Seven Ways to Perdition von NejiTen-Schreiber ([NejiTen]) ================================================================================ Kapitel 2: Acedia/Trägheit -------------------------- Einzelne Regentropfen prasselten von den Blättern der Bäume, die vor dem Fenster des Unterrichtsraumes standen. Es grenzte nahezu an ein Wunder, dass die Blätter dem Gewicht der schweren Wassertropfen standhalten konnten und nicht auseinanderrissen. Ein wahres Wunder der Natur. Es schüttete bereits den gesamten Vormittag und der Boden war inzwischen schlammig geworden. Das Training musste aufgrund des Regens nach drinnen verlegt werden und Neji gab bereits die Hoffnung auf, dass er heute überhaupt noch zu einem körperlichen Training kommen würde. Wahrscheinlich würde er heute Nachmittag bei sich zuhause alleine trainieren. Wie er es jeden Nachmittag tat, egal ob er mit seinem Team trainierte oder nicht. Anstatt im Klassenraum Techniken zu lernen oder zu verbessern, saßen sie – aufgereiht wie Hühner auf der Stange - in der ersten Reihe und hörten ihrem Lehrer Gai zu, der vorne an der Tafel stand und wild mit seinen Armen artikulierte. Gai erklärte den drei, wie wichtig es war einen kühlen Kopf im Kampf zu behalten, doch Neji hatte keine Lust sich Notizen zu seinen Anekdoten zu machen. Möglichst unauffällig beobachte er Tenten, die ebenfalls gelangweilt war und mit ihrem Kugelschreiber auf das Holz der Tischplatte klopfte. Sie war scheinbar völlig geistesabwesend. Dass sie kein großes Interesse an den Erlebnissen ihres Senseis hatte war ihm nicht neu, doch sie schien ihre Außenwelt komplett nicht mehr wahrzunehmen und das machte ihn stutzig. Ihr anfängliches, leises Klopfen verwandelte sich plötzlich in ein nerviges Klicken, da sie den Kugelschreiber gehetzt auf- und zuschnappen ließ. Er sah abwechselnd den Kugelschreiber und Tenten selbst an und bemerkte, dass sie auffällig oft auf die Wanduhr sah, die hinter Gai hing. Scheinbar will sie, dass die Trainingsstunde zu Ende war, dachte Neji und es wunderte ihn nicht, denn er selbst hoffte auch auf ein baldiges Ende. Lee, der neben Tenten saß, war der einzige, der Gai förmlich an den Lippen hing. Er kritzelte eifrig Notizen auf seinen Block und stellte neugierig Zwischenfragen. Ob Gais Geschichten über Bärenkämpfe und Gefechten mit Wölfen stimmten, war fraglich, doch Lee hatte immer Interesse für Erlebnisse, die Gai erzählte. Egal wie stumpfsinnig sie im Grunde waren. Neji sah wieder aus dem Fenster und bemerkte, dass es immer noch regnete. Er sah zur Uhr und musste unweigerlich feststellen, dass es zu spät für ein Teamtraining war. Auch hatte er keine Lust den Nachmittag mit Lee und Tenten zu verbringen. Nicht, dass er sie nicht leiden konnte, doch seine Nachmittagsmeditation war schon zu einer Angewohnheit geworden, die er sich nicht abgewöhnen konnte. Der Tag im Klassenzimmer machte ihn zu schaffen. Er brauchte einfach die körperliche Herausforderung und alleine würde er niemals die Leistung schaffen, die er im Team hatte. Doch seine Meditation war ihm wichtig und eigentlich waren die Vormittage für das Teamtraining in seinem Tagesablauf eingeplant. Gai verabschiedete sich mit einer großen Geste und verließ das Klassenzimmer, da er noch Besorgungen zu erledigen hatte. Neji war froh über das plötzliche Verschwinden ihres Senseis. „Sollen wir noch trainieren gehen?