Stay (Faraway, So Close!) von Jessa_ ([Itachi/Sasuke- Centric]) ================================================================================ Kapitel 24: Bad --------------- Kapitel 24: Bad If you twist and turn away. It you tear yourself in two again. If I could, yes I would If I could, I would let it go. Die Mittagssonne hatte schon hoch gestanden, als Sasuke sich wieder umgezogen hatte und mit weiter Jogginghose des Älteren und einem seiner eigenen T-Shirts, in die Decke eingewickelt, auf dem Sofa lag. Itachi hatte die Jalousien fast komplett runter gemacht, damit die Helligkeit des Tages den Jungen nicht beim Schlafen störte, denn Schlaf war das, was Sasuke Itachis Meinung nach brauchte. „Ich bin kurz noch paar Sachen für die nächsten Tage einkaufen“, informierte Itachi, „Schlaf solange ein bisschen, ich brauch nicht allzu lange, okay Sasuke?“ Er sah, wie der Junge zögerlich nickte und dann die Decke noch ein Stück hoher zog. Er blickte Itachi noch hinterher, wie dieser aus dem Wohnzimmer verschwand. Müde zog Sasuke die Beine näher an seinen Körper, schloss die Augen und driftete langsam aber stetig in einen leichten Schlaf. ~~ Es regnete. Die Scheibenwischer des Autos liefen auf Hochtouren, als Itachi auf den Parkplatz fuhr und in einer Lücke hielt. Er stieg aus, zog sich die Kapuze über den Kopf und lief eilig zu den Einkaufswägen und dann hinein in den Laden. Er kaufte eine Menge Dinge, schließlich lebte er jetzt nicht mehr alleine und außerdem hatte er nun, durch den Sonderurlaub, mehr Zeit zu kochen. Vielleicht würde es Sasuke auch mal Spaß machen, ihm dabei zu helfen. Nachdem der Erwachsene die Brotabteilung, die Gemüseabeilung und die Tiefkühltruhen hinter sie gelassen hatte, räumte er in den anderen Gängen noch allerlei Kram, wie Nudeln, Soßen, Wurst, Eier und Aufstriche, in den Wagen, ehe er vor der beinahe riesigen Süßwarenabteilung stand. Sasuke war ein Kind, war ihm beim Einkauf eingefallen. Und Kinder aßen nun mal gerne Süßigkeiten. Er jedenfalls hatte das außerordentlich gerne getan. Auf die Süßigkeiten an Nikolaus, an Ostern und an Weihnachten hatte er sich immer besonders gefreut oder auf die Süßigkeiten, die seine Mutter ihm bei jedem Einkauf gekauft hatte. Immer eine Sache, daran erinnerte er sich noch. Wie teuer oder wie groß diese Sache war, war egal gewesen, aber Itachi hatte eh meist nicht die großen Pakete genommen. Die kleinen waren meist schöner eingepackt gewesen und das hatte ihm gefallen. Außerdem hatte er ja gewusst, dass er in der darauf folgenden Woche wieder etwas bekam. Sollte er also etwas mitnehmen? Was grübelte er darüber noch nach? Natürlich würde er etwas mitnehmen! Itachi griff nach einer Tafel Schokolade, nach ein paar Gummibärchen und nach ein paar anderen Dingen, von denen er glaubte sie könnten Sasuke schmecken. Und wenn nicht, mochte Itachi Süßigkeiten schließlich auch gerne. Mit dem annähernd vollen Einkaufswagen machte er sich auf den Weg zur Kasse, bezahlte und eilte zurück zu seinem Wagen. Es regnete nicht mehr, aber er sollte schnell einräumen, bevor es wieder anfing. Als er dann im Auto saß, entschied Itachi sich dazu, sein vorherigren Vorhaben in die Tat umzusetzen. Als er Sasuke Kleidung von sich gegeben hatte, an diesem Morgen, tat es ihm plötzlich Leid, dass der Junge kaum eigene hatte. Doch ob er ihm welche kaufen sollte, wusste er nicht genau. Er wollte Sasuke kein schlechtes