Time Changed Everything von Riafya (HP/LV) ================================================================================ Kapitel 48: Runaway ------------------- Es ist Montag, meine Lieben und was bedeutet das? Richtig, Ayako ist in Verzug, dabei hatte ich euch doch das Kapitel schon am WE präsentieren wollen... na ja, egal, dafür kommt es heute. Ein großes Dankeschön an alle Kommischreiber des letzten Kapitels und natürlich allen voran an meine Beta, die vor euch allen dieses Kapitel gelesen hat. Sowohl auf Animexx, als auch auf Fanfiction.de wurde mir zum letzten Kapitel eine konkrete Frage von fast allen gestellt: Warum ist Ginny die neue Mira, wo sie eigentlich Neville mochte und Harry sie nicht leiden kann? Ganz einfach weil sie im normalen Schicksal, also in den Büchern, Harry geliebt hätte (wie wir alle wissen... leider). Das heißt, bei der Auswahl der Mira und des TA ist es egal, wie sich ihre Beziehung im neuen, von der Zeit manipulierten Schicksal entwickelt hätte, es geht nur ums Original. Von daher ist sie der einizige Charakter, der für diese Rolle in Frage kommt. Ich hoffe, das ist jetzt etwas klarer... und jetzt viel Spaß beim Lesen! ______________________________________________ Runaway Es war früh am Morgen und alle anderen schliefen wahrscheinlich noch, aber Hermione hatte sich aus dem Gryffindorturm geschlichen, um Neville zu besuchen. Sie machte sich große Sorgen um ihren besten Freund. Er hatte offenbar seine Seele verloren – etwas, das nicht einfach so geschehen konnte – und lag nun in einem Koma. Oder vielleicht bereits im sterben? Was sollte sie tun, wenn ihm etwas geschehen sollte? Er war einer der wenigen Menschen, die sie nicht verabscheuten oder herablassend behandelten. Außerdem war er ihr Freund. Er konnte doch nicht einfach so gehen. Das konnte er ihr nicht antun. Gut, ihr konnte er es vielleicht antun. Aber doch nicht Harry oder der Zaubererwelt. Hermione war nicht dumm. Sie wusste, dass Neville ein Schlüssel in diesem Krieg war, der kurz davor stand, England zu überrollen. Wenn er starb, waren sie alle verloren. Er musste leben und aus diesem Grund steckte höchstwahrscheinlich der dunkle Lord hinter allem, was passiert war. Hoffentlich fand Harry einen Weg, ihn zu retten. Das war die einzige Erklärung, die sie für seine plötzliche Flucht aus dem Krankenflügel am Vortag hatte. Er hatte Verbindungen zum dunklen Lord, nicht zuletzt durch seine Adoptivfamilie. Wenn jemand Neville also retten konnte, dann er. //Ich hoffe, er schafft es. Er muss es schaffen.// Allerdings hatte sie keine Ahnung, wie er es schaffen wollte. Wenn der dunkle Lord sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, würde ihn kaum jemand wie Harry von seinen Plänen abbringen können. Außer natürlich... Das Gespräch mit Luna fiel ihr wieder ein, damals bei dem Zaubertrankwettbewerb. Hatte sie da nicht angedeutet, dass die beiden eine tiefere Beziehung hatten, als alle glaubten? Wenn sie das dann mit der Tatsache in Verbindung brachte, dass Harry auf einmal mit einem vollkommen Unbekannten zusammen war, eröffneten sich viele neue Möglichkeiten. Es wäre nicht einmal so abwegig. Harry konnte sie sich gut an der Seite eines dunklen Lords vorstellen. Nicht, weil er grausam wäre, sondern weil er Menschen im Zaum halten konnte und einem das Gefühl gab, wichtig zu sein. Recht zu haben. Siegen zu können. Außerdem ließ er sich nicht einfach so von jemanden unterbuttern. Er leistete Widerstand, er widersprach, er ging seinen eigenen Weg und er war ein Wunderkind. Er war perfekt für einen dunklen Lord. Ein guter Verbündeter