Last Note von Sky- (L vs BB) ================================================================================ Kapitel 1: Gefangen ------------------- Gefangen… er war gefangen, der große Meisterdetektiv, den die Welt ehrfürchtig L nannte. Gefesselt an einem Holzstuhl, die Arme an den Lehnen und die Füße an den Stuhlbeinen gefesselt und die Augen verbunden. Sein Kopf schmerzte und ihm war schlecht. Was war geschehen und wo war er? Nur schwach konnte er sich erinnern, dass er in die schwarze Limousine einsteigen wollte und Watari ihm die Tür geöffnet hatte. Moment… genau da stimmte etwas nicht. Hatte Watari ihn nicht gepackt und ihm ein mit Chloroform getränktes Taschentuch ins Gesicht gedrückt? Nein, das war niemals Watari gewesen. Jemand anderes steckte dahinter, aber wer? Niemand kannte L’s Gesicht und ihm fiel auch keiner ein, der sich als Watari verkleidete, ihn betäuben und daraufhin entführen würde. Das Gesicht des Täters hatte er auch nicht sehen können. Er hatte ihn von hinten angegriffen und es passierte alles ziemlich schnell. In so einer Situation war ich noch nie, dachte L verbittert und biss sich auf die Unterlippe. Ein schauriges Lachen erfüllte den Raum und jagte dem Meisterdetektiv einen kalten Schauer über den Rücken. „Wie es aussieht, bist du endlich aufgewacht! Hab mich schon gefragt, ob du überhaupt noch wach wirst.“ Diese Stimme war L vollkommen unbekannt, doch sie hatte irgendetwas Vertrautes. Moment… war das nicht seine Stimme? Nein, sie ähnelten sich zwar stark, aber diese war viel rauer und unfreundlicher. Außerdem konnte er sehr gut den Hass und die Aggression heraushören, die in ihr steckten. L wusste sofort, dass diese Person etwas mit ihm vorhatte, und es würde nicht sehr angenehm werden. „Und mit wem habe ich das Vergnügen?“ Wieder lachte die Person, die männlich und ungefähr 23 bis 25 Jahre alt war. „Kannst du dir das nicht denken L? Nun denn, ich will dir einen kleinen Tipp geben: Backyard Bottomslash, drittes Mordopfer. Sie verblutete und der Täter schnitt ihr nach dem Tod den linken Arm und das rechte Bein ab, wobei letzteres im Badezimmer wiedergefunden wurde. Der linke Arm wurde entfernt um zu verschleiern, dass der Täter ein Experiment an ihr durchgeführt hatte: Nämlich ob Menschen an inneren Blutungen sterben konnten, ohne dass dabei die Organe beschädigt wurden. In ihrem Zimmer nagelte der Täter schließlich zwei Strohpuppen an die Wand. Na? Wer bin ich?“ „B“, antwortete L knapp und kühl und bekam zur Antwort einen beinahe sarkastischen Applaus. „Ganz richtig, ich bin B. Aber da ich es hasse, nur bei meinen Initialen genannt zu werden, kannst du mich ruhig bei meinen wahren Namen nennen, denn sonst ist das alles doch ziemlich unpersönlich. Mein Name ist Beyond Birthday!“ Der Ärger über diese Situation stieg in L hoch wie Magensäure und zu gerne hätte er dieser Person mit einem gezielten Tritt ins Gesicht einen Denkzettel verpasst, doch zum einen zählte es nicht zu seiner Art, seinen Unmut durch Gewalt zu äußern, da dies ja ein recht kopfloser Akt war und weil er instinktiv wusste, dass mit seinem Geiselnehmer nicht zu spaßen war. Kurz nach seiner Inhaftierung war B als gefährlich und gewalttätig eingestuft worden und kam in eine Sicherheitszelle. L hatte diese Tatsache nicht in Ruhe gelassen und der Fall hatte ihm noch einige Zeit lang ziemliche Kopfschmerzen bereitet. Und nun war Beyond Birthday entkommen, um sich an ihm zu rächen? „Nimm mir die Augenbinde ab!“ Das war keine Bitte sondern eine Aufforderung. L wollte sich nicht einfach so von diesem Serienmörder unterkriegen lassen, sondern ihm zeigen, dass er sich niemals einem Verbrecher beugen würde, selbst einem Wammy-Sprössling nicht und wenn er noch so sehr versuchte, ihn einzuschüchtern. Beyond schwieg, so als würde er nachdenken, oder als ob er erstaunt über L’s Reaktion war. „Soll ich das als deinen letzten Wunsch interpretieren?“ „Wenn wir schon eine Unterhaltung führen müssen, dann will ich wenigstens dein Gesicht sehen. Außerdem hattest du schon die Ehre, mich zu sehen.“ Wieder keine Antwort, dann hörte er schleifende Schritte auf sich zukommen und spürte dann zwei eiskalte Hände, die seine Augenbinde abnahmen. Zuerst dachte L, er würde direkt in einen Spiegel sehen. Es war ein zweiter L in diesem Raum, der ihm bis aufs Haar glich. Angefangen von seiner schwarzen Zottelfrisur, bis hin zu seinen langen, beinahe knochigen Fingern. Doch irgendetwas war anders. Sein weißer Pullover hatte Blutspritzer und in seinen Augen war ein Funkeln, welches er zwar nicht richtig erkennen konnte, aber er spürte, dass etwas Bösartiges in seinen Augen war. Und es war nicht menschlich. „So besser?“ L erschauderte bei dem Anblick und sein erster Gedanke war, dass Beyond Birthday so etwas wie seine dunkle Seite war. Eine Art böser L, der ohne lange zu zögern Leute ermordete, während er, der wahre L, alles daran setzte, Menschenleben zu retten. Ein leises „Oh mein Gott“ entwich dem Meisterdetektiven und wie zur Salzsäule erstarrt, starrte er Beyond Birthday an, der langsam zu einem kleinen Holztisch rüber ging, aus einem ramponierten Rucksack ein Messer holte und anfing, damit zu spielen. „Weißt du L“, begann er seufzend und sein Blick, der auf das Messer gerichtet war, nahm etwas Schmerzliches und Verträumtes an. „Als ich nach Wammys House kam, da ging es mir in erster Linie überhaupt nicht darum, dich zu übertreffen oder dein Nachfolger zu werden. Es ging mir einfach nur darum, das zu beschützen was mir noch wichtig war. Kannst du dir denken, was es war?“ „Du meinst A? Wenn du damit auf seinen Selbstmord ansprechen willst, so will ich dir sagen, dass ich nicht dafür verantwortlich bin. Ebenso wenig du! Er hat sich aus freien Stücken dazu entschieden.“ „Schnauze!!!“ brüllte Beyond wütend und schlug das Messer zunächst in die Tischplatte, dann ging er hastig auf L zu und hielt ihm das Messer an die Halsschlagader. „Du weißt genau, was ihn dazu getrieben hat! Der ganze Leistungsdruck und der Stress haben ihn in Depression gestürzt und ihn daran zerbrechen lassen. Was glaubst du, was ich nicht alles versucht hatte, um ihn zu retten! Meine einzige Chance bestand darin, ihn abzulösen, indem ich besser wurde als er, aber das habe ich auch nicht geschafft. Im Gegenteil. Auch ich begann nach und nach durchzudrehen und diese schreckliche Angst, ihn genauso wie meine Familie zu verlieren, haben mich fast in die gleiche Lage gebracht wie A. Ich war derjenige, der seine Leiche gefunden hatte und der alles verlor, was ihm wichtig war. Und du bist Schuld!“ Bevor L etwas sagen konnte, rammte Beyond ihm das Messer in den Handrücken. L biss die Zähne zusammen, um nicht los zu schreien und verzerrte das Gesicht vor Schmerz. Blut floss aus seiner Wunde und Beyond nahm einen Lappen, den er um die Wunde wickelte. „Glaub bloß nicht, ich lasse dich an Verblutung sterben. Oh nein, ich habe weitaus Schlimmeres mit dir vor! Das garantiere ich dir, L Lawliet.“ Das… das gibt es doch nicht, dachte L fassungslos über diesen einen Satz, den Beyond Birthday ihm mit aller Abscheu ins Gesicht gesagt hatte. „Woher kennst du meinen Namen?“ Seelenruhig wischte Beyond das Blut von seinem Messer und legte es beiseite. Dann kam er ganz nah an sein Ohr und L schauderte es allein bei dem Gefühl, wie nah sie sich jetzt waren. Man konnte fast sagen, ihm grauste es, dass Beyond Birthday ihm nahe kam. Er hatte etwas an sich, was nicht menschlich war. Mit einem hinterlistigen Lächeln flüsterte ihm der Serienmörder zu „Das Geheimnis, mein Lieber, kennen nur die Todesgötter.“ „Todesgötter? Was für ein Unsinn.“ Und gleich darauf bereute L seine Antwort, denn diese schien Beyond zu provozieren. Er ballte seine Hände zu Fäusten und begann zu zittern. „Du hast doch keine Ahnung. Du hast keine Ahnung, welche Ängste ich deswegen durchstehen musste. Wie sehr es mich an Überwindung gekostet hat, mir nicht genauso wie A das Leben zu nehmen. Du weißt nicht, was es heißt, so wie ich zu sein.