Gewissen machen und das würde er unweigerlich haben, wenn Itachi mit neuer Kleidung für ihn heim kommen würde. Aber er braucht welche. Er brauchte sie wirklich. Gerade jetzt wo er in der Jeans, der Jacke, dem T-Shirt und den anderen Dingen, die Itachi ihm neu gekauft hatte, vergewaltigt worden war. Itachi konnte doch nicht von Sasuke verlangen, dass dieser die Sachen noch mal anzog, selbst dann nicht, wenn sie gewaschen sein würden. Doch dann kam Itachi in den Sinn, dass Sasuke wohlmöglich auch schon in seiner alten Kleidung vergewaltigt worden war. Wie schrecklich. Er hatte sich und die Sachen auf der Straße nicht mal waschen können. Itachi stieg erst in der Innenstadt aus seinem Auto, ging in die Galerie und dann hinauf in eines der Kleidungsgeschäfte. Er suchte ein paar Dinge zusammen. Zwei Jeanshosen, zwei Pullover mit Kapuze, Unterwäsche und Socken – damit Sasuke was zum wechseln hatte. Ein T-Shirt mit Druck, das er schön gefunden hatte und ein einfarbiges. Ein weiteres Oberteil mit langen Armen zum Schlafen und eine Jogginghose, damit er nicht immer welche von Itachi nehmen musste. Mit dem Stapel auf dem Arm ging er zur Kasse, wo er zu seinem Entsetzten ihm bekannte Gesichter entdeckte. Fliehen war jetzt aber keine Option. Absolut nicht, denn Konan hatte ihn schon gesichtet. „Itachi, hallo. Dich beim stoppen zu treffen, dass ist ja mal was ganz Neues!“ „Hallo“, grüßte er auch, nickte Konans Ehemann zu, der den kleinen Yahiko auf dem Arm hielt, während Konan lachend auf den Kinderwagen neben ihnen zeigte. „Der Kleine mag einfach nicht still darin liegen. Ein kleiner, sturer Esel.“ Sie schaute kurz zu ihrem Baby, das daraufhin eine Grimasse zog, die wohl ein Lächeln darstellen sollte, für Itachi aber deutlich misslungen rüber kam. Doch dann spürte er auch schon Konans Blick auf den Klamotten die er trug, ehe ihre Frage an sein Ohr drang: „Ui, für wen sind denn die Klamotten? Die sehen ja reichlich winzig für dich aus.“ „Die sind… sind halt für einen Freund“, wich Itachi aus, doch sie grinste nur. „Für einen Freund? Oh, warte, Pein, bezahlst du schon mal? Dankeschön. Warum kaufst du denn so viele Klamotten für einen Freund? Weihnachtsgeschenk? Für wen denn?“ „Neugierig wie immer“, spottete Itachi, legte den Stapel Klamotten auf den Tresen und stellte entsetzt fest, dass Konan und Anhang auf ihn warteten, nachdem sie bezahlt hatten. Als auch er um knapp dreihundert Euro leichter war – was er Sasuke natürlich nicht erzählen würde – fragte die junge Frau ihn lächelnd: „Lass uns doch zusammen einen Kaffee trinken gehen. Ja, möchtest du?“ Itachi wollte Nein sagen. Unbedingt. Aber er konnte nicht. Zum einen hatte er Konan fast nie einen Wunsch abschlagen können, seit sie gemeinsam arbeiten und zum zweiten fand er Pein reichlich merkwürdig, so wie der manchmal blickte und ehrlich gesagt, traute er sich in dessen Beisein nicht, Konan zu widersprechen. Das hörte sich reichlich übertrieben an, aber mit seinen Piercings, mit den orangefarbenden Haaren und einem grimmigeren und gleichzeitig ungewöhnlich gefährlicheren Gesichtsausdruck, als den den Itachi in seinen besten Tagen zu Stande bekam, schüchterte er unweigerlich ein, sodass Itachi sich gezwungen sah, zuzustimmen. So dackelte er, mit zwei Tüten beladen, dem Pärchen und dem Kinderwagen hinterher, bis sie gemeinsam in einem kleinen nahe liegenden Café saßen und etwas zutrinken bestellten. Während