Tim Burtons - Alice im Wunderland 2 von Clarice (*~*Der Erbe der weißen Königin*~*) ================================================================================ Kapitel 13: --Auf immer und Ewig?!-- Geheimnisse ------------------------------------------------ Vier Tage war es nun bereits her, dass das Unterland um seine Existenz bangen musste, vier Tage, das Mirana, wie auch ihre Schwester, in die Reihen ihrer Ahnen ihren Platz fand. Wie Mirana errichtete sich eine Statue im Innenhof von Salazen Grum, wenngleich das Schloss unbewohnt blieb. Und ebenso vier Tage, das Alice den Beschluss ihres Lebens entschied. Ein Beschluss, den sie nicht einen Moment bereute. Wie könnte sie auch? Ja, sie ging die Verpflichtung ein, wie einst die weiße Königin und schwor, nun nicht mehr einfach nur der Champion zu sein, sondern als neue Königin ihres Wunderlandes, keinem Lebewesen mehr ein Leid zu zufügen. Aber dafür erwarb sie nicht nur die Krone des Landes, nein, sondern etwas für sie noch Wertvolleres. Endlich hatte sie ´den Richtigen´ gefunden. Und sie besaß sein Herz. Endlich hatte sie dies erkannt und sie sollte ihn dazu sogar bald ehelichen. Mit dieser neuen Ära schrieben sich auch die Seiten des Orakelums aufs Neue. Das Zeitalter der blauen Herrschaft brach an. Doch in Erinnerung an ihre Freundin der weißen Königin, entschloss man sich, die Schacherrichtungen, die das Schloss charakteristisch zierten, beizubehalten. Aber Alice wollte mehr. Nachdem man am Mirellium wirklich realisiert hatte was geschehen war, fühlten sie und Tarrant sich sogar schuldig bezüglich ihres Glücks der so langen ersehnten Liebe, welchem sie freiem Lauf gelassen hatten, an diesem Abschied für immer. Plötzlich wirkte Marmoria nicht mehr wie es einst war. Und genau das wollten die junge Frau und der Hutmacher nicht. Sie wussten, dass sie keine Möglichkeit besaßen Mirana zurückzuholen, aber ihr liebenswertes Wesen sollte für immer in diesen Mauern spürbar bleiben. Jeden siebten Tag, welcher in Alice` Welt ein Sonntag gewesen wäre, sollten sich alle Bewohner in Marmoria zu einer Andacht zusammenfinden. Einer, wie sie es am ersten Tag taten, nachdem Mirana am Mirellium von ihnen gegangen war. In schwarz gekleidet, wie es Alice` als auch Tarrants Wunsch gewesen war, zog der Trauerzug in den Innenhof der Monarchen, um der geliebten Herrscherin ihren Tribut zu zollen. Im Thronsaal wie auch in der Empfangshalle schmückten deckenhohe Portraits der weißen Königin die Räumlichkeiten. Und an ihrer Statue, so hatte Alice sich zusätzlich geschworen, würde sie regelmäßig frische weiße Rosen niederlegen. Schließlich verdankte sie ihrer wohl einzigen Freundin, die sie je besessen hatte, dieses Leben. Ein Leben, in dem alles perfekt schien. Dennoch tröstete es sie nicht über die Wehmut ihres Herzens hinweg. Aboslem hingegen erklärte Alice, in seiner bekanntlich wirkenden kühlen Art, aufs Neue, das man mit Tränen noch nie etwas erreicht hatte. Vor allem, das Mirana es sicherlich nicht gewollt hätte, das alle um sie trauern, wenn doch bald ein so schönes Ereignis bevorstand. Jedoch hatte der Schmetterling leicht reden, wenngleich Alice wusste, das seine Worte wahr erschienen. Mirana sollte Stolz auf sie beide sein können. Wie sehr sie das bald sein würde, konnte sich zu diesem Zeitpunkt noch niemand ausmalen. Das ganze Königreich freute sich fraglos für Alice und den Hutmacher, doch auch diesem viel es schwer zu wissen, das nun ein geliebtes Herz nicht mehr schlug, auch wenn dies am Mirellium anders ausgesehen hatte. Aber es