Time Changed Everything von Riafya (HP/LV) ================================================================================ Kapitel 24: The Catalyst ------------------------ Hallo ihr Lieben. Ausnahmsweise kommt das neue Kapitel schon so kurz nach dem letzten, da ich morgen wegfahre und erst im nächsten Jahr wiederkomme und ich euch nicht solange mit diesem Cliffhanger sitzen lassen wollte. Dieses Kapitel ist etwas „anspruchsvoller“ als meine üblichen, doch dafür werden auch ein paar Fragen geklärt, die sich schon viele gestellt haben. Allerdings wird hier noch nicht alles geklärt, also wundert euch nicht, wenn ihr am Ende des Kapitels immer noch Fragen haben solltet. XD So und jetzt gibt es wieder ein großes Dankeschön an alle, die mir bereits zum letzten Kapitel ein Kommentar hinterlassen haben und natürlich besonders an meine Beta Robino und Hokuto, die sich beide vor euch durch dieses Kapitel gekämpft haben und mich auf alle Ungereimtheiten aufmerksam gemacht haben. *die beiden knuddel* Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr! Bis in 2011, eure Ayako _____________________________ The Catalyst „Ein Katalysator ist ein Stoff, der die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion erhöht, ohne selbst dabei verbraucht zu werden und ohne die endgültige Lage des thermodynamischen Gleichgewichts dieser Reaktion zu verändern.“ Wilhelm Ostwald, Chemiker ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es war Winter geworden. Nach langer, langer Wärme war es Winter geworden. Der vierjährige Harry konnte es von seinem Platz auf seiner Fensterbank aus deutlich sehen. Die Welt sah aus, als wäre sie von der Zuckerwatte überzogen worden, die Onkel Sirius ihm letzten Monat gekauft hatte und vom Himmel fiel noch viel mehr von der weißen Substanz, die sein Daddy „Schnee“ genannt hatte. Gestern waren sie zusammen nach draußen gegangen, um einen Schnee... Schneemann zu bauen und Harry hatte beschlossen, dass er Schnee mochte. Zwar war er kalt und schmeckte merkwürdig, ganz anders als Zuckerwatte, aber er war hübsch und es machte Spaß einen Schneemann zu bauen. Auch jetzt, wo er alleine auf seiner Fensterbank saß, würde er gerne wieder hinuntergehen, um es noch einmal zu tun, doch Daddy war auf Arbeit und Mummy hatte zu tun. Harry wusste, dass sie leckere Kekse buk, die sie alle zu Weihnachten essen würden und deshalb sollte er hier oben bleiben und sich irgendwie selbst beschäftigen. Aus diesem Grund saß er auf seiner Fensterbank. Auf seinem Schoss ein Bilderbuch mit großen Buchstaben, das Onkel Remus ihm zum Geburtstag geschenkt hatte und mit dessen Hilfe Onkel Sirius versuchte, ihm das Lesen beizubringen. Er musste sagen, dass es riesigen Spaß machte zu lesen! Auch wenn er nicht verstand, warum Mummy und Daddy immer so seltsam guckten, wenn er es tat. Machte er vielleicht immer etwas falsch? Stirnrunzelnd wandte Harry seinen Blick vom Fenster ab und ließ ihn auf das Buch gleiten, dass immer noch geschlossen war. „D...di...e... Die! Märch... Märchen v...von Bie... Beedle deeeem Baarden“, las er langsam laut vor. „Die Märchen von Beddle dem Barden!