kyoosha - learning by doing von ivy-company (AoixKanon) ================================================================================ Kapitel 8: Wie man sich einen Kaffee verdient --------------------------------------------- „Will mir vielleicht jemand erklären was hier los ist?“ Der Gitarrist sah Kanon fragend an, doch zum Erstaunen beider war es Reita, der darauf antwortete. „Wir sind auf der Flucht.“ „Was? Vor wem?“ „Vor der Security“, informierte der Jüngste Aoi, woraufhin der Blonde ihn direkt wieder verbesserte. „Quatsch. Doch nicht vor der! Vor Kai und Nao!“ „Ihr seid auf der Flucht vor Kai?!“ Panisch blickte der Gitarrist sich um und ließ sich ohne eine weitere Beschwerde mitziehen. Die Flüchtlinge bogen um die nächste Ecke, wo Reita die beiden auch wieder losließ. „Haben wir sie abgehängt?“, wollte Aoi sofort nervös wissen. Kanon nahm sich vor, ihm noch zu erklären, dass Nao und Kai sie jetzt nicht direkt verfolgt hatten. Auch der Blonde schien wieder entspannter dadurch, dass er einige Distanz zwischen sich und den Laden mit den grellen Klamotten gebracht hatte. So zuckte er auf die Frage seines Freundes nur mit den Schultern. „Egal. Ich hol mir jetzt erst mal einen Kaffee.“ „Was?! Ich dachte wir sind auf der Flucht und du holst dir jetzt nen Kaffee?“, fragte Aoi mit einem gehetzten Gesichtsausdruck. „Ich musste mich gerade eine gefühlte Ewigkeit lang von Nao quälen lassen. Ich verdiene einen Kaffee!“ Kanon glaubte sich bei Reitas Worten verhört zu haben. „Du standest doch die ganze Zeit nur herum und hast gemeckert. Wenn, dann verdiene ICH einen Kaffee! Schließlich musste ich mir diese ganzen schlimmen Outfits anziehen.“ „Ja, aber da zuzusehen hat mich schon genug gequält!“ „Wow, danke für das Kompliment!“ Kanon funkelte den Blonden böse an. Seine Nerven lagen so schon blank, doch Reita wusste wirklich wie man jemanden zur Weißglut trieb. „Ich versteh immer noch nicht, was los ist!“, mischte sich Aoi wieder frustriert ein. Während Reita nur die Augen verdrehte und ohne ein weiteres Wort ging – wahrscheinlich um sich seinen „wohlverdienten“ Kaffee zu besorgen – begann Kanon Aoi auf den neusten Stand zu bringen. Nach ein paar Minuten kam Reita wieder mit zwei Bechern zurück, von denen er einen kommentarlos Kanon überreichte. Dieser war dann doch etwas verwundert, nahm den Kaffee aber mit einem „Danke“ an. Vielleicht half es doch, wenn er dem Blonden ab und zu mal seine Meinung sagte. Aoi hingegen starrte sein Bandmitglied an als würde er sagen wollen „Danke, dass du mich mal wieder eiskalt ignorierst“, verkniff sich aber den Kommentar. Ob der Ältere wohl auch einen Kaffee verdient hatte? Wer wusste, wie lange er schon in der Stadt war und… was auch immer gemacht hatte? „Willst du n Schluck?“, fragte Kanon deshalb und hielt ihm den Plastikbecher entgegen. Aois Ausdruck änderte sich von einer Sekunde auf die nächste, sodass er den Jüngeren jetzt überrascht ansah, dann aber lächelnd den Kopf schüttelte. „Ich hab noch nicht draus getrunken“, wandte Kanon ein. Vielleicht wollte er ja auch einfach nicht aus demselben Becher trinken, aus dem der Bassist vorher getrunken hatte. „Nein, darum geht’s nicht.“ Aoi lachte amüsiert. „Schon okay. Ist deiner.“ Unschlüssig zog der Dunkelhaarige den Becher wieder weg und trank selbst einen Schluck. „Und? Habt ihr schon was gefunden?“ Der Gitarrist blickte neugierig auf die Tüte in Kanons Hand. „Ne Hose für den Kleinen. Und wir waren auf dem besten Weg, auch noch mehr zu finden, bis wir auf den Kerl mit dem supermodischen“ – man hörte die Ironie deutlich heraus – „Kleidungsstil gestoßen sind.