Time Changed Everything von Riafya (HP/LV) ================================================================================ Kapitel 2: Some True Friends ---------------------------- Liebste Felice, ein neues Schuljahr ist vorbei und ich weiß nicht, ob ich nun lachen oder weinen soll. Einerseits ist es gut, endlich aus diesem Chaos zu entkommen, das seit der letzten Aufgabe entstanden ist, doch andererseits fürchte ich mich vor dem, was vor mir liegt. Sicher hat dir deine „Schwester“ von dem berichtet, was beim Trimagischen Turnier geschehen ist, immerhin war sie euer Champion. Es ist grauenhaft. Ich habe Neville nie zuvor so niedergeschlagen erlebt. Armer Cedric... Es war ein unnötiger Tod, doch da zeigt sich wieder einmal die Dummheit der Gryffindors und die Naivität der Hufflepuffs. Draco und die anderen Slytherins sind alle schrecklich aus dem Häuschen. Der dunkle Lord ist zurückgekehrt. Zwar war mir klar, dass es früher oder später passieren würde, aber ich hatte auf später gehofft, wenn ich diesem Haus entkommen wäre, in das ich mich naiverweise begeben habe. Angeblich wird er uns in den Ferien besuchen kommen. Abraxas scheint ein guter Freund von ihm zu sein und Lucius wirkt auf mich wie sein treuestes Schoßhündchen. Also werde auch ich ihm über den Weg laufen müssen. Das Beste, was passieren könnte, ist, dass er über meine Herkunft spottet und mich danach in Ruhe lässt. Das Schlimmste, dass er an mir Interesse entwickeln sollte und mich für sich gewinnen will. Dann bin ich verloren. Ich muss nun leider diesen Brief beenden, Hermione schleicht irgendwo hinter mir herum und ich möchte nicht, dass sie mir wieder einen Vortrag hält. Überhaupt ist sie furchtbar aufgeregt und meint, ich solle zu Dumbledore gehen, damit ich nicht nach Hause muss. Von den Anderen will ich im Moment gar nicht reden. Ich frage mich wirklich, wann sie endlich verstehen werden, dass ich sehr wohl in der Lage bin, auf mich selbst aufzupassen. Wie auch immer, ich wünsche dir schöne Ferien und sag Fleur, dass ich das Buch habe, das sie in Hogwarts hat liegen lassen. Wir sehen uns in ein paar Wochen. Alles Liebe, Harry Eilig rollte er das Pergament zusammen und packte seine Tinte weg, als sich auch schon Schritte hinter ihm näherten. „Hier bist du also“, rief jemand und einen Moment später hatte sich Hermione Granger neben ihn gesetzt. „Weißt du, manchmal frage ich mich wirklich, warum ich überhaupt nach dir suche? Eigentlich müsste ich wissen, dass du hier sein würdest.“ Mit „hier“ meinte sie die Bibliothek, wobei er sich im Moment in der verbotenen Abteilung befand, da dort das Risiko, von jemanden gestört zu werden, geringer war. Doch sie hatte ihn wieder einmal gefunden. „Was machst du hier?“, fuhr sie fort, als er ihr keine Antwort gab. „In einer Stunde geht es ab nach London! Wir haben gleich Ferien! Musst du deine Sachen nicht packen?“ „Das habe ich schon“, meinte Harry genervt und drehte sich zu ihr um. „Ich bin kein Kind mehr, Hermione.“ Augenblicklich errötete sie, hielt jedoch seinem Blick stand. „Wir machen uns Sorgen um dich. Neville hat dich auch schon überall gesucht. Du bist in letzter Zeit so seltsam. Ist etwas passiert?“ Sie ließ ihm keine Zeit zum antworten. „Du machst dir Sorgen, weil du zu den Malfoys zurück musst, nicht wahr? Harvey, wir können dir helfen! Geh zu Dumbledore! Er...