Gegen das Gesetz II von Saya_Takahashi ================================================================================ Prolog: Gute-Nacht-Geschichte ----------------------------- Es war ein stürmischer Wind, der Tokio in dieser Nacht heimsuchte. Irgendwo, in einem weniger gemütlichen Viertel, in einer weniger gemütlichen Wohnung, weinte ein Baby, bei jedem Donnergrollen und jedem Aufzucken der Blitze am düsteren Himmel. „Schon gut“, versuchte es die Mutter zu beruhigen, doch war auch sie nervös. Besorgt schielte sie immer wieder zum Fenster hinaus und hoffte, dass sich das Unwetter bald legen würde. „Es ist gleich vorbei.“ Doch der Sturm ließ nicht nach, und auch am nächsten Morgen verdunkelten die schwarzen Wolken den Himmel. Die einzigen Lichter schienen die vielen Reklametafeln zu sein, die Werbeschilder, Ampeln und Laternen. Es regnete zwei Tage und zwei Nächte, und als sich am dritten Tag die Wolkendecke lichtete, atmeten die vielen Bewohner erleichtert aus. Genau wie die Mutter, dessen Baby ganz heiser vom vielen Schreien geworden war. „Jetzt haben wir es ja überstanden“, sagte sie und lehnte sich zurück in den alten Sessel, der schon halb zerfallen war. Behutsam strich sie dabei über das kleine Köpfchen ihres Jungen und lächelte sanft, bis auch er müde zurücklächelte. Das gleichmäßige Tropfen aus dem Nebenzimmer ließ seine dunklen Augen immer schläfriger werden, während seine Mutter das kaputte Dach verfluchte, genauso wie die anhaltende Nässe, die sich in ihre Glieder breit machte. Würde nicht bald das Dach repariert, würden sie und ihr Sohn erkranken, egal wie warm sie ihn zu halten versuchte. „Bald wird es uns besser gehen“, sagte sie, und kaum fielen dem Kleinen die Lider zu, erstarb ihr zärtliches Lächeln. „Ich lass mir was einfallen, versprochen Spätzchen.“ Erschöpft stand die Mutter auf und brachte den Jungen ins Bett, das als einziges noch ganz zu sein schien. Nur wenn man genauer hinsah, bemerkte man die Einkerbungen am Gestell. Doch die Mutter hatte viel dafür bezahlt; mehr als sie eigentlich hatte ausgeben dürfen. „Schlaf jetzt“, mahnte sie leise, als der Junge – kaum dass er in seinem kuscheligen Deckchen lag – erneut hochsah und seine Arme nach ihr ausstreckte. Sein Gesicht verzog sich weinerlich, und fast hätte er wieder geschrieen, wäre die Mutter nicht gegangen seinen Bären zu holen, der ihm meistens beim Einschlafen half. „Soll ich dir eine Geschichte erzählen?“, fragte sie schmunzelnd, sah jedoch zur Uhr und hinüber zur Wohnungstür. „Von einer anderen Mama, die ganz weit weg lebte? Ihr ging es auch einmal schlecht, doch sie kämpfte und alles wurde besser. Deswegen können wir sicher sein, dass wir es auch einmal schaffen.“ Der kleine Junge drückte seinen Teddy an sich und strampelte, als würde er ganz neugierig zuhören. „Es ist die Geschichte von einem Mädchen, die nicht so schöne Dinge gemacht hat“, sagte die Mutter. „Dafür wurde sie eingesperrt, doch hat sie ein Prinz gerettet, weißt du? Ein richtiger Prinz mit ganz viel Tapferkeit …“ Die Mutter musste kichern, als sie mit den Händen eine große Gestalt in die Luft zeichnete, und auch ihr Sohn lächelte und begann sich zu freuen. „Genau, so groß war das Pferd, und der Prinz natürlich auch“, sagte sie amüsiert, doch klingelte es in diesem Moment an der Tür. „Entschuldige, Spätzchen.“ Die Frau erhob sich, strich noch einmal über die geröteten Wangen des Jungen und griff nach ihrer Jacke. „Jetzt muss ich arbeiten, und dabei war die Geschichte noch nicht zu Ende. Aber ich erzähle sie dir, wenn ich zurück bin.“ Schnell drückte sie ihm einen Kuss auf die Stirn, dann eilte sie in den Flur und öffnete der wartenden Babysitterin. „Ich bin gegen halb vier zurück“, erklärte sie, derweil sie in ihre ausgetragenen Schuhe schlüpfte. „Er hat vorhin seine Flasche bekommen. Er sollte durchhalten, bis ich wieder da bin. Wenn nicht, ist etwas im Kühlschrank, du musst es nur warm machen.“ „Sicher“, gab die junge Studentin zurück, die sich mit dem Kinderhüten ihr Geld verdiente, auch wenn es damit nicht viel zu verdienen gab. „Aber er wird sicher durchschlafen, nach dem Gewitter der letzten Tage.“ „Das hoffe ich auch“, sagte die Mutter und wickelte die Jacke fester, da die Temperaturen am Abend längst unter zehn Grad fielen. „Bis später. Ich beeil mich.“ Mit diesen Worten verließ sie die Wohnung und trat in die dunkle Nacht. Der kühle Wind wehte ihr durch die Haare, und für einen kurzen Moment dachte sie an die Geschichte, die sie ihrem Sohn hatte erzählen wollen. Vielleicht war es gut, dass sie hatte aufhören müssen. Vielleicht war es gut, ihm die Geschichte nicht bis zum Ende erzählt zu haben. Weil die Geschichte kein Happy End hatte. Weil die Geschichte die ihrige war, und weil sie den tapferen Prinzen schon vor langer Zeit verlassen hatte. Kapitel 1: Näher, als sie ahnte ------------------------------- „Oh Naruto“, schimpfte Hinata milde und eilte in die Küche, als das laute Klingeln des Backofens durch die ganze Wohnung schallte. „Du wolltest doch auf den Kuchen aufpassen!“ „Kuchen?“, fragte eben jener, der seiner Freundin nachtrottete und sich irritiert am blonden Schopf kratzte. „Stimmt, hab ich …“ „Vergessen, schon gut“, beendete die junge Frau den Satz, seufzte müde und holte den recht braungebrannten Kuchen aus dem Ofen. „Er wird noch gehen“, bemerkte sie zu sich selbst, stellte ihn auf den Tisch und seufzte ein weiteres Mal. „Sieht doch gut aus“, grinste Naruto, ließ sich schon vor dem Kuchen nieder und schmatzte erwartend. „Jetzt muss nur noch Sasuke auftauchen. Der lässt sich ganz schön Zeit.“ „Sein Flieger ist doch erst vor einer halben Stunde gelandet.“ Hinata schüttelte amüsiert den Kopf und holte Geschirr aus dem Schrank, ehe sie Tee aufbrühte und sich selbst an den Tisch setzte. „Übrigens rief vorhin das Krankenhaus an. Heute Abend muss ich doch zum Dienst.“ „Doch? Aber ich dachte, es wäre alles klar gegangen?“ „Komplikationen“, murmelte Hinata, die es selbst deprimierte, den Abend nicht mit Naruto und seinem besten Freund aus alten Tagen verbringen zu können. Erst einmal, seit sie ein Paar waren, war sie dem stattlichen Wahlamerikaner begegnet, der sie sehr beeindruckt hatte. Als großgewachsen, muskulös und äußerst geheimnisvoll hatte sie ihn in Erinnerung. Schweigsam zudem, aber dennoch höflich und mit einem schwarzen Humor, der es meistens auf ihren Naruto absah. „Dann bist du die ganze Nacht weg?“ Naruto zog ein quengliges Gesicht, doch wusste er, dass er Hinata damit auch nicht aufhalten konnte. Sie war mit ganzem Herzen Ärztin, und es passierte nicht selten, dass sie ihn deswegen versetzen musste. Er nahm es gelassen – meistens zumindest – denn auch er hatte einen zeitaufwendigen Job bei der Regierung, der ihn zudem des Öfteren ins Ausland brachte. Umso mehr nutzen die beiden – Hinata, wie auch Naruto – die wenigen Tagen, an denen sie ungestört zusammen sein konnten. „Ich versuche, nicht zu spät nach Hause zu kommen“, erwiderte die junge Ärztin nun, als das Telefon klingelte und sie eilig ins Wohnzimmer lief. „Für dich“, rief sie dann ihren Freund, übergab Naruto den Hörer und ging zurück in die Küche, nicht ahnend, was man ihm in dieser Minute sagen würde … Sasuke hatte es schwer, sich in Tokio zurecht zu finden. Es war viele Jahre her, dass er das letzte Mal hier gewesen war, und er erinnerte sich kaum noch an die vielen Straßen und Gassen, die seinem Weg kreuzten. Schließlich wurde es ihm zuviel; er winkte ein Taxi heran und nannte die Adresse, zu der er wollte. „Da waren sie schon richtig“, sagte der Taxifahrer, der Sasukes Koffer ins Auto lud. „Ist gar nicht mehr weit. Wir brauchen keine zehn Minuten.“ „Hmm“, brummte Sasuke, stieg ein und blickte stetig nach draußen, auch als das Taxi los fuhr und der Mann ihn in ein Gespräch wickeln wollte. „Sie sind wohl nicht von hier?“, fragte er neugierig. „Woher kommen sie denn? Okinawa vielleicht? Hab da mal ne Weile gelebt, ist auch ziemlich unübersichtlich dort. Das ganze Straßennetz müsste einmal ausgebessert werden, vor allem wenn man aufs Land fährt. Sind sie vom Land?“ „Nein“, antwortete Sasuke knapp. „Nicht? Dann vielleicht von Übersee?“ Sasuke knurrte bejahend, so dass der Fahrer verstehend nickte und auch nicht weiter nachfragte. Oft hatte er Ausländer in seinem Wagen, und auch wenn sie wie Japaner aussahen – sobald sie einmal in der Ferne gewesen waren, war es auch mit ihrem Anstand dahin. Innerlich schüttelte er über diese Unhöflichkeit den Kopf, während er äußerlich weiter lächelte und zehn Minuten später seinen Fahrgast erleichtert aussteigen ließ. „Viel Spaß in Tokio“, wünschte er, ehe er den Motor startete und davon fuhr. „Hmm“, machte Sasuke lediglich, wohl wissend, dass er keinen Spaß haben würde. „Du hattest dich verlaufen?“, rief Naruto lachend, als er Sasuke gegenüber saß und dabei den Kuchen hinunterschlang, den Hinata zuvor gebacken hatte. „Man, das ist ja echt peinlich!“ „Aber Naruto“, beschwichtigte Hinata sogleich. „Sei doch nicht unmöglich.“ „Wie lang warst du nicht mehr hier?“, quasselte Naruto schon weiter. „Vier, fünf Jahre?“ Sasuke zuckte nur mit den Schultern und nahm eine Gabel voll Kuchen, um seinem Freund nicht antworten zu müssen. „Ja, ich glaube schon“, grübelte der Blonde. „Und ich muss sagen, dass ich es eigentlich in nächster Zeit auch nicht erwartet hätte, dich hier mal sitzen zu haben. Du hast noch gar nicht gesagt, warum du nach Japan gekommen bist.“ „Arbeit“, sagte Sasuke und tat desinteressiert. „Alles sehr stressig.“ „Stimmt“, grinste Naruto sofort. „Du bist ja jetzt Abteilungsleiter, da sind die Pflichten weit gefächert.“ „Ist denn schon entschieden, ob du es bleiben wirst, oder steht es noch aus, wen sie langfristig für die Stelle einsetzen werden?“, mischte sich auch Hinata in das Gespräch. „Ist noch nicht raus“, sagte Sasuke gleichgültig. „Mir wäre es nur recht, wenn es ein anderer täte. Es ist ätzend, was man alles an Formularen vor sich hat. Zu etwas anderem komme ich kaum noch.“ „Dafür verdienst du doch bestimmt das Doppelte, oder?“, fragte Naruto neugierig. „Tzz, und muss das Dreifache erledigen.“ „Ist schon scheiße“, gab der Blonde zu und ließ sich gegen seine Lehne fallen, um den vollen Bauch zu reiben, der vom ganzen Kuchen drückte. „Was sich der idiotische Hemming auch hat umbringen müssen. Selbstmord in seiner Position …“ „Naruto!“, sagte Hinata vorwurfsvoll, wandte sich dann aber wieder an Sasuke. „Hat die Obduktion denn noch etwas ergeben? Ist es hundertprozentig sicher, dass es auch wirklich Selbstmord gewesen ist?“ Sasuke nickte, auch wenn er skeptisch wirkte. „Ja, keine Zweifel. Die haben wochenlang seine Leiche untersucht, und der Bericht ist vor ein paar Tagen offiziell bestätigt worden.“ „Schon komisch, wenn man es genau nimmt“, murmelte Naruto nachdenklich. „Ich meine, Leute wie wir, die werden umgebracht, aber die bringen sich nicht selbst um, oder?“ Sasuke zuckte nur mit den Schultern, währenddessen Hinata ganz blass wurde. „Sag doch so was nicht“, meinte sie leise. „Entschuldige. Es ist nur ungewöhnlich, das mein ich. Aber wer weiß schon, was in dem seinen Schädel vor sich ging.“ „Hmm“, machte Sasuke, wie er es so oft. Und doch wusste er es besser … Gar nicht so weit entfernt wartete Sakura auf ihren Bus, der sie nach einer anstrengenden Nachmittagsschicht nach Hause bringen sollte. Immer wieder blickte sie auf die Uhr und zählte die Minuten, die vergehen würden, ehe sie ihren kleinen Jungen auf die Arme nehmen konnte. „Der hat wohl Verspätung“, sagte eine männliche Stimme, und als Sakura aufschreckte, spürte sie schon etwas in ihren Rücken. „Lauf jetzt ja nicht weg“, sagte der Mann, der sie zu den Sitzplätzen abseits der wartenden Menschenmasse zog. „Keine Sorge, Sakura, ich will nur mit dir reden.“ „Du hast mir dein Wort gegeben, das du mich in Frieden lässt!“, zischte die junge Mutter, die selbst noch fast ein Kind war. „Tu ich auch. Ich will nur nicht, dass du mir noch mal Schwierigkeiten machst. Darüber waren wir uns doch einig, oder? Dein Wort gegen meines.“ „Was redest du da, Kabuto?“ Sakura drehte sich einfach um und ignorierte die Waffe, die im Verborgenen auf sie zielte. „Ich weiß nicht, was du …“ „Ich rede von deinem FBI-Freund! Aber scheinbar weißt du es noch gar nicht?