und eine Herausforderung zugleich. Demnach würde es sie tatsächlich nicht wundern, wenn Thomas Mask in Wahrheit der dunkle Lord wäre. Auf ihrem Weg zum Krankenflügel begegnete Hermione niemandem, aber als sie dort ankam, fand sie Ronald vor, der an Nevilles Bett saß und über ihn zu wachen schien. Verwirrt betrachtete sie dieses Bild. Irgendetwas daran wirkte falsch. Hasste Ronald Neville nicht, da er ihn für den Tod seiner Schwester verantwortlich machte? Hatte er ihn nicht immer verabscheut und ihm das schlimmste an den Hals gewünscht? Beneidete er ihn nicht eigentlich, weil er so viel mehr war, als er selbst es jemals sein könnte? Sehr merkwürdig... Langsam trat sie auf ihn zu und sah von ihm auf Neville. „Seine Lage ist unverändert“, meinte der Rothaarige, ohne aufzublicken. „Er liegt immer noch da und rührt sich nicht. Wir können nichts tun. Nur warten.“ „Und worauf?“, fragte sie. „Dass er stirbt?“ „Nein“, entgegnete er und sah sie an. „Darauf, dass Harry zurückkehrt.“ „Du glaubst also auch, dass er ihn retten kann?“ „Er ist der einzige, der es kann“, sagte Ronald ernst. „Und er wird es tun. Er wird Neville nie und nimmer sterben lassen.“ „Ich hoffe, du hast Recht“, sagte Hermione niedergeschlagen und setzte sich auf einen Stuhl an dem Bett ihres Freundes. Es war schrecklich, ihn so zu sehen. Ihn, den Helden, den Auserwählten, den Erretter. Er war immer stark gewesen. Nach Ginnys Tod, nach Ronalds Freundschaftskündigung, nach dem Trimagischen Tunier, während Harry kein Wort mit ihnen gesprochen hatte... Er hatte unbesiegbar gewirkt, aber jetzt kam die Realität und zeigte ihr, dass das nur ein Trugbild gewesen war. Neville war genauso verletzlich wie sie alle. Er hatte es nur zu verstecken gewusst. Ebenso wie sie selbst. Warum erkannte sie das erst jetzt? Das wirklich grausige war jedoch Rita Krimmkorns Artikel gewesen, der kurze Zeit nach Nevilles Zusammenbruch erschienen war. Sie hatte es so aussehen lassen, als würde der Auserwählte schon seit mehreren Tagen im Krankenflügel liegen und hatte die Schuld auf Professor Dumbledore und Hogwarts geschoben. Dabei konnte er nichts dafür! Es war der dunkle Lord, der hierfür verantwortlich war, nicht Dumbledore. Bevor sie sich weiter darüber ärgern konnte, wurde ihr Gedankengang von Ronalds Stimme unterbrochen: „Du solltest gehen. Ich spüre einen Wutanfall kommen und ich will dir nicht unnötig weh tun.“ Hermiones Augen weiteten sich, ehe sie nickte und eilig aufsprang. Vor einem Jahr waren seine Wutanfälle noch unkontrollierbar und unvorhersehbar gewesen. Inzwischen merkte er es, wenn einer kam und warnte sie rechtzeitig vor. Hatte einer dieser Anfälle einmal begonnen, war er nicht mehr er selbst. Er schrie, schlug und beschoss sie mit Flüchen. Sie hasste diesen Ronald. Aber hinterher war er immer nett und fühlte sich elend. Er war im Grunde ein netter Kerl, der niemanden absichtlich weh tun würde und inzwischen mochte sie ihn auch ganz gerne, aber.... Er war nicht Draco. „Wir sehen uns dann später“, sagte sie hastig und verließ beinahe fluchtartig den Raum. Sie wollte unter gar keinen Umständen noch einmal von ihm grün und blau geschlagen werden. So entfernte sie sich vom Krankenflügel und wurde damit nicht Zeugin dessen, was sich einige Zeit später darin ereignen sollte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Während er in seinem Traum in eisiger Kälte erwacht war, wurde Harry in der Realität von einer angenehmen Wärme begrüßt. Es war nicht so, dass der Raum besonders aufgeheizt gewesen wäre, es handelte sich vielmehr um eine innere Wärme, die seinen