“, fragte Lee und nahm seinen vollgeschriebenen Block in die Hand. „Ich muss nach Hause“, sagte Tenten schnell und wandte sich, ohne auf eine Reaktion von Neji oder Lee zu warten ab. „Muss noch etwas erledigen.“ Lee sah ihn fragend an, sagte aber nichts, doch Neji schüttelte nur den Kopf. „Lass sie“, sagte er leise, „wenn sie wirklich etwa erledigen muss, müssen wir das akzeptieren.“ Doch im Grunde war er einfach nur froh, den Nachmittag nicht mit seinem Team verbringen zu müssen… --- Als Tenten zuhause war, zog sie rasch die Schuhe aus und legte ihre Tasche ab. Es war noch früh, doch sie hatte am Morgen die Vorhänge nicht aufgezogen und deswegen war es dunkel und still in ihrer Wohnung. Die Stille machte ihr nichts aus, schon lange nicht mehr. Seit sie vor einem Jahr von zuhause ausgezogen war, war sie es gewohnt den Nachmittag alleine zu verbringen. Schleppend ging sie in ihr Schlafzimmer und setzte sich an den Schreibtisch, der in der Ecke stand. Normalerweise brauchte sie diesen Tisch gar nicht, er diente mehr zur Dekoration. Wie vieles in ihrer Wohnung. Erschöpft legte sie den Kopf auf ihre Schreibtischplatte und schloss die Augen. Sie fühlte sich elendig, unfähig sich zu rühren oder sich aufzuraffen um etwas zu tun. Die Hausarbeit stapelte sich, doch sie fühlte sich nicht im Stande das Chaos zu beseitigen. Ihre Schläfen pochten, fast so, als hätte sie schlimme Kopfschmerzen und dadurch fühlte sie sich müde, so unendlich schläfrig. Doch selbst wenn sie geschlafen hatte, sich für ein oder zwei Stunden ausruhte, ging es ihr nicht besser. Dabei war sie nicht immer so träge gewesen. Früher strömte sie vor Energie und Tatendrang. Wo diese geblieben war, wusste sie nicht. Auch war ihr unklar, wieso ihr Leben plötzlich so trist war. Lag es etwa daran, dass immer alles beim Alten blieb und es ihr deswegen zu eintönig wurde? Sie brauchte frischen Wind in ihrem Leben, doch sie hatte momentan nicht die Kraft um selbst etwas zu ändern. Sie brauchte Unterstützung von außerhalb, konnte und wollte aber niemanden darum bitten, damit sie ihr Leben wieder in den Griff bekommen konnte. Sie war so müde. Langsam fielen ihr die Augen zu, sie versuchte dagegen anzukämpfen, doch sie schlief ein. In einen friedlosen Halbschlaf… --- Unschlüssig sah er das Telefon an und wusste nicht recht, ob er sie wirklich anrufen sollte oder nicht. Eigentlich rief er selten bei Tenten zu Hause an. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er sie noch nie ohne Aufforderung ihrerseits angerufen. Doch er machte sich Gedanken. Die Meditation konnte er auch nicht durchführen, zu viele Gedanken schwirrten durch seinen Kopf, und er musste dieses Problem beseitigen. Er würde es zwar nie offen zugeben, doch er sorgte sich um seine Teamkameradin, die mittlerweile bereits eine Freundin für ihn war. Er schüttelte kurz den Kopf und fasste einen Entschluss. Er musste sie einfach stören, doch ohne einen triftigen Grund konnte er nicht bei ihr anrufen. Er dachte kurz nach, ging sämtliche Ausreden durch, doch jede klang scheinheilig, dass er auch gleich mit der Wahrheit rausrücken konnte. Rasch und ohne weiter nachzudenken griff er nach dem Hörer und wählte ihre Nummer ins Tastenfeld. Das Wählzeichen war zu hören und mit jedem weiteren Tuten wurde ihm flauer im Magen. Lange Zeit erwiderte niemand seinen Anruf und er ließ es einfach klingeln, heilfroh darüber, dass Tenten keinen Anrufbeantworter besaß. „Hallo?