“ Kabuto lachte amüsiert, als Sakuras Gesicht immer erschrockener wurde. „Du hast wirklich keine Ahnung?“ „Was ist mit ihm?“, wollte sie atemlos wissen, und es war ihre Brust, die sich schmerzhaft zusammenzog. „Du hast gesagt, dass deine Leute ihn in Ruhe lassen, Kabuto!“ „Sofern er uns nicht in die Quere kommt, Mäuschen! Aber dein kleiner Lover ist in Tokio aufgekreuzt. Weiß er, dass du hier bist?“ Sakura schüttelte – nicht in der Lage auch nur einen klaren Gedanken zu fassen – den Kopf. Wortlos starrte sie Kabuto an, und auch als der Bus hielt und die Menschen einstiegen, blieb sie steinern stehen und brachte keinen Ton zustande. „Hmm, er scheint dich noch immer zu suchen. Es ist rührend, dass er dich noch nicht aufgegeben hat, findest du nicht, Sakura?“ „Er … er ist nicht auf der Suche nach mir“, erwiderte Sakura mit trockener Kehle. „Er kann gar nicht wissen, dass ich hier bin und …“ „Erzähl das deinem Bengel“, unterbrach Kabuto kalt und erhob sich. „Ich wollte dir nur klar machen, dass wir dich nicht vergessen haben. Wenn du und der Uchiha uns noch ein weiteres Mal in den Weg kommt, dann sag ich dir …“ Kabuto schüttelte ungehalten den Kopf. „Das war’s dann, Mäuschen, verstanden? Einmal hast du dich freikaufen können, aber noch mal … soviel kannst nicht mal du besorgen, um das zu überleben.“ Dann ging Kabuto, und es waren stille Tränen, die Sakura die Wangen hinab liefen. Sie wusste nicht, was das alles zu bedeuten hatte; was Sasukes Auftauchen in Tokio für sie bedeuten sollte, und ob sie es schaffen würde, ihm fernzubleiben. Sie wusste auch nicht, wie nah sie ihm längst war. Kapitel 2: Edogawa, Wohnblock 28 -------------------------------- Als Sakura nach Hause kam, die alte und feuchte Wohnung betrat, die im ramponiertest Viertel Tokios lag, entließ sie ihre Babysitterin und setzte sich zu ihrem schlafenden Sohn. „Was machen wir jetzt nur, Kenji?“, flüsterte sie matt und streichelte dem Jungen über die Bäckchen. „Wir sitzen ganz schön in der Klemme, weißt du? Der Prinz ist hier, der von dem ich dir einmal erzählt habe. Und ich weiß nicht, was er hier will. Er darf uns nicht finden, aber er darf auch nicht in Schwierigkeiten geraten.“ Der Kleine bewegte sich etwas und griff im Traum nach den Fingern seiner Mutter. „Ich mach das schon“, sagte Sakura lächelnd und löste sich von ihrem Baby. „Ich krieg das irgendwie hin.“ Sakura erhob sich müde und ging nebenan ins Wohnzimmer, wo ein alter Laptop stand, der seine besten Jahre scheinbar hinter sich hatte. Doch obwohl er äußerlich nichts hermachte, fuhr er sofort hoch, kaum das Sakura den Schalter betätigte. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, hätte er das alte Ding gesehen, dass in seinem Innern eine gewaltige Portion neuster Technologie steckte. Nur Sakura wusste, wie wertvoll dieser Computer war. Es dauerte nicht lange, da hatte sich Sakura ins Internet gewählt und eine Verbindung hergestellt, die niemand zurückverfolgen konnte. Sie nutzte einen Port, den sie vor drei Monaten geöffnet hatte, und es brauchte keine Minute, dass sie unbemerkt im Netzwerk des FBI war. Im Rechner, der Sasuke Uchiha gehörte. Bisher hatte sie nicht oft in seine Dateien gesehen. Sie wollte nicht in sein Leben eindringen; nur wenn sie dafür einen triftigen Grund hatte. Nun aber hatte sie einen, und es war derselbe Grund, der sie schon damals dazu gebracht hatte, in seinen PC zu dringen. Sasukes Sicherheit. Sakura fand rasch, was sie gesucht hatte. Sie durchforstete Sasukes Terminkalender und bemerkte einen kleinen Eintrag, dass er für ein paar Tage nach Tokio fliegen musste. Der Grund war eine Besprechung mit der Kriminalpolizei Tokios, die vor kurzen einen amerikanischen Bürger verhaftet hatte, der aber auch der russischen Mafia angehörte, auf die Sasukes Abteilung angesetzt war. Auch das war etwas, was Sakura vor einigen Wochen durch das Netzwerk des FBI erfahren hatte. Die Beförderung des Uchiha, als der alte Hemming durch Selbstmord ums Leben gekommen war. Sakura schüttelte den Kopf, als sie sich an ihn erinnerte: immer nach Zigarre riechend, grob und ernst, und doch kein schlechter Kerl. Nein, das war er nicht gewesen … Hemming hatte Sakura damals eine Chance geben wollen. Und wären die Dinge nicht gekommen, wie sie gekommen waren, dann hätte Sakura diese Chance möglicherweise genutzt. Vielleicht wäre ihr Leben dadurch um vieles besser geworden. Oder aber – und es war diese Angst, die sie aus Amerika und von Sasuke forttrieb - sie wären alle von ‚ihnen’ erwischt worden. Genauso, wie sie den alten General Hemming erwischt hatten. Sakura brauchte nicht lange, um herauszufinden, wo sich Sasuke derzeit aufhielt. Ein Eintrag in seinem persönlichen Notizbuch hatte ihr verraten, dass er bei einem Freund unterkommen wollte, der im Stadtbezirk Edogawa lebte. Sie zog Erkundigen über diesen ein und fand ebenso heraus, dass auch er für die Kriminalpolizei Tokios arbeitete. Seine Verlobte war Hinata Hyuuga, eine Ärztin im städtischen Krankenhaus von Edogawa, die in der Kinderabteilung und Notambulanz arbeitete. Sakura machte die Vorstellung traurig, wie geregelt das Leben der beiden laufen musste. Beinah hätte es auch bei funktioniert, dachte sie. Es hatte nicht viel gefehlt, dass auch sie ein zu Hause gehabt hätte. Aber es hatte eben nicht sein sollen. Später, als Kenji wach wurde und nach Milch verlangte, hatte Sakura noch immer keine Entscheidung getroffen. Sie kannte Sasuke gut genug, um sich unsicher zu sein, was seine Absichten betrafen. Während sie ihrem Sohn die Flasche aufwärmte, überlegte sie, welche Gründe er noch haben könnte, hier in Tokio aufzutauchen. Suchte er wirklich noch immer nach ihr? Konnte er so hartnäckig sein? Sakura schmunzelte, als sie sich die Frage selbst bejahte. Sasuke war stur und eigensinnig, aber dennoch glaubte sie, dass er sie längst aufgegeben hatte. Als sie kurz nach ihrem 18. Geburtstag Ende März in aller Heimlichkeit verschwunden war, da hatte er nach ihr suchen lassen, war selbst bis nach Hopeville gefahren um nach ihren Kenji zu sehen. Doch zu spät – Sakura hatte Kenji geholt, bevor er gekommen war, und sie war nach Japan geflogen, ehe der Tag der Nacht hatte weichen können. Es hatte schnell gehen müssen, und alles war auch schnell gegangen; alles nach Plan verlaufen, und nach Sakuras bestem Gewissen. Niemanden war etwas zugestoßen … Hemming, dachte Sakura dann. Hemming hatte seine Nase zu tief gesteckt, und Hemming war es auch gewesen, der keine Ruhe gegeben hatte. Er hätte nicht sterben müssen, nicht auf diese Weise. Hätte er sie nur in Frieden gelassen. „Mist!“, ärgerte sich Sakura, als sie Milch viel zu heiß geworden war und Kenji aus dem Wohnzimmer laut zu schreien begann. „Es geht gleich los, Spätzchen“, rief sie hektisch, als ihr gleichzeitig auch noch ein Glas zu Boden viel und sich in hundert Splitter übers Parkett verteilte. Sie griff nach der Flasche, hielt sie ins kalte Wasser und prüfte, dass die Milch die richtige Temperatur hatte. Es waren eben diese Momente, die sie überforderten. In denen sie den Überblick verlor und kurz davor stand, die Nerven zu verlieren. Diese Momente waren nicht selten, und gerade jetzt konnte sie keine ihrer Nerven entbehren. Gerade jetzt durfte sie nicht in Panik geraten. Kenji schrie immer lauter, und kaum dass das Thermometer die genaue Wärme angab, eilte sie hinüber ins Wohnzimmer. Erst dort bemerkte sie, wie sie zuvor in die Splitter getreten war und sich nun ihre Socken rot färbten. „Verdammt“, fluchte Sakura, kniff kurz die Augen zusammen und nahm dennoch ihren Sohn aus dem Bett, um mit ihm zum Sessel zu humpeln, das Blut über den Teppich verteilend. „Pssschhh, schon gut, Spätzchen“, versuchte sie Kenji zu beruhigen, der die Flasche gar nicht mehr wollte und weinend zappelte. „Hör doch auf, ist doch alles gut.“ Sakura wiegte ihn langsam hin und her, und nach einigen Sekunden schon wurde der Junge ruhiger. Er nahm die Flasche an und Sakura konnte erleichtert ausatmen. „Das war fein, was?“, lächelte sie, als Kenji sein Bäuerchen machte und selbst zufrieden drein blickte. Er war – zu Sakuras großem Glück – ein sehr ruhiger Junge, der sich eben nur schnell von ihrer eigenen Angst anstecken ließ. Meistens ließ er sich jedoch rasch beruhigen, und nur selten weinte er minutenlang. Er schaffte es dadurch, Sakura das Gefühl zu geben, nicht bei allem zu versagen. Sakura wollte gerade mit Kenji aufstehen, als es an der Tür pochte. Sie fuhr erschrocken zusammen, da sie niemanden erwartete, doch noch ehe sie sich aufrichten konnte, wurde die Tür schon mit Gewalt aufgestoßen. „Was …“ Sakura sprang ungelenk auf die Beine und drückte ihren Sohn dicht an sich, als Kabuto und ein weiterer junger Mann hereinkamen. „Ist ja ne erbärmliche Tür“, sagte der Yakuza, deutete seinem Begleiter die Tür zu schließen und ging auf Sakura zu, die instinktiv zurücktrat. „Was willst du hier? Ich dachte …“ „Ich dachte auch, ich hätte mich klar ausgedrückt!“, fauchte Kabuto ungehalten, so dass Kenji sofort wieder zu weinen begann. „Hey Junge, hast du etwa Angst vor mir?“ Er streckte seine Hand nach ihm aus, doch Sakura drehte Kenji sofort von Kabuto weg. „Rühr ihn ja nicht an!“, rief sie und konnte nur mit Müh die Tränen zurückhalten. „Ich hab nichts getan, also verschwinde! Wir hatten eine Abmachung, und du hast dich daran zu halten, verdammt!“ „Du hast nichts getan? Glaubst du, ich bin ein Idiot? Ich hab dich überwacht, Sakura; ich weiß, dass du nach Sasuke gesucht hast, und nach seinem Aufenthaltsort!“ „Woher …“ Sakura schluckte schwer und biss sich auf die Lippen. „Und selbst wenn?“, fauchte sie dann. „Ich wollte nur wissen, wo …“ Sie fiel fast zu Boden, als Kabuto ihr eine saftige Ohrfeige verpasste. „Lügt nicht, Miststück!“, brüllte er sie an und sah voller Verachtung auf sie herab. „Hast du das verstanden, Sakura? Du hast mich nicht anzulügen!“ „Ich …“ Sakura presste die Lippen aufeinander, da sie kaum noch an sich halten konnte. Die Schmerzen, die Angst um Kenji und um Sasuke – das alles raubte ihr bald den Verstand, und nichts fiel ihr ein, was sie hätte tun können. Gar nichts … „Das war meine letzte Warnung“, sagte Kabuto etwas ruhiger. „Kapiert, Sakura? Und den nehmen wir mit …“ Er deutete seinem Begleiter, den Laptop einzustecken. „Vielleicht bist du ja aus der Übung“, grinste er dann. „Auf jeden Fall konnte ich deine Verbindung zurückverfolgen. Wolltest deinem Lover wohl stecken, wo wir sind …“ Sakura schüttelte unter Tränen den Kopf und stützte sich am Sessel ab, als ihre Knie nachgeben wollten. „Wirklich nicht“, sagte sie zittrig. „Ehrlich, ich … ich will nur nicht, dass ihm … was zustößt. Ich wollte nur, dass er aus … Japan verschwindet. Wirklich Kabuto, das ist die Wahrheit!“ „Tzz“, machte der Yakuza, doch dann lachte er. „Aber ich kauf dir das fast ab. Ich verstehe zwar nicht, was dir an ihm liegt, aber …“ Er zuckte die Schultern und wandte sich einfach um. „Egal, interessiert mich nicht. Merk dir nur, dass es meine letzte Warnung war. Bleib von ihm fern, damit du deinen süßen kleinen Mund nicht aufreißen kannst, und dann passiert dir nichts. Wenn er uns nicht zu nahe kommt, wird er Japan vielleicht lebend verlassen können. Aber das ist nur sein Ding, Sakura. Misch dich ein, und du wirst nicht mehr glücklich.“ Glücklich, dachte Sakura, als die Yakuza aus ihrer Wohnung verschwanden. Was war das überhaupt, Glück? Doch dann schüttelte sie ihren Kopf und rappelte sich auf. Sie sah zum Fenster hinaus und wartete, dass Kabuto wegfuhr, ehe sie Kenji in seine wärmsten Sachen packte. „Jetzt müssen wir uns beeilen“, sagte sie, obwohl die Tränen nicht aufhörten zu fließen. „Bevor sie rausfinden, dass sie reingelegt wurden.