“ „Nao?“, fragte Aoi sofort, was Kanon zum Lachen brachte. Naos Freizeitkleidung war wohl ein allgemein bekanntes Phänomen. „Genau“, bestätigte Reita noch, bevor er den letzten Schluck Kaffee trank, was bei ihm wohl bedeutete, dass die Pause damit beendet war. „So. Und jetzt suchen wir weiter. Und wenn jemand Nao oder Kai sieht, dann sagt er mir sofort Bescheid!“ Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sich der Blonde um und machte sich auf den Weg durch die Menge. Kanon schüttete den Kaffee noch runter und machte dann, dass er hinterherkam. Dass Aoi jetzt Teil der Gruppe war, schien beschlossene Sache zu sein. Naja, stören würde es den Jüngsten sicher nicht. Keine fünf Minuten später hatte Reita sie schon in das nächste Geschäft gezerrt und stand jetzt etwas unschlüssig zwischen den Regalen. „Und jetzt?“, fragte Aoi genervt, nachdem der Blonde sie eine Minute lang angeschwiegen hatte. „Hmmm…“ Aoi rollte die Augen. Was für eine informative Antwort! Kanon grinste währenddessen in sich hinein. Anscheinend wusste der andere Bassist einfach nicht mehr, in was für ein Outfit er ihn stecken solle. Kanon wusste zwar, dass Reita oft keine Ahnung hatte, was er tat, aber er zeigte es selten so offen wie in diesem Moment. Ein unschlüssiger Reita war schon ein lustiger Anblick! Allerdings verging Kanon die gute Laune sofort wieder, als der Blonde sich mit einem diabolischen Grinsen an ihn wendete. „Wie wär’s mit einem hübschen Kleid?“ „Bitte was?“ Der Schwarzhaarige hoffte sich verhört zu haben, doch bei Reitas hämischem Gesichtsausdruck verging ihm diese Hoffnung. „Stell dich nicht so an! Du hattest schon Kleider an! Ich hab Fotos davon gesehen. Echt niedlich.“ „Ich kauf mir doch kein Kleid! Das waren nur Ausnahmen!!“ „Das heißt nicht, dass wir daraus nicht eine neue Gewohnheit machen können.“ Kanon überlegte sich gerade mit welchen Gegenständen in seiner Umgebung er Reita am besten erschlagen konnte, um ihm sein blödes Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, als Aoi sich wieder einmischte. „Ok. Genug jetzt. Reita du hattest deine Chance. Jetzt bin ich dran.“ Der Blonde zog eine Augenbraue in die Höhe. „Und wieso?“ „Weil ich mich mit shoppen viel besser auskenne als du.“ Der Bassist zuckte daraufhin nur mit den Schultern. Entweder sein Kollege hatte ihn tatsächlich überzeugt oder er hatte wirklich keine Idee mehr, in was für Klamotten er Kanon stecken wollte. Aoi sah das Schweigen jedenfalls als Triumph an und stellte sich jetzt neben Reita und somit Kanon gegenüber. Nervös begann dieser auf seinem Piercing zu kauen. Er wusste nicht, ob er wirklich erfreut darüber war, dass Aoi ihm jetzt Sachen aussuchen wollte. Anders als bei Reita fühlte er sich immer schrecklich eigenartig, wenn der Gitarrist ihn lange ansah. Vielleicht weil er es von dem Blonden durch den Bassunterricht schon gewöhnt war. Immerhin war es ihm bei diesem anfangs auch unangenehm gewesen. Ja, er musste sich nur daran gewöhnen, dass Aoi ihn so ansah. Das würde im Laufe des Tages sicher besser werden. „Am besten wärs, wenn du erstmal deine neue Hose anziehst. Dann können wir da was Passendes dazu suchen“, meinte der Älteste und nickte anschließend zur Bestätigung. „Und wir können auch gleich entscheiden, ob Reita die gut ausgesucht hat oder ob wir sie gleich wieder umtauschen gehen“, schickte er noch leise hinterher, was ihm einen Stoß von Reitas Ellbogen in seine Rippen einbrachte. Kanon konnte nicht anders als zu grinsen. „Also… dann geh ich mich mal umziehen.