum nächstbesten Menschen um zu schmusen. Sie fingen an zu beißen oder wurden scheu. Bei Sasuke war es Letzteres, auch wenn Itachi hoffte, dass er Junge irgendwann wieder Biss entwickeln konnte. Fugaku Uchihas Augenmerk lag auf seinem Sohn und den fremden Jungen, der so verschüchtert an dem großen Tisch saß und auf die Platte starrte. Er hatte ihn vorhin im Stehen schon ausführlich gemustert. Hatte die Kleidung bemerkt, die so neu zu sein schien. Zu neu, dass sie einem Straßenkind gehören konnte und das war der Junge laut Itachi. Wahrscheinlich hatte sein Sohn die Kleidung gekauft. So kannte er ihn gar nicht. Da waren ganz neue Seiten an Itachi, die sich ihm nun zeigten. Diese Aufmerksamkeit auf die Gedecke am Tisch. Sein Junge war zwar immer sehr klug, aber nie so aufmerksam auf Banale Dinge gewesen. Wahrscheinlich musste er jetzt, warum auch immer, aufmerksamer sein, seit er ein Kind bei sich hatte. Und wie er ihn zu sich gewinkt hatte. Mit diesem zuversichtlichen Blick, denn Fugaku schon so lange nicht mehr bei ihm gesehen hatte. Sowieso war Itachi viel lockerer, stellte der Vater fest. Und er musste es wissen, hatte er doch bis vor kurzen fast täglich mit seinem Sohn auf der Arbeit gesprochen. Noch ganz in Gedanken und den Blick immer noch auf die beiden schwarzhaarige Jungspunde gerichtet, bemerkte Fugaku dass seine Frau und seine Mutter das Esszimmer betraten. Er erhob sich erneut und begrüßte seine für ihr Alter noch ziemlich fitte Mutter, die schon bald danach zu ihrem einzigen Enkel ging um ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken. Das hat sie sich nie nehmen lassen, egal wie alt Itachi war und er ließ es einfach geschehen um der alten Frau nicht das Herz zu brechen. Mikoto nahm neben ihrem Ehemann Platz, während Itachis Oma auch Sasuke begrüßte. „Guten Abend, mein Junge. Bist du ein Freund von meinem lieben Itachi?“ Sasuke nickte und grüßte ebenfalls wieder so förmlich und dennoch unsicher, bevor die alte Dame sich neben ihrer Schwiegertochter nieder lies. Während Itachi und Fugaku in ein lockeres Gespräch verfielen, nahm Mikoto die Kaffeekanne von der Anrichte und gab der Schwiegermutter und sich selber etwas. Ihr Mann trank nicht viel Kaffee, schon gar nicht um diese Zeit, deswegen lehnte sie sich rüber, um auch Itachi einzuschenken, doch der schüttelte nur mit dem Kopf, was sie verwundert zur Kenntnis nahm. Itachi verzichtete auf Kaffee? Das war ja mal was. Sie wandte sich leise an Sasuke und fragte, ob er auch Kaffee wollte, doch der schüttelte nur den Kopf und setzte eilig ein höfliches: „Nein danke, Ma’am“, an. Klar, schallte sie sich dann. In dem Alter hatte ihr Junge und fast alle anderen Jugendlichen, die sie kannte, Kaffee verabscheut. „Möchtest du was anderes trinken?“, bot sie freundlich an und als er nur ganz leise und zurückhaltend: „Wasser, bitte“, murmelte, griff sie wieder zu der Anrichte und nahm eine dort stehende Flasche Mineralwasser, wovon sie ihm und auf ein Nicken hin auch Itachi und ihrem Mann eingoss. Dann stellte sie die Flasche fort und besah sich Itachis Mitbringsel. Das weiche Gesicht mit den noch recht kindlichen aber dennoch irgendwie abgeklärten Zügen ließ ihn jung wirken und gleichzeitig auch irgendwie schon ziemlich alt. Da waren diese Augen, dunkel und tief und sie erzählten eine Geschichte, die Mikoto nicht zu verstehen vermochte. Sie glaubte ihr großer Junge wusste Bescheid. Sie hatte es so im Gefühl und eine Mutter, die täuschte sich da nicht so schnell. Er sah verloren aus an ihrem großen Tisch. Irgendwie, als käme er sich fehl am Platz vor und er war so leise und unsicher, so höflich, wie er mit ihr, ihrer Schwiegermutter und ihrem Gatten sprach. Dieser Junge, dieses Kind – und sie wusste nicht, wie sehr sie damit Itachi aus der Seele sprach – weckte in ihr ein Gefühl, das sie lange nicht gespürt hatte. Etwas von Grund auf Trauriges, obwohl sie nicht wusste, wie es in seinem Inneren vor sich ging. Es stimmte sie traurig und machte sie irgendwie melancholisch, aber wie hieß es so schön: Der Schmerz und die Melancholie, das ist typisch irisch. Sie grinste innerlich über sich selber und schaute dann lächelnd den Jungen an. „Und lässt es sich gut mit Itachi wohnen?“, fragte sie locker. Zunächst nickte Sasuke nur, blickte dann aber hoch und sagte leise: „Ja, Ma’am. Ich bin ihm sehr… dankbar.“ Und er stand so sehr in seiner Schuld. Sasuke nahm einen Schluck Wasser und blickte wieder auf die Tischplatte. Itachis Eltern und die Großmutter machten ihm keine Vorwürfe, sie schienen nett zu sein und ihn nicht so zu behandeln, als sei er weniger wert als sie. Aber im Grunde war er das, auch wenn Itachi immer und immer wieder versuchte, ihm solche Dinge aus dem Kopf zu schlagen. „Na, wahrscheinlich reißt sich mein kleiner Schmutzfink dann mächtig zusammen. Raucht er viel, Sasuke?“ „Ich… äh… Nein, Ma’am.“ Sasuke wusste nicht, ob seine kleine Halb-Lüge nun falsch war, aber er hoffte, sie wäre richtig und so extrem viel rauchte Itachi ja nun auch nicht. Was sie mit Schmutzfink meinte, verstand er nicht so richtig. Itachi war doch wirklich ordentlich. Im Gegensatz zu Sasukes Mutter, der er immer hinterher hatte räumen müsse, war er sogar verdammt ordentlich. Klar, er lies mal Tassen in der Spüle stehen und er lief jetzt auch nicht mit dem Staubwedel durch die Gegend, aber anders würde es gar nicht zu Itachi passen. Dann wäre es nämlich nicht Itachi. „Und fährt er mit diesem Horrording?“ „Mutter, das ist ein ganz normales Motorrad“, warf Itachi ein und verfiel wieder in die Unterhaltung mit seinem Vater, während die Oma still ihren Kaffee trank und zuhörte. „Es ist trotzdem gefährlich“, behaarte Mikoto und schaute fragend zu Sasuke, der nicht wusste, was er sagen sollte. Itachi war, soweit er wusste, nicht Motorrad gefahren. Klar, Sasuke hatte die Maschine in der Garage stehen gesehen, aber von dort hatte Itachi sie nicht raus geholt. Jedenfalls nicht in seinem Beisein. Aber es kam ihm irgendwie falsch vor, so über Itachi zu reden, als würde er aufpassen, dass er sich benahm. Denn ich Wirklichkeit hatte er es nur der Gnade Itachis zu verdanken, dass er überhaupt ein Dach über dem Kopf hatte und eine warme Decke in der Nacht. Dennoch schüttelte er auf die Frage hin leicht mit dem Kopf, denn keine Antwort zu geben, fand er Itachis Mutter gegenüber auch sehr unhöflich. Mikoto war wirklich erstaunt. In Itachi musste sich etwas Grundlegendes verändert haben. Im Grunde hatte er etwas Wichtiges gelernt, verbesserte sie sich in Gedanken. Auch wenn er vorher schon auf sich geachtet hatte, joggen gegangen war und ähnliches und versucht hatte, ein anständiges Leben zu leben, hatte er nie Verantwortung für andere übernommen. Nur für sich selber und das andere hatte Itachi jetzt wohlmöglich gelernt. Verantwortungsbewusstsein. Ja das war es. Denn genau das sah sie nun. Itachi rauchte weniger, er fuhr nicht mit dem Motorrad. Diese gefährlichen, krankmachenden Dinger in seinem Leben, hatte er teilweise aufgegeben – für einige Zeit lang zumindest. So wie sie, als sie erfuhr, dass sie ein Kind erwartete – vor knapp 22 Jahren – mit dem Modeln aufgehört hatte und mit dem Rauchen. Itachi hatte auch um Urlaub gebeten. Für diesen Jungen. Was bedeutet er dir, wollte sie ihn fragen. Aber damit musste sie warten, denn sie wollte Sasuke nicht in solch eine Situation bringen. Das waren Dingen, die besprach man unter vier Augen. Sie lächelte noch einmal und erhob sich dann, mit der Information, dass sie die Suppe aus der Küche holen würde. ^ Die Suppe war großartig, genauso wie das Gemüse, die Soße und das Fleisch im Hauptgericht. Man schmeckte nicht nur die Qualität und damit den Preis der Lebensmittel heraus, sondern auch die guten Kochkünste Mikotos. Sasuke war mittlerweile recht entspannt. Er war zwar immer noch leise und scheu und behielt, wenn er was sagte, seine höfliche Anrede bei, doch die meiste Zeit über Sprachen eh Itachis Vater und Itachi miteinander, weswegen er kaum was sagen musste. Stattdessen hatte er sich ein wenig darauf konzentrieren können, hinaus zu schauen, wo der Regen fiel und gegen das Glas trommelte. Wie dankbar er war, dass er nun nicht draußen hockte – ohne Schutz vor dem Regen und dem Wind, ohne eine Decke und mit knurrendem Magen, denn an so manchen Tagen auf der Straße, vor allem wenn das Wetter so hundelend war, hatte er schon ein paar Mal überlegt zurück zu seiner Mutter zu gehen, auch wenn er sich dort wieder den Quälereien Kabutos aussetzten müsste. Ein paar Mal war er sogar schon bis zu seinem Elternhaus gegangen, nur um wieder kehrt zu machen, weil er sich selbst nicht in diese Hölle treiben wollte. Nun aber musste er gar nicht darüber nachdenken, ob er zurück sollte, in das Haus, dass schon längst nicht mehr sein zu Hause war. Heute und noch ein paar Tage lang durfte er bei Itachi sein und einfach mal ein paar Sorgen vergessen. „Langweilst du dich auch nicht bei Itachi?“, fragte Mikoto, nachdem sie auch den Nachtisch in schönen großen Gläsern auf den Tisch gestellt hatte. „Nein, Ma’am“, antwortete Sasuke wieder höflich und nahm zögerlich einen Löffel von dem dunklen Mouse im Glas, als er den Ellebogen Itachis leicht gegen seinen Oberarm spürte. „Genial, oder? Schon allein für das Essen meiner Mutter würde ich wieder hier einziehen.“ „Nichts da, junger Mann“, lachte Mikoto. „Wo ich doch nun endlich meine Ruhe zum Malen habe.“ „Das trifft mich hart, Mama.“ Auch Itachi grinste nun. Sie schaute ihn zunächst leicht verwundert an, wirklich gescherzt hatte ihr Junge schon lange nicht mehr, aber dann, als sie begriff, dass das keinesfalls was Schlechtes war, lächelte sie auch wieder und legte ihre Hand über den Tisch, fuhr kurz über Itachis. Er war ihr einziger Sohn und für ihn würde sie alles tun. Ihr Leben geben – einfach alles. Und sie wusste, dass ihr Mann da genauso dachte. ~~ Aus dem Regen war ein Sturm geworden. Es sah aus als schüttete es aus Wassereimern, aus riesigen Bottichen und der Wind heulte unaufhaltsam. Mikoto saß mit übereinander geschlagenen Beinen im großen Wohnzimmer auf einer der schmalen Sofas und hielt ihren Kaffee in der Hand. „Bei diesem Wetter kann doch keiner fahren“, sagte sie und schaute ihren Mann an, der zustimmend brummte. Auch er würde weder seine Mutter mit dem Auto heimbringen, noch seinen Sohn und diesen Jungen fahren lassen. Selbst im Radio hatten sie vor wenigen Minuten dazu geraten, nicht vor die Tür zu gehen, die Fenster und Türen geschlossen zu halten. Böen war man in Irland durchaus gewohnt, aber solch ein heftiger Wind irritierte die Menschen und machte ihnen in gewisser Weise Angst. Sie hatten Respekt und deswegen war auch Itachi der Meinung nicht ins Auto zu steigen, bevor er Wind und Regen nachließ, doch leider hatten sie im Radio angekündigt es würde bis in die frühen Morgenstunden keine Veränderung geben. Mikoto erhob sich und stellte ihre Kaffeetasse beiseite. Sie strich ihren Baumwollrock gerade und schaute zunächst ihre Schwiegermutter an. „Ich richte das Gästezimmer ein. Du kannst dich dann gleich schlafen legen, Uruchi.“ Die alte Dame nickte und trank noch einen Schluck aus ihrer dampfenden Tasse, während Mikoto sich an ihren Sohn wandte. „Kommst du mit hoch? – Dann gebe ich dir Bettwäsche zum frisch beziehen.“ Itachi brummte nur zustimmend und fragte dann: „Wo haben wir die Luftmatratze?“ Sie hatten so ein ganz kompliziertes, megateures Ding gehabt, wo seine Kumpel damals drauf geschlafen hatten, wenn sie zu Besuch bei ihm waren, nur wo das gelandet war wusste er selbst nicht mehr. „Obitos Kinder haben die zerstört“, murrte sein Vater da auch schon und Itachi seufzte. „Plagegeister.“ „Da sagst du was, Sohn. Ich bange schon vor den Feiertagen.“ „Ah, beehren sie uns dieses Mal mit Anwesenheit? Aus dem fernen Australien.“ Fugaku lachte leise und tief. Mikoto schüttelte nur den Kopf, wie sie es immer tat, wenn ihr Mann und ihr Sohn über ihren kleinen Bruder und dessen Familie herzogen. Obito hatte halt ein gutes Jobangebot in Australien bekommen und seine Kinder waren ein wenig unartig, was sie immer zeigten, wenn sie zu Besuch waren, aber im Grunde waren sie eine schöne Familie. Sasuke sah Itachi nach, wie dieser nach oben ging um sein altes Zimmer herzurichten. Er hatte das mit der Luftmatratze schon richtig verstanden. Es gab keine und somit ab es wahrscheinlich ein Bett zu wenig. Sasuke fühlte sich ohnehin unwohl die Nacht in diesem Haus verbringen zu müssen. Es war nicht so, dass er sich vor Fugaku Uchiha fürchtete. Kein bisschen, wirklich nicht, denn das war Itachis Vater und so wie Itachi mit ihm umging, mussten sie einander wirklich gern haben. Das freute Sasuke, auch wenn er sich dabei fragte, ob sein Vater und er wohl auch irgendwann so miteinander geredet hätten. Das hätten sie bestimmt, wenn Sasukes Vater die Möglichkeit gehabt hätte, ihn als jungen Mann oder wenigstens als Teenager kennen zu lernen, aber sie waren nie über die Beziehung eines Kindes mit seinem Vater gekommen, denn dann starb er auf einer beschissenen Autobahn ohne ein liebendes Gesicht in der Nähe und ab da war Sasuke auch allein. Fast als sei es eine Strafe, dass er nicht da gewesen war, um seinem Vater die Hand zu halten, dafür zu sorgen, dass dieser wundervolle Mann nicht alleine Sterben musste. Sasuke hasste die Gedanken, in die er dabei war, sich zu verrennen, weswegen er sie versuchte zu vertreiben. Das hatte er mit den Jahren gut gelernt. Selbstschutz. Wie auch immer, sagte er sich dann, sein Vater hätte gar nicht gewollt, dass er, sein Sohn, mit auf dieser Autobahn war. Denn er wollte Sasuke immer nur beschützen, also sah Sasuke sich auch nicht als den Schuldigen. Es gab keinen Schuldigen, dass wusste sogar seine Mutter. Es war ein Unfall, das war eine der einzigen Sachen, über die sich alle einig waren. Die Gedanken nun wirklich beiseite schiebend, schoss Sasuke wieder durch den Kopf, dass er die Nacht entweder auf dem Boden verbringen müsste oder Itachi würde das tun, was Sasuke keinesfalls wollte. Er hoffte, dass sie Teppichboden oben hatten, denn auf Fließen oder Laminat zu schlafen, das wusste Sasuke, war verdammt ungemütlich, aber er würde sich auch damit zufrieden geben. Besser als wenn Itachi die Nacht auf dem Boden verbracht. Eindeutig. Sasuke schielte zur Seite. Itachis Oma war ihm wirklich sympathisch. Sie war eine sehr ruhige Frau, aber dennoch unheimlich freundlich und sie vergötterte ihren Enkel. Itachis Vater musste auch ein guter Kerl sein. Bestimmt war er das, auch wenn er auf Sasuke hart wirkte. Er war eben ein gestandener Mann und das flösste Sasuke Respekt ein. Was dieser Mann erreicht hatte, würde er selber nie erreichen. Im Grunde war dieses Haus in einer anderen Welt, als die in der er lebte. Schon allein der Kamin mit seinem Vasen oben drauf und der Skulptur daneben war teuer, als alles, was er besaß. Allein der Stoff des Sofas, auf dem er saß, war teurer. Sasuke war kurz davor sich auf die Lippe zu beißen, ließ es aber in letzter Sekunde bleiben. „Gefällt dir das Haus?“, drang dann die Frage des Mannes an sein Ohr und er nickte zunächst abwesend, bevor er höflich antwortete: „Ja, Sir.“ „Mein Vater hat es gebaut, als ich ein Kind war. So wie Itachi in meine Fußstapfen treten wird und irgendwann die Kanzlei leiten wird, war es auch bei mir“, erzählte Fugaku. Fugaku hatte einen Plan und Fugaku wollte Antworten. Hauptsächlich wollte er das, um seinen Sohn zu schützen. Deswegen, um ihn zu schützen, hatte er ihn damals auch vom Internat genommen, denn Itachi hatte sich dort verändert. Mit vierzehn war er ein trauriger, einsamer Junge gewesen, denn er hatte sich immer schwer getan Freunde zu machen. Es wunderte den Mann teilweise, dass Itachi nun, nur knapp acht Jahre später, solch einen festen, anständigen Freundeskreis hatte. Und nun war da der Junge, um den sich sein Sohn so sehr zu sorgen schien. „Wo wohnen denn deine Eltern, Sasuke?“ Fugaku sah, dass Sasuke sich auf die Lippen biss und er wusste, dass er zu direkt gewesen war, aber das war sein Plan. Um den heißen Brei reden würde nichts bringen, dafür war Sasuke zu zurückhaltend und scheu, das hatte er schon bemerkt. „Ich… weiß nicht genau, Sir“, murmelte Sasuke leise und blickte auf seine abgeknabberten Fingernägel. Es war im Grunde keine Lüge. Er wusste es wirklich nicht genau. Er wusste nicht, ob seine Mutter noch in der Wohnung lebte, in die sie nach dem Tod seines Vaters gezogen sind oder ob sie wieder in ihrem Haus wohnte, dass sie dann zur Miete einer Familie gegeben hatten. Er glaubte aber sie wohnte noch in der Wohnung, denn die war so viel näher an der von Kabuto und deswegen war sie ja überhaupt erst dorthin gezogen und hatte ihren Sohn mitgeschleppt. „Wo lebst du, wenn du nicht bei Itachi bist?“, hakte Fugaku nach, obwohl er sich die Antwort denken konnte. Wo sollte ein Straßenkind schon leben, aber er musste es aus dem Mund des Jungen hören. „Auf der Straße, Sir.“ Die Ehrlichkeit traf Fugaku, genauso wie die Höflichkeit und das nette Wesen des Jungen ihn traf. Er wirkte nicht aggressiv, drogenabhängig oder asozial, wie das Bild einen Straßenkindes war. Im Gegenteil. Sasuke wirke lieb und scheu und er hatte eine Menge Respekt vor Fugaku und seiner Familie. „Und du bist wie alt?“ „Fünfzehn, Sir“, murmelte Sasuke wieder und hob seinen Blick nicht an. Er mochte diese Fragen nicht, aber was sollte er schon tun? Er musste antworten. Etwas anderes traute er sich gar nicht. Plötzlich war er Itachi noch dankbarer als vorher, denn Itachi hatte nie so vehement nachgehakt, er hatte den Dingen einfach ihren Lauf gelassen. Aber er nahm es Fugaku Uchiha nicht übel. Er spürte, dass er Mann wissen wollte, wer der Junge war, den sein Sohn aufgenommen hatte und er spürte, dass Fugaku Uchiha Itachi nur schützen wollte. ~~ Itachi stand in seinem damaligen Jugendzimmer und blickte auf das Bett. Es war annähernd riesig und er war immer stolz darauf gewesen. Wäre sein Schlafzimmer in der neuen Wohnung groß genug gewesen, hätte er es auch mit Sicherheit mitgenommen, aber er hatte eben kein so großes Schlafzimmer gewollt. Nur mehr zu putzen und putzen tat er nicht gerne. Damals, als er noch hier gewohnt hatte, hatte seine Mutter ihm Buchstäblich den Hintern nachgetragen, aber sie hatte es gerne gemacht und doch verstand er genau, dass sie sich jetzt auch wohl fühlte, als ihr Sohn nicht mehr daheim wohnte, obwohl sie ihn unwahrscheinlich liebte – mehr als alles in der Welt. Aber er war jetzt erwachsen, hatte sein eigenes Leben und das war gut so. Dennoch fühlte es sich immer wie eine Art nach Hause kommen an, wenn er durch die Tür schritt und in diesem Haus war. Und das war ein wirklich gutes Gefühl. Itachi knöpfte den letzten Kissenbezug zu, nahm dann die Bettwäsche, die zuvor um das Bettzeug war, auf den Arm und ging damit zu seiner Mutter, die es in die große Waschküche bringen würde. Sie lächelte ihm noch zu und sagte leise: „Er scheint wirklich nett zu sein.“ „Das ist er“, nickte Itachi und schaute zur Treppe. „Er braucht mich. Deswegen ist er bei mir.“ „Du bist ein großer Junge. Du weißt was du tust.“ „Es ist das Richtige, oder?“ „Ich schätze schon und nun geh ihn holen. Es ist spät und er ist bestimmt müde.“ „Klar, gute Nacht, Mama.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging die Treppe hinunter. Sie würden das schon schaffen, eine Nacht im selben Bett. So sehr, hoffte der Uchiha, vertraute ihm Sasuke mittlerweile. Im Wohnzimmer schaute er auf seinen Vater, der eine Frage an Sasuke richtete. „Und warum lebst du mit fünfzehn Jahren auf der Straße, Sasuke?“ „Ich…“, hörte er das Stottern des Jungen und trat hinter das Sofa. Er legte die Hand auf die Schulter Sasukes, blickte seinen Vater an und schüttelte den Kopf. Itachi hatte zwar gewusst, dass sein Vater Antworten wollte, aber er musste doch nicht so radikal fragen. Er könnte ihn fragen, wenn sie ungestört waren, aber nicht Sasuke, der einfach viel zu schüchtern und ängstlich war, um wirklich zu antworten. „Komm, lass uns hoch gehen, Sasuke“, sagte Itachi deswegen, wünschte seinem Vater und der Oma noch eine gute Nacht und schob dann Sasuke, der es ihm viel höflicher gleich getan hatte, vor sich her. Er wusste sich nicht anders zu helfen, denn die Fragen, die sein Vater stellte, wollte er Sasuke nicht aussetzten. Nicht jetzt, wo gestern dieses Funkeln da gewesen war, das Itachi nicht wieder verlieren wollte. to be continued... by Jessa_ Kapitel 32: Ultra Violet (Light my way) --------------------------------------- Kapitel 32: Ultra Violet (Light my way) Oh, sugar, don't you cry. Oh, child, wipe the tears from your eyes. You know I need you to be strong And the day it is dark, as the night is long. Feel like trash, you make me feel clean. Itachi sah noch den Blitz durch das Flurfenster, als er die Tür zu seinem Zimmer öffnete und Sasuke den Vortritt lies, als er den Donner vernahm und sah wie Sasukes schmale Gestalt zusammenzuckte. Itachi betätigte den Lichtschalter und legte dem Jungen dann eine Hand auf die Schulter. „Keine Angst. Hier drin ist alles sicher vor Blitz und Donner.“ „Ich weiß“, murmelte Sasuke leise und blickte über seine Schulter nach hinten. Er erinnerte sich an zahlreiche Unwetter, die er auf der Straße oder noch daheim miterlebt hatte. An einige erinnerte er sich mehr, an andere weniger. Tief in seinem Gehirn verankert war, dass es eine Gewitternacht war, als Kabuto sich das erste Mal an ihm verging und die Furcht auf der Straße vor dem Blitz und dem lauten Geräusch des Donners war ihm auch in die Knochen gebrannt. Sich von den Gedanken ablenken wollend, schaute er sich unauffällig in dem Zimmer um. Unter einem großen Fenster standen ein Schreibstich mit Computer, daneben ein volles Bücherregal, zwei kleine Schränkchen, dann ein Kleiderschrank und ein Spiegel an der Wand. Auf der anderen Seite waren zwei Sessel, ein kleiner Flachbildfernseher und ein Tischen. An der Wand hingen Regale, auf denen unter anderem auch einige Pokale standen. Ein Poster zierte noch die Wand über dem Fernseher und eine Akustikgitarre stand neben dem Gerät. Das Bett, das mit zwei Nachttischen an einer anderen Wand stand war beinahe riesig. Sasuke fragte sich, warum Itachi das alles zurück gelassen hat, als er damals auszog. Die Möbel schienen wirklich gute Qualität zu haben und sie wirkten nicht kindisch. Außerdem glaubte Sasuke an Dingen, wie an den Pokalen oder der Gitarre mussten doch Erinnerungen hängen. Was würde er dafür geben, seinen Plüschdrachen zurück zu bekommen oder eines der Bücher, die in seinem Regal gestanden hatten, sein Kissen, ohne das er zu den Zeiten nie hatte einschlafen können oder einfach irgendwas, weil es Seins war, ihm gehörte. Auch jetzt noch. Aber die meisten Möbel und Gegenstände waren verschwunden, als sie von dem Haus in die Wohnung gezogen waren und den Rest hatte er dann zurücklassen müssen, als er ging. „Im Gästebad sind immer frische Zahnbürsten. Möchtest du duschen?“ Sasuke schüttelte den Kopf. Mit Sicherheit nicht. Er würde nicht auch noch Itachis Eltern Geld kosten. Doch dann fiel ihm ein, dass er mit Itachi in einem Bett schlafen musste und vielleicht fühlte der sich besser, wenn Sasuke sauberer war. Deswegen zuckte Sasuke hilflos mit den Schultern und starrte auf den Boden. Er hörte Itachis leises Lachen. „Was denn nun?“ „Ich kann auf dem Boden schlafen“, wechselte Sasuke das Thema, doch im Grunde war es doch die Antwort auf die Frage. Wenn sie nicht in einem Bett schlafen würden, musste Sasuke nicht unbedingt sauber sein. Er stank ja nicht oder so, aber eben geduscht, rein. Und so, wenn er auf dem Boden schlief und eben nicht duschte, kostete er den Uchihas kein Geld. „Das ist Bullshit“, meinte Itachi, verschränkte die Arme vor der Brust, fragte dann aber milder: „Oder fürchtest du dich so sehr vor mir?“ „Ich… fürchte mich nicht“, murmelte Sasuke und scharrte mit dem Fuß auf dem Boden herum. „Na dann, lass uns Zähne putzen gehen, okay?“ Nun nickte Sasuke und folgte Itachi wieder aus dem Zimmer heraus, eine Tür weiter ins Gästebad, wo Itachi aus einem Hängeschrank zwei eingepackte Zahnbürsten und eine Tube Zahnpasta nahm. Er reichte Sasuke eine Zahnbürste, packte seine aus, tat sich selbst schnell etwas auf und gab dann an Sasuke weiter, der es ihm gleich tat. Nebeneinander am Waschbecken stehend, putzen sie die Zähne, stellten die Zahnbürste für den nächsten morgen in einen der Becher und gingen dann wieder in Itachis ehemaliges Schlafzimmer. Dieser machte sich an seinem alten Kleiderschrank zu schaffen und zog zwei T-Shirts heraus. „Viel ist hier nicht mehr, das meiste davon hab ich mitgenommen“, meinte Itachi nebenbei, gab Sasuke ein T-Shirt und ging dann mit dem anderen hinaus. Er wollte Sasuke nicht in Verlegenheit bringen, sich vor ihm ausziehen zu müssen oder sich selbst vor demjenigen auszuziehen. Als er dann, wieder im Gästebad, das Shirt übergezogen hat, die Shorts anließ und fast den ganzen Rest der Kleidung in der Hand hielt, ging er hinein ins Zimmer. Dort stand Sasuke, ebenfalls mit den Anziehsachen in der Hand und nur in Boxershorts und dem frischen T-Shirt. Er nahm die Kleidung von Sasuke an sich und legte sie samt seiner auf den Schreibtisch. Erst dann setzte er sich in einen der zwei Sessel und schaute Sasuke wohlwollend an. „Ist das für dich in Ordnung mit dem einen Bett?“, fragte er, als Sasuke auch saß und die Hände im Schoß verschränkt hielt. Der Junge nickte nur schlicht und starrte zu Boden. „Angesichts der Dinge…“, fing Itachi an, merkte aber dass er völlig falsch ansetzte und fuhr anders fort: „Ich will das du weißt, dass ich dich nicht unsittlich anfassen werde, egal ob wir das Bett teilen oder nicht. Ich werde nichts tun.“ Sasuke bemerkte, wie sehr Itachi das Wort Nichts betonte und er glaubte ihm, ja doch, er glaubte ihm aus vollstem Herzen, aber er schämte sich und er wollte nicht mit Itachi in diesem Bett schlafen. Er wollte sogar auf dem Boden schlafen, in eine dicke Decke gekuschelt; das würde schon gehen, vor allem da hier wirklich Teppichboden war. „Bist du müde?“ „Nicht wirklich“, bekannte Sasuke sich der Wahrheit und starrte weiterhin auf den Boden, hoffte Itachi nicht verärgert zu haben. „Na dann, fernsehen fällt wegen dem Gewitter weg“, hörte Sasuke Itachis Stimme, bevor es abermals donnerte. Es herrschte Stille zwischen den Beiden, doch Itachi war sich bewusst, dass er diese Stille brechen wollte. Er musste sogar, damit Sasuke sich besser fühlte, vielleicht sogar wohl fühlte; bei ihm, in seinem alten Zimmer, in dem er sich die meiste Zeit wohl gefühlt hatte, als er jung gewesen war. Das hier war immer sein Reich gewesen, selbst als er auf dem Internat war. Auf sein Zimmer hatte er sich immer gefreut. Auf dieses Nachhausekommen. Seine Mutter wieder sehen, ihr Essen, die Gespräche, die sie so gerne mit ihm führte, die gut gemeinten Ratschläge. Auf seinen Vater hatte er sich auch gefreut. Auch sein Vater bedeutete für ihn Nachhausekommen. Sein Vater war eben sein Vater und er war ein toller Mann, hatte immer für seine Familie gesorgt, hatte ihn Heim geholt, als es auf dem Internat zu schlimm geworden war und hatte seinen Sohn versucht aufzubauen, hatte ihn von Drogen ferngehalten, die Itachi damals so fasziniert hatten. Sein Vater war da gewesen, als er seinen ersten Alkoholrausch hatte, holte ihn von der Party damals ab, brachte ihn ins Bett, kümmerte sich und verschwieg es, auf Itachis Bitten des nächstens morgens hin, der Mutter die mit ihren Freundinnen in Urlaub gewesen war. Sein Vater würde so viel für ihn tun und nachdem Sasuke von seinem Vater ein wenig erzählt hatte, ein paar Tage zuvor, glaubte Itachi, er war genauso ein Mann. Ein Mann, der für seinen Sohn die Welt bewegen würde; Jemand, der Welpen töten würde und alten Damen die Kehle zertreten, um den Sohn zu beschützen. Für Itachi würde Fugaku – und für Sasuke würde der in Itachis Gedanken namenlose Vater – Städte plündern und niederbrennen, mit einem Holzbötchen über alle sieben Meere fahren und auf alle Felder der Welt Salz streuen. „Als was hat dein Vater gearbeitet?“, fragte Itachi, er wollte diesen Mann kennen lernen und Sasuke Dinge zu fragen, war das einzige was er tun konnte, denn dieser Mann war tot. Schon zu lange und er konnte all diese Dinge nicht mehr tun um sein Kind zu beschützen. Itachi glaubte, das brachte diesen Mann, wo auch immer er jetzt war, ein zweites Mal um. „Er… war Professor an der Universität.“ „Wie alt war er, als du geboren wurdest?“, fragte Itachi weiter. „Zweiundzwanzig.“ „Weltumreiser, Vater und Professor. Das ist echt gut.“ Itachi schaute zu Sasuke, sah wie der Junge nickte und hörte dann dessen Stimme, glaubte den Stolz zu vernehmen, den Sasuke für seinen Vater empfand. „Er… war ziemlich klug und er… hat Klassen übersprungen und schon früh angefangen… zu studieren. Mit Sechzehn. Als er dann fertig war, fand er sich zu jung um… um einfach an einer Uni zu unterrichten und er… wollte die Welt sehen, jobbte hier und da... Kurz bevor… bevor ich geboren wurde, nahm er… die Stelle an der Universität an. Er wollte… uns ein Haus bauen und wollte… das wir gut leben können.“ „Und hat er euch das Haus gebaut?