Time Changed Everything von Riafya (HP/LV) ================================================================================ Kapitel 30: Harry - The Therapist --------------------------------- Hallo ihr Lieben! Heute an diesem – bei mir – sehr grauen Donnerstag gibt es ein Lichtblick am Horizont: Ein neues Kapitel von Time Changed... *von einer Tomate beworfen wird* Okay, okay, dann eben kein Lichtblick. Ein neues Kapitel gibt es trotzdem. Und dazu kommt ein großes Dankeschön an meine liebe Beta, an die Kommischreiber des letzten Kapitels und alle anderen Leser. Viele von euch haben angemerkt, dass sie das Pairing Ron/Hermione ebenso sehr lieben wie ich, nämlich gar nicht. Trotzdem muss ich an dieser Stelle verkünden, dass es eine ganze Weile bestehen bleiben wird. Aber macht euch keine Sorgen, es wird keinesfalls eine glückliche, kitschige Beziehung werden und Hermione wird sich bald wünschen, sie hätte sich niemals auf ihn eingelassen. Was ihren „Vollidiot“ anbelangt: Ich bin immer noch gespannt, wer von euch als erstes die RICHTIGE Theorie aufstellen wird. *grins* Aber solange wünsche ich euch erst einmal viel Vergnügen mit einer kleinen Nagini-Voldemort-Abraxas-Szene. Was der alte Malfoy wohl bei seinem alten Freund will? Liebe Grüße, eure Ayako ____________________________________ Harry – The Therapist Zusammengerollt lag Nagini vor dem Kamin und genoss die Wärme, während ihre Augen verärgert auf ihren Meister gerichtet waren, der wieder einmal viel zu beschäftigt war, um ihr seine Aufmerksamkeit zu widmen. Was für eine Ungerechtigkeit! Kaum war Harvey-Harry hier gewesen, hatte er alles stehen und liegen lassen, nur um ihn wie ein Schatten durch das ganze Haus zu folgen. Als ob dieser elende Junge das nicht allein hinbekommen hätte! Er war ein – fast – erwachsener Mann. Er brauchte keinen Bodyguard. Überhaupt, was fiel ihm eigentlich ein, ihren Meister so zu behandeln, wie er es tat? Er beleidigte ihn. Er machte sich über ihn lustig und insgeheim – davon war sie überzeugt – ging es ihm nur um seine Macht! Oh ja, Harvey-Harry war schlecht für ihren Meister! Er lenkte ihn von seinen Zielen ab und ließ ihn glauben, dass er ihm vertrauen könnte! Als ob das stimmen könnte. Er war sicher ein Spion von Duddelbore und sein einziges Ziel war es, ihren Meister zu vernichten! Doch das würde sie zu verhindern wissen, oh ja! Niemand, nicht einmal dieser seltsame Junge mit der zugegebenermaßen wohltuenden Aura hatte das Recht, ihn zu hintergehen! Er würde schon noch sehen, was er davon hatte. Zufrieden stieß sie ein leises Zischen aus, was ihren Meister überraschenderweise dazu brachte, leise zu glucksen. „Wessen Tod planst du gerade, meine Liebe?“, fragte er amüsiert und blickte tatsächlich von den Papieren auf, die Lucius Malfoy ihm vor einer Weile gebracht hatte. Tod... kein schlechter Gedanke. Doch sie würde Harvey-Harry nichts zu Leide tun. Auch, wenn sie ihn nicht mochte – und bezweifelte, ihn jemals mögen zu können – so war er ihrem Meister wichtig. Obwohl es ihr gar nicht gefiel, schien er ihn tatsächlich zu brauchen, nicht nur für den Krieg, sondern auch für sein eigenes Seelenheil und somit würde sie ihn in Frieden lassen. Doch ihre Augen würden offen sein. Und sollte er auch nur eine falsche Bewegung machen, konnte er sein blaues Wunder erleben. „Niemandes Tod“, sagte sie träge. „Ich bin nur gelangweilt. Die letzten Tage sind recht ereignislos gewesen und auch Ihr tut nichts anderes mehr, als zu arbeiten. Wenn doch nur Gellert wieder hier wäre. In seiner Gegenwart habt ihr zumindest noch Klavier gespielt und nicht nur gearbeitet oder über Büchern gebrütet.