Tim Burtons - Alice im Wunderland 2 von Clarice (*~*Der Erbe der weißen Königin*~*) ================================================================================ Kapitel 16: - Ein Dilemma kommt selten allein... ------------------------------------------------ Ein letztes Mal an diesem Abend kehrte Tarrant in sein eigenes Schlafgemach zurück. Dies befand sich direkt im Anschluss an sein Arbeitszimmer, welches er zu durchqueren hatte. So passierte er in seiner Gedankenwelt gefangen, die Unterkunft seiner tierischen Freundin. //Kennen...//, fesselte es ihn immer noch. Die Möglichkeit, dass Alice sein Werk aus alter Zeit gefunden hatte, lang mehr als nur in einer weiten Ferne seiner Vermutungen. Plötzlich allerdings rumpelte es aus der rechten Reichweite seines Gehörs und somit aus der Richtung von Mallymkuns kleinem Häuschen. Tarrant hielt inne. Im nächsten Moment kullerte ein kleiner Fingerhut an seine Schuhe, wie auch, das aus der Entfernung Feder und Papierfetzen in die Luft flogen. Dazu gesellten sich unverständliche Flüche. Wie schon so oft an diesem Tag, hob der Hutmacher eine Braue. Was war nur in sein kleines Mäuschen gefahren? Hatte sie etwa jemand verärgert oder war gar etwas passiert? Tarrant nahm den Fingerhut an sich und trat ohne zu zögern näher. Senkte sich etwas zu ihrer Unterkunft hinab, achtend darauf nichts von ihrem Wutanfall an den Kopf geworfen zu bekommen. “Mally? Was tust du da?”, erklang es verwundert und den Mund ein wenig, fast wie zum ´schmollen´, zusammen gezogen. Der Körper der Haselmaus zuckte überrascht und stoppte hierauf für diese Sekunde in seinem Treiben. //Nicht doch!// ER war nun nicht derjenige, den sie grade unbedingt sehen wollte. Und warum war er schon wieder zurück von Alice? “Aufräumen!”, antwortete sie kurz und knapp. Den Tonfall klar definiert, dass er sie in Ruhe lassen sollte, auch wenn ihr so eine Redensart mit dem Hutmacher schwer fiel. Nun wanderte auch Tarrants zweite Braue hinauf. Ihre Tonlage wohl verstehend. Und genau deshalb, würde er es ihr nicht so einfach machen. Das war nicht seine Mally. Schließlich waren sie doch Freunde und als solche bemühte man sich eben diesen wieder heiter zu stimmen, wenn er miesepeterig schien. Zudem verstand er nicht, warum sie scheinbar ihre Inneneinrichtung zu Nichte machte. “Ein seltsames Aufräumen, wenn man alles hinaus wirft, findest du nicht? Und seit wann magst du den Fingerhut nicht mehr, den ich dir geschenkt habe...?”, versuchte er sich weiter der Maus zu nähern. “Du kannst ihn gern wieder haben!”, kommentierte sie es weiter kühl zurück. “Aber... Mally?!”, entrüstete es ihn nun doch, was sich auch deutlich in seinem Gesicht widerspiegelte. “Ich will das alles hier nicht mehr!”, riss sie weiter an ihrem Hab und Gut. “Und warum schenkst du ihn nicht Alice? Sie kriegt ja scheinbar eh alles was sie will...”, zeterte Mally unüberlegt weiter. Des Hutmachers Augen wurden immer größer, je weiter seine Freundin sprach. Was war nur in sie gefahren, das sie sich derartig äußerte? “Aber er war ein Geschenk an dich. Du solltest nicht so böse über Alice reden, Mally. Und warum bekommt sie alles was sie will?”, kam es weiter fragwürdig. “Sie will dir bestimmt nicht dein Häuschen wegnehmen oder etwas anders und wenn sie auch einen Fingerhut möchte, gebe ich ihr einen anderen”, lächelte er nun versucht. Die kleine Haselmaus, die mit dem Rücken zu Tarrant stand, verzog weiter unerfreut das Gesicht. //Nein, weil sie mir das Wichtigste in meinem Leben bereits weggenommen hat!