stimmte. Man musste sich zusammenreißen, in die Zukunft blicken und auf ein Fest vorbereiten. Alle befanden sich in hektischer Aufregung über das wunderbare Ereignis das Morgen stattfinden sollte. Konnte man sich überhaupt noch erinnern, wann man das letzte Mal eine Hochzeit feiern konnte? Trotz das Alice nun Königin war, kleidete sie sich schlicht und unauffällig. Sie konnte es Mirana nicht gänzlich gleich tun, so schön die junge Frau derartige Kleider vielleicht auch fand. Auch wenn sie nun älter und reifer war, so war etwas von dem kleinen Wildfang in ihr geblieben und dieser trug auch weiterhin ein Kleid ohne Korsett und ohne Strümpfe. Wie galt damals der Vergleich mit dem Dorsch? Das galt auch für die Kronjuwelen. Wenn es das Zeremoniell allerdings erforderte, erfüllte sie stolz und anmutig ihre Position, wie am Tag als fast ganz Unterland kam, um sie zu beglückwünschen. Und ja, sie tat es gern. So wie es auch die Königin ihrer eigentlichen Welt, Queen Victoria es für sich empfand. Doch war dies nicht notwendig, war sie einfach nur Alice. So war es auch nicht verwunderlich, das sie dementsprechend auch von ihren Freunden weiter genannt werden wollte. Nur in den genannten Ausnahmen, sollte das - Eure Majestät - erklingen. Tarrant war sich dies bezüglich mit Alice völlig einig. Er hielt es eben so wie sie. Er konnte sich kaum daran gewöhnen, dass die Hofgesellschaft sich fast ständig vor ihm verbeugte und in seinen Augen zu sehr versteifte. Zudem tat er es Alice gleich und kleidete sich weiter wie seit eh und je. Doch bezog er nun nicht nur den Posten des Königs und baldigen Gemahls, sondern auch den des Verteidigers von Unterland. Der Titel des Kämpfers, den Alice einst trug, fiel nun auf ihn. Er war Alice` und Unterland schützendes Schild, das sie vor ganz egal welcher Gefahr auch immer beschützen würde. Dafür würde er sein Leben geben! Sicher war er dies für Alice zuvor bereits schon, aber nun war es offiziell. Unterland zollte ihr Verhalten demnach mit großem Zuspruch. Beide besaßen das Herz am rechten Fleck und ließen sich nicht zu böswilligen Verführungen verleiten, da war man sich absolut sicher. Der Hutmacher ließ es sich auch nicht nehmen, weiter für das behüten des weiblichen Oberhaupts Sorge zu tragen. So befand sich Alice eben genau auf den Weg zu ihrem persönlichen Gestalter ihrer Kopfbedeckungen, um ihm einen kleinen Besuch abzustatten, nachdem sie mit McTwisp die Gästeliste durchgegangen war, von denen sie, trotz des kürzlichen Empfanges, so gut wie kaum wirklich wen kannte. Das Kaninchen allerdings wirkte bezüglich eines Gastes noch nervöser als es eh schon immer war. Es erinnerte sich wie sein Onkel, das große weiße Kaninchen, welches zuvor im Dienste bei Hofe stand, ihm früher immer Schauermärchen über diese Person berichtet hatte. Nur wenn ihre Majestäten diesen Namen scheinbar auf die Liste gesetzt hatten, sollte es wohl so sein diese nun doch nach Marmoria einzuladen. Eine solche Entscheidung hinterfragte man schließlich nicht. McTwisp andererseits könnte auf eine derartige Begegnung, sollte sie wirklich so schrecklich sein, wie er diese aus seinen Erinnerungen kannte, wohlwissend verzichten. Die weiße Königin erwähnte die besagte Gestalt mehr als wohlwissentlich ebenfalls nie. Alice hingegen erahnte seine spezielle Sorge nicht, geschweige denn, das sich diese Person auf der Liste befand, es jedoch eigentlich nicht sollte und versuchte das kleine Nervenbündel zu beruhigen, indem sie ihm ermutigend zusprach. Das alles wie geplant verlaufen würde und das er sich