Kryptonit von Ur (Jeder Held hat eine Schwäche) ================================================================================ Kapitel 7: Bilder ----------------- Und da ist schon das nächste. Die beiden machen einfach so viel Spaß. Hier haben wir mal wieder meinen Tick, den Zimmern von meinen Charakteren irgendwelche Bedeutungen zuzumessen. Zimmer sind klasse. Ich liebe es, das erste Mal in ein Zimmer zu kommen und mich umzusehen. Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefällt und wünsche euch viel Spaß beim Lesen! Liebe Grüße :) _______________________________ »Sag mal Anjo, was würdest du davon halten, mit Christian zu trainieren?« Ich starre sie über den Salat hinweg an, den ich mir gerade auftun wollte. Ein Maiskorn fällt auf meinen Teller und bleibt einsam darauf liegen. »Trainieren? Ich? Meinst du… redest du etwa vom Boxen?«, stammele ich völlig von der Rolle. Um Himmels Willen, wie kommt sie denn auf diese Idee? Ich rette sogar Regenwürmer vom Fußweg in den nächsten Busch. Als könnte ich jemals einen Menschen schlagen… »Kickboxen«, verbessert Christian mich automatisch. »Noch schlimmer«, klage ich. Er lacht und bufft mich gleichzeitig leicht mit der Schulter von der Seite an. »Was soll das denn heißen?« »Na, nicht nur boxen, sondern auch noch treten!«, gebe ich zurück und schaffe es endlich, mir meinen Salat auf den Teller zu tun. Sina legt ein Schnitzel daneben und häuft Ofenkartoffeln und Quark dazu. Ich sehe kaum hin, ehe ich erkenne, was für eine Riesenportion sie mir aufgetan hat. »Das kann ich doch nicht alles essen«, sage ich und muss lachen. Sina feixt mir zu. »Du siehst so schwach aus. Was du nicht essen kannst, lässt du halt liegen«, meint sie und sticht mit ihrer Gabel in eine Kartoffel, als wollte diese vor ihr fliehen. »Hab ich dich«, sagt sie sehnsüchtig, tunkt die Kartoffel in den Quark und schiebt sich beides in den Mund. Christian und ich beobachten, wie sie sich Luft zufächelt, weil die Kartoffel so heiß ist. »Da bist du wieder mal zu gierig«, stichelt er und grinst sie breit an, »wie mit den Männern.« Ich tue so, als hätte ich diese Bemerkung nicht gehört und schiebe mir ein wenig Salat in den Mund. Er schmeckt wirklich sehr gut und ich fange an, mein Schnitzel zu schneiden. »Du hast mir gar nichts zu sagen, wenn es um Männer geht«, gibt Sina zurück, als sie die Kartoffel endlich geschluckt und mit Saft nachgespült hat, weil es so heiß ist. »Entschuldige mal, ich habe nicht so einen Verschleiß wie du und schon gar nicht jedes Mal nur für eine Nacht!« Das Thema macht mich einerseits extrem verlegen anderseits spüre ich einen kleinen Stich irgendwo in der Brustgegend. Mir ist klar, dass Christian nicht enthaltsam lebt und wahrscheinlich jeden haben kann… aber es so zu hören ist noch mal etwas anderes, als es sich nur im Stillen zu denken. Ich rechne mir im Leben keine Chancen aus. Aber ich kann auch nicht leugnen, dass mein Herz vorhin beinahe explodiert wäre, als Christian gesagt hat, ich sei niedlich. Um genau zu sein, fängt es schon wieder an wie verrückt zu pochen, wenn ich daran denke. Und wie er mir durch die Haare gewuschelt hat… Und wenn er mich anlächelt, hab ich das Gefühl, ich würde gleich vom Boden abheben. Sollte man in einen Menschen verknallt sein, der nicht nur sechs Jahre älter ist als man selber, sondern