// Er hingegen verstand es nicht. Er schien gar nichts zu verstehen! Und wessen Schuld war das alles? So seufzte sie erneut. Mallys Freund allerdings entging der Atemausstoß nicht, schob seine Hand in ihr Zuhause und stupste sie mit dem Finger das sie sich umdrehen sollte. “Komm schon Mally... Hm? So habe ich dich ja noch nie erlebt... ich...”, setzte er an. Doch sogleich unterbrach ihn das Nagetier: “Ja und wenn schon! Hutmacher... Warum... warum reichte es nicht Alice hier her zurückzubringen? Ich... Ich mein...”, schluckte sie nun unmerklich. //Nein Mally, tue es nicht! Er wird auch dies nicht verstehen... Und... und ich darf nicht...// “Was meinst du?”, äußerte der Hutmacher fortführend, ohne der Lage verstehend Herr zu werden. “Alice einfach nur... zurückzubringen?” Resignierend wandte sich Mallymkun nun zu Tarrant um und versuchte ihre Sorge und ihren wahren Gefühlszustand nicht zu sehr über ihre Augen aufflammen zu lassen. “Hast du etwa alles was war schon vergessen? All die Jahre zuvor? Wie schlecht es dir ging? Und das alles nur wegen ihr? Es hat sie doch nicht ein Stück geschert... Sonst hätte sie dich und all das hier nicht einfach so ungeachtet vergessen, findest du nicht?”, tastete sich die Maus nun jedoch heran. Vergessen? All die Jahre zuvor? Sicher hatte er nicht vergessen wie es ihm in Alice` Abwesenheit ergangen war und ja es stimmte, in dieser Zeit war die Sehnsucht nach Alice alles worum sich sein Dasein drehte. Wie könnte es das nicht? Aber diese schreckliche Zeit war schließlich endlich vorbei. Alice traf in seinen Augen keine Schuld. Immerhin hatte ihre Welt ihre Finger mit im Spiel gehabt. Vielleicht hätte sie damals nicht erst gehen dürfen, aber hätte er sie denn zwingen sollen, bei ihm zu bleiben? Undenkbar! Mally wusste dies doch eigentlich ebenso! Warum nun solche Vorwürfe? Wie hätte er auch je erahnen können, was seine beste Freundin wirklich bewegte und eben genau diese Worte daraus resultierten? Ihm hingegen, erfasste eine völlig andere Erläuterung für diese Situation. Daher glaubte Tarrant, das ihm endlich ein Licht aufging was sein Gegenüber betraf. Ja, anders konnte es nicht sein! Zuzüglich war er nun sehr froh, dass seine Kleine ihn außerdem anblickte. So verstärkte sich das Lächeln auf seinen Lippen. “Ach Mally, wie lieb das du dich so um mich sorgst, aber du musst keine Angst haben das Alice uns wieder verlässt. Das kann sie doch nun auch nicht mehr, das weißt du doch. Nun wird sie für immer hier mit uns leben. Sie und ich haben doch eine Aufgabe zu erfüllen. Und bitte, sei ihr nicht böse, ja? Ich war es ihr nie. Im Gegenteil. Alice hat dich doch genau so gern, wie ich auch. Und du bist doch außerdem meine beste Freundin, oder nicht? Erinnere dich an unsere schönen Zeiten?! Wie viel Spaß wir hatten?! Wie oft hast du mich wieder zum Lachen gebracht, wenn ich es verloren hatte?”, hielt Tarrant sein aufmunterndes Lächeln und sogar ein kleiner Hauch Lispelei war zu vernehmen. Mallymkun konnte es nur leider nicht erwidern. Immer weiter stach er in ihr kleines Herzchen ohne es zu registrieren. Es wurde, desto weiter er sprach klarer, dass er die falschen Schlussfolgerungen gezogen hatte. Aber hatte sie was anders erwartet? //Sie mich mögen? Pfff! Ich sie aber nicht! An unsere schöne Zeit denken? Ich tue doch nichts anders... Ach Hutmacher...?! Warum tust du mir das nur an?// Wieder knickten sich ihr kleinen Öhrchen zusammen, wie sich ebenfalls ihr Haupt neigte. //Beste Freundin? ... hmm!