“ Er nickte langsam. „Es ist wahr“, sinnierte er. „Als er noch lebte, war vieles anders. Doch diese Zeit ist vorbei. Er ist tot und wird auch nie wiederkommen.“ „Als dieser Junge hier war, habt Ihr auch aufgehört zu arbeiten“, bemerkte sie spitz. Er richtete seinen Blick auf dieses Bild von Harvey-Harry, das nach wie vor auf seinem Schreibtisch stand und lächelte leicht. „Ja, es stimmt. Harry... ist eine Wohltat.“ „Eine Wohltat“, wiederholte sie spöttisch. „Dieses Kind?“ „Er ist kein Kind, Nagini“, entgegnete er, ohne sie anzusehen. „Ich glaube, er ist nie ein Kind gewesen.“ Könnten Schlagen ihre Augen verdrehen, würde sie das in diesem Augenblick machen. Was war an diesem Jungen nur so besonders? Er hatte doch sie! Das war in den vergangenen Jahren auch immer genug gewesen. Warum also jetzt nicht mehr? Beleidigt rollte sie sich noch mehr zusammen, als sie es zuvor getan hatte und schmollte. Was wie immer nicht bemerkt wurde. Gemeinheit! Mehrere Minuten lang herrschte Stille, doch plötzlich konnte sie in der Ferne langsame Schritte hören, die immer näher kamen. Neugierig blickte sie auf und kurze Zeit später betrat Abraxas Malfoy den Raum. Sofort hob sich ihre Stimmung schlagartig. Der Mann war der älteste Freund ihres Meisters und hatte ihm in den letzten Jahren stets geholfen. Auf ihn konnte man sich verlassen. Er folgte ihm nicht wegen seiner Macht. Er war anders als dieser Harvey-Harry, oh ja! Allerdings sah er seltsam aus. Er zitterte und sah sehr weiß aus. War das ein schlechtes Zeichen? Ihr Meister sprang auf, sobald er ihn sah und breitete zur Begrüßung seine Arme aus. „Abraxas, was für eine wunderbare Überraschung! Was führt dich zu mir?“ Das Oberhaupt der Familie Malfoy lächelte und ließ sich von ihm auf einen Sessel dirigieren. „Brauche ich einen Grund, um meinen besten Freund zu besuchen, Tom?“ „Nein, natürlich nicht“, erwiderte er, während seine Augen besorgt seine Erscheinung abtasteten. „Möchtest du etwas trinken oder essen?“ „Ein Glas Elfenwein wäre bezaubernd“, sagte Abraxas. „Wenn es dir keine Umstände macht.“ „Sei nicht albern“, ihr Meister schwang mit seinem Zauberstab und im nächsten Moment hatten sie beide Gläser in der Hand. „Du wirst mir niemals Umstände machen, mein alter Freund. Deshalb sage mir endlich, warum du hier bist. Ich kenne dich nun lange genug, um zu wissen, dass dich etwas beschäftigt.“ Der Malfoy nippte an seinem Wein, ehe er ihm antwortete: „Du hast natürlich Recht. Ich... muss mit dir eine Sache von höchster Wichtigkeit besprechen.“ Beunruhigt entrollte sich Nagini und schlängelte sich zu ihnen hinüber. Sein Tonfall gefiel ihr nicht im Geringsten. „Worum geht es?“, fragte ihr Meister und musterte ihn ausdruckslos. Langsam glitt sie auf seine Sessellehne und sah über seine Schulter hinweg zu dem Mann hinüber, der ihr sofort ein begrüßendes Nicken schenkte. „Sieh mich an, mein Freund“, begann er. „Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen. Ich bin alt geworden und glaube nicht, noch lange auf dieser Erde wandeln zu können. Mein Leben neigt sich dem Ende zu.“ Was? Das war doch nicht sein Ernst! Doch ihr Meister nickte langsam, was bedeutete, dass es doch sein Ernst war. Aber das konnte nicht sein! Nicht Abraxas! „Es war ein gutes Leben. Ich habe großartige Freunde gehabt und eine wunderbare Frau. Ich habe dir und Gellert helfen können, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Ich habe eine Sohn und zwei bezaubernde Enkel. Ich habe genug erreicht und werde dem Tod mit Fassung ins Auge blicken können. Aber ich sorge mich um die, die ich zurücklassen werde.