“ Gemütlich schlenderte er in Richtung Umkleide. Vor ein paar Minuten noch hatte er gehofft, sie würden schnell etwas Passendes zum Anziehen finden und er konnte den Abend gemütlich zu Hause verbringen. Jetzt aber fiel ihm auf, dass es ihm eigentlich gar nicht so viel ausmachte, hier zu sein. Zu Hause konnte er immer rumsitzen, aber mit Aoi Shoppen konnte er nicht jeden Tag. Und mit Reita natürlich. Nachdem er die Hose angezogen hatte, betrachtete er sich im Spiegel. Sah das gut aus? Ob Aoi sie wohl zurückgeben wollte? Oder ob sie ihm gefiel? Unschlüssig stand er vor seinem Spiegelbild. Und jetzt? „Jetzt komm da raus! Oder wie lang brauchst du?“, wurde ihm sofort auf seine mentale Frage geantwortet. Allerdings ziemlich harsch, sodass er sich gar nicht erst überlegen musste, wer da mit ihm sprach. Noch einmal tief durchatmend schob er den Vorhang zu Seite. Was stellte er sich eigentlich so an? Sie hatten die Hose doch sogar schon gekauft! Reita hatte sie als gut empfunden und er selbst hätte sie ja sicher nicht genommen, wenn sie ihm nicht gefallen hätte. Trotzdem war es ein seltsames Gefühl, von Aoi jetzt von oben bis unten gemustert zu werden. Es schienen unendlich lange Minuten zu vergehen, bis der Schwarzhaarige endlich nickte. „Gefällt mir!“ Kanon hörte den Stein von seinem Herzen fallen. Nur, um sich einen Augenblick später wieder selbst zur Ordnung zu rufen. Wieso fiel ihm denn jetzt ein Stein vom Herzen? Weil er jetzt nicht zurück zu dem Laden rennen musste, in dem sie die Hose gekauft haben? Wahrscheinlich lag es daran, ja. Auch Reita schien sich über Aois Urteil zu freuen. „Ich sag dir doch immer, ich hab Geschmack. Die Hose ist spitze!“ Der Gitarrist verdrehte bei diesem Eigenlob nur genervt die Augen. „Jetzt übertreib mal nicht gleich.“ „Übertreiben? Kleiner, dreh dich mal um.“ Kanon brauchte einen Moment um zu verstehen, dass er gemeint war. War das jetzt Reitas Ernst? Dem auffordernden Blick nach zu urteilen schon. Seufzend drehte der Jüngste den anderen seinen Rücken zu und fragte sich, wie das Aoi jetzt von ihrem Einkauf überzeugen sollte. Kanon war froh, dass seine Begleiter sein Gesicht nicht sehen konnten, als ein anerkennender Pfiff hinter ihm erschallte. Und er war sich ziemlich sicher, dass der Pfiff nicht von Reita kam. „Die Hose IST spitze.“ Kanons Gesicht wurde noch etwas röter, als er Aois faszinierte Stimme hörte. „Die sitzt echt toll!“ Der Schwarzhaarige konnte förmlich den Blick des Gitarristen auf sich spüren und es machte ihn mehr als nur nervös. „Ich habs doch gesagt“, warf Reita dann noch ein. „Vielleicht sollte er sich mal bücken?“ Ok, das reichte Kanon jetzt wirklich! Er war doch keine Schaufensterpuppe, die man einfach so ohne Schamgefühl anstarren konnte! Ohne auf eine Aufforderung zu warten, drehte er sich wieder um. Die beiden hatten jetzt wirklich lang genug seine Rückseite betrachtet! Vorwurfsvoll sah er Reita an, der ihn dazu gebracht hatte, sich umzudrehen. Dieser machte sich aber gar nichts daraus, sondern schenkte ihm nur ein Grinsen, weshalb er auch schnell wieder auf den Boden guckte. Aois Blick wollte er gar nicht sehen. Es war ihm irgendwie peinlich. Jetzt, nachdem der Ältere so anerkennend seine Kehrseite beurteilt hatte. „Jetzt sucht mir schon was zum Anziehen raus!“, murrte der Bassist vor sich hin, um sich abzulenken. Die Wangen knallrot. Bestimmt. So fühlte er sich zumindest. Kanon bekam noch mit, wie Aoi die Hände in die Hosentaschen steckte und davon schlenderte, bevor er sich endlich wieder getraute, aufzusehen. Reita hatte sich allerdings immer noch nicht auf den Weg nach Klamotten gemacht – oder er überließ diese Sache jetzt wirklich ganz dem anderen -, sondern grinste ihn weiter an. „Was?