“, fragte Itachi weiter nach, wollte Sasuke auf jeden Fall das Gefühl geben, angehört zu werden und es interessierte ihn wirklich. Sasuke interessierte ihn. „Ja. Ich war gerade im Kindergarten… da zogen wir da ein. Mein Vater hatte sich Geld geliehen… von seinen Eltern und na ja… er wollte halt dieses Haus und kurz vor Papas… Papas Tod hatte er alles zurückbezahlt. Jetzt… gehört das Haus meiner Mutter und… na ja.“ Sasuke sprach nicht weiter, erzählte nichts von der Wohnung, in die sie gezogen waren, nichts davon, dass seine Mutter ihm in gewisser Weise sein Erbe vorenthielt, obwohl sie genau wusste das so einiges ihm gehören sollte, nur eben nicht notariell in einem Testament festgelegt war. Sie wusste von dem Willen seines Vaters, davon, dass er nie gewollt hätte, dass sein Junge auf der Straße lebt, aber es war ihr wohl schlichtweg egal. Das einzige was ihm geblieben war, war die feine Kette um seinen Hals, die er nur bekommen hatte weil die Mutter seiner Mutter darauf bestanden hatte. Sie, die Großmutter, war die einzige gewesen, die noch ein wenig Sorge getragen hatte, das alles glatt lief, doch sie starb nur wenige Wochen nach seinem Vater und plötzlich hatte Sasuke niemanden mehr gehabt, denn die Eltern seines Vaters und dessen Schwester… die hatten sich zunächst nur sporadisch gemeldet und dann bald schon gar nicht mehr. Aber Sasuke verstand das, er war nicht wütend. Sie hatten ihren Sohn verloren, ihr Wunderkind, Papas und Mamas Liebling. „Es ist spät“, wechselte Itachi dann das Thema, merkte auch, dass Sasuke nicht weiter reden wollte und fügte an. „Lass und schlafen gehen, in Ordnung?“ Sasuke nickte, obwohl er immer noch nicht besonders müde war, aber er wollte Itachi auch nicht im Weg stehen. Also erhoben sich die beiden aus der sitzenden Position und gingen zum Bett. Itachi hatte zuvor extra zwei Decken bezogen, sodass jeder von ihnen eine hatte. Itachi schlug seine Decke zurück, legte sich auf den Rücken ins Bett und wartete, bis Sasuke es ihm gleich tat. Dieser jedoch blieb erstmal, mit der Decke über den Beinen, sitzen und schaute zu Itachi. „Ich werde dir nichts tun“, wiederholte Itachi noch einmal und Sasuke nickte. Itachi verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und blickte an die Decke, während Sasuke sich nun auch hinlegte. Der Student wandte seinen Kopf zur Seite und sah – da es, nachdem sie das große Licht gelöscht und die kleine Nachtischlampe angemacht hatten, nicht völlig dunkel war – wie Sasuke ganz nah am Rad des Bettes lag, die Decke um sich geschlungen und den Rücken zu Itachi gedreht. „Du fürchtest dich doch vor mir“, stellte Itachi nach wenigen Minuten fest, löste seinen Blick von Sasukes Rücken und starte auf den vielen Platz zwischen ihnen. Irgendwie tat das weh, merkte der Schwarzhaarige und fuhr sich durchs Gesicht, bevor er seine Hand wieder hinter den Kopf legte. Er hatte gehofft, Sasuke würde ihm mittlerweile ein wenig vertrauen, aber vielleicht war der Junge wirklich schon zu kaputt. Na so langer Zeit musste er doch wissen, dass er ihm nichts antat, nichts Böses tat, ihn nicht mal berührte, wenn er es nicht wollte, aber statt darauf zu vertrauen, rückte er so nah an den Bettrand, dass er beinahe raus fiel und wandte ihm sofort den Rücken zu. „Das stimmt… so nicht“, hörte er Sasukes murmelnde Stimme. „Klar, hab ich Angst… das… hättest du auch… aber… ich…“ Itachis Augen weiteten sich. So hatte Sasuke noch nie mit ihm gesprochen. Das hättest du auch, hat er gesagt und Itachi nickte zu sich selber. Sasuke hatte Recht. Wenn all das, was diesem Jungen geschehen war, ihm geschehen wäre, dann hätte er so große Angst. Er hätte sich in die Hose gepinkelt vor Schiss, er hätte sich gar nicht erst da hingelegt, aber Sasuke war immer noch so tapfer. Itachi wollte sich entschuldigen; dafür dass er nicht verstand und dafür, dass er Sasuke in diese Situation gebracht hatte. Aber es kam nichts raus, keine Stimme, keine Worte, nichts. „Ich… ich versteh nicht… wie du… wie du mit jemanden wie mir… in… in einem Bett liegen kannst.“ Bevor Itachi den Mund aufmachen konnte, um etwas zu sagen, sprach Sasuke auch schon stotternd, leise und zögerlich weiter. „Ich ekle mich vor… mir selber und… du…“ Da verstummte der Junge und blieb ruhig am Bettrand liegen, aber Itachi verstand auch so. „Ich ekle mich aber nicht vor dir. Sasuke, sieh mich an, okay?“ Sasuke tat wie geheißen, er drehte sich um, lag nun mit dem Gesicht zu Itachi dort, hielt seinen Abstand aber immer noch ein, als der Ältere weiter sprach. „Ich hab dir gestern gesagt, dass du ein großartiger Junge bist und das habe ich genauso gemeint.“ Dieses Mal kam das Funkeln nicht und das musste Itachi hinnehmen. Es war einige Zeit lang still zwischen den beiden, ehe Itachi sich aufsetzte und seine Decke zurückschlug. Er schwang die Beine aus dem Bett und blickte mit freundlichen, aber traurigen Blick zu Sasuke. „Du wirst nicht schlafen können, wenn ich neben dir liege“, stellte er fest und fuhr sich durch die Haare, sah wie Sasuke betreten auf das Lacken blickte. „Ich geh einen Kaffee trinken, in Ordnung? Du kannst ruhig schlafen… ich… ach auch egal, schlaf einfach, okay?“ Itachi wollte noch einmal sagen, dass er ihm nichts antun würde, aber auch das änderte nichts. Sasuke fürchtete sich und Sasuke hatte ein kaum mehr vorhandenes Selbstwertgefühl, da konnte Itachi sagen, was er wollte. Er konnte tun, was er wollte und im Endeffekt würde er Sasuke doch nicht wieder in Ordnung bekommen. Würde der Junge länger bei ihm bleiben, würde es immer wieder Tage geben, die besser waren, als andere, aber es würde sich eben… einfach nichts ändern, egal wie sehr sie ich beide bemühten. Entmutigt ging Itachi zu Tür, öffnete sie und schloss sie hinter sich wieder, blieb kurz im Flur stehen, lauschte ein wenig und ging dann hinunter in die Küche. Verwundert stellte er fest, dass seine Mutter dort auf einem der vier gepolsterten Holzstühle am Tisch saß. Sie trank stark duftenden Tee aus einer großen Tasse. Itachi linste an die Uhr über der Arbeitsplatte. Es war schon beinahe halb eins am Morgen. Was tat seine Mutter dann hier? Hatte sie Streit mit seinem Vater? Das wäre ihm doch aufgefallen. Er hatte es den beiden immer angesehen, wenn sie stritten, egal wie sehr sie versuchten, es geheim zu halten. Itachi glaubte, so was konnten Kinder einfach und er hatte es eigentlich bis heute nicht verlernt, obwohl seine Eltern recht selten gestritten hatten. „Was tust du hier unten?“, fragte er seine Mutter deswegen, griff nach einer Tasse, stellte sie unter die teure Senseo, nahm ein Kaffeepad aus dem Schrank und legte es ein. An der Küchenzeile gelehnt wartete er darauf, dass der Kaffee durchlief, während seine Mutter ihm leise antwortete: „Ich schlafe in letzter Zeit schlecht und möchte deinen Vater nicht stören. Er arbeitet schwer im Moment.“ Sie verstummte kurz, blickte Itachi dann offen in die Augen. „Er macht deine Arbeit mit.“ „Na, dann beschwert er sich bestimmt auch täglich drüber, hab ich Recht?“, murrte Itachi, aufgrund der auf ihn anklagend wirkenden Stimme. Doch Mikoto schüttelte den Kopf und wies auf den Tisch. Itachi nahm gegenüber seiner Mutter Platz und schaute zunächst auf die Holzplatte, bevor er ihr in die Augen blickte. „Wie kommt’s?“, fragte er. Itachi wusste, dass sein Vater, wie er zuvor gedacht hatte, Städte niederbrennen würde und noch so viel mehr um seinen Sohn zu beschützen, aber die Arbeit, die Kanzlei, hatte sein Vater immer so wichtig genommen und er hat immer gewollt, das Itachi die Kanzlei genauso wichtig nahm, schließlich würde sie irgendwann mal ihm gehören, doch das wollte Itachi gar nicht. Er hat sich nur bisher nicht getraut seinem Vater das zu beichten und wusste auch nicht, wie er es je machen sollte. „Er liebt dich, du Dummkopf. Hast du immer noch nicht verstanden, wie wichtig du ihm bist? Ich dachte, die Zeiten in denen er dein Feind war, wären vorbei.“ Itachi lachte leise auf und schüttelte den Kopf. „Er war nie mein Feind. Feinde will man tot sehen und es gibt nur einen Menschen, den ich so sehr hasse…“ „W- was redest du da?“, hörte er die geschockte Stimme seiner Mutter und war selber ähnlich geschockt über seine Worte. Was, zum Teufel, sagte er da? Und warum wusste er, dass es die Wahrheit war? Dass er genau das fühlte. Es gab nur einen Menschen, denn er so sehr hasste, dass er ihn tot sehen wollte und das war dieses Schwein, das Sasuke all das Leid zugefügt hatte. Er hat es vorher nicht realisiert, hat nur die Sorge um Sasuke gesehen, aber nicht den ganzen Hass, der in ihm brodelte. Itachi löste die feste Umklammerung seiner Hände um die warme Kaffeetasse und lehnte sich ein wenig im Stuhl zurück. „Fuck, ich kann dir den ganzen verdammten Scheiß nicht erzählen, Mama.“ Itachi bemerkte geschockt, wie er gerade geflucht hatte, wollte sich schon entschuldigen, wusste aber dass es sinnlos war. Seine Mutter wusste, dass er nur so fluchte, wenn ihn wirklich etwas belastete, denn in eine Zeit seiner Jugend hatte er eine Menge geflucht und eine Menge hatte ihn belastet. „Du kannst mir alles erzählen“, sagte sie und wollte über den Tisch nach seiner Hand greifen, doch er zog sie unauffällig weg. Er wollte keinen Trost, er wollte sich nicht einlullen lassen, das war Sasukes Vergangenheit, keine Geschichte, es war geschehen und er konnte es nicht einfach zu erzählen, nachdem nun schon Kakashi Bescheid wusste und auch Shizune und Iruka zum Teil. „Wenn es dich so kaputt macht, solltest du es mir sogar erzählen. Deswegen bin ich da, deswegen bin ich deine Mutter.“ „Lass es“, murrte er und blickte zur Seite. Er wollte ihr so gerne seine Sorgen klagen, ihr seine Entmutigung zeigen und ein paar gute Ratschläge bekommen, die sie immer so gerne verteilt hatte. „Hat es… hat es mit ihm zu tun, Itachi? Oder mit deinem Vater?“ „Er hat damit nichts zu tun“, sagte Itachi und meinte seinen Vater. „Also geht es um Sasuke?“ „Ja.“ „Warum ist er bei dir?“ Itachi seufzte. „Weil er meine Hilfe braucht.“ „Wobei? Warum bist du derjenige, dessen Hilfe er braucht? Warum geht er nicht zum Jugendamt?“ „Das ist so eine lange Geschichte“, sagte er, weil er wusste, dass es die meisten Menschen abschreckte. „Ich hab Zeit, mein Junge. An Schlaf ist bei mir vor zwei Uhr selten zu denken.“ Itachi schüttelte schief grinsend den Kopf und sah, wie seine Mutter zur Teekanne griff und sich neu eingoss. Der Student blickte seiner Mutter in die Augen und die lächelte ihm auffordernd zu. Und deswegen erzählt Itachi; erzählte von dem Tag, als er Sasuke kennen gelernt hatte, von dem Tag, an dem der Junge vor den Stufen seiner Wohnung saß, er erzählte von den ersten Tagen, von Sasuke Zurückhaltung, der Scheu und davon, wie er dann abgehauen ist und wie er ihn wieder aufgelesen hat. Itachi erzählte von den Tagen danach, von Kakashis Wissen von dem Abend bei Shizune und wie sie Sasuke in dieser Gosse gefunden hatten, er erzählte von Kakashis Hilfe am nächsten Abend und von Sasukes Vergangenheit und erzählte sogar von dem Funkeln am gestrigen Abend und von Sasukes Intelligenz. Und als er fertig war, hielt seine Mutter doch seine Hand und streichelte mit dem Daumen beruhigend über die blasse Haut, denn ruhig war Itachi nicht gewesen. Er war zuvor in der Küche auf und ab getigert, hatte geraucht und kalten Kaffee getrunken, hatte seine Haare zerzaust und hatte sich kraftlos hingesetzt. Das alles ungefähr, übertrieben gesagt, ein dutzend Mal, aber es kam Itachi vor, als habe er es so oft getan. „Ich hab ihm, verdammt noch mal nichts angetan, aber er hat Angst vor mir und er denkt, ich ekle mich vor ihm. Er kann nicht mal in einem Bett mit mir schlafen, egal wie viel Platz zwischen uns ist“, klage Itachi seiner Mutter und nahm noch einen Schluck kalten Kaffee. „Er hat sehr leiden müssen.“ „Aber ich will ihm nur helfen“, sagte Itachi und stützte seinen Kopf auf die freie Hand. Es war einige Zeit lang Stille, bis seine Mutter sie brach und leise anmerkte: „Du hast dich sehr verändert in den letzten Tagen, mein Junge. Letzten Monat warst du noch… so unnahbar, selbst für mich und heute… du bist ein guter Kerl, Itachi und ich glaube, das weiß Sasuke auch. Ich schätze, wenn es jemanden gibt, dem er vertraut, dann dir.“ Sie löste ihre andere Hand von der Teetasse und strich ihrem Sohn über die wirren schwarzen Haare, während sie mit der anderen weiterhin seine blasse Hand hielt. ~~ Der winzige Körper drückte sich gegen die kalten Fliesen der Badezimmerwand. Kein Licht drang in das winzige Räumchen. Es gab keine Fenster, unter der Tür kam kein Strahl durch und das Schlüsselloch war abgeklebt. Ein Wimmern drang an seine Ohren und erst nachher bemerkte er, dass es sein eigenes war. Genauso wie das leise Schluchzen und die Tränen auf den geröteten Kinderwangen. Ihm war kalt, seine nackten Arme berührten die Wand und seine nackten Beine die Fliesen des Bodens. Das Unterhemd und die Unterhose, in denen er geschlafen hatte, wärmten den Elfjährigen nicht. Er wünschte sich eine Decke und sein warmes Bett zurück und vor Allem wünschte er sich seinen Plüschdrachen Freddy. Der kleine Junge zog sich am Waschbecken hoch und ging zur Tür. Er umklammerte die Klinke, heulte und jammerte und schrie, wie das Kind, dass er war: „Bitte, Mama! Mama!!! Ich bin gut, bitte, bitte! Ich will hier raus, bitte, Mama!“ E sackte weinend an der Tür zusammen, umklammerte seine Beine und wimmerte: „Mami… es ist so so dunkel, bitte Mami…“ Er heulte weiter, schniefte und schrie und trommelte gegen die Tür, wann immer seine Angst zu groß wurde und seinen ganzen, kleinen Körper einnahm. Er wollte gerade wieder die Klinke umfassen und erneut nach seiner Mama rufen, als die Tür brutal aufgerissen wurde, beinahe aus den Angeln fiel. Grob umfasste die große Hand des Mannes den dünnen Oberarm des Kindes und riss ihn aus dem Bad, sodass der Kleine nur vor sich her stolperte. „Halt deine Fresse, du dreckiges Balg! Hast du noch nicht genug?! Ich kann dich auch die ganze Woche darin einsperren und nicht nur ein paar Stunden, du miese, dreckige Ratte!“ „Bitte… bitte nicht“, bettelte der Junge, fürchtete sich vor der Dunkelheit und schniefte unterdrückt auf. Er wurde durch den Flur gezogen und auf die Fliesen in der Küche nieder geschmissen. Dort saß seine Mutter am Küchentisch, rauchte und starrte hinunter auf den Boden. Sie hörten, wie der brutale Mann hinaus ging und aus dem Wohnzimmer rief: „Gibt dem Drecksbalg was zu fressen, verdammte Scheiße und dann soll der mir ein Bier bringen.“ Der kleine Junge spürte, wie sich ein zierlicher Körper neben ihm nieder lies, ihn ein wenig anhob und ihm ein Stück ungetoastetes Toast in die Hand drückte. „Iss“, wurde er angewiesen. „Und beeil dich.“ Aber er spürte die warme Hand seiner Mutter auf dem kalten Rücken und tat, was sie sagte. Er schlang das weiche Toastbrot hinunter, hustete, weil es so trocken war und spürte dann schon, wie er von seiner Mutter am Handgelenk hochgezogen wurde. Das tat weh und deswegen sagte er es auch: „Mama… aua…“ Sie nahm ihn nicht war, zog ihm zum Kühlschrank, drückte ihm eine Flasche Bier in die Hand und schlug ihn viel zu heftig auf den Po, damit er hin machte und das Bier dorthin brachte, wo es gewollt wurde. Dem Jungen schossen wieder Tränen in die Augen und er rieb sich, ins Wohnzimmer tapsend, den schmerzenden Hintern, bevor er, am Sofa angekommen, das Bier reichte und sofort Schmerz an der Wange spürte. Seine Unterlippe bebte, als er mit unschuldigen Kinderaugen hochblickte und wimmerte: „W- w- warum…?“ „Dreckskind, bist zu blöd, die Flasche aufzumachen, Dummkopf!“, blaffte der böse Mann und zog das Kind am Arm auf das Sofa. „Wie soll ich das jetzt aufmachen, hä?!“ Sasuke schniefte leise, wollte aufstehen, um den Flaschenöffner zu holen, doch der Griff um seinen Arm war zu unnachgiebig und viel zu fest. Als der Mann ihn wieder anschrie, hob Sasuke seine freie Hand und drückte sie fest gegen sein Ohr, er wollte nichts hören und zum Glück wurde der böse Mann unterbrochen, als seine Mutter hineineilte und die Bierflasche öffnete. „Ria, du weißt, dass ich deinen Sohn jetzt bestrafen muss.“ „Ja, ja doch Kabuto. Ich weiß.“ „Dann geh schön hinaus und wärme unser Bett vor.“ „Ja, Kabuto.“ Als der kleine Junge seine Mutter hinausgehen sah, streckte er seine freie Hand nach vorne und rief mit zitternder Stimme: „Mama, Mama!! Bitte… bleib… bitte… Mama!“ Als sie aus dem Zimmer war, bebte seine Unterlippe stärker und die Tränen wurden mehr. „Mama…?“, machte er fragend und irritiert. Warum ging sie? Warum ließ seine Mama ihn jetzt alleine? Er wandte seinen Blick um und schaute den bösen, großen Mann an, dessen zweite Hand nun auch nach ihm griff und seine Unterhose hinunter zog. Der erste Donner grollte. „Sasuke… Scheiße… wach auf… Sasuke!“ Es waren Fetzen die er am Range seines Bewusstseins wahrnahm und plötzlich war wieder alles dunkel und Kabuto war fort, bevor Sasuke die schrecklichen Dinge sehen musste, die geschehen waren. ~~ Itachi wollte seiner Mutter gerade eine gute Nacht wünschen, als er das Wimmern durch die verschlossene Zimmertür hörte. Er warf ihr einen Blick zu und sah dann, dass ihre Hand schon nach der Klinke griff. Sie öffnete die Tür, trat hinein und machte das Nachttischlämpchen an, bevor sie sich zu Sasuke runterhockte. Itachi eilte neben sie und sah hilflos mit an, wie der Junge wimmerte und sich gequält hin und her rollte. Die Decke war beinahe komplett von dem Körper gerutscht und das Gesicht, mit salzigen Tränen auf den Wangen, war alles andere als entspannt. Itachi hielt es nicht mehr aus. Er packte Sasuke fest an den Schultern und rüttelte ihn. „Sasuke. Scheiße, wach auf, Sasuke!“, sagte er laut und merkte, wie der zierliche Körper sich beruhigte. Itachi setzte sich aufs Bett, ohne die Schultern des Kindes loszulassen. Der Junge wachte auf, kam zu sich und weinte. Es war nur ein kurzer Moment, in dem Sasuke sich irritiert umblickte, bevor er sich nach vorne lehnte und Itachis Oberkörper umklammerte. Er schniefte und drückte sein Gesicht gegen die warme Brust. Es war ihm nicht peinlich, für solche Gedanken und Gefühle war gar keine Zeit und kein Platz in seinem Gehirn oder in seinem Herzen. Er fühlte sich sicher dort, wo er jetzt war; fühlte sich sicher, so wie er sich an Itachi klammerte und das war im Moment das was zählte. Er spürte die Arme, Itachis Arme, die sich um seinen Rücken legten und festigte auch seine Umklammerung noch ein wenig, während er sich langsam beruhigte. Seine Atmung ging wieder langsamer und obwohl seine Tränen noch nicht versiegten, fühlte er sich schon viel besser. Sasuke spürte eine Hand an seinem Kopf, die sanft über die dortigen Haare strich. „Sh, alles gut“, hörte er die sanfte Frauenstimme und wünschte einen Moment, es wäre seine Mutter, die endlich dazu gelernt hatte und ihn wieder lieben und umsorgen wollte. Aber sie war es nicht. Ihre Stimme war viel kaputter und härter. „Es war nur ein Traum, Schätzchen. Alles ist in Ordnung, shh.“ Als es erneut donnerte und blitzte, drückte Sasuke sich noch enger an Itachi und murmelte leise: „Ich hab… wirklich Schiss vor Gewittern.“ „Das ist okay. Wirklich. Ich würde das Gewitter sofort beenden, wenn ich könnte.“ In einer anderen Situation würde jeder von ihnen drei über Itachis Worte lachen, aber nun, tat es keiner, denn sie alle drei wussten, dass er sogar das für Sasuke tun würde und es nur ließ, weil es nicht in seiner Macht stand. Und Mikoto wusste, dass Itachi nicht nur das Gewitter beenden wollte, sondern auch allem Schmerz Sasukes ein Ende setzen wollte, nur auch das konnte er nicht. „Ich hab… hatte auch Angst… im Dunkeln“, murmelte Sasuke gegen Itachis Brust und im Moment war es das natürlichste, über die Dinge zu sprechen, vor denen er sich fürchtete. „Ist es hell genug?“, fragte Itachi da auch schon und Sasuke nickte, lockerte die Umklammerung ein wenig, blieb aber weiterhin so sitzen, wie er saß und lies sich weiter von Itachi halten und von Mikoto streicheln. Sie blieben so, verharrten still und irgendwann drehte Sasuke seinen Kopf ein Stück und blickte an die Wand, die Schatten warf vom Licht der kleinen Lampe. „Mama hätte… mir helfen müssen“, sagte er dann irgendwann, wie das elfjährige Kind, dass er in seinem Traum gewesen war. „Warum… hat sie mir… nicht geholfen, Itachi?“ Itachi festigte seine Umarmung noch etwas und blickte ratlos gegen eine andere Wand, die beinahe gänzlich dunkel war, da das Licht der Nachttischlampe dort nicht drauf schien. „Ich weiß es nicht“, gab er entschuldigend zu und wünschte er wüsste etwas, was er sagen könnte; etwas, was Sasuke helfen würde. Itachi spürte Sasukes Kopfbewegung an seiner Brust, ein Nicken, und hörte dann dessen wieder so erwachsen klingende Stimme. „Das ist… schon in Ordnung. Danke.“ Itachi glaubte, Sasuke würde sich nun sofort von ihm lösen, jetzt wo er wieder völlig klar im Kopf war, jetzt wo er nicht mehr so eingenommen von dem schrecklichen Alptraum war, aber so war es nicht. Sasuke blieb weiter so sitzen, genoss es seinen Kopf gegen die starke Brust zu lehnen, sagte nur nach wenigen Minuten: „Ich bin echt… müde.“ „Dann lass uns schlafen gehen, in Ordnung?“ „Mh“, machte Sasuke nur zustimmend und sah, wie Mikoto Uchiha sich erhob. Er blickte sie traurig lächelnd an und als sie sich herunter beugte und ihm noch mal über die Stirn strich und eine gute Nacht wünschte, wünschte er sich, er hätte auch so eine Mutter wie sie war. Eine, die sich wirklich kümmerte, die sich sorgte und die ihr Kind so sehr liebte, dass sie für sein Glück und seine Sicherheit sterben würde und das würde Mikoto Uchiha ohne Zweifel für ihnen Sohn. Er blickte ihr nach und als sie hinaus war, lehnte er sich wieder gegen Itachis Brust. Doch schon nach wenigen Sekunden lösten sie sich voneinander und legten sich beide auf ihre Seiten des Bettes. Das Nachttischlämpchen ließ Itachi zunächst an. Er stellte erfreut fest, dass Sasuke dieses Mal nicht so weit von ihm fort gerutscht war, sondern gemütlich in der Mitte seiner Betthälfte lag, in die Decke gekuschelt und ihn ansah. Itachi deckte auch sich selber zu und hörte, als auch er dann richtig lag, Sasuke leise Stimme. „Du bist nicht… derjenige vor dem ich mich… fürchte.“ Er biss sich kurz auf die Lippe und sagte dann: „Du kannst das… Licht ruhig ausmachen…“ Itachi nickte, löschte das Licht und wusste, dass Sasuke ihm einen unheimlichen Vertrauensbeweis entgegenbrachte. Dieser Junge, dieses Kind, hatte Angst im Dunkeln, es hatte Angst vor Donner und Blitz und es hatte Angst vor Männern, aber es lag hier mit ihm in einem Bett, in einer Gewitternacht, im Dunkeln und das nahm Itachi all die Entmutigung, die zuvor in seinem Körper gewesen war. Seine Mutter hatte Recht gehabt. Wenn Sasuke einem Menschen auf dieser Welt vertraute, dann ihm und er würde nichts tun, niemals, um dieses Vertrauen zu zerbrechen, denn ihm lag eine Menge an diesem Jungen und auch wenn er sich nicht wie dessen Vater fühlte oder wie ein Ersatz für diesen, würde auch er für Sasuke Welpen töten und alten Damen die Kehle zertreten. Er würde für Sasuke Städte plündern und niederbrennen, mit einem Holzbötchen über alle sieben Meere fahren und auf alle Felder der Welt Salz streuen. to be continued by Jessa_ Kapitel 33: Shadows and tall trees ---------------------------------- Hallöchen^^ Ich hatte ja in Kapitel 28 geschrieben, es würden noch etwa 4-5 Kapitel werden, dann wäre aber hier Ende und das ist es eindeutig nicht. Ich werde wahrscheinlich doch noch etwa auf die 40 Kapitel insgesamt kommen, bevor ich mich an die Fortsetzung mache, dabei sind die Kapitel jetzt schon doppelt so lang, als die am Anfang. Nun, ich hoffe das stört nicht und ihr habt immer noch gefallen an Stay. Ob ich weiterhin so regelmäßig poste weiß ich noch nicht, da es jetzt auf den Endspurt in der Realschule zugeht, nächste Woche gibt es Zeugnisse und ich freu mich schon riesig drauf^^ Aber danach ist eben wieder ranklotzen angesagt, aber ich versuche weiterhin mindestens einmal in der Woche ein Kapitel hochzuladen. Falls ich das mal nicht schaffen werde, entschuldigt das bitte. So, nun hab ich aber genug gequatscht und wünsche euch einfach viel Spaß beim lesen und freue mich auf eure lieben Rückmeldungen. Grüße Jessi ;) Kapitel 33: Shadows and tall trees Do you feel in me Anything redeeming Any worthwhile feeling? Sasuke hörte leise seinen Namen und eine Hand, die gegen Holz klopfte. Er rieb sich müde über die Augen, realisierte, dass er in Itachis altem Jugendzimmer war und dort ein Bett mit ihm geteilt hatte. Den Kopf zur Seite wendend, wunderte er sich, wo Itachi war. Und wie spät war es eigentlich? Hoffentlich hatte er Itachi und die Familie nicht verärgert, indem er so lange geschlafen hatte, falls es denn schon spät war. Sasuke setzte sich im Bett auf, rieb sich noch mal über die Augen und gähnte, ohne sich die Hand vor den Mund zu halten. Er war noch nicht ganz wach, saß im Halbdunkeln und er fühlte sich unbeobachtet, konnte im Moment nichts falsch machen, doch dann erinnerte er sich an das Klopfen und stand eilig auf, um zur Tür zu gehen und diese zu öffnen. Lächelnd stand dort Mikoto Uchiha. „Guten Morgen“, sagte sie und lächelte weiter. „Ich wollte mal nach dir schauen. Wie fühlst du dich?“ „Uhm… gut, Ma’am“, sagte er leise und scharrte verlegen mit dem nackten Fuß auf dem Teppichboden, auf welchen er seinen Blick senkte. Heute war ihm sein Verhalten der Nacht peinlich. Sein Alptraum hatte ihn aufgewühlt. Selten waren seine Träume so real, wie der letzte gewesen und dadurch hatte er riesige Angst bekommen. Es hatte auf ihn wirklich so gewirkt, als sei er wieder der elfjährige Junge, dem all das geschehen war. Das Kind, das noch nach seiner Mutter gerufen hatte, wenn ihm wehgetan wurde. Und danach hatte er eben nicht anders gekonnt, als sich an Itachi zu klammern und von dessen Mutter gestreichelt zu werden. „Magst du mit runter kommen?“ „Klar, Ma’am.“ „Gut, dann zieh dich an. Ich warte im Flur.“ Sie lächelte immer noch und schloss wieder die Tür. Er hielt kurz die Hand auf die Klinke und schaute auf das stabile Holz. Er mochte diese Frau wirklich gerne und er beneidete Itachi ein wenig um sie, wünschte sich, seine Mutter wäre ein bisschen mehr so wie Mikoto Uchiha. Sasuke schüttelte den Kopf und fuhr sich durch die Haare, ehe er nach den Klamotten von gestern griff, die auf dem Schreibtisch lagen. Itachis waren schon nicht mehr da. Er fragte sich wo der Ältere war. Vielleicht würde er ich sogar trauen Itachis Mutter danach zu fragen, wenn sie unten waren. Mal sehen, vielleicht. Sasuke zog zuletzt noch den Pullover über und Socken über die Füße, bevor er zum Bett schritt und die beiden Decken und Kissen ordentlich hinlegte. Er beeilte sich dabei, um Itachis Mutter nicht unnötig lange warten zu lassen, aber er wollte auch Ordnung schaffen, wenn er schon in dem Bett geschlafen hatte. Sie hatte wirklich im Flur auf ihn gewartet und erhob sich nun von einem Sessel, der dort neben einem kleinen Tischchen mit Telfon und Blumenvase, stand. „Ich dachte mir“, sagte sie, als sie beide gemeinsam die Treppe nach unten nahmen: „Ich schau mal, ob du schon wach bist und ob du Hunger hast. Hast du?“ „Nein Danke, Ma’am.“ „In Ordnung.“ Sasuke folgte ihr durch das Wohnzimmer in einen kleinen Wintergarten, von dem aus man auf die große Terrasse blickte und auf den riesigen, grünen Garten mit bunten Blumen und großen Bäumen. Mikoto wies auf einen der gepolsterten Rattansessel, die um einen runden Tisch standen. Sasuke setzte sich, blickte Itachis Mutter hinterher, die nach wenigen Minuten mit einem kleinen Tablett zurückkam. Sie stellte die beiden Gläser ab, die Kanne und den Teller mit den Plätzchen, bevor sie das Tablett zur Seite räumte. „Aber etwas Limonade trinkst du doch? Ich hab sie frisch gemacht. Itachi hat sie geliebt als Kind, heute trinkt er sie nicht mehr. Lieber Kaffee, aber das weißt du ja bestimmt.“ „Ja, Ma’am“, sagte Sasuke nur, antwortete damit auf beide Fragen. Er hatte schon Durst und würde gerne etwas Limonade trinken und dass Itachi ein Kaffeejunkie war wusste er natürlich auch; das war ja nicht zu übersehen. Mikoto reichte Sasuke das Glas Limonade und nahm sich selber ein zweites, setzte sich in den Sessel und schaute den Jugendlichen an. Es blieb einige Minuten still zwischen ihnen, bevor sie ihr Glas abstellte und die Hände im Schoß faltete. „Itachi war gestern Nacht sehr verzweifelt“, erzählte sie und auf Sasukes betretenen Blick hin, sprach sie weiter: „Vor deinem… Traum, saß er lange unten in der Küche und hat mir einige Dinge erzählt.“ Mikoto wunderte es nicht, dass Sasuke sie nicht unterbrach, Fragen stellte oder sonstiges tat, denn von Itachi hatte sie erfahren, wie zurückhalten und lieb er war. „Ich möchte, dass du darüber Bescheid weißt, dass er sich mir anvertraut hat.“ Sie sah, wie Sasuke zu Boden blickte und in sich zusammensank. „Ich kann verstehen, wenn du nun gekränkt bist, schließlich hast du ihm dein Vertrauen geschenkt, aber er war wirklich sehr nachdenklich gestern Abend. So traurig habe ich meinen Sohn lange nicht mehr gesehen.“ „Entschuldigen Sie“, vernahm Mikoto die Stimme des Jungen. „Ich wollte Itachi nie… traurig machen.“ „Nein“, beschwichtigte sie sofort und lehnte sich ein Stück vor. „Du verstehst mich falsch. Es gibt keinen Grund, dich für irgendetwas schuldig zu fühlen. Ich wollte dir kein schlechtes Gewissen machen, ich wollte nur das du Bescheid weißt und ich wollte, dass du weißt…“ Sie stoppte, wurde plötzlich unsicher, obwohl sie sich die Worte doch in gewisser Weise zur Recht gelegt hatte. „Ich wollte, dass du weißt“, fing sie erneut an, „dass du dich auch an mich wenden kannst, wenn du möchtest.