// “Aber ich... ich... Warum können wir nicht wieder so einen Spaß haben, du und ich?”, sprach sie nur den einen Punkt aufgreifend an. “Oh, aber das können wir doch! Bitte schau nicht so, ja? Nun werden wir ihn alle zusammen haben. Nur weil ich jetzt der König bin und Alice morgen meine Frau wird, schränkt sich doch diesbezüglich nichts ein. Dazu hoffte ich doch sehr, dass du mir morgen auch tatenkräftig zur Seite stehst, auf diesen neuen Werdegang?! Ich hoffte, auf dich zählen zu können, Mally?!” Hierauf schob Tarrant ihr sein kleines früheres Geschenk zurück in ihre Stube. “Bitte...?”, bat er die Haselmaus mit einem sprichwörtlichen Hundeblick. Mit dem Daumennagel am Mund auflehnend, konnte eben diese nun nicht mehr drum herum, ein weiteres Mal seufzend nachzugeben, bei der Art seiner Ausführung. Er schaffte es immer wieder sie mit genau solchen Blicken weich zu klopfen, ob sie wollte oder nicht. Doch sie wollte ihn eben so wenig enttäuschen und Alice den, ihrer Ansicht nach tragenden, egoistischen Rang abschwätzen. “Na gut, na gut... Du hast gewonnen!”, antwortete Mally und schenkte ihm immer noch in der kleinen Wehmut ein Schmunzeln, auch wegen ihren zurückerhaltenden Fingerhut. Das Lächeln des Hutmachers verstärkte sich sogleich, sodass Mallymkun sogar seine Zähnlücke erfasste, wie, dass er seinen Augen kurz erfreut, blinzelte. “Ich freue mich. Du wirst sehen, nichts wird mehr so sein wie es mal war. Es wird keine Sorgen mehr geben”, führte er weiter aus. “Und damit wir morgen auch bei vollen Kräften sind, sollten wir uns nun ausruhen, meinst du nicht auch? Aber zerstör dabei nicht weiter dein Häuschen, ja?”, zwinkerte er und richtete sich wieder auf. Die Haselmaus nickte weiter mit dem Ansatz des eher erzwungenen Schmunzelns. Doch kaum, das er sich von ihr für diesen Abend verabschiedete und ihr dabei eine gute Nacht gewünscht hatte, kehrte die Beklemmnis in ihr Inneres wieder ein. Wollte sie mit dieser Verwüstung ihres Schlafplatzes nicht die Spuren der Erinnerung löschen? Wollte sie nicht eigentlich diese Nacht alles wieder einmal hinter sich lassen? Nun hatte sie sich ja in ein schönes neues Dilemma gebracht. //Wie konnte ich nur?// Wobei jemand anderes in Alessien, welches hinter dem Raupenwald lag, dies bald auch von sich behaupten können würde. Mehr durch Zufall, bemerkte die kleine rosa farbene Gestalt, wie der dienstälteste Lakai, sich hinaus vor die schweren Eisentüren, der Empfangshalle begab. Was könnte er um so eine späte Stunde nur dort wollen? Nahm er sich seine freien Minuten, um in den Himmel zu starren nicht immer nachmittags? Leise und äußerst vorsichtig, das ihn nun nicht wer bestimmtes erwischen würde, tapsten die kleinen Hufe über den steinernen Boden. Sollte man herausfinden, dass er sich außerhalb der Burg aufhielte, so wusste Fius nur zu genau, würde es ein schreckliches Nachspiel mit sich bringen. Achtsam spähte er durch den Türspalt. Der Diener, ein Frosch, war, wie seine anderen auserwählten Artgenossen, mit einer Livree* bekleidet gewesen und einer weiß gelockt gepuderten Perücke versehen. So wollte es ihre Durchlaucht. Man konnte sich ´glücklich´ schätzen, einen derartigen Posten zu beziehen und sich nicht im unheilvollen Kanal des Gartens, der von weiteren, nicht immer natürlichen, aber gleichartigen Reptilien, wiederzufinden. Ein Ort, schrecklich überfüllt. Jeder, der sich ihm näherte, bis auf die Herzogin selbst, musste sich der sehr lautstarken klanglichen Laune dieser Kreaturen aussetzen. Ein weiterer Punkt sich nicht dort hin zu begeben, neben dem, das es ohnehin untersagt war, sich dieser Region zu nähern. Die ehemalige rote Königin besaß damals ebenfalls, ein paar dieser Dienstleister, allerdings ohne dieselbe Art der Kostümierung. Leondreth hatte ihrer Lieblingsnichte diese vor vielen Jahren zu ihrer Eheschließung mit dem roten Herzkönig als Geschenk