“ Er fixierte die Augen ihres Meister mit einem ernsten Blick. „Ich weiß, dass du ein Auge auf Harvey und Lucius haben wirst. Mein Sohn ist dir bereits ein guter Berater und vielleicht sogar ein Freund geworden. Was deine Beziehung zu meinem Adoptivenkel anbelangt, gebe ich zu, dass ich sie nicht ganz durchschaue, doch ich bin mir sicher, dass er jemand ist, auf den du aufpassen wirst. Auch Narcissa bereitet mir keine Sorgen. Sie ist stark und lebt durch ihre Familie. Nun bleibt nur noch Draco und er ist es, wegen dem ich zu dir komme.“ „Ich kann nichts für deinen Enkel tun, Abraxas“, sagte Naginis Meister langsam. „Er ist ein guter Junge, gewiss, doch...“ „Du hast es erfasst. Er ist ein Junge. Ein Kind. Harvey ist seit dem Tag, an dem ich ihm das erste Mal begegnete viel zu erwachsen gewesen, doch Draco ist ein Kind. Ich möchte nicht, dass du ihm irgendeine Sonderbehandlung zuteil werden lässt oder ihm das Leben auf irgendeine Art erleichterst. Ich wünsche mir nur, dass du bedenkst, dass er tatsächlich ein Kind ist und ihm die Fehler seiner Jugend verzeihen wirst, sollten sie sich jemals offenbaren. Er weiß es nicht besser, Tom. Er würde unserer Sache niemals willentlich schaden.“ „Von welchen Fehlern sprichst du?“, fragte er misstrauisch. „In was hat sich dein Enkel hinein manövriert?“ „Das ist etwas, das du selbst herausfinden musst“, erwiderte Abraxas gelassen. „Doch versprich mir, dass du ihn nicht für Fehler bestrafen wirst, die er seiner Jugend zu verschulden hat. Er wird dir eine große Bereicherung werden, da bin ich mir sicher.“ Nagini verengte ihre Augen. Wovon sprach er? Was war mit seinem seltsamen Enkel? Und was sollte das für ein Fehler sein? Es war alles höchst verdächtig. „Nun gut“, flüsterte ihr Meister plötzlich. „Ich verspreche dir, ihn nicht für Dinge zu bestrafen, die seiner Jugend zu Schulde kommen. Aber für alles weitere kann ich nicht garantieren.“ „Selbstverständlich“, sagte Abraxas und lächelte erleichtert. „Ich danke dir, Tom.“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Harry war nicht oft im Büro des Schulleiters. In der Regel war dies ein Ort, dem er lieber aus dem Weg ging. Allerdings musste auch er zugeben, dass es äußert beeindruckend war. Die Portraits an den Wänden schliefen, als er den Raum betrat – oder taten sie nur so – und Dumbledores Phönix, dessen Name Fawkes war, soweit er sich erinnerte, saß auf seiner Stange und fixierte ihn sofort mit seinen unergründlichen Augen. Dies brachte ihn dazu, sich zum wiederholten Male zu fragen, warum er sich gerade Albus Dumbledore als Besitzer ausgesucht hatte. Seinen bisherigen Recherchen nach, waren Phönixe nicht dafür bekannt, sich Menschen anzuschließen. Sehr mysteriös. Zwei weitere Gegenstände, die ihm ins Auge fielen, waren der sprechende Hut, der wahrscheinlich bereits das nächste Lied dichtete und das Schwert von Gryffindor, dass Neville damals aus der Kammer des Schreckens mitgebracht hatte und seitdem von Dumbledore verwahrt wurde. Der Schulleiter selbst war nirgends zu sehen, doch das hatte nichts zu bedeuten. Würde ihn nicht wundern, wenn er ihn von irgendwo aus beobachtete. Severus hatte ihm bereits die Hölle heiß gemacht. „Bist du nicht ganz bei Sinnen?