“ „Seit wann nennst du mich wieder Harvey?“, fragte er misstrauisch, was sie sofort zum verstummen brachte. „Ich dachte, du willst, dass ich meine Familie verlasse. Warum nennst du mich also bei dem Namen, den sie mir gegeben haben?“ Entschlossen stand er auf und griff nach seiner Tasche, in der der Brief und einige andere Sachen verstaut waren. „Wir sehen uns in einer Stunde im Hogwarts Express.“ „Wo willst du hin?“, rief sie ihm hinterher, doch er achtete nicht weiter auf sie. Es war sein letzter Tag als Fünftklässler. Als er damals mit elf Jahren die Schule das erste Mal betreten hatte, war er augenblicklich nach Ravenclaw gekommen und diese Entscheidung hatte sich wiederholt bestätigt. Er war seit seinem ersten Schultag Klassenbester und seitdem redeten die Lehrer auch darüber, ihn eventuell ein Jahr überspringen zu lassen. Jedoch hatte er kein Interesse daran. So sehr ihn die Schule auch langweilte, so etwas würde unnötige Aufmerksamkeit erregen und das letzte, was er gebrauchen konnte, war, dass die falschen Leute von seiner Existenz erfuhren. In all seinen Jahren in der Familie Malfoy hatte er gelernt, dass es manchmal besser war, im Hintergrund zu bleiben. Ansonsten würde er vielleicht irgendwann wie Lucius enden. //Das wirst du niemals//, hörte er seinen Verstand sofort sagen. //Du bist nicht wie er.// Was nicht war, konnte noch werden. //Nur wenn du es zulässt.// Vielleicht würde ihm keine andere Wahl bleiben. Zumindest nicht, wenn der dunkle Lord... „Harry!“ Lächelnd schloss er die Augen und wartete darauf, dass sie ihn eingeholt hatte. Einen Moment später kam sie auch schon neben ihm zum Stillstand und er drehte sich zu ihr um. „Hi, Luna!“ Blinzelnd musterte sie ihn, bevor sie sein Lächeln erwiderte. „Lass uns in den Gemeinschaftsraum gehen und unsere Sachen holen. Neville bekommt sicher einen Tobsuchtsanfall, wenn wir nicht rechtzeitig in der Großen Halle ankommen. Dein Bruder hat ihn offenbar wieder einmal provoziert.“ „Was hat er denn diesmal gesagt?“, fragte er, während sie gemeinsam weiter liefen. „Och, offenbar meinte er, dass er dich diese Ferien endlich zur Vernunft bringen wird. Was immer er damit auch meint.“ Der Junge biss sich auf die Unterlippe, beschloss jedoch, nichts zu sagen. Er wusste ganz genau, was sein Bruder damit meinte und er befürchtete, dass er Recht haben könnte. Als würde sie seine Stimmung bemerken, blieb Luna stehen und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Mach dir keine Sorgen, Harry. Egal, was in diesen Ferien passieren wird, egal, ob du dich Du-weißt-schon-wem anschließt oder nicht, ich bin mir sicher, dass es die richtige Entscheidung sein wird.“ „Ich wünschte, Neville würde genauso denken“, murmelte er. „Zumindest, würde mich dann Hermione in Ruhe lassen.“ Luna schenkte ihm ein mitfühlendes Lächeln. „Neville kann zur Zeit nicht klar denken. Er hat Cedric sterben sehen. Vergiss nicht, wie nahe sie sich zum Schluss standen. Sie waren beste Freunde! Es ist verständlich, dass er nun Angst davor hat, dich ebenfalls zu verlieren. Er braucht dich, Harry.“ Langsam zog sie ihre Hand wieder zurück. „Er braucht dich wirklich, auch wenn er es niemals zugeben wird. Deshalb lass ihn bitte nicht im Stich, egal, wie du dich entscheiden wirst.