“ Mikoto sah, wie Sasukes Kopf hoch ruckte. Er blickte sie aus großen Augen an und nickte leicht. „Danke, Ma’am“, sagte er leise, trank noch einen Schluck der süßlichen, frischen Limonade und blieb dann stumm. Es vergingen wieder wenige Minuten, bis Mikoto erneut die Stimme erhob: „Weißt du, Sasuke. Du musst mich nicht so förmlich anreden. Mikoto ist in Ordnung.“ „Ich…“, murmelte Sasuke und wirkte unsicher. Er konnte Itachis Mutter doch nicht einfach beim Vornamen anreden, wo es ihm bei Itachi zu Anfang schon so falsch vorgekommen war. „Es ist wirklich in Ordnung.“ Sasuke war sich immer noch nicht sicher, ob er Itachis Mutter wirklich beim Vornamen ansprechen wollte, aber er konnte ihr doch nicht widersprechen, also lies er die Sache erst mal auf sich beruhen, trank noch einen kleinen Schluck Limo und schaute dann nach draußen in den gepflegten Garten. Die Rosenbeete standen nah an der Terrasse. Sasuke erinnerte sich an ein typisches Bild seiner Kindheit. Seine Mutter stand bei den Rosen im Garten des Hauses. Das Licht fiel auf ihren zierlichen Körper und auf die dunkelblonden Haare. Ihr Gesicht war dem Licht zugewandt. Sie liebte das Licht, liebte die Sonne, wie sie später den Alkohol liebte. Damals war sie noch so unheimlich schön gewesen, daran erinnerte Sasuke sich noch genau; an ihr immerzu trauriges Lächeln und an die glänzenden, funkelnden Augen. Er vermisste sie. Nicht die Frau, die ihm nicht half, die ihn nicht vor Kabuto gerettet hatte, sondern die Frau seines Vaters, die sich immerzu Mühe gegeben hatte und die so sehr versucht hat ihren Sohn zu lieben. Vielleicht, glaubte Sasuke, war sein Vater einfach zu früh gestorben und zehn Jahre hatten wohlmöglich für Sasukes Mutter nicht gereicht, um ihren Sohn zu lieben. Vielleicht hätte sie es irgendwann geschafft, wenn seinem Vater und ihrer Familie mehr Zeit geblieben wäre. „Magst du noch etwas Limonade?“, riss ihn die Stimme Mikotos aus seinen Gedanken. Er schüttelte den Kopf und verneinte dann dankend, weil er glaubte, das wäre höflicher als ein einfaches Kopfschütteln. „In Ordnung. Sag mir aber bitte, wenn du Durst hast oder wenn sonst etwas nicht in Ordnung ist, ja Sasuke?“, meinte sie zum Schluss hin fragend und blickte ihn an. Sasuke nickte wieder und sah dann auf die Tischplatte. Es war doch ein guter Moment um nach Itachi zu fragen, und weil es ihn wirklich interessierte, wo der Ältere war, tat er es dann auch zögerlich. „Äh… Können Sie… Kannst du…“, verbesserte er sich selbst, „mir sagen, wo Itachi ist?“ Mikoto lächelte wieder ihr so freundliches Lächeln und antwortete ebenso freundlich:“ Natürlich. Er ist mit meinem Mann in der Kanzlei, weil sie ein wenig liegen gebliebene Arbeit vor den Feiertagen erledigen müssen. Er wollte dich nicht wecken, deswegen bat er mich, nach dir zu sehen.“ „Entschuldigen Sie“, sagte Sasuke ohne zu bemerken, dass er wieder siezte. „Ich wollte Sie nicht belästigen.“ Aber er hatte nicht nur deswegen ein schlechtes Gewissen. Viel mehr noch fühlte er sich dafür schuldig, dass Itachi sich hatte Urlaub nehmen müssen und so nun alles an einem Tag machen musste. „Es gibt nichts, was ich entschuldigen müsste und du belästigst mich nicht. Ich finde es sogar schön, vormittags mal nicht alleine zu sein. Fugaku geht ja schließlich sehr viel arbeiten.“ Sasuke schaute nur betreten zu Boden. Fühlte sich immer noch schuldig und konnte gegen diese Gefühle nichts tun. Mikoto Uchiha hatte bestimmt genug Hobbys und Freundinnen, dass sie sich vormittags nicht langweilen musste und vielleicht blieb sie nur daheim, weil sie nun nach ihm sehen musste. Itachi hätte ihn für den Tag auch einfach fort schicken können oder für immer. Auf die drei Tage bis Weihnachten kam es sich dann ja auch nicht an, obwohl Sasuke anfing, sich wirklich wohl bei Itachi zu fühlen. Sicher und beschützt. „Nun, Itachi arbeitet sonst auch eine Menge. Ich bin ganz froh, dass er sich mal Urlaub genommen hat.“ Sasuke nickte, war dennoch nicht überzeugt von diesen Worten. Wenn er nicht da gewesen wäre, hätte Itachi sich auch Urlaub nehmen können und die freien Tage durchaus erholsamer gestalten können, vielleicht für ein paar Tage in Urlaub oder mehr mit seinen Freunden unternehmen. Sasuke blickte wieder aus dem Fenster, sah zu den großen Bäumen im hinteren Teil. Alle maßen sie über acht Meter, mindestens. Ein wenig weiter im vorderen Garten, in der Nähe von Blumenbeeten, stand ein kleinerer, jüngerer Baum. Die anderen waren bestimmt schon Generationen alt, dieser hier sah eher so aus, als habe er noch kein Viertel Jahrhundert auf dem Buckel. Sasuke konnte sich aber auch täuschen, ganz sich war er sich nämlich nicht, vielleicht war es auch nur eine völlig andere Gattung. Mikoto wusste, dass Sasuke mit vielen Problemen zu kämpfen hatte und war durchaus ein wenig besorgt gewesen, den Tag alleine mit ihm zu verbringen, denn Fugaku hatte nicht nur Itachi mit zur Arbeit geschleppt, sondern auf den Weg auch noch seine Mutter abgesetzt. Aber so war es vielleicht besser und bisher kamen sie und der schüchterne Kerl ja gut klar. Sie sah, wie Sasuke leicht abwesend wirkend in den Garten starrte und folgte seinem Blick in den Garten, sah auch raus und schaute ebenfalls auf den kleinsten Baum im Garten; auf den Wichtigsten. Fugaku, ihr Mann der ohne Zweifel mit vielem gesegnet war, aber nicht mit einem grünen Daumen, hatte ihn eigenhändig gepflanzt. „Den Baum dort drüben“, erzählte sie, weil sie glaubte, Sasuke würde es interessieren und weil sie nicht so schweigend hier sitzen wollte. „hat mein Mann vor zweiundzwanzig Jahren gepflanzt. Zu Itachi Geburt. Ein Lebensbaum. Ich wusste nichts davon und kam mit Itachi nach Hause und Fugaku hat mir davon erzählt. Als im Frühjahr dann ein kleiner Spross zu sehen war, haben wir angefangen zu fotografieren und dann jedes Jahr, zu Itachis Geburtstag, ein neues Foto.“ „Auch… jetzt noch?“, traute Sasuke sich zu fragen, weil es ihn interessierte und weil er die Idee sehr schön fand. „Jedes Jahr“, bestätigte Mikoto, erhob sich, ging in Wohnzimmer und kam mit Büchern wieder, die sich als Fotoalben entpuppten. „Magst du die Alben ansehen? Es sind hauptsächlich welche von Itachi.“, fragte Mikoto und Sasuke nickte schüchtern. Er würde gerne Fotos, Kinderbilder, von Itachi ansehen, aber er wusste nicht, ob Itachi damit einverstanden war, dass er sich die ansah, deswegen fragte er leise: „Wird… Itachi nicht… sauer sein?“ Auf Mikotos verwunderten Blick und ihrem: „Warum sollte er, Sasuke?“, antwortete er ebenso zögerlich wie zuvor: „Vielleicht… möchte er… möchte er nicht, dass ich die Fotos sehe.“ Mikoto lächelte wieder und beruhigte: „Itachi wird nichts dagegen haben, das du sie ansiehst, wenn du denn möchtest.“ Daraufhin nickte Sasuke und Mikoto schlug das erste Album auf. Itachi als Neugeborenes, eingewickelt in eine Decke und von dort an, aufsteigend bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr, immer wurde unter den Fotos das Datum geschrieben und teilweise irgendwelche Bemerkungen. Sasuke wusste, dass irgendwo Fotoalben existierten hatten von der Zeit, als sein Vater noch gelebt hatte, aber im Grunde wusste Sasuke nicht wirklich, ob es die Alben noch gab oder ob seine Mutter und Kabuto die längst schon zerstört hatten. Zuzutrauen wäre es ihnen. Doch umso mehr freute Sasuke sich, dass Itachis Mutter die Alben behielt, das sie jedes Jahr den Baum weiter fotografierte, denn während Itachis Eltern ihren Jungen wirklich liebten, fiel Sasukes Stoffdrache, den er seit der Geburt besaß, schon vor einigen Jahren Kabutos Wutattacken zum Opfer. Itachi konnte sich glücklich schätzen, solch ein Elternhaus, solch eine Familie zu haben. Sasuke wusste das, denn er kannte auch die Schattenseiten des Lebens, die ihn nachts manchmal, wie in der vergangenen, nicht ruhig schlafen ließen. ~~ Der Schreibtisch lag voll von Akten. Und der Schreibtisch war nicht klein. So viele Akten. Itachi seufzte. Das musste doch der halbe Schrank sein, unfassbar. „Dieser kleine Scheißkerl“, zischte er aus. „Genau deswegen kann ich Jugendliche nicht leiden. Genau deswegen.“ „Beruhig dich. Es war ja nicht mit Absicht“, versuchte Fugaku Uchiha mit tiefer Stimme zu schlichten. „Beruhigen? Du siehst die ganzen Mappen auf dem Tisch, ja? Ich bitte dich, wie soll ich mich da beruhigen?“ Itachis Stimme verlor nicht an Schärfe. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Er schaute wieder auf die Akten. Große Güte, nur weil er fehlte lief wieder alles aus dem Ruder. Konnte keiner Mal ein verdammtes Auge auf diesen Scheiß-Praktikanten haben? Warum hatten sie ihm überhaupt das Praktikumsjahr zugesprochen? Ach ja, weil der kleine Wicht gebettelt hatte und sonst gar nichts nach der Schule gehabt hätte. Na wenigstens bekam er nur einen Mindestlohn und das auch nicht seit Anfang des Praktikums. Eigentlich hatte überhaupt kein Geld verdient, bei dem Mist den er immer wieder verzapfte und außerdem war das auch gar nicht üblich bei einem Praktikum Lohn zu zahlen. In solchen Dingen war sein Vater manchmal zu gutherzig. Unmöglich. Und das eigene Fleisch und Blut musste drunter leiden, typisch, denn Itachi war, so gerne er es auch verdrängte und den Jungen fort schob, dessen Praktikumsbetreuer. Und in der Zeit seines Urlaubs hatte den Mist halt ein andere übernehmen müssen und den kleinen Mistkerl nicht unter Kontrolle gehabt. Wenn er denjenigen in die Finger bekam… ~~ Mikoto hatte entschieden, dass es doch nicht angehen konnte, das Sasuke selbst am späten Nachmittag noch nichts gegessen hatte. Sowieso war er so zurückhaltend und bescheiden, gar anspruchslos. Er hatte brav die Fotoalben angesehen, hatte sich zögerlich mit ihr über die Bilder unterhalten und dann hatte sie ihm vorgeschlagen, etwas fern zu sehen, während sie kochen ging. Das war vor zwei Stunden gewesen und er hatte nur schüchtern verneint; hätte keinen Hunger, sie müsse sich keine Umstände machen, dabei war es für sie selbstverständlich und deswegen hatte sie sich jetzt entschlossen doch etwas zu kochen, während Sasuke ihm Wohnzimmer saß und eines von Itachis alten Jugendbüchern las. Selbst darum hatte er nicht selbst gebeten. Mikoto hatte bemerkt, dass sein Blick fiel öfter zu dem Bücherregal im Wohnzimmer gegangen war, als zu dem Fernseher und hatte es deswegen vorgeschlagen. Aber er solle doch in Itachis altem Zimmer schauen, hier standen nur Fugakus Sachbücher und ihre Liebesromane. Mikoto rührte in dem süßen Milchreis. Itachi hatte nie Milchreis gemocht, jedenfalls nicht den aus der Kühltruhe und auch nicht, wenn die Eltern von Freunden den kochten, selbst von seinem Vater hatte er den nicht gemocht. Nicht mal wenn der den nur aufwärmte, aber den von ihr, den hatte er immer geliebt. Vielleicht war ihr Milchreis ja wirklich was Besonderes und Sasuke würde den auch mögen. Sie hoffte es jedenfalls, denn sie wollte ihm gerne eine Freude machen. Als der dickflüssige, süße Reis fertig war, gab sie ihn in eine große Schüssel, stellte die auf den Tisch, nahm zwei kleiner Schüsseln, füllte diese, stellte sie mitsamt zwei Gläsern und einer Flasche Mineralwasser und einer Flasche Saft auf ein Tablett, das sie ins Wohnzimmer trug und dort auf dem Tisch abstellte. „Magst du Milchreis?“, fragte sie und Sasuke nickte zögerlich. Er war im Grunde kaum wählerisch, es gab kaum etwas, dass er nicht mochte, weil er sich das nicht leisten konnte. Nur Fisch, den hatte er nie gegessen. Einmal hatte ihm eine alte Dame was aus einem Laden geholt, wo es nur Fischbrötchen gab und er konnte sich einfach nicht überwinden diesen zu essen, deswegen hat er in einer ruhigen Minute den Fisch in den Mülleimer verschwinden lassen und sich nur über das Brötchen mit Soße und Salat hergemacht. Aber ansonsten war er wirklich sehr unkompliziert. Selbst wenn es ihm mal nicht so gut schmeckte, aß er. Sasuke nahm die Schüssel die Mikoto ihm entgegenhielt und lies sich bereitwillig etwas Wasser einschenken, bevor Itachis Mutter sich auch samt Schüsselchen hinsetzte. Der Jugendliche tauchte seinen Löffel in den Reisbrei und kostete. Es schmeckte wirklich gut. Sehr süß, aber durchaus auch sehr lecker. Er wusste nicht, wie er das sagen sollte, deswegen schaute er Mikoto nur an und als sie lächelte, lächelte er zurück. Nur ganz leicht, ganz sachte, kaum zu bemerken, aber er glaubte es war richtig so, nachdem sie ihm schon die ganze Zeit so freundliche Gesichter schenkte. Und bei Itachi hatte das Lächeln vorgestern Abend nach dem Spiel auch geklappt. „Gefällt dir das Buch?“, fragte Mikoto ihn nebenher. Sasuke linste auf den Titel. Midnighters – Die Erwählten. Er nickte. Ja, es gefiel ihm und hatte das Buch beinahe verschlungen, schon fast war er in den zwei Stunden am Ende angelangt. „Itachi gibt dir bestimmt die beiden anderen Teile davon mit. Die meisten Bücher in seinem Zimmer hat er gar nicht gelesen. Das auch nicht. Alle zu Weihnachten bekommen und wahrscheinlich nie angerührt.“ Mikoto lachte leise. „Ja, so war er. Ich habe immer gedacht, er wird was Aufregenderes als Anwalt.“ Sie verstummte kurz, blickte nachdenklich auf ihre Hose und entschied dann einfach zu fragen, was sie fragen wollte. „Weißt du… ob Itachi noch den Wunsch von dem Bootsrestaurant hat?“ „Ich… weiß… ähm… nichts davon, Ma’am“, sagte Sasuke verunsichert, wunderte sich warum gerade er gefragt wurde und vergaß dabei wieder, dass er Mikoto duzen durfte, woran sie ihn auch gleich wieder mit einem Lächeln auf den Lippen erinnerte. Danach schwieg sie wieder, stellte ihre Schüssel irgendwann beiseite, obwohl noch Reste darin waren, goss sich etwas Saft ein und nippte nur kurz daran. „Du vertraust ihm, oder?“, fragte sie nach. Sasuke schaute die Frau aus großen Augen an. Warum fragte sie ihn solche Dinge? Er mochte das nicht besonders. Klar, vertraute Itachi. Mehr als jedem anderen lebenden Menschen, aber warum musste er das laut aussprechen? Er konnte es nicht; konnte es nicht sagen, denn zu oft wurde sein Vertrauen schon missbraucht, weswegen er wieder nur nickte und nun auch die Schüssel auf den Tisch stellte. Im Gegensatz zu Mikoto hatte er aufgegessen, wollte nicht unhöflich wirken, nicht so als hätte es nicht geschmeckt, denn das hatte es. „Wenn du nicht reden möchtest, musst du das sagen“, meinte sie ohne einen Ton der Missbilligung, doch Sasuke schüttelte eilig den Kopf und meinte genauso schnell: „Doch… entschuldige… Ich…“ „Schon in Ordnung. Ich versteh schon“, beruhigte sie. „Es ist nicht so einfach sich zu unterhalten, wenn einem im Kopf immer solche Dinge rumspuken, hab ich Recht?“ “…Schon“, murmelte Sasuke, nun darauf bedacht, auch mit Worten zu antworten. „Redet Itachi mit dir?“, fragte sie und präzisierte: „Unterhält er sich mit dir?“ „Ja… tut er“, antwortete Sasuke und fand den Mut weiter zu sprechen. „Er… hört mir zu, wenn ich… von meinem Vater erzähle.“ „Ich habe meine Eltern auch früh verloren“, offenbarte Mikoto. „Ich war nicht so jung wie du, war gerade von daheim ausgezogen, als sie kurz hintereinander starben.“ „Das… tut mir Leid“, bekundete Sasuke sein Beileid; nicht nur weil es so höflich war, sondern weil er es richtig fand. Eltern wollten ihre Kinder zwar nicht überleben, aber sie sollten auch nicht sterben, wenn die eigenen Kinder von jung waren. Aber was hieß es schon mit dreißig oder mit fünfzig zu sterben? Manche Kinder starben ohne die Welt gesehen zu haben oder ohne überhaupt die Augen geöffnet zu haben. Jeder Tod war schrecklich, war traurig, wenn es ein geliebter Mensch war, der verstarb. Sasuke hatte das am eigenen Leib erlebt, auch wenn es vielleicht weniger schrecklich gewesen wäre, wenn seine Mutter ihm Liebe und Trost geschenkt hätte. Aber so… waren sie beide am selben Tag gestorben, nur dass seine Mutter noch in ihrer Hülle bleiben musste… Sasuke seufzte beinahe lautlos. So sollte er nicht denken. Tief in sich hatte er nämlich immer noch die Hoffnung, dass seine Mutter irgendwann verstand und ihn um Verzeihung bat oder einfach kam und ihm sagte, dass sie ihn lieb hätte; dass sie von nun an wieder versuchen würde, alles richtig zu machen, so wie sie es immer für Sasukes Vater und damals somit auch für ihr Kind versucht hatte. ~~ Sie hatten nicht mal die Hälfte der Akten geschafft, obwohl sie beide beinahe den ganzen Tag, von Morgens früh um acht bis jetzt um halb fünf, daran gearbeitet hatten. Sie wollten noch eine Stunde machen und dann heimwärts, schließlich warteten dort Mikoto und Sasuke und Itachi hatte sowieso kein gutes Gefühl dabei, den Jungen allein dort zu lassen, obwohl er seiner Mutter durchaus vertraute. Nur als er Sasuke das letzte Mal alleine irgendwo gelassen hatte, war am Abend nach Arbeitsschluss, als Itachi bei Shizune war, das Schrecklichste geschehen was geschehen konnte, aber Itachi war sich eben auch bewusst, dass er Sasuke nicht immer im Auge behalten konnte. Er hatte ein Privatleben und alles konnte auch er nicht für diesen Jungen opfern, der ihm vor weniger als einem Monat noch völlig fremd gewesen war. „Ich fürchte ich muss dich morgen wieder herbestellen“, gab Fugaku zu, sortierte eine der vielen Akten, schaute noch einmal genau, unterzeichnete mit seinem Namen und legte sie beiseite. Wenigstens gingen einige so einfach, die richtig schweren Brocken dauerten da schon ihre Zeit, auch jetzt, obwohl einige der Fälle schon längst abgeschlossen waren, aber die Akten mussten sie eben knapp zehn Jahre behalten. Mindestens. Danach kamen sie in ein Archiv, wo kaum mehr einer einen Schritt reinwagte, denn die meisten Unterlagen wurden nie wieder gebraucht. „Du wolltest überlegen, ob ich länger frei kriege“, merkte Itachi an und Fugaku nickte zerknirscht. „Das wollte ich, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass hier alles aus dem Ruder läuft. Komm morgen und dann kannst du meinetwegen den ganzen Januar frei haben. Ich meine, zur Uni gehst du, keine Frage, aber wenn du die Zeit brauchst, um die Dinge mit dem Jungen zu klären meinetwegen und bring ihn meinetwegen morgen mit. Mir egal. Er wird sich hier schon beschäftigen können.“ „Ganz ruhig, alter Mann“, scherzte Itachi, zeigte seinem Vater wieder eine Seite von sich, die dieser kaum kannte. „Ich schau was sich machen lässt.“ „Morgen kommst du“, stellte Fugaku klar; sprach mit der Strenge, die er angewandt hatte, wenn Itachi sein Zimmer nicht aufräumen wollte als Junge oder wieder nach Sperrstunde heim kam. „Klar“, bejahte Itachi nur und griff nach einer weiteren Akte. Sie arbeiteten einige Minuten stumm, so wie sie es beinahe den ganzen Tag gemacht hatten, nachdem sich Itachis Wut auf den Praktikanten ein wenig gelegt hatte. Erst als die Uhr schon Halbzeit der letzten Stunde zeigte, ergriff Fugaku wieder das Wort. „Warum, Itachi?“ Der Student sah seinen Vater an, legte ein Blatt in die Mappe und fragte: „Warum was?“ „Warum es dich so kümmert, will ich wissen.“ „Weil…“, fing Itachi an und war sich bewusst, nicht die ganze leidvolle Geschichte Sasukes zu erzählen, nachdem er am gestrigen Abend schon bei seiner Mutter schwach geworden war und geplappert hatte. „Nun“, fing Itachi erneut an und beendete seinen Satz im zweiten Anlauf. „Ich schätze, weil sich sonst niemand kümmert.“ „Was ist mit Eltern? Lebenden Verwandten oder dem Jugendamt? Es muss doch jemanden geben der das Sorgerecht hat.“ „Sein Vater ist tot. Ich weiß nicht wie oder woran er gestorben ist, aber er ist tot und das quält Sasuke beinahe auch zu Tode, obwohl er das nicht zeigen will. Seine Mutter ist eine Schlampe.“ „Zügle deine Zunge, verdammt noch mal. Du bist nicht im Pub sondern in meiner Kanzlei!“ „Und wenn schon…“, murmelte Itachi, griff nach einer weiteren Akte, bevor seine Hand von die seines Vaters gegriffen wurde. Fest hielt Fugaku das Gelenk seines Sohnes und wartete, bis dieser hochblickte. „Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist. Mach einfach deine Arbeit richtig, sonst kannst du den Urlaub vergessen.“ „Rede nicht mit mir, als wäre ich ein kleines Kind und… ganz ehrlich: Hast du es nötig mich zu erpressen? Du weißt nicht, wie weit ich für Sasuke gehen würde.“ Soviel zu einem eigenen Privatleben, von dem er nicht wusste, wie viel er davon für Sasuke opfern konnte. Ja, soviel dazu. „Ich will dich nicht erpressen“, sagte Fugaku nun milder und entließ das Handgelenk seines Sohnes. Als er den roten Abdruck sah, tat es ihm sofort Leid, doch sein Stolz verbot es ihm sich zu entschuldigen. Jedenfalls auf die herkömmliche Weise. Deswegen sagte er: „Ich dachte, wie hätten schlussendlich Frieden miteinander geschlossen.“ „Ich war nie dein Feind, verdammte Scheiße.“ Itachi stellte fest, dass er wieder so fluchte, wie er es als Jugendlicher getan hatte. Unheimlich. „Ich musste Mutter das gestern auch schon erklären. Was spinnt ihr euch zusammen?“ „Jeder Junge“, sagte Fugaku mit einem Schmunzeln in der Stimme, „ist irgendwann seines Vaters Feind. Nicht alle schließen Frieden. Ich hab’s mit deinem Großvater nie getan.“ Itachi kannte den Vater von Fugaku. Er war erst vor wenigen Jahren gestorben, aber schon vor Itachis Einschulung in Ruhestand gegangen. Gesundheitliche Probleme und so. Er war ein harter Mann gewesen, aber gerecht und immer für einen Spaß zu haben. So hatte Itachi ihn im Gedächtnis. Sein Großvater hatte einen gewissen Charme gehabt und sich immer besonders gut mit Mikoto, mit Frauen im Allgemeinen verstanden und mit seinem Enkel. Mit seinem eigenen Sohn hatte er wohl immer seine Diskrepanzen gehabt, vielleicht weil sie sich auf eine Art zu ähnlich waren um miteinander klar zu kommen. Oft hatte es Wortgefechte hinter verschlossenen Türen gegeben, aber manchmal hatte Itachi sie durchs offene Fenster streiten gehört. Dennoch wusste Itachi, dass sein Großvater nie handgreiflich geworden war und das Fugaku in gewisser Weise doch stolz auf den alten Mann gewesen war. So hatte aber jeder seine Bürde zu schleppen und Vater sein war eben kein leichtes Unterfangen. Manchmal war es leichter, Schwiegervater oder Opa zu sein. Itachi seufzte, erhob sich von seinem Platz und trat zur Tür. „Du warst nie mein Feind“, sagte er. „Du hast mir nämlich nie wehgetan.“ Mit diesen Worten ließ er seinen Vater im Büro zurück, ging an der Sekretärin vorbei in den Aufenthaltsraum und machte sich einen Kaffee. Er wusste, dass sein Vater jetzt einige Minuten bräuchte um darüber nachzudenken, auch wenn er immer so abgeklärt tat. Und danach würden sie eben gemeinsam heimwärts fahren. Kein großes Ding; es gab keinen Grund sich für lange zu streiten, lange eingeschnappt zu sein. Itachi rieb sich das Handgelenk und grinste. Sogar das tat seinem Vater schon Leid, dabei tat es kaum weh. Durch Sasuke hatte Itachi gelernt, das Eltern in der Lage waren, ihren Kindern Schmerzen zuzufügen, von denen die Welt untergehen konnte und er hatte auch gelernt, dass sein Vater kein solches Elternteil war. Wenn er ihm weh tat oder mit ihm schimpfte und ein kleines Stück der Welt ging unter, holte sein Vater es mit all seinen stummen Schuldgefühlen wieder hinauf aus der Hölle. ~~ Gegen Abend kamen Itachi und Sasuke wieder an der Wohnung des Älteren an. Mikoto hatte Itachi für Sasuke darum gebeten, ob er die beiden Bücher mitnehmen durfte und er hatte natürlich zugestimmt. Was auch sonst? Im Auto dann hatte er dem Jüngeren erzählt, dass er ihn am morgigen Tag mit zur Arbeit nehmen musste. Er hatte ihm versichert, dass er Mikoto nicht auf die Nerven gegangen war, sondern morgen einfach so mitkommen sollte, auch weil Mikoto eben nicht den ganzen Tag daheim war, aber Itachi hatte auch versprochen sich in der Kanzlei zu beeilen, so das Sasuke nicht so lange warten musste. Aber er hatte ja die Bücher und zur Not gab es bestimmt eine Kleinigkeit, die Sasuke übernehmen konnte. Mehr als der Praktikant hatte er mit Sicherheit drauf, dachte Itachi verstimmt und öffnete die Wohnungstür. Er legte die Bücher im Wohnzimmer ab, zog sich vorher noch den Mantel und die Schuhe aus, wartete bis Sasuke es ihm gleich getan hatte und ging dann in die Küche um ein schnelles Essen zu kochen, dass sie dann am Küchentisch aßen, bevor sie das Geschirr in die Spülmaschine stellten und ins Wohnzimmer gingen. Itachi lies sich in den Sessel fallen und Sasuke setzte sich ordentlich auf das Sofa. Der Ältere seufzte und sagte leise: „Meine Güte. Ich hab keinen Lust darauf, morgen in der Kanzlei anzutanzen und das nur wegen diesem schrecklichen Praktikanten.“ „Ich… ich bin also… nicht Schuld?“, fragte Sasuke verwundert. Er hatte geglaubt, Itachi müsste nun wegen ihm so lange arbeiten. „Quatsch. Wenn ich könnte, würde ich ihn sofort rausschmeißen und lieber mit dir arbeiten. Du würdest bestimmt nicht andauernd irgendeinen Scheiß durcheinander bringen, den ich dann glatt bügeln muss.“ Sasukes Augen weiteten sich. Itachi glaubte, er sei klüger als ein Junge, der länger zur Schule gegangen war und es geschafft hatte in der Kanzlei ein Praktikum zu bekommen. Das konnte der Jugendliche sich kaum vorstellen, aber es schmeichelte ihm irgendwie auch. Ja… mittlerweile mochte er es, wenn Itachi ihn lobte, wenn er etwas Gutes über ihn sagte, auch wenn Sasuke sich nie sicher war, ob die Dinge wirklich stimmten oder ob nur Itachi sie so wahrnahm, aber Itachi war ein kluger Mann und er sagte doch eigentlich keinen Mist daher… „Wie auch immer“, murrte Itachi und setzte sich anständig in den Sessel. „Meine Mutter hat mir gerade noch eindringlich gesagt, du würdest dich bei mir langweilen, du armer Kerl.“ „Das… hab… ich nicht… nicht gesagt“, stotterte Sasuke, fühlte sich nun weniger gut, stellte aber sofort fest, dass Itachi grinste und wieder versucht hatte, einen Scherz zu machen. Langsam fühlte Sasuke sich schuldig, dass er die Scherze des Älteren nicht immer verstand, aber er schien es ihm ja nicht übel zu nehmen. „Aber ich finde sie hat Recht. Gibt es irgendwas, was du tun willst? Fernsehen, an den PC oder wieder – was weiß ich… – Stadt, Land, Fluss spielen?“ „Ich… ich langweile mich… nicht. Wirklich nicht. Ich bin… froh… im Warmen zu sein.“ „Ich weiß“, sagte Itachi eindringlich. „Das weiß ich doch, aber… das ist Überleben: Im Warmen sein, Essen, Trinken. Alles Überleben. Leben… bedeutete was anderes.“ Sasuke nickte nur betreten. Er wusste, dass Itachi all das nicht böse meinte, aber er fühlte sich dennoch minderwertiger. Er versuchte nur zu überleben, dem Leben an sich gab er kaum Chancen, aber er sah sie manchmal einfach nicht, die Chancen. Itachi fuhr sich durch die Haare und blickte Sasuke an. Er wollte es nicht so weit kommen lassen, dass er wieder glaubte, Sasuke sei nicht gerade zu biegen, denn das war er und wie er das war! Er würde in Ordnung kommen, er würde Leben, nicht nur überleben. Itachi linste zu seinem Plattenspieler und grinste. „Weißt du, was für mich immer am meisten Leben bedeutet hat?“, fragte er und Sasuke schüttelte zögerlich den Kopf. „Musik.“ „Musik…?“, fragte der Jugendliche nach und Itachi nickte schlicht. „Ja, Musik. Und eben Motorrad fahren, aber das erst seit kurzem und das bring ich dir nicht bei, bevor du achtzehn bist, sonst köpft meine Mutter mich und mein Vater zeigt mich an.“ Itachi grinste erneut, versuchte sein Möglichstes um Sasuke aus seinem Schneckenloch zu holen und sagte dann: „Aber Musik. Da kann ich dir eine Menge zeigen. Hast du Lust?“ „Ja… ja… ich denke schon“, murmelte Sasuke. Itachi stand auf und ging zu seinem alten aber durchaus geliebten Plattenspieler. Er winkte Sasuke zu sich, während er sagte: „In Ordnung. Fangen wir an: Itachis Musikstunde. Hier haben wir meine älteste Platte…“ to be continued... by Jessa_ Kapitel 34: Never let me go --------------------------- Kapitel 34: Never let me go Maybe I was dumb, but what I forgot to say, if you didn't know, is never let me go Itachi hatte immer ein schlechtes Gewissen, wenn er Sasuke so früh am Morgen wecken musste und es war eben noch besonders früh heute. Er selbst war schon geduscht, angezogen und hatte einen Kaffee getrunken, hatte Sasuke noch die Zeit zum Schlafen lassen wollen und ging nun, auf leisen Sohlen, in sein Wohnzimmer, hockte sich neben das Sofa nieder und blickte in das blasse Gesicht des Jugendlichen. Sie waren gestern Nacht noch lange wach gewesen, hatten über die Musik hinweg, völlig die Zeit vergessen und Itachi hatte vorhin im Spiegel schon leichte Augenringe bei sich bemerkt. Na, wunderschön. Hatte er lange keine mehr gehabt, seine ‚wilden’ Partynächte lagen schließlich schon ein paar Jahre zurück und so wild waren die auch nie gewesen. Jedenfalls dann nicht mehr, als er aus dem Alter raus waren in dem er getrunken hat um cool zu sein. Itachi legte seine Hand leicht auf Sasukes Schulter, rüttelte sachte und nahm sie dann wieder fort. Er sah Sasukes Augenlieder ein wenig flackern, bevor sie sich öffneten und der Junge zu ihm blickte. „Morgen“, meinte Itachi schlicht und fügte an: „Wir müssen gleich los.“ Sasuke nickte nur leicht und stand so hastig auf, dass er sich leicht in der Decke verhedderte. Während er versuchte, den großen Stoff ordentlich, aber schnell zurück zu legen, sagte Itachi leise: „Ganz ruhig, kein Grund zur Eile. Geh du duschen und ich leg die Decke zusammen.