“ Beyond vergrub sein Gesicht in seinen Händen, wobei die Ärmel abrutschten und dunkle Narben an den Armen offenbarten, die unendlichen Schmerz preis gaben und damit auch Beyonds labile Psyche. L konnte nicht fassen, was er da sah und empfand geteilte Gefühle für seinen Entführer. Das eine war Verachtung und Abscheu für solch einen sadistischen Mörder und das andere war Mitleid. Zwar wusste L, dass er keinerlei Verantwortung für diese Lage trug, aber langsam begann er zu begreifen, warum Beyond sich selbst als letztes Opfer für die BB-Mordserie ausgesucht hat. Nicht nur, weil sein Plan dadurch perfekt sein sollte, sondern weil er sterben wollte. Warum hatte er das nicht früher erkannt? Er war es, der damals mit ihm Kontakt aufnahm und ihn um Hilfe bat, da A versucht hatte, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Und er, L, hatte nur eine halbherzige Entscheidung getroffen, weil er sich von einem anderen Fall hatte ablenken lassen. Beyond hatte Recht… er trug doch Mitschuld an seinem Zustand. L hatte nur diesen Bioskandal im Vietnam im Kopf gehabt, in der Hoffnung, unzählige Menschenleben zu retten und indem er einem verzweifelten Jungen nicht geholfen hatte, hatte er nicht nur A, sondern auch unzählige andere Menschen indirekt mit auf dem Gewissen. Doch jetzt kam diese Erkenntnis zu spät. Beyond Birthday hatte ihn in seiner Gewalt und L glaubte kaum, dass er hier lebend heraus kam. Nein, er befürchtete, dass ihm noch Schlimmes bevorstand. Seine Hand schmerzte sehr und blockierte seine Gedanken. Verdammt, dachte er und biss sich auf die Unterlippe. Scheint so, als würde ich hier nicht lebend herauskommen. Und in diesem Moment fragte er sich, was Beyond mit Watari gemacht hatte. Ob er ihn getötet hatte, genauso wie diese drei Menschen? Oder lebte er noch und war bereits auf der Suche nach ihm? L wusste nur eins: Auf Rettung allein konnte er nicht warten. Es lag an ihm, Beyond von seinem Vorhaben abzuhalten, doch zum ersten Mal in seinem Leben begann L daran zu zweifeln, dass seine Fähigkeiten genügen würden, um diesen Wahnsinn zu beenden. Beyond war äußerst gefährlich und hatte sicher mehr Menschen auf dem Gewissen, als bis jetzt nachgewiesen wurde. Vielleicht hatte er sogar die Gefängniswärter getötet, als er aus dem Gefängnis entkam. Anders konnte er sich das Blut auf seiner Kleidung nicht anders erklären. Zum ersten Mal beschlich den größten Meisterdetektiv der Welt das Gefühl der Angst und dieses Gefühl schmeckte ihm ganz und gar nicht. Kapitel 2: Psychopath --------------------- Als Watari erwachte, befand er sich gefesselt in einer kleinen Hintergasse. Die Kleidung hatte man ihm abgenommen und sein Kopf schmerzte stark. Er blutete an der Schläfe und hatte Mühe einen klaren Gedanken zu fassen. Was war noch mal passiert, bevor er niedergeschlagen worden war? Er wollte ins Auto steigen, um L aus dem Hotel abzuholen, dann wollten sie mit dem nächsten Flieger nach Japan. Jemand hatte ihn von hinten angesprochen und in dem Moment, wo er sich umdrehte, wurde er von einem Knüppel oder einem Baseballschläger geschlagen und verlor das Bewusstsein. Doch wer hatte ihn niedergeschlagen, ihn seiner Kleidung beraubt und gefesselt in einer Hintergasse versteckt? Irgendein gewöhnlicher Verbrecher? Wohl kaum, für so etwas hatte er schon immer einen sechsten Sinn gehabt und die meisten waren viel zu laut und verrieten sich frühzeitig, sodass er schnell genug reagieren konnte. Doch bei diesem Kerl war es irgendwie anders gewesen. Wie ein Schatten hatte er sich angeschlichen und auch seine Stimme hatte etwas Vertrautes gehabt, sodass er keinen Verdacht schöpfte. Nur mit Mühe gelang es ihm, sich von seinen Fesseln zu befreien und fand schließlich ein paar Kleider, die er sich notdürftig anzog, um nicht in Unterwäsche durch die Stadt laufen zu müssen. Er musste schnellstmöglich L kontaktieren und ihm Bericht erstatten. Nachdem er im Hotel angekommen war, zog er sich schnell um und schnappte sich sein Ersatzhandy, mit dem er die vereinbarte Nummer wählte. Lange war nur ein Piepton zu hören, bis eine Stimme ihm mitteilte, dass der gewünschte Teilnehmer nicht erreichbar wäre. Eine schlimme Vorahnung kam dem Engländer und er schüttete sich schnell einen Hochprozentigen von der Bar ein, um sich zu beruhigen. Wenn seine Vermutung stimmte, dann würde es keinen Sinn machen zu versuchen, L zu erreichen. Dieser Kerl, der ihn überfallen hatte, wusste ganz genau, wer er war und welche Funktion er hatte. Sein Ziel war von Anfang an L gewesen. Schnell wählte er eine andere Nummer. „Roger, hier Watari. Wir haben hier eine Code Red Situation. Sagen Sie, sind die beiden noch hier in L.A.? Ja? Sehr gut, dann kontaktieren Sie die beiden und sagen Sie ihnen, ich warte im Paradise Hotel, 3. Stock Zimmer 140. Es eilt!!!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, legte der gestandene 70-jährige auf und holte den Laptop heraus. Aus Sicherheitsgründen hatte er L zwei Peilsender untergeschoben, die er natürlich mehrfach verschlüsselt und mit einem zehnstelligen Code versehen hatte. Wenn er Glück hatte dann würde wenigstens einer der Peilsender seinen Aufenthaltsort verraten. Der erste Peilsender, den er an L’s Kleidung befestigt hatte, war zerstört worden. Das verwunderte ihn auch nicht weiter. Es gab ja zum Glück noch einen zweiten Peilsender, den er mehr als gut versteckt hatte. Als L seine jährliche Zahnuntersuchung hatte und ihm die Weisheitszähne entfernt wurden, hatte man ihm einen Peilsender eingepflanzt. L wusste nichts davon und das aus Sicherheitsgründen. Er gab den zehnstelligen Code ein und betete, dass der Entführer wenigstens den übersehen hatte. „Was zum…“ Negativ. Auch dieser Peilsender wurde entfernt und zerstört. „Das kann doch nicht sein. Wer zum Teufel ist dieser Kerl überhaupt?“ Nun wurde ihm klar, dass er es mit einem Verbrecher zu tun hatte, der auf einem sehr hohen Intelligenzlevel arbeitete. Es klopfte an der Tür und Watari ging schnell hin, um sie zu öffnen. Vor der Tür standen zwei Jungen. Der größere war ungefähr 14 Jahre alt und hatte blondes Haar. Er trug schwarze Kleidung und machte einen gereizten Eindruck. Der andere war ein weißhaariger 12-jähriger, der komplett in weiß gekleidet war und ein Spielzeug bei sich trug. „Near, Mello! Kommt herein, dann erkläre ich euch die ganze Situation.“ „Stimmt es wirklich dass wir es mit einer Code Red Situation zu tun haben?“ platzte es aus dem Teenager heraus und war wie elektrisiert. Near hingegen blieb ruhig, doch man merkte seine innere Unruhe, weil er krampfhaft den kleinen Spielzeugroboter umklammert hielt. Watari schilderte die Situation und dementsprechend reagierten die beiden. Mello flippte total aus und Near ließ seinen Roboter fallen. „Und wer würde es wagen, L zu entführen?“ Watari schüttelte seufzend den Kopf. „Deswegen habe ich euch herbeordert. Ich hoffe auf eure Unterstützung, um L zu befreien und dabei müssen wir zusammenarbeiten.“ „Oh nein, ohne mich!“ entgegnete Mello und warf Near einen giftigen Blick zu. „Ich weigere mich mit Near zusammen zu arbeiten. Wir haben da so unsere Spannungen.“ O je, dachte Watari seufzend und schüttelte den Kopf. Roger hatte ihn schon davor gewarnt, dass es schwierig sein würde, die beiden dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. Mello hatte einen stark ausgeprägten Minderwertigkeitskomplex und da Near derzeit die Nummer 1 war, waren die beiden verfeindet. „Wie siehst du das, Near?“ „Ich habe wirklich keine große Lust auf Mellos Geplänkel, aber wenn es um die Rettung L’s geht, dann bin ich bereit, mit ihm zusammen zu arbeiten. Ich schlage deshalb vor, getrennt in gemeinsamer Sache zu ermitteln. Mellos Stärke ist es, direkt vor Ort zu ermitteln und ich spezialisiere mich auf das Sammeln von Informationen und Daten.“ Da Watari keine andere Lösung wusste und Mello diese Idee lieber war, waren sie sich schnell einig. Near wurden Computer und Telefone mit mehrfach gesicherter Leitung zur Verfügung gestellt. Mello, der trotz seines jungen Alters bereits den Motorradführerschein besaß, bekam eine Maschine nach seinem Geschmack, einen schwarzen Helm mit eingebautem Funkgerät, einen Peilsender und einen Elektroschocker zur Selbstverteidigung. Mit argwöhnischen Blicken betrachtete er das Gerät. „So ein Ding ist was für Weicheier. Wie soll das mir bitteschön helfen, wenn der Kerl auf mich schießt? Krieg ich keine Knarre?“ Doch Watari ließ sich nicht umstimmen und so musste Mello sich mit dem zufrieden geben, was er hatte. Zudem bekam er noch Pfefferspray mit. Zwar war er der Meinung dass dies nur für Frauen sei, doch er steckte sie trotzdem ein, da er sich erinnerte, dass L in Gefahr war und sie keine Zeit verlieren durften. Mello fuhr zu dem Treffpunkt, an dem L zuletzt gewesen war und befragte Angestellte des Hotels und Passanten. Diese sagten ihm, dass ein älterer Herr ihn abgeholt und in einer schwarzen Limousine weggefahren hätte und zwar in Richtung der Ghettoviertel von L.A. Schnell eilte Mello zu seiner YAMAHA und gab über das eingebaute Funkgerät Bericht. „Der Entführer ist mit dem Wagen in südlicher Richtung verschwunden, weg von Downtown in Richtung der Ghettos. Ich mache mich auf die Suche nach dem Wagen. Ich melde mich wenn’s etwas Neues gibt.