auch noch unerreichbar? Und ich kenne ihn ja eigentlich gar nicht. Aber es hat einfach eingeschlagen wie ein Blitz, wie in diesen Filmen und Comics, wenn der Mann oder die Frau der Träume den Raum betritt und plötzlich alles um einen herum stehen bleibt. Es ist wirklich kitschig. Aber es fühlt sich ganz wunderbar an. Während die beiden sich streiten, driften meine Gedanken zu unmöglichen Szenarien ab, in denen Christian meine Hand hält und mich anlächelt und nur mich ansieht. Und sich für keinen anderen interessiert… Unweigerlich werfe ich einen Blick hinüber zu seinem Mund und ich versuche mir vorzustellen, wie es wäre, von diesen Lippen geküsst zu werden. Es wäre wirklich das Allerbeste, meinen ersten Kuss von Christian zu bekommen. »Anjo? Weilst du noch unter uns?«, erkundigt sich Sina. Ich schrecke auf, ein Stück Schnitzel auf halbem Weg zu meinem Mund und räuspere mich verlegen. »Ja. Entschuldige. Ich war… in Gedanken«, sage ich kleinlaut und schiebe mir das Stück Schnitzel endlich in den Mund. »Das hat man gesehen«, meint sie amüsiert, »also, was sagst du zu der Idee? So was macht selbstbewusster. Und du lernst, wie du dich selbst verteidigen kannst. Christian ist ein toller Trainer.« »Und das aus deinem Munde. Du warst die mieseste Schülerin, die ich je hatte!« Sina schnaubt verächtlich und genehmigt sich noch eine Kartoffel mit Quark. »Entschuldige mal, mein Lieber. Ich hatte nur keine Lust, deine Kickboxregeln einzuhalten. Wenn ein Kerl mich wirklich bedrängt, dann geht der erste Tritt in die Eier. Ob das nun unter der Gürtellinie liegt oder nicht.« »Ich wäre sicher noch miserabler als du«, versichere ich Sina. »Ich glaub nicht. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass du lernfähiger bist«, meint Christian schmunzelnd. »Ich werd dich natürlich nicht zwingen. Wir würden das auch unter uns machen. Ohne die anderen Jungs, die ich sonst trainiere…« Mein Kopf kreiselt bei dem Gedanken, ein– oder mehrmals die Woche allein mit Christian zu sein. »Du trainierst noch andere?«, erkundige ich mich, um ein wenig von mir abzulenken. Meine Gedanken drehen gerade völlig durch, ich kann jetzt keine Entscheidungen treffen. »Ja. Hab vor zwei Jahren die Trainerlizenz bekommen. Hauptsächlich sind’s halbstarke Jugendliche, die unangenehm aufgefallen sind und eine Art Antiaggressionsprogramm durchmachen sollen«, erklärt er mir, ehe er sich Salat in den Mund schiebt. Ich bin extrem beeindruckt. Aber gut, ich bin sowieso von allem beeindruckt, was Christian tut, sagt oder denkt. Sofern ich solche Dinge denn weiß. Und ich würde am liebsten alles von ihm wissen. Ob das normal ist, wenn man sich verknallt hat? Ich schaffe tatsächlich beinahe den ganzen Teller, bis auf drei Kartoffeln. Dafür fühle ich mich allerdings, als könnte ich mich keinen Zentimeter mehr bewegen ohne zu platzen. »Das war lecker«, sage ich seufzend. Sina und Christian haben ihren Teller aufgegessen und hängen beide auf ihren Stühlen, als wollten sie auf der Stelle einschlafen. Es ist ein wirkliches schönes Gefühl in Gesellschaft zu essen. Meistens ist mein Vater nicht zu Hause, wenn ich mir Mittag koche, nachdem ich aus der Schule komme. Ich habe immer versucht mir einzureden, dass ich lieber allein bin als in Gesellschaft, aber spätestens seit ich ein bisschen Zeit mit Christian