“, fuhr Kanon den Blonden leicht gereizt an. Dabei wusste er aber, dass ihn seine rot angelaufenen Wangen nicht so ernsthaft und glaubwürdig aussehen ließen wie er es gern hätte. Aber dieses überhebliche Grinsen würde ihn eines Tages sicher noch in den Wahnsinn treiben. Und jetzt hielt es der andere noch nicht mal für nötig, ihm zu antworten! Wie sollte das denn weitergehen? Ein paar Sekunden lang starrten sie sich noch an, bis Aoi die zu knistern beginnende Atmosphäre auflöste. „Hab ich was verpasst?“ „Nein“, knurrte Kanon nur, Reita dabei nicht aus den Augen lassend, und verschwand mit den Klamotten, die er Aoi aus der Hand genommen hatte, in der Umkleide. Dort atmete er erstmal tief durch. Schön. Jetzt hatte er auch noch Aoi angefahren, nur wegen Reitas Überheblichkeit. Nur weil er selbst diese nicht einfach ignorieren konnte. Aber was sollte er auch machen, wenn der andere Bassist so grinste, als wüsste er etwas, was alle anderen nicht wussten. Viel zu schnell hatte er sich umgezogen. Viel zu schnell musste er wieder raus und sich vor den anderen beiden präsentieren. Dabei wollte er sich doch erstmal beruhigen! Die Wut auf Reitas Überheblichkeit war mittlerweile Unbehagen darüber, dass er Aoi angefahren hatte, gewichen. Zögernd verließ er die Kabine, wo er sich auch direkt dem Auslöser seines mulmigen Gefühls konfrontiert sah. Vor ihm stand der Gitarrist und lächelte mit seiner freundlichen und liebevollen Art an, die Kanon in den letzten paar Tagen schon so oft genießen durfte. Vielleicht hatte er seinen kleinen Gefühlsausbruch gar nicht so richtig registriert? Möglich wäre es. Schließlich fehlte dem Älteren auch Reita gegenüber manchmal das Taktgefühl. Wieso sollte er dann auch alle Stimmungsschwankungen von Kanon mitbekommen? Dem Bassisten fiel bei dieser Überlegung ein Stein vom Herzen und er mühte sich sogar ein kleines Lächeln ab, das sein Gegenüber mit einem noch breiteren Strahlen beantwortete. „Sieht gut aus! Allerdings solltest du das Oberteil etwas weiter runterziehen.“ Gerade hatte es Kanon mit Mühe und Not geschafft bei dem Kompliment des Älteren nicht schon wieder rot anzulaufen, da stand dieser schon neben ihm und begann sein Oberteil zurecht zu ziehen. Erneut merkte er wie ihm die Hitze zu Kopf stieg. Das war so langsam ja nicht mehr normal, so oft wie er anlief! Es wurde wirklich Zeit, dass Reitas Training anschlug! „Ähm… wo ist eigentlich Reita?“ Kanon hörte in seiner eigenen Stimme die Nervosität, aber vielleicht brachte ihn ein Gespräch ja auf andere Gedanken, während Aoi an seinem Oberteil nestelte. „Ich hab ihn mit ein paar einfachen Anweisungen losgeschickt. Deiner Stimmung nach zu urteilen, brauchtest du mal eine Pause von ihm.“ Kanon schluckte. Also hatte es der andere doch bemerkt. „Ich mag’s nicht, so eindringlich gemustert zu werden“, gab der Jüngere peinlich berührt zu, was Aoi nur auflachen ließ. „Wie kann man nur so toll aussehen und gleichzeitig so schüchtern sein?“ Kanon war froh, dass es sich hier nur um eine rhetorische Frage handelte und der Ältere keine Antwort von ihm verlangte. Er hätte nicht gewusst, was er darauf hätte sagen sollen. Zu allem Überfluss war Aoi dazu übergegangen, ihm behutsam über den Oberkörper zu fahren. Natürlich nur um den Stoff glatt zu streichen. Trotzdem ein Gefühl, dass den Jüngeren irgendwie überforderte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)