“, hatte er gefragt, als er ihn nach dem Abendessen abgefangen und in eine dunkle Ecke gezogen hatte. „Wie bist du auf die geniale Idee gekommen, Albus Dumbledore vor der ganzen Schule zu provozieren? Du weißt doch, dass er nur nach einer Gelegenheit gesucht hat, dich in sein Büro zu locken und mit dir allein zu sprechen. Er braucht dich Harry, genauso wie der dunkle Lord dich braucht und er wird alles tun, um dich zu bekommen.“ //Das werden beide//, dachte Harry mit einer Spur Sarkasmus und schloss die Tür des Büros hinter sich. //Bisher macht der dunkle Lord einfach nur einen besseren Job. Aber jetzt hat Dumbledore die Chance, zuzuschlagen. Mal sehen, wie er sie nutzen wird.// „Professor?“, rief er und sah sich misstrauisch um. „Ah, Harry!“, antwortete auch sofort seine über motivierte Stimme und kurz darauf kam er hinter einer Säule hervor. „Wie schön, dass du kommen konntest! Setz dich doch, mein lieber Junge und mach es dir bequem. Immerhin sind wir nicht hier, um eine Strafe abzusitzen, sondern um uns ein wenig zu unterhalten, nicht wahr?“ „Selbstverständlich, Sir“, erwiderte Harry höflich und ließ sich auf einem gemütlichen Sessel vor Dumbledores Schreibtisch nieder, während er sich dahinter auf einen Stuhl platzierte und ihn anstrahlte. „Allerdings wäre es sehr freundlich, wenn Sie endlich aufhören würden, mich als Ihren Jungen zu bezeichnen.“ „Natürlich, mein lieber Junge“, entgegnete er immer noch strahlend. „Doch lass uns nicht weiter auf unseren Differenzen herumpochen, sondern lass uns etwas suchen, was uns verbindet.“ „Und was soll das sein?“, fragte Harry mit gehobenen Brauen. „Zu Anfang würde ich eine Tasse Tee vorschlagen?“, begann er. „Möchtest du lieber Earl Grey oder Grünen Tee oder eine gänzlich andere Sorte?“ „Earl Grey wäre wunderbar“, erwiderte der Schüler herzlich, beschloss aber, vorsichtig zu sein. Am Ende würde seine Tasse voller Veritaserum sein. //Dann hätte Severus dich gewarnt.// Nicht, wenn er es nicht wusste. Trotzdem nahm Harry dankbar eine Tasse des Tees entgegen und nippte daran. Zumindest schmeckte es nicht auffällig, doch das hatte nichts zu bedeuten. „Ich muss sagen“, fuhr Dumbledore nach einem Moment der Stille fort, „dass mich dein Verhalten heute in der Großen Halle überrascht hat. Einen solch... rebellischen Tonfall ist man nicht von dir gewohnt. Aber mach dir keine Sorgen, ich bin nicht verärgert. Jeder hat sein gutes Recht, seine Meinung zu äußern, auch wenn die deinige äußerst betrüblich ist.“ Seine Augen wurden ernst, während er ihn durch seine Halbmondbrille hinweg anstarrte. „Ich bereue es jeden Tag aufs Neue, dass ich es zuließ, dass du in Malfoy Manor aufwachsen musstest, Harry, denn dadurch habe ich dich im Grunde direkt in Toms Arme getrieben.“ „Dann hätten Sie vielleicht früher über ihr Handeln nachdenken sollen, Sir“, meinte Harry schulterzuckend und sah zu dem Phönix hinüber, der ihn wie sein Herr neugierig musterte. Sie waren wirklich wunderschöne Wesen. Dumbledore seufzte leise. „Du hast Recht. Ich habe einen großen Fehler begangen und...“ „Soweit waren wir bereits, Professor. Ich weiß, dass Ihnen alles Leid tut und Sie es bereuen. Doch es ändert nichts. Es ändert nicht, dass ich in einer schwarzmagischen Familie aufgewachsen bin, noch dass meine biologischen Eltern mich im Stich gelassen haben oder dass ein dunkler Lord alles versucht, um mich auf seine Seite zu ziehen. Es ist mir egal, warum geschehen musste, was geschah und inwiefern Sie daran beteiligt sind, denn es wird nichts ändern.“ „Ja, es wird nichts ändern“, stimmte der Schulleiter ihm zu. „Auch nicht die Tatsache, dass du ein Tempus Amicus bist.