ganzen Körper auszufüllen schien und vor allem von seinem Bauch auszugehen schien. Unwillkürlich kuschelte er sich mehr an sein Kissen, um noch ein wenig zu dösen, als ihm etwas merkwürdiges auffiel: Sein Kissen bewegte sich. Auf und ab und auf und ab und auf und ab und auf und ab. Sehr eigenartig. Kissen bewegten sich nicht. Und was war da um seinen Körper geschlungen? Gut, da war die Decke, aber auch noch etwas anderes, etwas schwereres. Außerdem fühlte sich sein Kissenbezug seltsam an und er roch nach... Erschrocken riss er seine Augen auf, womit sofort seine Vermutung bestätigt wurde. Er lag auf Toms Oberkörper. Nicht nur das, er hatte seine Arme um dessen Oberkörper – der glücklicherweise bekleidet war – geschlungen und missbrauchte ihn als Kissen. Tom selbst hielt ihn ebenfalls fest und so wie er es einschätzte, würde es schwer sein, sich von ihm zu befreien. Vorsichtig sah Harry sich um und bemerkte, dass er in seinem Zimmer war. Gut, das bedeutete schon einmal, dass er nicht mitten in der Nacht zu Tom ins Bett geklettert war, denn er war sich sicher, allein eingeschlafen zu sein. Das wiederum bedeutete, dass der Ältere irgendwann zu ihm gekommen war. Warum? //Komm schon, Harry, das hatten wir doch bereits hinter uns gelassen.// Okay, die Frage war wirklich dämlich gewesen. Seufzend betrachtete er Toms Gesicht. Im Schlaf war es friedlich und entspannt, ganz anders als seine stets hochkonzentrierte, wache Ausgabe. Außerdem war die Andeutung eines Lächelns auf seinen Lippen zu erkennen und er hatte sich in der Nacht fest an Harry gedrückt und schien ihn tatsächlich als Kuscheltier zu verwenden. War das jetzt gut oder sollte er sich Sorgen machen? //Du hast ihn als Kissen missbraucht. Das ist nicht besser.// Ja, gut, aber... war es denn in ihrem Stand der Beziehung schon üblich, gemeinsam ein Bett zu teilen? //Manchmal weiß ich nicht, ob du einfach nur niedlich, naiv oder absolut bescheuert bist.// Warum war seine innere Stimme eigentlich nie auf seiner Seite? //Ich bin auf deiner Seite. Du bist es, der gegen dich arbeitet.// Wie auch immer, es war gar nicht mal so übel, mit ihm neben sich aufzuwachen. Es war sogar recht angenehm und wirkte seltsam beruhigend. Fast so, als... //Jaja, wir wissen inzwischen alle, dass du in ihn verliebt bist, dich eingeschlossen, Merlin sei Dank. Jetzt kannst du aufhören, deine Gefühle zu analysieren und dich wichtigerem zuwenden. Falls du es vergessen haben solltest, dein bester Freund – nach Felice – liegt im Krankenflügel, da dieser Mann, der dich hier festhält, ihm einen Horkrux auf den Hals gehetzt hat. Wenn du dich nicht beeilst, stirbt er und mit ihm wird alles zugrunde gehen, da das Schicksal dummerweise nicht auf unserer Seite ist.// Das mochte ja stimmen, aber wie sollte er etwas dagegen unternehmen? //Ginny meinte, dass die Lösung in der Tasche deines Umhanges sein müsste.// Ginny. Ronald Weasleys kleine Schwester. Sie war damals also gestorben, um eine Mira zu werden, eine Dienerin der Zeit. Ehrlich gesagt kam ihm das alles immer noch mehr als suspekt vor. Das Schicksal und die Zeit sollten wirklich ein Spiel gegeneinander spielen? Und sie waren alle nichts weiter als ihre Spielfiguren? Obwohl, das ging noch. Das wirklich erschütternde war eher die Tatsache, dass er, ausgerechnet er, ursprünglich Nevilles Rolle bekommen hätte. Er wäre der Auserwählte gewesen, er wäre der Held gewesen, er hätte Tom getötet und auf seinen Weg dorthin weiß Gott wie viele Menschen in den Tod gerissen. Darüber hinaus wäre er ausgerechnet mit Ginny Weasley zusammengekommen, die jetzt wohl so etwas wie die Vermittlerin zwischen ihm und der Zeit werden würde. Was würde als nächstes kommen? Fliegende Elefanten? //Das hast du wirklich wunderbar zusammengefasst, Severus würde dir sicher zehn Punkte dafür geben, aber könntest du jetzt endlich zur Sache kommen?