“ Sasuke nickte nur wieder und wollte schnell ins Badezimmer gehen, um Itachi nicht unnötig aufzuhalten, als er die Stimme des Älteren hörte. „Und Sasuke, spar nicht mit dem warmen Wasser und den Duschkram.“ „…Woher?“, murmelte der Jugendliche. Itachi zuckte mit den Schultern. „Ich wusste es von Anfang an. Der Henkel stand immer auf Kaltwasser und das Shampoo und so wurde nicht so leer, wie es bei zwei Personen werden müsste. Kein großes Ding. Benutz es einfach und föhn dir die Haare.“ „Ja… in Ordnung, entschuldige“, hörte Itachi die zurückhaltende Stimme des Jugendlichen, bevor dieser sich, mit Wechselklamotten in der Hand, auf ins Badezimmer machte. Itachi nahm die Decke an sich, faltete sie mehr oder weniger ordentlich zusammen und lies sich dann in den Sessel sinken. Er wusste im Grunde nicht von Anfang an, dass Sasuke nur kaltes Wasser benutzte und keine der teuren Pflegeprodukte, aber er hatte es sich denken können und auf den ertappten Gesichtsausdruck vorhin, war ihm klar gewesen, dass er mit seiner Vermutung richtig lag. Manchmal fühlte Itachi sich schlecht, wenn er Sasuke auf solche Dinge ansprach; Dinge, wie er solle sich die Haare föhnen. Er glaubte immer, dann würde er Kritik an dem Jugendlichen üben, aber das tat er nicht. Er wollte ihm das Leben erleichtern und manchmal musste er ihm eben dafür noch etwas vorschreiben. Sasuke stand in der Dusche, genoss das lauwarme Wasser, das seine Müdigkeit ein wenig verjagte, für ein paar Sekunden, bevor ihn das schlechte Gewissen übermannte. Wie konnte er einfach unter dem Strahl stehen? Er sollte sich beeilen, wenn er schon nicht kalt duschte. Also griff er, immer noch müde, nach dem Shampoo, tat sich ein kleines Bisschen auf die Handfläche und rieb es in seine feuchten Haare ein. Es entstand kaum Schaum, nicht mal so viel hatte er genommen und als er es ausspülte, brauchte er kaum Wasser. Das war gut, entschied er, schließlich wollte er nicht mehr als genug verschwenden. Er seifte sich kurz mit dem Duschgel ein, benutzte aber auch davon nicht allzu viel, genoss den frischen Duft dennoch und spülte seinen zierlichen Körper dann ab, drehte das Wasser aus und stieg aus der Dusche. Er rubbelte sich eilig trocken, wollte nicht, dass Itachi so lange auf ihn warten musste und zog die Kleidung an, bevor er seine Haare föhnte. Sie waren beinahe ganz trocken, als er damit zurück ins Wohnzimmer ging. Itachi saß noch im Sessel, blickte aber zu ihm und fragte: „Möchtest du was Trinken? Wenn du Hunger hast, besorge ich dir Unterwegs beim Bäcker schnell was.“ „Nicht… nötig“, murmelte Sasuke. Im Moment war er sowieso noch zu müde, um hungrig zu sein und falls über Tag der Hunger kam, würde er eben bis zum Abend warten. Das war wirklich keine große Sache. „Trinken auch nicht?“, fragte Itachi noch einmal nach. Sasuke zuckte nur ganz leicht mit den Schultern, bat dann aber: „Kann ich… einen Kaffee haben?“ „Klar.“ In der Küche füllte Itachi zwei Tassen mit Kaffee. „Milch oder Zucker?“ „Ja… bitte.“ Anders, dass wusste Sasuke, bekam er Kaffee kaum runter, es schmeckte ihm nicht, auch nicht besonders mit Milch und Zucker, aber er wollte ein bisschen wacher werden, keinen schlechten Eindruck in der Kanzlei von Itachis Vater machen und da würde er sich eben durch eine Tasse Kaffee kämpfen. Und das tat er, schluckte das braune Gesöff runter und kämpfe dagegen an, das Gesicht zu verziehen. Verhindern konnte er es jedoch nicht. Er mochte wirklich keinen Kaffee. Verschämt stellte Sasuke fest, dass Itachi, ganz locker an seiner eigenen Tasse nippend, lachte. „Warum willst du Kaffee, wenn es dir nicht schmeckt?“, fragte er nach und Sasuke zuckte wieder mit den Schultern, bevor er leise antwortete: „Um… wacher zu werden…“ Noch einmal lachte Itachi leise und öffnete dann das Küchenfenster. „Streck mal den Kopf raus und atme ganz tief ein.“ Sasuke stellte die Kaffeetasse auf den Tisch, tat, was Itachi sagte und ging dann wieder ein paar Schritte zurück. Er fühlte sich ein wenig wacher, nicht viel, aber ein bisschen doch, glaubte er jedenfalls. Dennoch griff Itachi sachte nach seinem Handgelenk, drehte das kalte Wasser der Spüle auf und hielt Sasukes Gelenk unter den Strahl. Das kühle Nass prasselte auf die Haut über den Adern. Sasuke spürte nicht nur die Kälte, sondern auch die schwindende Müdigkeit, bevor Itachi das Wasser abdrehte, grinste und meinte: „Nicht schlecht, hm?“ „Ja… nicht schlecht“, murmelte Sasuke und nickte. Er wollte dennoch zum Kaffee greifen, wollte nicht unhöflich sein und die Tasse einfach halbvoll stehen lassen. „Du musst den nicht trinken, wenn du den nicht magst“, meinte Itachi jedoch leichthin und Sasuke nickte, während er die Tasse neben der Spüle abstellte. „Danke und…. Entschuldigung“ „Schon in Ordnung. Kein Ding. Geh Schuhe und Jacke anziehen, ja? Wir müssen dann langsam los.“ Im Auto verzichtete Itachi darauf, die Heizung groß aufzudrehen. Es war nur eine kurze Fahrt zur Kanzlei und durch die mollige Wärme würde Sasuke wieder nur müder werden. Es tat Itachi immer noch Leid, den Jüngeren so früh wecken zu müssen, aber wie sein Vater schon versprochen hatte, würde er dafür den ganzen Januar frei bekommen. Das war gut. So hatte er einen Monat mehr Zeit, darüber nachzugrübeln, wie er Sasuke ein Zuhause schaffen konnte und vielleicht würde er Sasuke heute Abend schon anbieten, wenigstens den Januar noch bei ihm zu verbringen. „Bist du sicher…“, hörte er dann aber Sasukes zurückhaltende Stimme, „das ich… heute mitkommen soll… ich meine… ich…“ „Warum solltest du nicht?“ „Weil… nun ja… ich… hab Angst eure… eure Arbeit zu stören.“ „Wirst du nicht. Keine Sorge.“ Damit fuhr in das Parkhaus neben der Kanzlei, suchte einen Parkplatz und stieg dann, gefolgt von Sasuke aus. Er schloss sein Auto ab und ging dann mit dem Jüngeren gemeinsam hinaus aus dem Parkgebäude. Itachi sorgte sich schon ein wenig, wie Sasuke die Neuigkeit auffassen würde, dass er auch noch den ganzen Januar bleiben durfte, wenn er schon jetzt so unsicher war, nur weil Itachi ihn mit zur Arbeit nahm. Der Student öffnete die Tür zum Gebäude in dem die Kanzlei lag, fuhr gemeinsam mit Sasuke mit dem Aufzug in den vierten Stock und begrüßte die Sekretärin, die es sich schon am Tresen im Vorraum gemütlich gemacht hatte. Die ersten Klienten würden frühestens in einer halben Stunde kommen und die meisten Gespräche konnten Konan oder einer der anderen Mitarbeiter, Heiji Fujijama und Hó Jio, abwickeln. Wenigstens hatten er und sein Vater dann die Zeit, sich um die Akten zu kümmern. Itachi wank Sasuke zu sich und ging dann, von diesem gefolgt, zu dem Büro seines Vaters, wo er, ohne zu klopfen, eintrat. Er klopfte nur, wenn schon Kundschaft im Gebäude war. Ansonsten ging es ihm sonst wo vorbei und sein Vater kannte es nicht anders von ihm. Er gab dafür nicht mal mehr einen bösen Blick, nahm es einfach hin, denn ab einem bestimmten Alter konnte man seinen Kindern gewisse Dinge einfach nicht mehr beibringen. „Morgen, Sohn. Morgen, Sasuke.“ „Tach“, meinte Itachi nur locker und lies sich auf einen der zwei Stühle vor den Schreibtisch sinken. Sein Vater saß natürlich im Chefsessel hinter dem Tisch. Itachi wies Sasuke auf den Stuhl neben sich und während der Junge sich vorsichtig hinsetzte, begrüßte auch er Fugaku Uchiha höflich mit einem: „Guten Morgen, Sir.“ „Da siehst du mal, Itachi, wie gut erzogen andere Leute Kinder sind.“ „Tja. Hab ich mich selbst erzogen, alter Mann?“, gab Itachi sofort zurück. Sein Vater lachte nur kurz und kehlig und schob ihm schon eine Akte zu. „Du kennst das Spiel. Einfach so wie gestern.“ Er verstummte kurz, blickte selbst auf seine angefangene Akte, beendete sie und wandte sich dann an Sasuke: „Kannst du mir vorne bei der Sekretärin einen Kaffee besorgen?“ „Übernimmt Sasuke jetzt die Arbeit des Praktikanten, weil der kleine Pisser wieder zu spät ist, oder was?“, brummte Itachi und erhob sich. „Er holt keinen Kaffee, er ist nämlich nicht hier um zu arbeiten, sondern weil du es nicht lassen konntest, mich heute herzubestellen.“ „Itachi, so war das nicht gemeint…“, fing Fugaku schon an zu schlichten und Sasuke erhob sich eilig. Leise sagte er: „Ich… kann… uhm … einen Kaffee… holen gehen…“ Itachi blickte zu dem Jungen hinunter und knirschte mit den Zähnen, während er sich setzte. Was war nur in ihn gefahren? Es war nichts dabei, wenn Sasuke einen Kaffee für Fugaku besorgte. Sein Vater degradierte Sasuke damit nicht, er bat nur darum. Keine große Sache. Itachi lies sich auf seinen Stuhl zurück sinken und nickte dem Jungen zu. „Soll ich… uhm… dir auch… einen mit-mitbringen?“ „Du kannst mir ein Glas Wasser mitbringen“, bat Itachi und dann: „Sasuke, du musst nicht nervös sein. Es ist alles okay.“ „Ja, entschuldige“, versuchte Sasuke ohne ein Stocken oder ein Zittern in der Stimme zu sagen, bevor er die Tür raus in den Kanzleiflur nahm. Als Itachi die Schritte vernahm, die sich vom Büro entfernten und er Sasuke außer Reichweite glaubte, sagte er leise zu seinem Vater: „Er würde alles tun, was du verlangst.“ „Gerade deswegen dürfen wir nichts verlangen?“ „Genau.“ „Falsch.“ „Wie- falsch?“, fragte Itachi perplex und Fugaku nickte. „Du solltest ihn nicht wie ein rohes Ei behandeln, nur weil du ihn von der Straße aufgelesen hast.“ „Er ist ein Kind, Papa“, beharrte Itachi, doch der Ältere schüttelte den Kopf. Der Student vergewisserte sich, dass noch keine Schritte sich näherten und lauschte dann den folgenden Worten seines Vaters. „Wie viel erzählt er dir? In wie weit hat er sich dir geöffnet in den – wie lange hast du ihn schon bei dir? – zwei, drei Wochen?“ „Es ist nicht so leicht, wie du denkst.“ „Ja, weil du ihn wie ein rohes Ei behandelst.“ Itachi lehnte sich im Stuhl zurück und schüttelte den Kopf. Vielleicht tat er das – Sasuke wie ein rohes Ei behandeln, aber wenn er anders sein würde, würde Sasuke ihm vielleicht heute kein bisschen vertrauen. In den letzten Jahren wurde der Junge von Niemandem mit Samthandschuhen angefasst, sondern immer nur mit Metallklauen. Es war doch nur richtig, das Itachi ihn da ein wenig schonte. Sasuke war zwar immer noch so unsicher, aber Itachi glaubte, es wäre noch viel schlimmer, wenn er von Anfang an hart gewesen wäre. Dann wäre Sasuke direkt fortgelaufen und niemals wieder gekommen, weil er Angst hätte. Und Angst – das war es, was Itachi aus Sasukes Leben verjagen wollte. Immer noch gegen die Stuhllehne gelehnt, vernahm Itachi ein leises Klopfen. Als sich die Tür danach nicht direkt öffnete – das machten nämlich die meisten, klopfen und direkt aufmachen – wusste Itachi, dass es Sasuke war und bat ihn hinein. Die Tür öffnete sich und Itachi sah, dass Sasuke umständlich eine Kaffeetasse und ein Wasserglas in der Hand hielt und dabei versuchte, die Tür zu schließen. Sofort stand der Ältere auf, bemerkte den Kopfschüttelnden Blick seines Vaters nur am Rande und nahm Sasuke die beiden Getränke aus der Hand. Er trug sie zum Schreibtisch und stellte fest, dass Sasuke sich nichts zum Trinken mitgebracht hatte. Na Logisch, war doch klar gewesen. Deswegen und weil Itachi nicht wollte, dass sein Vater Sasuke nachher noch weiterhin dumme Fragen stellte oder dumme Bemerkungen machte, legte Itachi dem Jungen eine Hand auf die Schulter und meinte leise: „Komm mit.“ Und an seinen Vater gewandt: „Bin gleich zurück.“ Sasuke ging hinter Itachi durch den Flur, sah, wie Itachi in einem Raum verschwand und mit einer Dose Cola und einem Schokoriegel wieder hinaus kam und eine weitere Tür öffnete. „Hier ist mein Büro. Möchtest du an den PC?“, fragte er, doch Sasuke schüttelte leicht den Kopf, wollte nichts kaputt machen. „Na ja… dann… Ich schick Konan gleich mal zu dir rüber. Sie wird ein wenig Zeit übrig haben und bis dahin – hast du irgendeine Idee, was du machen möchtest?“ Itachi legte die Dose und den Riegel auf seinem Schreibtisch ab und bedeutete Sasuke, er könne sich ruhig auf den Bürostuhl zu setzten. Er sah wie der Junge dem folge leistete, kurz überlegte und dann leise fragte: „Hast du… uhm… Papier und Stifte?“ „Willst du malen?“ „Na… ähm… so in etwa“, murmelte Sasuke verschämt. Er wollte natürlich nicht wie ein kleines Kind malen. Er wollte nicht mal zeichnen. Itachi fasste in einer der Schubladen, holte dort ein paar Stifte raus und legte sie auf den Schreibtisch. „Sind nicht besonders viele verschiedene Farben“, meinte er noch, griff nach weißen Blättern aus dem Drucker und legte sie dazu. „Wenn was ist, kommst du zum Büro meines Vaters, mh?“, meinte Itachi noch fragend und Sasuke nickte. Es war einige Zeit lang still, Itachi fasste schon nach der Türklinke, als er hörte wie Sasuke unsicher fragte: „Hab ich… hab ich deinen Vater… verärgert?“ Als Itachi nicht sofort antwortete fügte Sasuke hinzu: „Das wollte ich… nicht. Ich…“. Sasuke hatte eine Menge Respekt vor Itachis Vater. Noch mehr als vor Itachi, bei dem konnte er auch mal zaghaft lächeln und von sich aus den Mund aufmachen, aber vor Itachis Vater hatte er beinahe wieder ein bisschen Angst. Gerade jetzt, wo er fürchtete, den Mann, durch was auch immer, verärgert zu haben. „Du hast ihn nicht verärgert. Er hat mich verärgert, weil er dich… - Scheiße!“, Itachi schlug mit der Faust gegen den Holzschrank neben der Tür. Zum Glück war es so stabil, das nichts auseinanderbrach und die Wände so dick, das man nicht viel davon im Flur vernahm, doch Sasuke zuckte zusammen. „Weil er dich so behandelt hat“, sprach Itachi dann aber weiter und blickte zurück. „Du bist nicht sein Diener oder so ein Scheißdreck.“ Sasuke blickte auf die dicke Holzplatte des Tisches. Irgendwie rührte es ihn, dass Itachi sich so kümmerte, aber er hatte doch nur einen Kaffee bringen sollen. Da war doch nichts Schlimmes bei. Fugaku Uchiha hatte das sogar als Frage formuliert, nicht als einen Befehl. Er hatte ihn nicht beleidigt oder wie jemand Minderwertigen behandelt. Deswegen sagte Sasuke leise, um auch Itachi nicht zu verärgern: „Er hat… mich… nur… gefragt… ob… das mit dem… Kaffee.“ „Es ist doch nicht nur der Kaffee“, presste Itachi aus. „Es sind auch die Fragen, die er dir Sonntagabend gestellt hat.“ Es ging seinen Vater einfach nichts an und wie… wie er die Fragen gestellte hatte. Er hatte doch sehen müssen, wie verschreckt Sasuke auf dem Sofa gesessen hatte, wie sehr er nicht antworten wollte und eben nur aus Angst etwas sagte. Dieses ‚Sir’ hing Itachi zum Hals raus. Und Fugaku fand es auch noch gut, wie wohlerzogen Sasuke war. Das war Angst, wollte Itachi ihm ins Gesicht schreien. Einfach nur nackte und pure Angst. „Ich bin… es nicht wert, das ihr euch… wegen mir streitet“, versuchte Sasuke mit so wenig Zögern wie möglich zu sagen, weil es die Wahrheit war und weil Itachi das verstehen musste. Morgen war Heiligabend. Morgen würde er vielleicht schon gehen müssen, vielleicht auch erst übermorgen oder irgendwann am Wochenende, wenn Weihnachten vorbei war, aber eine Familie, die blieb ein Leben lang. Du bist so viel mehr wert als du glaubst, wollte Itachi seinem kleinen Schützling sagen, aber er brachte es nicht raus. Sasuke würde es jetzt im Moment nicht verstehen, deswegen zwang sich Itachi zu lächeln. „Ich muss zurück an die Arbeit. Wenn was ist, kannst du kommen“, wiederholte er noch mal und ging dann wirklich. Im Flur presste er seine Fingernägel in die Handflächen, so dass es beinahe schmerzte, bevor er die Tür zum anderen Büro, wieder ohne zu klopfen, öffnete. Er setzte sich auf den Stuhl schob sein Wasserglas zur Seite, griff sich eine neue Akte und versteifte sich in die Arbeit. Zehn Akten und somit fast eine halbe Stunde später, sagte Fugaku, nachdem er seinen Sohn eine Weile lang angesehen hatte: „Du bist wütend auf mich.“ Verbissen arbeitete Itachi zwei weitere Akten durch, bevor er den Stift auf den Tisch knallte und seinen Vater ins Gesicht blickte. „Scheiße, ja!“ „Was hab ich denn so Schlimmes getan? Ich hab den Jungen nur gefragt, ob er mir einen Kaffee holen kann und hör, verdammt noch mal, auf zu fluchen!“ „Tss, hörst du dir eigentlich selbst zu?“, fragte Itachi rhetorisch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Morgen ist Heiligabend, Itachi und ich will das Fest mit dir und deiner Mutter verbringen und mich nicht wegen diesem Kind mit dir streiten.“ „Lass es. Hör einfach auf“, presste Itachi hinaus. „Du bist es, der meine Antipathie gegen ihn schürt. Ich habe ihn nicht degradiert, indem er mir einen Kaffee besorgen sollte, ich habe ihn vernünftig behandelt, die ganze Zeit über und ich habe ihm schlicht ein paar Fragen gestellt, bevor du ihn mit dir nach oben genommen hast am Sonntag.“ „Warum wohl?!“, fuhr Itachi aus. „Weil er Angst hatte. Weil er keine Antworten geben wollte und nur aus Angst etwas gesagt hat.“ „Er hat keinen Grund Angst vor mir zu haben.“ „Aber er hat allen Grund vor der gesamten Welt Angst zu haben.“ Weil sie für Sasuke ein grausamer Ort war, ein Ort in dem ihm Dinge, wie der liebende Vater, genommen und gleichzeitig ein Ort in dem ihm brutale Dinge zugefügt wurden. Für all die Schmerzen, den Pein, die Erniedrigung und für all jenes was ihm Tränen in die Augen getrieben hat, besaß Sasuke alles Recht der Welt um eine riesige Scheißangst zu haben. ~~ Sasuke saß noch auf dem Schreibtischstuhl. Er hatte weder die Cola noch den Schokoriegel angerührt, wusste aber, dass er wenigstens einen Schluck Cola trinken sollte, damit Itachi nicht sauer würde. Sasuke war es unverständlich, warum Itachi so wütend darüber war, dass sein Vater Fragen stellte und auch die Wut über die Sache mit dem Kaffee verstand Sasuke nicht. Es war doch nur richtig, dass er ein paar Kleinigkeiten erledigte. Das er nicht helfen konnte, war klar – dazu war er viel zu dumm; keinen Schulabschluss, nichts das er vorweisen konnte. Aber wenn er sich nützlich machen konnte, indem er einen Kaffee besorgte, war das doch völlig in Ordnung. Und die Fragen am Sonntag, die hatte Fugaku Uchiha doch nur gestellt, um seinen Sohn zu schützen, der so dumm und freundlich gewesen war, einen Straßenbengel aufzunehmen. Sasuke seufzte beinahe lautlos. Itachis Vater behandelte ihn nicht als sei er Dreck, aber Sasuke erwartete auch nicht, dass er gleichwertig behandelt wurde. Ein Mann in solch einer Position würde Sasuke normalerweise nicht mal eines Blickes würdigen, Fugaku Uchiha hingegen, wandte sogar das Wort an ihn, nannte ihn beim Namen und nicht bei irgendeinem Schimpfwort oder einer Betitlung, die ihm genau zeigen würde, wie minderwertig er war. Der Jugendliche versuchte die Gedanken aus dem Kopf zu bekommen, konzentrierte sich wieder auf das Blatt vor sich. Es sah hässlich aus. Die mit den Buntstiften geschriebenen Buchstaben waren kaum zu entziffern, dabei hatte Sasuke sich alle Mühe gegeben. Aber seine Schönschrift hatte in den letzten Jahren auch nachgelassen. So viel hatte er ja nicht geschrieben. Er hätte einen Füller gebraucht oder wenigstens einen Kugelschreiber. So brachte die Sache nämlich nichts. Vielleicht war es eh sinnlos. Bestimmt war es das… Mit Sicherheit. Was bildete er sich eigentlich ein? Ob Itachi Wert drauf legen würde… als ob… es wichtig wäre, was er da schrieb. Sasuke glaubte, Itachi war ein Mensch, der nur praktische und sinnvolle Geschenke haben wollte, aber was anderes als solch einen Brief konnte er Itachi eben nicht schenken. Er hatte kein Geld, er hatte nichts; rein gar nichts. Aber zum Dank, zum Dank wollte er ihm unbedingt was schenken und eigentlich hatte er geglaubt ein Brief, in dem er ohne Stocken niederschreiben konnte, was er Itachi eigentlich sagen wollte, wäre ideal – oder wenigstens eine schöne Idee. Aber im Grunde war sie einfach nur lächerlich. Sasuke seufzte noch einmal, dieses Mal unterbrochen durch ein Klopfen an der Tür, ehe diese sich sofort öffnete. Kurz versteifte Sasuke sich im Sitzen, ehe er den dunklen Schopf Konans sah und ihr lächeln als sie näher kam und auf den Schreibtisch blickte. „Was ist das?“, fragte sie und zeigte auf das beschriebene Blatt. „Uhm…“, druckste Sasuke rum und blickte verschämt auf seinen Schoß. „Es… soll… für Itachi ein… uh… Brief.“ „Du willst doch nicht einfach abhauen oder so was?“, hakte Konan nun misstrauisch nach, wusste sie doch, dass Sasuke vorübergehend von Itachi aufgenommen wurde. Auf Sasukes Kopfschütteln hin, fragte sie: „Er wird dich doch nicht einfach rausschmeißen oder?“ „Doch… also… nein, ich meine…“, murmelte Sasuke und zwang sich dann zu sagen, was er sagen wollte: „Wir haben ausgemacht… dass ich… bis Weihnachten bleiben… darf.“ „Wofür ist dann dieser Brief“, wollte sie wissen und lies sich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch sinken. „Na… ja“, setzte Sasuke an und fand den Mut leise und zögerlich zu erklären, dass er den Brief sozusagen als Weihnachtsgeschenk machen wollte, weil er keine anderen Möglichkeiten hatte. „Wie süß“, hörte er die verzückte Stimme der Anwaltsgehilfin und wurde noch ein wenig röter um die Wangen. „Hör mal, Sasuke. Ich glaub ich hab eine Idee. Warte mal hier, bin sofort zurück.“ Und weg war sie. Sasuke lehnte sich im Schreibtischstuhl zurück und blickte aus dem Fenster. Der Morgen war grau, es nieselte und ihm graute schon davor wieder dort, auf den Straßen, in den Gossen, leben zu müssen. Die Zeit bei Itachi hatte ihn verweichlicht. Er glaubte, er würde keine Nacht in der irren Kälte überleben. Wenn er daran dachte, in ein paar Tagen wieder Essen aus der Mülltonne fischen zu müssen, wurde ihm übel. Sasuke biss sich auf die Lippe, bevor er nach der Coladose griff. Der Geschmack, den er urplötzlich, nur bei den Gedanken an das Leben das er dort draußen führte, auf der Zunge hatte war abartig. So abartig, dass ihm flau im Magen wurde. Er öffnete die Dose und trank einen Schluck, spürte erleichtert, wie der andere Geschmack verschwand. Sasuke trank noch einmal und stellte die Dose dann vorsichtig auf dem Schreibtisch ab, als Konan wieder in den Raum kam. Sie trug einen flachen Pappkarton bei sich, den sie sofort auf den Tisch abstellte. „Ich wusste, dass ich die Sachen noch hier hab.“ Mit den Worten öffnete sie den Deckel und holte beigefarbenes, verziertes Briefpapier heraus, einen passenden Umschlag und einen Füllfederhalter. „Ich hab letztens hier die ganzen Weihnachtsgrüße geschrieben. Manchmal hat man hier eindeutig zu viel Zeit. Nun, wie auch immer. Kannst du das brauchen?“ „Uhm…“, meinte Sasuke verschüchtert und nickte dann. „Gut. Den Rest kannst du mir einfach gleich rüber bringen, ja? Ich hab mein Büro direkt gegenüber.“ „Mach ich…“, sagte Sasuke leise, bedankte sich noch einmal. Konan lächelte nur und nickte, ehe sie den Raum verlies. Sasuke nahm den Füller und begann den Brief noch einmal neu zu schreiben. So, auf dem edlen Briefpapier, sah es wirklich ganz anders aus. Viel schöner und viel weniger peinlich. Sasuke achtete darauf, dass die Tinte getrocknet war, bevor er den fertigen Text zusammenfaltete und in den Umschlag steckte. Er tat den Füller zurück in den Pappkarton, trank noch einen letzten Schluck Cola und stellte die leere Dose beiseite, bevor er mit dem Pappkarton auf den Flur verschwand und gegenüber anklopfte. Auf ein freundliches: „Herein“, öffnete er und ging zu Konans Schreibtisch. Er gab ihr den kleinen Karton mit den Schreibutensilien zurück und bedankte sich ein weiteres Mal. „Keine große Sache. Und Sasuke, setz dich mal kurz.“ Sasuke tat wie geheißen, setzte sich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch und hörte Konan aufmerksam zu. „Ich habe zwar kein Recht mich einzumischen und ich habe auch keine Ahnung, warum du bei Itachi lebst, aber ich wollte dir ans Herz legen mit ihm zu reden. Darüber, dass er dich nicht einfach ohne weiteres nach Weihnachten vor dir Tür setzten kann.“ „Das ist… das ist okay.“ Konan schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube, dass ist es nicht. Du wirkst so unsicher, schon an dem Abend als wir uns bei Itachi getroffen haben, aber du musst keine Angst vor ihm haben.“ Sie stoppte kurz und blickte ihn dann lächelnd an. „Wenn du dich nicht traust, spreche ich mal mit ihm.“ „Nein… nein, das ist… ist nicht nötig“, murmelte Sasuke erschrocken, wollte nicht, dass Itachi von diesem Gespräch erfuhr, aus Angst der Ältere könnte es falsch auffassen. „Ich…“, setzte Sasuke an und blickte zur Tür, traute sich zu sagen: „Ich… würde jetzt… bitte lieber… gehen.“ „In Ordnung. Entschuldige. Es war nicht meine Absicht, mich einzumischen. Tut mir Leid, Sasuke.“ ~~ „Ich habe nichts getan, um ihm Angst zu machen.“ „Na und?“, stieß Itachi aus und fuhr sich durch die Haare. „Er hat nun mal eine Scheißangst!“ Itachi sah, wie sein Vater sich auch im Stuhl zurücklehnte und ebenfalls die Arme vor der Brust verschränkte. „Du benimmst dich wie ein beleidigtes, kleines Kind, Itachi.“ Der Student zwang sich, nicht vor Wut zu Schnauben. Sein Vater hatte doch keine Ahnung. Keinen blassen Schimmer. Was wusste der schon über Sasuke und über die Dinge die ihm zugestoßen waren? Nichts. Nichts! „Entweder“, ertönte wieder die Stimme Fugakus, „wirst du nun Klartext sprechen oder der Junge wird es.“ Als Itachi nichts sagte, erhob Fugaku sich und schritt um den Schreibtisch herum auf die Türe zu. „Warte.“ Itachi musste Sasuke beschützen. Vor allen verletzenden Fragen. Davor, diesem wütenden Mann die ganze Geschichte erzählen zu müssen. „Ich kann es dir nicht erzählen“, fuhr Itachi seufzend aus. Er hatte sich doch schon vor seiner Mutter verplappert, weil er so fertig an diesem Abend gewesen war. Noch mehr Leuten durfte er nicht ohne Sasukes Einverständnis einweihen. Fugaku schüttelte enttäuscht den Kopf und legte die Hand auf die Klinke, was Itachi zum aufspringen veranlasste. „Warte doch, verdammt. Bitte.“ Fugaku wandte sich wieder seinem Sohn zu und schaute ihn auffordern, mit vor der Brust verschränkten Armen an. „Dann mach den Mund auf“, forderte er. „Ich kann nicht“, beteuerte Itachi. „Es ist nicht meine Geschichte. Es ist kein Film, den ich dir nacherzähle. Das ist Sasukes eigene, unheimlich schmerzvolle Vergangenheit. Und er hat Angst. Er hat wirklich, wirklich Angst. Er weiß kaum mehr, wie es sich ohne diese Furcht lebt, fürchte ich. Wenn du ihn jetzt diese Dinge fragst, wird er weinen und er wird daran kaputt gehen und das… kann ich nicht zulassen.“ Sie schwiegen. Beide; blickten sich in die Augen, bevor Itachi seine gen Boden senkte. „Du bist mein Vater“, sagte der junge Uchiha leise. „Du bist meine Familie, aber momentan steht Sasukes Sicherheit bei mir an erster Stelle und wenn nötig, werde ich dich mit… Gewalt davon abhalten, ihm diese Fragen zu stellen.“ Itachi hörte seinen Vater seufzen und blickte ihm dann hinterher, wie er sich wieder auf seinen breiten Schreibtischstuhl sinken lies. „Ich erkenne dich nicht wieder“, hörte er die Stimme des Mannes, der ihn gemeinsam mit seiner Frau groß gezogen hat. „So wie du diesen Fremden beschützt, hätte ich nur deine Mutter und dich beschützt.“ Itachi schwieg. Was sollte er auch sagen? Es gab… nichts mehr zu sagen. Er wusste doch selber nicht, warum Sasuke ihm so viel bedeutete. Warum ihm so viel an diesem Kind lag. Er wusste es nicht und noch weniger konnte er seinem Vater irgendwas erklären. Er war durch den Wind, er war auf eine Weise fertig mit den Nerven. Und das merkte auch sein Vater. „Geh nach Hause, mein Sohn. Du hast heute keinen Kopf für die Arbeit.“ „Aber… du hast gesagt, ich krieg nur den Januar frei, wenn ich heute komme.“ Fugaku seufzte schwer. „Itachi“, sagte er. „Wir sehen uns morgen.“ „Ich werde vielleicht nicht kommen können“, merkte Itachi an und erhob sich. „Warum?“, hörte er seinen Vater fragen und fühlte ich wieder wie der kleine Junge, der er einst war. Er fühlte sich schon länger so. Er hatte niemals Angst vor seinem Vater gehabt, nie. Auch jetzt nicht. Aber er fürchtete, sein Vater war einfach zu hart. Er fürchtete, er könne Sasuke zerstören. „Morgen ist heilig Abend“, wiederholte Fugaku, was er vor beinahe einer Stunde schon einmal gesagt hatte. „Ich will den Tag mit dir und deiner Mutter verbringen und wenn er ab heute zu dir gehört, ist auch Sasuke in meinem Haus willkommen.“ Als Itachi nur zu Boden blickte, merkte er nicht, wie sein Vater sich erhob. Erst als dieser über den Schreibtisch hinweg seinen Arm vorsichtig packte, blickte der Student auf. „Hörst du, Itachi. Ich werde ihn nicht zum weinen bringen.“ Itachi hatte seinen Vater noch eine Weile angesehen, bevor er sich auf in sein eigenes Büro gemacht hatte. Da saß Sasuke ruhig auf den Schreibtischstuhl, spielte in Gedanken mit einem Buntstift herum und blickte aus dem Fenster. „Hey“, meinte Itachi leise und ging näher zu seinem Schreibtisch. Er stellte erfreut fest, dass Sasuke die Dose Cola geöffnet hatte, auch wenn der Schokoriegel nicht angerührt war. Erschrocken schaute Sasuke hoch und sprang beinahe auf. „Alles okay?“ Eilig nickte Sasuke, hoffte Konan war nicht zu Itachi gegangen, um mit ihm über die Dinge zu reden, die sie ihm ans Herz gelegt hatte. Aber sie hatte Unrecht. Sasuke hatte es Itachis Gnaden zu verdanken, dass er überhaupt Nächte im Warmen hatte verbringen wollen. Er würde ihm niemals sagen, dass er noch nicht gehen wollte. Würde nicht sagen, dass er bleiben wollte, obwohl genau das sein größter Weihnachtswunsch war. Sasuke schluckte. Ihm wurden schon seit Jahren keine Wünsche mehr erfüllt. Wie auch? Er war ja nur ein Straßenkind und seine Wünsche waren meist nicht erfüllbar. Sein Vater würde nie wieder lebendig werden, der Stoffdrache war verbrannt und seine Mutter konnte ihn nicht lieben. „Lass uns nach Hause gehen“, hörte er die Stimme des Älteren und nickte leicht, befühlte den Briefumschlag in der großen Tasche des Pullovers, ehe er den Mut fand zu fragen: „Morgen… ist… Weihnachten. Wann… schickst du mich… fort?