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und hüpfte summend davon. Seufzend sah er ihr hinterher. Luna Lovegood war der einzige Mensch in dieser Schule, der ihn wirklich verstand. Natürlich war es kein Vergleich zu Felice, aber immerhin wusste sie, was sie ihm sagen musste, damit er sich hinterher besser fühlte. Oder schlechter. Obwohl sie ein Jahr unter ihm war, war sie seine einzige Freundin in Ravenclaw. Mit den Anderen kam er zwar größten Teils aus, aber er war niemals mit ihnen warm geworden. Außerdem behandelten ihn viele mit einem gewissen Argwohn, da jeder wusste, dass er ein Malfoy war und denen traute niemand außerhalb von Slytherin. Selbst der Schulleiter schien ihm gegenüber misstrauisch zu sein. Seit dem Augenblick, da er als Elfjähriger die Große Halle betreten hatte, hatte Albus Dumbledore ihn beobachtet. Bei den Mahlzeiten, auf den Gängen, auf den Ländereien, egal wo er ihn traf, immer hatte der alte Mann seine Augen auf ihn gerichtet, so als würde er auf irgendetwas warten. Besonders schlimm war es geworden, seitdem der dunkle Lord wieder da war. Was hatte das nur zu bedeuten? Diese Observation beunruhigte ihn außerordentlich. Es war nicht normal. Draco wurde auch nicht so überwacht. Warum also er? Er hatte Dumbledore noch nie getraut. Der Mann hatte schon immer etwas unheimliches an sich, weshalb er ihm am Liebsten aus dem Weg ging. Leider war ihm das allerdings nicht immer möglich. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Eine dreiviertel Stunde später lief Harry hinter seinen Freunden durch den Hogwarts Express und wartete darauf, dass sie endlich ein freies Abteil gefunden hatten. Nach seinem Gespräch mit Luna hatte er noch schnell seinen Brief abgeschickt, damit er so schnell wie möglich bei seiner Empfängerin ankam. Er freute sich schon darauf, Felice in ein paar Wochen wiederzusehen. Es war wirklich nicht einfach, wenn die beste Freundin in einem anderen Land lebte, denn dann bekam man sie nur selten zu Gesicht. Besonders, wenn die beiden Länder durch das Meer getrennt wurden. Doch bevor er weiter über die junge Französin nachdenken konnte, hatten seine hiesigen Freunde ein Abteil nach ihrem Geschmack gefunden und beschlagnahmten es, bevor jemand anderes hierher kommen konnte. Er und Neville bekamen einen Fensterplatz, während Hermione und Luna sich jeweils neben einen von ihnen setzten. In Hogwarts nannte man sie oft „Das Quartett“, da man sie in ihrer Freizeit meist zu viert antraf. Die Lehrer freuten sich über ihre Freundschaft, da sie es als ein Vorbild für ganz Hogwarts sahen, dass sich die Leute außerhalb ihrer eigenen Häuser Freunde suchten. Wenn es nach ihnen ginge, würden sich wahrscheinlich noch ein Slytherin und ein Hufflepuff ihrer kleinen Gruppe anschließen. Doch so waren sie zwei Gryffindors und zwei Ravenclaws und das war fürs Erste genug. Im Grunde waren es eigentlich Neville und Harry, die sie zusammen hielten. Hermione stand voll und ganz hinter dem Auserwählten, wie er von allen genannt wurde, und Luna hinter Harry. Draco hatte es ihm nie verziehen, dass er sich mit dem Gryffindor angefreundet hatte. Für ihn war er ein Feind und auch ihre Eltern waren alles andere als begeistert gewesen. Allerdings hatten sie sich nach fünf Jahren damit abgefunden, wobei er bereits damit rechnete, auch diesen Sommer wieder mehrere Predigten zu hören. Natürlich wusste er, dass diese Freundschaft gefährlich für ihn werden würde, spätestens dann, wenn der dunkle Lord davon erfuhr und er würde davon erfahren, da machte er sich keine Illusionen. Er hoffte nur, dass es nicht sofort sein würde. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Neville plötzlich. Lächelnd sah er seinen Freund an. Im Grunde hatten sie nichts gemeinsam, außer vielleicht ihre schwarze Haarfarbe und die Tatsache, dass sie keine leiblichen Eltern mehr hatten, wobei sein Freund das nicht wusste. Neville war ein Held. Mutig, stark, von den meisten geliebt und von den Lehrern geschätzt. Er galt als hilfsbereit und gutmütig, half jedem, der Hilfe brauchte und setzte sich für die ein, die er liebte. Seine Schulnoten waren im mittleren Bereich, doch das war nicht schlimm, immerhin bekam er privaten Unterricht bei Albus Dumbledore, dem mächtigsten Mann im Lande, der sie alle vor den drohenden Schatten beschützen würde, der sich über Großbritannien ausbreitete. Mit seiner Hilfe würde er schon in der Lage sein, sein Schicksal zu erfüllen und den dunklen Lord ein für alle Mal zu besiegen. Harry konnte darüber nur schnaufen. So sehr er seinen Freund auch mochte und schätzte, es war für ihn ein Rätsel, wie er überhaupt seine bisherigen Zusammentreffen mit Voldemort überleben konnte. Er selbst war ein Wunderkind, zumindest, wenn man den Lehrern Glauben schenken durfte. Er konnte Dinge verstehen, mit denen selbst sie oft Schwierigkeiten hatten und seine Duellfähigkeiten konnten sich Gerüchten zu Folge mit denen Dumbledores messen. Wobei er das für Unsinn hielt, aber sollten sie ruhig tratschen. Er gehörte nicht zu den Außenseitern der Schule, war aber auch kein Anführer. Er hielt sich meist irgendwo im Mittelfeld auf und wäre er nicht mit Neville Longbottom befreundet, würden ihn wahrscheinlich nur seine Klassenkameraden und die Lehrer kennen. Viele waren der Meinung, dass er sich gut an der Seite des Helden machte, allerdings konnten sie ihm seine gelegentlichen Gespräche mit dem ein oder anderen Slytherin nicht verzeihen, weshalb auch Hermione oft tagelang nicht ihm redete. „Mir geht es gut“, meinte Harry munter. „Bin nur müde.“ „Das ist kein Wunder“, entgegnete Hermione spitz. „Sicher hast du wieder seit Sonnenaufgang in der Bibliothek gesessen.“ Es fiel ihm schwer, sein Grinsen zu unterdrücken, als er ihren vorwurfsvollen Unterton bemerkte. Hermione Granger war die Einzige in ihrem Jahrgang, die sich im Unterricht ansatzweise mit ihm messen konnte und sie versuchte jedes Mal verzweifelt, ihn irgendwie zu übertrumpfen. Doch obwohl sie etwa dreimal so viel Zeit mit Lernen und Hausaufgaben verbrachte wie er, war sie dazu niemals in der Lage, was sie jedes Mal bis aufs Äußerste reizte. Einerseits konnte er sie verstehen. Es musste wirklich furchtbar frustrierend sein! Dennoch änderte es nichts daran, dass es ihn außerordentlich amüsierte. „Du schreibst, nicht wahr?“, fragte Neville, ohne weiter auf Hermione einzugehen. „Wenn du irgendein Problem hast oder Hilfe brauchst... wir holen dich da raus, wenn es sein muss. Dumbledore...“ „Ich will Dumbledores Hilfe nicht“, erinnerte er ihn. „Und das weißt du.