“ Für den Hauch einer Sekunde war Harry zu überrascht, um überhaupt etwas zu tun, doch dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. „Ah, Sie haben sich also endlich dazu entschlossen, die Katze aus dem Sack zu lassen. Finden Sie nicht, dass Sie sechs Jahre zu spät kommen?“ „Harry...“ „Sie haben es meiner Mutter gesagt“, fuhr er fort, „und damit meine Familie zerstört. Sie haben es meiner Mutter gesagt, damit Sie sie dazu überreden konnten, mich in Ihre Obhut zu geben. Sie haben es meiner Mutter erzählt...“ „...um dich zu retten“, sagte er und brachte ihn damit zum verstummen. „Ich habe es ihr gesagt, damit sie die Gefahr sieht, die über dir schwebt, dich umgibt und dich irgendwann auffressen wird, wenn niemand dafür sorgt, dass du davor geschützt wirst. Das Schicksal eines Tempus Amicus...“ „...führt ihn stets an den Rand der Verzweiflung, in ungeahnte Schmerzen und oft in die Einsamkeit“, vollendete Harry seinen Satz. „Ich weiß, Sir. Ich weiß, dass es ein Fluch ist, ich weiß, dass es gefährlich ist, aber das können weder Sie noch ich ändern. Das Schicksal lässt sich nicht betrügen und das wissen Sie ebenso gut wie ich. Sie können mich nicht davor beschützen. Sie können nur dafür sorgen, dass es nicht noch mehr Menschen erfahren.“ Er sah ihm entschlossen in die Augen. „Ich bin immer noch ein Schüler, Sir. Ich möchte bis zum Ende meiner Schulzeit Frieden haben und nicht bei jeder Person, die mit mir redet befürchten müssen, dass sie nur einen Tempus Amicus suchen und keinen Freund. Lassen Sie mich noch eine kleine Weile in der Illusion leben, dass mein Leben und meine Entscheidungen nicht so wichtig ist, wie die Realität besagt. Das ist das Einzige, was ich jemals von Ihnen verlangen werde.“ „Was ist mit Tom?“, fragte Dumbledore. „Wird er diese deine Entscheidung akzeptieren?“ „Bisher hat er es jedenfalls getan“, sagte Harry. „Warum sollte er sich nun also um entscheiden?“ „Weil er ein dunkler Lord ist, Harry“, erklärte er ihm ernst. „Weil er nicht weiß, was Liebe, Ehre, Mitgefühl und Verständnis sind.“ Das war eine Lüge. Harry wusste, dass Tom diese Gefühle kannte. Er hatte sie in dem Lied gehört, das Mira ihm gezeigt hatte. Außerdem hatte er es in seinen Augen gesehen, wenn sie beisammen waren. Er mochte ein dunkler Lord sein und ein egoistischer, selbstverliebter, besitzergreifender, tyrannischer Stalker, doch er kannte Liebe, er kannte Freundschaft und er wusste, was notwendig war, um sie aufrecht zu halten. Seine Beziehung zu Abraxas war der beste Beweis. Darüber hinaus würde Felice niemals zulassen, dass Tom ihn so behandelte, wie er es tat, wenn da nicht zumindest ein Stückchen Wahrheit in seinen Taten war – oder? Nicht, dass er das dem Schulleiter auf die Nase binden würde. „Ich weiß, was Sie von mir wollen, Sir“, sagte er stattdessen leise. „Sie wollen meine Unterstützung. Sie wollen, dass ich Neville dabei helfe, den dunklen Lord zu vernichten. Wer weiß, wäre ich bei meinen Eltern aufgewachsen, würde ich dies vielleicht tatsächlich tun. Als Kind habe ich zu Ihnen aufgeblickt, müssen Sie wissen. Sie waren für mich der Großvater, den ich nie gehabt hätte. Aber ich habe die andere Seite des Krieges kennengelernt. Ich habe gesehen, wie sehr Schwarzmagier jeden Tag leiden, nur weil sie mit dieser Form der Magie geboren wurden. Und ich habe gesehen, was Sie tun, um Ihre Ziele zu erreichen. Ich weiß, dass Sie ein guter Mensch sind und dass sie nur das beste für uns alle wollen. Doch oft sind es unsere besten Absichten, die die schlimmsten Folgen haben.