“ Zufrieden mit sich und der Welt nickte er, ehe er das Buch aufschlug. Bevor er jedoch weiter lesen konnte, hörte er, wie jemand an die Tür klingelte. Neugierig spitzte er seine Ohren und konnte kurz darauf hören, wie Mummy Professor Dumbledore begrüßte. Harry mochte Professor Dumbledore! Er war immer nett und freundlich und lustig und hörte ihm aufmerksam zu, wenn er etwas sagte. Außerdem hatte er so hübsche, blaue Augen, die wunderbar funkelten, wenn der Mann sich über etwas amüsierte. Ob er ihm wieder etwas mitgebracht hatte? Professor Dumbledore brachte fast immer etwas für ihn mit, wenn er Mummy und Daddy besuchte. Manchmal war es ein Bilderbuch. Manchmal eine Pflanze. Manchmal auch nur ein Stein, den er im Vorgarten gefunden hatte. Er war großartig! Wie der Großvater, den er nie kennenlernen sollte, aber in Form von Abraxas Malfoy in einem knappen Jahr bekommen würde. Die Zeit rannte, während das Schicksal seine Hände bereits nach ihnen allen ausgestreckt hatte. Fröhlich warf Harry das Buch beiseite und sprang von seiner Fensterbank. Eigentlich sollte er nicht herunterkommen, wenn Besuch kam und seine Mummy noch nicht nach ihm gerufen hatte, aber es war Professor Dumbledore! Da war es sicher in Ordnung. Für einen Vierjährigen lief Harry ungewöhnlich leise durchs Haus. Bei anderen Kindern war Stille meist ein Grund zur Besorgnis – sie taten oft Dinge, die ihnen verboten waren, wenn sie so taten, als wäre niemand da – aber nicht bei ihm. Stille war normal, weshalb Mummy oft besorgt das ganze Haus nach ihm absuchte, bis sie ihn über einem Spielzeug oder hinter einem Bilderbuch fand. Aus diesem Grund bemerkten weder Lily Potter noch Albus Dumbledore, dass der Vierjährige zu ihnen gestoßen war, als sie das Gespräch führten, das ihn zu einem Leben bei der Familie Malfoy verurteilte. Das Schicksal hatte schon immer einen grausamen Sinn für Humor besessen. „...ere Plätzchen“, sagte Professor Dumbledore gerade, als Harry die unterste Stufe der großen Treppe erreichte und sich darauf niederließ, um sich von seinem Abstieg auszuruhen. Er mochte die Treppe nicht. Es war immer sehr anstrengend daran hinauf- und hinunterzulaufen, zumindest wenn man noch so klein wie er war. „Vielen Dank, Albus“, sagte Mummy fröhlich. „Es ist ein Rezept von meiner Großmutter. Sie war eine ausgezeichnete Köchin.“ „Dann wissen wir ja, von wem du es geerbt hast, Lily. Ich kenne niemanden, der bessere Kuchen hervorbringt als du. Obwohl... Molly macht dir öfters Konkurrenz.“ Mummy lachte. „Du übertreibst, Albus. Molly ist tausendmal besser als ich. Doch sag, was führt dich zu uns? Es sieht dir nicht ähnlich, ohne Anmeldung vorbeizukommen. Ist etwas geschehen?“ Professor Dumbledore zögerte kurz, dann sagte er: „Nicht direkt. Allerdings müssen wir etwas wichtiges besprechen.“ Ein kurzes Schweigen. „Es geht um Harry.“ Der Vierjährige blickte verdutzt auf. Um ihn? „Harry?“, fragte auch Mummy offenkundig verwirrt. „Was ist mit ihm?“ „Du bist seine Mutter, Lily. Deshalb bist du es, der ich es zuerst erzähle. Ich weiß nicht, wie James darauf reagieren wird, doch ich bin sicher, dass es deiner Liebe zu deinem Sohn nicht im Geringsten schaden wird.“ „Der Liebe zu meinem Sohn? Albus, was ist los?“ Harry zuckte unwillkürlich zusammen. Das war der Tonfall, in dem sie mit ihm schimpfte! Professor Dumbledore ließ sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen: „Dir ist sicher seine ungewöhnliche Intelligenz aufgefallen? Seine rasche Auffassungsgabe, seine Fähigkeit, alles zu meistern, was er anfängt. Selbst jetzt liest er bereits besser als manche achtjährige und das, wo Sirius erst vor ein paar Monaten mit dem Unterricht angefangen hat. Und ist er nicht in der Lage, Puzzle zu lösen, mit denen selbst du und James Probleme hätten?