“ Im hohen Tempo raste Mello an Autos vorbei, wäre beinahe bei rot über eine Kreuzung gefahren und hatte nur ein Ziel vor Augen: L zu finden bevor es zu spät war. Wie ein Raubtier ging Beyond Birthday auf und ab, ohne auch nur eine Sekunde den Blick von L zu nehmen. „Was soll ich nur mit dir anstellen?“ murmelte er und machte geschickte Handbewegungen mit seinem Messer, die L an einen Messerwerfer aus dem Zirkus erinnerte. „So viele Experimente habe ich am menschlichen Körper durchgeführt um die verschiedensten Todesarten zu testen. Aber jetzt stehe ich vor so einer großen Wahl…“ „Was hast du vor? Mich zu töten, um A zu rächen oder um mich zu übertrumpfen? Was bringt dir mein Tod?“ Beyond schien ihn gar nicht zu beachten, sondern war zu tief in seine schwarzen Gedanken versunken. Dann aber wurde er wieder in die Realität zurückgeholt und setzte ein gekünsteltes Lächeln auf. „Wenn ich mal ganz ehrlich bin: Es trifft auf beides zu. Und auf die Frage, was mir dein Tod bringt: Ich verspreche mir Frieden. Wenn du tot bist, dann habe ich endlich meinen inneren Frieden gefunden und kann dann endlich zu A. Dann hat dieser ganze Alptraum endlich ein Ende!“ Nun wurde L sich des ganzen Sachverhaltes bewusst. Beyond Birthday war ein Henker, der mit jedem Opfer die eigene Schlinge enger zog, bis er schließlich als eigener Gehängter über dem Boden baumelte. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Das eigene Leben, ebenso wenig wie das anderer Menschen, hatte keinen Wert mehr für ihn. Für ihn gab es nur noch die Hoffnung auf einen glücklichen Tod. Sein Geist war getrübt und es schien so, als wäre er innerlich tot. Beyond war depressiv und suizidgefährdet. Vielleicht hatte er auch noch andere Geisteskrankheiten. „Noch ist es nicht zu spät. Man kann dir helfen! Du kannst das alles beenden und ich verspreche dir, dich in eine Heilanstalt zu bringen, wo man dir helfen kann.“ Wieder begann Beyond Birthday zu lachen und er schüttelte den Kopf. Sein Blick hatte plötzlich etwas unsagbar Trauriges und Wehleidiges. „Tut mir leid L, aber ich kann nicht mehr zurück. Es ist einfach zu viel passiert und manche Wunden sind zu tief, als dass die Zeit sie heilen könnte. Damit meine ich nicht nur A’s Tod. Nein… seit meiner Geburt fraßen sich tiefe Wunden in mein Innerstes. Du weißt nicht wie es ist, von allen Menschen verstoßen zu werden und die Menschen zu verlieren, die du liebst. Du kennst die wahre Bedeutung von Einsamkeit und Schmerz nicht. Aber keine Sorge… ich werde dich sehr schnell damit vertraut machen.“ L schwante nichts Gutes. Er wollte etwas sagen, da zuckte Beyond erschrocken zusammen und sah sich hastig um. Dann eilte er zur eisernen Tür und riss sie auf. Es schien so, als hätte er ein Geräusch gehört. „Was ist?“ fragte L etwas irritiert und wusste nicht, wie er das jetzt einordnen sollte. „Hast du das eben nicht gehört?“ fragte Beyond ihn und begann zu zittern. Deutlich konnte man die Angst in seinen müden Pandaaugen sehen. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, stolperte er nach hinten, prallte mit dem Rücken gegen die Wand und sank zu Boden. Sein Gesicht war kalkweiß und er hatte Schweißausbrüche. „Sie sind wieder da…“ „Wer?“ fragte L verwirrt. Beyonds rasselnder Atem war schaurig und es sah so aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. „Sie sind überall. Sie sind hier… in diesem Moment und wollen mich in den Wahnsinn treiben. Sie verfolgen mich bis in meine Alpträume. Ich erhoffte mir durch die L.A.-Morde die Erlösung, indem ich mit dem Wissen sterben würde, dich übertroffen zu haben, um A zu rächen. Ich wollte sterben, aber nicht ohne einen letzten Lichtblick. Wenigstens ein Sieg sollte mir vergönnt sein.“ Wie ein kleines, verlorenes Kind kauerte Beyond in der Ecke und schien jeden Moment in Tränen auszubrechen. „War die Ernennung zu meinem Nachfolger etwa nicht dein Ziel gewesen? War das denn kein Sieg?“ Wieder machte sich eine Veränderung Beyonds bemerkbar. Etwas unsagbar Hasserfülltes leuchtete in seinen Augen. Er stand auf, ging auf L zu und versetzte ihn einen so kräftigen Tritt in den Bauch, dass er mit dem Stuhl nach hinten fiel. „Ein Sieg? Das ich nicht lache. Den hatte ich mit A’s Blut bezahlen müssen. Ich pfeife auf diesen beschissenen Titel, wenn mein einziger Freund dafür sterben musste.“ Immer wieder trat er gegen L und dem Stuhl und schien beinahe auszurasten. Dann legte er einen Fuß auf L’s Kopf und drückte zu. „Ich könnte dir einfach so den Kopf eintreten, bis deine Augäpfel lose aus deinem zertrümmerten Schädel hängen. Ich könnte dich elendig verbluten lassen, oder dich qualvoll ersticken lassen, indem ich dir mit meinem Messer ein Loch in die Lunge bohre. Wie ein Tier könnte ich dich verrecken lassen! Der einzige verdammte Grund, wieso ich noch nicht deine jämmerliche Existenz beendet habe ist, dass ich dein Leid erfülltes Gesicht sehen will. Ich will dir meine Schmerzen zeigen und deinen Willen brechen.“ „Mein Tod wird deine Lage auch nicht ändern.“ „LÜGNER!!!“ brüllte Beyond und trat gegen den Stuhl, an dem L gefesselt war. Bei jedem Tritt, den er landete brüllte er immer wieder dieses eine Wort und L kniff die Augen zusammen. Er wünschte sich, dies alles wäre nie passiert. Dieses schreckliche Gefühl der Angst ließ ihn dies alles viel intensiver spüren und wahrnehmen. Als er sie wieder öffnete, schrie Beyond auf, packte sein Messer mit erhobener Hand und ließ es auf seinem Hals niedersausen. Nur knapp ein paar Millimeter stoppte er und atmete schwer. Er war vollkommen in Rage und obwohl L wusste, dass er ihn nicht so schnell töten würde, so wusste er, dass Beyond Birthday ihm noch viel schlimmere Dinge antun würde als den Tod. Als Beyond sich wieder aufrichtete, hatte er zunächst ein paar Probleme mit seinem Gleichgewicht. Er packte den Stuhl, auf dem L gefesselt war und richtete ihn wieder auf. L war schlecht und seine Magengegend schmerzte. Gequält stöhnte er auf und bekam eine Backpfeife verpasst. „Nun hör schon auf zu jammern. Das wird deine Lage auch nicht ändern.“ L hatte zunächst das Gefühl, nicht atmen zu können und hatte Mühe, seine Schmerzenslaute zu unterdrücken. Er wollte Beyond nicht noch weiter verärgern. Dieses Mal war es nicht so schlimm ausgegangen, aber vielleicht konnte er sich das nächste Mal nicht so gut beherrschen. Wer weiß, was er dann tun würde. Vielleicht würde er ihm wieder durch die Hand stechen oder ihn fast bewusstlos prügeln. Beyond konnte mit ihm anstellen was er wollte und L hatte nicht die geringste Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Es war ein Spiel ohne Regeln, bei dem L klar im Nachteil war. L war zudem aufgefallen, dass Beyond beinahe schlagartig seinen Gefühlszustand änderte. War er zunächst verstört und verängstigt, war er gleich darauf aggressiv und gewalttätig. Und wenn er lange genug gewütet hatte, war er wieder ruhig und bei klarem Verstand. Beyond Birthday war ein Psychopath wie er im Buche stand. Ihm fehlte jegliche Empathie. Er hatte eine stark ausgeprägte Persönlichkeitsstörung, keinerlei Verantwortungsbewusstsein und kein Gewissen. Die Hoffnung, dass er noch zur Besinnung kam, schwand nach und nach und so musste L sich mit der schrecklichen Erkenntnis anfreunden, dass er diesen Kampf wohl verlieren würde, wenn ihm niemand zur Rettung kam. Doch der Einzige, der ihm jetzt noch helfen konnte, war Watari und L war sich nicht sicher, ob dieser noch am Leben war. Wer weiß. Vielleicht lag er irgendwo tot da, der Schädel eingeschlagen oder der Körper mit hässlichen Stichwunden übersäht. Der Gedanke daran war entsetzlich und L wollte gar nicht daran denken, doch das schreckliche Bild von Wataris schrecklich zugerichteten Leichnam hatte sich tief in sein Gehirn gebrannt und die Angst wurde größer. L fürchtete den Tod. Seinen eigenen sowie auch Wataris. „Das ist nicht gerecht“ murmelte er und Beyond verzog das Gesicht bei dem Wort „gerecht“. „Gerecht? Pah! Wo war denn bitte schön Gerechtigkeit, als ich zur Waise wurde? Wo war die Gerechtigkeit, als mich meine Verwandten verstießen, A starb und meine Mitmenschen mich verrieten? Mein lieber L, so etwas wie Gerechtigkeit gibt es nicht. Das, woran du dich so sehr klammerst, ist nur eine Illusion, nichts Weiteres als Wunschdenken in Form einer Seifenblase. Für uns gibt es so etwas wie Gerechtigkeit nicht, weder für dich noch für mich. Das ist die traurige Tatsache und ich würde dir raten, dich damit anzufreunden.