und Sina verbracht habe, weiß ich, dass das nicht stimmt. Ich wäre furchtbar gern öfter in Gesellschaft. Sina ist so unglaublich nett und es macht viel Spaß mich mit ihr über Kunst zu unterhalten. Das kann ich sonst mit niemandem machen. Und Christian… Christians Gegenwart ist einfach unbeschreiblich. Ich könnte stundenlang nur neben ihm sitzen und ihn anstarren. Damit ich irgendwann sein Gesicht auswendig kenne. Während ich so in Gedanken bin, merke ich kaum, wie mein Mund sich bewegt. »Wir können es ja mal probieren… mit dem Boxen.« Christian sieht sehr überrascht aus. Wahrscheinlich hat er erwartet, dass ich ablehne. »Kickboxen«, verbessert er mich erneut. Sina strahlt wie eine explodierte Atombombe. »Wie wunderbar! Dann können wir ja jetzt unsere Führung durch die Wohnung machen!« Sie erhebt sich, stöhnt leise und hält sich den Bauch. »Ihr müsst mich tragen«, jammert sie. Ich muss lachen und Christian zeigt ihr feixend einen Vogel. »Wir können uns ja selber kaum bewegen«, entgegnet er, steht ebenfalls auf und wir verlassen die Küche. Ich wollte eigentlich den Tisch abräumen, aber es scheint so, als wäre Sina ganz wild darauf, mir endlich alle Zimmer zu zeigen. Sie geht durch den Flur und stößt eine Tür auf. »Das ist unser Gästezimmer«, sagt sie und ich linse an ihr vorbei in das kleine, helle Zimmer. Darin stehen ein Bett, eine kleine Kommode und ein ziemlich alt aussehender Schreibtisch. In der Mitte prangt ein voll beladener Wäscheständer. »Du glaubst nicht, wie viel Dreckwäsche Sportler machen«, raunt Sina mir grinsend ins Ohr und kassiert prompt einen entrüsteten Blick von Christian. »Entschuldige mal! Mein Schrank ist bei weitem nicht so voll wie deiner. Und wie oft soll ich voll geschwitzte T-Shirts deiner Meinung nach bitte sehr anziehen?« Sie kabbeln sich ein wenig und ich sehe einfach nur das Zimmer an. Das Fenster geht offenbar nach hinten raus, sodass man in den Hof schauen kann. Zum ersten Mal in meinem Leben stelle ich fest, dass ich kleine Zimmer viel mehr mag als große. Ich hab zu Hause ein ziemlich großes Zimmer. Und ich habe gerade das dunkle Gefühl, dass in meinem Zimmer weniger Persönlichkeit steckt, als in diesem Gästezimmer mit Wäscheständer. Irgendwie ist das deprimierend. »Ich weiß gar nicht, ob ich mein Zimmer überhaupt herzeigen kann«, scherzt Christian, doch Sina geht an seiner Zimmertür vorbei und öffnet erst einmal ihre eigene Tür. »Wow«, entfährt es mir. Sie strahlt. Sinas Zimmer ist sehr ordentlich, sehr hell und viel größer als das Gästezimmer. Und jeder Zentimeter, der früher vielleicht einmal Tapete gewesen sein könnte, ist beklebt. Mit Postern, Bildern, Fotos, Grafiken, Postkarten. Das Zimmer sieht aus wie riesiges Kunstwerk. Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll. Ihre Möbel sind schlicht weiß, ebenso wie die Vorhänge. Der Teppich ist hellgrau. Und alles andere ist knallbunt. »Du hast wohl vor, hier noch lange wohnen zu bleiben, was?