“ „Er ist hochbegabt“, entgegnete Mummy kühl. „Ein Wunderkind. Na und? So etwas kommt immer wieder vor.“ „Außerdem“, fuhr Professor Dumbledore fort, als hätte sie ihn nicht unterbrochen. „Wirkt er auf seine Mitmenschen anziehend. Jeder fühlt sich sofort wohl, wenn er anwesend ist, sogar Severus, der Kinder normalerweise verabscheut, nimmt ihn freiwillig auf den Schoß und kümmert sich um ihn.“ „Jeder mag kleine Kinder und Severus ist sein Pate. Außerdem ist es nicht ungewöhnlich, dass manche Menschen auf andere besonders anziehend wirken. Vielleicht verfügt er ja über ein natürliches Charisma.“ „Und ist dabei auch noch ein Wunderkind? Lily, du weißt, dass das äußerst unwahrscheinlich ist. Wunderkinder können entweder nicht mit ihren Mitmenschen umgehen oder charismatische Personen sind keine Wunderkinder. Natürlich können letztere über eine überdurchschnittliche Intelligenz verfügen, erinnere dich nur an Tom Riddle, aber so wie Harry?“ „Worauf willst du hinaus?“ Harry hatte das Gefühl, es gar nicht wissen zu wollen. Er erfuhr es trotzdem. Genauso wie seine Mummy. „Lily, es tut mir wirklich Leid, aber ich fürchte, dein Sohn ist ein Tempus Amicus.“ Ein was? „Nein...“, flüsterte seine Mummy. „Nein, das kann nicht... Bist du dir wirklich sicher, Albus? Bei Merlin, bist du dir wirklich sicher? Aber das kann nicht wahr sein! Nicht mein Harry! Nicht mein Sohn! Er kann unmöglich so ein Monster sein!“ „Ein Tempus Amicus ist kein Monster“, sagte Professor Dumbledore sanft. „Im Gegenteil, sie sind die wunderbarsten Menschen, die du dir nur vorstellen kannst. Und solange Lord Voldemort nicht zurückkehrt, wird sich daran auch nie etwas ändern.“ „Solange er nicht zurückkehrt?“, fragte Harrys Mummy verstört. „Willst du etwa sagen, dass er wiederkommen könnte?“ „Es ist tatsächlich äußerst wahrscheinlich, doch mach dir keine Sorgen, ich kenne eine Möglichkeit, Harry zu schützen. Gib ihn in meine Obhut. Ich werde ihn aufziehen, ihn alles lehren, was er wissen muss und ihn vor ihm beschützen. Es wird ihm gut gehen.“ „Du willst, dass ich dir mein einziges Kind anvertraue?“, wiederholte Lily und begann auf einmal hysterisch zu lachen. „Dir? Ausgerechnet dir? Denk nicht, dass ich dumm bin, Albus. Ich weiß sehr genau, was du mit ihm tun würdest. Du würdest ihn für deine eigenen Ziele missbrauchen und ihn so formen, wie es dir gerade passt. Genauso, wie du es mit Tom Riddle tun wolltest. Glaube nicht, dass ich vergessen habe, was du allen anderen so erfolgreich ausreden konntest! Denke ja nicht, dass ich nicht weiß, was aus ihm geworden ist. Du wirst meinen Sohn nicht bekommen. Nicht, solange ich auch nur ein Wort mitzusprechen habe.“ „Also willst du ihn lieber zu einem Leben verfluchen, in dem er früher oder später zu Lord Voldemorts...“ Ein seltsames Geräusch war zu hören, so als wäre ein Stuhl umgekippt und Harry hatte das komische Gefühl, dass seine Mummy aufgesprungen war und Professor Dumbledore nun böse ansah. „Raus!“, zischte sie. „Raus aus meinem Haus!“ „Aber...“ Ein lautes Scheppern ertönte, gefolgt von einem Schmerzenslaut. „Ich sagte, du sollst von hier verschwinden! Sofort! Ich will dich hier nicht mehr sehen!