“, meldete sich jemand, nach einer gefühlten Ewigkeit, am Telefon. Neji wusste direkt, dass es Tenten war. Natürlich konnte sie es auch nur sein, immerhin wohnte sie alleine. Doch sie klang ungewöhnlich erledigt, sie hatte sicher bis vor einer Sekunde noch geschlafen. „Hier ist Neji“, meldete er sich nur, ohne ihr eine Begrüßung zu geben. Sie schien überrascht, denn sie hielt kurz inne. In ihrer Stimme hörte er Verwunderung. „Was ist?“ „Ich wollte nur wissen, wie es dir geht“, sagte er schnell und nachdem er dies ausgesprochen hatte, klang es noch dämlicher. Aber dies war nun einmal die Wahrheit. Egal, wie bitter sie doch war. „Gut“, sagte sie knapp. „Mir geht es gut. Aber du rufst doch nicht bloß an, um dich nach meinem Wohlbefinden zu erkundigen. Was ist los, Neji?“ Er zögerte, doch ihm war schnell klar, dass er Tenten die Wahrheit sagen musste. Lügen brachten nichts. „Du warst heute sehr geistesabwesend. Ist alles in Ordnung?“ „Ja“, sagte sie am anderen Ende der Leitung. „Es ist nichts.“ „Du kannst es mir ruhig sagen“, beharrte er weiter. Eigentlich ein untypisches Verhalten von ihm, doch er sorgte sich wirklich und er wollte sich nicht länger Gedanken um sie machen müssen. „Es ist nichts“, beharrte sie sich weiter drauf. „Ich stehe momentan nur etwas neben mir, das ist alles. Kein Grund zur Sorge.“ „Ich mache mir keine Sorgen“, log Neji, nur um nicht ganz seine eigene Schwäche zugeben zu müssen. „Sonst hättest du nicht angerufen.“ Er schwieg. Sie hatte Recht, natürlich hatte sie recht, doch er konnte es ihr einfach nicht sagen. „Ich will nur nicht, dass du dem Team schadest.“ Nur war sie diejenige die schwieg. Er wusste nicht direkt, ob er sie verletzt hatte oder sie einfach nicht wusste was sie sagen sollte. Augenblicklich fing sie sich wieder. „Ich werde mich zusammen reißen.“ Ohne auf eine Antwort zu warten oder sich zu verabschieden legte sie auf. --- Wütend knallte Tenten den Hörer auf die Gabel. War Neji wirklich nur das Wohl des Teams wichtig? Für einen Moment dachte sie, dass es ihm wirklich um ihr eigenes Wohl ging, doch da hatte sie sich scheinbar geirrt. Jetzt war es amtlich. Ihre Trägheit war an die Außenwelt geraten und sie musste schleunigst etwas unternehmen, dass niemand sonst dies bemerkte. Hektisch sah sie sich um und seufzte schwer. In ihrer Wohnung war ein ernsthaftes Chaos ausgebrochen und sie hatte weder die Lust, noch die Kraft dies zu beseitigen, auch wenn sie es sich jeden Tag vornahm. Plötzlich fiel ihr etwas ein. Es gab nur ein Hilfsmittel, das gegen Müdigkeit half. Koffein. Doch sie mochte keinen Kaffee und ein Freund von koffeinhaltiger Cola war sie auch nicht. Sie ging ins Bad und sah in den Medikamentenschrank, den sie nach ihrem Einzug noch nie in Augenschein genommen hatte. Ihre Mutter hatte sie mit allen möglichen Medikamenten eingedeckt, auch Koffeintabletten waren dabei. Sie nahm die kleine, weiße Dose aus dem Schrank und las das Etikett: Koffeinum hilft bei Kopfschmerzen und Kraftlosigkeit, da es eine kurzzeitige Beseitigung von Ermüdungserscheinungen bewirkt. Tenten war überrascht, genau das Richtige. Die Tablette konnte ihr sicher helfen, um die Kraft zu finden den Haushalt zu erledigen. Mit dem Döschen in der Hand ging sie in die Küche und setzte sich an den Küchentisch. Die Dose hatte