// Könnte seine innere Stimme endlich ihre Klappe halten? Seufzend sah er Tom an und streckte aus einem Impuls heraus seine Hand aus, um damit dessen Wange zu berühren. Natürlich wusste er, wie er Neville retten konnte. Er musste den Horkrux zerstören. Dadurch würde der Seelenanteil seines Freundes wieder in den ursprünglichen Körper zurückkehren und er wäre im Nu wieder fitt. Das Werkzeug dafür, hatte die Zeit ihm wahrscheinlich in die Tasche seines Umhanges gesteckt und sie würde überdies sicher dafür sorgen, dass er ohne Probleme an das Tagebuch herankam. Eigentlich ganz einfach. Das Dumme war nur, dass ihm etwas überhaupt nicht an der ganzen Sache gefiel. Wenn er den Horkrux zerstörte, würde er damit auch Toms Seele zerstören? Höchstwahrscheinlich. Er kannte sich zwar nicht wirklich mit dieser Materie aus – es kam ihm überhaupt wie verbotenes Wissen vor, etwas, das für alle Ewigkeit unangetastet hätte bleiben müssen – aber er war dennoch überzeugt, dass die Seelenspaltung ein bestimmtes Ritual brauchte, das offensichtlich nicht rückgängig zu machen war. Zumindest hatte der Tom in dem Tagebuch so etwas angedeutet. Das hieß, wenn er Neville retten wollte, würde er einen Teil von Tom vernichten müssen. Er hatte gewusst, dass er irgendwann jemanden verraten würde, aber er hätte nie geglaubt, dass es Tom wäre. „Warum hast du das nur getan?“, fragte Harry traurig und strich ihm mit zwei Fingern über das Gesicht des Anderen. „Wolltest du unsterblich werden? Oder waren deine Gefühle unerträglich geworden und das war der einzige Weg, den du gefunden hast?“ Er regte sich leicht im Schlaf, wachte aber nicht auf. Gut so. Momentan würde er ihm wach nur im Weg sein. Vorsichtig beugte er sich vor und drückte ihm einen flüchtigen Abschiedskuss auf den Mund. Selbstverständlich wäre es besser gewesen, davon abzusehen, es würde das ganze nur noch schwerer machen, aber es musste sein. Er wusste nicht, wann er ihn wiedersehen würde. Ob er ihn wiedersehen würde. Manche Dinge wusste nämlich nicht einmal das Schicksal. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Der Tagebuch-Tom schien es ihm sehr übel zu nehmen, dass er ihn ein wenig manipuliert hatte, um herauszufinden, was mit Neville geschehen war. Zumindest war das seine einzige Erklärung dafür, dass er nicht auf ihn reagierte, als er das schwarze Notizbuch an sich nahm und versuchsweise hineinschrieb. So hatte er schon einmal ein Problem weniger. Der dunkle Lord hatte es wirklich gut versteckt und mit vielen Schutzzaubern gesichert. Harry brauchte mindestens eine Stunde, um sie zu brechen und befürchtete dabei andauernd, dass er erwischt werden würde, doch er hatte Glück. So kam es, dass er kurze Zeit später in Hogwarts ankam. Es war noch relativ früh, weshalb er auf seinem Weg zum Krankenflügel niemanden begegnete. Er sah nur Hermione eilig in einem Geheimgang verschwinden, als er um eine Ecke bog. Ob sie vor Ronald flüchtete? Diese Theorie verwarf er jedoch wieder, als er diesen im Krankenflügel sitzen sah. Er wirkte entspannt und hatte dem Eingang den Rücken zugedreht. Sein Blick war scheinbar auf Neville gerichtet, aber aus seiner Position konnte Harry das nicht hundertprozentig sagen. An einem anderen Tag hätte er sich gefragt, was er hier zu suchen hatte, aber nicht heute. Nicht nachdem er erfahren