“ Sakura wischte sich hektisch über die Augen, zog sich selbst eine dünne, abgetragene Jacke über und griff nach einer Tasche, die unter dem Kinderbett versteckt war. Sie packte auch die Flasche ihres Sohnes hinein, seinen Teddy und den Nuckel, den er ab und an wollte. Sie achtete darauf, dass nichts davon an das alte Gerät stieß, das in dem hinterem Fach steckte. Der alte Laptop, dessen Verbindungen niemand zurückverfolgen konnte, selbst wenn Kabuto das geglaubt hatte. Doch er würde es rausfinden, bald schon. Und Sakura hatte mehr Angst vor seiner Wut, als sie sich fürchtete, Sasuke in die Augen sehen zu müssen. Sie wusste nur noch nicht, ob sie es schaffen würde … Es war mitten in der Nacht, als Sakura die Wohnhäuser in Edogawa erreichte, in denen Naruto Uzumaki leben sollte. Kenji schlief auf ihrem Arm, und auch wenn er kaum etwas über ein Jahr alt war, so hatte er doch für die zierliche junge Frau ein beachtliches Gewicht. Unschlüssig blieb Sakura vor dem Eingang mit der Nummer 28 stehen und sah hinauf zu den beleuchteten Fenstern im dritten Stock. In der Wohnung des Uzumakis waren sie noch auf, und Sakura erbebte bei dem Gedanken, dass dort auch Sasuke sein musste. Am liebsten wäre sie in diesem Augenblick umgedreht, doch hielt sie sich an dem Gedanken fest, dass es keine andere Wahl gab. Sie mochte Sasuke, sie verdankte ihm alles, und nun war es an ihr, ihn zu warnen: vor Kabuto und die Yakuza, und vor dem Mann, den sie engagiert hatten, um jene aus dem Weg zu räumen, die ihnen in die Quere kamen. Sai … Der Name jagte Sakura einen Schauer über den Rücken, denn einmal war sie ihm begegnet, damals, als sie Kabuto wieder gesehen hatte um sich und Kenji, und auch Sasuke, freizukaufen. Sie hatte dem Yakuza all das Geld gegeben, das sie einst den Banken genommen hatte, um Kenji eine sichere Zukunft zu ermöglichen. Sie hatte es sich wieder nehmen müssen, um es dann der organisierten Verbrecherbande zu geben, damit sie überhaupt eine Zukunft hatten. Und um das zu ermöglichen, hatte sie Sasuke und Amerika, und das Leben dort, das soviel besser gewesen war, verlassen und aufgeben müssen. Das Land hinter sich zu lassen war ihr dabei nicht schwer gefallen. Doch Sasuke, zu dem sie eine besondere Beziehung aufgebaut hatte, der für sie der einzige gewesen war, dem sie überhaupt hatte vertrauen wollen – ihn hinters Licht zu führen und zu gehen, ohne Lebe Wohl zu sagen – das hatte Sakura mehr weh getan, als es irgendein anderer Schmerz je vermocht hätte. Nun aber würden sie sich wieder treffen. Nach bald einem halben Jahr würde sie ihm gegenüberstehen und sich entschuldigen können … „Willste rin?“, wurde Sakura plötzlich aus ihren Gedanken gerissen, und voller Schrecken blickte sie in das Gesicht eines Mannes, der Sturz betrunken schien. „Wohn hier, und du?“ „Ähm …“ Sakura nickte knapp, und kaum das der alte Trunkenbold die Tür zum Hausflureingang geöffnet hatte, trat Sakura dankend an ihm vorbei und lief die Treppen hinauf bis zum dritten Stock. Sie klingelte gleich – wohl wissend, dass sie sonst doch einen Rückzieher gemacht hätte – und wartete, dass sich etwas tat. Als sie Schritte hörte, die auf die Wohnungstür zukamen, hielt sie Luft an und spürte, wie sie sich ihr fast der Magen drehte. Nun war es soweit. Und Sakura empfand die Furcht, die sie noch im gleichen Moment kehrt machen ließ. „Hey“, hielt sie da aber schon eine unbekannte Stimme auf, und schlagartig fuhr sie wieder herum. „Kann ich helfen?“ Sakura schluckte, nickte aber und trat einen Schritt näher zu Naruto, den sie von einem Foto sofort erkannte. Sie hielt den schlafenden Kenji dicht an sich und musste sich zusammenzureißen, nicht in die Wohnung zu stürzen und um Hilfe zu bitten. „Ich suche jemanden“, sagte sie, als sie ihre Stimme wieder fand. „Sasuke Uchiha, ist er … ist er da?“ „Sasuke?“ Narutos blaue Augen wurden groß und verwirrt strich er sich die Haare aus der Stirn. „Wer bist du? Warum …“ „Ist er da? Bitte, ich muss es wissen!“ „Ähm, im Moment nicht. Er ist geschäftlich unterwegs, aber in einer halben Stunde …“ „Mit wem redest du?“, rief unerwartet eine zweite Stimme, die Sakura Hinata zuordnete. Hastig ging sie zu Naruto, als dieser ganz verdutzt aufsah, um ihm daraufhin das Bündel in den Arm zu drücken. „Was zum …“, entfuhr es dem Uzumaki, der regelrecht erstarrt auf das Baby blickte. „Er soll auf ihn aufpassen“, unterbrach ihn Sakura sofort, die wieder zu weinen begonnen hatte, die Tasche schulterte und schon rückwärts trat. „Sag es ihm bitte. Er soll auf Kenji aufpassen, und er soll Japan mit ihm verlassen! Er darf nicht wiederkommen, sag es ihm Naruto!“ „Was soll … warte, hey!“, rief Naruto perplex, als Sakura schon umgedreht war und die Treppen hinunter rannte. Naruto reagierte schnell, reichte Hinata, die in den Flur trat, das Kind und rannte dem fremden Mädchen nach. Doch egal wo er auf der Straße suchte … Sakura fand er nicht mehr in dieser Nacht. Kapitel 3: Gnade und Glück -------------------------- Der Morgen brach längst an, als Sakura zurück zu ihrer Wohnung ging. Die ganze Nacht über hatte sie in abgeschiedenen Gassen verbracht, still vor sich hin geweint und weder ein, noch aus gewusst. Doch sie hatte richtig gehandelt, darüber war sie sich im Klaren. Sasuke war der einzige, dem sie je vertraut hatte, und sie würde ihm auch jetzt vertrauen können, obwohl sie nicht mehr bei ihm war. Er war für sie ein guter Freund geworden, fast so etwas wie eine Familie. Er würde für Kenji sorgen, ihn zurück ins Heim bringen oder eine Pflegefamilie finden … irgendwas, aber er würde ihn nicht im Stich lassen. So wie sie … Sakura fröstelte, als sie darüber nachdachte und sich das liebliche Lächeln ins Gedächtnis rief, dass ihr immer so gut getan hatte und Mut schenken konnte, egal wie mutlos sie sich fühlte. Kenji war ihr kleiner Junge, ihr Spätzchen. Und sie hatte ihn abermals im Stich gelassen. „Gott.“ Sakura presste sich die Hand auf den Mund, als sie die Treppen zu ihrer Wohnung hinaufstieg und dabei beinah laut aufgeschluchzt hätte. Würde sie ihn jemals wieder sehen, dachte sie und wischte sich die Tränen fort. Oder würde es nie mehr ein Wiedersehen geben? Sakura schloss ihre Tür auf und trat in den Flur, als ihr ein eisiger Luftzug ins Gesicht blies. Sie riss voller Schrecken die Augen auf, denn sie war sich sicher, alle Fenster geschlossen zu haben. Und das konnte nur eines bedeuten … Im gleichen Moment, wie Sakura umdrehen und aus der Wohnung stürzen wollte, packten sie zwei kräftige Hände, die sie am Schreien hinderten und ins Wohnzimmer zerrten. Sie wusste, wem sie gehörten, weil diese Hände schon einmal nach ihr gepackt hatten. „Lass mich los“, keuchte sie, als sie ihr Gesicht freibekam, doch stieß sie der Eindringling schon im nächsten Moment unsanft auf den alten Sessel, ehe er sie festnagelte und schmerzhaft am Entkommen hinderte. „Bitte, lass los Sai!“ „Nichts da …“, hörte sie die dunkle Stimme, die sie erstarren ließ. Eine ruhige, eiskalte Stimme, die so wenig sagte und doch mehr Angst verbreitete, als es tausend Worte vermochten. „Sakura … du bist zu weit gegangen. Wo ist der Computer? Wo ist der richtige Laptop?“ „Lass mich!“, schrie Sakura wimmernd und versuchte zu strampeln, doch verstärkte ihr Festhalter nur seinen Druck und grinste unmerklich. „Kleine Sakura …“, hauchte er ihr ins Ohr. „Sag mir jetzt, wo du ihn versteckst, sonst …“ Sakura spürte, wie etwas Spitzes ihren Hals entlang glitt, und als sie die zusammengekniffenen Augen öffnete, sah sie das kleine Messer, das Sai an ihre Brust legte. „Hör auf“, weinte sie. „Bitte, Sai … bitte lass mich …“ Sakuras Augen verfolgten die Klinge, die hinauf zu ihrer Kehle wanderte. „Ich hab ihn zerstört. Ich hab alles zerstört! Es gibt keinen Computer mehr!“ „Wie dumm …“, sagte Sai gelassen, als wäre es ihm gleichgültig. „Dann bist du nutzlos geworden, kleine Sakura. Du weißt, was mit denen passiert, die nutzlos sind.“ Sakura drückte sich tief in das Polster, doch hatte es keinen Sinn. Sie entkam ihm nicht, und sie entkam nicht dem Messer, das sich wieder hinab zu ihrer Brust bewegte, zu ihrem Herzen, das rasend und furchtsam pochte. „Nicht“, flehte die junge Mutter, flehte das ängstliche Kind. Doch es brachte nichts, dass wusste sie. Gnade war kein Wort, das Sai kannte. So wie Sakura nicht wusste, was Glück bedeutete … „Weißt du, Sakura …“, meinte Sai, als er in die Hocke ging und sich über das Mädchen beugte, das er eben mit einem festen Hieb zu Boden geschlagen hatte. „Eigentlich mag ich dich. Ehrlich, du hast Mut. Den haben nicht viele. Und man traut es dir nicht zu, du täuschst andere. So ein kluges Köpfchen, und so zierlich …“ Sai grinste und griff Sakuras Arm, den er mit Leichtigkeit zu sich zog. „Trotzdem hältst du eine Menge aus. Das ist faszinierend. Aber jetzt solltest du aufhören, Sakura. Hör auf dich zu wehren, dann geht es schneller vorbei.“ „Du kannst … mich mal“, stöhnte Sakura mehr, als dass sie es mit Wut sagte. Sie riss Sai ihren Arm fort und kroch rückwärts, stieß aber gegen die feuchte Wand und schaffte es nicht mehr aufzustehen. „Sakura, Sakura“, sagte Sai und schüttelte dabei den Kopf, als mache ihn ihr Anblick traurig. „Ich habe nicht den ganzen Morgen Zeit. Ich kann mich nicht länger mit dir aufhalten. Ich habe noch andere, die meine Aufmerksamkeit wünschen …“ Er lachte leicht, als Sakura noch bleicher wurde. „Sagst du mir freiwillig, wohin du deinen kleinen Jungen gebracht hast? Er ist offensichtlich nicht hier, und du warst lange weg. Wo versteckst du ihn, Sakura?“ „Das werde ich dir nie sagen!“, zischte die junge Frau und wischte sich das Blut aus den Mundwinkeln. „Bastard, Kenji wirst du nie in deine Finger kriegen! Und Kabuto auch nicht, sag ihm das!“ „Zwecklos, hmm? Es macht keinen Sinn, mit dir reden zu wollen. Dann eben nicht.“ Sai zuckte gleichgültig mit den Schultern, erhob sich und blieb vor der gekrümmten Gestalt Sakuras stehen. „Sag auf Wiedersehen …“ „Auf Wiedersehen“, erwiderte plötzlich eine Stimme, die aber nicht Sakuras war. Sakuras Herz hatte für einen Moment ausgesetzt; sie hatte die Luft angehalten, und auch jetzt traute sie sich nicht, nach dem benötigten Sauerstoff zu ringen. Es musste ein Traum sein, sagte sie sich. Ein grausamer Alptraum. „Wen haben wir denn da?“, meinte Sai, der nicht den Eindruck machte, nur einem Traum zu entspringen. Er hatte wie aus dem Nichts eine Pistole in der Hand, genau wie Sasuke, dessen Gesicht noch kälter als seines schien. „Sasuke Uchiha, hmm? Du kommst freiwillig zu mir? Das erspart mir eine Menge Arbeit.“ Sasuke antwortete nicht, aber er ließ Sai keine Sekunde aus den Augen. „Warum so schweigsam?“, fragte Sai grinsend. „Fällt dir nichts ein? Willst du nichts sagen … zum Abschied?“ Sai zog eine zweite Waffe und richtete sie unerwartet auf Sakura, die panisch nach Luft schnappte und sich zitternd gegen die Wand presste. „Vielleicht möchtest du ihr etwas sagen?“, lachte er und genoss es dabei zu sehen, wie auch Sasuke blasser wurde. „Denk nach“, sagte Sasuke nun, doch klang seine Stimme fest und bedrohlich. „Deine Chancen sind nicht besonders. An deiner Stelle würde ich jetzt ganz genau überlegen.“ „Tatsächlich?“ Sais Mundwinkel hoben sich, als das Entsichern einer weiteren Waffe erklang. „Hallo Sasuke“, sagte Kabuto amüsiert. „Wie erfreulich, dass wir uns hier alle zusammengefunden haben …“ „Stimmt“, wieder wurde eine Waffe entsichert, und so wie Kabuto den Pistolenlauf auf Sasuke richtete, richtete Naruto seinen auf Kabuto … Kapitel 4: Es ist erst der Anfang --------------------------------- Hey ihr Lieben, also ich muss sagen, ihr seid wirklich sowas von wunderbar! So viele liebe und tolle Kommis, da merke ich erst richtig, wie sehr ich es doch vermisst habe, hier zu schreiben! Ich will euch auch gar nicht lange aufhalten und am Lesen hindern^^ Eigentlich wollte ich nur erwähnen, dass ich ab dieser FF keine ENS mehr verschicke, sondern - da ich jetzt bei Twitter eingetragen bin *g* - einfach dort reintippe, wenn ich ein neues Kapitel hochlade^^ Wer also möchte, kann sich dort auf dem laufenden halten. Mein Benutzername ist Route667. Falls ihr mich dort nicht finden solltet, sagt mir einfach bescheid, hab das auch auf der Anfangsseite der FF geschrieben. So sehr bin ich nämlich noch nichts hinters Twitter System gestiegen *g* Aber nun genug von mir, man liest sich ja *lach* Liebe Grüße, Route66 _________________________________________________________ „Wie interessant“, sagte Kabuto und schob mit der freien Hand seine Brille zurecht. „Aber wie soll’s ausgehen? Sai erschießt Sakura, Sasuke Sai, ich Sasuke und unser blonder Freund hier bleibt am Ende übrig und kann es der Polizei erzählen? Wie findest du das, Uchiha? Was machen wir jetzt?