keine Kindersicherung und ließ sich deswegen leicht aufschrauben. Sie hatte ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, griff sich aber eine der kleinen Tablette und drehte sie vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger. Die Koffeintablette wirkte unauffällig, sie war weiß und hatte eine Kreuzbruchrille. Sie sah aus, wie eine von vielen. Tenten warf sich das Medikament auf die Zunge und schluckte es ohne Wasser direkt runter. Es hatte keinen Sinn sich Gedanken zu machen, immerhin war es bloß Koffein. Die Tablette schmeckte ungewöhnlich bitter und sie war für Tenten fast etwas zu groß zum runterschlucken, doch es gelang ihr. Sie mochte es schon als Kind nicht Tabletten einnehmen zu müssen. Erst merkte sie nichts, hatte bloß bereits durch die Vorfreude einen gewissen Wachheitsschub bekommen. Sie stand auf, ging zum Waschbecken und trank einen Schluck Leitungswasser. „Auf in den Kampf“, sagte sie, klatschte einmal energisch in die Hände und machte sich daran, die Berge von Wäsche zu ordnen. --- Neji sah auf der Kante seines Bettes und ihm war ganz und gar nicht wohl zumute. Er hatte Tenten noch nie so gereizt erlebt. Ihr ging es scheinbar wirklich nicht gut und er wollte ihr helfen, egal wie. Da er nicht bis morgen früh warten wollte und konnte, griff er erneut zum Telefon und wählte ihre Nummer. Doch er drückte nicht auf den grünen Knopf, sondern zögerte. War es wirklich ratsam sie erneut zu stören? Er wollte sie nicht nerven und vielleicht hatte sie ja wirklich zu tun. Dass sie etwas plagte, merkte er und er hatte die Befürchtung, dass sie zu irgendwelchen Mitteln greifen würde, um ihre Emotionen zu unterdrücken. Tenten nimmt keine Drogen, dachte er wütend über sich selbst und schüttelte den Kopf. Doch er konnte es nicht ausschließen. Es war nicht das erste Mal, dass ein Ninja aus Überforderung zu Drogen griff. Er kannte zwar niemand persönlich, der Drogen nahm, da es ein Tabuthema war, doch er konnte sich vorstellen, dass einige es taten. Ohne zu zögern drückte er den grünen Knopf auf dem Telefonhörer und die Verbindung wurde aufgebaut. Es klingelte nur einmal, bevor der Hörer abgenommen wurde. „Hallo?“, rief Tenten förmlich ins Telefon. „Tenten, ich bin es“, sagte er und hoffte, dass sie seine Stimme erkannte. „Neji? Werden deine Anrufe zu einer Gewohnheit?“ „Nein, ich wollte mich bloß entschuldigen.“ „Für was?“, fragte Tenten am anderen Ende der Leitung und war etwas beschwingter als sonst. „Was ist mit dir los?“, fragte Neji. Seine Stimme klang kritisch und misstrauisch. „Nichts“, sagte sie schnell. „Bist du sicher, Tenten?“ „Ja.“ „Hast du etwas eingenommen?“ Treffer ins Schwarze, auch wenn sich Neji dessen nicht bewusst war. „Nein“, log sie und schwieg. Ein Nein genügte ihm momentan, auch wenn er ihr nicht wirklich glaubte. „Warum?“ „Du wirkst etwas aufgeweckt“, sagte Neji und schwieg ebenfalls, da er auf ihre Reaktion wartete. „Komm doch einfach vorbei und überzeug dich vom Gegenteil“, sagte sie rasch, ohne scheinbar nachzudenken. „In Ordnung. Bis gleich.