hatte, dass Ginny die neue Mira war. Wenn schon die Zeit Gehilfinnen hatte, wie viele hatten dann die Miras? Es war nur wahrscheinlich, dass es mehrere Menschen gab, mit denen sie Kontakt aufnahmen und ihre Ziele umsetzen wollten. Ronald wäre dafür sicher auch extrem gut geeignet. Jeder wusste, dass er den Tod seiner Schwester sehr schlecht verkraftet hatte. Sie wiederzubekommen, in welcher Form auch immer, musste ihm wie ein Geschenk des Himmels vorkommen und er war bestimmt dazu bereit, ihr den ein oder anderen Wunsch zu erfüllen. Das Schicksal zu bekämpfen zum Beispiel. Darüber hinaus konnte Harry sich gut vorstellen, dass Ronald sich in dieser Rolle gefiel. Der Bezwinger des Schicksal, der Kämpfer für die Zeit. Heldenhaft, ehrenhaft, mutig. Zu dumm, dass nicht er der Tempus Amicus war, sondern Harry. Kein Wunder, dass er ihn nicht leiden konnte. Schweigend stellte er sich neben ihn und musterte Nevilles blasses Gesicht. „Er wird es nicht mehr lange machen“, teilte der Weasley ihm mit. „Er ist so gut wie tot.“ „Ich weiß“, sagte Harry leise. „Weißt du, wie man ihm helfen kann?“ Harry schwieg für einen Moment, ehe er nickte. „Ja.“ Langsam holte er das Tagebuch und den Gegenstand, den er in seinem Umhang gefunden hatte, hervor. Dabei handelte es sich um eine kleine Phiole mit einer klaren Flüssigkeit, die Harry für Basiliskengift hielt. Es gab kein Gift, das tödlicher oder zerstörerischer wäre. Ein Tropfen davon genügte, um ein Leben binnen weniger Minuten zu beenden. Offenbar funktionierte es auch mit Horkruxen. Ronald betrachtete die beiden Gegenstände interessiert. „Wir müssen also das Buch zerstören, um ihn zu retten?“ „Genau. Sobald wir es geschafft haben, müsste Nevilles Seele zu ihm zurückkehren und er wird wieder vollkommen gesund sein.“ Der Junge lächelte erleichtert. „Was für ein Glück. Aber wie zerstören wir es?“ „Indem wir ein Messer oder eine Klinge nehmen und sie mit dieser Flüssigkeit tränken“, er deutete auf das Gift. „Allerdings müssen wir aufpassen, dass sie nicht mit unserem Blut in Berührung kommt, weil wir sonst sterben würden. Und Madam Pomfrey darf nichts mitbekommen.“ „Keine Sorge, um die habe ich mich gekümmert“, sagte Ronald ernst. „Sie wird uns nicht stören.“ Harry sah ihn an und fragte sich einmal mehr, was das Geheimnis dieses Menschen war. Wie war er so schnell so talentiert geworden? Wieso hatte die Zeit ihn zu einen ihrer Verbündeten gemacht? Warum rettete er Neville trotz allem? Wer war er eigentlich? Er hatte gedacht, die Antwort zu kennen, aber wie es aussah, hatte er sich geirrt. Schweigend beobachtete er, wie der Rothaarige ein kleines Messer hervorholte. „Das wird reichen, oder?“ Harry nickte, woraufhin er ihm die Phiole abnahm und vorsichtig etwas von der Flüssigkeit auf die Klinge träufelte. „Ich weiß, dass du ihn liebst“, sagte Ronald leise. „Deshalb werde ich es für dich tun. Bitte halte mich nicht auf.“ „Das habe ich nicht vor“, meinte er und trat ein paar Schritte zurück. Das hier war richtig. Es ging darum, Neville zu retten, alles zu retten und vor allen Dingen, dem Schicksal eins auszuwischen. Ob das der Grund dafür war, warum sich das alles so falsch anfühlte? Trotzdem sah er nur unbeteiligt zu, als der Rothaarige das Messer hob und es in das Tagebuch stieß. Die Reaktion war beeindruckend. Ein grässlicher, markerschüttender Schrei ertönte, bei dem sie beide zusammenzuckten. Der Tom aus dem Tagebuch erschien und sah sich gepeinigt um. Kurz sah er so aus, als wolle er sich auf Ronald stürzen, ehe sein Blick auf Harry fiel. Er schien geradezu zu erstarren, während er sich mit einer Hand die Brust hielt. „Du...