erbracht, als ihre Durchlaucht selber noch am weißen Hofe verweilte, kurz vor ihrer eigenen Vermählung. Zu dieser Zeit, hatte noch niemand geahnt was Unterland alles zustoßen sollte. Lange bevor sich auch nur eine Bahn des Kompendiums mit den mittlerweile vergangenen Schicksalen zeichnen konnte. Kurz ertönte ein, von einem ebenfalls in eine Livree gehülltem weißen Fuchs: “Ich überbringe eine königliche Einladung an Ihre Durchlaucht, die Herzogin, Leondreth von Alessien ,zur morgendlichen Eheschließung ihrer Majestäten, der blauen Königin und dem Hutmacher.” Dankend nahm der grüne Diener den Umschlag entgegen. Der weiße Fuchs nickte ebenso, als auch zur Bestätigung und machte auf dem Absatz kehrt Marsch. Fius Augen weiten mehr als überrascht. Eine Einladung? Nie hatte der Hof von Marmoria eine solche hier her bringen lassen! Man sah es dem kleinen Geschöpf nicht an, aber er war, über gewisse Dinge nur all zu gut informiert gewesen, im Gegensatz zu seiner Mutter. Jedoch war dies, aus einem noch wohl wissenden Grund und zum Schutz aller, die mit ihr Leben mussten oder sich ihrer Gegenwart nicht freiwillig entziehen konnten, unwissend gehalten worden. Er, wie auch andere, waren sich bewusst, wozu sie fähig war, wenngleich er sich nicht gänzlich ausmalen wollte, was wohlmöglich noch alles im Verborgenen schlummerte und was genau sie in der verbotenen Grotte an Kanal verbarg. Viele Geschichten existierten um die Herzogin, doch kaum wer, wenn es überhaupt jemand von sich behaupten konnte, besaß, außer sie selbst, das Wissen um die Wahrheit. Auch er nicht. Jeder Blick in den Spiegel ließ ihn die bittere Erkenntnis über ihre Machenschaften immer wieder aufs Neue klar werden. Was er gegenzüglich wusste, war was sie anderen antat und angetan hatte. Wie einst auch seinem Vater. Und eben genau aus diesen Gründen, verfiel der weiße Hof, wie auch der Rote früher, ins Schweigen. Diese Frau lebte hier in ihrer kleinen eigenen Welt, die ihren an sich gebunden und ihr größtes Geheimnis sicher hütend. Zeit spielte hier keine Rolle. Und eigentlich sollte dies auch für immer so bleiben. Nur warum entschied man sich in Marmoria nun anders? Doch nicht nur dieser Gast hatte die alte Burg erreicht. Auf einem der schwarzen Bäume, im sicheren Schutz des Geästes, verfolgte der Gesandte des Bubens das Geschehen. Bis jetzt verlief alles, wie man es sich erhoffte. Wie einfallsreich er doch war, mit seinem Schnabel in Tinte getaucht und den richtigen Augenblick abwartend, die Herzogin auf die Gästeliste zu schreiben. Auch wenn die Mittagssonne, wie auch der Bote des blauen Reiches, nicht mehr gegenwärtig waren, verweilte der Lakai in seiner gewohnten Weise auf der kleinen Treppe hockend vor dem Eingang und starrte in den nächtlichen Himmel. Die Sendung neben sich liegend. “Willst du die Nachricht nicht herein bringen?”, merkte das vierbeinige Tierchen sachte an, ohne dabei seine eigentliche Sorge um dieses Schreiben auszudrücken. “Ich werde hier sitzen bis morgen...” Im diesem Moment schepperte es erneut aus der Küche von Berin. “Oder vielleicht bis übermorgen...”, antwortete er weiter, sich nicht erschreckend über die Anwesenheit des Sohnes Ihrer Durchlaucht. “Nun, wenn du magst, kann ich sie weiter reichen?! Und du brauchst dich nicht zu erheben!”, schlug Fius dem Frosch vor. Schließlich durfte Leondreth diese Zeilen nie zu Gesicht bekommen. Denn damit würde sie erkennen, mit welcher Niedertracht man sie alles und jedem vorbehielt und es noch immer tat. Der Frosch mit lichtem Geist befand dies für eine wunderbare Idee und schob dem kleinen Ferkel den Umschlag zu. “Wie freundlich von dir.” Gespielt lächelnd nahm das kleine Schweinchen erleichtert das Papier in seine Schnauze und zog sich rasch zurück hinter die ´schützenden´ Mauern. //Ausgezeichnet! Mein Herr wird überaus erfreut sein!