Pein das Baby auf seinem Arm wiegte hatte er einen friedlichen Ausdruck im Gesicht, den Itachi von dem Mann kaum kannte, aber er wollte sich mit den Gedanken daran nicht aufhalten. Es hieß schnell seinen Kaffee zu trinken und genug Konversation mit Konan zu führen, dass sie ihn gehen ließ, denn daheim wartete Sasuke auf ihn, auch wenn dieser vielleicht noch schlief. Itachi hatte Angst der Junge würde aufwachen und ängstlich sein, weil er allein war oder noch schlimmer, Sasuke würde einen Alptraum haben und alleine sein. „Nun komm schon, erzähl mir doch, für wen du die Klamotten gekauft hast!“, bat Konan eindringlich, trank einen Schluck ihres Milchkaffees, doch er schüttelte den Kopf. „Nur für einen Freund, nicht die Rede wert.“ „Itachi, ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber ich als eine deiner besten Freundinnen, kenne den Rest deiner Freunde und bei Weitem sind die Klamotten weder für Kakashi, Iruka oder gar für Hidan.“ Sie stoppte kurz und fuhr fort: „Hast du etwa einen neuen, festen Freund? So ein kleines, schmächtiges Kerlchen, ehrlich? Erzähl mir von ihm!“ „Konan, ein ganz normaler Freund. Du kennst ihn nicht. Lass es gut sein.“ Er trank noch einen großen Schluck des warmen Getränks, ehe sie jammernd bat: „Komm schon, Itachi. Bitte.“ Sie grinste, doch er schüttelte erneut den Kopf und erhob sich. Er reichte Pein zum Abschied die Hand, strich dem kleinen Baby über den Kopf und umarmte Konan dann, weil sie das so gerne mochte. „Wir telefonieren. Du wirst ihn kennen lernen, okay? Machs gut.“ ~~ Bevor Itachi daheim die Wohnungstür aufschließen konnte, hatte er sich schon mit seiner neugierigen Nachbarin rum schlagen müssen, die sich über Itachis langfristigen Besuch wunderte. Da dese Frau zu ihrer Neugierde auch noch über eine unheimliche Hartnäckigkeit verfügte, hatte Itachi im Flur die Tragetaschen abstellen müssen und ausweichend auf ihre Fragen geantwortet. Ein Freund sei zu Besuch, nein, das wäre kein Grund mit dem Vermieter zu reden, es ging ihm gut, ja, er hatte frei, deswegen war er nun morgens daheim. Erst dann hatte sie ihn in Frieden gelassen, doch Itachi glaubte, auf die Sache mit dem Vermieter würde sie noch einmal zurückkommen. Seine Warmmiete würde schließlich ansteigen, wenn er Sasuke als Mitbewohner eintragen ließ und das war er unweigerlich, wenn er ihn länger bei sich behielt. Im Grunde war die Mitsteigerung Itachi auch egal, er konnte Sasuke nur einfach nicht als wohnhaft bei sich anmelden, wenn er weder eine Geburtsurkunde, noch einen Personalausweis des Jungen hatte. Doch Itachi Nachbarin würde sich freuen, wenn etwas Stress mit dem Vermieter deswegen aufkommen würde. Sie hatte Itachi noch nie sonderlich gut leiden können, der alte Mieter hatte ihr besser gefallen und außerdem interessierte sie sich für alles, was Stress bedeuten konnte. Würde der Vermieter also wegen ihm und Sasuke antanzen, hätte sie nur noch mehr, wo sie ihre Nase rein stecken konnte. Als Itachi dann endlich die Wohnungstür hinter sich schloss, stellte er die Lebensmittel auf der Küchentheke ab, nachdem er entschieden hatte, die mit den Klamotten einfach im Flur stehen zu lassen, bevor er sie Sasuke später geben würde. Er schlüpfte aus seinen Schuhen, zog den Mantel aus, hängte ihn an die Gardarobe und legte den Schaal beiseite, ehe er die Wohnzimmertür öffnete und dort hinein ging. Erstaunt stellte er fest, dass