“ Offenbar ging er tatsächlich ohne ein weiteres Wort, denn als Harry kurz darauf vorsichtig um die Ecke lugte, war er nirgendwo zu entdecken. Dafür sah er die Plätzchen, die zerbrochen auf den Boden lagen und auf denen seine Mummy wütend herumtrat. „Was fällt ihm eigentlich ein?“, schrie sie aufgebracht. „Dieser egoistische Bastard! Hat er nichts besseres zu tun, als Unheil zu verkünden?“ „M...Mummy?“ Sie erstarrte, ehe sie sich zu ihm umdrehte und ihn mit einem Ausdruck echter Abscheu betrachtete. Unwillkürklich zuckte er zusammen und brach in Tränen aus. „M...M...Mummy?“ Sofort wurden ihre Gesichtszüge wieder weich, doch sie zögerte kurz, so als würde sie ihm nicht zu nahe kommen wollen, ehe sie sich überwand und auf ihn zuging. „Harry“, flüsterte sie. „Hast du wieder gelauscht?“ Er nickte schluchzend. Langsam kniete sie sich vor ihm nieder und zog ihn in eine feste Umarmung. „Es ist okay, Schatz“, flüsterte sie. „Es ist okay. Mummy wird das schon irgendwie hinkriegen.“ Plötzlich fühlte Harry, wie etwas feuchtes auf seinen Nacken fiel und als er seinen Kopf drehte, konnte er sehen, dass auch sie zu weinen begonnen hatte. „Du musst vergessen, was du gehört hast, okay? Ich weiß, dass du es vergessen kannst! Also tu es! Du darfst nicht mehr daran denken! Versprichst du es mir?“ „J...ja, ich verspreche es.“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Er hatte sein Versprechen gehalten. Keine Ahnung, wie er es geschafft hatte, doch er hatte das Gespräch zum größten Teil vergessen. Oder zumindest nicht mehr daran gedacht. So wie er nicht daran gedacht hatte, dass Lily und James noch lebten. Oder dass Lucius... Seufzend wandte er seinen Blick von Luna ab und lehnte sich auf seinem Sessel soweit zurück, dass er an die Decke starren konnte. „Ich weiß.“ Aus den Augenwinkeln konnte er erkennen, dass Felice sich immer noch nicht regte, sondern weiterhin aus dem Fenster stierte, so als würde sie nichts von ihrem Gespräch wahrnehmen. Doch der Schein trügte. Sie wusste wahrscheinlich besser darüber Bescheid, worüber sie sprachen, als er und Luna zusammen. Sie konnte sagen, was sie wollte, es war praktisch, eine Empathin zu sein. „Du weißt?“, fragte Luna verdutzt. „Aber...“ „Es ist eine typische Eigenschaft eines Tempus Amicus“, meldete sich plötzlich Felice, „vergessen zu können. Darin sind sie uns Empathen sehr ähnlich. Während wir die Gefühle und Gedanken anderer verändern und zum Teil lenken können, können sie ihre eigenen auf Gutdünken manipulieren. Es ist eine Art Selbstschutz, der sich besonders zwischen Kindheit und Volljährigkeit zeigt. In dieser Zeit entwickeln sich nämlich die Fähigkeiten eines Tempus Amicus und da ist es wichtig, dass alles, was seine Psyche belasten könnte, verdrängt wird.“ Sie drehte ihren Kopf um und sah Harry an. „Du weißt über sie Bescheid, oder?“ Er schnaubte. „Natürlich tu ich das. Wer tut es nicht?“ „Ähm, ich habe nichts über sie gewusst, bevor ich in Durmstrang damit auseinander gesetzt wurde“, entgegnete Luna schmollend. „Du kommst ja auch aus einer Familie, die weißmagisch orientiert war und bist danach in Hogwarts zur Schule gegangen“, meinte Felice. „Dort ist das glaube ich erst im letzten Jahr im Lehrplan, wenn ich mich recht erinnere. Ich jedoch bin in Frankreich aufgewachsen, das etwas offener ist, als eure Gesellschaft und Harry lebte lange genug bei der Familie Malfoy. Es wäre seltsam, wenn wir es nicht wüssten.