//, sprach der Rabe gedanklich zu sich selbst, als er sah, wie sein Werk endlich ins Innerste gelangte. Sogleich erhob er sich wieder in die Lüfte und zurück nach Desers End, um von seinem Erfolg Bericht zu erstatten. Keine Sekunde verschwendend, hätte er auch nur mit dem Gedanken gespielt, dass er den Weg der Einladung weiter hätte beobachten sollen. Zu sehr überzeugt war er von seinem Einfallsreichtum gewesen, welchen er mit kräftigem Krächzen auf seinem Rückweg verkündete. Denn eben dieser Weg führte nämlich nicht in die Hände der Person die vermerkt wurde. Nur wo sollte Fius sie verstecken? Doch genau in dieser Überlegung, dröhnte die Stimme der Herzogin unmissverständlich erschütternd durch die Burg: “FIUS! WO BIST DU?” //Nein!// Hastig, da ihm nun keine Zeit mehr blieb ein perfekt überlegtes Versteck für die Einladung auszumachen, entschied dieser, sich rasch hinab in das Holzlager zu begeben, das an der Küche angrenzte. Eilig und hastig schob der Frischling, das blauweiße mit goldenen Rändern versehene Schriftstück, am unterstes Ende der Aufstapelung zwischen die zurecht gehackten Stümpfen des Feuerholzes. Diesen Raum betrat seine Mutter nie und auch Berin schickte dafür lieber die kleine Magd hinunter. Und diese würde er, bezüglich dieser Sicherheit, noch ins Vertrauen ziehen, sobald sich die Möglichkeit ergab. Schließlich war auch ihm ihr schmerzerfüllter Schrei nicht entgangen und er konnte sich denken aus was er resultierte. Sie würde ihm zur Seite stehen, dessen war er sich sicher. Genau genommen, wäre er der Einladung, wenn die Umstände anders gewesen wären, gern nachgekommen, um seiner neuen Königin seine Aufwartung zu machen. Aber er war nicht der, der er sein sollte. Und der er vor so langer Zeit einmal war. Wie sehr hätte es ihn erfreut Alice einmal mit eigenen Augen zu sehen, anstatt immer nur von ihr zu hören, in den verheimlichten Erzählungen kleiner Verbündeter. Abdriftend in Erinnerungen, drehte sich der mentale Zeiger der Zeit zurück. Ein sehr vertrauter Name legte sich frei. Ob Mally sie vielleicht kannte? Ob sie es wirklich geschafft hatte nach Marmoria zu kommen? Ob ihr neuer König, dieser Hutmacher, Mallys Hutmacher war? Der einzige Überlebende des Zylinderclans, nach der Vernichtung dieser Familie durch den Jabberwockys? Aber wollte Mally nicht sein Herz erringen? Es war bestimmt nicht ein und der selber, wenngleich dies damit bedeuten würde, das Mally den ihren verloren zu haben schien. Wie leid tat im doch alles, was er ihr damals angetan hatte. Wie kaltherzig er dieses kleine liebeswerte Mädchen behandelte, in seiner blinden Naivität. Aber hatte er nicht dafür bezahlt? Schwer seufzend, sah er sich auf die tierischen Klauen. //Ob du es mir je verziehen hast?//, schnaufte er kurz wehmütig. //Ob ich dich je wiedersehen werde?// Ja, Fius konnte es nicht abstreiten. Er vermisste seinen schwarzen Strubbelkopf sehr. Vermisst seit dem Tag an dem er für seine Vergehen gebüßt hatte und an dem auch Mallymkun für ihre Freiheit einen ebenso hohen Preis bezahlte. Kaum ein Tag verging, als das er nicht an diese kleine Seele dachte. “FIUS?”, ertönte es erneut aus den oberen Stockwerken. Wieder durchzog ihn ein Schauer bei dem einschneidenden Klang der Stimme der Hausherrin. Mit schnell pochenden Herzen und in der Hoffnung die Zeit des Vergessens würde auch hier auf seiner Seite stehen, machte er sich nun ohne Umschweife auf in die dunkel behangenen