“ --- Er legte auf und das metallische Klicken ließ sie zusammenzucken. Was habe ich bloß getan, dachte sie verbittert, war wütend auf sich selbst und knallte den Hörer auf die Gabel. Sie hatte nicht nachgedacht und ihr loses Mundwerk, das sie aufgrund der Tablette hatte, hatte sie in Schwierigkeiten gebracht. Nein, sie war selbst schuld. Sie konnte nicht dem Koffein die Schuld geben. Rasch schüttelte sie den Kopf und verwarf die Schuldfrage. Sie musste wieder normal werden, nicht mehr so aufgedreht sein und für Neji einen normalen Eindruck hinterlassen, immerhin hatte sie ihn angelogen und sie wollte nicht, dass diese Lüge ans Licht kam. Doch wieso hatte er eigentlich ein zweites Mal bei ihr angerufen? Sie dachte kurz nach, fand aber keine Antwort. Kurze Zeit später klingelte es an der Tür und Tenten hatte schon fast wieder vergessen, dass Neji vorbeikommen wollte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihre Einladung ernsthaft annehmen würde und es machte sie nervös, dass er sie in diesem Zustand sehen würde. Doch warum machte sie sich solche Gedanken? Sie hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen, sie war nur etwas rastloser als sonst, da sie eine harmlose Koffeintablette genommen hatte. Kein Grund zur Panik. Wenn Menschen Kopfschmerzen hatten, nahmen sie auch eine Tablette. Warum durfte sie nichts gegen ihre Müdigkeit einnehmen? Es ist ja nicht schädlich, dachte sie verbissen, obwohl sie dies nicht mit genauer Wahrscheinlichkeit sagen konnte. Mit einem unwohlen Gefühl öffnete sie die Tür. „Störe ich dich?“, fragte er direkt zur Begrüßung. „Nein“, log sie und musste aufpassen nicht genervt zu klingen, denn ihre Emotionen waren aufgrund der Tablette etwas überempfindlich. „Ich räume gerade bloß etwas auf.“ „Du klangst seltsam am Telefon. Ist alles in Ordnung?“ Tenten musterte sein Gesicht und musste unweigerlich feststellen, dass Neji besorgt aussah. „Ja, alles in Ordnung, hab ich dir doch schon am Telefon gesagt.“ „Kann ich rein kommen?“ Sie zögerte. Zwar hatte sie etwas Ordnung schaffen können, doch ihre Wohnung war noch lange nicht wieder für Fremde Augen bestimmt. „Ja“, sagte sie gedehnt und ließ ihn eintreten. „Entschuldige bitte das Chaos. Ich war, wie gesagt, gerade beim aufräumen.“ Zu ihrer Überraschung musterte Neji nicht die Unordnung, sondern die zugezogenen Vorhänge. „Stört dich das Sonnenlicht?“ „Nein“, sagte sie schnell. „Ich habe sie bloß nicht aufgezogen.“ „Warum nicht?“ „Weil –“ Sie stockte. Unmöglich konnte sie sagen, dass sie zu träge war die Vorhänge jeden Morgen und Abend auf- und zuzuziehen. „Ich hatte noch keine Zeit.“ Neji trat zu den Vorhängen, zog sie auf und öffnete ein Fenster. Sonnenstrahlen fluteten durch das Zimmer, ließen es auf Anhieb freundlicher wirken und frische, angenehme Luft strömte in den Raum. „Besser“, sagte Tenten und setzte sich auf das Sofa. „Aber wie du siehst, geht es mir gut.“ Neji setzte sich neben sie und sah zu ihr. „Ich wollte mich entschuldigen.“ „Entschuldigen?“, fragte sie irritiert und versuchte stark zu wirken, doch dann senkte sie den Kopf. „Wofür?“ „Das ich so herablassend gesagt habe, dass du dem Team mit deiner Trägheit Schaden würdest.“ Sie hob den Kopf und wich seinem Blick aus. „Ich fühle mich einfach momentan schlecht, völlig leblos.“ Neji nickte und hörte ihr zu. Scheinbar war es dennoch nicht so dramatisch wie sie dachte. „Ich kenne dieses Gefühl der Lustlosigkeit“, sagte er langsam. Überrascht presste sie die Lippen aufeinander. „Ich kenne es, wenn man seiner eigenen Trägheit nachgeben muss und sich wirklich überwinden muss, etwas Sinnvolles zu tun“, sprach er weiter, senkte den Blick und musterte seine Hände. „Doch ich reiß mich jedes Mal zusammen, versuchte mir nichts anmerken zu lassen.