“ Das stimmte, doch um das nachvollziehen zu können, musste man erst einmal wissen, was ein Tempus Amicus eigentlich war. Sie waren sehr selten. In der Regel konnte man glücklich sein, wenn es in jeder Generation mehr als einen gab und selbst dies kam in den seltensten Fällen vor. „Oder aber sie verstecken sich zu gut, als dass wir von ihrer Existenz erfahren“, kommentierte Felice seine Gedanken. „In unserer Generation gibt es übrigens zwei bekannte Tempus Amicus. Dich und die Japanerin Sayuri Nashiwasu. Aber um die musst du dich nicht kümmern, ihr werdet euch wahrscheinlich nie begegnen. Insgesamt müssten glaube ich mit euch beiden mitgezählt sechs am Leben sein, allerdings sind wir uns nicht sicher.“ Harry nickte langsam, ohne sie anzusehen. In der Regel wurde sie stets dann geboren, wenn sich ein politischer Umschwung anbahnte oder ein Staat auf dem Höhepunkt seiner Macht war. Im alten Ägypten beispielsweise waren sie fast immer die Hohepriester des Pharao, im antiken China gehörten sie zum privaten Beraterkreis des Kaisers und seitdem die Kriege zwischen weißen und schwarzen Magiern begonnen hatten, waren sie stets auf der Seite des Gewinners gewesen. Denn es war eine Tatsache, dass derjenige, der die Unterstützung eines Tempus Amicus hatte, den Sieg davontragen würde. Sie wurden nicht umsonst auch noch „Geliebte der Zeit“ genannt. „Es gibt für jeden, der Magie in sich trägt nichts anziehenderes als einen Tempus Amicus“, stimmte Felice ihm zu. „Du glaubst nicht, was für eine Wirkung du auf deine Mitmenschen hast. In deiner Gegenwart fühlt man sich automatisch wohler und ausgeglichener. Unsere Konzentration steigt und es fällt um einiges leichter, Probleme zu lösen. Ich wette, die Kurse, die du besuchst, sind meistens um mindestens eine Note besser, als derselbe Kurs ohne dich. Außerdem mag man dich einfach. Du wirkst automatisch wie ein netter Kerl und man wird quasi dazu gezwungen, dich zu mögen. Unsere Magie zwingt uns dazu.“ „Ja, aber warum?“, fragte Luna. „Das habe ich nie ganz verstanden.“ „Kein Wunder, das ist ja auch das, was die Muggel als Chemie bezeichnen“, sagte Harry ruhig. „Ich bin ein Katalysator.“ „Das ist auch nicht ganz richtig“, widersprach ihm Felice. „Es ist einfach eine deiner Fähigkeiten, dass du auf unsere chemischen Reaktionen katalysierend wirkst, deshalb...“ „Stopp!“, rief Luna dazwischen. „Könnt ihr das jetzt bitte auf einer Ebene erklären, der ich folgen kann?“ „Das kann man nur auf einer höheren Ebene erklären“, entgegnete Harry trocken. „Aber wir können es versuchen.“ Er setzte sich aufrecht hin und sah sie fest an. „Du weißt, dass wir alle Magie in uns tragen. Sie fließt durch unseren ganzen Körper und ist einfach ein fester Bestandteil davon. Wenn wir nun einen Zauber wirken wollen, lösen wir sozusagen unbewusst mehrere, komplizierte chemische Reaktionen aus, die unsere Magie dazu bringen, genau das zu tun, was wir tun wollen. Kannst du mir soweit folgen?“ „Chemische Reaktionen produzieren den Zauber, den wir ausführen wollen. Soweit ist alles klar.“ „Gut. Jedenfalls ist es so, dass diese chemischen Reaktionen logischerweise Energie verbrauchen. Wenn wir jetzt also den ganzen Tag damit verbringen würden, Zauber auszuführen, würden wir immer müder und erschöpfter werden und irgendwann wahrscheinlich umkippen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass jeder von uns seine Grenzen kennt, was seine Magiekapazität angeht, da es sonst böse enden kann.