“ „Sag du’s mir“, zischte Sasuke, der seine Augen nicht von Sai und Sakura nahm. „Ich würde vorschlagen, dass wir unser Treffen verschieben. Offenbar hat das hier wenig Sinn, oder liege ich falsch?“ „Als wenn wir dir trauen!“, knurrte Naruto. „Schlägst du allen ernstes vor, dass wir die Waffen runter nehmen?“ „Natürlich, oder aber wir erschießen uns jetzt alle zur gleichen Zeit. Das fände ich allerdings langweilig. Sasuke?“ „Hör nicht auf ihn, Sasuke!“ Naruto machte einen Schritt nach vorne und ließ eine zweite Waffe erscheinen, die auf Sai zielte. „Dummer Junge“, lachte Kabuto nur und schüttelte den Kopf. „Sag ihm, dass er das lassen soll, Sasuke. Sai ist schnell, das kann ich dir versprechen. Vielleicht kommt ihr beide ja lebend davon, aber Sakura wird nicht das Glück haben. Was ist dir wichtiger? Uns tot sehen, oder Sakura sicher hier rausholen?“ „Halt die …“, rief Naruto schon, doch war es Sasuke, der ihn unterbrach, in dem er einfach die Waffe sinken ließ. „Bist du verrückt?“, rief Naruto perplex. „Willst du ihm wirklich trauen?“ „Nimm die Waffe runter“, erwiderte Sasuke eisig, behielt Sai aber starr im Auge. Seine Hand lag noch an seiner Waffe, doch er ließ sie, wo sie war, als er sich dem Killer und Sakura vorsichtig näherte. „Gar nicht so dumm …“ Kabuto wirkte äußerst amüsiert und nickte Sai zu, der ebenfalls augenblicklich die Pistole sinken ließ und von Sakura zurücktrat. „Dann würde ich sagen, dass wir uns jetzt verabschieden. Ich bin mal nicht so und überlass euch unser Mäuschen.“ Kabuto grinste Naruto an, ging zusammen mit Sai an ihm vorbei und hielt noch einmal inne. „Du weißt, dass das erst der Anfang war, oder Sasuke? Du hast dich eingemischt, und du hast ein paar Dinge, die mir gehören.“ Er sah überdeutlich zu Sakura, die zitternd auf dem Boden kauerte. „Ich krieg die Daten, Sakura. Und ich bekomme den Jungen. Sobald ich beides habe, bekommst du, was du verdienst.“ „Niemals“, gab Sakura heiser zurück, doch Kabuto lachte nur. „Kenji gehört mir, Sakura. Er ist mein Sohn, und ich werde ihn kriegen. Ihr könnt wegrennen und euch verstecken, aber irgendwann hole ich zurück, was mir gehört!“ Dann verschwand er, und mit ihm der Mann, der schon General Hemming tötete. Naruto wagte es nicht, seine Waffe zu sichern und einzustecken. Selbst nicht, als er die quietschenden Reifen hörte und sich sicher sein konnte, dass die beiden Männer, von denen sogar er gehört hatte, verschwunden waren. Einige Sekunden glaubte er noch, dass etwas Unerwartetes passieren könnte, doch dann entspannte er sich langsam und blickte zu seinem Freund, der ihm einige Erklärungen schuldete. „Heftig“, murmelte Naruto vor sich hin und ließ sich ermattet gegen die Wand fallen. Er beobachtete dabei das Mädchen, Sakura, welches am ganzen Leib bebte und aussah, als wenn sie einen Krankenwagen nötig hatte. Dann blickte er zu Sasuke, der sich ihr langsam näherte, fast als hätte er Angst, dass Sakura aufspringen und flüchten würde. „Soll ich einen Arzt rufen?“, wollte Naruto mit bedächtiger Stimme wissen, denn Sasukes Vorsicht ging auch auf ihn über. Zudem sah die rosahaarige junge Frau aus, als würde sie jedes lautere Geräusch bewusstlos werden lassen. Dabei schien sie einiges eingesteckt zu haben, und er empfand Achtung, dass sie sich überhaupt noch einigermaßen Aufrecht halten konnte. Ein kleines Rinnsal an Blut floss aus ihrem Mundwinkel, ihre Wangen waren gerötet und ihre ganze Gestalt sah aus, als wäre sie kaum noch in der Lage, sich zu bewegen. Doch Sakura bewegte sich, kaum dass Sasuke sich zu ihr hinuntergebeugt hatte, und selbst Naruto zuckte erschrocken zusammen, als sie sich schreiend von ihm wegstieß und wie ein verängstigtes Kaninchen zu fliehen versuchte. Naruto sah wie Sasuke sie zu packen bekam und etwas tat, was er nie von seinem sonst so kühlen Freund erwartet hätte. Er sah, wie Sasuke Sakura an sich drückte und festhielt, als hätte er Angst einen Menschen zu verlieren, denn er niemals verlieren wollte. Und Naruto fragte sich in diesem Augenblick, ob doch noch die Möglichkeit existierte, dass Sasuke Gefühle hatte. Gefühle für andere Menschen, die er einst mit seinem verstorbenen Bruder begrub, und von denen Naruto seitdem nichts mehr gespürt hatte. Bis heute; bis zu jenem Moment, als Sasuke Sakura in seinen Armen hielt. -------------------------- „Sie schläft jetzt“, sagte Hinata erleichtert, als sie aus dem Gästezimmer ihrer Wohnung kam und sich zu Naruto und Sasuke setzte, die beide mit nachdenklichen Gesichtern auf Kenji starrten, der zufrieden schlummerte. Er lag in einem improvisierten Bettchen, dass Hinata ihm zurecht gemacht hatte, und offensichtlich fühlte er sich wohl, denn seit gut drei Stunden träumte er seelenruhig vor sich hin. „Und ich dachte, das Kerlchen wäre echt von dir“, sagte Naruto nun und konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. Dann aber verdüsterte sich seine Miene und er atmete laut aus. „Aber der Sohn von diesem Dreckshund? Das geht mir einfach nicht in die Birne. Überhaupt Sasuke, so langsam würde ich gerne wissen, was das alles zu bedeuten hat. Wer ist sie? Warum hast du uns nicht von ihr erzählt?“ Sasuke zuckte mit den Schultern. „Weil ich nicht dachte, dass wir uns wieder sehen.“ Er lehnte sich in dem ledernen Sessel zurück und fuhr sich mechanisch durch die schwarzen Haare. „Hemming hatte mir damals ihren Fall übertragen. Das war vor … sechs Monaten, Anfang März. Hat sich dem FBI gestellt, nachdem sie in die Datenbanken eingedrungen ist.“ „Das Mädchen ist eine Hackerin?“, fragte Naruto ungläubig. „Ist das dein ernst?“ „Sicher“, brummte der Uchiha und schüttelte abwesend den Kopf. „Eine der besten, vermutlich. Hemming und sie hatten einen Deal. Hilft sie uns in der Angelegenheit mit unseren Spionen im russischen Untergrund, dann lässt er sie laufen, vorausgesetzt sie erfüllt ein paar Bedingungen.“ „Was für Bedingungen?“, fragte Hinata, die ihre Hand nach Kenji ausstreckte, als er seine Augen öffnete und zu strampeln begann. „Dass sie die Schule beendet und unter Beobachtung bleibt. Sie ist damals bei mir … eingezogen“, gab Sasuke zögernd zu. „Aber kurze Zeit später war sie verschwunden. Wie vom Erdboden. Hemming hat sie suchen lassen, doch wir hatten keinen Hinweis. Kenji war im Waisenhaus gewesen, doch Sakura hat ihn geholt, noch bevor ich dort eintraf. Zu spät …“, fügte Sasuke bitter hinzu. „Wusstest du, dass sie in Tokio war? Bist du deswegen her gekommen?“ Sasuke zuckte nur mit den Schultern, sah flüchtig zu dem kleinen Jungen, den Hinata auf den Arm nahm, und blickte dann wieder ins Leere. „Hemming …“, begann er stockend. „Er überhäufte mich damals mit Arbeit und untersagte mir, Sakura zu suchen. Als er starb … glaubte ich nicht an Selbstmord und durchsuchte seinen PC. Ich fand rein gar nichts, aber in seinem Notizbuch …“ Sasuke seufzte leicht und ließ sich gegen die Lehne fallen. „Der Mistkerl hatte nach Sakura gesucht und genau gewusst, was das für Folgen haben könnte. Allerdings nehme ich an, dass er mehr aus Eigennutz handelte. Er fand heraus, dass Sakura und Kabuto zusammen gesehen worden waren, ließ sie beschatten und wusste schließlich auch, dass Sakura Kabuto und die Yakuza das ganze Geld überwiesen hat, dass sie damals den Banken gestohlen hatte. Er wusste … zuviel. Und auch wenn es wie Selbstmord aussah – ich bin mir nach seinen Notizen sicher, dass es dieser Sai war, den Kabuto engagierte …“ „Und wieso wusstest du, wo Sakura steckt?“ Naruto verstand noch immer nicht genau, wie alles im Zusammenhang stand, doch arbeitete er lang genug bei der Tokioer Polizei, um zu wissen, dass viele Dinge erst nach und nach ans Licht kamen, und sich das Puzzle meist erst am Ende zusammenfügte. Ende … Naruto erschauerte, als er an Kabutos Drohung dachte, ihnen alle den Gar aus zu machen. Er hatte weniger Angst um sich, sehr wohl aber um seine Verlobte und seinen besten Freund. Und um das seltsame Mädchen, dass Sasuke scheinbar beschützen wollte. „Der Junge“, hörte er Sasuke antworten und sah automatisch zu Kenji, der das Gesicht verzog und dreinblickte, als würde er jeden Moment zu weinen beginnen. Nur warum wusste Sasuke durch das Baby, wo dessen Mutter steckte? Naruto fiel ein, wie Sasuke blasser geworden war, kaum dass er den Jungen in Hinatas Armen gesehen hatte. Es war fast gewesen, als hätte er nur auf so etwas Unvorhergesehenes gewartet. „Sie war hier?“, hatte er gefragt, als sei er ein gehetztes Tier. „War ein Mädchen hier, Naruto?“ Laut war Sasuke geworden, ja bald, als hätte ihn die Panik ergriffen. Naruto hatte nur verwirrt nicken können, als Sasuke ihn auch schon ausfragte, ob sie etwas gesagt hatte. Er hatte verneinen müssen, und eigentlich war ihm schon in jenem Moment bewusst geworden, dass sein bester Freund sich anders verhielt. Besorgt. Menschlich. Sasuke hatte sich gegen die Tür gelehnt und nichts getan. Er hatte nur seine Faust geballt und kurz danach wütend gegen den Rahmen geschlagen. Der Junge – ganze erschrocken – hatte zu weinen begonnen, und als Hinata ihn zu sich drehte und trösten wollte, war Sasuke ohne Vorwarnung aufgesprungen. Naruto sah auf; überrascht blickte er zu seiner Freundin, die Kenji auch jetzt tröstete, ehe er endlich begriff. Er erhob sich und langte nach der Jacke des Jungen … „Ihre Adresse?“, fragte er verblüfft. „Dieses Mädchen versteckt sich vor der ganzen Welt und schreibt tatsächlich ihre richtige Adresse in die Jacke ihres Babys?“ Naruto schüttelte fassungslos den Kopf, doch dann bemerkte er, wie Sasuke unmerklich grinste. „Sie liebt ihn über alles, nicht wahr?“ Es war Hinatas sanfte Stimme, die sich plötzlich einmischte und Naruto bedächtig anlächelte. „Es gibt keine stärkere Liebe, Naruto, als die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind. Sakura hätte Kenji nie den Händen dieser Verbrecher überlassen, aber sie vertraute Sasuke …“ Hinata bewegte ihr Gesicht zu dem Uchiha, der desinteressiert tat, und dennoch genau zuhörte. „Ja und warum die Adresse in seiner Jacke?“, fragte der Blonde. „Vermutlich weil sie sich vor der ganzen Welt verstecken wollte …“, erwiderte Hinata und lächelte Kenji traurig an. „Aber nicht vor Sasuke. Ich glaube, sie hat insgeheim gehofft, dass er sie findet.“ „Und ihn und alle anderen in Gefahr bringt?“, gab Naruto zurück. „Ich finde nicht, dass das eine …“ „Nicht um andere in Gefahr zu bringen, Naruto. Aber wenn sie Sasuke so sehr vertraut hat, und ihn auch jetzt noch vertraute, nach den ganzen letzten Monaten; ihm ihren Sohn anvertraut … dann hat sie es vielleicht aus einem anderen Grund getan.“ „Der da wäre?“, brummelte Naruto, der gar nichts mehr verstand. „Sicherheit“, lächelte Hinata. „Weil sie Sasuke vertrauen konnte, und weil sie sich bei ihm sicherer fühlte, als sonst irgendwo auf der ganzen Welt …“ „Hmm“, machte Naruto nachdenklich, und als er zu Sasuke schielte, wusste er, dass Hinata recht hatte. Dass Sakura sich bei niemanden je sicherer fühlen konnte, als bei seinem besten Freund. Kapitel 5: Brummbär ------------------- Sakura wusste, dass Sasuke neben ihr saß. Sie hielt ihre Augen zwar fest verschlossen, weil sie sich fürchtete, ihm ins Gesicht zu blicken, aber trotzdem wusste sie es ganz genau, auch wenn er keinen Ton von sich gegeben hatte. Es konnte nicht die junge Ärztin sein, sagte sie sich. Hinata hätte sie einfach angesprochen, sie untersucht oder irgendetwas getan, um Sakuras aufgewühlte Nerven zu beruhigen. Sie wäre nicht so sehr darauf bedacht gewesen, sie nicht zu wecken, weil es für sie wichtiger war zu wissen, ob Sakura Schmerzen hatte. Sasuke dagegen – ihm konnte es egal sein … Sakura spürte, wie sich die Tränen zu ihren Augen hinaufkämpften. Sie wollte Sasuke vielleicht nicht sehen, aber allein zu wissen, dass er da war – es war, als wäre er in der Lage eine Wand um sie zu schaffen, die sie vom Restlichen trennte. Von Kabuto und Sai, von ihren Problemen und der wachsenden Gefahr. Von allem einfach, sogar von der Vergangenheit. Doch dann hörte Sakura Kenjis Weinen aus dem Nebenzimmer. Wie von selbst schoss ihr Oberkörper nach oben und mit geweiteten Augen sah sie Sasuke an, der sie dagegen mit leeren Blick fixierte. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und wirkte, wie er da auf dem Stuhl neben ihrem Bett saß, fast wie eine Statue, in der kein Leben steckte. Sakura hielt seinen Blick nicht mehr stand, und erst als sie ihm auswich und aufstehen wollte, erhob er die Stimme. „Bleib liegen, Sakura“, sagte er kühl, dass es der jungen Mutter eisig über den Rücken lief. Seine Stimme wieder bewusst zu hören war so anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Es schien, dass sich in den letzten sechs Monaten alles verändert hatte, dass alles zerstört war, was es einst gegeben hatte. So wie das seltsam starke Band zwischen ihnen, dass ihr nun so fern vorkam, als würde es längst nicht mehr existieren. „Ist Kenji okay?“, begann Sakura rau zu sprechen, doch Sasukes Züge, die vorher starr gewesen waren, entspannten sich wie aus dem Nichts, so dass Sakura nicht anders konnte, als irritiert inne zu halten. In wenigen Sekunden nur, durch den Blick des Mannes, der zuvor so finster geschaut hatte, erwachte in ihr etwas, was sie verloren geglaubt hatte. „Du Idiot“, sagte sie weinerlich, auch wenn sie einfach Schmunzeln musste. „Du bist so ein idiotischer, verdammter, dämlicher Idiot! Wieso hörst du nicht auf mich? Wieso bist du nicht einfach verschwunden? Warum kommst du zurück und …“ Sakura musste sich auf die Lippen beißen damit sie nicht schluchzte, wischte sich über die Augen und lehnte sich erschöpft gegen die Kissen. „Gott, verdammt …“ „Fertig?“, brummte Sasuke, und auch er lehnte sich zurück, so das ein Außenstehender, hätte er die beiden beobachtet, nichts mit dieser Situation hätte anfangen können. Wie Fremde saßen sie sich gegenüber, wie alte Freunde sprachen sie miteinander, und sie sahen sich an wie Menschen, die einander trotz allem vermisst hatten. So war es. So, und nicht anders. ------------------------------- „Und du glaubst, dass ihr in Amerika sicherer seid?“ Naruto sah nicht begeistert aus, und er schüttelte bedachtsam den Kopf, als er Sakura und Kenji beobachtete, wie sie miteinander auf dem Teppich spielten. „Kabuto wird seine Leute überall haben. Sasuke. Und ich kann mir kaum vorstellen, dass ihr ihn durch einen Ortwechsel los sein werdet.“ „Das sicher nicht, aber für den Anfang ist es eine chancengrößere Alternative, als hier in Tokio zu bleiben, wo die Yakuza ihr Quartier beziehen.“ Sasukes Gesicht blieb ernst, aber auch er beobachtete Sakura und ihren Sohn. Doch im Gegensatz zu Naruto, der ab und an belustig lächeln musste, verzog er keine Miene. „Und warum gleich Japan verlassen?“ „Weil ich nicht in Japan lebe“, gab Sasuke knurrig zurück. „Ich habe Leute in Maine, die helfen können.“ „Ich kann auch helfen!“ „Möglich“, sagte Sasuke und zuckte mit den Schultern. „Aber ich ziehe Maine vor.“ Er wusste, dass es hart klang, aber Naruto würde sicher irgendwann verstehen, dass es so das Beste war. Für ihn und seine Verlobte, um nicht mehr in der Schusslinie zu stehen. „Ba“, hörte er plötzlich Kenji rufen, den er kurz aus den Augen gelassen hatte. Der Junge war dabei, auf ihn zu zukrabbeln und versuchte sich mit Sakuras Hilfe, die gleich hinter ihm her krabbelte, an Sasukes Beinen hochzuziehen. „Ba!“, rief er wieder, als er sich an Sasukes Hose hielt und auf und ab wippte. Es schien ihm zu gefallen, denn er begann zu lächeln und nach Sasukes Shirt zu greifen. „Es heißt nicht Ba“, sagte Sakura kichernd, die sich im Schneidersitz vor Sasuke platzierte. „Es heißt Brummbär, Kenji. Das haben wir doch geübt.“ Kenji lachte etwas lauter, kaum das Sasuke seine Brauen hochzog und Sakura mürrisch ansah. „Buuum“, machte er dann und ließ sich auf Sasukes Füße plumpsen. „Bu … brum …“ Als er das R zu rollen versuchte, spuckte er ordentlich, dass selbst Naruto nicht mehr aus dem Lachen herauskam. Der Junge deutete dabei mit der Hand auf Sasuke, der nur seine Arme verschränkte und ein genervtes Gesicht zog. „Genau, Spätzchen. Brrrummbär. So heißt der Onkel …“ „Bring dem Wurm doch keinen Mist bei“, zischte Sasuke, doch sah Sakura ihn sofort tadelnd an. „Musst du solche Wörter vor ihm in den Mund nehmen?“ Sie schüttelte herrisch den Kopf, ehe sie Kenji an der Hand nahm und zu sich herumdrehte. „Hör nicht auf den Brummbären, Kenji. Du wirst einmal ein ganz anständiger Mann werden. Lass dir keine Schimpfwörter beibringen.“ „Anständig?“ Sasukes rechte Braue zog sich noch mehr in die Höhe. „Und woher soll er den Anstand nehmen?“ „Von mir natürlich!“ „So?“ Nun war es Sasuke, der zu grinsen begann. „Wenn du deinen Anstand da mal nicht überschätzt …“ „Pah!“, machte Sakura eingeschnappt und nahm Kenji auf die Arme. „Du wirst dich wundern! Ich geh jetzt sein Mittag machen, so!“ Sasuke nickte grinsend. „Wundern würde ich mich tatsächlich.“ „Idiot!“, fauchte Sakura, hielt Kenjis Hand auf Sasuke und sah ihren Sohn bedeutsam an. „Das darfst du ausnahmsweise lernen, Spätzchen. Der brummige Onkel da heißt … I-d-i-o-t!“ Dann rauschte sie mit Kenji davon, der das Ganze scheinbar äußerst amüsant gefunden hatte. Später am Tage, als Kenji Mittagsschlaf hielt und Sakura neben seinen Bettchen wachte und selbst immer wieder eindöste, klingelte das Telefon. „Das war Hinata“, sagte Naruto kurz darauf. „Ich hol sie von ihrer Schicht ab. In einer halben Stunde sind wir zurück.“ Sasuke nickte, doch sah er nicht von seinem Buch auf, mit dem er es sich auf der Couch bequem gemacht hatte. Eigentlich las er nicht einmal, sondern blätterte nur automatisiert um, denn nebenbei überlegte er, wie sie am Heilsten aus der Klemme kommen konnten. Auch gab es eine Menge Fragen, die ihm Sakura beantworten würde müssen, doch wie schon damals sah er in ihr das junge zerbrechliche Ding, dessen Nerven nicht die besten waren. Er mochte es zwar nicht zugeben, aber in Wahrheit traute er sich nicht, sie anzusprechen. Er konnte Sakura nicht gut genug einschätzen um zu wissen, wie sie reagieren würde, zumal sie erst seit dem Morgen wach war. Es wäre – und Sasuke nickte innerlich bei dem Gedanken – am besten auf Hinata zu warten, die im Notfall einer Eskalation eingreifen konnte. Doch dann fiel Sasuke ein, wie er Sakura damals in der Klinik vorgefunden hatte. Betäubt und mit Tabletten beruhigt; in den Augen die Tränen und so leblos, als würde sie längst tot sein. Er hatte eine Wut auf diese Medikamente bekommen, und auch jetzt war er dagegen. Gestern Morgen, als sie Sakura gefunden und zu Hinata gebracht hatten, da hatten sie keine andere Wahl gehabt, außer Sakura Medikamente zu verabreichen. Bis zum nächsten Tag hatte sie durchgeschlafen, und Hinata hatte gemeint, dass es ein langer und ungestörter Schlaf die beste Medizin war. Aber nun? „Nun hör schon auf nachzugrübeln“, riss Sakuras leise Stimme Sasuke aus den Gedanken. Wie ertappt sah er dabei auf und in ihr grinsendes Gesicht. „Ich lese“, brummte er zurück. „Tust du nicht“, sagte Sakura amüsiert, streichelte dem schlafenden Kenji über die dunklen Haare und setzte sich zu Sasuke auf die Couch. „Man sieht es dir an, Sasuke. Frag … doch einfach.“ Sakura atmete tief ein, blickte noch einmal zu ihren Jungen und begegnete dann Sasukes Blick, der fast etwas unsicher wirkte. Sie lächelte, aber es war nur erzwungen. „Willst du wissen, warum ich abgehauen bin?“ „Das weiß ich“, gab Sasuke kühl zurück, um seine Anspannung nicht zu zeigen. „Hemming hat herausgefunden, dass du Yakushi Geld gegeben hast. Du hast dich mit ihm getroffen …“ „Er kam zu mir, nicht umgekehrt. Kabuto wusste von Meyersfield Versuch, in die Datenbanken der Yakuza zu dringen. Ich dachte, ich hätte damals alle Spuren beseitigt – ich bin mir sicher, dass ich das getan habe – aber irgendwie kam er dahinter. Genauso wie er herausfand, dass mich General Hemming frei ließ, nachdem ich im FBI-Netzwerk eingedrungen war. Ich schätze, Peddington hatte es irgendwie geschafft, Kabuto eine Nachricht zukommen zu lassen …“ „Peddington sitzt in Einzelhaft und es wurde jede Möglichkeit ausgeschlossen, dass er Kontakt nach Draußen hat, Sakura. Er konnte unmöglich …“ „Ich kann es nicht ändern, aber Kabuto wusste bescheid.“ Sakura seufzte schwer. „Und er wusste von Kenji …“ Kapitel 6: Das letzte Geheimnis ------------------------------- Sakura lag nachdenklich in dem Gästezimmer, dass zuvor noch Sasuke bewohnt hatte. Sie hatte ihm zwar gesagt, dass sie auch ebenso gut auf der Couch schlafen könnte, doch der sture Uchiha hatte davon nichts hören wollen. Er hatte sich demonstrativ aufs Sofa gesetzt, kaum dass sich Naruto und Hinata selbst zum Schlafen zurückgezogen hatten. Morgen – so ihr Plan – würden sie noch einmal in Ruhe über alles reden, ehe sich ihre Wege wieder trennen müssten. Sakura schnaufte leise und warf sich auf die andere Seite des gemütlichen Bettes. Die Decke noch höher ziehend sah sie auf die Mitternachtsstunde verkündende Uhr und holte abermals tief Luft. Was sollte sie nur tun … Immer und immer wieder schwirrte ihr diese Frage durch den Kopf. Sasuke wollte nach Maine zurück, und für Kenji war der sicherste Ort dort, wo Sasuke war. Aber sie? Sollte sie wirklich zurück nach Amerika, weglaufen und die in Gefahr bringen, die sie liebte? Kenji wäre ohne sie besser dran, denn wer vermutete schon, dass sie ihn Sasuke mitgab? Dass er vielleicht in ein gutes Heim käme oder zu Pflegeeltern, die ihm einen anderen Namen und Liebe und Sicherheit geben würden? Aber könnte sie das? Wäre sie wirklich in der Lage, sich von ihrem Kenji zu trennen? Ihn wieder im Stich zulassen, ihn alleine zu lassen irgendwo in Amerika? Aber hatte sie denn wirklich eine Wahl? Sie selbst würde von Kabuto irgendwann gefunden werden können, aber ein kleines Baby? Und würde er nicht auch Sasuke in Frieden lassen, wenn sie sich von ihm fernhielt? So viele Fragen, die Sakura keinen Schlaf finden ließen. Sie grübelte und grübelte, aber am Ende war es für Nichts, denn es gab nur einen Weg. Sie stand auf, sah zu ihrem kleinen Sohn, der friedlich schlummerte, und hauchte ihm ein Küsschen auf die Stirn. Sie zog sich ihre Sachen über, kritzelte ein paar Zeilen, legte das Papier auf ihren Kopfkissen und betrat auf Zehenspitzen das Wohnzimmer. Sasuke würde sich um Kenji kümmern, da war sie sich sicher. Sie verlangte viel, aber er würde es tun. Sie aber musste gehen. Sie durfte gar nicht anders. „Denk nicht einmal daran …“ Wie ein kalter Luftzug durchschnitt Sasukes Stimme die Stille. Er schaltete eine kleine Lampe an, und als Sakura sich ertappt umwandte, sah sie ihn sitzend im Sessel. „Ich wollte nur …“, flüsterte sie heiser zurück, doch deutete er knapp auf die Couch und Sakura gehorchte. „Ich …“ „Ich weiß, was du wolltest. Und es hat keinen Sinn, Sakura. Aber wenn du mir so wenig vertraust …“ „Ich vertraue dir!“, unterbrach Sakura den Uchiha, der erschöpfter aussah, als er sich gab. „Aber … aber …“ Sakura faltete die Hände ineinander, lehnte sich matt zurück und fuhr sich übers Gesicht. „Ich weiß nicht weiter, Sasuke. Ich wollte nicht weglaufen, aber wenn ich hier bleibe – wenn ich bei dir und Kenji bleibe, dann seid ihr in noch größerer Gefahr! Ich wollte nur verhindern …“ „Der einzige Weg etwas zu verhindern, wäre mir endlich die ganze Wahrheit zu sagen, Sakura!“ Sasuke wurde lauter, doch zügelte er sich rasch wieder und schüttelte dabei wütend den Kopf. „Was für Daten wollte Kabuto von dir? Wieso ist er überhaupt aufgetaucht und woher wusste er von dem Jungen? Ich will es endlich wissen, Sakura!“ „Ich …“ Sakura öffnete den Mund, doch dann senkte sie ihre Augen und sah betreten zu Boden. „Umso weniger du weißt, umso besser – sicherer – ist es für …“ „Schluss damit, Sakura!“, brauste Sasuke auf. „Glaubst du, Kabuto interessiert es wirklich noch, was du mir sagst? Ich stehe jetzt zwischen dir und ihm, Sakura, und sobald er die Möglichkeit bekommt, wird er versuchen mich aus dem Weg zu räumen! Ich habe dich damals nicht im Stich gelassen, und das werde ich auch heute nicht tun, aber ich will wissen, warum!“ „Ich könnte mit ihm … handeln, ich könnte …“ „Merkst du es nicht?