“ Vorsichtig stellte er seine immer noch volle Tasse auf dem Schreibtisch ab und stand auf. „Ich danke Ihnen, dass ich noch eine Weile Hogwarts besuchen darf, aber bitte versuchen Sie es gar nicht erst, mich für Ihre politischen Ziele zu gewinnen. Sie würden nicht nur meine, sondern auch Ihre Zeit damit verschwenden.“ Der Mann sah plötzlich sehr alt aus. „Du hast dich also für Tom entschieden“, sagte er resigniert. Doch Harry schüttelte mit dem Kopf. „Ich habe mich für niemanden entschieden. Noch nicht. Ich bin ein Tempus Amicus, Sir, und ich liebe diese Welt. Ich liebe dieses Leben, ich liebe die Freiheit, ich liebe die Gerechtigkeit und vor allem liebe ich den Frieden. Ich werde niemanden unterstützen, der all diese Dinge zerstören würde.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und hatte kurz darauf das Büro verlassen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Am nächsten Tag hatte er Verwandlung, das einzige Fach, das er nur mit Hermione hatte. Ansonsten waren immer Neville, Draco oder Stephen da, die einen Platz neben ihm beanspruchten. Doch in diesem Fach hatte sie es geschafft, sich neben ihn zu setzen und obwohl auch Ronald Weasley im Raum war und ihnen einen vernichtenden Blick zuwarf, ließ sie sich auch an diesem Morgen neben ihn nieder. Und stieß dabei einen langen Seufzer aus. „Ich hasse mein Leben“, murmelte sie, als sie seinen fragenden Blick bemerkte. „So?“, fragte er und drehte sich wieder zu seinem Buch über Animagi um. Er hatte es aufgegeben, es in seiner Freizeit lesen zu wollen und tat es nun stattdessen im Unterricht. Mit etwas Glück würde Professor McGonagall sich heute ohnehin noch einmal genauer damit befassen. Im richtigen Stoffgebiet waren sie zumindest. „Müsste man als Frischverliebte nicht eigentlich überglücklich sein?“ „Mach dich nicht lächerlich, Harry. Wir sind zwar nicht so gut befreundet, wie alle glauben, aber selbst du musst wissen, dass ich mich niemals in so etwas verlieben würde.“ Das war interessant. „Lass mich raten, du gibst dich nur mit Ronald ab, um dich an deinem Vollidioten zu rächen? Findest du das nicht ein bisschen grausam?“ Vor dem Blick, den sie ihm darauf zuwarf, wäre sogar der dunkle Lord geflüchtet. „Beleidige mich nicht! So etwas würde ich nie jemanden antun, nicht einmal Ronald Weasley.“ „Weißt du, dass deine Worte gerade keinen Sinn machen?“ „Ja, nein, ach, ich weiß auch nicht.“ Verzweifelt ließ sie ihren Kopf auf die Bank sinken. „Wie konnte das nur passieren?“ „Dafür müsstest du mir erst einmal erzählen, was passiert ist“, entgegnete er und blätterte die Seite seines Buches um. Er musste zugeben, dass diese Materie interessanter war, als er ursprünglich geglaubt hatte. Vielleicht würde er sich doch irgendwann einmal genauer mit James darüber unterhalten müssen. „Er sieht mich nicht einmal mehr an“, kam es plötzlich von seiner Seite und ihre Stimme war so schmerzerfüllt, dass er sich unwillkürlich zu ihr umdrehte. Sie hatte ihren Kopf so gedreht, dass sie ihn ansehen konnte und in ihren Augen schwamm der Liebeskummer, den die meisten Menschen irgendwann spüren mussten. „Und wenn, dann ist es so, als wäre ich nicht da, als wäre nichts gewesen. Er hat mich einfach fallen lassen, als wäre ich ihm wirklich gleichgültig. Aber Ron liebt mich, Harry. Er tut es wirklich.“ Sie schloss erschöpft die Augen und eine einsame Träne lief leise an ihrer Wange hinunter. „Ist es so falsch, danach zu greifen? Ist es so falsch, nicht allein sein zu wollen?