“ „Okay.... wenn wir Zauber ausführen, verbrauchen wir Energie und wenn wir zu viel davon verbrauchen, kippen wir um. Und was ist jetzt ein Katalysator?“ „Ein Katalysator verringert sozusagen die Energie, die benötigt wird, damit die chemischen Reaktionen ablaufen, wodurch diese beschleunigt werden“, erklärte Felice. „Das heißt, wenn Harry mit uns in einem Raum ist, wenn wir einen Zauber ausführen, brauchen wir dafür weniger Energie, als ohne ihn und wir können zum Beispiel mit ihm vier Zauber ausführen, während wir ohne ihn nur zwei geradeso schaffen würden.“ „Das heißt also, wenn er da ist, können wir mehr Zauber ausführen, als wenn er nicht da ist und es ist weniger anstrengend?“, fragte Luna. „Genauso ist das“, meinte sie lächelnd. „Allerdings ist es so, dass diese Katalyse nur stattfindet, wenn Harry dich mag oder für dich sympathisiert. Kann er dich nicht leiden oder ist er wütend auf dich, greift seine Magie sozusagen nicht auf dich über und es ist, als wenn er nicht da wäre. Deshalb werden sich auch alle, die mit ihm Streit haben, so schnell wie möglich wieder mit ihm versöhnen. Ihre Magie sagt ihnen im Unterbewusstsein, dass es schlecht ist, wenn er wütend auf sie ist, da er ihnen in diesem Fall nichts nützt und so versuchen alle, bei ihm in einem möglichst guten Licht zu stehen. Das ist auch gleichzeitig der Grund, warum man sich bei ihm automatisch wohl fühlt oder ihn sympathisch findet. Deine Magie erkennt automatisch, dass er ein Tempus Amicus ist und sagt dir, dass du dich mit ihm anfreunden sollst, weil sie dann weniger zu tun hat. Kannst du mir folgen?“ „Unsere Magie ist faul und will, dass Harry die Arbeit für uns abnimmt. Doch das tut er natürlich nur, wenn er uns mag und deshalb sagt unsere Magie, dass wir seine Freunde werden müssen“, fasste Luna das ganze zusammen. „Doch, ich glaube, ich habe es kapiert.“ „Das ist wunderbar“, meinte Harry sarkastisch. „Könnt ihr dann jetzt aufhören über mich zu reden, als wäre ich nicht da?“ Beide Mädchen strahlten ihn an. „Natürlich!“ „Aber eines muss dir klar sein, Harry. Es ist zwar so, dass du den Leuten sympathischer bist, als andere, aber die Liebe, die dir deine Freunde und Familie schenken ist kein Ergebnis davon. Anziehung und Sympathie ist etwas anderes als Freundschaft und Liebe. Man kann sich auch von einem Tempus Amicus angezogen fühlen und ihn gleichzeitig hassen. Also fang jetzt ja nicht an in Selbstmitleid zu versinken und zu glauben, wir würden dich alle nur wegen deiner Fähigkeiten lieben. Das wäre nämlich Unsinn.“ Harry schenkte ihr ein Lächeln. „Ich weiß, Fel. Ich bin kein Idiot. Auch, wenn ich mich manchmal so verhalte. Aber was war jetzt noch mal die Verbindung zwischen Tempus Amicus, Empath und Seher?“ „Ach, das ist einfach“, meinte Luna fröhlich. „Die drei sind ein unbesiegbares Dreiergespann. Der Empath kann die Gedanken und Gefühle seiner Mitmenschen fühlen und lenken, der Seher kann Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit sehen und der Tempus Amicus ist da, um ihre Fähigkeiten zu verstärken und Verbündete zu sammeln. Allerdings müssen sie dafür eine tiefere emotionale Bindung eingehen, die sich oft in Freundschaft ausdrückt und wie der Zufall es so will, haben wir drei eine solche Bindung.