“ Sein Freund sah für einen Moment so aus, als wolle er widersprechen, entschloss sich jedoch schließlich dazu, zu schweigen. Kennen gelernt hatten sie sich bei einem gemeinsamen Nachsitzen bei Severus Snape und seitdem war Harry den Anderen nicht mehr losgeworden. Im Grunde war er auch froh, ihn zu haben, aber seitdem er Unterricht bei Dumbledore nahm, konnte er nicht bestreiten, ihm ein gewisses Maß an Misstrauen entgegen zu bringen. Vielleicht war es paranoid, aber er konnte sich gut vorstellen, dass der Schulleiter Neville dazu nutzen würde, ihn auszuspionieren – was auch immer ihm das bringen sollte. Wunderkind hin oder her, er wurde aus dem alten Mann nicht schlau. „Macht euch keine Sorgen, es wird schon nichts geschehen und zur Not gehe ich einfach früher zu Felice als geplant. Ihre Familie wird nichts dagegen haben, wahrscheinlich würden sie mich die ganzen Ferien aufnehmen, wenn ich sie darum bitten würde.“ „Wollte Felice nicht eigentlich dieses Jahr zu dir kommen?“, fragte Luna, während Hermione nur die Nase rümpfte und auch Nevilles Augen einen verletzten Ausdruck an nahmen. Harry wusste, dass es ihm weh tat, dass er Felice ihm vorzog. Doch das war immer so gewesen und würde sich nie ändern. „In Anbetracht der Umstände könnten wir sicher auch zu ihr. Das ist kein Problem.“ Felice Poulain war das französische Wunderkind und Mündel des dortigen Zaubereiministers Henri Delacour. Sie hatten sich in seinem zweiten Schuljahr bei einem internationalen Zaubertrankwettbewerb kennen gelernt und augenblicklich gut verstanden. Seitdem waren sie im regelmäßigen Briefkontakt und trafen sich so oft es ging. Felice war die Einzige, die ihn verstand, ohne Fragen stellen zu müssen. Sie wusste Dinge über ihn, die niemand sonst wusste und im Gegenzug kannte er sie besser, als jeder andere. Das alles reichte soweit, dass ihre „Eltern“ bereits darüber beratschlagten, sie zu verloben und eigentlich hätte er nicht einmal etwas dagegen. Wenn er unbedingt jemanden heiraten musste, dann sie. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die restliche Fahrt verlief friedlich und ohne weitere Zwischenfälle. Erst als sie kurz vor London waren, wurden sie in ihrer Einsamkeit gestört. Luna war die Erste, die es bemerkte. „Dein Bruder“, sagte sie nur und alle blickten auf. Tatsächlich stand Draco Malfoy mit verschränkten Armen vor ihrem Abteil und durchbohrte ihn geradezu mit seinem Blick. Seufzend erhob er sich und trat zu ihm auf den Gang. „Was ist?“, fragte Harry, sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wobei er wusste, dass seine Freunde sie beobachteten. „Nimm deine Sachen und komm in unser Abteil“, sagte Draco. „Wir haben in London keine Zeit für theatralische Abschiedsworte, Harvey.“ Bei diesen Worten warf er einen vernichtenden Blick in Nevilles Richtung. „Warum nicht?“, fragte er misstrauisch. „Großvater und... sein Freund kommen heute Abend vorbei“, erklärte der Malfoyerbe ruhig. „Genau genommen müssten sie bereits da sein. Deshalb müssen wir so schnell wie möglich nach Hause. Also beeil dich!“ Genervt drehte er sich um und stolzierte davon. Harry sah ihm für einen Moment erstarrt hinterher, während die Informationen in seinem Gehirn einrasteten. Der dunkle Lord würde kommen. Heute. Viel zu früh. Neville, Luna und Hermione durften es nicht erfahren. Sie würden ihn nicht gehen lassen. Nie im Leben. Aber warum jetzt schon? Warum nicht später? Nun, er konnte es nicht ändern. Also tief durch atmen und tun, was getan werden musste. Kopfschüttelnd ging er ins Abteil zurück und verdrehte demonstrativ die Augen. „Draco will, dass ich jetzt schon zu ihm komme. Er hat Angst, dass ich ihm auf dem Bahnsteig verloren gehe.