“ So langsam aber sicher begann L jegliche Hoffnung zu verlieren und war schon fast dabei, Beyond Birthday zu glauben. Kapitel 3: Böses Spiel ---------------------- Mello hatte endlich den Wagen gefunden, doch leider weder L noch seinen Entführer. Der Wagen war von irgendwelchen Autogangstern ausgeschlachtet worden und zunächst war es schwer, den Wagen überhaupt als den von Watari zu identifizieren. Mello hatte ihn gründlich auf Fingerabdrücke und irgendwelchen Rückständen untersucht und sogar den Kofferraum unter die Lupe genommen. Fehlanzeige! Der Täter hatte seine Spuren gründlich verwischt und wenn es welche gegeben hätte, dann hätten diese Autodiebe sie vernichtet. Einen Luxusschlitten ins nächstbeste Armenviertel zu fahren, war wirklich sehr clever gewesen. Dort fiel er sofort auf und zog alle Blicke auf sich. Und anstatt, dass man den gestohlenen Wagen melden würde, würde man sofort das Auto klauen, oder das herausbauen, was von Wert war. Mello hatte den Rücksitz, den Kofferraum und den Fahrersitz unter die Lupe genommen. Nun durchsuchte er die Beifahrerseite in der Hoffnung, vielleicht dort ein Indiz zu finden. Er wurde fündig, zumindest war er sich zu 50% sicher, denn es konnte auch von irgendwem sonst stammen. Ein angebrochenes Glas Marmelade. Vorsichtig legte er das Marmeladenglas in eine verschließbare Plastiktüte und machte sich auf den Weg zurück. „Near, ich habe den Wagen gefunden. Er wurde fast vollkommen ausgeschlachtet und L sowie sein Entführer sind in einem anderen Wagen weitergefahren. Ich habe etwas gefunden, was uns vielleicht auf die Identität des Täters bringen könnte.“ „Und was?“ fragte die Stimme von der anderen Leitung knapp und Mello stieg auf seine schwarze YAMAHA und fuhr los. „Ein angebrochenes Glas Marmelade.“ Es gab zunächst keine Antwort, bis sich dann Wataris Stimme meldete. „Marmelade?“ „Wenn ich’s doch sage… Ich fahr eben kurz zum Hotel um das Beweisstück abzuliefern, dann mache ich mit der Suche weiter.“ „Warte da lieber noch etwas mit deiner Suche. Ich habe da so einen Verdacht, wer hinter L’s Entführung stecken könnte.“ Beinahe wäre Mello mit seinem Motorrad in einen LKW gerast, weil er nicht aufgepasst hatte und fast wäre ihm das Herz stehen geblieben. Er war völlig neben der Spur und brauchte erst einmal ein paar Sekunden, um sein wie wild schlagendes Herz zu beruhigen. „Mein Gott Mello“, ermahnte er sich selbst. „Reiß dich zusammen!!!“ Nachdem er sich wieder gefasst hatte, fuhr er weiter durch die Straßen und machte halsbrecherische Manöver um die Kurven. Sein Ziel war wieder das Paradise Hotel. Watari wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und trank ein Glas Wasser. Dass er das noch erleben würde… Die Aufregung war selbst für einen so ruhigen Menschen wie ihn etwas viel gewesen und die Sorge um L wuchs mit jeder Minute, in der er verschwunden blieb. Und die Nachricht von diesem Glas Marmelade verstärkte seine Angst. „Near, wir müssen sämtliche Gefängnisnummern in L.A. und allen anderen im Umkreis von bis zu 40 km heraussuchen und dann nachfragen, ob ein gewisser Rue Ryuzaki inhaftiert ist.“ „Meinen Sie, das ist der Entführer?“ „Das kann ich noch nicht mit Gewissheit sagen. Er wurde vor knapp einem halben Jahr in eine Sicherheitszelle gesperrt und ist für den Tod von mindestens drei Menschen verantwortlich. Ich will damit die BB-Mordserie andeuten.“ Sie teilten sich die Arbeit und riefen jedes einzelne Gefängnis und schließlich sogar die psychiatrischen Kliniken an. Es stellte sich heraus, dass der inhaftierte Rue Ryuzaki, dessen wahrer Name bis heute unbekannt ist, entkommen konnte und bei seiner Flucht vier Gefängniswärter und drei Insassen tötete. „Das darf es nicht sein…. Großer Gott, bitte nicht…“ Gerade wollte Near fragen was los sei, da wurde die Tür aufgerissen und Mello kam keuchend herein. Unter dem einen Arm trug er seinen Helm, in der anderen Hand hatte er seine Tasche dabei. „Da bin ich! Was hab ich verpasst?“ Wataris zitternde Hand wanderte zu seiner Jackentasche und holte seine Tabletten heraus. Auch wenn er ein hochrangiger Wissenschaftler und Erfinder war, so vertrug auch er gewisse Dinge nicht mehr wie früher und auch bei ihm hatte das Alter bereits seine Spuren hinterlassen. Nachdem er seine Medizin eingenommen hatte und Mello Bericht erstattet hatte, begann er die Geschichte zu erzählen. „Rue Ryuzaki oder besser gesagt B war eines der ersten Waisenkinder, die ich in Wammys House aufnahm. Er war ein sehr fleißiger Schüler und sehr gut mit A befreundet. Sie konkurrierten um L’s Nachfolge und sind dabei immer wieder über ihre Grenzen getreten. Das hat A in tiefe Depressionen gestürzt und auch B ging es immer schlechter. Als A sich in seinem Zimmer erhängt hat, erlitt B einen Nervenzusammenbruch und wurde zusehends aggressiver und gewalttätiger. Er griff die anderen Kinder sowie auch Roger an, wobei er diesem den Arm brach, fügte sich selbst Verletzungen zu und war für niemandem mehr ansprechbar. Schließlich verwüstete er sein Zimmer und verließ über Nacht plötzlich das Waisenhaus. Seitdem war er von der Bildfläche verschwunden und L hatte sich auf die Suche nach ihm gemacht, leider erfolglos, bis schließlich die Mordserie von L.A. begann, mit der B den Meisterdetektiven herausfordern wollte. Er wollte sich als viertes Opfer das Leben nehmen, doch ihm war dabei ein Fehler unterlaufen und konnte festgenommen werden. Der Gefängnispsychologe stellte ein hohes Aggressionspotential bei ihm fest und B wurde als gefährlich eingestuft. Nach einem grauenhaften Zwischenfall wurde er dann schließlich in eine Sicherheitszelle gesperrt.“ „Was… was war das für ein Zwischenfall?“ stotterte Mello, fassungslos über diese Geschichte und wagte gar nicht daran zu denken, was für ein Mensch dieser B war. Watari legte das Gesicht in tiefe Sorgenfalten. „B wurde von seinem Zellgenossen verprügelt und hat diesen daraufhin psychisch wie physisch so sehr gefoltert, dass sich dieser die Zunge abbiss und die Augen ausstach. Schließlich starb er an den Blutverlust. B soll dabei seelenruhig zugesehen haben, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.“ Selbst Nears Gesicht verfinsterte sich und eine bedrückende Stille trat ein. Jeder von ihnen wusste, dass sie alle den gleichen Gedanken teilten, nämlich dass L noch Schlimmes bevorstand, wenn sie ihn nicht schnell fanden. Beyond Birthday schien nun bei guter Laune zu sein. Während er ein Liedchen summte, spielte er mit seinem Messer herum und schien den Meisterdetektiven keines Blickes zu würdigen. L’s Angst schien ihm Freude zu bereiten und seine schlechte Laune erheblich zu bessern. Dann blieb er mitten in der Bewegung stehen und drehte sich zu L um. Er strahlte im ganzen Gesicht und L wusste, dass dieses Lächeln nichts Gutes zu bedeuten hatte. Und das lag nicht daran, dass er viel zu pessimistisch dachte. „Mir ist jetzt was echt Gutes eingefallen, was dich betrifft: Du kennst ja diese Horrorspielchen, wo sich der Typ das Bein absägen oder das Auge rausholen musste, um seine Haut zu retten, nicht wahr?“ „Verlangst du von mir, dass ich so etwas ebenfalls tue?“ Als hätte L da gerade einen wirklich guten Witz erzählt, brach der Psychopath in schallendes Gelächter aus und L verstand nicht, was daran so lustig war. „Du bist echt zu komisch Mann…! Nein, ich will mit dir ein kleines Quiz machen. Eine reine Wissensabfrage, darunter auch ein oder zwei persönliche Fragen. Wenn du zehn Fragen richtig beantwortest, nehme ich dir eine Fessel ab und wenn du eine falsch beantworten solltest…“ wieder begann er demonstrierend mit seinem Messer zu spielen „dann wirst du bestraft. Das gilt sowohl für Lügen als auch für halbe Antworten. Wenn ich zum Beispiel nach dem Opfer eines Serienmörders frage und du sagst es sei eine Frau, obwohl es sich um eine schwangere Frau handelt, dann wirst du auch bestraft. Aber keine Sorge, ich will mal nicht ganz so unfair sein. Wenn du zugibst, dass du eine Antwort überhaupt nicht weißt, dann wird die Strafe nicht so schlimm ausfallen, als wenn du eine falsche nennst.“ Misstrauisch verzog L das Gesicht. „Und wieso das denn?“ Euphorisch seufzte Beyond und kam näher an L heran. „Du und ich, wir haben eine Sache gemeinsam: Wir sind sehr schlechte Verlierer. Manchmal ist so etwas viel demütigender, als eine körperliche Verletzung. Und genau diese Demütigung befriedigt mich mehr als dich körperlich leiden zu sehen.“ Wieder brach der Killer in ein unheimliches Gelächter aus und für einen Moment war L so, als sähe er da keinen Menschen, sondern einen Todesengel oder einen Todesgott. Auch wenn er nie an ihre Existenz geglaubt hatte, so war ihm doch so, als stünde gerade ein solcher in diesem Raum. „Und warum sollte ich mich auf dieses Psychospielchen einlassen?