“ Sasuke fuhr sich durch die schwarzen Haare und wirkte fassungslos. „Gott, wenn du wieder mit ihm dealst, wenn du ihm etwas gibst und er dir dagegen verspricht, uns alle in Ruhe zu lassen … Kaufst du es ihm wirklich noch ab? So wird es nie ein Ende nehmen, Sakura, weder für dich noch für deinen Sohn. Ihr werdet euch euer ganzes Leben vor ihm verstecken müssen, in Bruchbuden hausen und was weiß ich! Und wenn euch der Schimmel nicht umbringt, dann tun es irgendwann Kabutos Männer!“ „Hör doch … auf“, wisperte Sakura und verbarg ihr Gesicht in den Händen. „Es muss nicht so kommen, es könnte auch …“ „Besser werden?“ Sasuke lachte kalt, dann beugte er sich nach vorn zu dem Mädchen, dass nur mit Mühe die Tränen zurückhalten konnte. „Es wird nie besser werden, Sakura. Nicht bevor Kabuto das bekommen hat, was er verdient. Und jetzt sag mir, was das für Daten sind und warum er auftauchte!“ Sakura zögerte und biss sich auf die Unterlippe. Sie wollte nicht, sie durfte nicht! Und doch – Sasuke hatte Recht. Es würde nie ein Ende finden. „Es … es war nicht Peddington“, sagte sie zögernd. „Es war … es war Hemming selbst.“ ------------------------------------- Wortlos blickte Sasuke die junge Frau an, unsicher ob er ihr glauben konnte. Hemming, ein Verräter? Wie hatte er das zu verstehen? Aus welchem gottverdammten Grund hätte der General – der ihm doch eigentlich ein Vorbild gewesen war – gegen sein eigenes Land … Sasuke schüttelte stumm den Kopf. Er lehnte sich zurück und blickte an die dunkle Zimmerdecke. Sakura konnte er nicht ansehen. Er wollte nicht wissen, ob sie wirklich die Wahrheit sagte. „Es tut mir leid“, hörte er sie flüstern, so dass er das Gefühl bekam, ihm müsste es leid tun. Doch er war entsetzt. Er war einfach nur entsetzt. „Auf meinem Computer sind seine Mails“, sagte Sakura nun, doch sie klang, als würde ihr jedes Wort große Schmerzen abverlangen. „Ich habe es durch Zufall herausgefunden, als ich mich damals aus den FBI Akten austrug. Hemming wusste nicht, dass ich es wusste. Aber Kabuto fand es heraus. Er redete mir ein, dass Hemming mich und Kenji … dass er uns irgendwann wegschaffen lassen wollte, heimlich, damit du nichts … nichts dagegen tun kannst …“ Sakura schluckte und presste die Hand auf den Mund, als sie an die bestialischen Worte des Yakuza dachte, an die furchtbaren Bilder, die er ihr in den Kopf gesetzt hatte. „Ich habe Kenji genommen und bin abgehauen. Dann wollte ich dich warnen, doch Hemming … Er hat uns ausfindig gemacht und … und es mir erklärt.“ „Erklärt?“, fragte Sasuke irritiert und senkte den Kopf, um Sakura anzusehen. „Was meinst du mit ‚Erklärt’?“ „Er spielte ein Doppelspiel“, erwiderte Sakura und lächelte traurig. „Er wollte Kabuto hinter Gittern bringen, und er dachte, dass er es nur könnte, wenn er sich als Doppelagent ausgibt. Er glaubte so gewinnen zu können, aber … wer gewinnt schon gegen die Yakuza?“ Sakuras Stimme war immer höher geworden, und unmerkliche Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Niemand, oder Sasuke? Niemand kann gegen sie gewinnen!“ „Sie fanden es heraus …“ Sasuke verstand allmählich. „Sie fanden heraus, dass Hemming in Wahrheit nur das Ziel hatte, sie zu schlagen.“ „Und das ist meine Schuld.“ Sakura konnte die Tränen nicht zurückhalten, zog die Beine dicht an ihren Körper und schüttelte sich heftig. „Hätte er mich nicht zurückholen wollen, mich aufklären und … dann wäre es niemals soweit gekommen! Wenn ich nur nicht … Wenn ich ihm nur vertraut hätte, wenn ich schlauer gewesen wäre und nicht blind vor Angst und …“ Sakura weinte immer mehr und krallte sich in ihrer Jacke fest. Dann hörte sie aber das leise Weinen aus dem Gästezimmer, wischte sich hastig über die Augen und ging hinüber zu Kenji, der wach geworden war und nun nach seiner Flasche verlangte. „Schon gut, Spätzchen“, murmelte sie, nahm ihm auf die Arme und trug ihn in die Küche. „Ist gleich soweit.“ „Du solltest dir nicht die Schuld dafür geben, Sakura“, sagte Sasuke, der hinter ihr in der Tür auftauchte und sie dabei beobachtete, wie sie Kenji fest an sich hielt und nebenbei die Flasche aufwärmte. „Hemming kannte die Konsequenzen … Er war ein Idiot, wenn er dachte, es auf eigene Faust regeln zu können und …“ „War er nicht“, unterbrach ihn Sakura, doch passte sie dabei nicht auf und kam unters heiße Wasser. „Verdammt …“ „Gibt her.“ Sasuke ging auf sie zu und machte ein finsteres Gesicht, doch nahm er den Kleinen kurzerhand auf den Arm. Er hielt ihn zwar leicht von sich, als würde er Angst haben, angespuckt zu werden, doch hörte er gleich darauf Sakuras leises Lachen. „Er mag dich“, sagte sie, und obwohl ihre Stimme noch immer heiser war, klang sie nicht mehr so zittrig. „Was meinst du damit? Hemming hat gegen die Regeln …“ „Ich meine, dass er genügend Informationen sammeln konnte, bevor Kabutos Killer ihn …“ „Er hatte Informationen? Was für welche?“ Sasuke verzog das Gesicht, doch nicht wegen dem Thema, über das sie redeten, sondern weil der kleine Junge damit begonnen hatte, an seinen hoch stehenden Haaren zu ziehen. „Lass das sein, du Wurm“, brummte er, doch erhielt er lediglich das kindliche Kichern des Jungen zurück, der offenbar seinen Spaß hatte. „Er hatte Beweise gefunden, die einige der Yakuza Mitglieder für immer ins Gefängnis bringen würden. Allerdings waren es kleine Fische, doch er hoffte, dass sie gegen … den großen Fisch aussagen würden.“ „Kabuto?“ Sakura nickte. „Ja, und seinem Partner, über den bisher niemand etwas weiß. Kabuto wacht über das ganze Internet und die Netzwerke des Untergrunds, sein Partner dagegen übernimmt das … das Praktische. Er hat Sai engagiert.“ Sie prüfte nebenbei die Temperatur der Milch, ehe sie sich an den Tisch setzte und Kenji entgegennahm. „Hemming war für sie eine erhebliche Gefahr, also machten sie kurzen Prozess, gleich nachdem sie bescheid wussten. Später fanden sie auch heraus, dass Hemming mehrmals bei mir gewesen war …“ „Also tauchte Kabuto wieder auf?“ Sakura nickte abermals. „Er wollte … Kenji erschießen, wenn ich nicht reden würde … Er wollte wissen, ob der General mir jemals …“ Sie holte tief Luft und gab Kenji die Flasche, die er sofort zum Mund führte und hastig zu trinken begann. „Ich sagte ihm, dass wenn er Kenji etwas tun sollte, oder dir oder … dann würde ich alle Informationen an das FBI weiterleiten.“ „Hemming hatte sie dir gegeben?“, fragte Sasuke atemlos. „Du hast sie?“ „Ja“, gestand Sakura. „Ich habe sie alle. Und Kabuto … er sagte, er würde sie bekommen, und er würde mich und Kenji trotzdem töten, und er …“ Sakura musste sich unterbrechen, als ihr die Stimme versagte. Es war grausam daran zurückzudenken, als Kabuto und sein Killer in ihrer Wohnung aufgetaucht waren und alles durchwühlten. „Ich habe ihm gesagt ‚Nur zu. Erschieß deinen eigenen Sohn’. Es hat gewirkt“, lächelte Sakura traurig. „Er ist gegangen.“ „Aber willst du damit sagen …“ Sasuke überlegte verwirrt. „Du meinst, du hast es nur gesagt, damit er euch nichts tut? Kenji ist nicht …“ Sakura schüttelte abwesend den Kopf. „Nein, Kenji ist nicht Kabutos Sohn.“ „Und wer ist es dann?“ Sakura erzitterte, ehe sie ihm das letzte Geheimnis verriet, dass sie noch hatte. „Ich wusste nicht, wie er hieß oder wer er war“, gestand sie. „In einer Bar, weißt du? Er war betrunken, weil er einen …Einsatz hatte und nicht … nicht wollte. Er war sehr … er war ein sehr netter Mensch gewesen, auch wenn wir uns nur einmal getroffen haben und da …“ „Gewesen?“, hakte Sasuke nach. „Ja. Gewesen. Er lebt nicht mehr. Das wusste ich … auch nicht. Seit der Nacht habe ich ihn nie wieder gesehen und erst, als ich im Netzwerk des FBI war …“ „Er gehörte auch zum FBI?“ „Nein, ich fand ein Foto von ihm und seinen Namen. Durch Zufall … nur durch Zufall, Sasuke, und …“ Sakura schaffte es kaum noch, einen vernünftigen Satz zu bilden. Ihr Herz raste, und es raste immer mehr, als sie entschuldigend zu Sasuke blickte, der bisher kein Wort verstanden hatte. Es war ihr letztes Geheimnis. Und heute, in dieser Nacht, würde sie es preisgeben müssen. Vielleicht machte es keinen Unterschied, vielleicht veränderte es auch alles. Vielleicht würde Sasuke sie zu hassen beginnen und fortschicken … „Von wem redest du, Sakura?“, drängte Sasuke, doch noch im gleichen Moment, wie er Sakura in die müden Augen sah, wie sie den Mund öffnete, da wusste er es. „Itachi“, flüsterte sie weinend. „Kenjis Vater war dein Bruder, Sasuke.“ Kapitel 7: Abschied ------------------- Sakura weinte leise vor sich hin, auch noch als sie ihren Sohn in sein Bettchen legte und ihm beim Einschlafen beobachtete. Sie fürchtete sich zurück in die Küche zu gehen; zu Sasuke, der nach ihrem Geständnis kein einziges Wort mehr gesagt hatte. Kenji dagegen lächelte. Auch wenn er die Traurigkeit seiner Mutter bemerkte – oder vielleicht auch genau aus diesem Grund – schmunzelte er fröhlich, als würde er sie aufmuntern wollen, sogar noch wie er langsam einnickte. Er wusste nichts von all den grausamen Dingen, dachte Sakura. Er konnte sich freuen, denn er wusste nicht, was um ihn herum geschah. Im Moment war er vermutlich der Glücklichste von ihnen … Langsam glitt Sakura mit ihrer kalten Hand über die rosigen Wangen des Jungen. Sie fuhr ihm vorsichtig durch die rabenschwarzen Haare, die er schon seit seiner Geburt gehabt hatte, genau wie die dunklen Augen, die von der Wahrheit erzählten, noch bevor es Sakura getan hatte. Es waren die Augen, die Kenji verrieten; verrieten, wessen Sohn er war. Itachis. Sakura war auf seltsame Weise erleichtert gewesen, als sie damals den Namen des Mannes fand, der der Vater ihres Sohnes war. Doch dann, als sie begriff, dass Itachi Uchiha Sasukes Bruder war – sein verstorbener Bruder – da war ihr das Herz stehen geblieben. Wie hätte sie das wissen können, hatte sie sich eingeredet. Sie konnte nichts dafür, niemand konnte etwas für irgendwas. Es war ein Fehler gewesen, vielleicht. Aber bereute sie? Nein. Hätte Itachi, würde er noch am Leben sein, bereuen? Das wusste Sakura nicht. Sie hatten sich nicht gut gekannt, nur an diesen einen Abend waren sie sich nah gekommen. Dennoch war passiert, was am Ende geschehen war. Sakura hatte es nie bereut. Und wenn Itachi, sagte sie sich, als sie Kenji ein Küsschen auf die Stirn hauchte, ja wenn Itachi nur ein bisschen wie sein Bruder gewesen war, dann hätte auch er nie bereut. Darin war sie sich sicher. Ganz sicher. ----------------------------------- Sakura fand keinen Schlaf mehr. Irgendwann stand sie auf, tapste leise ins Wohnzimmer und setzte sich Sasuke gegenüber, der scheinbar eingeschlafen war. Sie beobachtete ihn ganz genau und versuchte sich dabei das Gesicht seines Bruders in Erinnerung zu rufen. Es war allein der Gedanke, der sie nicht zur Ruhe kommen ließ; Sasukes Reaktion, seine Antwort auf ihr Geheimnis; auf den Zufall, der einfach unvorstellbar war. Der Morgen begann anzubrechen, als Sakura das erste Mal auf die Uhr sah. Es war fast um sieben, doch Sasuke hatte sich noch immer nicht gerührt. Die halbe Nacht hatte sie damit verbracht, ihm beim Schlafen zuzusehen, und auf eine eigenartige Weise hatte es sie beruhigt. „Schläft er noch?“, hörte Sakura etwas später Hinatas zarte Stimme flüstern. Sakura nickte, erhob sich leise und folgte ihr in die Küche. „Konntest du nicht schlafen?“, wollte die junge Ärztin wissen. „Doch, aber ich war früh auf. Hast du gut geschlafen?“ „Es ging“, sagte Hinata lächelnd und schenkte sich und Sakura Tee ein. „Tut mir leid.“ Sakura bedankte sich für den Tee und ließ sich an den Küchentisch fallen. „Dass ihr meinetwegen mit hineingezogen wurdet und wir euch jetzt zur Last fallen …“ „Schon gut. Sasukes Freunde sind auch unsere Freunde“, meinte Hinata gütig und schmunzelte. „Und Kenji ist das ruhigste Baby der Welt.“ „Stimmt“, gab Sakura zu und konnte den Stolz einer Mutter nicht verbergen. „Aus ihm wird bestimmt mal was …“, fügte sie mehr zu sich selbst hinzu. „Bestimmt. Er hat eine mutige Mama.