“, stieß er aus. Sein Gesicht wirkte mehr als erschüttert, als er erkannte, dass er von ihm verraten worden war. „Wie konntest du? Von allen Menschen dieser Welt?“ Hinter ihm strömte eine weiße, gasförmige Substanz aus dem Tagebuch auf Neville zu und schien ihn einzuhüllen. War das seine Seele? Ronald, der sich von seinem Schock wieder erholt hatte, riss das Messer aus dem Buch und stieß noch einmal hinein. „Für Ginny!“, rief er aufgebracht. Tom schrie wieder auf und fiel hilflos auf die Knie, während sein betrogener Blick auf Harry gerichtet war. „Wir haben dir vertraut!“, kreischte er und jedes seiner Worte fühlte sich wie Hiebe an, die in sein Herz geschlagen wurden. „Wir haben dich geliebt! Wir hätten dir die Welt gegeben! Warum...?“ Er kroch langsam auf Harry zu und griff nach dem Zipfel seines Umhanges, während Ronald hinter ihm wie ein Besessener immer wieder in das Tagebuch stieß. „Warum, Harry?“ Angesprochener riss sich von ihm los und stolperte ein paar Schritte rückwärts. Ihm wurde schlecht. Diese Szene fühlte sich wie ein grauenvoller Albtraum an, dem er nicht entkommen konnte. Merlin, was hatte er getan? Tom wurde schließlich zu einer durchsichtigen Silhouette und lag wimmernd auf dem Boden. Ein letzte Mal streckte er noch seinen Arm hilfesuchend nach ihm aus, bevor er mit einem gehauchten „Harry...“ verschwand. Der Horkrux war zerstört. Kraftlos ließ er sich auf das nächste Bett sinken und sah zu Ronald hinüber, der inzwischen dazu übergegangen war, das Tagebuch mit seinen eigenen Händen zu zerfetzten. Er wirkte vollkommen wahnsinnig. War es eine gute Idee gewesen, ihn das alles machen zu lassen? //Ja, denn du hättest es nicht gekonnt. Sieh dich doch an, du kannst jetzt nicht einmal mehr stehen.// Sein Verstand hatte Recht. Auch, wenn er wusste, dass Neville gerettet werden musste, Toms Seele dafür zu zerstören war bitter und tat weh. Es war fast, als hätte er den Mann getötet, obwohl das Unsinn war. Er lebte noch. Er musste noch leben. //Und er wird dich umbringen, wenn er dich zwischen seine Finger bekommt.// Oh ja, das würde er. Das erste Mal in seinem Leben hatte Harry Todesangst und es fühlte sich alles andere als angenehm an. Wenigstens schien Ronald sich wieder zu beruhigen, zumindest ließ er die Reste des Tagebuches mit einem einfachen Incendio verbrennen, ehe er sich erschöpft auf den nächsten Stuhl sinken ließ. Daraufhin herrschte für einige Minuten Stille, ehe sich plötzlich Neville zu rühren begann. Aus einem Impuls heraus sprang Harry auf. „Kümmere du dich um ihn“, sagte er zu Ronald. Dieser starrte ihn verdutzt an, ehe er verstehend nickte. „Mache ich. Bis bald. Ich bin sicher, wir werden uns wiedersehen... So oder so.“ „Ja, das werden wir. Bis bald.“ Damit drehte er sich um und eilte aus den Krankenflügel, während er hörte, wie Neville hinter ihm langsam aufwachte. Er wusste nicht, warum, aber seine Zeit in Hogwarts war vorbei. Er konnte es spüren, heute würde er das Schloss ein für alle Mal verlassen. Im Prinzip hätte er das ohnehin getan. Eigentlich sollte er schon lange eine Klasse überspringen, aber er hatte es immer abgelehnt, wahrscheinlich, um mit Neville in einem Jahrgang zu bleiben. War es sein Schicksalsfaden gewesen, der ihn dazu gebracht hatte oder die Zeit? Er hatte keine Ahnung. Unbehelligt erreichte er den Ravenclawturm, doch dort traf er auf Stephen, der mit den anderen aus ihrem Jahrgang auf den Weg zum Frühstück war. Harry lächelte ihnen zu und meinte, dass er gleich nachkommen würde. Sie glaubten ihn. Es gab keinen Grund, es nicht zu