“ Sie blickte strahlend in die Runde, doch weder Felice noch Harry zeigten auch nur den Hauch von Begeisterung. „Kommt schon, Dumbledore und der dunkle Lord versuchen bereits, Harry auf ihre Seite zu ziehen, denn derjenige, der ihn bekommt, wird den kommenden Krieg beenden. Aber Harry, du kannst deine Fähigkeiten auch nur richtig nutzen, wenn du einen Seher und einen Empath bei dir hast, die dir dabei helfen. Wir drei sind voneinander abhängig! Das hat man mir so erklärt!“ „Das mag ja so sein und steht so schwarz auf weiß in den Geschichtsbüchern geschrieben“, sagte Felice zögerlich, „aber du weißt, dass es keine drei Personen sind, von denen darin die Rede ist, sondern immer vier. Empath, Seher, Tempus Amicus und der Anführer, was in diesem Fall entweder Dumbledore oder der dunkle Lord wären.“ „Ja und?“, fragte sie. „Was ist da groß zu überlegen? Wir schließen uns natürlich dem dunklen Lord an! Er kämpft für die Gerechtigkeit in unserer Welt! Unter ihm wird alles wieder gut werden! Er ist nicht so engstirnig wie Dumbledore!“ „Luna“, sagte Harry ernst. „Würden wir uns wirklich dazu entschließen, zusammenzuarbeiten und uns daraufhin dem dunklen Lord anschließen, würden wir ihm wahrscheinlich den Sieg bringen, zumindest wenn man den Geschichtsbüchern glauben darf.“ Woran er persönlich ja zweifelte. Historiker waren dafür bekannt, die Wahrheit so darzustellen, wie es ihnen passte. „Wir können England nicht einfach ihm überlassen, nur weil dein Vater gestorben ist.“ Das war gemein und ungerecht, aber es musste gesagt werden. Selbst wenn es ihr weh tat, selbst wenn es sie zum weinen brachte, es war nötig, dass sie sich darüber klar wurde, dass es hier nicht darum ging, Rache zu nehmen. Es ging darum, Frieden zu bringen. Felice war seiner Meinung: „Luna, die Hauptaufgabe eines jeden Tempus Amicus ist es, dem Volk in dem er lebt, Frieden zu bringen. Glaubst du wirklich, dass unter einem Menschen wie dem dunklen Lord jemals Frieden herrschen wird?“ Schweigend sah sie zwischen den beiden hin und her, ehe sie aufstand. „Wie ich sehe, seid ihr euch wieder einmal einig. Dann werde ich jetzt schlafen gehen. Gute Nacht.“ Mit diesen Worten rauschte sie davon und ließ die beiden allein zurück. Nach einer kurzen Stille seufzte Felice. „Sie wird sich wieder einkriegen. Lass ihr etwas Zeit. Sie weiß, dass wir Recht haben.“ „Ich weiß“, murmelte Harry. „Sie ist deshalb hergekommen, nicht wahr? Weil sie hoffte, dass wir ihr dabei helfen würden, den Tod ihres Vaters zu rächen.“ „Deine Observationsfähigkeiten sind so gut wie eh und je“, kommentierte sie. „Genauso ist es. Und es ist verständlich. Jeder würde es tun wollen. Aber trotzdem, ein Tempus Amicus sollte sich nicht einfach blindlings irgendjemanden anschließen. Das könnte böse enden.“ Harry schnaubte. „Denkst du nicht, dass ihr das etwas überbewertet? Es stimmt, dass behauptet wird, dass wir jedem dem Sieg bringen, aber so besonders sind wir nun auch wieder nicht. Man könnte es auch gut und gerne ohne uns schaffen.“ „Das mag so sein“, erwiderte Felice und stand auf. „Umso mehr du jemanden magst, umso mehr unterstützt du seine Magie. Und jetzt stell dir den dunklen Lord vor, einen der mächtigsten Magier seit Gellert Grindelwald. Stell dir vor, er würde es schaffen, dass du ihn aufrichtig liebst. Wie groß meinst du, würde seine Macht werden? Und wie groß die Macht seiner Anhänger? Er würde diesen Krieg gewinnen, Harry. Ohne große Anstrengung.“ Entspannt ging sie auf die Tür zu. „Du solltest schlafen. Morgen wirst du mit Albus Dumbledore sprechen müssen und da wirst du alle Kraft brauchen, die du kriegen kannst.