Sasuke schon wach war. Er hatte fest damit gerechnet, dass dieser noch schlafen würde, wenn er heim käme. Doch dann schoss Itachi durch den Kopf, dass Sasuke vielleicht einen Alptraum gehabt hatte und deswegen schon wach war. Der Student trat näher zum Sofa und erst da fiel ihm auf, wie Sasuke dort saß. Der Junge hatte die Beine an den Oberkörper gezogen, die Arme darum abgelegt und den Kopf darauf abgestützt. Die Decke war fast gänzlich vom Sofa gerutscht. Sasukes Augen waren geöffnet, aber sie wirken bei Weitem nicht so, als wäre er wach oder gar anwesend. Es war, als blickte er in weite Ferne. „Sasuke“, meldete Itachi sich zu Wort. „Ich bin wieder zurück.“ Doch der Angesprochene reagierte nicht. Kein bisschen. Vielleicht hörte er nicht oder wollte nicht hören, doch wieder rief Itachi ihn bei seinem Namen, nun ein wenig lauter, und trat ein Stück an ihn heran, ließ ihn nicht aus den Augen. Und wieder rührte Sasuke nicht einen Muskel. Er saß einfach weiterhin in dieser Position und starrte ins Leere oder in irgendwas, dass er zu sehen glaubte. Irgendwas, dass Itachi nicht sah und wieder wurde dem Älteren bewusst, dass er nicht das sehen konnte, was Sasuke sah, wenn sie die Welt anschauten. Dennoch versuchte der Student erneut Sasukes Aufmerksamkeit zu erlangen. Er ließ sich neben dem Jungen auf dem Sofa nieder, vermied es jedoch, im Anbetracht der Dinge, die diesem zuvor geschehen waren, ihn zu berühren. „Hast du Hunger? Soll ich was kochen? Ich war einkaufen, weißt du noch?“, versuchte Itachi den Jungen mit Fragen zum Reden zu bringen, doch dieser blieb weiterhin stumm und unbewegt auf seinem Platz sitzen. „Wir können auch zusammen kochen oder du schaust Fernsehen. Oder möchtest du lesen, Sasuke?“, sprach Itachi, mit einem verzweifelten Unterton in der Stimme weiter. Erneut glaubte Itachi, der Jugendliche habe sich nicht bewegt, doch dann sah er, wie Sasuke den Kopf zur Seite drehte. Wahrscheinlich schloss er die Augen, glaubte Itachi. Die Hand des Studenten wanderte zum Nasenrücken, wo er leicht massierte. Das tat er oft, wenn er stress hatte oder nicht wusste, was er tun sollte. Er schloss die Augen und schüttelte, die Hand weiterhin am Nasenrücken, den Kopf. Was sollte er nur tun? Sasuke sprach nicht mit ihm. Sasuke reagierte nicht. Das erste Mal, seit der Junge hier war, tat er nicht genau das, was er glaubte, sei für Itachi am Besten. Ob das gut oder schlecht war, wusste der Ältere nicht. Irgendwie war es doch beides. Sasuke tat nun das, was er brauchte oder was er glaubte zu brauchen, auch wenn dies sein Schweigen war. Das war doch eigentlich das, was Itachi von ihm gewollt hatte. Er selbst zu sein. Aber war Sasuke wirklich er selbst? Oder war er nur ein Trugbild seiner Selbst, dass nicht wusste, wie es reagieren sollte, jetzt wo solch schreckliche Dinge geschehen waren und ein paar Stunden, bald schon ein ganzer Tag vergangenen war. Und doch machte Sasuke sich mit seinem Schweigen auf eine Weise kaputt, wurde es Itachi bewusst. Es half nicht, stumm zu bleiben, glaubte er, aber er wusste auch nicht, wie er en Jugendlichen dazu bringen sollte, über die geschehenen Dinge zu reden. Er wusste sich einfach nicht zu helfen, weswegen er ebenfalls stumm und beinahe unbeweglich sitzen blieb. Vielleicht nur, weil er nichts anderes zu tun wusste, vielleicht aber auch, um Sasuke nicht allein beim Leiden zu lassen. Und irgendwann dann, ganz aus dem Nichts heraus, sprach Sasuke mit leiser Stimme zu ihm. „Kann ich duschen gehen?