“ „Kannst du dir das nicht denken L? Du hast leider keine Alternativen. Du lebst nur so lange, wie mir es gerade gefällt. Da ich keine Lust habe, weiterhin nur zu diskutieren schlage ich vor, wir fangen mit unserem kleinen Quiz an. Also, um einen runden Tisch sitzen einige Leute. Einige sagen immer die Wahrheit, andere lügen immer. Jeder behauptet über seinen Sitznachbar, er sei ein Lügner. Eine Frau behauptet, dass 47 Leute an diesem Tisch säßen. Darauf meint ein Mann verärgert: “Das stimmt nicht, sie ist eine Lügnerin. Es sitzen 50 Leute am Tisch”. Wie viele Leute saßen denn nun am Tisch?“ L kannte solche Rätsel bereits und musste erleichtert feststellen, dass diese erste Frage nicht wieder eine dieser Fangfragen war, mit denen Beyond versuchte ihn auszutricksen. Anscheinend wollte er es langsam angehen um sein Wissen zu testen. L musste schmunzeln. „Der Mann hatte Recht. Da jeder über seinen Sitznachbar behauptet, er sei ein Lügner muss neben jedem Lügner jemand sitzen, der die Wahrheit sagt. Es sitzen also 50 Leute am Tisch.“ Beyond blieb unbeeindruckt und applaudierte, auch wenn dies nur mehr als sarkastisch gemeint war. „Gar nicht mal so schlecht für den Anfang. Zweite Frage: Ein Ritter sollte im Auftrag seines Königs in eine fremde Burg eindringen. Dazu musste er aber den Wachen am Burgtor die richtige Parole nennen, die er leider noch nicht wusste. Er legte sich also nahe dem Tore versteckt in einem Busch auf die Lauer und wartete. Kurz darauf kommt ein Händler auf einem Karren und verlangt Einlass. Der Wächter sagt: 28, was ist deine Antwort? Der Händler antwortet mit 14 und wird eingelassen. Dann kommt eine junge Magd und nun sagt der Wächter: 8, was ist deine Antwort? Die Magd antwortet mit 4 und wird eingelassen. Später steht ein Mönch vor den Stadttoren und der Wächter sagt: 16, was ist deine Antwort? Der Mönch antwortet mit 8 und wird eingelassen. Der spionierende Ritter glaubt nun, alles zu wissen und stolziert mit einem breiten Lächeln vor das Burgtor. Der Wächter verstellt ihm den Weg und sagt: 12, was ist deine Antwort? Ich sage 6, antwortet der Ritter und will weiterlaufen, aber bevor er auch nur einen Schritt machen kann, zieht der Wächter sein Schwert und tötet ihn. Der Ritter hatte die falsche Zahl genannt! Aber was wäre denn richtig gewesen?“ Diese Frage war nun um einiges schwieriger. Da Beyond ihm kein Zeitlimit gestellt hatte, hatte der Detektiv Zeit um nachzudenken, doch das war nicht so einfach denn ohne seine gewohnte Sitzposition nahm seine logische Denkfähigkeit um 40% ab. In seinem Kopf ging L unzählige mathematische Formeln durch und musste zugeben, dass dieses Rätsel wirklich knifflig war. Dann aber, als Beyond langsam ungeduldig wurde, fiel ihm die Lösung ein. „Die Antwort ist 5. Es ist nicht die Hälfte der ausgeschriebenen Zahl, sondern die Anzahl der Buchstaben. Die Zahl 12 hat als Wort geschrieben 5 Buchstaben und wäre somit die richtige Antwort gewesen.“ So ging es weiter mit schwierigen Rätselfragen und schon war L die erste Fußfessel los. Dann wurden Fragen zu Filmklassikern gestellt. Ein Genre, welches L nicht sehr vertraut war. „In dem Film „Cube“ spielt Mathematik eine sehr große Rolle und doch kam es zu schwer wiegenden Logikfehlern. Beispiel: Der Autist Kazan sagte, dass die Zahl 384 einen Primfaktor habe und der Raum somit eine Falle war. Doch leider war hier ein kleiner Rechenfehler. Wie viele Primfaktoren hat diese Zahl und wäre dann eine Falle in dem Raum gewesen, oder nicht?“ So ein Mist, dachte L und biss sich auf die Unterlippe. Er kannte den Film, doch er hatte ihn niemals ganz unter die Lupe genommen und sich mit diesen Logikfehlern beschäftigt. Eine Tatsache die ihm jetzt teuer zu stehen kam. Das Dumme war, dass er nicht in seiner gewohnten Haltung sitzen konnte und seine logische Denkfähigkeit nahm somit um 40% ab und das war eine erhebliche Menge. Außerdem war das ganze Zerlegen in Primzahlen und Potenzen ein Ding der Unmöglichkeit, selbst für einen Meisterdetektiven wie L. Er musste es einfach riskieren. „Die Zahl hatte zwei Primfaktoren, nämlich die 2 und die 3. Demnach wäre der Raum keine Falle.“ Ein schadenfrohes Lächeln spielte sich auf Beyonds Lippen und kicherte leise. „Falsche Antwort“ entgegnete er in einem unheilvollen Singsang und holte sein Messer hervor. „Du vergisst die Potenz 7 der Zahl 2. Zwar wäre der Raum dadurch auch keine Falle aber trotzdem ist deine Antwort falsch. Zeit für deine Bestrafung.“ L wollte sich wehren und protestieren, da wurde ihm ein Knebel in den Mund gesteckt und er musste hilflos mit ansehen, wie sein linker Arm freigelegt wurde. Dann setzte Beyond das Messer an und schnitt ihm mit der Klinge eine blutige Wunde. Diese war nicht sehr tief, doch es schmerzte. Beyond hielt mit der einen Hand L’s Fuß fest, mit dem dieser versucht hatte, den Serienmörder fern zu halten, während er mit der anderen zwei Schnitte ausführte. „Drei für die halbe falsche Antwort. Wenn du eine komplett falsch nennst, gibt das vier Schnitte.“ L’s Wunden brannten wie Feuer und dunkles Blut tropfte herunter. Fasziniert sah Beyond hin, so als wäre dies das Ergebnis eines wichtigen Experimentes. „Wie schön die Farbe des Blutes doch ist, findest du nicht auch?“ Als er schließlich das Werk beendet hatte, betrachtete er eine Zeit lang die blutige Klinge, bevor er sie dann mit einem Taschentuch säuberte. Nun wusste L, dass Beyond ernst machte und seine einzige Chance entweder sein Wissen war oder, dass er seine Niederlage eingestand. Auch wenn es ihm zuwider war. Wer weiß, wie viele Fragen Beyond ihm noch stellen würde und wie viele davon schier unlösbar waren. „Fahren wir fort. Der Film „Freitag der 13.“ ist dir sicher ein Begriff. Kannst du mir den Mörder im ersten originalen Teil nennen?“ „Jason Vorhees!“ „Schon wieder falsch! Im ersten Teil war es seine Mutter, erst ab dem zweiten Teil trat Jason in Aktion. Das erinnert mich irgendwie an den Film „Scream“… die dumme Tussi hat genauso wie du geantwortet und das hat ihr bedauerlicherweise den Kopf gekostet. Schon lustig.“ Diesmal musste L mit vier Schnitten daran glauben. Genüsslich schnitt Beyond ihm noch zwei Mal in den Arm, danach verpasste er ihn zwei Schnitte in den Fußknöchel. Es bereitete ihm sadistische Freude, L leiden zu sehen und als er mit den Schnitten fertig war, schien er einen seltsamen Ausdruck in den Augen zu haben. Er sah ihn irgendwie mitleidig an. „Wenn du dich wehrst, wird es noch unnötig mehr wehtun. Außerdem wird dadurch der Blutverlust noch höher.“ Für einen Augenblick schien es so, als wäre der psychopathische Serienmörder ein kleiner, verstörter Junge im Körper eines Erwachsenen. Vielleicht bestand ja noch eine Chance, wenn L an den Gefühlen dieses kleinen Jungen appellierte, der wahrscheinlich die einzig menschliche Persönlichkeit Beyond Birthdays war. Immerhin wollte diese Persönlichkeit nicht, dass L zu starke Schmerzen litt. Wenn er es geschickt genug anstellte, konnte er Beyond davon überzeugen, ihn frei zu lassen und sich zu stellen. Ganz unmöglich war es ja nicht. Kapitel 4: Vollstreckung ------------------------ Nachdem Watari seinen Bericht beendet hatte, machte er sich ebenfalls auf den Weg, um nach L zu suchen. Mello war wieder zurück zu den Überresten des Wagens gefahren und befragte die Leute. Zum Teil musste er richtig ungemütlich werden, damit er eine anständige Information bekam und fand schließlich heraus, dass ein gebeugter junger Mann mit zotteligem schwarzem Haar und einem blutverschmierten weißen Pullover einen bewusstlosen anderen Mann in einen weißen VW geschleift hatte und davongerast war. Er gab das Kennzeichen an Near durch, der feststellte, dass der Wagen einem Klubbesitzer gehörte und als gestohlen gemeldet war. „Ich hack mich in den Computer der Polizeizentrale ein. Wahrscheinlich finde ich ein paar Hinweise über den Aufenthaltsort des Wagens.“ Es begann zu regnen und die Straßen wurden geflutet. Mello hatte Schwierigkeiten, etwas zu sehen und schaltete das Abblendlicht an. Am liebsten wäre er im Höchsttempo und notfalls bei rot über die Kreuzungen gefahren, nur um L zu finden, doch er wusste genau, dass es riskant war. Er befand sich bereits 10km/h über dem Tempolimit und wäre beinahe von einem LKW überrollt worden. Das Letzte, was er jetzt noch gebrauchen konnte, war eine Polizeistreife oder einen Unfall. Als er wieder das Viertel erreicht hatte, wurde er langsamer und begann alles nach dem Wagen abzusuchen. Vielleicht hatte B die Stadt ja nicht verlassen. Womöglich war er ja noch irgendwo hier und hatte nur zur Tarnung eine kleine Tour mit dem Wagen gedreht, ihn versteckt oder erneut gewechselt und sich dann einen Unterschlupf gesucht. „Near, check mal wie viele Häuser im Südteil von Los Angeles zurzeit unbewohnt sind.