“ Er ließ seine Stimme so genervt wie möglich klingen, damit sie nicht merkten, was wirklich in ihm vorging. Offensichtlich ging sein Plan auf, denn sie begannen alle, seinen Bruder zu verfluchen und wünschten ihm noch einmal viel Glück, bevor er sich mit seinen Sachen auf den Weg zu Dracos Abteil machte. Dies war ein weiterer Grund dafür, warum Felice die war, der er absolut vertraute. Sie hätte ihm dieses Schauspiel niemals abgekauft. Er wollte nicht zurück. Er wollte nicht zu dem dunklen Lord. Aber er musste es tun und das alles nur, weil er sich als Fünfjähriger dazu entschieden hatte, Mitglied einer Todesserfamilie zu werden. Er hatte es nie bereut, als Narcissas und Lucius' Sohn aufzuwachsen. Die Beiden waren großartige Eltern, die ihm immer dieselbe Liebe entgegengebracht hatten, wie ihrem leiblichen Sohn. Er hatte auch nichts gegen ihre Gesinnung. Schwarze Magie hatte ihn seit jeher fasziniert und man musste keine Muggel töten, um Todesser zu werden. Manchmal leuchtete ihm ihre Auffassung sogar mehr ein, als die der Weißmagier. Eigentlich wusste er selbst nicht, wo sein plötzlicher Widerwille herkam, nach Hause zurückzukehren. //Vielleicht bist du einfach zu lange unter Dumbledores Einfluss gewesen//, meinte sein Verstand und er musste ihm Recht geben. Das wäre eine logische Erklärung. Wenn es so war... wenn er mit dieser Theorie Recht hatte, war es das Beste, wenn er wieder zurückging. Vielleicht würde er dann wieder klar denken können. Aber heute Abend würde er dem dunklen Lord begegnen. Ein Meister der Manipulation, wenn er Narcissa Glauben schenken durfte. Da konnte er die Hoffnung auf ein wenig Klarheit sofort wieder verwerfen. Immer noch in Gedanken versunken kam er vor Dracos Abteil an, der es sich mit Blaise Zabini, Pansy Parkinson und seinen beiden Schatten Crabbe und Goyle teilte. Der einzig Vernünftige unter ihnen war Blaise und Pansy konnte auch erträglich sein, wenn sie wollte, doch die anderen Beiden waren nichts weiter als hirnverbrannte Idioten, die aus dem fahrenden Zug springen würden, wenn Draco es auch nur andeutete. //Kein Wunder, dass er sich gut mit ihnen versteht. Wenn es nach ihm ginge, würde ihm die Welt zu Füßen liegen.// „Harvey!“, rief Pansy erfreut, als er hereinkam. „Du musst mir dabei helfen, Draco davon zu überzeugen, mit nach Avalon zu kommen!“ „Der Club oder die Insel?“ „Die Insel natürlich!“, empörte sie sich und verschränkte beleidigt die Arme. „Der Club ist nur für... na ja, ihr wisst schon...“ Ungläubig beobachteten die Jungen, wie sie errötete und peinlich berührt den Blick senkte. Schließlich sah sie jedoch wieder auf und fuhr fort: „Dort findet nächste Woche die Party des Jahres statt! Wir müssen dahin!“ „Dann viel Spaß“, meinte Harry schulterzuckend und setzte sich neben Blaise, da dort der letzte, freie Platz war. „Und trinkt nicht zu viel.“ Er wandte sich seinen Bruder zu. „Also, wie ist der Plan?“ „Dobby holt uns mit einem Portschlüssel ab“, erklärte er sofort. „Der bringt uns direkt zu unseren Zimmern, wo wir uns schnell zurechtmachen sollen, um danach gemeinsam in die Lobby zu gehen, wo sie auf uns warten werden. Ich werde zuerst hineingehen und du folgst. Und vergiss nicht, höflich zu bleiben und nur zu reden, wenn du dazu aufgefordert wirst.