«, frage ich und mache zwei Schritte in das Zimmer hinein. Ich entdecke Fotos von ihr und Christian, ein großer, auf Postergröße gedruckter Monet hängt direkt über dem Bett. Bilder, die sie wohl aus Zeitschriften ausgeschnitten hat. »Ja, eigentlich schon. Christian zahlt Miete an mich. Die Wohnung ist gekauft und wird abbezahlt«, sagt Sina lächelnd. Ich werfe ihr einen beeindruckten Blick zu. Sie denkt offenbar, dass es Erklärungsbedarf gibt. »Denk jetzt bitte nicht, dass meine Eltern stinkreich sind und mir alles in den Hintern schieben. Ich habe den Vorschuss von meinen Großeltern bekommen und hab vor dem Studium ein Jahr gearbeitet, um mein Studium selber finanzieren zu können. Mit dem Geld, was ich jetzt verdiene, zahle ich die Wohnung ab. Da geht Chris’ Geld auch hin. Und wenn die Wohnung fertig abbezahlt ist und ich Geld verdiene, mache ich mich daran, den Vorschuss bei meinen Großeltern abzubezahlen«, erklärt sie mir. Es klingt nach einer Menge Arbeit. Ich find es einfach nur unglaublich toll. »Während ihr hier rumsteht… räume ich ein wenig Müll aus meiner Zimmer«, sagt Christian und schon ist er verschwunden. Sina lacht leise. Ich jedoch starre immer noch die Wände an. »Da sind doch bestimmt auch Sachen von dir dabei, oder?«, erkundige ich mich und strecke vorsichtig die Hand aus, um ein Stück der Wandcollage mit den Fingerspitzen zu berühren. »Ja, schon. Das Plakat mit den Fröschen über dem Schreibtisch zum Beispiel. Und die Unterwäschewerbung da hinten neben dem Fenster«, meint sie und deutet auf die Stellen. Ich betrachte so viel wie möglich. »Ich glaube, hier muss ich noch oft reingehen und gucken. Man will ja nichts verpassen«, sage ich. Sina gluckst heiter und legt einen Arm um meine Schultern. »Du bist immer herzlich eingeladen«, meint sie und ihre Stimme klingt wieder einmal sehr zärtlich, als sie mich von der Seite betrachtet. Ich spüre mein Gesicht heiß werden. »Danke«, murmele ich kleinlaut. Ich kann gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet. Aber vermutlich weiß Sina das auch so. Im Flur hört man Christian vorbei rascheln. »Dann schauen wir mal, ob Chris irgendwas retten konnte«, sagt Sina und ihr Schmunzeln ist ziemlich spitzbübisch. Mit einem letzten Blick auf Sinas Zimmer folge ich ihr eine Tür weiter. Christian huscht an uns vorbei und als ich sein Zimmer betrete, ist er gerade dabei, Wäsche vom Boden zu sammeln. Chris’ Zimmer ist nur wenig größer als das Gästezimmer. Seine Möbel sind bunt zusammen gewürfelt, die Bettdecke ist zerwühlt und die Jalousie halb nach unten gelassen. Ich sehe Hanteln neben dem Bett liegen. Über dem Schreibtisch baumeln Boxhandschuhe von der Decke. Der Schreibtisch selbst ist beladen mit Papierkram, Chemiebüchern und Sportzeitschriften. Ein Flachbildfernseher nimmt den größten Teil eines Regals ein und über dem Bett hängt ein Poster von – wenn ich mich nicht irre – Muhammad Ali. An der Pinnwand über dem Schreibtisch hängt ein Bild von ihm und Sina – er hält sie im Brautstil und beide grinsen wie die Honigkuchenpferde. Direkt daneben hängt ein Bild von Christian in einem blauen Schlafanzug. Auf seinem Arm hängt ein kleines, blond gelocktes Mädchen, das aussieht wie ein Engel mit Pausbacken und Schmollmund. Das ist sicher das Pflegekind der Familie. Um die beiden herum stehen drei andere Jugendlich, die beiden Mädchen lehnen sich an Christian, Christians Bruder zeigt ihm Hasenohren. Die Pinnwand ist das spannendste im Zimmer. Ich beachte das Chaos nicht, das aus weiteren Zeitschriften und noch mehr Wäsche auf dem Boden besteht. Meine Augen kleben an der Pinnwand. Über dem Bild von Christian und seinen Geschwistern hängt eines von ihm, Felix und noch drei anderen