“ „Du vermutest also dass er noch hier ist? Die Wahrscheinlichkeit beträgt gerade mal 18%!“ „Wenn er aber davon ausgeht, dass Watari dasselbe denkt, dann steigt die Wahrscheinlichkeit auf 58%. Ich werde hier die Häuser unter die Lupe nehmen, Watari kann ja weiter nach dem Wagen suchen.“ Mello hielt an einem heruntergekommenen zweistöckigen Haus und stellte sein Motorrad ab. Aus seiner Tasche holte er ein Bluetooth Headset heraus und schaltete es ein. „Near, ab jetzt werden wir den Kontakt über Kanal 7 halten. Hast du schon die ersten Adressen?“ Wie sich herausstellte, gab es unglaublich viele unbewohnte Häuser, die zum Teil entweder halb zerfallen oder vom Schimmel oder Parasiten befallen waren. Sie grenzten die Suche auf Wohnungen mit einem großen Keller ein, doch das grenzte gerade mal ein Viertel ein. Sie waren vollkommen in der Unterzahl. So oder so würde es lange dauern, bis sie L fanden. Beyond Birthday war auf einmal vollkommen still geworden. Seinen Gesichtsausdruck konnte L nicht deuten, doch er merkte, dass wieder eine Veränderung in Beyond Birthday vorging, oder es konnte auch sein, dass er gerade einen inneren Kampf zu führen hatte. Die eine Stimme schrie um Vernunft und um Einhalt, während es die andere nach Rache dürstete. Es blieb leider offen, welche nun stark genug war, um die Kontrolle über Beyonds Geist zu erlangen. Vielleicht konnte L dem Ganzen ja einen hilfreichen Schubs geben. „Beyond überleg doch mal. Wir sind gerade mal 25 Jahre alt. Das Leben liegt noch vor uns. Überlege doch, was du alles machen kannst, nachdem du deine Zeit abgesessen hast. Okay das sind so fünfzehn Jahre, aber dann bleiben dir noch mehr als vierzig Jahre, bis du im hohen Alter zufrieden sterben kannst. Die Welt ist nicht vollkommen schlecht, sondern bietet uns so viel. Wenn du willst, komme ich dich im Gefängnis besuchen. Und nach deiner Entlassung kannst du ja bei Watari und mir bleiben. Wir könnten Unterstützung gut gebrauchen.“ „Das ist doch eh gelogen. Das Einzige was dich interessiert, sind nur diese blöden Fälle. Wenn ich mich stelle, dann wirst du mich im Stich lassen, ebenso wenig wie du A im Stich gelassen hast.“ Das war Beyonds kindliche Seite, die da aus ihm sprach und L war sprachlos, wie schnell nicht nur sein Gemütszustand wechselte, sondern auch sein körperliches Verhalten. Sprach da der kleine Beyond Birthday, so schrumpfte dieser zusammen und sah alles nur von unten heraus betrachtet an. Wie ein Kind, welches umgeben von Erwachsenen war. Wenn aber der verbitterte und hasserfüllte Beyond Birthday aus ihm sprach, dann wuchs er zu seiner ganzen Größe, blickte herablassend auf die Welt herab und hatte etwas unglaublich Böses in seinen Augen. So eine Form der Persönlichkeitsstörung kannte L zwar bereits, hatte sie aber in Natura noch nie gesehen und war gleichermaßen fasziniert und abgeschreckt. „Beyond, ich werde dir mein Wort geben, wenn es dir so wichtig ist! Wenn ich etwas verbrochen habe, dann werde ich es auch ausbaden. Ich habe nicht aufgepasst und das hat A das Leben gekostet. Ich kann die Vergangenheit nicht ändern, geschweige denn die Zeit zurückdrehen. Es tut mir aufrichtig leid, was ich getan bzw. nicht getan habe und ich verspreche dir, dass ich mein Wort halten werde.“ Verächtlich spuckte Beyond zur Seite und L erkannte, dass er es nun mit seiner negativen Seite zu tun hatte. Jetzt war Vorsicht geboten, denn diese Seite an Beyond war äußerst gewalttätig und aggressiv. „Du willst mich wohl für dumm verkaufen, oder? Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass….“ Er brachte es nicht fertig, den Satz zu Ende zu bringen. Als ob ihn ein stehender Schmerz quälten würde, fasste er sich am Kopf und begann gequälte Schreie von sich zu geben. Was war jetzt mit ihm los? L wollte etwas sagen, doch er hielt es für klüger, besser nichts zu sagen und beobachtete den seltsamen Vorgang. Beyond schien schwer mit sich zu kämpfen zu haben. Er warf sich herum, schrie laut auf und schleuderte Gegenstände durch den Raum. Dann sank er schwer atmend zu Boden, den Blick hatte er gesenkt, sodass man nicht erkennen konnte, welche Persönlichkeit nun den Kampf entschieden hatte. „Beyond?“ fragte L zögernd und hörte ein leises Schluchzen, gefolgt von einem unheimlichen Lachen. Für einen Moment dachte L, dass das Monster in ihm die Kontrolle übernommen hatte, aber dann bemerkte er, dass seine Augen ausdruckslos waren und er einen mehr als kühlen Gesichtsausdruck hatte. „Es hat keinen Sinn mehr, in dieser Richtung weiter zu machen…“ Er wanderte zu einer dunklen Ecke und nahm einen Baseballschläger in die Hand. Hatte er etwa vor, ihn damit zu erschlagen? Seinen Schädel so lange mit Schlägen zu bearbeiten bis sein ganzes Gesicht nicht mehr identifizierbar war? L wurde bewusst, dass er ihn nicht mehr aufhalten konnte und die Angst stieg in ihm auf. Zwar war er oft in verschiedenster Weise mit dem Tode konfrontiert worden, aber das bedeutete doch nicht, dass er jetzt schon sterben wollte. Er wollte nicht sterben, er hatte doch noch so viel vor. „Warte Beyond! Wir können doch über alles reden.“ „Die Zeit des Redens ist leider vorbei. Es wird Zeit, die Sache endlich zu beenden. Findest du nicht auch?“ Gemächlich kam er auf ihn zu und der Metallschläger kratzte über dem kalten Betonboden. Beyond war jetzt ganz ruhig. Wie ein Henker kam er auf ihn zu und als er dann nahe genug war, hob er zeitlupenartig den Schläger hoch und sah L mit seinen kalten schwarzen Augen an. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich dir eine Lektion fürs Leben erteilen werde. Nun wirst du meinen Schmerz fühlen…“ L wollte noch etwas sagen, doch da sauste der Schläger nieder und traf ihn hart am Kopf. Blut trat aus der Stelle heraus und der Meisterdetektiv verdrehte die Augen. Sein Kopf fiel kraftlos zur Seite. Wieder erhob Beyond den Schläger, so als wartete er darauf, dass noch ein Lebenszeichen von seinem Widersacher kam, doch dieses kam nicht. Vorsichtig ging er zu ihm hin, zog seinen Kopf an den Haaren hoch und betrachtete ihn genauer. „Ach Mist, schon vorbei… nun denn… Ich hatte ja genug Spaß mit ihm. Dann wollen wir mal weitermachen…“ Mello hatte inzwischen mehr als ein Dutzend Häuser abgeklappert und leider keine Spur von L. „Near, gibt es noch irgendein Haus, welches sich eventuell noch eignen würde?“ „Es gäbe da ein Haus in der Insist Street… Nummer 220. Es liegt direkt neben dem Haus, in dem das erste Opfer Believe Bridesmaid ermordet wurde. Keine zehn Minuten von hier.“ Ja genau, die Insist Street. Wieso war Mello nicht gleich darauf gekommen? Es würde sicher zu so einem kranken Geist wie B passen, seine Rache in der Nähe des Ortes zu üben, wo seine Mordserie begann. Schnell setzte Mello sich auf seine YAMAHA und raste davon. Er durfte keine Zeit verlieren, wenn er B fassen wollte. Immerhin hatte dieser es gewagt, sein großes Vorbild zu entführen und wahrscheinlich sogar zu foltern. Er mochte sich gar nicht vorstellen, was L alles ertragen musste und erschauderte schon bei dem Gedanken, wie L wohl zugerichtet sein würde, wenn er zu spät kam. Der Körper mit unzähligen Schnitten und Stichen übersät und blutüberströmt. Das Gesicht zu einer Fratze des Grauens verzerrt, die nur einen Bruchteil des Alptraums wiedergab, den er durchleben musste. Wahrscheinlich hatte dieser Mistkerl B diese Folternummern aus diesen Saw-Filmen durchgezogen und sich dabei richtig gut gefühlt. Wer weiß, was er L alles angetan hatte. Watari gab durch, dass er ebenfalls auf dem Weg war und dass Mello um Himmels Willen auf ihn warten sollte. Einem Mörder wie B war er nicht gewachsen, auch wenn Mello ein paar Griffe aus dem Karateunterricht gelernt hatte. B war ein geisteskranker Psychopath, der ohne zu zögern Kinder wie auch Erwachsene tötete. Wenn er ihnen auflauern würde, dann hätte Mello schon das Messer in der Brust bevor er überhaupt wusste wie ihm geschah. Das kann der sich abschmieren, dachte Mello und bog in die Madison Street ein, die der kürzeste Weg zur Insist Street war. Ich alleine werde B festnehmen, L retten und beweisen, dass ich um einiges besser als dieser Near bin. So gefährlich kann dieser B schon nicht sein, wenn er es nicht einmal mit L aufnehmen konnte, als er diesen herausgefordert hatte. Gut, bei der Entführung hatte L nicht genug aufgepasst und das war ihm teuer zu stehen gekommen, doch Mello würde besser aufpassen. Er war fast 15 Jahre alt und alt genug, um so einen Verbrecher festzunehmen. In weniger als zehn Minuten halsbrecherischer Fahrt hatte er endlich die Insist