“ Irgendetwas in Sasukes Stimme wog schwer auf Itachis Gemüt. Er wollte „Ja“, sagen und noch irgendetwas Kluges dazu, etwas Nettes, was Sasuke aufbauen würde, aber mehr als ein Nicken bekam er nicht zu Stande. Ein Nicken, was Sasuke genügte, denn er erhob sich vom Sofa, ging um den Tisch herum und dann auf die Tür zu. Itachi wusste nicht, ob Sasuke zurückblickte, ehe er das Wohnzimmer hinter sich ließ, denn der Ältere wandte sich nicht um, um dem Jungen nachzusehen. Er legte den Kopf in den Nacken, seufzte, hoffend dass die Kopfschmerzen der Nacht nicht zurückkamen, auf. Erneut seufzend griff er in seine Hosentasche, zog seine Zigarettenschachtel und das Feuerzeug hinaus, griff nach de Aschenbecher auf dem Wohnzimmertisch, zündete eine Zigarette an und zog einmal kräftig daran. Das hier war doch lächerlich und erbärmlich. Er war unfähig einen zerbrochenen Jungen zu trösten, unfähig Sasuke dazu zu bringen, über die Geschehnisse zu sprechen. Stattdessen wartete er mit einer großen Portion Verzweiflung auf die kleinsten Wörter des Jungen. So konnte es doch nicht weitergehen. Mit Kippe in der Hand und Aschenbecher in der anderen ging er in den Flur, stellte das kleine Behältnis auf der Kommode ab, schnippte ein wenig Asche hinein und griff nach dem Telefon, um Kakashis Nummer zu wählen. Er brauchte Hilfe. Kakashi war sein bester Freund. Und Kakashi hatte versprochen ihm und Sasuke zu helfen, soweit es in seiner Macht stand. Itachi hoffte, diese Dinge würden in Kakashis Macht stehen. ~~ Unter dem eiskalten Strahl der Dusche stehend, biss Sasuke die Zähne zusammen und legte die Arme so um seinen Oberkörper, dass es beinahe aussah, als würde er sich selbst umarmen. Er zitterte, fühlte sich schwach und lehnte gegen die kalte Wand der Dusche, spürte den Strahl immer noch auf seinem Körper. War irgendwie froh, überhaupt etwas zu spüren, auch wenn es nur die Kälte war, die auf ihn hinunterprasselte. Er verstand es einfach nicht. Verstand nicht, wieso er noch hier sein durfte, wieso er noch unter der Dusche dieses Mannes stehen durfte, unter seiner Decke schlafen und warum dieser Mann sich immer noch um ihn bemühte. Sasuke war kaputt. Selbst Itachi Uchiha hätte es jetzt kapieren müssen. Er war nicht mehr gerade zu biegen. Da war einfach nichts mehr. Sasuke wusste das. Immer und immer wieder wurde ihm die vermeidliche Unschuld geraubt, die er schon lange nicht mehr besessen hatte. Immer und immer wieder hatte er gelitten, irgendwas von ihm, war immer und immer wieder aufs Neue zerbrochen, doch dieses Mal war es anders. Ob es so war, weil er vorübergehend ein Dach über dem Kopf hatte, eine warme Mahlzeit im Bauch gehabt hatte, neue Kleidung getragen hatte oder weil er Itachi kennen gelernt hatte. Aber dieses Mal, vergangenen Nacht, war mehr kaputt gegangen, als je zuvor. Sasuke hatte zu glauben gewusste, vergangene Nacht, als er im Schnee gelegen hatte, frierend und kurz darauf ohnmächtig, dass er alles verloren hatte. Die Wohnung, in der er für einige Zeit schlafen durfte, folgende warme Mahlzeiten, die neue Kleidung, an der ein Stück Unschuld geklebt hatte und letztendlich Itachi Uchiha, der ihm – ob Sasuke es wollte oder nicht – etwas bedeutete. Selbst heute Morgen noch wurde Sasuke von Itachi umarmt und getröstet. Selbst nach den Dingen die geschehen waren, empfand