“ „Wir reden heute Abend, in Ordnung?“ Sasuke nickte nur ergeben, wusste so wenigstens, dass er bis zum Abend in der warmen Wohnung geduldet war. Er nahm die leere Coladose und schmiss sie in den Abfalleimer neben Itachis Schreibtisch, bevor er diesem hinaus in den Flur folgte. Sie gingen gemeinsam in das Parkhaus, in dem Itachi sein Auto abgestellt hatten, hielten noch bei einem Supermarkt um einige Dinge zu besorgen. Während Itachi den Einkaufswagen schob, merkte er, dass Sasuke nicht nur abwesend wirkte, sondern auch wieder blass um die Nase wurde. Ob er wieder ein wenig kränkelte? Dabei hatte der Uchiha doch darauf geachtet, dass der Junge nicht froh; dass es ihm gut ging. „Sag mal, Sasuke?“, fragte er nach einiger Zeit, schmiss ein paar Tütchen Gewürzmischung in den Wagen und blickte den Jungen an. „Geht’s dir nicht gut?“ „Ich… ähm“, murmelte Sasuke und blickte zu Boden. Er konnte nicht sagen, dass ihm ein wenig übel war und dass er sich wieder so schwach fühlte, obwohl er das tat, seit er aus Konans Büro gekommen war. Vielleicht war es von dem Geschmack gewesen, den er auf den Mund gehabt hatte, als er an das Leben auf der Straße gedacht hatte oder es kam daher, dass er die ganze Zeit daran denken musste, wie er auf der Straße lebte. „Doch… mir geht es… mir geht’s gut.“ Er konnte Itachi nicht sagen, wie er sich wirklich fühlte. Dann musste der Ältere doch denken, er täte nur so, um nicht heute Abend oder irgendwann im Laufe der nächsten Tage gehen zu müssen. Sasuke schluckte, versuchte den ekeligen Geschmack, die Übelkeit hinunter zu schlucken, aber das gelang ihm nicht wirklich. Er folgte Itachi weiterhin, sah wie diese alle möglichen Dinge in den Wagen schmiss. „Möchtest du irgendwas haben?“, hörte er die Stimme des Älteren und schüttelte nur den Kopf. „Nichts? Hast du keine Lieblingssüßigkeiten oder so was?“ „Nein…“, murmelte Sasuke wahrheitsgemäß. Hatte er nicht. Wenn er bei seiner Mutter in den letzten Jahren mal ein Stückchen Schokolade bekommen hatte, war das beinahe ein Weltwunder und an die viele Süßigkeiten seiner Kindheit mit seinem Vater konnte er sich nicht mehr erinnern. „Such dir trotzdem was aus“, meinte Itachi leichthin und deutete auf die Süßwarenabteilung. Sasuke schüttelte nur leicht mit dem Kopf und murmelte etwas, was für Itachi, wie: „Ich möchte nicht“, klang, bevor Itachi sah, wie der Junge sich den Kopf hielt und verbissen die Lippen zusammenkniff. „Hast du Schmerzen?“, fragte Itachi alarmiert nach und trat schnell auf den Jugendlichen zu. Der nickte nur leicht, spürte den plötzlichen, stechenden Kopfschmerz wieder schwinden. „Na komm, lass uns nach Hause fahren. Ich schätze du brauchst was Ruhe, mh?“ Sasuke zuckte nur mit den Schultern, spürte die Übelkeit wieder hochkommen und nun einen langsam pochenden Schmerz am Kopf, während er Itachi zur Kasse und dann zum Auto folgte. Daheim sorgte Itachi dafür, dass Sasuke eine Tablette gegen die Kopfschmerzen schluckte und sich aufs Sofa legte, bevor er selbst die Einkäufe einräumte und dem Kind einen Tee machte. Während Sasukes den langsam, in eine Decke eingemummelt auf dem Sofa trank, saß Itachi im Sessel und schaute ihn an. Wovon war er nun wieder krank geworden? Waren die Abwehrkräfte so schlecht? War es was Ernsteres? Itachi wusste es nicht, aber er sorgte sich um den Jungen. Vielleicht war der Stress und die Angst und die Veränderungen der letzte Tage, Wochen und Jahre einfach zu viel für so ein Kind gewesen. Der Körper rächte sich eben irgendwann und es war besser, wenn er es nun tat, als irgendwann, wenn Sasuke wieder auf der Straße saß. Es könnte passieren, auch wenn Itachi hoffte, das verhindern zu können. „Du kannst dich ruhig was schlafen legen“, meinte Itachi, als Sasuke den Tee aus hatte. Der Junge nickte, stellte die Tasse beiseite und legte sich, immer noch in die Decke eingekuschelt auf das Sofa. Es würde ihm gut tun, glaubte er, noch ein wenig zu schlafen, bevor er dann bald gehen musste, weil er sich nicht traute zu fragen, ob er länger bleiben durfte. Itachi schaute noch auf Sasuke, der nun die Augen geschlossen hatte und mehr oder minder eingerollt auf dem Sofa lag. Er schrie um Hilfe. Stumm schrie Sasukes Körper um Hilfe, das wusste Itachi und es war ganz natürlich. Sasuke fürchtete gehen zu müssen, weil morgen Weihnachten war. Das war ihr Deal gewesen. Bis Weihnachten kannst du bleiben und solange beweise ich dir, dass ich ein guter Mensch bin, hatte Itachi gesagt. Natürlich fürchtete Sasuke er müsse nun gehen und natürlich schrie sein Körper nach Hilfe, wehrte sich gegen Sasukes Stummheit. Und er hatte eben keine andere Wahl, als krank zu werden. Irgendwie traurig. Itachi seufzte, lies die Jalousien ihm Wohnzimmer runter, löschte das Licht und entschied Sasuke die nötige Ruhe zu geben. Er schaute im Flur auf die Uhr. Kurz nach Mittag. Itachi entschied etwas zu kochen. Er hatte Hunger und etwas Suppe würde Sasuke später auch gut tun. Während Itachi Möhren, Kartoffeln und Sellerie schnitt, dachte er über den Tag nach, darüber, dass er eigentlich gar nicht wütend auf seinen Vater war, sondern wütend auf die ganze Situation. Darüber, dass er Sasuke nicht langfristig helfen konnte, obwohl er es so gerne wollte. Er konnte es, doch. Konnte er. Er konnte sich eine neue Wohnung besorgen, konnte Sasukes Nachnamen herausfinden, seinen Peiniger anzeigen, Sasuke zurück in die Schule schicken, er konnte sich um Sasuke kümmern, das wusste er in diesem Moment. Und als es an der Tür läutete, hatte er gerade den Entschluss gefasst, dass er Sasuke wirklich, wirklich helfen wollte, dass er sich eine neue Wohnung anmieten würde, mit einem Zimmer für den Jungen. Er wusch sich die Hände fahrig an einem Küchentuch ab, ging zur Tür und öffnete. „Guten Tag, Herr Uchiha. Entschuldigen sie die Störung. Toyoshi, mein Name. Ich bin vom Jugendamt und komme wegen Sasuke Nakano. Er ist doch noch bei ihnen?“ to be continued... by Jessa_ Kapitel 35: Endless Deep ------------------------ Hallöchen. Ich habe versucht mich mit dem Kapitel zu beeilen, aber ich war zunächst einmal wenig zuhause und hab nun auch länger Schule an manchen Tagen. Außerdem haben wir ja Zeugnisse bekommen und ich habe mich riesig gefreut. Hab gar nicht mit einem Schnitt von 1,8 gerechnet und war dementsprechend happy. Es ist mir dennoch nicht ganz leicht gefallen, das Kapitel zu schreiben und so ganz überzeugt bin ich davon immer noch nicht. Es ist weniger die Handlung, sondern das große Ganze. Ich hoffe ihr findet es trotzdem gut und vor allem logisch. Ich denke es werden noch zwei Kapitel werden, wobei das letzte, so hab ich es jedenfalls geplant, recht lang werden wird. So, genug gequatscht von meinerseite. Freu mich auf eure Meinungen ;) Kapitel 35: Endless Deep Where do we go from here? Where do we go from here? „Guten Tag, Herr Uchiha. Entschuldigen Sie die Störung. Toyoshi, mein Name. Ich bin vom Jugendamt und komme wegen Sasuke Nakano. Er ist doch noch bei Ihnen?“ Itachi verstand die Welt nicht mehr. Eine Welle des Unglaubens erfasste ihn, war dabei ihn mitzureißen, hinunterzureißen. Hinab in endlose, dunkele Tiefen. Er hatte gerade, just vor ein paar Sekunden, entschieden Sasuke ein Zuhause zu bieten. Er wollte alles klären. Alles, was nötig war, damit Sasuke sicher war, und glücklich. Und nun stand dort ein Mann vom Amt. Vom Jugendamt. Und er war hier wegen Sasuke. Itachi presste die Lippen zusammen. Ironie des Schicksals, schoss es ihm durch den Kopf. Und dann, nur eine kurze Grübelei lang, wollte er lügen und sagen, Sasuke sei nicht hier. Er war hier gewesen, vielleicht ein paar Tage lang, aber wo er jetzt war, das wusste er nicht. Doch er entschied sich dagegen. Er konnte das nicht tun. Und das nicht nur, weil der Kerl – Toyoshi, sein Name – mit Sicherheit schon die Chucks im Eingangsbereich gesehen hatte, die einem Mann in seinem Alter zu klein waren. Itachi öffnete die Tür ein Stück weiter, lies den Beamten eintreten und sagte mit betont kräftiger Stimme: „Ja, Sasuke ist noch bei mir. Er schläft.“ „Kein Problem. Es wird nicht lange dauern. Ich schätze, er hat sich nicht hier eingerichtet?“ „Eingerichtet? Nein. Nein, er schläft auf dem Sofa.“ Kurse Pause, dann: „Wer schickt Sie?“ „Wecken Sie ihn.“ „Beantworten Sie meine Frage“, entgegnete Itachi fordernd, bemerkte, dass sie beide aneinander vorbei sprachen. „Ich wiederhole mich ungern, Herr Uchiha. Ich bin nicht befugt, Ihnen allein Auskunft zu geben. Wecken Sie ihn bitte.“ Itachi presste erneut die Lippen gegeneinander und nickte widerwillig. Er fasste an die Türklinke zum Wohnzimmer und als der Toyoshi ihm zu folgen ansetzte, hob Itachi abwehrend die Hand. „Sie warten“, merkte er an, öffnete die Tür, schloss sie hinter sich wieder und ging auf leisen Sohlen in den Raum hinein. Er hockte sich neben dem Sofa nieder und rüttelte sanft an Sasukes Schulter. „Hey“, machte er leise und sah, wie Sasuke die Augen öffnete und ihn müde anblickte. „Bist du wach?“, fragte Itachi. Er wollte sicherstellen, dass Sasuke aufnahmefähig und nicht noch halb im Dämmerzustand war. Der Junge nickte und setzte sich leicht auf. „Ein Typ… Ein Typ vom Jugendamt ist hier, Sasuke“, erklärte Itachi und blickte zur Wand. „Ich hab keine Ahnung, woher er weiß, dass du bei mir bist. Ich hab keine Ahnung, wer ihn geschickt hat.“ Der Uchiha schaute Sasuke an, sah den erschrockenen Blick des Jungen, woraufhin er eine Hand auf dessen mit Decke bedeckten Bein legte. „Ich… Ich muss hier weg“, stieß Sasuke aus und schlug die Decke, samt Itachis Hand beiseite. Er stand auf, blickte sich gehetzt um und schüttelte den Kopf. „Beruhig dich, beruhig dich“, machte Itachi. Er erhob sich ebenfalls und ging auf den Jugendlichen zu. Dieser wandte sich um, schaute Itachi mit einem gequälten Gesichtsausdruck an. Mit einer Traurigkeit und Angst in der Stimme, die Itachi beinahe die Luft zum Atmen nahm, sagte Sasuke: „Ich… will da nicht wieder hin.“ „Wenn er“, antwortete Itachi nach wenigen Sekunden der Stille: „von deiner Mutter kommt, werde ich auf keinen Fall zulassen, dass er dich mitnimmt.“ Sasuke zog die Nase hoch und biss sich auf die Lippe. Er verdankte Itachi soso viel und er glaubte, dass dieser Mann vor ihm eine Menge Dinge in die Wege leiten konnte, aber Sasuke wusste genauso, dass er nicht verhindern konnte, dass das Amt ihn mitnahm, wenn es das war, warum sie hier waren. Er wollte Itachi nicht noch mehr Ärger machen. Keinen Ärger mehr, keine Sorgen mehr für diesen Mann, der ihm für einige Tage ein Stück Himmel geboten hat, in einer Welt, die für ihn die Hölle bedeutete. „Na, dann“, hörte er Itachis Stimme. „Auf in den Kampf.“ Kein Kampf, wollte Sasuke sagen, wenn nötig zog er die weiße Flagge, kapitulierte und lies sich fortbringen. Zurück in die dunkelsten und feurigsten Tiefen der Hölle; in eine Wohnung, die eigentlich sein Zuhause sein sollte. An einen Ort, an dem seine Mutter eigentlich für sein Glück und seine Sicherheit sorgen sollte. Sasuke folgte Itachi durch die Wohnzimmertür in den Flur, wo der Mann vom Amt stand. Er hielt eine Aktentasche in der Hand und trug einen ähnlichen Mantel wie Itachi ihn besaß. Mit den Turnschuhen, der rundlichen Brille und den gräulichbraunen Haaren wirkte er ein wenig ungeschickt. Der Mann nestelte an seinem Mantel herum, öffnete ein paar Knöpfe, bevor er Sasuke die Hand reichte. „Toyoshi“, stellte er sich vor, während Sasuke nur ganz zögerlich zugriff und beinahe sofort wieder zurücktrat. „Können wir uns hinsetzten, um die Dinge zu besprechen?“ Sasuke biss sich auf die Frage des Mannes hin, flüchtig auf die Lippe und blickte zu Itachi der nur nickte und die Küchentür öffnete. Nacheinander gingen die drei hinein, Itachi bot dem Beamten einen Platz und einen Kaffee an, denn er dankend annahm. Itachi glaubte, der Kerl konnte nicht entscheiden, ob er guter Bulle oder böser Bulle spielen sollte. Am besten gar nichts, dachte Itachi spöttisch; bist kein Bulle, kommt nicht cool, verschwinde. Statt es laut auszusprechen, machte er sich daran Kaffee aufzubrühen, nahm eine Flasche Saft und ein Glas heraus, schüttete Sasuke etwas ein und gab danach dem Beamten eine Tasse Kaffee, bevor er sich selber nahm. „Möchtest du – ich darf dich duzen? – dass Herr Uchiha bei unserem Gespräch anwesend ist?“ Sasuke nickte nur, beantwortete damit beide Fragen. Er würde sich komisch fühlen, wenn man ihn siezte, schließlich war er erst fünfzehn und auf der Straße betitelte ihn auch niemand als: ‚Sie Penner’. Vor dem Penner kam immer ein Du. Vor jeder Beleidigung stand ein Du. Und noch komischer würde Sasuke sich fühlen, wenn er Itachi aus seiner eigenen Küche schmeißen würde. Das wäre einfach nur falsch. Und außerdem fühlte er sich ein wenig sicherer, ein wenig beschützter, wenn Itachi da war, während er ein Gespräch führen musste, dass er nicht führen wollte. Sasuke griff nach dem Glas, klammerte seine Hand darum, um überhaupt etwas zu tun zu haben. „Also, Sasuke. Bevor ich zu dem eigentlichen Punkt komme, warum ich hier bin, möchte ich gerne wissen, wie es dir geht.“ Itachi könnte kotzen vor solch einer geheuchelten Besorgnis. Abartig. Ehrlich. Keine Ahnung, der Kerl und markiert hier einen auf… Ja, auf was eigentlich? Itachi schnalzte fast lautlos mit der Zunge und zog seine Zigarettenschachtel aus der Tasche. Er zündete leichthin eine an, während sein Blick auf Sasuke lag. Auf seiner Hand, die das Glas umklammerte, sodass die Knochen der Finger schon leicht weißlich hervor ragten. Dieser arme Kerl. Die Angst wieder zurück zu müssen, fraß ihn innerlich auf, das sah Itachi. Genauso wie Itachi sah, dass es Sasuke immer noch nicht gut ging. Sein Körper wehrte sich weiterhin, indem er krank wurde. Seine Wangen waren gerötet und er hatte seit dem Aufstehen vor wenigen Minuten ein paar Mal gehustet. Die Kopfschmerzen waren bestimmt auch nicht vollkommen verschwunden. Hatte er doch nicht mal eine Stunde schlafen können. „Mir geht’s gut“, sagte Sasuke ohne ein Zittern in der Stimme und mit einer Kraft, die Itachi nie zuvor bei Sasuke wahrgenommen hatte. Woher kam diese Kraft? Woher? Doch dann wurde Itachi klar, dass Sasuke nichts anderes übrig blieb, als Kraft aufzubauen. Wenn er, und das glaubte Sasuke schließlich momentan, wieder zurück musste, brauchte er die Stärke, die ihm manchmal fehlte, aber Itachi war sich die ganze Zeit über bewusst gewesen, welch einen starken Charakter Sasuke eigentlich haben musste. Denn ohne diesen, wäre er heute nicht mehr am Leben. In diesen Minuten empfand Itachi ein neues Gefühl für Sasuke. Gemocht hatte er ihn schon seit vielen Tagen, beinahe von Anfang an. Er bedauerte ihn, respektierte ihn, fand dass er unwahrscheinlich lieb und klug war, aber neu war das Gefühl der Bewunderung. Ja, Itachi bewunderte Sasuke dafür, dass er trotz all dem Leid, immer wieder auf die Füße kam. Aufstand nach jedem Fall und weitermachte, auch wenn das manchmal schwerer als gedacht war. Wie schwer musste der Entschluss gewesen sein, von daheim fort zu gehen? Und wie groß die Angst? Was, das fragte sich Itachi, hatte Kabuto ihm davor angetan, dass Sasuke diesen Entschluss gefällt hatte? „Wirst du hier gut behandelt?“, stellte der Beamte eine weitere Frage. Itachi war kurz davor zu Schnauben. Wonach sah das denn bitte aus? Natürlich behandelte er Sasuke gut. Er versuchte sein Möglichstes. Er hatte alle getan, was in seiner Macht stand. Gut, er hätte noch mehr tun können, aber er war kein Profi in diesen Dingen. Vielleicht hätte er sich an Ämter wenden müssen oder an die Polizei, aber damit hätte er auch Sasukes langsam aufbauendes Vertrauen missbraucht. Itachi glaubte das Beste getan zu haben, was ihm möglich gewesen war. „Ja“, antwortete Sasuke schlicht, umfasste nun auch mit der zweiten Hand das Glas. Sein Blick war auf die Tischplatte vor ihm gerichtet. „Wie ist es dazu gekommen, dass du hier unterkommen konntest?“ „Wir haben geredet“, sagte Sasuke und fügte an: „Als es mir schlecht ging, bin ich zu ihm gegangen und… habe gefragt ob ich bei ihm duschen darf.“ Itachi wunderte sich über das weniger Stottern in der Stimme des Jungen. Er sprach immer noch leise, aber viel sicherer. Er wirkte auf einmal viel erwachsener. Itachi drückte die beinahe kaum gerauchte Zigarette im Aschenbecher aus und nahm einen Schluck Kaffee, bevor er die Arme vor der Brust verschränkte. „Woher wusstest du wo Herr Uchiha wohnt?“, fuhr der Toyoshi in seiner Fragerunde fort. Er trank ungeschickt an seinem Kaffee und stellte die Tasse viel zu laut wieder auf den Tisch. Itachi fragte sich, ob der Kerl eigentlich selber merkte, wie lächerlich und nervig er war. „Er hat mir… vorher einen Zettel gegeben“, antwortete Sasuke, verlor nichts an der Sicherheit in seiner Stimme, auch wenn sein ganzer Körper auf Anspannung war. Er musste riesige Angst haben. Itachi fragte sich, wie und vor allem warum Sasuke sich so zusammen riss. „Also hat er von Anfang an eigennützig geplant dich herzuholen“, stellte der Beamtenheini seine vermuten auf. Beamtenheini. Ja, die Bezeichnung fand Itachi sehr treffend. Der Student musste sich stark zusammenreißen, nicht auszurasten. Er hatte nicht aus Eigennutz gehandelt. Nicht besonders. Später ein wenig vielleicht, weil er an Sasuke beweisen wollte, dass er ein guter Mensch war. Er hatte es sich selber beweisen wollen, aber allem voran hatte er Sasuke in Sicherheit wissen wollen, weil… Ja, weil der Junge für ihn zu eine Art Freund geworden war. „Itachi hat nichts – kein einziges Glas Wasser, keine Nacht im Warmen – aus Eigennutz getan. Ich weiß nicht, warum… er mich aufgenommen hat, aber ich weiß, dass… ihm meine Anwesenheit nichts gebracht hat, außer unnötige Sorgen.“ Sasuke Stimme hatte auch bei diesen Worten nicht bei der ungewohnten Stärke verloren, viel eher war noch ein wenig mehr Kraft da gewesen. Er hatte ein wenig lauter gesprochen, als die Antworten zuvor, auch wenn er noch lange nicht an die Lautstärke des Toyoshi rankam, der nicht nur die Tasse ein weiteres Mal scheppernd auf dem Tisch abstellte, sondern allgemein alles ein wenig zu laut und ungeschickt tat, obwohl seine Wortwahl davon nicht zeugte. Doch, es war nicht nur das, was Itachi auffiel. Es war vielmehr, die Erkenntnis, warum Sasuke so mutig war, die ihn zum nachdenken brachte. Unnötige Sorgen, sagte Sasuke, seine Anwesenheit habe ihm Itachi nicht gebracht. Und schon zuvor, noch im Wohnzimmer, hatte es so gewirkt, als habe Sasuke kapituliert. Der Gesichtsausdruck. Die Angst. Plötzlich verstand Itachi. Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen. Sasuke war wirklich fest davon überzeugt zurück zu seiner Mutter und seinem Peiniger zu müssen und wollte ihm, Itachi, nicht noch mehr unnötige Sorgen bereiten. Dieser Dummkopf. Als ob Itachi ihn je wieder dorthin zurück gehen lassen würde. Sasuke wusste es besser. Er wusste, ahnte, was Itachi dachte. Er war sich im Klaren, dass der Uchiha eine Menge dafür riskieren würde, ihn in Sicherheit zu wissen, aber Sasuke wusste auch, dass es falsch war. Itachi würde ein großartiger Anwalt werden und schon in wenigen Stunden oder in ein paar Tagen spätestens hätten sich ihre Wege getrennt. Itachi sollte nicht, indem er sich gegen das Jugendamt auflehnte, seiner eigenen Zukunft im Wege stehen. Soweit konnte Sasuke denken. Er danke Itachi im Stillen für all den Schutz, den er ihm geboten hatte und löste eine Hand um das Saftglas. Die Hand lies er in der großen Tasche des Pullovers verschwinden, wo er wieder den Briefumschlag befühlte. Wenigstens hatte er Itachi hier geschrieben, wie dankbar er ihm für den Schutz und für alles andere war. Doch nun war es an ihm, Itachi zu beschützen. Sasuke würde nicht zulassen, dass Itachi sich seine Zukunft als Anwalt, als unbesorgter, junger Student zerstörte, indem er sich zuviel um ihn scherte. Sasuke biss sich auf die Lippe, sprach sich innerlich Mut zu, versuchte die Stärke, die er irgendwo tief in sich drin gefunden hatte, nicht zerbrechen zu lassen, weil er nun zu viel dachte. Wenn er in ein paar Minuten gegangen war, konnte er weinen, soviel er wollte, aber wenn er jetzt weinte, wenn er jetzt durchdrehte, musste Itachi den starken Part übernehmen und das wäre im Moment das Schlimmste was passieren könnte, glaubte Sasuke. Er hatte Itachis Zeit zu genüge in Anspruch genommen. Es war an der Zeit, dass er sich wieder selbst schützte und wenn er bei dem Versuch irgendwann sterben würde. Das war es ihm für Itachis Zukunft wert, denn seine eigene war schon verbaut. Herr Toyoshi stellte seine Tasse ein weiteres Mal mit Scheppern ab, als Sasuke entschloss, dass es jetzt genug war. Mehr hielt er nicht mehr aus. Er musste hier raus, er konnte nicht mehr, weswegen er das Glas losließ und aufstand. „Ich schätze…“, fing er an und biss sich kurz auf die Lippe, bevor er seine letzte Stärke bündelte und versucht locker sagte: „Auf geht’s. Ich hab Itachi genug Sorgen bereitet. Sie wartet bestimmt schon.“ Sasuke lies beide Hände in den Hosentaschen verschwinden, erinnerte sich daran, dass sie auf der Straße immer gesagt hatten, er sähe dann besonders cool aus, obwohl er selber wusste, dass er alles andere als cool und locker war. Sasuke blickte zu Itachi, sah dessen besorgten Blick, sah dass sogar dieser sichere, erwachsene Mann sich auf die Lippe biss und mit einer Hand die Küchentheke umklammerte. Es tat Sasuke weh, Itachi so zu sehen. Ihm wieder Sorgen zu machen, denn Itachi wusste genau, wer Sie war. Und er hatte vorhin noch gesagt, er würde niemals zulassen, dass er zurück musste, doch Sasuke hatte ihm die Entscheidung abgenommen. Das hier war sein Kampf, nicht Itachis und Sasuke hatte schon entschieden aufzugeben, bevor es überhaupt begonnen hatte. Nur Itachi und dessen unbescholtenes Leben, hatte er zuvor in Sicherheit wissen wollen. „Sie?“, fragte der Beamte jedoch plötzlich verwundert nach. „Meine… Mutter“, sagte Sasuke leise, hatte wirklich keine Kraft mehr, wollte gehen und vielleicht irgendwo weinen, bevor seine Qualen wieder begangen. Itachi schüttelte den Kopf, klammerte seine Hand noch ein wenig fester um die Küchenplatte. Sein Blick lag auf Sasuke. Auf diesem mutigen Jungen. Auf diesem dummen, mutigen Jungen. Manchmal war es nicht an der Zeit tapfer zu sein. Und manchmal war es genau andersrum. Für ihn war solch eine Zeit gekommen. Itachi löste die Hand von dem Holz und schritt auf Sasuke zu. „Das kannst du nicht ernst meinen!“, fuhr er aus, versuchte dennoch seine Seriosität zu gewahren. Itachi sah Sasuke nur leicht mit der Schulter zucken. Der Junge hielt seinen Blick zu Boden gesenkt. Geh nicht weg, wollte Itachi sagen; nicht zurück dorthin, wo sie dir wehtun. Das konnte Sasuke nicht wollen. Itachi schwor sich im Stillen, wenn Sasuke dorthin zurückgehen würde, würde er die Familie beim Jugendamt anschwärzen. Eindeutig. Nakano, er merkte sich den Hinternamen, den der Beamte im Hausflur genannt hatte. Itachi würde Sasuke nicht einfach dort lassen und darauf warten, dass er irgendwann die Nachricht von seinem Tod bekam. „Ich bin nicht im Auftrag von Frau Nakano hier, sondern von deinen von deinen Großeltern.“ Sasuke blickte verwundert hoch, sein Mund öffnete ich erschrocken. „Meine… Großeltern?“, flüsterte er leise. „Die Eltern deines Vaters“, erklärte der Beamte, rutschte auf dem Stuhl hin und her um eine gemütlichere Position zu finden und erklärte weiter: „Sie wollen dich zu sich holen.“ „Ich… ich hab… ich“, stotterte Sasuke und schaute Itachi an. „Das… kann nicht sein.“ „Deine Großeltern?“, wiederholte der Uchiha und ließ sich am Tisch nieder. Auf die Nachricht musste er sich erstmal setzten. Sasukes Großeltern. Wie hatten sie von Sasukes Aufenthaltsort erfahren und warum suchten sie erst jetzt…? Oder wie lang suchten sie schon? Haben sie sich schon damals geschert? Wussten sie Bescheid über die Dinge, die Sasuke zugestoßen waren? „Sie… sie wohnen in…in England…“, erzählte Sasuke vor Verwunderung stockend. Er schaute immer noch nur Itachi an. „Und… ich… ich hab sie… seit Jahren… nicht gesprochen… wie?“, richtete er zum Schluss hin, die Frage an den Beamten. Dieser wies nur auf den nun leeren Stuhl und als Sasuke sich hinsetzte, seinen Blick aber kaum von Itachi löste – ihn anzusehen half ihm nicht den Verstand zu verlieren –, sagte der Toyoshi erklärend: „Mr. und Mrs. Nakano haben erst kürzlich davon erfahren, dass du nicht mehr zuhause lebst. Sie haben sich mit den irischen Ämtern in Verbindung gesetzt, weil deiner Mutter nicht zu erreichen war. Auf Drängen von Mr. Nakano haben wir uns in Krankenhäusern, Obdachlosenheimen, privaten Wohnheimen, Herbergen und letztendlich auch in Schulen umgehört und Fotos von dir gezeigt.“ Er trank noch einen Schluck Kaffee und sprach weiter: „Wir haben glücklicherweise eine Lehrkraft gefunden, die uns den entscheidenden und, ich muss zugeben, auch einzigen Hinweis hat geben können. Das war heute Vormittag. Es war, als seihst du vom Erdboden verschwunden und wir konnten von Glück sagen, dass Herr Hatake, er meinte er sei ein guter Freund von Ihnen, Herr Uchiha, uns Auskunft gegeben hat.“ Kakashi! Kakashi hatte ihn in diese Scheißsituation gebracht. Und er hatte Sasuke in diese Scheißsituation gebracht, aber vielleicht war es das gar nicht. Großeltern. Itachi nickte leicht und schaute Sasuke an. Das war ein Kind. Ein Junge, der ein Zuhause brauchte, Schulbildung, eine Zukunft. Vielleicht waren die Großeltern diejenigen, die ihm das bieten könnten. Doch… warum waren sie so lang nicht da gewesen? Warum erst jetzt und nicht für genug, um Sasukes Leiden zu verhindern? Aber jetzt waren sie da. Jetzt konnten sie ihm ein Zuhause bieten und Sasuke hatte Familie. Menschen, die er kannte, bei denen er sich nicht scheuen musste, Dinge anzunehmen, denn wenn sie ihn zu sich holten, waren sie verpflichtet, ihm ein Zimmer einzurichten und für sein Wohl und seine Zufriedenheit zu sorgen. „Ich bitte dich jetzt deine Sachen zu packen. Deine Großeltern haben kurzfristig einen Flug für den ersten Weihnachtstag gebucht. Die zwei Nächte wirst du in einem Jugendheim verbringen.“ „Ja“, sagte Sasuke ergeben, dachte nicht mal daran, Widerworte zu geben. Er wollte die Nächte nicht in einem Heim verbringen, er fürchtete sich davor, seinen Großeltern zu begegnen. Aber er würde Itachi nicht länger auf der Tasche hocken; das hatte er lange genug getan. „Er kann die Tage bis dahin hier bleiben“, hörte Sasuke Itachis Stimme und blickte ihn ungläubig an, bevor er sich kurz wegdrehte um mit vorgehaltener Hand zu Husten. „Seine Großeltern können ihn hier abholen. Er kennt mich, er… fühlt sich wohl hier. Das wäre doch die beste Lösung.“ „Das darf ich nicht ohne Absprache mit Mr. Und Mrs. Nakano verfügen. Und natürlich muss Sasuke es auch wollen.“ „Können wir Sasukes Großeltern nicht erreichen? Du willst doch, oder Sasuke?“ „Ich…“, flüsterte der Junge und nickte. Ja, er wollte so gerne noch bleiben. Nur bis seine Großeltern kamen. Er wollte nicht ins Heim. Itachi wollte ihn ja schließlich hier haben, er wollte es wirklich. „Danke“, sagte er deswegen nur leise und blickte den Beamten an. „Haben sie ein Haustelefon?“, wollte dieser schlicht wissen. Itachi nickte, ging in den Flur und kam mit dem tragbaren Telefon zurück. Er reichte es dem Beamten, der auf Freisprecher stellte und, nach einem kurzen Blick in die Unterlagen, eine Nummer wählte. Es tutete ein paar Mal, bevor sich eine kräftige, aber dennoch recht alt wirkende Frauenstimme meldete. „Nakano.“ „Guten Abend, Mrs. Nakano. Toyoshi am Apparat. Wir haben mit Sasuke gesprochen, Sie können Ihren Flug wie geplant in Anspruch nehmen. Es geht ihm gut.“ „Das ist sehr erfreulich. Weiß er schon Bescheid?“ „Ja, Mrs. Nakano“, antwortete der Beamte. „Er hört unser Gespräch mit, aber er hat eine Bitte an Sie.“ „Eine Bitte, natürlich. Sasuke?“ „Hallo“, murmelte der Jugendliche, wusste nichts Besseres zu sagen und hustete kurz, weil er ein leichtes Kratzen im Hals spürte. „Wie geht es dir, mein Junge?“, fragte die Großmutter. „Gut“, antwortete Sasuke leise und auf die Frage hin, welche Bitte er denn habe, lies der Beamte ihn gar nicht zu Wort kommen, sondern antwortete selbst: „Sasuke ist bei einem Bekannten untergekommen und bittet darum die Tage bis zu Ihrer Ankunft hier bleiben zu dürfen. Ohne ihre Zustimmung, als neu eingetragene Sorgeberechtigte, kann ich dem jedoch nicht zustimmen.“ „Du möchtest also die beiden Nächte nicht in einem Jugendhaus verbringen? Ist er gut zu dir?“ „Ja“, sagte Sasuke nur einsilbig. Es war eine sehr komische Situation für ihn und er fühlte sich komisch, obwohl er die freundliche Stimme seiner Großmutter wieder erkannte. Er hatte damals einige Male mit ihr telefoniert und zu Lebzeiten seines Vaters hatten sie die Großeltern in England besucht. „Nun, ich weiß nicht genau, Sasuke. Bist du sicher? Das Jugendhaus wäre ja nicht für lange.“ Sasuke biss sich auf die Lippe und sagte dann leise ins Telefon: „Bitte.“ „Kann ich mit ihm sprechen?“ Sasuke schaute fragend zu Itachi, welcher nur nickte und das Telefon ein wenig zu sich zog. „Guten Tag, Mrs. Nakano. Mein Name ist Itachi Uchiha.“ „Guten Tag.