Street erreicht. Bereits am Straßenbeginn war er abgestiegen und hatte sich zunächst in eine Hintergasse zurückgezogen. Er wollte keine Aufmerksamkeit erregen und begann sich zu bewaffnen. Pfefferspray… Elektroschocker…. Im Motorradkoffer lag eine kugelsichere Weste, die er sich anzog, dann verließ er die Hintergasse und stieg durch ein offen stehendes Fenster ein. Das Haus war verlassen. Nur ein paar kaputte oder vermoderte Möbel standen noch da, aber ansonsten war alles leer geräumt. Der Keller war über die Küche zu erreichen, wo es zunächst die Stufen hinunterging und unten stand eine Tür. „Also los! Du schaffst das schon“, feuerte der Wammy-Sprössling sich selbst an und schlich lautlos zur Kellertüre hin. Vorsichtig legte er ein Ohr an die Türe, um Geräusche oder Stimmen zu hören. Nein, es war Totenstille und die Tür war abgeschlossen. Es war ebenfalls eines dieser speziellen Türschlösser, die auch die drei Opfer der BB-Morde besaßen. Passte irgendwie zu dem Kerl… Zum Glück hatte Mello schon immer ein sehr handwerkliches Geschick gehabt und schaffte es tatsächlich, mit einem Draht das Schloss zu öffnen. Bevor er aber den Raum betrat, holte er seine Taschenlampe mit extra starker Leuchtkraft hervor. Diese hatte den Effekt, dass der Gegner durch das Licht geblendet wurde und damit wehrlos war und so etwas konnte sich Mello zunutze machen und B damit blenden, um ihn dann mit dem Elektroschocker außer Gefecht zu setzen. Mit einem heftigen Ruck riss er die Tür auf und leuchtete den Raum ab. Nichts… der Entführer war bereits verschwunden. Dafür aber fand Mello etwas anderes. Auf dem Boden, neben einem Holzstuhl lag auf dem Bauch ein schwarzhaariger junger Mann. An den Armen hatte er Schnittwunden und er blutete am Kopf. „L!“ rief Mello entsetzt, ließ beinahe die Taschenlampe fallen und rannte zu ihm. Keine Reaktion. Vorsichtig drehte Mello ihn auf den Rücken um ihn zu untersuchen. Große Erleichterung stieg in ihm auf, als er feststellte, dass er noch atmete. Zwar schwach, aber auch sein Herz schlug regelmäßig. Er war noch am Leben… Kapitel 5: Todeskampf --------------------- Als Watari eingetroffen war, hatte Mello bereits notdürftig Erste Hilfe geleistet und das Haus abgesichert. Sofort wurde der Bewusstlose ins Hotel gebracht, wo er ärztlich versorgt wurde. Watari, der L’s Anonymität nicht aufs Spiel setzen wollte, holte eine bekannte Ärztin zu Hilfe, die sich um die Verletzungen kümmern sollte. „Wie geht es ihm?“ fragte Mello besorgt, der die ganze Zeit mit Near im Nebenzimmer warten musste. Die Chirurgin, die eine gute Freundin von Watari war, kam gerade aus dem Krankenzimmer und packte ihre medizinischen Instrumente wieder in den Koffer. „Die Schnitte, die der Entführer ihm zugefügt hat, sind nicht sonderlich tief, jedoch hat er eine entzündete Verletzung an der Handfläche, die darauf schließen lässt, dass der Entführer ihm mit aller Kraft das Messer in die Hand gestoßen hatte. Daraufhin hat er ihm ein Tuch darum gewickelt um den Blutfluss zu stoppen. Außerdem hat er einige tiefere Schnitte am rechten Fußgelenk. Diese mussten genäht werden, aber ansonsten hat er keine schwereren Verletzungen.“ „Was für ein Glück…“, seufzte Mello und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Near sagte gar nichts dazu, jedoch sah man ihm die Erleichterung an. „Wenn er wieder bei Bewusstsein ist, könnt ihr zu ihm. Wenn ihr entschuldigt, ich brauche eine kleine Pause.“ Watari war die ganze Zeit an seiner Seite geblieben und machte sich schreckliche Vorwürfe. Hätte er besser aufgepasst, dann hätte er L nicht in diese Lage gebracht. Es war ein reines Wunder gewesen, dass L dies überhaupt überlebt hatte. Vielleicht war B erneut ein Fehler unterlaufen und er hatte nur geglaubt, L sei tot. Oder wollte er L am Leben lassen, weil er noch irgendetwas vorhatte? Wer weiß… vielleicht wusste L ja Antwort, wenn er überhaupt noch aufwachte. Die Ärztin namens Kathy Barrel hatte ihm gesagt, dass es wahrscheinlich war, dass L in ein Koma fallen könnte. Zwar betrug diese Wahrscheinlichkeit gerade mal 7%, aber selbst diese Zahl machte Watari fast verrückt. „Es tut mir leid L, so unendlich leid. Es ist alles nur meine Schuld…“ „Wa… Watari…. Wo sind wir hier?“ Langsam öffnete der bis eben noch Bewusstlose die Augen und blinzelte Watari schwach an. Die Freude des 70jährigen fand keine Grenzen und am liebsten wäre er in Freudenschreie ausgebrochen, doch er konnte sich zusammenreißen. „Wir sind hier im Hotel. B hat Sie niederschlagen und ist geflohen. Haben Sie noch irgendwo Schmerzen?“ „Besser wäre die Frage, wo ich keine Schmerzen habe.“ Er ist wieder ganz der Alte, stellte Watari erleichtert fest und gab ihm noch eine kleine Dosis Schmerzmittel. „Keine Sorge, wir werden diesen B schnappen.“ „Sein wahrer Name ist Beyond Birthday. Wenn Sie mir noch eine Stunde Zeit lassen, dann bin ich wieder auf den Beinen. Ich möchte ihn eigenhändig festnehmen.“ Da Watari wusste, dass L ein ausgemachter Sturkopf war, machte er gar nicht erst die Anstalt, ihm das auszureden und unterstützte ihn dabei, wieder schnell auf die Beine zu kommen. Zunächst wankte er bedrohlich und es sah so aus, als würde er jeden Moment wieder ohnmächtig werden. Er schleppte sich zur Kommode und blieb dort erschöpft stehen. „Ich… ich werde noch ein Weilchen brauchen, bis ich mich davon erholt habe. Mein Kopf fühlt sich an wie ein Presslufthammer und ich habe erhebliche Kreislaufschwierigkeiten. Liegt es an diesen Medikamenten?“ „Höchstwahrscheinlich. Einige der Wunden mussten genäht werden, aber keine Sorge. Das vergeht wieder. Legen Sie sich besser wieder hin. Near, Mello und ich kümmern uns schon um diesen Beyond Birthday.“ Etwas verwirrt sah ihn der Kranke mit seinen Pandaaugen an. „Wer?“ „Zwei Kinder aus dem Wammy-Waisenhaus. Sie haben mich bei der Suche tatkräftig unterstützt und wollen Sie gleich besuchen kommen.“ Er ist noch etwas neben der Spur, dachte Watari und konnte es ihm auch nicht verübeln. So ein Schlag gegen den Kopf hätte ihn auch schnell das Leben kosten können, wenn er entweder fester oder von einer anderen Seite zugeschlagen hätte. Ein solcher Schlag auf den Hinterkopf hätte tödlich enden können und eigentlich konnte L froh sein, dass er noch lebte. Naja… es war eigentlich nicht seine Art sich mit kleinen Nebensiegen aufzuhalten, wenn er eine Hauptniederlage einstecken musste. Und die war, dass Beyond Birthday entkommen war. „Dieser Mistkerl hat gelogen…“ „Hä?“ Watari war jetzt völlig perplex und wusste erst gar nicht, was plötzlich in L gefahren war. Seine sanfte und ruhige Stimme war wie ausgewechselt. Sie war viel tiefer als gerade eben und ehe Watari sich versah, steckte ein Messer in seinem Bauch. Die böse funkelnden Augen Beyond Birthdays starrten ihn an. „Dieser Dreckskerl hat von Anfang an versucht, mich hinters Licht zu führen. Behauptet doch tatsächlich, dass er mich nach meiner Entlassung aufnehmen würde. Zum Glück weiß ich es besser.“ Fassungslos sah Watari ihn an und stolperte zurück. Er konnte nicht glauben, was da gerade geschah. Der Mann, den er bis jetzt für L gehalten hatte, war ein hasserfüllter Serienmörder, der grinsend ein blutiges Messer in der Hand hielt. „Ich habe ihm gesagt, dass er meinen Schmerz fühlen wird. Er wird den Menschen verlieren, der ihm am meisten bedeutet. Ich werde dich töten und ihm die Lektion seines Lebens zu erteilen. Ich werde dir deine verdammte Kehle durchschneiden und mit Genuss sehen, wie sehr L um dich trauern wird, du elender, seniler Tattergreis!“ Verzweifelt versuchte Watari, sich gegen die Angriffe zu wehren und bekam einen zweiten Stich in die Schulter. Vor Schmerz schrie er auf und Mello kam ins Zimmer hereingestürmt. „Was zum…“ „Lauf Mello! Lauf sofort weg!“ Ruckartig drehte Beyond Birthday seinen Kopf in Mellos Richtung, das Messer angriffsbereit. Blut tropfte von der Klinge und ein bösartiges Grinsen spielte sich auf seine Lippen. Mello war wie zur Salzsäule erstarrt und rührte sich nicht vom Fleck. Wie ein Mahnmal des Bösen richtete Beyond sich zu seiner ganzen Größe auf und zeigte mit der Messerspitze in Mellos Richtung. „Du bist der Nächste.