eine Tasse Tee gönnen sollte, um sich erst einmal zu sammeln. Vieles war noch zu erledigen. Wobei Tarrant und sie eine eher ´schlichtere´ Trauung vorgezogen hätten. Dabei konnte Alice sich immer noch nicht zu der Entscheidung auf ein Brautkleid durchringen. Es musste etwas ganz besonders sein. Ein besonders Kleid, um einem besonderen Mann zu gefallen. Bei dem Gedanken, wie seine Miene wohl sein würde, wenn er sie dann zum Altar schreiten sähe, ließ Alice Schmunzeln. Sie war sich sicher, dass sie ihm auch ohne all dies gefiel, aber schließlich feierte man seine Hochzeit gewöhnlich nur ein einziges Mal in seinem Leben. Und ganz gleich wie eigen Alice auch war, hier war sie voll und ganz das kleine träumende Mädchen. Ein herangewachsenes kleines Mädchen, eine Kämpferin und nun sogar Königin, die jedoch in einem Teil des Wunderlandes alles andere als Bewunderung und Liebe entgegen gebrachte bekommen würde. Einen klaren Blick von den von Außen grauviolett verglast, wie auch vergitterten Fenstern, umringt von versteinerten Gebeinen der Zeit, richtete sich das froschgrün seines Auges hinaus gen Süden und zu dem Hoffnungsschimmer, den all hochleben ließen. “Hmhm... Du hast es nun tatsächlich geschafft Alice... Aber warte nur ab... Das Licht deiner neu entfachten Kerze kann schnell erlöschen. Und womöglich schneller als es dir lieb ist... Und dann kann dich auch dein hochgeschätzter Hutmacher nicht mehr beschützen!” Ein leises fieses Lachen ertönte und nahm immer weiter an Intensität zu. Die Hand an Rahmen stützend, zermahlten, die Finger zu einer Faust geschlossen, einen Knochen der aus der Wand ragte, im Wunsch es würde der Hals der neuen Königin sein. Doch sein Lächeln erfreute sich auch, bei einem weiteren Gedanken. “Ihre Durchlaucht, wird nicht begeistert sein, wenn ´sie´ den Fehler begehen, sie einzuladen... Und diese Einladung wird sie erhalten, dafür tragen wir Sorge... hahahaha... Die weiße Königin war klüger damals gar nicht erst den Ansatz zu tätigen sie über die Geschehnisse wie am Blumertag zu informieren... Aber nun bewohnt die Unwissenheit das Schloss...” Das schwarze Haupt neigte sich über die Schulter blickend in die Leere des Raumes. Durch die knochige Zelle, die er nun endlich sein eigen nennen konnte. “Bis zu ihrem Ableben, sprach niemand mehr ein Wort zu ihr...”, schüttelte sich der Bube nun. Die Erinnerungen an die Person, der er diesen Aufenthalt hier verdankte, dieser Schmach und der er einst schmeicheln musste, in der Hoffnung selber die Macht für sich zu gewinnen, förderte den Wunsch seiner Rache immer weiter. In seinen Augen war die rote Herzkönigin, dumm und naiv gewesen. Befriedigt, wenn sie glaubte sie habe die Kontrolle oder man ihr schmeichelte. Letzteres war bei ihm völlig zwecklos. War es denn immer noch nicht besser gefürchtet, anstatt geliebt zu werden? Wie verzweifelt Iracebeth sich an ihn geklammert hatte und wie hilfesuchend ihr Blick zu ihm doch gewesen war, bevor sie sich auflöste. Wie amüsierte es ihn und wie sehr hatte er es genossen, verächtlich auf sie hinab sehend in ihren Hilfe ersehnten Schreien, das es nicht so enden durfte, bis die Fesseln, die sie bis zu diesem Moment verbunden hatte, sich erleichterten. Stayne hob sein rechtes Handgelenk an dem der zweite Teil der Schelle herrenlos baumelte. Kurz zuckte seine Braue, als ein vertrautes Krähen an seine Ohren drang. So wandte er seinen Blick wieder durch das Glas, als sich ein kleiner unscheinbarer Rabe näherte. “Mein Freund, da bist du ja...”, grinste er. Die kleine schwarz geflügelte