“ Seufzend schlug Harry sein Buch zu und legte ihr freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. „Nein, Hermione. Es ist nicht falsch. Es ist etwas, das viele tun würden. Aber glaubst du wirklich, dass diese Verbindung euch unter diesen Umständen glücklich machen wird?“ „Ich weiß es nicht“, bekannte sie leise und öffnete ihre Augen wieder. Der Schmerz hatte etwas nachgelassen und stattdessen konnte er pure Entschlossenheit in ihnen erkennen. „Aber vielleicht wird alles besser, als gedacht. Vielleicht schaffe ich es irgendwann, mich auch in ihn zu verlieben. Vielleicht werde ich irgendwann diesen Mistkerl vergessen.“ „Aber denkst du nicht, dass das Ronald gegenüber ein bisschen unfair ist?“ Nicht, dass es ihm für den Weasley leid tun würde. Der Junge hatte ihm in den letzten Jahren deutlich genug gezeigt, was er von ihm hielt und inzwischen war er dazu übergegangen, seine Gefühle zu erwidern. Allerdings wollte er nicht, dass Hermione etwas tat, was sie hinterher bereute. Auch, wenn sie öfters Meinungsverschiedenheiten hatten, das Mädchen hatte es nicht verdient. Im Grunde war sie ein guter Mensch, obwohl sie das nicht immer zeigte. „Natürlich ist es unfair“, sagte sie mit einem schwachen Lächeln. „Aber seit wann ist irgendetwas in diesem Leben fair?“ Ehe Harry etwas darauf erwidern konnte, betrat Professor McGonagall das Zimmer und begann sofort mit dem Unterricht. Bildete er sich eigentlich nur ein oder konnte er tatsächlich die ganze Zeit Ronald Weasleys bösen Blick auf seinem Hinterkopf spüren? Also bitte, es war ja nun wirklich nicht so, als sei er Hermiones „Vollidiot“. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Von einem problematischen Paar zum anderen. Zumindest kam es Harry so vor, als er nach Verwandlung zu Verteidigung gegen die dunklen Künste ging und dort mitten in – um es nett auszudrücken – eine angeregte Diskussion zwischen Draco Malfoy und Pansy Parkinson schlitterte, die damit endete, dass sein Bruder eine heftige Ohrfeige erntete und sie weinend aus dem Raum rannte. Okay...? Während alle anderen sich eilig ihren eigenen Dingen zu wandten und sich soweit von Draco entfernten, wie es möglich war, ging Harry langsam auf ihn zu und stellte seine Sachen auf seinem üblichen Platz direkt neben ihm ab. Danach drehte er sich – immer noch stehend – zu seinem Bruder um und hob eine Augenbraue. „Wirst du jetzt die ganze Zeit wie ein begossener Pudel da stehen bleiben oder wirst du den letzten Rest deines Stolzes bewahren und dich hinsetzen?“ „Ach, fahr zur Hölle, Harry“, murmelte er verärgert, setzte sich aber trotzdem. Der junge Potter nickte zufrieden und ließ sich ebenfalls nieder. Ohne weiter auf Draco zu achten, packte er seine Sachen für das kommende Unterrichtsfach aus, verzichtete aber diesmal auf sein Buch über Animagi. Er glaubte nicht, dass er an diesem Tag noch einmal dazu kommen würde, daran weiter zu lesen. Dafür schien heute zu viel Chaos unter seinem Bekanntenkreis zu herrschen. Schließlich sprach der Malfoy und wie Harry es erwartet hatte, wich er dem eben Geschehenen geschickt aus: „Was hat Dumbledore gestern eigentlich mit dir gemacht? So, wie du mit ihm gesprochen hast, wundert es mich, dass du heute tatsächlich unbeschadet in den Unterricht kommen konntest.“ „Ach, er war eigentlich recht amüsiert darüber“, meinte er, „und hat mit mir etwas über die aktuelle Politik philosophiert.“ „Du glaubst nicht wirklich, dass ich dir das abkaufe, oder?“ „Ich wollte ohnehin kein Geld dafür. Was hast du Pansy angetan? Normalerweise behält sie sich zumindest ihre Würde und schlägt dich nur hinter verschlossenen Türen.