“ Jegliche Gesichtsfarbe wich aus Mellos Gesicht und er stolperte nach hinten. Er fiel zu Boden und rutschte nach hinten, bis seine Flucht an der Wand endete. Wieder wurde die Tür geöffnet und die Ärztin kam herein, gefolgt von Near. Als sie Watari sah, schrie sie entsetzt auf und sofort war der Mörder bei ihr. Sein Messer durchbohrte ihren Bauch und unter Schmerzen krümmte sie sich stöhnend zusammen, bis sie ein zweiter Stich in die Brust traf. Leblos fiel sie zu Boden und Blut besudelte ihre weiße Kleidung. Sie war sofort tot. Near wich einen Schritt zurück und als Beyond mit dem Messer auf ihn losgehen wollte, holte dieser das Pfefferspray heraus und sprühte seinem Angreifer eine Dosis in die Augen. Schreiend ließ Beyond das Messer fallen und versuchte, sich das Zeug aus den Augen zu reiben. Blind schlug er um sich und traf den Near ins Gesicht, wobei dieser der Länge nach hin fiel. Mello sah zitternd zu Watari, der hilflos am Boden lag und seine Hand auf die blutende Wunde hielt. Dann sah er zu der toten Ärztin, die ihn mit ihren toten Augen anzustarren schien. Dann zum bewusstlosen Near, dessen Nase anfing zu bluten. Blinde Wut ergriff von ihm Besitz und mit einem Kampfschrei stürzte er sich auf Beyond Birthday. „Du elender Dreckskerl!“ brüllte er und versuchte, Beyond genau dort zu verletzen, wo es ihm am meisten wehtat: Die unzähligen Schnittwunden, die er sich selbst zugefügt hatte, um seine Narben zu überdecken. Auch wenn Beyond durch das Pfefferspray kaum etwas sehen konnte und so gut wie wehrlos war, kämpfte er wie ein Wilder und das machte es Mello umso schwerer, ihn zu überwältigen. Ihn von vorne anzugreifen, wäre trotz des Heimvorteils reiner Selbstmord gewesen und so stürzte er sich von hinten auf ihn. Als Beyond wieder einigermaßen sehen konnte, trachtete er danach, wieder an das Messer zu gelangen, um auch diese Nervensäge ein für alle Male loszuwerden. Mellos Arme umschlangen Beyonds Hals und zogen immer fester zu. Er versuchte, Beyond durch massives Würgen zu besiegen und bekam zur Antwort einen Stoß mit dem Ellebogen in die Magengrube. Dann riss sich Beyond los und versuchte an das Messer zu gelangen. Mello reagierte sofort, packte ihn an den Fußknöcheln und zog ihn kräftig nach hinten. Beyond schaffte es nicht, sich rechtzeitig abzufangen und fiel zu Boden, wobei er die Kommode mit sich riss. Wütend begann Beyond nach dem 14jährigen zu treten und landete einen Treffer in seinen Brustkorb. Die ganze Luft wurde aus Mellos Lungen gedrückt und er hatte das Gefühl zu ersticken. Er rang nach Luft und hustete dabei. Beyond hatte inzwischen sein Messer wieder in Besitz genommen, von dessen Klinge Wataris Blut und das der Ärztin tropfte und rappelte sich wieder auf. „Du mieser kleiner Bastard. Ich schlitz dir den Bauch auf und werde dich deiner Eingeweide entledigen. Dann nehme ich mir den Zwerg vor.“ Mello war zu erschöpft, als dass er noch hätte weiterkämpfen können. Brust und Rippen schmerzten stark und er bekam kaum Luft. Vor seinen Augen tanzten bereits kleine Sterne und so wie es aussah, konnte er auf Hilfe von Nears Seite nicht hoffen. Dieser war total ausgeknockt und auch Watari war kaum in der Lage, noch irgendetwas zu unternehmen. Das war’s, dachte Mello während Beyond Birthday immer weiter auf ihn zukam, das Messer angriffsbereit haltend. Das ist das Ende. Hier wird dich niemand mehr herausholen. Er schloss die Augen und erwartete jeden Moment den stechenden Schmerz der Klinge. Jetzt werde ich sterben müssen… Doch der erwartete Stich kam nicht. Im Gegenteil. Jemand schrie auf und ein heftiges Poltern war zu hören. Mello öffnete die Augen und sah das Unfassbare: Zwei Beyond Birthdays hatten sich zu Boden geworfen und kämpften gegeneinander. Nein, es waren keine zwei B’s. Es war L, der einzig wahre L. Er war ins Zimmer geeilt und hatte Beyond davon abgehalten, ihn, Mello, zu töten. Doch leider war L ziemlich angeschlagen und konnte nicht viel ausrichten. Die Wunden, die Beyond ihn an derselben Stelle zugefügt hatte, schienen ihm mehr zu schaffen zu machen, als Beyond selbst und wenn Mello nichts unternahm, dann würde L sterben. Zitternd richtete er sich auf, kletterte über die umgestoßene Kommode und eilte zu seiner Tasche. Dort hatte er den Elektroschocker. Damit musste dieser Wahnsinnige doch zu bekämpfen sein. Auch wenn seine Rippen und seine Brust ihm die Luft abschnürten, quälte sich Mello weiter und als er sah, dass Beyond L mit einem Messerstich in die Schulter zu Boden gerungen hatte, stürmte Mello in einem letzten Kampfgeschrei auf ihn zu und drückte ihm das surrende Gerät mitten auf die Brust. Der Körper Beyonds zuckte kurz auf, dann verdrehte er die Augen und ging mit einem letzten Ächzen zu Boden. Vorsichtig trat Mello ihm das Messer aus der Hand und wartete, ob dieser sich vielleicht noch bewegte. Fehlanzeige. Beyond war endgültig zu Boden gegangen. Schwer atmend stand Mello da inmitten dieses Blutbades. Der Elektroschocker glitt ihm aus der Hand und fiel zu Boden. Tränen der Verzweiflung rannen sein Gesicht runter und er fiel auf die Knie. Er hatte es geschafft. Er hatte Beyond Birthday besiegt. Sie hatten Glück im Unglück gehabt. Mello kam mit einer Brustkorbprellung, zwei gebrochenen Rippen und einem Schock davon. Near, der in dem Moment, wo Mello ohnmächtig wurde, wieder zu sich kam und den Notarzt anrief, hatte eine gebrochene Nase und eine Gehirnerschütterung. Watari hatte zwei Stichverletzungen: Im Bauch und eine an der Schulter erlitten und einen starken Blutverlust, überstand die Sache aber. L hatte es schlimmer erwischt. Zumal hatte er die gleichen Verletzungen wie Beyond Birthday, die dieser sich nach der Folter selbst zugefügt hatte, eine Platzwunde am Kopf und eine Stichverletzung an der Schulter, die genäht werden musste. Ebenso schwer hatte es Beyond Birthday erwischt, der zwar keine Stichverletzung in der Schulter hatte, aber durch den Elektroschock erlitt er einen Herzschaden, den er für sein ganzes Leben behalten würde. Der Ärztin, die nichts ahnend den falschen L versorgt hatte, war nicht mehr zu helfen. Der zweite Messerstich hatte ihr Herz durchbohrt und so musste ein weiteres Opfer auf die lange Liste Beyond Birthdays gesetzt werden. Near erlitt neben der Gehirnerschütterung eine Amnesie, wodurch er den blutigen Kampf gegen Beyond Birthday und die Entführung L’s vergaß. Auch nach Jahren konnte er sich nicht mehr daran erinnern. Near und Mello wurden früher aus dem Krankenhaus entlassen und flogen wieder nach Winchester ins Waisenhaus zurück. Die Entlassung L’s, Wataris und Beyond Birthdays dauerte vier Wochen, dann wurde der Fall Beyond Birthday vor Gericht getragen. Sein Plan, Watari zu täuschen, indem er sich selbst verletzte, um seine vorgetäuschte Identität zu verstärken und ihn, Near und Mello zu ermorden, war gescheitert. Er war überführt und musste sich nun vor Gericht verantworten. Dieses Mal wegen siebenfachen Mordes, Freiheitsberaubung, schwerer Körperverletzung, Totschlags, illegalen Einsatz von Betäubungsmitteln und zweifachen Autodiebstahles. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zum Tode. Dieses Urteil sollte Jahre später vollstreckt werden, um noch einen Zeitraum für weitere Ermittlungen zulassen, die ihn eventuell entlasten könnten. Da L seine Anonymität bewahren wollte, wurde die Gerichtsverhandlung als absolut geheim eingestuft und nur äußerst vertrauenswürdige Juristen wurden ausgewählt. Darunter auch ein junger Staatsanwalt, der als Wammy-Sprössling den Buchstaben J trug. Beyond Birthday kam schließlich ins Gefängnis und der Fall war somit abgeschlossen. Doch für L würde dieser Fall niemals ganz abgeschlossen sein. Er hatte körperliche wie auch seelische Wunden davongetragen und es würden Narben zurückbleiben, die ihn immer an diese Entführung und Folterung erinnern würden. Auch würde er sich für den Rest seiner Tage daran erinnern, was er zwei kleinen Waisenjungen damals angetan hatte, nur weil er sich von einem anderen Fall hatte zu sehr ablenken lassen und er somit den wahren Ernst der Lage nicht erkannt hatte. Es gab eben Wunden, die selbst die Zeit nicht würde heilen können. Ungefähr zwei Monate später waren die meisten körperlichen Wunden verheilt. Watari öffnete die Wagentür und L stieg ein. „Wir haben einen neuen Fall Watari: Eine Reihe mysteriöser Todesfälle. Innerhalb von drei Tagen sind 50 Verbrecher an Herzversagen gestorben, davon mehr als zwei Drittel in Japan.“ „Glauben Sie dass es kein Zufall ist?“ „Die Leute glauben nicht an einen Zufall, sondern, dass ein Mensch dahinter stecken könnte. Sie nennen diesen Kerl Kira, den Richter der Verbrecher. Watari… ich habe das Gefühl, als wäre dies mein letzter Fall.“ Ein trauriger Gesichtsausdruck lag nun auf dem Gesicht des Meisterdetektiven und er sah geistesabwesend aus dem Fenster des Wagens. „Vielleicht… vielleicht ist es auch besser so. So langsam beginne ich nämlich zu zweifeln, ob all meine Entscheidungen jemals richtig waren…“ „Ist es wegen Beyond Birthday?“ „Unter anderem Watari… unter anderem…“ Hosted by Animexx e.V. 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