“ //Das solltest lieber du tun//, dachte er, nickte jedoch nur. „Ihr habt es so gut“, hauchte Pansy. „Weil euer Großvater und euer Vater ihm immer gut gedient haben, wird er euch sicher sofort in seinen inneren Kreis aufnehmen. Ihr könnt ihn sogar vor uns allen kennen lernen!“ Die beiden Malfoys schwiegen. Niemand in Hogwarts, außer den Lehrern und ihnen selbst, wusste, dass Harry keineswegs ein gebürtiger Malfoy war. Sie alle, sogar Neville, Luna und Hermione, kannten ihn nur als Harvey Malfoy oder Harry, was sie für einen Versuch hielten, aus seiner Familie auszubrechen. Es war zu seinem eigenen Schutz geschehen, sagten sie. Aber der dunkle Lord würde sich nicht täuschen lassen. Nie im Leben. Er würde die Wahrheit erkennen und wenn Lucius dies nicht merkte und ihn an log, würden sie alle bestraft werden. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Schweigend sah Harry sich in seinem Spiegel an. Kam es nur ihm so vor oder war er seltsam blass? Oder lag es an dem Licht der Kerzen? Müsste er darin nicht eigentlich röter aussehen? Er hatte schwarzes Haar, das beinahe immer so wirkte, als wäre er gerade von einem Besen gestiegen, und seine Augen leuchteten von einem wunderschönen Grün, zumindest laut Narcissa. Heute trug er einen seiner teuersten Umhänge, schwarz und maßgeschneidert. Selbst Draco beneidete ihn immer um seinen Anblick, wenn er diesen trug, wobei er das nicht verstehen konnte. Warum waren eigentlich immer alle an dem Aussehen interessiert? //Weil es den Menschen leichter fällt, den Schein zu lieben, als die Wahrheit.// Ja, die Antwort machte Sinn. Seufzend stützte er sich auf dem Waschbecken ab, über dem der Spiegel hing, bevor er sich entschlossen aufrichtete und sein Badezimmer verließ. Kurz darauf fand er sich vor seiner Zimmertür wieder, wo er stehen blieb, um auf seinen Bruder zu warten. Dieser kam auch kurz darauf aus seinem Zimmer hervor und sie machten sich gemeinsam auf dem Weg in die Lounge. Malfoy Manor lag in einer malerischen Gegend, abseits von jeglichen anderen Städten oder Dörfern. Um das Grundstück herum befanden sich nur Wiesen und Wälder und ab und an ein Fluss, weshalb viele ihrer Familienfreunde öfter für ein paar Tage vorbei kamen, um den Frieden zu genießen, den man hier finden konnte, wenn man wollte. Die Familie selbst lebte hier auch nur in den Sommermonaten oder an Feiertagen, das restliche Jahr über residierten sie in ihrem Stadthaus in London, von wo aus man einen besseren Zugang zum Ministerium und dem gesellschaftlichen Leben Englands hatte. Kein Wunder also, dass der dunkle Lord hierher kam. Niemand würde es bemerken. Die Lounge lag im Erdgeschoss und besaß große Fenster, die den Blick auf den Garten frei gaben. Im Hochsommer waren sie immer geöffnet und ließen das eine oder andere Lüftchen herein. Sie war in den typischen Slytherinfarben gehalten und besaß ein paar der gemütlichsten Sofas, die man sich vorstellen konnte. Die Erwachsenen hatten es sich auf ihnen gemütlich gemacht und plauderten in einer entspannten Atmosphäre miteinander. Die beiden Jungen blieben kurz im Türrahmen stehen und ließen neugierig ihre Blicke über den Fremden gleiten, der mit dem Profil zu ihnen saß und lächelnd an einem Glas Wein nippte, während Abraxas eine seiner alten Geschichten erzählte. Harry runzelte unwillkürlich die Stirn. Das sollte der dunkle Lord sein? Irgendwie sah er dafür zu harmlos aus und zu jung. Plötzlich stieß jemand einen Freudenschrei aus und im nächsten Moment wurde Draco, der einen Schritt vor ihm stand, in eine feste Umarmung gezogen. „Mein Sohn, du bist wieder da!