tun. Während er seine Sachen zusammenpackte, begriff er, warum er jetzt gehen musste. Würde er länger bleiben, würde Tom es irgendwie schaffen, ihn zu sich zu locken und ihn höchstwahrscheinlich dafür büßen lassen, dass er seinen Horkrux zerstört hatte. Da die Wut noch frisch sein würde, könnte ihn nichts stoppen und mit etwas Pech würde er wirklich dabei draufgehen. Deshalb war es besser, ihm eine Weile aus dem Weg zu gehen, bis er sich wieder beruhigt hatte. Die einzige Möglichkeit, das zu tun, wäre jedoch, sich hinter Dumbledores Rücken zu verstecken und das würde er nicht einmal tun, wenn ihm keine andere Wahl blieb. Zu James oder Narcissa konnte er auch nicht. Es würde sie in Gefahr bringen, wenn er sich bei ihnen verkroch und das konnte er nicht verantworten. Dasselbe galt für Neville, Hermione, Remus und Severus. Großbritannien im allgemeinen war keine Option für ihn und somit blieb nur noch ein Ort übrig. Seufzend verkleinerte er seinen Koffer und steckte ihn in seine Tasche, ehe er noch ein letzte Mal seinen Blick durch sein Zimmer schweifen ließ. „Tja... das war es dann wohl.“ Eine halbe Stunde später disapparierte er. Als Schüler würde er nie wieder nach Hogwarts zurückkehren. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Liebe Familie, liebe Freunde, lieber Thomas, verzeiht mein plötzliches Verschwinden und dass ich euch erneut Sorgen bereitet habe. Das letzte Jahr hat nun endgültig seine Früchte gezeigt und ich musste einfach weg. Weg von euch, weg von England, weg von meinem Leben. Versteht bitte, dass ich es tun muss, sonst werde ich verrückt. Ich versichere euch, dass ich mich an einen sicheren Ort befinde und dass ich wiederkommen werde, aber bis dahin müsst ihr mir Zeit lassen. Ich brauche sie. In Liebe, Harry ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Tom zerknüllte das Pergament und drehte sich zu Lucius um, der sich unter den Qualen des Cruciatusfluches auf dem Boden wand. Mit einem Schlenker seines Zauberstabes löste er den Fluch auf. Der Mann ließ sich erleichtert fallen und versuchte, seinen Atem zu beruhigen. Sinnlos. Er war lange noch nicht fertig mit ihm. Langsam ging er auf ihn zu und kniete sich neben ihn, während er mit einer Hand beinahe zärtlich durch seine Haare strich. „Habe ich das richtig verstanden, dass du ihm die Erlaubnis gegeben hast, Hogwarts zu verlassen?“ Er nickte. „J...ja, Mylord.“ „Und habe ich dem zugestimmt?“ Er schluckte. „N...nein, Mylord.“ „Nein...“, wiederholte Tom und tätschelte seine Wange, während die Augen seines Opfers ihn angsterfüllt ansahen. „Dann frage ich mich wirklich, wie es kommt, dass du es ihm dennoch erlaubt hast.“ Oh, es war wunderbar jemand so stolzes und starkes wie Lucius Malfoy so gebrochen und furchtsam zu erleben. Wie gerne er doch Harry so sehen würde, zerbrochen, verängstigt, ihm vollkommen ausgeliefert. Er würde ihn nehmen, ihn in alle Einzelteile zerlegen, um ihn danach liebevoll und fürsorglich wieder zusammenzusetzen, sodass nur noch er in seinen Gedanken Platz hatte. Dieser eigenwillige, wunderschöne Junge mit seinen süßen Lippen und dieser mehr als süchtig machenden Aura. Dieser verlogene, gerissene, hinterhältige Verräter. Aber er war nicht hier und der Grund dafür lag vor seinen Füßen. „Er... er sagte, es sei für seine Ausbildung, Mylord“, erklärte Lucius in einer jämmerlichen Stimmlage. „Er meinte, er würde an einen Ort gehen, wo man ihm beibringen könnte, mit seinen Fähigkeiten als Tempus Amicus umzugehen. Ich glaubte, es sei in Eurem Interesse...