“ Sofort setzte Draco seine emotionslose Maske auf. „Sie... hat einfach nur begriffen, dass ich nicht so begeistert wie sie über unsere bevorstehende Hochzeit bin.“ „Seltsam...“, sinnierte Harry. „Dabei hast du dich bisher doch auch nie darüber beschwert.“ Draco schwieg. „Ihr seid seit eurer Geburt verlobt, Draco“, fuhr er leise fort. „Bisher habt ihr euch immer gut damit abgefunden.“ Forschend betrachtete er ihn. „Was hat sich geändert?“ „Nichts hat sich geändert“, entgegnete er barsch. „Ich... habe nur jetzt erst begriffen, was es heißt, verlobt zu sein.“ „Und was heißt es?“ „Zu heiraten.“ Wow, was für eine Erkenntnis. Draco sollte einen Orden verliehen bekommen. „Und das Problem ist?“ „Ich will nicht heiraten“, sagte er. „Nicht Pansy. Das wird nicht gut gehen. Sie ist ein nettes Mädchen und alles, aber...“ „Sie ist nicht die, die du brauchst“, beendete Harry seinen Gedankengang und nickte. „Es stimmt. Ihr seid anders, als Lucius und Narcissa. Die beiden sind ein Team. Ihr jedoch werdet immer auseinander gleiten, ihr seid zwei Pole, die sich gegenseitig abstoßen und in verschiedene Richtungen gleiten. Im Moment hat Pansy es noch nicht erkannt, aber sobald sie es erkannt hat, wird sie sich jemand anderes suchen.“ Draco lächelte. „Ich wusste, du würdest es verstehen.“ Harry erwiderte sein Lächeln. „Wenn dir dieser Gedanke so sehr missfällt, warum fragst du nicht Lucius, ob er die Verlobung wieder auflöst? Er würde es sicher tun. Du weißt, wie sehr er dich liebt, er würde dich nie in eine Ehe zwingen, die dir zuwider ist.“ „Das kann ich nicht“, erwiderte er und schüttelte mit dem Kopf. „Vater setzt sein ganzes Vertrauen in mich. Ich kann ihn nicht enttäuschen. Ich kann ihm nicht weh tun. Er leidet auch so schon genug.“ „Irgendwie scheinen das zur Zeit alle zu tun“, murmelte Harry im selben Moment, in dem auch Remus den Raum betrat. „Hermione ist auch immer noch ziemlich niedergeschlagen wegen diesem Idiot, der ihr diesen Brief geschrieben hat. Nun, ich wusste, dass es unmöglich Ronald Weasley gewesen sein konnte.“ Kam es ihm nur so vor oder hob sich Dracos Stimmung, nachdem er das gehört hatte? Nein, er bildete sich das sicher nur ein. Draco war in den letzten Tagen nur wegen Pansy so fertig gewesen. Zwischen ihm oder Hermione gab es keinen Zusammenhang. Zumindest war es das, was er sich einreden wollte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Lieber Harry, wir haben gehört, dass du bald einen ganz wichtigen Wettbewerb zu bestreiten hast! Deshalb wollten wir dir einfach alles gute wünschen und dir sagen, dass wir an dich glauben! Du wirst ihn gewinnen. Du bist das größte Genie aller Zeiten. Und wenn du fertig bist, entführen wir dich und schmeißen eine Party, nur wir drei. Allein. Unter romantischen Kerzenschein. Was meinst du? Okay, wenn du willst können wir auch einfach deinen geheimnisvollen Liebhaber einladen und nur für euch beide eine Party organisieren. Apropos, wer ist das eigentlich? Du hast es uns immer noch nicht gesagt und langsam fangen wir schon an zu befürchten, dass er gar nicht existiert und es nur deine feine Art war, uns zu sagen, dass wir dir gleichgültig sind. Wenn es so ist, dann scheue dich nicht, es uns zu sagen und ramme uns endlich einen Pfeil ins Herz, damit wir in Ehren sterben können. Mit anderen Worten: Stell ihn uns endlich vor! Wir wollen ihn unbedingt kennenlernen! Doch zuerst musst du den Wettbewerb überstehen und das wirst du, das wissen wir! Fühle dich tausendmal gedrückt und abgeküsst. In ewiger Liebe, Fred & George Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)