“, hörte er Narcissa flüstern, während sein Bruder peinlich berührt versuchte, ihren Armen zu entkommen. „Ich freu mich ja auch dich zu sehen, Mutter, aber....“ //Da ist ein dunkler Lord vor dem du mich gerade lächerlich machst//, beendete Harry gedanklich seinen Satz und unterdrückte ein Grinsen. Er wollte gerade einen Blick auf die Männer werfen, die sicher immer noch da saßen und sie beobachteten, als Narcissa sich vor ihn stellte und ihn prüfend musterte. Offenbar schien ihr zu gefallen, was sie sah, denn sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und legte eine Hand auf seine Wange. „Harvey. Es ist wundervoll, dich wiederzusehen.“ Sofort erwiderte er ihr Lächeln und zog sie in die Umarmung, die sie nicht wagte, ihm zu geben. „Ich freue mich auch, Mutter“, flüsterte er ihr ins Ohr, bevor er sich von ihr löste und Abstand zwischen sie brachte. Er hatte es lieber, wenn um ihn herum ein gewisser Radius frei war. Deshalb wusste er, wie viel Narcissa seine Handlung bedeuten musste und das Strahlen in ihren Augen bestätigte diese Vermutung nur noch. Doch nun stellte sich Lucius neben sie, der offenbar bereits Draco begrüßt hatte, da dieser nun mit seinen Großvater sprach und ihr kurzer, gemeinsamer Augenblick wurde unterbrochen. „Harvey“, sagte der Mann und lächelte leicht. „Willkommen daheim.“ „Vielen Dank, Lucius.“ Er liebte diesen Mann wirklich über alles und sah ihn sogar als den perfekten Vaterersatz an, trotzdem war da immer eine gewisse Distanz zwischen ihnen, die es ihm unmöglich machte, ihn als solchen zu bezeichnen. Mit Narcissa war das einfacher. Aber das war nun einmal nicht zu ändern. Nickend legte der Mann ihm eine Hand auf die Schulter und führte ihn neben Draco. „Darf ich vorstellen, Mylord? Mein Sohn Draco und mein Adoptivsohn Harvey.“ Sein Bruder senkte augenblicklich demütig den Kopf, doch Harry konnte nicht anders, als zu beobachten, wie der dunkle Lord neugierig seinen Blick über den Malfoy schweifen ließ, bevor er sich ihm zuwandte. Interessiert wanderte er über seinen Körper, bevor er in seinem Gesicht hängen blieb und in seine grünen Augen blickte. Unwillkürlich erstarrte Harry, als er die roten Augen des dunklen Lords sah. Er kannte sie. Er hatte sie schon einmal gesehen. _________________________________________________________ Hallo, ihr Lieben! Heute melde ich mich mal vom Ende. ^o^ Ich möchte mich wieder gaaaanz herzlich bei allen Lesern bedanken, sowohl von diesem, als auch vom letzten Kapitel. Und ganz besonders bei den Kommischreibern, ihr seid klasse!!!! Da ist Frau doch gleich motiviert, weiter zu schreiben. XD Meine Anmerkungen zu diesem Kapitel: Felice Polain... ich weiß, sie ist ein eigener Charakter, aber keine Sorge, sie wird nicht oft selbst auftreten, aber Harry wird ihr ein paar Briefe schreiben, in denen wir seine Gedanken über die aktuellen Geschehnisse noch einmal zusammengefasst bekommen. ^^ Außerdem kann ich nur wiederholen, dass ich immer noch nach Pairings suche... also, wenn euch eines einfällt... noch bin ich für Vorschläge offen. Ich wünsche euch eine schöne Woche! Bis bald, eure Ayako Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)