Kreatur setzte sich flatternd auf die Außenfassade des Mauerwerkes. Nur schemenhaft erfassten die Augen des Vogels die Gestalt seines Herren in dessen Gefangenschaft. “Was kannst du mir Neues berichten?”, hinterfragte Ilosovic sogleich. “Die Einladungen mit dem königlichen Siegel sind verschickt worden. Und somit auch auf den Weg in den Raupenwald”, erläuterte eine für dieses kleine Wesen tiefe Stimme. Böse zogen die Mundwinkel des Buben wieder in die Höhe. “Sehr schön, Cears. Sorge dafür, das sie der Einladung auch wirklich nach kommt... Soll Alice ihr Glück genießen, so lange sie es kann! Ich werde warten... Ich tat es so lange. Jetzt endlich klammert sich kein Hindernis mehr an mich... Nun wird Unterland bald rechtmäßig mir gehören!”, begann er wieder zu lachen, da es durch ganz Desers End schallte. Wobei er eine schon fast geisteskranke Miene in seinem Gesicht präsentierte. Seine Haltung tat ihr übriges in ihrer nach hinten gelehnten Weise, die Arme zu den Seiten. Nie würde, nie konnte er vergessen was Alice ihm eingebrockt hatte. Welche Chance sie ihm verspielte! Wie viele Jahre hatte er hier in der dunkelsten Tiefe, in der Burg der Verbannung gesessen, umhüllt von der eisigen Kälte der Ungerechtigkeit? Bewacht von den Schachrittern der weißen Königin? Er hatte es aufgehört zu zählen. Der Tod wäre damals eine wahre Wonne gewesen, doch nun war ihm bewusst geworden, dass das Schicksal ihm einen anderen Weg bestimmt hatte. Sicher war es erforderlich gewesen, das Alice durch das Mirellium hier her gebracht werden musste und noch hielten ihn die Schranken, des Bannes der Blutlinie von Marmoria, durch Alice´ Entschluss gehalten, an diesem Ort aus Stein und Sterblichenüberresten, in fester Hand. Doch sollte dies bald ein Ende finden. So wie der blonde Engel dieser Welt ebenso. Die blaue Königin würde aus der Geschichte des Unterlandes so schnell wieder verschwinden, wie sie hergekommen war. Unterdessen, schlich sich eben diese leise, unwissend was fern ab von Marmoria vor sich ging, in das Arbeitszimmer ihres Liebsten. Tarrant war grade dabei gewesen einen, wie sollte es auch anders sein, neuen Hut zu zaubern. Den Blick vertieft und das leichte Lächeln in seinen Mundwinkeln mehr als zufrieden. Alice trat still hinter ihn und betrachtete Tarrant bereits grinsend und an seinen Hinterkopf vorbei spickend. Vertieft hatte er seinen Zylinder beiseite gelegt, aber immer im Augenwinkel, für den Fall das ein gewisser Grau-türkisgrüner Kater auf dumme Gedanken kommen würde. Umso überraschter zeigte sich sein Gesicht einen Augenblick, als er von zwei sanften Armen umschlugen wurde. Doch sogleich eröffneten seine Lippen ein weiteres Lächeln. Der Duft von Mandelmilch, erfrischend und zart wie eine Rose, der aufstieg war unverkennbar, wie auch die Berührung selbst. Alice schmuste sich seitlich an seine Wange. “Ich hoffe, ich störe meinen königlichen Hutmacher nicht?”, lächelte die junge Frau. Wie schon oft zuvor, zierte eine leichte Röte die Wangen des Hutmachers. Es war für ihn immer noch wie in ein unfassbarer Traum, das Alice, seine Alice, seine Liebe wirklich erwiderte und sogar bald seine Frau sein würde. Es war nicht zu übersehen, dass es ihm nun endlich wieder gut ging. Ja, sogar so gut wie nie zuvor, was sich deutlich an der Intensität seiner Gesichtsfarben zeigte. So hielt er in seiner Arbeit inne. Mit niedlichen, wie auch sanften großen Augen, schielte Tarrant zu ihr. “Aber nein, niemals! Ich... ich freue mich sehr dich zu sehen, das weißt du... Das tue ich immer! Wie... könnte ich