“ „Ich versichere Ihnen“, begann Itachi sofort, „dass ich keine bösen Absichten im Bezug auf Ihren Enkel habe. Er ist schon seit knapp drei Wochen bei mir.“ „Es sind Feiertage. Wird sein Aufenthalt da bei Ihnen in Ordnung gehen?“, versicherte sich Mrs. Nakano. Itachi lächelte dem niedergeschlagen wirkenden Sasuke zu, bevor dieser erneut husten musste. „Natürlich. Ich habe Sasuke in meine Planungen für die Feiertage einbezogen.“ Sasuke blickte Itachi mit großen Augen an. Er hatte also nie vor Weihnachten gehen sollen? Für Itachi war klar gewesen, dass er bis nach den Festtagen blieb. Wie schön. Sasuke spürte, dass Itachi wirklich etwas an ihm lag. Er spürte, dass sie beide so was wie Freunde geworden waren, auch wenn Sasuke sich immer noch fragte, womit er solch einen Mensch, wie Itachi, der ihm half, verdient hatte und warum Itachi sich so kümmerte. Aber es machte ihn irgendwie glücklich. Vielleicht, hoffte Sasuke in diesem Moment, würden sie sich noch mal irgendwann wieder sehen, obwohl Sasuke bei seinen Großeltern leben sollte. Sasuke hörte wie seine Großmutter zustimmte und mit Itachi Telefonnummern austauschte. Itachi ab sowohl seine Adresse durch, sodass die Großeltern Sasuke hier abholen konnten. Seine Großmutter hingegen stellte die Vermutung auf, etwa gegen fünf Uhr am Nachmittag da zu sein. Nachdem all das Formale geregelt war, sprach noch kurz der Beamte mit der Großmutter, sie verabschiedete sich von Sasuke und er von ihr, bevor das Telefongespräch beendet wurde und Itachi Sasuke ein Taschentuch reichte, weil dieser die ganze Zeit schon die Nase hochzog und das dieses Mal hörbar nicht, um Tränen zurückzuhalten, sondern weil seine Nase lief. „Nun“, meinte der Toyoshi und erhob sich, nach einem letzten Schluck Kaffee, „Richte deinen Großeltern aus, ich melde mich nach den Feiertagen, ob alles nach dem Rechten gelaufen ist.“ Er reichte zunächst Itachi und dann Sasuke die Hand, verabschiedete sich und ging. Itachi atmete schnaufend aus und lehnte sich im Stuhl zurück. „Das war’s also“, sagte er und blickte zu Sasuke, der nu betreten auf seinen Schoß starrte. Noch zwei Tage. Nicht mal mehr ganz. Itachi seufzte aus. Wäre das gestern geschehen oder vor ein paar Tagen hätte er sich ohne lange nachzudenken für Sasuke gefreut. Das tat er auch jetzt, ohne Zweifel, aber ein gewisser Nachgeschmack blieb. Er selbst war es, der ihm ein Zuhause hatte geben wollen und nun hatte er nicht mal die Möglichkeit es zu versuchen. Ihnen beiden blieb die Möglichkeit verwehrt es gemeinsam zu versuchen. „Danke“, hörte er plötzlich die leise Stimme Sasukes. Der Junge wandte ihm den Blick zu und sah wirklich sehr, sehr dankbar aus. Keine große Sache, wollte Itachi sagen, das sei doch das Mindeste gewesen, nun wo sie es schon nicht mit einer gemeinsamen Wohnung probieren konnten, aber in letzter Sekunde schallte er sich einen Dummkopf. Sasuke hatte doch gar keine Ahnung von den Überlegungen seinerseits und es wäre nichts anderes als Unnütz ihm nun davon zu erzählen. In zwei Tagen war Itachi seine selbst auferlegte Last los, sich um einen kaputten Jugendlichen kümmern zu müssen. Doch immer mehr fühlte Sasuke sich nicht wie eine Last an, falls es sich je einmal so für Itachi angefühlt hat. In den Situationen, in denen er sich überfordert gefühlt hat, vielleicht, aber sonst war er immer ziemlich froh gewesen, den Jugendlichen da zu haben. Doch das zählte nun nicht mehr. Sie hatten noch zwei Tage miteinander und Itachi würde dafür sorgen, dass Sasuke den heiligen Abend nicht in einem Jugendhaus, sondern schön mit Itachis Familie verbringen konnte. Überhaupt mit einer Familie, auch wenn es nicht die den Jungen war. Wahrscheinlich, dachte Itachi dann und blickte geradeaus aus dem Fenster, war es so das Beste für Sasuke und mit Sicherheit auch für ihn selbst. Nur wie das Leben für sie beide, nach alle dem hier, aussehen wird, verändern wird, konnte Itachi beim besten Willen nicht sagen. Er wusste nur dass es sich verändern würde, auch für ihn, denn sein Wesen hatte sich durch Sasuke ein wenig verändert. Fragt mich in einer Woche, dachte er und seufzte. Vielleicht wusste er dann die Antwort auf die Frage, in welche Bahnen sein Leben von hier aus gehen würde. to be continued... by Jessa- Kapitel 36: With or without you (Live Version) ---------------------------------------------- Hallöchen^^ Das vorletzte Kapitel und es war harte Arbeit. Ich bin fast durchgedreht dabei, aber endlich ist es fertig und ich bin recht zufrieden. Außerdem ist die Fortsetzung im Grunde während dieses Kapitels geboren, denn während des Schreibens ist mir ein Titel eingefallen. Also stellt euch schon mal auf die Stay-Fortsetzung: Catch you if I can (dt. Erreiche dich, wenn ich kann) ein. Sie wird dann direkt im Anschluss an Stay, vllt. durch ein oder zwei Wochen Unterbrechung, also spätestens Anfang bis Mitte März, hochgeladen werden. So, genug gequatscht. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und freue mich auf Rückmeldungen. Liebe Grüße Jessi ;) Kapitel 36: With or without you (Live Version) We'll shine like stars in the summer night We'll shine like stars in the winter light Itachi war Kakashi keineswegs böse. Kakashi war zwar nicht sein längster Freund – das war Hidan, den kannte seit er vom Internat auf eine staatliche Schule gewechselt war – aber er war sein bester Freund. Mit Hidan hatte er schließlich kaum mehr Kontakt. Sie sahen sich nur in der Uni und gingen vielleicht dann und wann abends mal einen mit den anderen trinken. Kakashi hingegen war ein wirklicher Freund, auch wenn er einst sein Lehrer gewesen war. Schon zu Abiturzeiten sprach Itachi Kakashi nicht mit Nachnamen an, selbst im Unterricht nach wenigen Wochen nicht mehr und die anderen Schüler hatten es hingenommen, viele duften den Hatake im Laufe der Zeit auch duzen, auch wenn sie nicht so mit ihm befreundet waren wie Itachi. Am Ende war es allen von ihnen schwer gefallen, die Schule zu verlassen, gerade weil sie ihren Lehrer so gemocht hatten. Dennoch waren nur die wenigstens heute noch mit Kakashi in Kontakt. Itachi wollte seine Freundschaft mit dem Hatake instand halten, auf jeden Fall, auch wenn dieser dem Jugendamt Auskunft gegeben hat. Am Telefon vorhin, nachdem Itachi das schon geschnittene Gemüse eingefroren und sich selbst ein Brot gemacht hatte, während Sasuke noch was im Wohnzimmer schlafen ging, hatte Kakashi glaubhaft beteuert, er habe zunächst gefragt, wer die Beamten schicken würde, bevor er Auskunft gab. Kämen sie von Sasukes Mutter hätte er auf alle Fälle vorher mit Sasuke geredet. Itachi hatte erzählt, dass Sasuke die zwei Tage noch bei ihm blieb, von seinen noch geteilten Gefühlen über die Tatsache ihres anstehenden Abschiedes hatte er kein Wort verloren, stattdessen hatte er Kakashis Vorschlag, dem Jungen einen schönen Abend zu bieten zugestimmt. Itachi schaute auf die Uhr. Langsam sollte er Sasuke wecken. Auch wenn dieser, da er heute morgen geduscht hatte, nicht mehr unter die Dusche, sondern sich nur waschen und fertig machen, sollte er genug Zeit haben und Itachi wollte eh noch fragen, ob es ihm überhaupt gut genug ging, um heute Abend nicht zuhause zu bleiben. Sonst würde er Kakashi und Iruka natürlich absagen. Itachi hockte sich wieder neben dem Sofa hinunter und rüttelte vorsichtig an der Schulter des Kindes. Nun musste er ihn also zum dritten Mal an diesem Tag wecken. Sasukes Augen flackerten wieder, doch statt eilig aufzustehen, blieb er liegen und schaute Itachi nach einigen Sekunden aufmerksam an. „Wie geht’s dir?“, hörte er die Stimme des Älteren und antwortete leise: „Geht… so.“ „Meinst du, du kannst heute raus? Hast du überhaupt Lust? Ich hab mir gedacht, wir gehen mit Kakashi und Iruka Pizza essen und vielleicht nachher noch irgendwohin, ins Kino oder so. Na, was meinst du?“ „Ich…“, murmelte Sasuke und setzte sich auf dem Sofa auf. „Ich… möchte dir nicht noch mehr… Geld kosten… jetzt wo ich schon hier bleiben darf.“ Itachi schüttelte den Kopf und grinste Sasuke zu. „Darum geht’s nicht okay? Wenn du Lust hast, würde ich sehr gerne, dass wir was zusammen unternehmen. Wir haben schließlich nur noch zwei Tage… Nicht mal mehr.“ Sofort bereute Itachi seine Worte, als er Sasuke nachdenklichen Blick bemerkte. Doch statt sich zu entschuldigen und noch weiter in der Wunde zu bohren, stützte er die Arme auf dem Sofa ab. Es war für sie beide nicht leicht, dass der Abschied so kurz bevor stand. Sasuke würde bald in einem anderen Land leben. Zwischen ihnen wird der Ozean liegen und obwohl Sasuke nun eine bessere Zukunft bevor stand, in der er nicht fürchten musste, rausgeschmissen zu werden, trugen beide auch den traurigen Nachgeschmack mit sich, denn erst durch den Besuch des Jugendamtmitarbeiters hatten sie gemerkt, dass sie wirklich so etwas wie Freunde geworden waren. Itachi glaubte, dass Sasuke das auch gemerkt hatte, auch wenn sie nicht darüber sprachen. Ganz bestimmt hatte er das. Weil Sasuke nichts zu sagen wusste, nickte er bloß und stand auf als Itachi seine Arme fort nahm und sagte: „Dann geh dich fertig machen.“ Sasuke, der sich nachdem der Beamte gegangen war die Stoffhose und ein Shirt zum Schlafen angezogen hatte, nahm nun wieder den Pullover und die Jeans vom Morgen, stecke noch kurz, sodass Itachi es nicht sah, den Umschlag in seinen Rucksack und machte sich dann mit den frischen Klamotten auf ins Badezimmer. Er zog sich um, putzte Zähne, um den fahlen Geschmack vom Schlafen von der Zunge zu bekommen und wusch sich eilig das Gesicht, bevor er wieder in Wohnzimmer ging, die Schlafkleidung beiseite legte und sah, dass Itachi schon mit Schuhen an den Füßen und Mantel auf dem Schoß im Sessel saß. Itachi stand auch auf, ging zu seinem Schützling und bedeutete diesem sich auch die Schuhe anzuziehen und die Jacke zu schnappen, was dieser dann auch tat. Sie gingen hinunter, doch anstatt zu Itachis Volvo zu gehen, steuerte dieser auf ein anderes parkendes Auto zu, bei dem er die Tür hinter dem Fahrersitz öffnete und durchrutschte, sodass auch Sasuke auf der Rückbank von Kakashis Wagen Platz finden konnte. Iruka, der es sich auf dem Beifahrersitz gemütlich gemacht hatte, hatte ihn vorhin angeklingelt und gesagt, dass sie schon unten standen. „So, wohin?“, fragte Iruka und grinste freundlich nach hinten, während Kakashi das Lenkrad mit einer Hand hielt und nach vorne blickte. Itachi konnte sich dieses Verhalten, das er nicht direkt sprach und sich nicht nach hinten drehte, nur damit erklären, dass er wohl nicht wusste, wie er auf Sasuke reagieren sollte, aber andersherum war es genauso. Itachi sah, dass Sasuke aus dem Fenster blickte und die Hände im Schoss vergraben hatte. „Zu Angelos“, antwortete Itachi, wählte damit ihren Lieblingsitaliener heraus und sah seinerseits auch aus dem Fenster, als Iruka sich nach vorne lehnte. Itachi hoffte, das der Abend nicht so stumm blieb. Es war klar, dass es für Kakashi und Sasuke nicht ganz leicht sein würde, schließlich hatte Kakashi dem Menschen vom Jugendamt den entscheidenden und einzigen Hinweis, so wie sie gesagt hatten, gegeben und Itachi wusste noch nicht konkret, ob Sasuke sich freute oder vielleicht schlicht erleichtert war zu seinen Großeltern zu können. Vielleicht freute Sasuke sich aber auch nicht. Er hatte im Schoße seiner Familie, in der Obhut seiner Mutter, unendliches Leid ertragen müssen. Vielleicht konnte man sich dann nicht darüber freuen, zu einem anderen Familienmitglied zu gehen. Vielleicht hatte Sasuke auch Angst. Vielleicht, vielleicht, vielleicht… wohlmöglich sollte Itachi das Gespräch mit Sasuke suchen, um nicht nur sich, sondern, wenn nötig, auch den Jungen zu beruhigen. Denn entweder war Sasuke sosehr erleichtert über sein neues Zuhause und wollte Kakashi danken, wusste aber nicht wie; oder er war so enttäuscht darüber, dass er gehen musste, hatte vielleicht sogar Angst und wusste schlicht nicht, wie er seinen Unmut über Kakashis eigenmächtiges Handeln, das Itachi aufgrund ihrer langjährigen Freundschaft und dem Wissen über den guten Willen verzeihen konnte, zeigen sollte. Was es auch wahr, sie mussten einen Weg daraus finden, um einen schönen Abend zu haben, denn das war es, was Itachi sich für Sasuke wünschte. Einen schönen Abend mit Essen gehen, Kino anschließend oder Billard oder Bowlingspielen gehen. Kakashi fuhr durch die Straßen, fummelte irgendwann, an einer roten Ampel, an seinem Autoradio rum, schaltete auf einen Sender, er nicht die schlechteste Musik spielte und fuhr dann weiter. „Wo seid ihr morgen?“, erkundigte sich Itachi aus Neugierde und weil ihm die Stille störte, die mehr schlecht als recht von den leisen Tonen der Lautsprecher unterbrochen wurde. „Wir besuchen Kakashis Vater“, erzählte Iruka. „Aber nur bis zum Nachmittag. Er meinte, um spätestens sechs müssten wir die Düse gemacht haben. Der alte Mann kriegt noch Damenbesuch.“ Iruka lachte leise, Kakashi schüttelte den Kopf über den Kommentar seines Lebensgefährten, sagte aber nichts, weil er wusste, dass es keinesfalls böse gemeint war. „Und ihr verbringt den Tag bei deinen Eltern?“ „Ja“, seufzte Itachi. „Die haben dann wieder Full House. Obito und Anhang bleiben über die Festtage.“ „Mh, schon gehört“, antwortete nun der Hatake, mehr aufs Fahren, als auf das Gespräch konzentriert. Kakashi war mit Obito, dem um einige Jahre jüngeren Bruder Itachis Mutter, und dessen Frau Rin, gemeinsam zur Schule gegangen. Da Mikoto und Obito, durch den mit fast 15 Jahren doch recht großen Altersunterschied, in jüngeren Jahren, nachdem Mikoto nur weniger Monate nach dem Erreichen der Volljährigkeit von zuhause ausgezogen war, nur noch selten Kontakt hatten, hatte Itachi Kakashi auch nicht durch seinen Onkel kennen gelernt, sondern eben als der Hatake sein Lehrer in der Oberstufe wurde. Der Kontakt zwischen Itachis Mutter und seinem jungen Onkel war erst wieder so richtig ins Rollen gekommen, als Rin vor knapp neun Jahren mit dem ersten Kind schwanger geworden war und Mikoto bat, Patentante zu werden. „Kommen am 1. Weihnachtstag zu uns“, merkte Kakashi an. Itachi nickte verstehend. Logisch. Schließlich hatte Kakashi nicht nur die Patenschaft für das erste Kind, gemeinsam mit Mikoto, übernommen, sondern auch für das zweite, dieses Mal gemeinsam mit Itachi, dem Obito vor knapp fünf Jahren so lange auf den Senkel gegangen war („Du bist doch jetzt achtzehn, Alter. Mensch, mach schon.“), bis er unter Seufzen zugestimmt hatte. „Bei uns bleibt es beim 2. Weihnachtstag?“, fragte Itachi und erhielt nur ein seichtes Nicken von Iruka. Mitfühlendes Nicken, und da verstand er erst so richtig. Am 2. Weihnachtstag war Sasuke gar nicht mehr da. Da war er schon in England, schon gelandet, hatte vielleicht schon sein Zimmer bezogen, wenn es denn schon eins gab und hatte schon wer weiß was getan. Itachi fuhr sich durch die langen Haare und starrte, so wie Sasuke es immer noch tat, aus dem Fenster. Sie fuhren über eine breite Landstraße, an deren Ende man das Restaurant erreichte. Auf einen kleinen Parkplatz, parkte Kakashi seinen Wagen und nachdem alle ausgestiegen waren, schloss er ab. Zu viert machten sie sich auf den Weg zum Eingangsbereich, von dem aus ein Kellner sie zu einem Tisch geleitete, Speisekarten auf den Tisch legte und erstmal ging, sodass die Vier Getränke auswählen konnten. Schon nach wenigen Minuten kam der aufmerksame Kellner wieder und fragte freundlich nach. Ganz nach dem üblichen Service, den sowohl Kakashi und Iruka als auch Itachi so schätzten, kamen die Getränke – Cola für Itachi und Iruka, Wasser für Kakashi und Sasuke – schon bald, noch bevor alle ihr Essen ausgewählt hatten, sodass der Kellner sich noch einmal dezent zurückzog. „Habt ihr?“, fragte Kakashi irgendwann leise in die Runde, erhielt Nicken seitens Itachi und Iruka, bevor sich sein Blick auf Sasuke legte. „Was ist mit dir?“, fragte er nach, bemerkte, dass Sasuke unsicher in die Karte schaute und wahrscheinlich nicht wusste, was er nehmen sollte. „Such dir einfach das aus, was du am liebsten möchtest“, half Itachi ihm. Sasuke biss sich auf die Lippe und nickte sachte. Er studierte die Preise, wollte unbedingt was preiswertes nehmen, irgendwas kleines, schlichtes und als er etwas gefunden hatte, nickte auch er stumm und bestellte, nachdem die anderen aufwändige italienische Namen hinter ihre Nudeln oder Pizzen gesetzt hatten, Spaghetti Napoli, weil Tomatensoße nie verkehrt war und das billigste Nudelgericht auf der Karte noch dazu. Ein netter, wenn nicht sogar auf eine Art liebevoller und bedauernde Blick legte sich seitens Itachi auf Sasuke nieder, der schüchtern auf den Tisch schaute. „Heb deinen Kopf, Sasuke“, sagte er leise, fügte an: „Es gibt keinen Grund, den Blick zu senken“, und wollte eigentlich noch so viel mehr sagen. Schau die Welt an, wollte er sagen, du bist ein großartiger Junge, mutig und stark, sensibel und klug; du hast alles Recht dem Leben den Kopf entgegenzustrecken. Doch gleichzeitig wusste Itachi auch, dass Sasuke genauso alles Recht der Welt hatte, den Kopf in den Sand zu stecken um die Dinge zu vergessen, die ihm zugefügt wurden. Iruka schaute zu Sasuke, stellte verwundert fest, dass er Junge wirklich, auf Itachis vorherige Worte hin, den Kopf hob und sich unauffällig das Restaurant ansah. Iruka konnte die Zurückhaltung des Jungen verstehen. Nachdem Kakashi ihm vor einigen Tagen die ganze Geschichte, alles was er von Itachi über den Jungen wusste, erzählt hatte, verstand Iruka wirklich und Sasuke tat ihm Leid. Wahrscheinlich, nein nicht nur wahrscheinlich, sondern ganz bestimmt, war er seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr in einem Restaurant, außer in dem Cafe, in dem Itachi und der Junge sich kennen gelernt hatten. Iruka griff nach seinem Glas, trank einen Schluck, folgte ein wenig Sasukes Blicken, bevor er sein Glas abstellte und kurz aus dem Fenster blickte. Es war ein recht schöner, fast schon sonniger aber doch sehr kalter Tag. Als das Essen kam, lenkte Iruka seine Aufmerksamkeit seinem Nudelgericht zu, war erfreut darüber, wie frisch die Meeresfrüchte aussahen und probierte, nachdem sich alle einen guten Appetit gewünscht hatten, mit Vorfreude. Er liebte Angelos Spagetti Frutti di mare. Iruka lächelte Kakashi zu, als er dessen Hand auf seinem Knie spürte und schaute dann zu Sasuke, der wieder mit gesengtem Blick auf seinem Platz saß und vorsichtig Spagetti auf die Gabel rollte. Überhaupt, fand Iruka, war Sasuke bei allem was er tat sehr vorsichtig. Wenn er das Wasserglas nahm, sah es immer so aus, als fürchtete er, es würde zerbrechen, wenn er es zu fest hielt, oder umkippen, wenn er es zu ungeschickt nahm. Wenn Sasuke sich umschaute, machte er das ganz vorsichtig. Selbst damals, als er sich zu Konan auf die Decke gesetzt hatte oder als er das Videospiel gespielt hatte, hatte er all das ganz vorsichtig getan. Jedes Wort Sasukes schien, jedenfalls in seiner und Kakashis Gegenwart, mit der größten Vorsicht gewählt worden zu sein und auch der scheue Blick mit dem Sasuke ihn gerade, nur für wenige Sekunden, bedachte, war mit einer gewissen Vorsicht unterlegt, als er seine Augen wieder nieder senkte. Iruka lächelte ihm zu, obwohl er wusste, dass Sasuke das so, wie er dasaß, gar nicht sehen konnte. Iruka saß schweigend weiter, spürte weiterhin Kakashis Hand auf seinem Bein und fand, das es eine schöne Geste war. So spürte er immer, dass Kakashis sich nirgendwo ihrer Beziehung schämte. Er wusste von homosexuellen Bekannten, dass diese selten bis gar nicht Händchen haltend durch die Gegen gingen, geschweige denn, sich wie heterosexuelle in der Öffentlichkeit zu küssen. Iruka selbst hatte mit seinem Outing zu Beginn auch Schwierigkeiten gehabt; Kakashi nicht, der hatte das immer ganz locker genommen und der Welt still zeigen wollen, wie verliebt er doch war. Der Siebenundzwanzigjährige blickte wieder zu Sasuke, begegnete dessen Blick und stellte fest, dass Sasuke ihn heute öfter ansah, als Kakashi. Das verwunderte ihn sehr. An den anderen Tagen, wenn er und Kakashi Sasuke gesehen hatten, hatte der Junge sich, wenn überhaupt Kakashi zugewandt, ihn angesehen, ein paar kurze Worte mit ihm gewechselt, während Iruka und Sasuke mehr oder weniger gar keinen Blickkontakt oder Wortwechsel gehabt hatten. Vielleicht, glaubte Iruka, lag das daran, dass Kakashi dem Jugendamt Sasukes Aufenthaltsort mitgeteilt hatte, ohne überhaupt zu wissen, ob Sasuke zu den Großeltern wollte, ob er von Itachi weg wollte. Wenigstens, fand der junge Lehrer, war Kakashi so klug gewesen und hatte nachgehakt von wem die Beamten denn geschickt wurden waren, bevor er Auskunft gegeben hatte. Schließlich hätte keiner von ihnen sich je verziehen, wenn sie für Sasukes erneutes Leiden verantwortlich gewesen wären. Iruka mochte Stille nicht. Deswegen unterrichtete er auch nicht, wie sein Lebengefährte, in der Oberstufe. Da war schon zuviel des Ernstes des Lebens vorhanden, dass er ein wenig Quatschen im Unterricht durchgehen lassen konnte. Iruka mochte es sogar, wenn es bei lockeren Gruppenarbeiten etwas lauter im Unterricht war. Er mochte die Agilität, die die jüngeren Kids im Sportunterricht aufbrachten und wünschte sich auch in seinem Privatleben, am heutigen Abend, nicht Schweigen dort zu sitzen und seine Nudeln mit Meeresfrüchten zu essen. Er schaute kurz zu Kakashi und musste still zugeben, dass er verstand, warum dieser so ruhig war und nicht einmal mit Itachi über dies und jenes sprach. Kakashi hatte ein schlechtes Gewissen. So einfach war das. Doch Iruka glaubte nicht, dass Sasuke das sah. Sasuke war wahrscheinlich sogar tief in seinem ruhigen und folgsamen Inneren wütend. Er war schließlich einfach übergangen wurden. Kakashis schlechtes Gewissen hin, Kakashis schlechtes Gewissen her. Iruka fand es auch nicht gut, dass sein Freund gequatscht hatte. Er hätte still sein müssen, den Beamten abwimmeln, lügen und dann mit Itachi und Sasuke sprechen. Sie hätten dann selbst entscheiden können, was zu tun war und sich beim Amt melden, ohne Kakashi in irgendwelche Probleme reinzureiten. „Hör mal“, wandte Iruka sich dann an Sasuke, weil er die Stille nicht mehr ertrug und weil er genau das dachte, was er im Folgenden sagte: „Du darfst ruhig mit dem Vollidioten da neben mir schimpfen. Er hat dich schließlich in die Situation gebracht, weil er wohl einfach nicht gründlich nachgedacht hat. Deswegen kannst du ruhig wütend sein, auch wenn ihn jetzt die Schulgefühle plagen.“ Iruka spürte, wie sich Kakashis Hand auf seinem Bein versteifte und griff augenblicklich nach dieser und verschränkte seine Finger mit denen des Hatake. Auch wenn er soeben Kritik an dessen Verhalten geübt hatte, sollte sein Geliebter wissen, dass es niemals was an ihrer Beziehung ändern wird. Sasukes Blick ruckte hoch, erfasste zuerst Iruka und dann dessen Lebensgefährten, der mit zerknirschter Miene neben diesem saß. Niemand, fand Sasuke, sollte sich wegen ihm schlecht fühlen. Vor allem nicht die Freunde Itachis. Deswegen schüttelte Sasuke nur den Kopf. Er wusste nicht mal, was er sagen sollte. Selbst wenn er nicht wusste, ob er es nun gut oder schlecht fand, dass er zu seinen Großeltern musste und auch wenn er sich sicher war, er würde Itachi vermissen, würde er niemals mit dem Hatake schimpfen. Dieser hatte einfach vor dem Amt die Wahrheit gesagt und Sasuke konnte von niemandem verlangen, dass er sich wegen ihm in Schwierigkeiten brachte. „Ich hätte dich nicht übergehen dürfen“, erklang dann Kakashis Stimme. Sie war schwer und voller Schuldgefühle, die Sasuke nicht hören wollte. Der Grauhaarige hatte doch nur nach seinem besten Ermessen gehandelt. Er hatte seinem guten Freund Itachi wohlmöglich einfach Last von den Schultern nehmen wollten und er hatte ja nicht dafür gesorgt, dass Sasuke zurück zu seiner Mutter, an den Ort, der die Hölle für ihn bedeutete, musste. Er hatte lediglich den entscheidenden Hinweis gegeben, damit Sasuke zu den Großeltern kam, die wohlmöglich ein Zimmer für ihn bereithielten und sich um Schulbildung und solche Dinge kümmern würden. Im Grunde würde Kakashi entscheidend dazu beigetragen haben, dass Sasukes Leben an Sicherheit gewann. Deswegen durfte Sasuke gar nicht böse auf Kakashi sein, auch wenn er doch ein wenig traurig war, von Itachi fort zu müssen. Sasuke hoffte, er konnte bei seinen Großeltern wenigstens jobben gehen, sodass er nicht nur denen Geld geben konnte, dafür dass er bei denen wohnte, sondern auch Itachi sein Geld zurückzahlen konnte. Doch bevor er darüber wirklich nachdenken konnte, mussten erstmal die nächsten Tage vergehen und es musste sich zeigen, was seine Großeltern für ihn geplant hatten. „Aber ich habe nachgedacht“, rechtfertigte Kakashi sich, drückte Irukas Hand etwas fester und blickte Sasuke an, als er wiederholte: „Ich habe nachgedacht.“ Für alle Anwesenden war klar, das dass auf Irukas vorherige Worte bezogen war. „Was hast du denn gedacht, als dieser lächerliche Kerl da vor dir stand?“, wollte Itachi, der sich nun erstmals in das Gespräch einbrachte, wissen. Er fand den Herrn vom Jugendamt immer noch mehr als unfähig und lächerlich. Er konnte ihn nicht leiden und er wusste schon jetzt, dass er Sasuke vermissen wird. Schwer atmete Kakashi aus und wandte seinem Blick Itachi zu. Er seufzte und sagte mit gesenkter Stimme, damit die anderen Gäste des Restaurants sich nicht unnötig gestört fühlten: „Ich habe darüber nachgedacht, ob ich das richtige tue und bin zu dem Schluss gekommen, das es so ist. Sasuke braucht einen Ort an dem er wirklich lebt, an dem ihm eine Zukunft versprochen wird und nicht jemanden, der seinen Aufenthalt andauernd verlängert und nicht Nägel mit Köpfen macht. Hättest du es wirklich ernst gemeint, wärst du dir ganz sicher gewesen, würde Sasuke schon seit einigen Tagen die Schule besuchen.“ Itachis Augen weiteten sich, er griff zu seinem Colaglas und umfasste es. Itachi wurde wütend. Nicht unbedingt auf Kakashi. Auch auf den, natürlich, denn der hatte das gesagt, was Itachi sich wirklich vorwerfen konnte. Wäre er sich von Anfang an sicher gewesen, dass er die Kraft und den Willen hatte, Sasuke ein Zuhause zu bieten, hätte er längst alles in die Wege geleitet, bevor überhaupt jemand nach dem Jungen suchen konnte. Aber Itachi hatte gezweifelt. An sich und an Sasuke. Er hatte daran gezweifelt, den Jungen in Ordnung bringen zu können und daran, ob er seine Träume, seine Wünsche, ein Stück weit für Sasuke opfern konnte. Die Stille brachte Sasuke dazu, Itachi anzusehen. Auch ihn plagten nun Selbstvorwürfe, dass sah man ihm genau an. Doch Sasuke wollte nicht der Grund für diese sein. Weder für die Kakashis noch für Itachis. Und wer wollte auch nicht Schuld an einem Streit der beiden sein, weswegen er leise sagte: „Bitte… nicht streiten.“ Sasuke spürte, wie sich die Blicke der drei Männer auf ihn legten und senkte den Kopf, während er weiter sprach: „Vielleicht… ist es ganz gut so… So… falle ich… Itachi nicht mehr… nicht mehr zur Last.“ „Du bist mir nie zur Last gefallen“, hörte Sasuke Itachis Stimme. Es tat gut, das zu hören, aber er wusste dass es nicht stimmte. Er war eine Last gewesen und nichts anderes. Vielleicht hatte Itachi in einigen Momenten seine Anwesenheit genossen, aber im Großen und Ganzen war Sasuke nichts mehr gewesen als ein unnötiger Gast, ein Schmarotzer; Jemand, der Itachi Sorgen bereitet hat. „Immer nur… habe ich geweint und… dir meine… meine Vergangenheit… aufgedrückt“, flüsterte Sasuke und schaute dann zur Seite aus einem Fenster. „Hätte ich die… Klappe gehalten und mich… mich daneben benommen, wäre es niemals… so weit gekommen.“ „Ich bin froh, dass du es nicht getan hast“, sagte nun auch Itachi leise und legte eine Hand auf Sasukes Schulter. „Ich war… selbstsüchtig. Du hast… so viele Probleme wegen mir… und ich…“, sagte Sasuke und stoppte ohne den Blick vom Fenster abzuwenden. Er war schon wieder so selbstsüchtig, genoss Itachis tröstende Hand auf seiner Schulter und machte dem Älteren dadurch bestimmt nur noch mehr Probleme. „Ich…“, sagte Sasuke immer noch unendlich leise, um nicht die Aufmerksamkeit anderer Tische zu bekommen. Er schniefte unterdrückt, um die aufkommenden Tränen zu verdrängen, ehe er weiter sprach: „Ich kann… dir nicht mal… nicht mal annähernd was dafür zurückgeben.“ „Armer Kerl“, wisperte Iruka so, dass gerade Kakashi es vernahm. Dieser seufzte auch. Er erinnerte sich an ein Gespräch mit Itachi, in dem er gesagt hatte, wie hoch er es dem Student anrechnete, dass er sein Bestes versuchte. Aber im Grunde war das Beste einfach nicht Genug gewesen. Itachi hätte sich ans Amt wenden müssen, er hätte und Kakashi fand das sollte er immer noch, Sasuke Mutter und seinen Peiniger anzeigen und dann hätte er dafür sorgen sollen, das Stabilität in Sasuke Leben kam. Aber all das hatte Itachi nicht getan. Er hatte auf eigener Faust versucht, mit Sasuke klar zu kommen, ohne sich an irgendjemanden, außer an Kakashi selbst zu wenden. Das war falsch; das war es, was Kakashi Itachi vorwarf. Aber er sah auch, ein diese Vorwürfe vor dem Jungen genau das Falsche waren. Der arme Kerl, wie Iruka ihn nannte, dachte sofort, er und Itachi würden streiten und suchte die Schuld bei sich selber. Kakashi seufzte erneut. Sie waren wohl alle große Meister darin, sich schuldig zu fühlen. Und Kakashi wusste plötzlich nicht mehr, ob das Leben dieser beiden jungen Kerle ohneeinander oder miteinander besser war, aber er war sich sicher, dass er das in seinem Ermessen bestmöglichste getan hatte. Er hatte schließlich in seinem besten Wissen und Gewissen gehandelt. „Weißt du, Sasuke“, sagte der Hatake dann, als er sich zurücklehnte. „Ich hab Itachi nicht vorgeschlagen gemeinsam mit dir Essen zu gehen und danach noch etwas zu unternehmen, damit du dir den ganzen Abend lang Selbstvorwürfe machen kannst. Das hier war geplant, ein schöner Abend für dich zu werden, weil du Itachi ein Freund geworden bist.