“ Sakura lächelte Hinata dankbar an, doch dann hörten die beiden das kaum merkliche Rascheln aus dem Wohnzimmer. „Ich bring ihm mal auch eine Tasse“, entschuldigte sich Sakura, schenkte noch einen Tee ein und ging zögernd zurück zu Sasuke, der sich verschlafen aufgerichtet hatte. „Du hättest lieber schlafen sollen“, brummte er, als sie ihm stumm den Tee reichte und sich angespannt neben ihn setzte. Doch es hatte keinen Sinn, sagte sie sich innerlich. Etwas hinauszuzögern, machte es nicht besser. Nicht in diesem Fall. „Sasuke, ich … Wenn ich könnte, dann würde ich mich … entschuldigen, und wenn ich es gewusst hätte, dann …“ Sakura brach ihren Satz ab, denn als sie Sasukes verhärtetes Gesicht sah, wusste sie, dass es so oder so keinen Sinn hatte. Er würde nicht antworten; er würde nichts dazu sagen, weil er es nicht konnte. „Tut mir leid“, flüsterte sie betreten und erhob sich. Sie wartete kurz, ob Sasuke doch zu einer Antwort ansetzen würde, aber es war vergeblich. Er starrte nur auf sein Glas und tat nichts. Er sagte kein Wort, und Sakura wusste nicht einmal, ob er überhaupt je etwas dazu sagen würde. ------------------------- „Ihr meldet euch, sobald ihr gelandet seid, verstanden?“ Naruto klopfte seinem Freund fest auf die Schulter, ehe er Hinatas Hand ergriff und zurücktrat. „Baut keine Scheiße, Leute. Und falls ihr Hilfe benötigt, ruft auf der Stelle an! Sakura?“ Sakura nickte mitgenommen, denn keine zehn Minuten zuvor hatte Naruto ihr seine Handynummer in die Tasche gesteckt und gemeint, sie könne ihn ebenso immer anrufen. Dann, als er zu Sasuke gegangen war, hatte Hinata es ihm gleich getan. „Wenn du einmal die Stimme einer Frau hören willst“, hatte sie gesagt und sanft gelächelt. „Oder wenn es dem Kleinen nicht gut geht, oder dir Sakura. Ruf mich an, versprochen? Zögere nicht.“ Sakura hatte genickt und sich die Tränen aus den Augenwinkeln gewischt. „Danke“, hatte sie nur sagen können, und doch soviel mehr zu sagen gehabt. Sie hatte weder Hinata noch Naruto gekannt, hatte beide in Gefahr gebracht, und doch waren sie herzliche Menschen gewesen, die geholfen haben, als sie gebraucht wurden. Solche Menschen kannte Sakura nicht viele. „Machts gut, Leute“, rief Naruto noch einmal, ehe er mit Hinata zurückblieb, als Sakura, Sasuke und der kleine Kenji durch die Absperrungen liefen. „Ruft ja an!“ „Machen wir“, rief Sakura zurück, nahm Kenji auf den Arm und blieb kurz stehen, um Hinata und Naruto zum Abschied zu winken. Vor allem der kleine Junge fand gefallen daran und wedelte eifrig mit seinen Händen. Es war ein trauriges Auf Wiedersehen für seine Mutter, und ein ebenso angespanntes für den Mann, den er irgendwann Brummbär rufen würde. Die drei gingen tiefer in den Flughafen, doch Kenji winkte immer weiter. „Ma!“, rief er dann, kurz bevor sie um eine Ecke biegen musste. Sakura blieb fragend stehen, und als sie sich noch einmal umwandte, sah sie Naruto, der noch immer winkte und dabei breit grinste. „Naruto“, flüsterte sie Kenji zu. „Merk dir seinen Namen, Spätzchen. Ich glaube, er ist ein ganz besonderer Mensch.“ „Na!“, lachte Kenji winkend, und Sakura musste sich über die Augen wischen, als auch sie noch einmal die Hand hob. „Na kommt, den Affen sehen wir vermutlich noch aus der Luft“, sagte plötzlich Sasuke, der sich jedoch ebenso zu einem Nicken hatte hinreißen lassen. Nun legte er seinen Arm um Sakuras Schultern und zog sie sanft mit sich. „Ich …“, setzte sie flüsternd an, um noch einmal zu versuchen mit ihm zu reden. Der Ort mochte unpassend sein, doch lastete die Stille vom Morgen zu sehr auf ihr, als das sie hätte Schweigen können. „Sasuke, wenn ich es gewusst hätte und mich getraut hätte, du musst mir glauben … ich hätte es dir eher gesagt und …“ „Schon gut“, gab Sasuke unerwartet zurück, und er klang dabei weder kalt noch abweisend. Er klang viel mehr, als meine er wirklich ein ‚schon gut’. „Bruu“, sagte Kenji da, der bei dem Wort zu sabbern begann. „Bruu Bruu!“ „Gewöhn dem Gör das ab, Sakura.“ Sasuke schüttelte grimmig den Kopf, doch grinste er unmerklich. „Das heißt Sasuke, du Wurm. Klar?“ „Bruuum!“ „Sasuke!“ „Brrruuuuuum“, rief Kenji strampelnd, dass Sakura ihn kaum halten konnte, obwohl auch sie kichern musste. Sie folgten dabei den anderen Leuten, die ebenfalls den Flug nach Maine nahmen, und es waren nicht wenige, die die drei beobachteten. Und alle dachten sie in jenem Moment das gleiche. Was für eine lustige junge Familie … Kapitel 8: Zurück in Maine -------------------------- Hey! Da hab ich mir dieses Mal etwas mehr Zeit mit einem neuen Kapitel gelassen, und dann ist es auch noch recht kurz ... :-( Ich schiebe die Schuld aber aufs Wetter, denn jetzt wo die Sonne scheint, ist draußen wieder mehr zu erledigen *seufz* Wird aber wieder mehr Text, also keine Sorge *lol* Übrigens bisschen Schleichwerbung: Habe gestern spontan eine neue FF zu Naruto angefangen^^ Wer mag kann ja mal reinschauen, sobald der Prolog freigeschalten wurde. Die wird etwas ... hmm, düstere, denk ich, ist aber auch wieder (möglicherweise) Sasuke/Sakura (was sonst?!?) Allerdings diesmal auch mit den Nebenpairings Tenten/Neji ... Der Titel der FF lautet Among the Shades Zu GdG II, weil die Frage aufkam: Es wird noch mehr Naruto/Hinata geben, ist schon fest eingeplant. Und noch einmal erwähnt: Bin bei Twitter unter dem Namen Route667. Verschicke dort Nachrichten, wenn sich was bei den FF's tut. Jetzt aber viel Spaß beim Lesen! LG ___________________________________ „Ich kann nicht mehr …“ Sakura griff ermattet nach dem Haltegriff im Fahrstuhl und zog ein leidendes Gesicht. Sie schnaufte laut, ließ es sich aber nicht entgegen wie ein kleines Kind den Knopf zu drücken, kaum das Sasuke ihr nachkam. „Ich habe dir gesagt, dass wir einen Kinderwagen kaufen können“, brummte Sasuke nur, als er sich neben die junge Mutter stellte, der schon Schweißperlen auf die Stirn traten. Die ganze Zeit über hatte sie Kenji getragen, und auch auf Sasukes Vorschlag hin einen Wagen für den Jungen zu besorgen, hatte sie lediglich den Kopf geschüttelt. „Das ist Geldverschwendung“, sagte sie auch jetzt wieder. „Kenji ist über ein Jahr, und bisher hatte er nie so ein Ding.“ „Ich habe dir gesagt, dass ich ihn bezahle, Hauptsache dein Jammern hört auf.“ „Ich jammer überhaupt nicht!“, beteuert Sakura fest, doch strafte sie ihre krumme Haltung Lügen. „Und wenn schon, dann musst du es eben ertragen.“ „Es ist aber unnötig!“ „Diese Diskussion ist unnötig“, korrigierte Sakura und setzte Kenji ab, damit er an ihrer Hand stehen konnte. Er mochte noch keine wirklich koordinierten Schritte machen, doch zumindest war er in der Lage etwas zu laufen, wenn er gehalten wurde. „Gleich hast du es geschafft, Spätzchen“, sagte Sakura grinsend, obwohl sie eigentlich eher sich meinte. „Noch ein paar Stockwerke und wir sind beim Brummbär in der Wohnung.“ „Lass diesen Brummbär-Mist!“, knurrte Sasuke, doch lächelte Sakura nur besänftigend, ehe der Fahrstuhl hielt und sie aussteigen konnten. „Was zum …“ Sasuke war kaum im Flur, als er Sakura packte und zurückzog, im gleichen Moment wie er auch seine Waffe entsicherte. „Was ist?“, flüsterte Sakura erschrocken, griff in Angst nach Kenji und nahm ihn wieder hoch. Auf Zehenspitzen folgte sie Sasuke, auch wenn sie keine Ahnung hatte, was vor sich ging. „Was ist denn?“, zischte sie besorgt, krallte sich an Sasuke fest und trat jeden Schritt mit ihm gemeinsam. „Bruuuu“, rief Kenji da plötzlich, als im nächsten Augenblick auch schon die Tür zu Sasukes Wohnung von Innen aufgerissen wurde. Gleichfalls wie Sakura aufschrie, richtete Sasuke seine Pistole auf den Mann, der ihnen wütend entgegenblickte. „Was ist denn hier los? Verdammt nimm die Waffe runter, Junge!“ Der Dunkelhaarige schlug die Tür ganz auf, ehe er herrisch die Arme verschränkte. „Zum Teufel, dass gleiche könnte ich dich fragen! Was hast du in meiner Wohnung verloren?“ Sasuke steckte zwar seine 9mm ein, behielt aber seine abwehrende Haltung. „Was suchst du hier, hä?“ „Was ist das für eine bescheuerte Frage?“, gab der Mann ungehalten zurück, ehe sein Blick auf Sakura fiel. „Wer ist das Mädchen?“ Er deutete knapp ein Kopfnicken an, trat beiseite und ließ Sasuke eintreten. „Das ist Sakura“, brummte Sasuke mürrisch. „Sakura, das ist Fugaku Uchiha …“ „Oh“, machte Sakura überrascht, nahm Kenji schnell auf die linke Seite und reichte dem Dunkelhaarigen die Hand. „Ähm, freut mich, Sir.“ Höflich senkte sie den Kopf, doch als sie nach ein paar Sekunden noch immer keine Hand entgegen bekam, zuckte sie einfach mit den Schultern und ging an Sasukes Vater vorbei. „Wie verblüffend ähnlich ihr euch seid“, grinste sie, wohl wissend, dass der Ältere ihr wütend nachsah. Doch warum so tun, als würde sie die Freundlichkeit in Person sein, wenn ihr Gegenüber scheinbar keinen Wert darauf legte? Sie hatte genug unzugängliche Menschen kennengelernt um sich deswegen nicht den Kopf zu zerbrechen. „Das ist ja …“, hörte sie Herrn Uchiha schon nachkommen, doch folgte sie Sasuke einfach ins Wohnzimmer, um Kenji erleichtert auf die Couch zu setzen. Dabei bemerkte sie genau, wie Sasuke in sich hinein grinste, behielt ihr Kommentare jedoch für sich. „Ich möchte eine Antwort, Sasuke! Wer ist das Mädchen, und dieser Junge …“ „Mein Sohn“, erwiderte Sakura anstelle des jüngeren Uchihas, ließ sich zu Kenji aufs Sofa fallen und kramte in ihrer Tasche nach dem Brei, den sie zuvor noch eingekauft hatten. „Willst du lieber den oder den?“, fragte sie ihn, hielt beide Gläser hoch und wartete, dass Kenji ungeschickt nach einem tatschte. „Ihh, mit Banane. Nicht lieber den?“ Sakura selbst knurrte der Magen zur genüge, doch war es nichts im Vergleich zu Herrn Uchihas Knurren … Sasuke seufzte nur und ließ sich nun ebenfalls nieder. „Und was willst du nun, Vater, dass du selbst vorbei kommst? Hätte ein Anruf nicht ausgereicht?“ „Ich bin wegen deiner Mutter hier“, sagte Fugaku Uchiha ungehalten. „Sie fühlt sich in letzter Zeit nicht besonders. Du sollst sie demnächst besuchen.“ Nun wurde Sasuke hellhörig. „Was meinst du, mit nicht besonders? Ist sie krank? Warum hast du mir das nicht …“ „Nicht Krank im eigentlichen Sinne.“ Fugaku sah unwirsch zu Sakura, als störe es ihn, dass sie zuhören konnte. „Sie ist wieder in einer … Klinik.“ „Hm“, machte Sasuke, als er verstand. Schon einmal war seine Mutter in psychologischer Behandlung gewesen, damals, als Itachi gestorben war. Einige Wochen hatte sie in diesem Sanatorium verbracht, und er war der einzige gewesen, der sie besuchen gegangen war. Sein Vater hatte zwar täglich mit ihr telefoniert, doch gekommen war er nie. Er schämte sich, dass seine Frau einen Psychologen brauchte, denn er wollte sich nicht eingestehen, dass es wirklich von Nöten war. Für ihn gab es keine seelischen Krankheiten, und es hatte ihn zugesetzt, dass seine eigene Frau an Depressionen gelitten hatte. Für ihn war es ein Zeichen von Schwäche. Und Fugaku Uchiha hasste Schwäche. „Sie ist wieder im Selben. Wenn es dir möglich ist, dann …“ Sasuke nickte, noch bevor sein Vater zu Ende sprach. „Ich fahre morgen hin.“ „Gut“, nickte sein Vater. Er sagte nicht, dass es ihn freute oder dass es ihm etwas bedeutete. Er sagte auch nicht danke. Fugaku Uchiha sagte einfach nur gut. ---------------------- „Dein Vater ist komisch“, meinte Sakura wenig später, als sie Kenji auf den Schoss hatte und ihm den Bananenbrei fütterte. „Steif und militärisch. So richtig General.“ Sasuke zuckte nur mit den Achseln und ließ sich auf den Sessel fallen. „Mir egal.“ „Wirklich?“ Sakura lächelte leicht, wischte ihrem Sohn den Mund sauber und seufzte anschließend. „Ihr seid euch ähnlich.“ „Bestimmt nicht“, wehrte sich Sasuke gegen diese Äußerung und verschränkte demonstrativ die Arme. „Und nerv jetzt nicht rum. Beeil dich lieber, damit wir einkaufen fahren können.“ „Einkaufen? Wir sind gerade erst angekommen, Sasuke! Wir haben einen ewig langen Flug hinter uns, Kenji ist müde, und ich will auch nicht schon wieder los. Du willst nur nicht über deinen Vater reden!“ „Ich werde nicht über ihn reden, Sakura. Und wir haben nichts im Kühlschrank. Ich nehme an, dass du irgendwann auch essen willst?“ „Schon, aber …“ „Argh …“ Sasukes Laune war in den Keller gesunken. Mürrisch stand er auf, schnappte sich seine Autoschlüssel und sah Sakura knurrig an, als wäre sie am Auftauchen seines Vaters schuld. „Ich fahr alleine. Schließ die Wohnung ab, verstanden?“ Sakura nickte, erleichtert nicht mit zu müssen. „Und du lässt niemanden rein, verstanden? Wirklich niemanden!“ „Mach ich nicht“, murrte Sakura genervt. „Jetzt hau schon ab. Und bring mir Pizza mit, ja?