“ „Aber du wirkst immer so voller Geisteskraft“, sagte Tenten langsam und verstand, dass sie im Grunde nichts von ihm wusste. „Ich spielte immer den Willensstarken, der ich in Wahrheit gar nicht bin.“ „Du machst dir damit doch selbst etwas vor“, sagte sie zögernd und sah ebenfalls auf seine Hände. „Manchmal muss ich mit mir kämpfen, um das zu erreichen, was ich wirklich möchte. Und sobald ich mein Ziel erreicht habe, bin ich froh darüber, dass ich meiner Trägheit nicht nachgegeben habe. Ich versuche stark zu sein, um glücklich zu werden.“ Tenten sah nachdenklich zum Fenster. Hatte Neji etwa Recht indem was er sagte? Sie war sich nicht sicher und wollte seine Worte eigentlich nicht in Frage stellen, doch es klag so absurd. Neji war nicht der Typ dafür, der nichts mit sich anfangen zu wusste. Er steckte doch voller Tatendrang und Energie, anders als sie selbst. Eine frische Brise schlich sich in das Zimmer und spielte sich um die Vorhänge am Fenster. Tenten wollte schon aufstehen, um das Fenster zu schließen, doch sie tat es nicht. Vielleicht brauchte sie einfach diese starken Lufthauch um einen klaren Kopf zu bekommen, auch wenn es etwas kühl war. „Ich denke, ich sollte nun gehen“, sagte Neji leise. Sie sah wieder zu ihm und nickte langsam. Ob er wirklich gehen musste oder ob ihm die Situation unangenehm war, wusste sie nicht. Ich muss ihm danken, dachte sie und überlegte fieberhaft wie sie dies anstellen sollte. „Danke“, sagte er zu ihrer Überraschung und stand auf. „Wofür?“, fragte sie irritiert, stand ebenfalls auf und wagte es nicht in seine Augen zu schauen. „Das du offen zu mir warst. Ich hoffe, ich konnte dir helfen.“ Sie nickte eifrig. „Ja, danke.“ Weswegen sich Neji für ihre angebliche Offenheit bedanke, war fraglich, immerhin hatte sie ihm nicht ihr komplettes Herz ausgeschüttet. „Ich finde den Weg schon alleine“, sagte Neji und ging zur Tür. „Bis morgen.“ „Ja.“ Sie blieb auf ihrem Fleck stehen, sah ihm nach und musste lächeln. „Tschüss.“ Ihr war momentan zwar nicht klar, ob Nejis Worte ihr wirklich helfen würden, doch es tat gut zu wissen, dass sie nicht alleine auf der Welt war und dass selbst Neji manchmal mit sich zu kämpfen hatte, aber im Grunde nie aufgab und bis heute stets aus dem Kampf mit sich selbst als Sieger hervorgetreten war. Langsam ging sie zum Fenster und sah rauf in den Himmel. Der Regen hatte aufgehört und obwohl die Tropfen permanent auf die Blätter eingeprasselt waren, waren sie noch heile. Sie brauchte keine Tabletten um die Kraft zu finden die sie brauchte. Sie konnte dies auch aus eigener Willensstärke schaffen, es war alles nur eine Frage der Einstellung. Nach dem Gespräch mit Neji nahm sie nie wieder eine Koffeintablette um sich künstlich wach zu bekommen, denn sie hat eingesehen, dass sie nur sich selbst damit belügen würde und ihrem Körper auf Dauer damit schaden würde. Noch wusste sie nicht, wann der Tag kommen würde, an dem sie voller Elan morgens aufstehen konnte und mit Optimismus in die Zukunft sehen konnte. Doch eins wusste Tenten: Irgendwann würde dieser Tag kommen würde, an dem sie ihre eigene Trägheit besiegen konnte. Eines Tages würde sie die Beständigkeit eines Blattes besitzen, aus eigener Lebenskraft. Da war sie sich sicher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)