Jungen, die alle eine Flasche Bier in der Hand halten und ihre Hosen hinunter gelassen haben, sodass sie nur in Boxershorts dastehen. »Das Bild ist…«, meint Christian und sucht offenbar leicht verlegen nach Worten, doch Sina nimmt ihm die Erklärung ab. »Felix’ Geburtstag. Alle total betrunken«, meint sie amüsiert. »Wir haben halt Spaß gehabt«, sagt Christian zu seiner Verteidigung, doch auch er klingt amüsiert. Ich seufze leise und strecke die Hand aus, um die Boxhandschuhe anzustupsen. Sie wackeln kaum merklich. »Ihr habt eine tolle Wohnung«, sage ich. Sina und Christian sehen mich an, als hätte ich ihnen irgendetwas Trauriges erzählt. Wie immer ist das Wochenende das Beste an der ganzen Woche, weil ich Benni und seine Kumpanen nicht sehen muss. Ich miste mein Zimmer aus, räume auf und hänge zum ersten Mal in meinem Leben Bilder an die Wand. Selbstgezeichnetes Zeug, eine Kopie vom Cover eines meiner Lieblingscomics, ein Foto von mir und Ma. Mein uraltes Handy piept am Nachmittag. Christian und Sina haben mir ihre Nummern gegeben und ich musste meine auch rausrücken. Das Handy benutze ich eigentlich nie, aber ich hab den beiden versprochen, es jetzt immer mitzunehmen, wenn ich irgendwohin gehe. Ich krame also nach dem Ding, das ich sonst nie benutze und öffne eine SMS von – und mein Herz macht einen Sprung so hoch wie der Mount Everest – Christian. »Hast du Lust auf Park- Grillen? Das Wetter ist toll. Sina und Pepper kommen auch mit. Felix bringt Leon mit. Das wird ein Spaß.« Ich muss lachen. Leon tut mir irgendwie Leid, zumindest aus den Erzählungen bisher. Er und Christian scheinen sich wirklich nicht sonderlich zu mögen. »Ja, gerne. Wann soll ich da sein?«, schreibe ich und es kostet mich eine halbe Ewigkeit, weil ich sonst nie SMS schreibe. Christian scheint Übung im SMS- Schreiben zu haben, denn seine Antwort kommt prompt. »Wir holen dich um fünf ab. Bis später!« Wenn man mit heftig hämmerndem Herzen fliegen könnte, dann wäre ich sicher schon mindestens auf dem Mond gelandet. SMS von Christian. Noch mal Grillen im Park. Gut gelaunt reiße ich das Fenster auf und mache mich daran, mein Zimmer weiter aufzuräumen. Als es an der Tür klingelt, bin ich schon längst fertig und rase in den Flur. Meine Kamera steckt hinten in meinem Rucksack, mitsamt Erdnüssen, Ketchup und Senf. Ich würde mich mies fühlen, wenn ich jedes Mal hingehe, ohne wenigstens eine Kleinigkeit mitzubringen. »Ist für mich«, rufe ich meinem Vater zu, der mir vollkommen perplex nachsieht, als ich in meine Schuhe schlüpfe und noch einmal zum Abschied winke, ehe ich schließlich die Wohnung verlasse. Klar, mein Vater ist es nicht gewöhnt, dass ich am Wochenende weggehe. Allein deshalb freue ich mich gleich doppelt über das Klingeln. Unten warten Sina, Christian und Pepper auf mich. Schon der Weg zum Park ist lustig. Ich erkläre den beiden, dass ich meine Kamera mitgenommen habe und ein paar Bilder schießen will. Sina ist davon schwer begeistert. Christian meint, dass er sich schon sehr auf Leon freut, weil es immer ausgesprochen witzig sei, wenn er dabei ist. »Du solltest nicht immer so auf ihm herumhacken«, sagt Sina, doch auch sie sieht amüsiert aus. »Er hackt auf mir rum, nicht andersrum. Dabei mache ich gar nichts. Ich darf Felix ja nicht mal ansehen, ohne dass Leon durchdreht.