“ Sie wollte gerade nach der Türklinke greifen, als Harry fragte: „Warum bist du hier?“ Langsam drehte sie sich zu ihm um und hob eine Augenbraue. „Wie meinen?“ „Du hast mich schon richtig verstanden“, erwiderte er und erhob sich ebenfalls. „Warum bist du hier? Warum bist du nicht bei deiner Familie? Es ist Weihnachten.“ Schweigend starrte sie ihn an. Musterte ihn. Wog innerlich ab, was sie sagen sollte. So wie immer. Während er keine Geheimnisse haben konnte, stellte sie sicher, dass er ihre niemals erfahren würde. Es war so ungerecht, doch leider nicht zu ändern. „Ich bin hier“, erwiderte sie schließlich. „Weil ich hier sein will. Ich bin hier, weil Luna mich darum gebeten hat. Und ich bin hier, weil ich dich liebe. Reicht das als Antwort?“ Es war nur die Hälfte der ganzen Wahrheit. Er wusste es und sie wusste ebenfalls, dass er sich darüber bewusst war. Aber sie waren Freunde und deshalb musste er es akzeptieren. „Ja“, flüsterte er deshalb. „Natürlich.“ Eine Minute später hatte sich die Tür hinter ihr geschlossen und er war allein. Lustlos ließ er sich auf sein Bett fallen und starrte an die Decke. „Ein Tempus Amicus also“, murmelte er. „Dir bleibt wirklich gar nichts erspart, oder Harry?“ Obwohl er solange nicht mehr an diesen Fakt gedacht hatte, kam es für ihn nicht als Überraschung. Wie Felice bereits erklärt hatte, war er als Tempus Amicus dazu in der Lage, alles, was er vergessen wollte, tatsächlich zu vergessen. Das Problem war nur, dass sein Unterbewusstsein dieses Wissen immer mit sich trug und ihn somit davon abhielt, sich in eine Situation zu bringen, in der er herausfinden könnte, was er erfolgreich verdrängt hatte. So musste es auch während des letzten Schuljahres gewesen sein. Severus und Remus hatten beide versucht, ihm zu sagen, dass Lily und James noch lebten, doch da er daran nicht hatte denken wollen, hatte er sie davon abgehalten, etwas zu sagen. Wirklich erstaunlich, wie gut man sein eigenes Gedächtnis austricksen konnte. Ob er wohl noch etwas verdrängt hatte? Wie viele schlechte Erfahrungen konnte man eigentlich in sechzehn Jahren machen? Wahrscheinlich genug, um elf davon freiwillig in einer Lüge zu verbringen. Doch war es wirklich eine Lüge gewesen? Seufzend rollte er sich auf die Seite. Wie sollte es ab sofort weitergehen? An wen sollte er sich wenden? Wen sollte er unterstützen? Irgendwie waren das immer die Fragen, die er sich stellte. Langsam sollte er wirklich eine Antwort finden. Nur wie? Felice hatte es selbst auf den Punkt gebracht, die Hauptaufgabe eines Tempus Amicus war es immer, Frieden zu schaffen. Er wusste es genau, alles in ihm wollte, dass dieser kommende Krieg niemals stattfand, doch gleichzeitig wünschte er sich, dass auch Großbritannien endlich keinen Unterschied mehr zwischen Schwarz- und Weißmagiern machte. Doch konnte das ohne Kämpfe erreicht werden? Heiligte der Zweck alle Mittel? „Glaubst du allen Ernstes, dass es so etwas wie einen höheren Zweck wirklich gibt?“ War es richtig, Menschen in einen Krieg zu führen, wenn hinterher alles besser sein würde? Würde hinterher alles besser sein? Aber... falls er wirklich zu dem Schluss kam, sich gegen Voldemort zu entscheiden, würde er wirklich dazu in der Lage sein, gegen ihn zu kämpfen? „Tom“, flüsterte er. „Was soll ich nur tun?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)