Itachi keinen Ekel. Oder wenigstens zeigte er das nicht. Doch das war Sasuke unbegreiflich. Er war kaputt. Er wusste das. Warum verstand Itachi das dann nicht? Als er vor einigen Minuten wach geworden war, hatte er sterben wollen. Wirklich. Er wollte das. Aber er konnte nicht. War aufgestanden und in den Flur gegangen, hatte sich ein Messer nehmen wollen, aber bis zur Schublade war er gar nicht erst gekommen. Er würde sich nicht in dieser Wohnung umbringen und Itachi damit in größtmögliche Scheiße reiten. Itachi nämlich konnte nichts dafür, dass Sasuke kaputt war. Er wusste das. Warum verstand Itachi das dann nicht? Sasuke merkte nicht, dass er sich andauernd dieselben Dinge fragte, dass er dieselben Dinge sagte. Das Wasser peinigte ihn. Warum verstand Itachi nicht, dass er kaputt war? Warum ließ er ihn nicht gehen und auf der Straße den Witterungen erliegen? Warum hielt er ihn am Leben? Am Leben erhalten. Leben. Sasuke lebte. Er spürte. Spürte das eisige Wasser und wusste, dass er nie hatte sterben wollen. Nie, nicht in vergangenen Tagen, egal wie dreckig es ihm gegangen war. Er hatte immer leben wollen, denn er wusste, sein Vater hatte gewollt, dass er lebte. Sasuke war ein Wunschkind. Sein Vater hatte ihn gewollt. Ihn geliebt. Sein Vater hatte gewollt, dass er lebte und deswegen musste Sasuke einfach leben. Leben wollen. Er wollte doch leben. Eine Träne floss seine Wange herab. Er wollte wirklich. Eine weitere. Nur manchmal… manchmal konnte er nicht. Und noch eine Träne. Er wusste, dass er kaputt war. Aber er wusste auch, dass er stark war. Er war stark. Er war’s doch. Und er wollte leben. Er wollte vergessen. Wollte leben. Und die Dinge vergessen. Als ihn die Tränen ihn dann übermannten und er den salzigen Geschmack derer im Mund spürte, fiel er in sich zusammen, sank in die Hocke und vergrub seinen Kopf in den Händen. Es tat weh. Das Wasser auf seinem Rücken schmerzte, es brannte, denn auch eiskaltes Wasser konnte brennen wie Feuer. Doch auch mit all dem Schmerz verschwanden die Gedanken und der Glaube an seinen Vater nicht. Und mit ihm kam der Wille zum Leben zurück, sodass Sasuke sich erhob, dass Wasser abdrehte, aus der Dusche stieg und sich in ein Handtuch wickelte. Er rubbelte sich trocken, zog die Klamotten wieder über und versuchte dann seine Haare ein wenig zu trocknen; er wollte sie jetzt nicht föhnen. Mit feuchten Haaren ging Sasuke dann durch den Flur ins Wohnzimmer. Itachi saß auf dem Sofa, massierte sich die Schläfen. Im Aschenbecher auf dem Tisch brannte ein Zigarettenstummel aus. Und im Sessel saß Kakashi mit Kaffeetasse in der Hand. Auch wenn Sasuke es besser wissen sollte, auch wenn er wissen sollte, dass Itachi und Kakashi ihm nichts antaten, fürchtete er sich augenblicklich und wich einen Schritt zurück. Itachi würde ihm nicht wehtun, er würde Kakashi das nicht erlauben und Kakashi würde das doch gar nicht wollen, oder? Sasuke merkte nicht, wie er wieder anfing an seinen Nägeln zu knabbern, doch als er Kakashis Blick sah, der zunächst grübelnd auf Itachi lag und sich ihm dann zuwandte, mitleidig wirkte und einladend, trat er näher und lies sich mit einigem Abstand neben Itachi aufs Sofa nieder. Er wollte leben, aber er wusste nicht, ob er stark genug war, sich den Menschen, die das Leben bereithielt, zu stellen. to be continued by Jess- Hosted by Animexx e.V. 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