« Ich bin wirklich sehr gespannt auf diesen Leon. Immerhin ist er mit Felix zusammen und Felix war wirklich ausgesprochen freundlich. Daher denke ich mir, dass er nicht so schlimm sein kann, wie Christian meint. Als wir ankommen, sehe ich als erstes Felix. Und dann sehe ich den Jungen, der Leon sein muss. Er hat dunkelblonde Haare, ist schlank und sein Gesichtsausdruck sieht irgendwie ein wenig grimmig aus. Als wir näher kommen, verfinstert sich seine Miene noch ein wenig, während Felix zu strahlen beginnt und auf uns zugeht. Als wir vor den beiden stehen, sehe ich, dass Leon grünblaue Augen hat, die mich einen Augenblick lang fragend mustern und dann zu Christian hin huschen. Er sieht aus, als wollte er Christian am liebsten erwürgen. »Nicci ist auch da«, erklärt Felix und dreht sich nach hinten um, offenbar jemanden suchen, »Anjo, das ist Leon. Mein Freund.« Leon reicht mir die Hand. »Und du bist Christians Freund?«, will Leon wissen. Seine Stimme klingt als würde er oft brummen. Ich laufe scharlachrot an und schüttele hastig den Kopf. »Nur… ein Freund. Oder so. Nicht… der Freund«, erkläre ich mit brüchiger Stimme. Leon sieht aus, als wäre er enttäuscht. Ich lerne Nicci kennen, Leons beste Freundin. Sie ist genauso nett wie Felix. Scheinbar mögen nette Menschen Leon irgendwie. Felix hat wieder seine Gitarre dabei. »Nicci ist die Sängerin in Felix’ Band. Leon spielt Bass«, flüstert Sina mir zu, »sie singt echt umwerfend.« Und das tut sie tatsächlich. Als Felix mit seiner Gitarre ein Lied anstimmt und Nicci dazu singt, bleibt mir beinahe der Mund offen stehen. Leon mustert die beiden beim Musikmachen und er blickt unverhohlen stolz drein. Das finde ich irgendwie gut. Wir essen Grillfleisch und es gibt wieder Nudelsalat und Baguette. Christian und Sina stürzen sich auf die Erdnüsse, die ich mitgebracht habe und schließlich packe ich meine Kamera aus. Es ist eine Spiegelreflexkamera, die ich nur selten mit rausnehme. Ich hab immer Angst, dass sie kaputt geht. Sie war höllisch teuer und ich hab sie mir jahrelang zusammen gespart. Niemand scheint sich daran zu stören, dass ich Fotos schieße. Ich knipse Nicci und Felix, dann Leon, der die beiden beobachtet, Sina und Christian, Pepper beim Herumtollen… »Lass uns doch mal ein Foto zu dritt machen«, meint Sina schließlich und schiebt Christian näher zu mir. Ich bekomme einen Anfall, als er ganz nah neben mir sitzt. Sina legt ihren Arm um ihn, ich wage es nicht, mich an ihn zu lehnen. Nicci macht das Foto. Als ich es danach auf dem Display betrachte, wird mir ganz warm ums Herz. Ich bin so versunken, dass ich kaum merke, wie die Musik aufhört zu spielen. »Bleibt jugendfrei ihr beiden«, höre ich Sinas amüsierte Stimme und sehe auf. Leon liegt auf einer der Wolldecken und Felix halb über ihm. Die beiden knutschen ziemlich ausgiebig und mir wird plötzlich sehr heiß. Angestrengt sehe ich überall hin, nur nicht auf die beiden. Schließlich fällt mein Blick auf Christian, der die beiden mit schief gelegtem Kopf mustert. Und ganz plötzlich wird mir bewusst, dass Felix nicht einfach nur Christians bester Freund ist. Sondern dass er ihn mehr mag als nur freundschaftlich. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass mein Herz davon flattert und nicht mehr zurückkommen will. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)