“ „Sakura, ich mein es ernst! Wir wissen nicht, woher Yakushi seine Informationen bekommt, und solange wir im Dunkeln tappen, wirst du die Wohnung auch nicht alleine verlassen, kapiert?“ „Ay ay!“, grinste Sakura, fast ein wenig beschämt, wie sehr sich Sasuke zu Sorgen schien. Es war ungewöhnlich. Für sie zumindest. „Halt dich einfach dran“, sagte Sasuke nur, schmiss sich eine Jacke über und verließ lautstark die Wohnung. „Bruuum“, machte Kenji und verteilte den Brei dabei über Sakuras einziges Wechselshirt, das sie noch hatte. „Bruuum Bruuuuum!“ „Ich weiß, er kommt gleich wieder, Spätzchen. Ich mag es auch nicht, wenn er weggeht.“ „Ma?“ „Ja, Mama mag den Brummbären auch“, sagte Sakura lächelnd und stellte den leeren Brei beiseite. „Aber das verraten wir ihm nicht. Das ist unser kleines Geheimnis.“ „Ma!“ „Genau“, lachte Sakura, sah zur Uhr und hoffte, dass Sasuke wirklich bald zurückkäme. Kapitel 9: Kakashi Hatake ------------------------- Hey, tja was soll ich sagen? Am besten: Wow, seit ich das letzte Kapitel hierzu geschrieben habe, sind fast zweieinhalb Jahre vergangen! Irgendwie unglaublich, wie die Zeit vergeht! Doch ich habe in den letzten Tagen meine alten Geschichten durchgesehen und tatsächlich prompt ein neues Kapitel zu GdGII geschrieben! Es hat mich richtig in den Fingern gejuckt lol, und vielleicht mache ich das jetzt auch wieder öfter^^ Jedenfalls freue ich mich, euch mal wieder bei dieser FF begrüßen zu können. Ich hoffe, dass es überhaupt jemand merkt, dass ich was neues geschrieben habe ;-) Aber so viel möchte ich jetzt gar nicht labbern, sondern lass euch lieber lesen! Also, willkommen zurück bei Gegen das Gesetz II! ---------------------------------------------------------- Ungläubig starrte Sakura auf das Sammelsurium, dass Sasuke soeben auf seinem Perserteppich im Wohnzimmer abgelegt hatte. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, presste sie unwirsch zwischen den Zähnen hindurch. „Hatte ich dir nicht gesagt, dass du für uns kein Geld ausgeben sollst? Sasuke, das ist …“ „Brruumm“, machte Kenji glucksend und krabbelte auf die eingepackten Spielsachen zu, die zwischen etlichen großen und kleinen Kartons standen, die wiederrum an einem nagelneuen Buggy gelehnt standen. „Brum ist nicht das richtige Wort, Kenji“, seufzte Sakura und half ihrem Sohn, ein Auto auszupacken, das fast genauso groß wie der kleine Kerl selbst war. „Ich – ich weiß nicht, was ich sagen soll, Sasuke.“ „Danke“, schlug Sasuke achselzuckend vor. „Das vielleicht auch, aber – ich habe dir so viel Ärger gemacht und das hier – das hab ich nicht verdient, und bezahlen kann ich es erst recht nicht. Und …“ „Lass gut sein, Sakura.“ Sasuke schien mit sich zu ringen und deutete auf Kenji. „Er ist ja sozusagen, nun – mein Neffe.“ Sakura biss sich auf die Lippen und kämpfte gegen die Tränen an, die ihr schlagartig in die Augen gestiegen waren. Rasch blinzelte sie sie davon und starrte auf ihren kichernden Sohn, der seine liebe Freude an all den Sachen gefunden hatte. Schließlich nickte sie einfach, weil ihr nichts einfiel, was ihre Gefühle beschreiben konnte. „Wie geht’s jetzt weiter?“, fragte Sakura, um das unangenehme Schweigen zu brechen. Sasuke ließ sich erschöpft in seinen braunen Ledersessel fallen und fuhr sich durch die rabenschwarzen Haare. Er beobachtete Kenji, der wild auf den Kartons herumballerte, stand seufzend wieder auf und fing an, die ganzen Einkäufe auszupacken. „Ich rede mit meinen Vorgesetzen. Ich muss ihn aufklären. Wir müssen das, Sakura.“ Er richtete sich auf ihren Widerstand ein, doch als sie nichts sagte, und er zu ihr herüber sah, nickte sie zurückhaltend. „Was denn, keine Widerworte?“, grinste er leicht. „Kein gezicke? Nichts?“ Sakura schüttelte den Kopf. „Nein“, erwiderte sie leise und deutete auf all die neuen Sachen: auf den Laufstall und das Bett, auf die Spielsachen und den Buggy. „Das schulde ich dir wohl. Aber dieser Vorgesetzte – ist er vertrauenswürdig?“ „Ich halte eigentlich viel von ihm, aber vielleicht solltest du versuchen, das herauszufinden …“ Sakura blinzelte, als Sasuke auf seinen PC zeigte. „Ehrlich? Du würdest mich ranlassen? Diesmal ganz ohne Stecker ziehen?“ Sie kicherte, und ihre Laune schien sich um 180 Grad zu drehen. Sasuke nickte unmerklich. „Was das Vertrauen angeht, sollten wir als erstes bei uns anfangen, Sakura. Ich vertraue dir, vertraust du mir?“ „Das solltest du wissen“, gab Sakura ernst zurück und blickte ihren Jungen an, der brabbelnd mit seinem neuen Auto über den Teppich krabbelte. „Ich hätte dir sein Leben anvertraut, Sasuke. Ich tue es immer noch. Also – also ja, ich vertraue dir.“ Für einen Moment wirkte Sakura nachdenklich, doch dann kroch sie zu ihrer abgenutzten Schultertasche und stülpte sie um. Sasuke sah ihr dabei zu, wie sie aus einem versteckten Fach einen winzigen Schlüssel holte, ehe sie sich Kenjis Windeltasche schnappte und einen uralten Laptop herausfingerte. „Willst du nicht lieber meinen Computer nehmen?“, fragte Sasuke zweifelnd. Er hob überrascht die Augenbraunen, als Sakura zum Öffnen des Deckels den Schlüssel benötigte. „Sicher nicht“, antwortete Sakura und setzte sich in den Schneidersitz. Sie klopfte neben sich auf den Boden. „Komm her und staune, Agent Uchiha.“ Sasuke runzelte die Stirn, tat aber, was sie wollte. Als Sakura den Powerknopf drückte, fuhr der Laptop innerhalb weniger Sekunden vollständig hoch. Auf dem Bildschirm erschien ein Countdown, doch als Sakura das Passwort eingab, – eine 15 stellige Kombination – brach er ab. „Was wäre passiert, wenn er ausgelaufen wäre?“, wollte Sasuke wissen. „Boom“, kicherte Sakura und sah Sasuke verschmitzt an. „Dann wäre er im wahrsten Sinne des Wortes nutzlos geworden. Tolle Sache, glaub mir.“ „Verstehe“, seufzte Sasuke nur. „Wie heißt dein Vorgesetzter?“, fragte Sakura, während sie über die Tastatur hackte. Sasuke erkannte keine Minute später das Emblem des FBI und runzelte abermals die Stirn. „Und der alte Kasten ist wirklich sicher?“, hakte er nach, obwohl er es eigentlich nicht mehr bezweifelte. „Sicherer, als irgendein Rechner in deiner Abteilung“, lachte Sakura nur und wartete auf den Namen. „Kakashi Hatake“, sagte Sasuke. Sakura durchstöberte die Datenbank so schnell, dass Sasuke davon schwindlig wurde. Dann tauchte ein weiteres Emblem auf. Das der Yakuza … „Ist das nicht gefährlich?“, fragte Sasuke sofort und erweckte den Anschein, am liebsten nach seiner Dienstwaffe greifen zu wollen. „Nein, keine Sorge. Ich war nicht untätig in den letzten Monaten. Ich habe Nächte damit verbracht, mir Hintertürchen zu bauen. So, also – keine Einträge, nichts. Kakashi Hatake scheint der zu sein, der er vorgibt. Es schließt zwar nichts aus, aber es erhöht unsere Chancen, dass wir mit ihm Glück haben.“ Sasuke nickte und griff sich sein Handy. „Ich werde ihn bitten, vorbei zu kommen.“ Er wollte wählen, doch Sakura hielt ihn zurück. „Hier“, sagte sie und kramte aus ihrer Tasche ein weiteres Handy heraus, dass noch immer eingeschweißt in seiner Originalverpackung lag. „Das ist sicherer.“ Sasuke packte es aus. Von außen sah es aus wie ein stinknormales Modell, dass nicht einmal viel hermachte. Ein Preisschild klebte dran, auf dem 30 Dollar standen. Er konnte sich das Grinsen nicht verkneifen und schüttelte den Kopf. „Davon hat das FBI auch ein paar. Die Dinger sind auf dem Schwarzmarkt ein Vermögen wert.“ Sakura erwiderte das Lächeln und hielt plötzlich drei weitere in der Hand. Sasuke konnte seine Verblüffung nicht verbergen. „Ist das dein Ernst? Du wärst einige Sorgen los gewesen, wenn du die vertickt hättest, Sakura!“ „Ich weiß“, erwiderte das Mädchen. „Aber mit diesen Handys kann ich mir auch ganz andere Sorge vom Hals halten. Ihr Wert ist nicht in Dollar zu messen.“ „Stimmt“, gab Sasuke zu, dann fuhr er das Handy hoch, wartete einen Moment und wählte Kakashi Hatakes Nummer. Er sagte nicht viel zu ihm, doch offensichtlich hatte sein Vorgesetzter genug verstanden. „Er kommt in einer halben Stunde.“ Sakura hatte es geschafft, Sasuke zu überreden, auf Kenji aufzupassen. Während sie trällernd unter der Dusche stand, saß Sasuke auf seinem Sessel und wachte wie ein Lux über den Jungen. Obwohl er den Laufstall als erstes zusammengebaut und den Kleinen auch gleich hineinverfrachtet hatte, war es ihm immer noch unheimlich, mit dem Wurm alleine zu sein. Dabei benahm sich Kenji vorbildlich – vor sich her murmelnd, war er immer noch von dem großen Auto fasziniert und warf es von einer Position in die andere. Sasuke konnte nicht mal im Ansatz nachvollziehen, wie sich der Junge so lange mit einer Sache beschäftigen konnte. Er selbst hätte längst die Geduld verloren. Obwohl Sasukes Wohnungstür eine Extraanfertigung war, hörte er den Gong des Fahrstuhls bis in sein Wohnzimmer. Im gleichen Moment, noch bevor es an der Tür klingelte, sprang er auf und zog seine Waffe. Lautlos schlich er in den Flur und sah in den kleinen Monitor auf der Kommode, der den Gang zwischen seiner Tür und dem Aufzug überwachte. Er atmete erleichtert aus, als er einen pfeifenden Kakashi erkannte, ging öffnen und steckte seine Waffe zurück in die Halterung an seinem Gürtel. „Junge, wolltest du mich erschießen?“ „Nein, Sir“, sagte Sasuke und bat Kakashi hinein. „Aber die Umstände lassen mich vorsichtig sein. Es gibt Neuigkeiten aus Tokio, und ich möchte ihnen jemanden vorstellen …“ Er führte Kakashi ins Wohnzimmer. Kenji gluckste auf, als er den Neuankömmling bemerkte, und zog sich interessiert an seinem Gitter hoch. „Herrgott!“, sagte Kakashi und blähte ungläubig die Backen auf. „Ernsthaft? Du bist Vater geworden? Wann?“ Sasuke schüttelte mürrisch den Kopf. „Wollen sie was trinken, Sir? Das wird eine längere Geschichte.“ Kakashi nickte, als die Badezimmertür lautstark zu fiel und Schritte in ihre Richtung kamen. Sasuke lächelte seinem Vorgesetzten zu, dass alles in Ordnung war, dann machte er sich auf eine kreischende Sakura gefasst … „Sasuke? Ich habe mir mal dein …“ Sakura kam in einem karierten Hemd von Sasuke ins Wohnzimmer marschiert, dass jedoch nicht ihre langen, nackten Beine verdeckte und einen großzügigen Blick auf ihren Slip zuließ. Sie schrie – wie erwartet – erschrocken auf, doch gleichzeitig wirbelten beide Männer peinlich berührt herum und blickten auf die Wand gegenüber. „Sakura!“, zischte Sasuke, der innerlich hoffte, nicht rot angelaufen zu sein. „Hast du denn nichts zum …“ „Ist das dein Vorgesetzter?“, unterbrach ihn Sakura, die zu Kenji lief und ihn vorsichtshalber gleich auf den Arm nahm. „Kakashi Hatake?“ „Zu ihren Diensten, Ma’am“, nuschelte Kakashi, der ein breites Grinsen im Gesicht hatte. Sasuke konnte nicht anders und warf ihm einen warnenden Blick zu. „Was sucht ihr an der Wand?“, fragte Sakura jetzt verständnislos. Sie setzte Kenji zurück in seinen Laufstall und wartete auf eine Antwort. „Willst du dir keine Hose anziehen?“, brummte Sasuke, doch als er seine ratternde Waschmaschine hörte, kannte er die Antwort. „Wird gerade gewaschen. Habt euch nicht affig und dreht euch um.“ Den Männern schien es gar nicht zu passen, doch schließlich setzten sie sich nebeneinander auf die Couch und blickten starr zu Boden. Sakura stöhnte genervt, marschierte zurück ins Bad und kam in einer Boxershort von Sasuke wieder. „Besser?“ Kakashi nickte lächelnd, doch Sasuke sah nicht aus, als wäre irgendwas dadurch besser geworden . „Du hättest mir sagen können, dass du nichts dabei hast!“, knurrte er. Sakura schnaubte. „Idiot, wo bitte sollte ich was dabei gehabt haben? Ich hatte nur meine Tasche und Kenjis mit, oder?“ Sasuke grollte nur, doch schließlich machte er eine Geste in Sakuras Richtung. „Darf ich ihnen Sakura Haruno vorstellen …“ Kakashi sah perplex auf. „Du bist Sakura? Ich habe deine Akte – nun, ich hatte sie im letzten halben Jahr öfters in der Hand. Aber ich wäre trotzdem nicht drauf gekommen. Auf dem Foto sahst du noch jünger aus.“ Sakura blinzelte. „Verstehe“, fauchte sie jäh und schürzte beleidigt die Lippen. „Ich meine – nun ich meine, mädchenhafter. Jetzt bist du – fraulicher, sozusagen …“ „Sozusagen?“ „Lassen wir das“, beendete Sasuke Kakashis peinliches Verhalten. „Ich denke, wir brauchen jetzt einen Kaffee, und dann müssen wir reden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)