Gemächer seiner Mutter. Leicht schnaubend trat er durch den Türrahmen. “Ich... Ich bin hier Mutter. Was kann ich für Euch tun?” Den Tee zuvor genießend, sah die Herzogin einen Moment skeptisch zu ihrem Kind, als dieses schier außer Puste wirkte. Welchen Grund möge es wohl gehabt haben? Für sich innerlich mit den Schultern zuckend, war es wohl das Beste, dem keine große Bedeutung bei zupflichten. Was sollte sie schon Schlimmes vermuten? Das Leben schien doch wie eh und je! “Komm zu mir, mein Liebling!”, lächelte Leondreth hierauf schon fast freundlich und schob ihre Tee beiseite. Unmerklich schluckte das kleine Ferkel und leiste dem Wunsch folge. Ja, er war der Sohn, der Herzogin von Alessien, aber diese Frau hier, war nicht ´die´, die ihn geboren hatte. Diese Frau war eine Mörderin und Hexe! Eine verbündete der schwarzen Mächte. Und eben von dieser wurde er nun hoch auf den Arm genommen, wobei sich Ihre Durchlaucht mit ihm aus ihrem ausladenden Sessel erhob. Wie, als trage sie einen Säugling, wiegte sie das Tierchen, welches somit auf dem Rücken postiert lag, sachte und mit einer, für Fius mehr als vertrauten Melodie auf den Lippen. Für sie unüblich zärtlich, streichelte sie über die kleinen Beinchen, als sich ihre Person, zu den mit Rissen versehenden Scheiben ihrer Fenster richtete. Voll stand der weißgelbe Mond am Himmelszelt. Sein Licht über den toten Garten ziehend und dabei eine Vielzahl von unheimlichen Schatten enthüllend, blickte die Mutter hinaus. Das Ferkel versteifte sich in mit dem Wunsch, das sie baldig wieder von ihm ablassen würde. “Ach... Ist es nicht wunderschön, wie mein Garten immer mehr erblüht? Ja, aber natürlich ist es das! Aber eine Schönheit die vergänglich ist... Ja! Vergänglich, wie die all dieser Frösche, diesen missratenen Geschöpfen...”, wechselte ihre Stimmlage nun von dem erst ´lieblichen´ Klang in ein düsteres Zischen. “Wenn es ihnen so viel wert war... Was brachte es ihnen ein? Nur meine Schönheit ist unvergänglich! Niemand war und wird je so schön sein wie ich es bin! Niemand! Hmhmhm...”, lachte sie nun mit geschlossenem Mund, schier apathisch, womit sich ihre perfekt geformten Finger mit all dem Schmuck hart um die Gelenke ihres Sohnes schlossen. Dieser hingegen, gab keinen Laut der Pein von sich und presste lediglich die Augen schmerzvoll zusammen. Jedoch änderte sich ihr Zustand sogleich wieder, als die alte Standuhr hier Mitternacht schlug. “Oh!”, vernahm man den zurückgekehrten Liebreiz, worauf sich auch ihr Griff an ihrem Kind löste. “Es wird Zeit zu Bett zu gehen. Und wer weiß, vielleicht bekomme ich ja morgen endlich eine Einladung zum Tee, nicht wahr mein Liebling?” Das verschwiegene Laster, durch ihre Worte, wieder ins Gedächtnis rufend, nickte Fius kaum merklich und schluckte nochmals. Morgen, so schwor er sich selber, würde er alles daran setzten, eben diesen wirklich erreichten Wunsch zu Nichte zumachen. Schließlich wollte er nicht noch mehr Sünden sein eigen nennen können, mit der sehr klaren Gewissheit, das, würde seine Mutter in Marmoria auftauchen, die Feierlichkeiten zunichte gemacht wären. ~~~~~~~~~~~~~~~ *Livree ist eine alte Bezeichnung für die Kappen- oder Pelzmäntel, die früher der König in Frankreich an den großen Jahresfeierlichkeiten den Bannerherren und Rittern überreichte. Später wurde es eine Bezeichnung für die einer Uniform ähnliche Bekleidung der Dienerschaft. Diese war in besonderen Farben gehalten, die sich bei manchen Adelshäusern nach den Wappenfarben, bei anderen nach dem persönlichen Geschmack des Hausherrn richtete. Quelle ua. Wiki Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)