“ Kakashi stellte fest, wie Sasukes Blick zu ihm ruckte. Er sah die glänzenden Augen und wusste das Sasuke beinahe weinte. „Ein… Freund?“ wisperte der Junge, biss sich auf die Lippe, bevor sich ein glücklich wirkender Ausdruck auf sein Gesicht schlich, ohne dass er lächelte. Sasuke hatte gedacht, nur er glaubte, Itachi sei für ihn wie ein Freund geworden, aber anscheinend glaubte Itachi das auch und das fühlte sich mächtig gut an. ~~ Billard hatte Sasuke noch nie gespielt. Das war eines der Dinge, für die er wohlmöglich noch zu jung gewesen war, um sie mit einem Vater zu tun und danach hatte er nicht die Möglichkeit dazu. Wenn Kabuto und seine Mutter ihn den mal in Ruhe gelassen hatten, sodass er sich gut genug gefühlt hätte, sich mit Naruto, der ihn in der Schulzeit immer und immer wieder gefragt hatte, zu treffen, hatte er meistens dennoch abgesagt. Ein paar Mal war er bei diesem gewesen, aber es hatte ich immer falsch angefühlt, vor allem dann, wenn Narutos Eltern begonnen hatten, Fragen zu stellen. Warum er Löcher in den Hosen hatte und blaue Flecken an den Armen. Sein Gesicht hatte Kabuto meist verschont vor Schlägen oder jedenfalls vor solchen, die man nachher sehen konnte. Eine Backpfeife war für Kabuto in Ordnung gewesen, davon rötete sich zwar die Wange, aber es blieb, obwohl es ordentlich schmerzte, kaum etwas zurück, was man am nächsten Tag noch sehen konnte. Die beweisenden Flecke an den Armen, hatte Sasuke zumeist zu verstecken versucht, aber im Hochsommer hatte er es manchmal einfach nicht ausgehalten, die Jacke anzubehalten und so kamen Fragen. Deswegen war er so selten Naruto gegangen, geschweige denn zu anderen Leuten, die ihn mal eingeladen hatten. Und irgendwann dann, hatten es eh fast alle aufgegeben, außer eben Naruto. Der hatte immer gefragt, ob er nicht mal vorbei kommen wollte, hatte ihn zum Geburtstag eingeladen und all so was, aber Sasuke konnte an einer Hand abzählen, wie oft er wirklich zugesagt hatte und sich mit diesem blonden, unverbesserlich hoffnungsvollen Typen abgegeben hatte. Sasuke wäre gerne öfter gegangen, wäre gerne wie ein normaler Jugendlicher aufgewachsen, aber immer hatte irgendetwas gegen Verabredungen gesprochen. Im Sommer waren es die vielen sichtbaren Male der Misshandlungen, die es ihm nicht erlaubt hatten, ins Freibad zu gehen und außerdem hatte seine Mutter ihm eh nie Geld gegeben, damit er Dinge mit seinen Freunden unternehmen konnte. Sasuke verdrängte die Gedanken an seine Vergangenheit. Worauf er nicht immer alles kam, wenn er nur über eine winzige Sache nachdachte, aber wenn er durch diese winzige Sache an seinen Vater dachte, dachte er automatisch an die Vergangenheit. An die, in der sein Vater noch gelebt hatte und an die Jahre danach. Sasuke konnte einfach nicht anders. Sich ablenkend, schaute er Kakashi dabei zu, wie er die volle blaue Kugel in eine der so genannten Taschen schoss, sodass Iruka, der mit ihm in einem Team war, übernahm und seinerseits die orange volle Kugel nicht traf. Nun waren also sie, Itachi und Sasuke, an der Reihe. Itachi lehnte sich ein wenig über den Billardtisch, stieß die weiße Kugel an und versenkte die halbvolle rote Kugel mit Leichtigkeit. Er lächelte Sasuke aufmunternd zu, sodass de Junge sich nun auch das erste Mal an den Tisch rantraute, sich auch ein wenig darüber lehnte, um mit dem Stock, der auch Queue genannt wurde, wie Kakashi ihm erklärt hatte, überhaupt an die weiße Kugel zu gelangen. Er biss sich leicht auf die Lippe und stieß dann vorsichtig nach vorne. Die Kugel rollte nur ein wenig, traf eine halbvolle, die ihrerseits auch vor sich herrollte, aber weit entfernt von einer der Taschen auf dem Tisch liegen blieb. Entschuldigend blickte Sasuke Itachi an, doch der zuckte nur mit den Schultern. War nur ein Spiel, bedeutete er ihm und Sasuke nickte, trat einen Schritt zurück, sodass Kakashi die Möglichkeit hatte, wieder an den Tisch zu treten. Er lochte erneut eine Kugel ein und dieses Mal traf auch Iruka, sodass Kakashi noch einmal dran war, wieder traf – er konnte es wohl augenscheinlich sehr gut – und das Team erst wieder wechselte, als Iruka beim zweiten Mal, daneben schoss. Itachi setzte wieder an, traf auch dieses Mal und überlies den Tisch dann wieder Sasuke, der sich dieses Mal noch mehr Mühe gab, aber wieder die weiße Kugel aus Vorsicht zu locker anstieß und so keine andere versengte. Wenigstens traf Kakashi dieses Mal sofort daneben, sodass Itachi wieder dran war, eine weitere versenkte und so den Vorsprung des gegnerischen Teams ein wenig verringerte. Sasuke ging wieder an den Tisch, stieß die weiße Kugel dieses Mal etwas fester, traf aber statt einer Halben seines Teams eine Volle von Kakashi und Iruka und versenkte sie, sodass er nicht nur Itachi und ihm selber keinen Punkt gebracht hat, sondern genau das Gegenteil. Mit gesenktem Blick trat er zurück, umfasste das Queue ein wenig fester und sagte leise, als er neben Itachi stand: „Tut mir… Leid.“ Er spürte eine Hand auf seiner Schulter, genoss es wieder genauso, wie zuvor im Restaurant, weil er dadurch wusste, dass Itachi keineswegs sauer auf ihn war, ohne dass der Ältere etwas sagte. Beide schauten sie zu, wie zunächst Iruka und im Anschluss Kakashi eine Kugel versenkte, sodass ihnen nur noch die Schwarze blieb, die Iruka verfehlte. Itachi seinerseits schaffte es auch eine Halbvolle in die Tasche zu befördern, bevor er Sasuke zu sich winkte. Er stellte sich so, dass er hinter dem Teenager stand. Sasuke fasste das Queue und beugte sich ein wenig über den Tisch, als er merkte, dass Itachi seine Hände mit den eigenen umfasste. Er spürte dessen Körper an seinem Rücken und im ersten Moment fühlte er sich, so zwischen dem Billardtisch und diesem Mann eingeengt, sodass er ich verspannte und sich auf die Lippe biss. Kabuto hatte ihn oft von hinten umfasst, ihn gegen die Wand gedrückt und ihm wehgetan. Aber das hinter ihm war nicht Kabuto. Das war Itachi. Sasuke atmete tief durch, roch Itachi und entspannte sich fast augenblicklich ein wenig. Er merkte, dass Itachis Hände sich auf seinen eigenen nicht schlimm anfühlten. Der Mann hatte zarte Haut und fasste nicht fest; er stand ganz anständig hinter ihm, führte ihn so an, dass Sasuke das Queue im richtigen Winkel und mit der richtigen Kraft stieß. Die weiße Kugel rollte gegen eine Halbvolle, Itachi löste seine Hände von denen des Jungen, trat einen Schritt zurück und Sasuke richtete sich etwas auf, als die halbvolle blaue Kugel in die Ecktasche rollte. „Na, siehst du. Geht doch“, hörte Sasuke Itachis amusisierte Stimme und wandte sich um. Er wollte dem Älteren zulächeln, aber durch die vorherigen Gedanken an Kabuto ging das nicht ganz so leicht, weswegen er zunächst den Kopf senkte und ihn erst wieder hob, als Itachi ihn anstupste. Er hatte wohl die sechste Kugel eingelocht, während Sasuke nicht hingesehen hatte. „Mach uns den Gleichstand“, forderte Itachi mit einem Grinsen. Sasuke ging einen Schritt nach vorne, schaute unsicher zurück und wandte sich dann über die Billardtisch, versuchte die Kugel genauso präzise anzustoßen, wie er es zuvor mit Itachis Hilfe getan hatte. Die weiße rollte, traf auch die letzte halbvolle Kugel, die ihrerseits aber knapp die Tasche verfehlte. Sasuke schaute wieder zerknirscht auf den Boden. Er hatte Itachi nun mit Sicherheit enttäuscht. Doch als er neben dem Erwachsenen stand und nur aus dem Augenwinkel sah, wie Kakashi die Schwarze einlochte und sich mit seinem Lebensgefährten über das gewonnene Spiel freute, spürte er wie sich ein starker Arm locker um seine Schulter legte und eine Stimme oberhalb seines Ohres feixend flüsterte: „Was für Angeber, hm? In der nächsten Runde machen wir die fertig.“ Sasuke blickte seitlich hoch, in Itachis Gesicht. In das Gesicht des Mannes, der ihm gelehrt hatte, was es hieß, selbst in härtesten Zeiten Jemandem zu vertrauen, ohne dabei verletzt zu werden. Und plötzlich, auch mit dem Arm um seiner Schulter, auch mit der Nähe Itachis, war es gar nicht mehr so schwer, zu lächeln. ~~ Sie hatten noch einige Runden Billard gespielt. Einmal hatten Itachi und Sasuke sogar haushoch gewonnen und ein anderes Mal ganz knapp, aber der Siegerstoß war Sasukes gewesen. Itachi hatte ihn gelobt, Kakashi und Iruka hatten sich voller Fairness mit ihnen gefreut, gerade weil sie wussten, dass es Sasuke gut tun würde. Und das hatte es. Der gesamte Abend hatte ihm gut getan. Er hatte wirklich verstanden, dass Itachi was an ihm lag und andersherum war es ja genau. Sasuke mochte Itachi; er vertraute ihm. Das war mehr, als er über jeden anderen, außer über seinen verstorbenen Vater, sagen konnte. Itachi hatte Sasuke bewiesen, dass die Welt nicht ganz schlecht war und dass Nähe nicht immer wehtun musste. Sasuke wusste, dass er sich durch dieses Wissen nicht unbedingt selbstbewusster geben konnte oder um mehr bat, als sie wieder bei Itachi waren. Er war immer noch genauso zurückhaltend wie zuvor, nickte schüchtern, als Itachi ihm vorschlug, einen Kakao für ihn zu machen, weil er ja keinen Kaffee mochte und genauso schüchtern setzte er sich neben Iruka auf das Sofa, während Kakashi sich, genauso wie Itachi, als er mit den vier Tassen ins Wohnzimmer kam, im Sessel bequem machte. Es war zwar schon spät, beinahe halb elf, aber die beiden hatten gemeinsam mit Itachi entschieden noch auf einen Kaffee – oder auf zwei – mit hoch zu kommen. Itachi erinnerte sich an einige Abende, die er gemeinsam mit Kakashi und Iruka bei sich verbracht hatte. Nach dem Billard spielen, nach einem Kinobesuch oder einfach nach ein paar Stunden im Pub. Shizune war, selbst als sie mit Itachi zusammen gewesen war, nie mit von der Partei gewesen, während Itachi Deidara, seinen einzigen homosexuellen Partner, ein paar Mal hatte mitschleppen müssen. Deidara war immer sehr anhänglich gewesen. So sehr, dass es Itachi damals genervt hatte, aber da war er eh noch anders drauf gewesen, als heute. Noch mehr ein Arschloch, das sich nur in die Arbeit und das Studium vertieft hatte. Heute war er nicht mehr so, weil Sasukes ihn auf eine Weise verändert hatte, ohne mit ihm zusammen zu sein, so wie Deidara oder Shizune es gewesen waren. Damals hatte er dann oft gemeinsam mit Kakashi und Iruka und eben manchmal mit Deidara, getrunken, wenn sie hier waren. Es war nicht selten so gewesen, dass alle vier am nächsten Tag einen heftigen Kater hatten, so hart waren die Getränke gewesen. So was konnten sie heute, auch wenn dies ein typischer Abend dafür gewesen war, nicht bringen. Auf Itachis Sofa saß schließlich ein minderjähriger Junge und auch wenn Sasuke nicht mittrinken würde, weil Itachi das natürlich nie zulassen würde, wäre es vollkommen falsch. Itachi trank einen Schluck Kaffee, schob auch den anderen ihre Tassen zu und lehnte sich dann im Sessel zurück, linste zu Kakashi und Iruka, die ihre Hände ineinander verschränkten. „Endlich Ferien, mh?“, fragte Itachi und seine beiden Freunde nickten. In der Schule hatten heute die Weihnachtsferien begonnen und so hatten nun auch Iruka und Kakashi zwei Wochen Ruhe. Im Grunde hatten sie es gut, fand Itachi. Annähernd drei Monate im Jahr Urlaub, keine Wochenenden, an denen es zu Arbeiten galt, außer eben mal hier und da eine Arbeit kontrollieren, wobei die beiden auch eher Fächer mit wenigen schriftlichen Arbeiten hatten und die waren dann zumeist unter der Woche zu korrigieren. „Ja, endlich Urlaub“, stimmte Kakashi ihm zu, lehnte sich ebenfalls im Sessel zurück, ohne Irukas Hand loszulassen. Es war einige Sekunden still, ehe Iruka freundlich fragte: „Wirst du den Januar trotzdem frei nehmen?“ „Ich weiß noch nicht. Keine Ahnung“, gab Itachi zu. „Du solltest dir den Urlaub nehmen“, riet Kakashi eindringlich. „Ich schätze du hast ihn nötig. Außerdem beginnt die Uni Mitte Januar wieder, wie du selber weißt, und dafür brauchst du wieder deine nötige Ruhe.“ Vielleicht, glaubte Itachi, hatte er diese innere Ruhe, von der Kakashi sprach, die Coolness auf seinem Weg mit Sasuke irgendwo verloren. Sein rationales Denken hatte auf jeden Fall ein wenig gelitten und er musste sich, wenn Sasuke denn nun übermorgen abgeholt wurde, auf jeden Fall wieder an sein altes Leben gewöhnen. Dafür, da hatte Kakashi Recht, würden ihm die freien Tage gut tun und solange sein Vater ihn nicht unbedingt in der Kanzlei brauchte, wollte er da eh nicht hin. Die Kanzlei war eh nie sein Ding gewesen, auch wenn er Talent für diese Dinge besaß, von seinem Vater dort hoch gelobt war und vielleicht nicht daran vorbei kam, sie irgendwann zu übernehmen. „Schätze du hast Recht“, murmelte Itachi, schaute aber sofort zu Sasuke, aus Angst, der Junge würde das alles nun wieder auf sich beziehen. Würde denken, er hätte Itachi zu sehr belastet, sodass dieser sich nun durch freie Tage erstmal wieder entspannen musste, denn an dem war es nicht. Es war einfach nur so, dass sich Itachis Leben verändert hatte. Ob diese Wendung gut war oder nicht, konnte er jetzt noch nicht bestimmen. Sasuke saß auf dem Sofa und hatte die Beine angezogen. Itachi war sehr froh darüber, dass er nicht, wie ein Stock dort saß, völlig ordentlich und höflich, sondern wie jemand, der sich wenigstens etwas Zuhause fühlte, auch wenn das hier schon in weniger als zwei Tagen nicht mehr Sasuke Zuhause war. Sasukes Kopf lehnte seitlich gegen die Lehne und er schaute aus halbgeöffneten Augen aus dem Fenster in die dunkle Nacht. „Bist du traurig?“, hörte Itachi Irukas an Sasuke gerichtete Frage und dachte augenblicklich dasselbe. Sasuke sah wirklich niedergeschlagen aus und ja, auch ein wenig ängstlich davor, was die Zukunft bringen mochte. „Ein… ein Bisschen“, hörten sie Sasuke ehrliche, traurige und müde Stimme. Itachi sah, wie sich Sasuke Augen beinahe ganz schlossen, hörte, dass sein Atem gleichmäßiger wurde und bemerkte dann, dass der Junge langsam in den Schlaf driftete. Dieser Moment. Der Moment in dem Sasuke, fast übermannt vom Schlaf, gesagt hatte, was er wirklich fühlte, ohne auf jemand andern Rücksicht zu nehmen, berührte Kakashi tief. Zum ersten Mal, hatte Kakashi nicht nur Schuldgefühle seiner Entscheidung beim Jugendamt die Wahrheit zu sagen, sondern auch Zweifel darüber, ob es das Richtige gewesen war. Itachi hatte nicht Nägel mit Köpfen gemacht, er hatte Sasuke nicht resozialisiert, aber er hatte seine Seele geflickt und das war… um einiges mehr wert. Das musste nun auch Kakashi zugeben und er fragte sich, als er Sasukes schlafende Gestalt anblickte, ob er nicht den größten Fehler seines Lebens begangen hatte, indem er der entscheidende Faktor dafür gewesen war, dass Sasuke nun von Itachi fort musste. „Ich werde… ihn vermissen“, hörte er dann Itachis ehrliche Stimme und sah dessen Blick der auf dem Jungen lag. Kakashis Hand klammerte sich an die von Iruka, umfasste sie fast so sehr, dass es den Umino schmerzte, doch dieser sagte nichts, verstand seinen Freund stumm. Er wusste, dass Kakashi sich unheimlich gerne entschuldigen wollte, es aber nicht konnte. Iruka drückte Kakashis Hand tröstend, strich mit seinem Daumen über die Haut und schaute auch auf den schlafenden Sasuke. „Ich schätze“, hörte Iruka Kakashis Stimme und spürte, dass dessen Blick ebenfalls weiterhin auf Sasuke lag, „er wird dich auch schrecklich vermissen.“ to be continued by Jess- Kapitel 37: When will I see you again? -------------------------------------- Es ist geschafft. Das letzte Kapitel. Und ich hab’s im Prinzip hauptsächlich am Geburtstag meiner Mutter geschrieben. Aber wir haben eh am Samstag reingefeiert, also ging das schon in Ordnung. So, jetzt hab ich morgen erstmal einen langen Schultag mit Matheangleichkurs auf dem Gymnasium vor mir, bevor ich mich Dienstag an den Prolog der Fortsetzung setzte. Wer eine Benachrichtigung möchte, bei Hochladen eben dieser, einfach im Kommi Bescheid sagen. Ansonsten freu ich mich auf eure Meinungen und hoffe, dass euch dieses Ende – auch wenn es eben kein Happy End ist – gefällt. Denn mir gefällt es. Ich hätte mir kein besseres Ende für Stay vorstellen können. Und ich hoffe, dass ihr da ähnlich denkt. So jetzt aber genug gequatscht. Vorhang auf für das Finale von Stay. Viel Spaß ;) Kapitel 37: When will I see you again? When will I see you again? When will we share precious moments? Will I have to wait forever? Itachi hatte gerade erst geklingelt, als die Tür auch schon aufgerissen wurde. Ein dunkler Haarschopf fiel in sein Blickfeld und ein kleiner Körper war es, der ihn ansprang und umarmte. „Onkel Itachi“, rief Tai, Itachis fast neunjähriger Cousin, erfreut. Itachi klopfte dem kleinen Jungen vorsichtig auf den wuscheligen Schopf und war kurz davor das Gesicht zu verziehen. Der war mit Sicherheit noch genauso unerzogen wie immer. „Bist ja richtig groß geworden, Knirps“, sagte er mit versucht freundlicher stimme, als Tai ihn losließ und hochguckte. Er zeigte mit dem Finger auf Sasuke und fragte neugierig: „Wer is’ das?“ „Nur ein Freund“, antwortete Itachi leichthin und mittlerweile stimmte es. Sasuke war ihm ein Freund geworden. Nicht mehr und nicht weniger, auch wenn Itachi Sasuke vor so vielen Schlechten in der Welt schützen wollte. „Na, is’ ja auch egal“, murmelte Tai, schnappte sich Itachis freie Hand – die, die nicht die Tüte mit den Geschenken hielt – und zog ihn in den Flur. „Wir müssen jetzt ganz schnell essen, wegen den Geschenken!“, meinte Obitos Sohn in einem befehlerischen, lauten Tonfall, während Itachis sich von ihm durch den Flur ziehen lies. Sasuke folgte ihnen mit gesenktem Blick. Im Auto und am Morgen war er etwas offener und ein bisschen weniger schüchtern gewesen. Er hatte beim Frühstück von sich aus nach dem Nutella gegriffen, hatte Itachi beim Einpacken der meisten Geschenke geholfen, hatte sich ein Buch genommen, als Itachi unter der Dusche war und hatte im Auto mit ihm geredet, Itachi gefragt, ob er ein Lied noch mal abspielen lassen könnte, das zuvor durchgelaufen war. Nun aber, in diesem großen, teuren Haus, war er wieder besonders schüchtern und zurückhaltend, besonders vorsichtig, da er wusste, er würde wieder fremde Menschen kennen lernen. Wie schlimm musste es dann für ihn sein, zu fremden Menschen – und das waren Sasukes Großeltern nach dieser langen Zeit für ihn – zu ziehen? Zu dritt gingen sie in das Esszimmer. Der vorher schon große Tisch war ausgezogen wurden, sodass jeder Uchiha genug Platz hatte. Es war schon lustig, fand Itachi: Obwohl Mikoto eine angeheiratete Uchiha war, trugen auch ihre zwei Brüder diesen Nachnamen, da sie eben auch eine geborene Uchiha war. Soweit Itachi und seine Eltern wussten, waren eben diese nicht miteinander verwandt gewesen. Sie hatten in ihren jeweiligen Stammbäumem bis auf mehrere Generationen nachgeforscht, um mit ihrer Hochzeit keinen Verstoß gegen das Gesetz zu begehen. Vielleicht war es einfach nur Zufall, aber der Nachname war nun mal auch recht häufig, wie sie nachher im Internet herausgefunden hatten. Itachi blickte durch den Raum und grüßte seine Familienmitglieder nach der Reihe, während Sasuke schüchtern bei der Tür stehen blieb. Wahrscheinlich waren ihm das zu viele Menschen. Tai jedoch ging das ganze nicht schnell genug. Mit den Händen in die Hüften gestützt stand der vor Sasuke, musterte ihn und sagte dann fordernd: „Mach schon. Die Geschenke warten doch nich’ ewig! Also wirklich. Setz’ dich, setz’ dich.“ Itachi sah, dass Sasuke sich unwohl fühlte. Der Teenager biss sich auf die Lippe, bevor er näher trat. Weil der Ältere sah, dass Sasuke sich nicht von selbst traute, auf die Fremden zuzugehen, stellte Itachi ihn vor. Nachdem Fugaku und Mikoto Sasuke begrüßt hatten, ohne ihm die Hand zu schütteln, stupste Itachi Sasuke an die Schulter und zeigte auf seine Verwandten: „Meine Großmutter kennst du ja, daneben mein Onkel Madara und sein Sohn Shisui.“ Die Großmutter nickte, Madara, der schon seit einigen Jahren geschieden und somit ohne Frau da war, hob grüßend die Hand, Shisui grinste und sagte mit feixender Stimme, obwohl er nun Sasukes Namen kannte: „Hallo Unbekannter.“ Itachi schüttelte nur halbherzig den Kopf und stellte weiter vor: „Mein andere Onkel Obito, seine Frau Rin und die Kleine ist mein Patenkind June.“ Obito und Rin grüßten freundlich, das Mädchen errötete und winkte mit einer kleinen Hand, bevor sie vom Stuhl rutschte, ihren Stoffhasen an sich drückte und zu Itachi ging, der sich sofort zu ihr runter hockte und über den Kopf strich. Als er mit seinem Vater über Obitos Kinder gemeckert hatte, war damit eigentlich mehr der Große gemeint gewesen, seine kleine Cousine mochte er dagegen wirklich gerne leiden. Sie war noch genauso lieb und schüchtern, wie er sie vom letzten Jahr in Erinnerung hatte und von allen Telefonaten, die seine Mutter ihm mit Obito und Rin im Laufe der letzten Monate aufgedrängt hatte. Die Kleine stellte sich auf ihre Zehenspitzen und flüsterte Itachi ins Ohr. Dieser lachte plötzlich leise, schaute Sasuke an und zeigte dann auf das Stoffhäschen. „Ich hab natürlich vergessen dir Blue vorzustellen, Sasuke.“ Sasuke bemerke selbst nicht, wie sich seine Mundwinkel leicht nach oben zogen. Er erkannte sich in dem Kind wieder. Nicht sein jetziges Ich, sondern sich selbst als Vierjährigen. Er war auch schon da ziemlich schüchtern gewesen, aber da hatte es noch jeder niedlich gefunden. „Blue sagt Hallo“, hörte er die murmelnde Stimme der Kleinen und schaute hinunter. Er spürte, wie Itachi ihn leicht anstieß und sagte deswegen auch leise Hallo, obwohl er sich nicht sicher war, ob es an den Hasen oder an das Mädchen war. „Ey!“, ertönte da jedoch ein Brüllen von der Tür. „Lasst uns jetzt alle schnell essen! Die Geschenke!“ Itachi sah, dass sein Vater wie auch Madara den Mund verzog. Shisui trank nur an seinem Schnaps oder was auch immer er vor sich stehen hatte, während Obito grinste, anstatt seinen Sohn zu mahnen. Rin, die Mutter, klopfte nur auf den leeren Stuhl neben sich und warf ihrem Sohn einen bedeutenden Blick zu, wodurch dieser näher kam und sich auf dem Stuhl niederließ. Als Itachi, nachdem er die Tüte mit den Geschenken neben dem Türrahmen abgestellt hatte, den Platz gegenüber bezog und Sasuke zu sich winkte, der mit der kleinen June im Anhang kam und sich hinsetzte, spürte Itachi das Tai gegen den Tisch trat. Keine Erziehung dieses Kind. Hoffentlich, dachte der Uchiha, verhunzt June nicht auch so. Er hob das Mädchen auf seinen Schoß. Sasuke linste aus dem Augenwinkel zu Itachi und dessen kleiner Cousine, die sich an ihn kuschelte. Der Jugendliche verstand das Mädchen. Nach seinem Alptraum in diesem Haus, hatte er sich in Itachis Armen wirklich unheimlich wohl und behütet gefühlt. ~~ Nach dem Essen, bei dem sich die Erwachsenen alle Zeit der Welt gelassen hatten, war es beinahe halb zehn, als Tais Wünsche endlich in Erfüllung gingen und im Wohnzimmer beim riesigen Tannenbaum, die Bescherung stattfand. Zuerst durften natürlich die beiden Kinder ihre Geschenke auspacken, bevor die Erwachsenen ihre Präsente untereinander verteilten. Das war ganz praktisch, fand Itachi, da sie dann nicht mehr von Tai und June gestört werden konnten, denn die waren schon völlig in ihre Spielzeuge vertieft. Schüchtern saß Sasuke neben Itachi auf dem Sofa und blickte zu Boden. Er wollte nicht anmaßend wirken, indem er Itachis Verwandte beim Auspacken der Geschenke beobachtete. Sowieso fühlte er sich fehl am Platz. Was hatte er sich nur mit dem dummen Brief gedacht? Als wollte Itachi, der von seiner Familie wertvolle oder praktische Dinge bekam, mit solch einem Fetzen Papier? Nichts, ganz genau. Vielleicht sollte Sasuke sich die Schmach einfach ersparen, den Brief behalten und später weg schmeißen. Er biss sich auf die Lippe, lies eine Hand in die große Tasche seines Pullovers verschwinden. Er strich leicht über den Brief und wünschte sich, er wäre hier nicht mit hergekommen, denn er fühlte sich wirklich unwohl und lästig. Es war die vorsichtige Hand Mikotos, die sich auf seine Schulter legte und ihm zum Aufsehen zwang. Er blickte die Frau an und sah, wie diese ihm ein Päckchen entgegen hielt. Er ließ seine Hände da, wo sie waren, wollte nicht etwas falsch verstehen und das Geschenk einfach an sich nehmen. Sasuke glaubte er sollte es jemanden weiterreichen, aber er saß von allen, außer von Itachi, weiter entfernt als dessen Mutter. Und Itachi hatte sein Geschenk von den Eltern schon erhalten. Einen Umschlag hatte Sasuke aus dem Augenwinkel gesehen. Vielleicht Geld oder einen Gutschein, auf jeden Fall etwas sehr wertvolles, bestimmt. „Nimm schon“, hörte er Itachis Stimme leise an seinem Ohr. Er blickte Mikoto ins Gesicht und auch diese nickte, sodass er seine Hand aus der Pullovertasche nahm und nach dem Päckchen griff. Es war in buntem Papier eingewickelt. Nicht so bunt wie das der Kinder, aber trotzdem sehr weihnachtlich, mit Tannebäumen und Sternen. Sasuke wagte gar nicht, das Geschenk, das nun auf seinem Schoß ruhte, auszupacken, aber er wusste auch, dass es auf die anderen komisch wirken musste, wenn er es nicht tat. Er biss sich fest auf die Lippe, wusste keinen Ausweg. „Der packt ja gar nicht aus“, ertönte dann eine Stimme an seinem Ohr, er schaute über die Schulter nach hinten, wo sich Tai an der Lehne des Sofas hoch geangelt hatte. „Geh wieder spielen, Knirps“, tat Itachi das nur ab und blickte zu Obito und Rin, die lächelnd auf dem Sofa saßen, anstatt ihren Sohn in Schach zu halten. „Nö! Ich will sehen, was der kriegt.“ „Sei nicht so neugierig, Tai“, hörte Itachi die Stimme seiner Mutter und sah, wie diese dem Jungen über den Kopf strich. „Na, komm. Geh wieder mit June spielen, ja?“ Tai nickte widerwillig, sprang von der Lehne, wo er sowieso nichts zu suchen hatte, und ging zurück zur der kleinen Schwester. Itachi nickte anerkennend - Seine Mutter konnte wirklich mit Kindern -, bevor er sich wieder an Sasuke wandte, der immer noch auf dem Sofa saß, keine Anstalten machte, das Geschenk auszupacken, sondern sich nur die Lippe kaputt biss. „Du kannst das auch gleich auspacken“, sagte Itachi und wandte sich ganz leise, sodass es außer dem Teenager und Itachis Mutter, niemand hörte: „Wenn die anderen gleich im Esszimmer sind.“ So war es dann auch bald schon. Rin brachte die beiden Kinder nach oben in Itachis Zimmer. Dort schliefen sie, solange die kleine Familie in Irland war, während Obito und Rin das Gästezimmer nahmen. Obito, der nichts getrunken hatte, weil er nichts vertrug, brachte die Mutter seines Schwagers nach Hause, während Fugaku selbst, Madara und Shisui es sich im Esszimmer bequem machten, um über Themen zu reden, die die anderen nicht interessierten. Geschäfte und so was, dachte Itachi und lehnte sich gegen die Sofalehne. Das Geschenk lag immer noch unberührt auf Sasukes Schoß, als Itachi ihn wieder antippte. „Na, was ist nun?”, fragte der Ältere. Er sah, dass Sasuke sich wieder leicht auf die Lippe biss, bevor er antwortete: „Ich kann das… nicht annehmen. Deine Eltern… kennen mich doch kaum.“ Itachi blickte zur Tür, die in den Flur führte und sagte leise: „Meine Mutter wäre traurig, wenn du es nicht annimmst.