“ „Du glaubtest, es sei in meinem Interesse“, wiederholte Tom und gluckste leise. „Oh Lucius, ich muss sagen, ich bin enttäuscht. Du glaubtest also, du wüsstest, was in meinem Kopf vor sich geht? Was ich mir wünschen könnte und was meinen Zielen entspricht?“ Der Blonde schluckte, offenbar hatte er spätestens jetzt erkannt, dass er ein großes Problem hatte. Beinahe spielerisch begann Tom damit, seinen Zauberstab auf der Haut des Todesser entlangfahren zu lassen. „Du hast dich geirrt, Lucius“, hauchte er sanft. „Es war weder mein Wunsch, noch mein Interesse, dass Harry sich von mir entfernt. Er sollte hierbleiben, an meiner Seite und nicht irgendwohin verschwinden, wo wir ihn vielleicht niemals wiederfinden können.“ Er drückte etwas fester mit seinem Zauberstab auf, weshalb Lucius unwillkürlich zusammenzuckte. „Wenn er zu den falschen Leute kommt, könnte ihn das jetzt für immer von uns entfernen. Er könnte zu dem lächerlichen Schluss kommen, Neville Longbottom sei die richtige Seite. Ist es das, was du dir vorgestellt hast?“ „N...nein, Mylord.“ „Falsche Antwort. Crucio.“ Tom sonnte sich kurz in seinen Schreien, ehe er den Zauber wieder löste und mit einer Handbewegung die Tür zu dem Raum öffnen ließ. „Schafft ihn mir aus den Augen“, befahl er und sofort kamen Bellatrix und Severus herein, um den Malfoy hinauszutragen. Sobald sie weg waren, griff er nach der nächsten Vase und schleuderte sie an die Wand. Wie konnte er es wagen? Zuerst manipulierte er seinen Seelenteil, dann tat er so, als hätte er ihm vergeben, um gleich am nächsten Tag seinen Horkrux – seine Seele – zu zerstören und spurlos zu verschwinden. Und wofür das alles? Für Neville Longbottom. Oh, wie er diesen Namen hasste. Ursprünglich hatte er vorgehabt, den Auserwählten entweder durch sein Tagebuch oder mit einem einfachen Avada sterben zu lassen, aber das war jetzt hinfällig geworden. Wenn er jemals an ihn herankommen sollte, würde er ihn in den Wahnsinn foltern, ihn stunden-, tagelang leiden lassen und erst töten, wenn er für einen Moment glaubte, es sei endlich alles vorbei. Er würde für alles bezahlen. Dafür würde er schon sorgen. Wutschnaubend drehte er sich um und ging zu seinem Schreibtisch, wo sein Blick sofort auf das Bild von Harry fiel, das er dort stehen hatte. Vorsichtig – als sei es sein wertvollster Besitz – griff er danach und hob es hoch. Schweigend musterte er seine hübschen Zügen und seine leuchtenden, grünen Augen. Liebevoll fuhr er mit seiner freien Hand darüber. Harry... wenn er ihn fand – und das würde er, selbst wenn er dafür die ganze Welt auseinandernehmen musste – würde er es sich zweimal überlegen, bevor er ihn noch einmal auf eine solche Art und Weise verriet. Oder bevor er noch einmal weglief. „Du gehörst mir“, zischte er auf Parsel. „Und du kannst mir nicht entkommen. Egal, wo du bist.“ Der Harry auf dem Bild sah ihn unbeeindruckt an. Also stellte er es wieder zur Seite und atmete tief durch. Er musste sich beruhigen. Für das, was nun kommen würde, brauchte er einen klaren Kopf. Seine Rache würde schon noch kommen. Jetzt gab es aber erst einmal viel zu tun. Ohne den Jungen noch eines Blickes zu würdigen, rauschte er aus dem Raum. Es wurde Zeit für eine Todesservollversammlung. __________________________________________________ Ich bin ziemlich froh, nicht in Harrys Haut zu stecken... *drop* Oder in Lucius'... Übrigens hab ich das Gespräch zwischen den beiden bewusst ausgelassen, falls sich jemand über den Sprung wundern sollte. ;) Nächstes Mal gibt es noch einen kleinen Epilog. Bis dahin wünsche ich euch schöne Tage! Liebste Grüße, eure Ayako Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)