“ „Aber…“, murmelte Sasuke, ehe er verstummte. Er wollte Itachis Mutter, die gerade mit einem Tablett hereinkam, natürlich nicht traurig machen, aber er konnte doch nicht ein Geschenk von den Eltern des Mannes annehmen, dem er zu verdanken hatte, das er in den letzten Wochen so ein gutes Leben gehabt hatte, im Vergleich zu dem, was er Jahre davor gefristet hatte. Er sah, wie Mikoto Uchiha das Tablett auf den Couchtisch abstellte, Itachi seine Tasse Kaffee reichte, sich selber eine vor ihren Platz neben Sasuke stellte, dem Jungen einen Kakao auf den Tisch abstellte und Plätzchen in die Mitte. Sasuke griff nach seinem Kakao. So hatte er etwas in der Hand und spielte nicht mit diesen nervös an seinem Pullover herum. Er pustete kurz und trank dann einen Schluck. Er wollte das Geschenk wirklich nicht haben, das war ihm unangenehm, schließlich hatte er ja auch nichts für Itachis Eltern und außerdem hatte er von beinahe Fremden doch nichts auf Weihnachten verdient. Es war doch nicht nötig, keinesfalls. Er war es gewohnt nichts zu bekommen. Das letzte Geschenk war schon ewig her, da hatte sein Vater noch gelebt. Das letzte Weihnachtsfest, bevor er im Frühjahr danach gestorben war. „Pack schon aus, oder ich mach’s“, hörte Sasuke Itachis feixende Stimme. Doch den Spaß darin hörte er eben nicht wirklich heraus, glaubte Itachi könnte es ernst meinen. Vielleicht, dachte Sasuke, hatte es Itachi genervt, wie sehr er sich anstellte oder aber er wollte ihn aus der verzwickten Lage herausholen. Was auch immer es war, es war besser, als wenn Sasuke das Geschenk selber auspacken sollte. Er konnte das einfach nicht. Deswegen schickte er sich an, Itachi das Päckchen rüberzureichen, doch der schüttelte nur grinsend den Kopf. „Das war Quatsch, Sasuke. Ein Scherz. Pack aus.” Die Worte waren nicht wie ein Befehl formuliert, sondern mit einer liebevollen Stimme unterlegt. Sasuke schluckte und nickte leicht, wollte nicht noch unhöflicher sein. Er hatte das Geschenk, das Itachis Eltern für ihn ausgesucht hatten, lieber von jemand anderem auspacken lassen, als es selbst zu tun. Wie undankbar er sich hier aufführte, trieb Sasuke die Röte ins Gesicht. Er warf Mikoto einen entschuldigenden Blick zu, doch die schüttelte nur den Kopf – alles in Ordnung – und nickte in Richtung des Geschenkes. Sasuke knibbelte zunächst mit den Fingern am Tesafilm, wollte das Papier nicht einfach kaputt reißen und öffnete es so langsam und vorsichtig. Das Papier ordentlich zur Seite legend, blickte er auf einen kleinen Karton und ein Fotoalbum, auf dessen Deckseite ein Bergsteiger zu sehen war, der, nur gesichert durch ein Seil, einen hohen Berg hinauf kletterte. Auf dem hellen blau des Himmels standen folgende Worte, die – was Sasuke nicht wusste – Mikoto dazu veranlasst hatten, dieses Album auszuwählen: Träume, was du träumen möchtest, gehe, wohin du gehen möchtest, sie wer du sein möchtest, denn du hast nur ein Leben und nur eine Chance, die Dinge zu tun, die du tun möchtest. Sasuke lächelte leicht, doch innerlich wurde er ein wenig traurig, wusste, dass er jetzt noch nicht die Möglichkeit hatte, genau das zu tun. Da waren zu viele innere Dämonen, zuviel Vergangenheit und zu viele zerstörte Träume, um genau das zu tun. Vielleicht würde er es nie können, vielleicht würde er immer nur ein Schatten seiner Selbst sein, nie wirklich der Mensch, die Persönlichkeit, zu der er sich entfalten sollte. Sein Papa, daran erinnerte Sasuke sich noch gut, hatte immer gesagt, es sei nicht schlimm, wenn er schüchtern wäre. Da war er noch ein Kind. Denn irgendwann, hatte sein Vater weiter gesagt, würde er aufwachen und der Welt entgegen springen. Hallo, hatte sein Vater laut im Garten gerufen, Hallo, Welt. Da bin ich. Da bin ich. Und dann hatte er Sasuke durchgekitzelt und Sasuke hatte gelacht. So war sein Vater gewesen. Laut und wild und mit offenen Augen und Armen der Welt entgegen, die er so geliebt hatte. Sasuke griff nach dem Karton, schaute auf das Bild vorne drauf. Eine blaue Kamera. Er schüttelte den Kopf. Nicht ernsthaft. Bitte nicht, flehte er innerlich. Nicht auch noch so was Teures. Er biss sich wieder auf die Lippe, wollte sich bedanken, aber er konnte nicht. Das war viel zu viel, zu teuer und er hatte es nicht verdient. Eine Kamera und das Album, unfassbar. Er spürte wieder Mikotos sanfte Hand auf seinem Arm und blickte zu ihr. „Für neue, für bessere Erinnerungen“, sagte sie schlicht. Es war die Umklammerung seiner Zähne um die Lippe, die sich löste und eine Träne, die sich aus seinem Augenwinkel stahl. „Danke“, flüsterte er. „Vielen Dank.“ Sie nickte nur, strich ihm über den Kopf und lächelte ihn an. Ein paar Minuten blieben sie still sitzen, Sasuke schaute hinunter auf das, was die Uchihas ihm geschenkt hatten. Er fand immer noch, dass es zu viel war. Viel zu viel, aber er verstand, was Mikoto sich dabei gedacht hatte. Bessere Erinnerungen. Er blickte zu Itachi und glaubte, er hätte gerne ein Foto mit ihm für das Album. Eine erste, neue, bessere Erinnerung. Es war dieses Mal nicht die Hand Mikotos, die ihn aus seinen Gedanken riss, sondern Itachis, auf der anderen Schulter. Sasuke blickte raus und bemerkte, dass der Uchiha zuvor aufgestanden sein musste, denn auch auf seinem Schoß lag nun ein Geschenk. Itachi reichte Sasuke das in Geschenkpapier eingewickelte Päckchen, was er Junge nur zögernd an sich nahm. Ein paar Sekunden lang blickte Sasuke einfach nur auf die Verpackung, zögerte weiter und wollte das Geschenk nicht auspacken. Er kam sich so dämlich dabei vor, weil er selbst nichts hatte, was er schenken konnte, außer diesem lächerlichen Brief. „Es würde mich ja schon freuen, wenn du es heute noch auspacken würdest“, sagte Itachi mit einem Grinsen, dass man sogar in der Stimme heraushörte. Sasuke blickte kurz hoch, nickte dann und öffnete auch hier wieder vorsichtig das Papier, nahm zuerst die beiden Bücher an sich, las zuerst die Titel und dann auf der Rückseite die Handlung und freute sich wirklich darüber. Er lächelte Itachi zaghaft an, wusste dass es nichts nützte, wenn er sagte, dass er es nicht verdient hatte, denn er Ältere würde das eh nicht hören wollen. Sasuke wollte nicht noch lästiger sein. Er wollte einfach nur mal tun, was man ihm sagte, weswegen er nun auch nach dem Lesezeichen griff. Dort drauf war ein Leprechaun, einem Wahrzeichen des Landes aus der irischen Mythologie, das soweit Sasuke wusste, immer mit dem Topf Gold am anderen Ende des Regenbogen in Verbindung gebracht wurde und mit dem großem Glück. Sasuke legte das Lesezeichen auf die beiden Bücher und griff nach der winzigen Schachtel, die noch dabei lag. Er öffnete sie und holte den Inhalt hinaus. Er hielt das dünne, silberne, wie ein Kleeblatt geformte Plättchen in der Hand und schaute mit festen Blick dort drauf. Er biss sich auf die Lippe, schaute weiter, las, nun durch leicht verschwommene Sicht, die Worte die auf dem Anhänger eingraviert waren: Protect you. Sasuke drehte das silberne Kleeblatt in seiner Hand und schaute auf die Rückseite, wo Itachis Name stand und darunter sein eigener. Sasuke schluckte erneut, drehte das Plättchen wieder um, las die eingravierten Worte, wusste, dass Itachi ihn beschützte. Das hatte er schließlich die ganze Zeit über getan – ihn vor seinen inneren Dämonen beschützt. Itachis Stirn war es, die sich in Falten legte. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Er hatte Sasuke nicht zum weinen bringen wollen. Vielleicht hätte er den Anhänger da lassen sollen, wo er gewesen war. Im Laden ohne jegliche Gravur. Was hatte er sich nur dabei gedacht Sasuke ein Kleeblatt für seine Kette zu schenken, wenn diese vom Vater war und Sasukes größter Schatz. „Tut mir Leid“, sagte Itachi leise, ein wenig verbissen über seine eigene Dummheit. „Ich hätte das nicht tun sollen, wegen… deinem Vater.“ Er hörte Sasukes Schniefen und sah, wie sich die Hand um das silberne Plättchen schloss, bevor Sasuke sich ihm zuwandte und ihn unter Tränen, die sachte seine Wangen hinab liefen, anschaute. Sasuke wollte sich bedanken, er wollte sagen, wie sehr er sich darüber freute, wollte sagen, dass er keinesfalls aus Traurigkeit weinte, sondern weil Itachi ihm so wichtig geworden war und er froh war, an seiner Kette nun auch noch den Anhänger des Mannes anbringen zu können. Sasuke glaubte, seinen Vater würde das nicht stören. Niemals. Sein Vater war viel zu cool dafür gewesen; sein Vater hätte Itachi unheimlich gut leiden können, bestimmt. Deswegen lächelte er Itachi an und sagte leise: „Danke“, bevor er den Verschluss des Anhängers öffnete und diesen in eines der kleinen Kettenglieder – direkt neben dem anderen Kleeblatt, auf dem schlicht der Name seines Vaters stand – einhängte. ~~ Sasuke lag, in der Decke eingewickelt, auf dem Sofa in Itachis Wohnzimmer. Sie waren erst vor einer halben Stunde nach Hause gekommen. Itachi war bestimmt noch unter der Dusche oder so, jedenfalls hörte Sasuke leises Rauschen hinter der Tür. Jetzt, wo es beinahe ganz dunkel im Zimmer war, hörte er viel besser. Dazu kam noch, dass er nicht müde war. Gut, müde vielleicht schon ein bisschen, ein wenig erschöpft, aber er konnte nicht einschlafen. Er war beinahe direkt ins Wohnzimmer gegangen und hatte sich hingelegt, aber seitdem lag er dort wach rum. Er wusste nicht warum ihm das einschlafen heute so schwer fiel. Da war es, bei Itachi, eigentlich noch nie gewesen, außer das eine Mal, wo er bei dessen Eltern das Bett mit ihm hatte teilen müssen. Vielleicht war er nervös, schoss es ihn durch den Kopf. Und irgendwie stimmte das auch. Er fühlte sich ein wenig ängstlich morgen seine Großmutter zu treffen und in ein fremdes Land zu ziehen. Klar, er wollte Itachi nicht weiter belästigen, auch wenn er hier auf gewisse Weise gewollt war, aber er hatte hier eine Art Zuhause gefunden, hatte er in den letzten Tagen gemerkt. Auch wenn es nie für ewig gewesen sein sollte – auch wenn Itachi das Datum seines Weggehens nur immer nach Hinten verschoben hatte – war es irgendwie zu einer Art Heimat geworden, denn es war ein Unterschlupf, in dem Sasuke sich wohl und geborgen fühlte. Sasuke glaubte, später nicht nur Itachi – der ja wirklich eine Art Freund für ihn geworden war – zu vermissen, sondern auch diese Wohnung, in der er sich mittlerweile ein bisschen heimlich fühlte. Sasuke seufzte. Das brachte doch nichts. Er setzte sich auf dem Sofa auf und schlug die Decke zurück. Er konnte nicht schlafen und er hatte Durst. Sein Mund fühlte sich trocken an und sein Kopf wollte einfach nicht aufhören zu denken. Er stand auf, tapste auf nackten Füßen in den Flur und dann in die Küche, wo er erschrocken zusammenzuckte. Itachi war gar nicht duschen. Das Rauschen kam nicht aus dem Badezimmer, sondern von der Spüle in der Küche. Itachi stand neben der Küchentheke und wartete darauf, dass das Waschbecken vollief, das konnte bei der Größe von dem Ding, schon mal ein bisschen dauern. „Hab gemerkt, dass meine Spülmaschine nicht mehr funktioniert und das war zu viel Spülkram, um den bis morgen stehen zu lassen“, merkte Itachi an, tat nebenbei ein wenig Spülmittel in Becken und drehte den Hahn, bevor er das Geschirr in das Schaumwasser legte. Sasuke nickte und fragte leise: „Kann ich was trinken?“ „Natürlich“, merkte Itachi nur an, griff nach einem Glas aus dem Schrank, weil Sasuke da, so wie sie nun standen, schlecht dran kam, ohne Itachi die Schranktür vor den Schädel zu schlagen. Er gab es Sasuke, der sich, nachdem er sich mit einem Blick, das Okay von Itachi geholt hatte, nach der Wasserflasche auf der Küchentheke und füllte sein Glas, bevor er einen Schluck trank. Als Itachi sich zum Spülen wandte, stellte Sasuke sein Glas auf den Esstisch und griff nach dem Geschirrtuch, um Itachi zu helfen und weil er nicht einfach zurück ins Wohnzimmer geschickt werden wollte. Nicht einsam dort liegen und nachgrübeln. Als Itachi ihm die erste nasse Tasse rüberreichte, trocknete Sasuke diese ab und stellte sie auf die Küchentheke, während Itachi seine Stimme erhob: „Weißt du, wenn du möchtest, können wir ja mal telefonieren, später.“ Er fuhr mit dem Schwamm über einen Teller, mehrmals und fügte an: „Wie gesagt, nur wenn du möchtest.“ „Ja“, antwortete Sasuke nur leise, freute sich insgeheim aber riesig. Wenn er ehrlich war, wollte er auf keinen Fall, dass der Kontakt abbrach. Itachi war im Grunde sein einziger Freund, auch wenn Naruto – diese blonde Chaot – sich irgendwie als ein solcher sah. Itachi reichte Sasuke den Teller, dachte gar nicht daran, dass der Junge eigentlich nicht helfen sollte um knapp 1 Uhr nachts, sondern schlafen. Das sollte Itachi auch tun, das Geschirr hätte auch bis zum nächsten Morgen warten können, aber der Uchiha hatte einfach nicht schlafen können. Die Gedanken, ab morgen wieder allein in dieser Wohnung zu sein, brachten ihn fast um den Verstand. Er hatte keinen blassen Schimmer, was er dann mit seiner Zeit anfangen sollte. Motorrad fahren, Musik machen, modeln, arbeiten, Freunde treffen und joggen, kochen; all das sagte ihm sein Innerstes von irgendwoher, aber gleichzeitig sagte es ihm auch, dass es alles Quatsch war. Natürlich liebte er sein Moped und er liebte Musik, er kochte für sein Leben gern, joggen machte seinen Kopf frei, seine Freunde waren ihm sehr wichtig und er ging modeln und er ging arbeiten für seinen großen Traum von einem Restaurant auf dem Wasser, aber er hatte sich so sehr an Sasuke gewöhnt. Er hatte ihn nicht mehr gehen lassen wollen. Weil Sasuke seine Seele berührt hatte. „Wenn deine Großeltern nichts dagegen haben, kannst du ja auch mal die Ferien bei mir verbringen.“ Itachi wusste, dass er keine Versprechen gab. Sasuke tat das auch nicht. Sie wussten, dass sie voneinander keine großen Versprechungen zu erwarten hatten. „Das…“, sagte Sasuke leise, während er den Teller vorsichtig abtrocknete, „… wär’ toll.“ Itachi spülte ein paar Besteckstücke, legte sie Sasuke dann hin und merkte an: „Du kannst die Klamotten natürlich mitnehmen.“ Sasuke nickte nur, wusste nichts zu erwidern, wollte Itachi nicht widersprechen und wusste ja auch, dass der Ältere Recht hatte. Was wollte Itachi auch mit den Klamotten, wenn nicht ihm mitgeben? Ihm selbst waren sie viel zu klein, umtauschen ging nicht mehr und sie einfach hier rum liegen lassen, wäre unsinnig. Außerdem war Sasuke ihm ja auch dankbar. Wenn er mit den alten Klamotten seinen Großeltern entgegen treten müsste und auch damit zurückreisen müsste, käme er sich so unheimlich schäbig vor. „Ich hätte dich dabehalten, Sasuke“, sagte Itachi, legte einen weiteren Teller für Sasuke zum abtrocknen hin und lies die Hände dann unbewegt im Spülwasser. „Ich hätte mir `ne neue Wohnung gesucht.“ Er verstummte kurz, nur ganz kurz und sprach weiter: „Ich hätte es wirklich getan.“ Itachi blickte zur Seite, sah nur wie Sasukes Augen sich erschrocken weiterten, ehe er schon davon Aufschlagen von Porzellan auf Fliesen vernahm. Der Teller, den Sasuke zuvor abgetrocknet hatte, war hart auf dem Boden aufgeschlagen und in viele Scherben zersprungen, die nun auf dem Boden verstreut lagen. Sasuke wollte einen Schritt nach vorne machen um alles aufzuheben, wurde aber sofort von Itachi zurück gehalten. „Sei vorsichtig. Hast doch nackte Füße“, sagte der nur, hockte sich selber hin und fing an, die Scherben aufzusammeln. Als alle im Mülleimer lagen, zog Itachi den Stöpsel aus dem Spülwasser, lies es ablaufen und entschied sich stumm dazu, morgen weiterzumachen. Er nahm sich ein Glas aus dem Schrank, goss sich etwas Cola ein und setzte sich damit an den Küchentisch. Er winkte Sasuke zu sich, welcher sich zögerlich auf dem Stuhl niederließ. „Ich hätte das nicht sagen sollen“, wandte Itachi ein. „Entschuldige. Ich wollt’s dir nicht sagen. Also, ich wollt schon, aber nicht nachdem… das mit deinen Großeltern. Verstehst du?“ Sasuke zeigte auf den Boden. Wo eben noch die Scherben gelegen hatten. „Ich versteh das nicht. Ich… mach dir nur… Ärger. Wie kannst du dann… wie kannst du dann dein Leben so für mich umkrempeln wollen?“ „Ich hätte dich einfach nie wieder zurück auf die Straße schicken können. Nie wieder“, sagte Itachi, betonte die letzten zwei Worte. Sein Griff um das Colaglas wurde fester. „Warum?“ Es war nur ein Wispern von Sasuke. Er konnte das einfach nicht verstehen. Itachi und er waren so was wie Freunde geworden, aber wie hatte Itachi sich so sehr um ihn scheren können, dass er ihm ein Zuhause für längere Zeit hatte geben wollen? „Am Anfang war es nur weil du mir Leid getan hast“, gab Itachi zu, fuhr aber fort: „Später aber… nun ja, später hab ich dich gern gewonnen.“ Sasuke erinnerte sich an ihren Deal. Itachi hatte ihm beweisen wollen, dass er ein guter Kerl war. Er hatte sich selbst das beweisen wollen. Sasuke konnte sich nicht vorstellen, wie jemand etwas anderes über Itachi denken konnte. Itachi hatte ihn gerettet. Sasuke gab heute zu, innerlich, dass er ohne Itachi, die Tage wahrscheinlich nicht überlebt hätte. Er wäre dort draußen gestorben. An Kälte und Traurigkeit, an den inneren Dämonen. Aber Itachi hatte ihn nach Hause gebracht, an einen Ort – dessen wurde Sasuke sich jetzt nur noch bewusster – der ihm nicht nur Schutz geboten hatte, sondern auch einen Menschen, dem er vertrauen konnte. Auf den er bauen konnte. Itachi war... „Du hast es bewiesen“, sagte Sasuke deshalb leise. Traute sich. „Was?“, hörte er die verwunderte Stimme des Älteren. „… dass du ein guter Mensch bist“, flüsterte Sasuke und fast an den Anhänger, den er von Itachi geschenkt bekommen hatte. Ja, Itachi war ein guter Kerl. Und er hatte versprochen ihn überall zu beschützten. ~~ Es war Itachi, der am frühen Nachmittag die Türe öffnete und Sasukes Großmutter, die alleine in seinem Hausflur stand, die Hand schüttelte. Sie waren spät heute aufgestanden und im Grunde gerade fertig mit dem Frühstück. Sie hatten gestern Nacht noch einen Film geschaut, hatten geredet und ein bisschen gelacht, um die Traurigkeit zu vertreiben. Doch jetzt war es unausweichlich. Sie hatten sich mehr oder weniger schon verabschiedet, obwohl Sasuke noch in seiner Küche saß. Der Junge hatte seine Tasche gepackt, war angezogen. Sasuke und er hatten per Selbstauslöser ein Foto miteinander gemacht und Sasuke eines von Itachi alleine, die der Teenager dann später entwickeln lassen und in das Album packen konnte. „Guten Tag, Frau Nakano“, sagte Itachi höflich und bat die ältere Dame herein. Sie trug einen dicken Mantel, ein freundliches Lächeln und graue Haare, die bei ihrem Gang leicht auf und ab wippten. Sie war dezent geschminkt, war eine gepflegte Frau, die ihr Alter nicht versteckte. „Guten Tag, Herr Uchiha. Können sie mich zu meinem Enkel bringen?“ „Natürlich“, sagte der Anwaltssohn und schloss die Türe hinter der alten Dame. Er führte sie in seine Küche, wo Sasuke, eine Tasse Kakao vor sich, auf einem Stuhl saß und aus dem Fenster blickte. Seine Augen huschten zur Tür, zur seine Oma und er stand eilig auf. Er sah, wie seine Großmutter sich die Hand vor den Mund schlug und erschrocken auf ihn blickte. Er hörte sie leise wispern: „Du bist so dünn, mein Junge.“ Sasuke biss sich auf die Lippe und senkte den Blick. Er wusste, dass er viel zu dünn war. Er wusste das verdammt noch mal, aber er sah auch schon viel besser, viel gesünder aus, nach den Wochen, die er bei Itachi verbracht hatte. Den Gürtel konnte er sogar ein Loch weiter machen. Die alte Frau trat näher und legte die Hände auf seine Schultern, bevor sie ihn an sich drückte. „Du siehst ihm so ähnlich. So ähnlich“, wisperte sie weiter und drückte ihn noch ein bisschen fester. Itachi sah Sasuke an, wie überfordert er mit der Umarmung der fremden Oma war und Itachi fand eh, die Großmutter ging das ganze völlig falsch an. Würde sie Sasuke richtig kennen, würde sie wissen, dass man so nicht auf ihn zuging. „Wollen wir uns nicht erstmal alle hinsetzten und ein wenig reden? Wenn sie die Zeit bis zu ihrem Flug aufbringen können, meine ich.“ Als die Großmutter sich von Sasuke löste, nickte sie und antwortete: „Die Fähre geht erst in zwei Stunden. Einen Flug zurück nach London habe ich so schnell nicht organisieren können.“ Itachi nickte ebenfalls, bedeutete der Frau Platz zu nehmen und fragte freundlich, als die alte Dame sich, genau wie Sasuke wieder, an den Küchentisch setzte: „Mögen sie etwas trinken? Kaffee, Wasser?“ „Einen Kaffee, gerne“, antwortete sie. Ihr Blick lag weiterhin auf dem Enkel. Sasuke derweil blickte wieder aus dem Fenster. Er war unsicher, wusste nicht was er sagen sollte und startete dann einen miserablen Versuch: „Wie geht’s dir?“, fragte er leise, war sich nicht mal wirklich sicher, ob er seine Großmutter duzen sollte. Er hatte sie solange nicht mehr gesehen, aber sie war doch Familie, also war es mit Sicherheit das Richtige, oder? „Wie es mir geht? Junge, bitte schau dich an. Wie geht es dir, mein Kind?“ „Ich… ich bin schon in Ordnung.“ Sasuke mochte die Frage, danach, wie es ihm ging nicht. Vor allem, weil er auch nicht wusste, wie viel seiner Großmutter über die Vergangenheit bekannt war. Er würde es willkommen heißen, wenn sie die Details nicht wusste; wenn sie überhaupt nichts über die Dinge mit Kabuto wusste. Itachi stellte eine Tasse Kaffee vor die ältere Frau und nahm sich selber eine, mit der er sich an den Tisch setzte. „Nichts ist in Ordnung. Kind, was hat deine Mutter mit dir gemacht?“ Sasuke Hände griffen um seine Tasse, er hielt sie fest, wie einen Anker, der ihn hielt. Irgendwie hätte er sich gerade viel lieber an Itachi festgehalten. Er wollte nichts erzählen. Nichts über die Zeit bei seiner Mutter. Nichts über Kabuto. Aber wenigstens konnte er sich jetzt sicher sein, dass seine Oma nichts wusste, sonst würde sie anders reagieren. Bestimmt. Aber er konnte auch nicht sagen, dass seine Mutter nichts getan hatte, weil dann seine Großmutter denken würde, Itachi wäre dafür verantwortlich, wie er nun aussah. Und an dem war es nun mal nicht. Ganz im Gegenteil. Durch Itachi sah er wieder ein wenig gesünder aus, weswegen er nur sagte: „Mir geht es wirklich gut. Itachi… hat gut für mich… gesorgt.“ Sasuke schaute auf die Tischplatte und versuchte zwanghaft das Thema zu wechseln. „Wie geht es Großvater?“, fragte er leise. „Damals hast du ihn immer Grandpa genannt. Und mich Granny, weißt du noch?“, sagte sie und lächelte, ehe sie auf Sasukes Frage antwortete: „Es geht ihm gut. Er freut sich auf dich. Nur, du weißt ja, er hat es nicht so mit diesem Land.“ Ja, daran konnte Sasuke sich noch grob erinnern. Sein Vater hatte immer gesagt, seine Großeltern kämen sie nie in Irland besuchen, weil sie die Schönheit dieser Insel nicht sähen. Deswegen waren sie immer nach London zu den Großeltern gefahren. Aber Sasuke wusste auch noch, warum sein Großvater es nicht mit Irland hatte. Sein Vater hatte auch das mal erzählt. Er hatte gesagt, sein Großvater sei Soldat gewesen, in Folge des Nordirlandkonfliktes und hatte viele Kameraden verloren und wenig Zeit bei seiner Familie verbringen können. Seine Mutter hatte später immer gesagt, seine Großeltern könnten sie beide nun nicht mehr leiden, weil sie als Iren, ohne den Vater – einen Engländer – einfach wertlos waren. Er hatte es geglaubt, denn Briefe oder Telefonanrufe seiner Großeltern waren nie gekommen. „Haben sie sich deswegen nicht früher gekümmert?“, rutschte Itachi eine Frage aus, die er hatte verkneifen wollen. Aber um Sasuke Zukunft scherte er sich zu sehr, um diese Frage unbeantwortet zu lassen. „Verstehen sie“, sagte die Großmutter, trank einen Schluck Kaffee und erklärte: „Wir konnten nichts wissen. Seine Mutter, Ria, ist Schuld am Abbruch des Kontaktes. Wir haben lange Zeit, auch nach dem Tode unseres geliebten Sohnes, Karten und Geschenke zu Geburtstagen und Weihnachten geschickt, aber nie kam etwas zurück. Wir bekamen keine Antworten auf Briefe und bei Telefonanrufen wurden wir immer abgewimmelt und Ria sagte uns, Sasuke interessiere sich einfach nicht mehr. Sie meinte wie sollen die Dinge ruhen lassen, dem Jungen Zeit geben, nach dem Tod seines Vaters.“ „Ich hab nie einen Brief bekommen“, murmelte Sasuke und weiter: „Ich hab gedacht… ihr interessiert euch nicht mehr.“ Hatte er wirklich gedacht und seine Mutter hatte es ja schließlich bestätigt. Sie waren Iren. Uninteressant für den Großvater und der hatte nun mal das sagen. Der Mann, so wie es richtig war. So wie Kabuto bei ihnen das sagen gehabt hatte. „Wir haben uns immer interessiert und haben letztendlich raus gefunden, dass du gar nicht mehr bei deiner Mutter lebst. Du hättest dich melden sollen und nicht auf der Straße leben. Sasuke. Die Straße hat dich kaputt gemacht. Du bist so dünn, Kind.“ „Wenn ich fragen darf“, mischte Itachi sich ein, weil er wieder sah, wie unsicher sich Sasuke durch solche Fragen und Äußerrungen fühlte. „Wie kam es dazu, dass sie so eilig, beziehungsweise ohne eine Verhandlung das Sorgerecht zugesprochen bekommen haben?“ „Mein Mann war Soldat, wissen sie. Ziemlich hochrangig am Ende und durch viele Kontakte haben wir das Sorgerecht so einfach bekommen. Ich verstehe davon nicht viel, aber wir haben nur in Sasukes Interesse gehandelt.“ Itachi nickte. Was sollte er auch sagen? Was gab es noch zu sagen in dieser letzten halben oder dreiviertel Stunde die ihnen blieb, bevor die Großmutter sich mit Sasuke auf den Weg zum Hafen machen musste? Es blieb stumm für einige Zeit unter ihnen. Sasuke hatte keine Fragen mehr, Itachi wusste nicht mehr, was es noch zu sagen gab und selbst die Großmutter spürte nun die Unbefangenheit Sasukes und seiner Unsicherheit, die sie zuvor nicht bemerkt hatte. Um ihren Enkel auf andere Gedanken zu bringen, griff sie in ihre Handtasche und holte ein kleines Päckchen hervor, das sie Sasuke über den Tisch zuschob. „Da Weihnachten ist, wollten wir dir gerne was schenken. Ich hoffe du freust dich“, sagte sie. Es stimmte, sie hatten zwar beide, sie und ihr Mann, die Angst gehabt, dass Sasuke sich nicht interessieren würde, so wie er sich die ganzen Jahre über nicht interessiert hatte, aber mit leeren Händen wollte sie ihrem Enkel nicht entgegen treten. Nicht an Weihnachten und außerdem hatte ihre Tochter gesagt, liebten Jugendliche diese neumodischen Plattenspieler für unterwegs. Sasuke konnte es einfach nicht glauben. Ein Ipod Er mochte es nicht, solche Dinge geschenkt zu bekommen. Viel zu teuer und überhaupt… er war es einfach nicht wert. Er hielt das ausgepackte Geschenk in der Hand und blickte nur auf die Tischplatte. Er musste sich freuen, sonst war seine Großmutter nachher traurig. Deswegen hob er den Kopf, lächelte sie an und sagte leise: „Vielen Dank.“ „Gern geschehen, mein Junge. Gern geschehen.“ Sasuke senkte seinen Blick wieder, spürte dann aber Itachis Hand auf seinem Arm und den jungen Mann neben sich stehen. „Komm schon, pack’s richtig aus. Ich mach dir noch schnell Musik drauf. Für die Fahrt… nach Hause.“ Sasuke nickte, tat was Itachi sagte und reichte diesem den schwarzen Ipod dann, während die Großmutter noch einen Schluck Kaffee trank und kurz auf die Uhr blickte. „Keine Sorge“, hörten die beiden noch Itachis Stimme. „Dauert nicht lange.“ Sasukes Oma, die sich mit so was ja nicht auskannte, nickte, bat Itachi dann noch sehr freundlich, schon einmal ein Taxi zu rufen. Während Itachi im Wohnzimmer verschwand, blickte Sasuke wieder aus dem Fenster. Irland, seine Heimat. Sein ganzes Leben – ausgenommen von Urlauben und besuchen bei den Großeltern – hatte er hier verbracht. Selbst Itachi war es schwer gefallen, Sasukes neues zuhause als eben jenes zu bezeichnen. Eigentlich wusste Sasuke gar nicht, ob er, wenn er hätte entscheiden dürfen und es nicht darum gegangen wäre, Itachi nicht noch mehr Probleme zu machen, nicht gesagt hätte, dass er viel lieber hier bleiben würde. ~~ Itachi hatte Musik auf Sasukes neuen Ipod geladen. Er hatte ein Taxi gerufen und stand nun mit Sasuke und dessen Großmutter auf dem Gehweg vor dem Haus, in dem seine Wohnung lag. Er blickte auf die Treppe. Dort, wo Sasuke auf ihn gewartete hatte, um sich duschen zu können. Dort, wo fast alles begonnen hatte. Gut, eigentlich hatte es vor der Galerie begonnen, aber richtig, so wirklich richtig, hatte ihre gemeinsame Zeit dort begonnen. Itachi schaute zu Sasuke, der mit seinem alten Rucksack und einer kleinen Reisetasche, die Itachi ihm gegeben hatte, neben dem Älteren stand. Das Taxi wartete schon und es war nur noch an ihnen beiden, sich zu verabschieden. „Also…“, machte Itachi gedehnt. „Ja…“, meinte Sasuke im gleichen Tonfall und schaute ebenfalls zu dem Älteren. „Wir bleiben in Kontakt.“ Itachis Stimme war nicht stark, aber er war sich sicher, dass sie das tun würden. Er hatte seine Telefonnummer vorsichtshalber noch mal aufgeschrieben, obwohl Sasuke die ja noch auf dem einen Zettel von damals hatte und die Großmutter hatte sie ja auch. Sasuke nickte nur. Er wollte unbedingt in Kontakt bleiben. Auch wenn der Ozean sie trennte. All seinen Mut du all das Selbstbewusstsein, was Itachi ihm in ihrer gemeinsamen Zeit gegeben hatte, zusammenraufend, stellte er Reisetasche auf dem Boden ab und umarmte Itachi. Es war nicht sonderlich fest, in gewisser Weise auf Abstand bleibend, aber er umarmte Itachi und das war es, was zählte. Itachi selbst registrierte das erst Augenblicke später, als er die murmelnde Stimme vernahm, die gegen seinen Pulli sprach: „Danke, Itachi… für einfach alles.“ Itachi legte nun aus locker seiner Arme um Sasuke. Auch wenn dieser ihn von selbst heraus umarmt hatte, wollte er ihn nicht verängstigen. Doch es war Sasuke, der die Umarmung festigte und sich – das Gesicht gegen Itachis Pullover gedrückt – auf die Lippe biss, um nicht zu weinen. Als sie sich voneinander lösten, lächelte Sasuke tapfer und nahm den Brief aus seiner Pullovertasche. Er gab Itachi den und zuckte mit den Schultern. Während er die Reisetasche wieder schulterte, sagte er leise und immer noch schüchtern, weil das einfach sein Wesen war: „Ist… nichts besonderes.“ Er schaute zu Boden, wurde ein wenig rot und sah Itachi dann wieder an. „Für Weihnachten… aber… na ja.“ Itachi schaute auf den Briefumschlag, las die Worte: Für Itachi, und nickte Sasuke dann zu. „Ich ruf dich an.“ „Ja“, murmelte Sasuke und drehte sich um. Er ging zum Taxi, in dem seine Großmutter schon saß, öffnete die Tür, stellte die Reisetasche hinein, seinen Rucksack dazu, schaute nocheinmal zurück und hob zögerlich die Hand. Das war es also. Das war’s. Er schloss die Augen und stieg ein. Itachi blickte dem Taxi hinterher. Es fuhr die Straße entlang und verschwand am Horizont. Das war es also. Das war’s. Itachi schloss die Augen, öffnete sie wieder und blickte auf den Brief in seiner Hand. Sasuke hatte Unrecht. Das war etwas Besonderes, denn er konnte Worte von Sasuke lesen, selbst wenn das Taxi nicht mal mehr eine Linie am Horizont war und der Ozean bald zwischen ihnen lag. Das war das schönste Weihnachtsgeschenk, was er dieses Jahr – und vielleicht alle Jahre zuvor – bekommen hatte. Itachi strich sich eine verirrte Haarsträne aus der Stirn und spürte, wie eine einsame Träne sich ihren Weg über seine Wange hinab auf den Asphalt suchte. by Jess- to be continued in: Catch you if I can Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)