nicht?”, setzte er hastig zum Ende hinzu. Die Wärme ihrer Haut, an der seinen war wundervoll, erreichte allerdings nicht die Temperatur, die seine ausstrahlte. Alice entging dies keineswegs und es zauberte ebenfalls ein Lächeln auf ihr Gesicht. “Ich weiß es nicht... Aber dein geliebtes Handwerk benötigt doch deine ganze Aufmerksamkeit, oder nicht? Du bist nicht umsonst der Beste”, lobte sie ihn aufrichtig und gab ihm ein Küsschen auf seine immer noch glühende Wange. Immer mehr brachte sie ihn durch ihre Geste in eine eigentlich angenehme Verlegenheit. Er konnte es einfach nicht verinnerlichen. Wie lange hatte er sich solch eine Zweisamkeit ersehnt? Sie nie gewagt zu äußern? Sein kleines Hutmacher Herzchen versetzte sich wieder in einen schnelleren Rhythmus. So lange hatte er darauf gewartet. Doch konnte er Alice nicht zustimmen, auch wenn das Kompliment ihm schmeichelte. Erneut und ein wenig unbeholfen, bettete er seine Hände auf ihre und lehnte seinen Kopf ebenfalls an den ihren. Sachte hob er ihre zierlichen Finger an und führte diese zu seinen Lippen, wie er es bereits zuvor getan hatte. “Du bist die Aufmerksamkeit viel mehr wert und nichts wird so sehr geliebt, als wie... wie du es wirst”, äußerte Tarrant zärtlich. ”Vor allem von mir!”, betonte seine Stimme ernst und etwas tiefer im Klang. Und dies sollte für immer so bleiben! Nie würde er sie verletzten wollen, sie traurig stimmen oder gar betrügen. Nicht sie, nicht seine Alice. Er könnte es nicht. Sie war und würde auf ewig die Einzige sein, das schwor er sich bereits vor vielen Jahren und das würde er ihr auch morgen kundtun. Wenngleich Jahre hier im Unterland ein wenig anders verliefen. Nicht umsonst hatte sich mal wieder keiner außer Alice optisch verändert. Der Prozess des Alterns besaß im Unterland seine eigenen Regeln. Jeder war sterblich, aber nicht jedem sah man sein wahres Alter an. Man zählte es auch nicht. Alle Lebenslinien zogen sich anders. Die einen alterten, wie es der Lauf der Dinge schien und andere kamen über ihre mittlere Reife nicht hinaus. Die Zeit fror regelrecht ein. Doch nun war es an Alice sich ihrer aufsteigenden Röte zu beherrschen, sei es durch seinen Worte oder den Klang seiner Stimme. Es war so unbegreiflich schön, derartige Dinge von ihm zu hören. So war es nicht verwunderlich, das er ihrem Herz damit ebenfalls einen weiteren Schubs gab. “Und was könnte sich eine Frau mehr wünschen als dies...?”, antwortete sie sanft aber eher rhetorisch zurückhauchend in sein Ohr, was Tarrant direkt eine knisternde Gänsehaut einbrachte. “Hmm... Eine Tasse Tee vielleicht?”, warf der Hutmacher sogleich ein. Er tat dies nicht aus Angst, dass er keine andere Antwort gewusst hätte, er war halt wie er war und konnte sie diesen kleinen Scherz nicht verkneifen. Alice hingegen konnte nicht umher, darauf grinsend den Kopf zu schütteln. “Natürlich... eine Tasse Tee...”, bestätigte sie lächelnd und löste sich von ihm. Sie nahm ihm dies nicht übel. Eine Tasse Tee wäre wirklich nicht zu verachten. Der Hutmacher erhob sich währenddessen von seinem Platz und wollte grade weiter das Wort an seine Zukünftige richten, als es an der Tür klopfte. Beide wandten sofort ihren Blick in Richtung Tür. McTwisp meldete sich zurück. Sich entschuldigend für die Störung, äußerte er in seiner üblichen ängstlichen Art: “Bitte... bitte verzeiht mir, Sire... aber, aber es wird Zeit...”, tippte das Kaninchen auf seine gezückte Taschenuhr. Alice stutzte. Zeit wofür? “Oh ja... aber sicher. Wie konnte ich das nur vergessen... Ich komme gleich, danke mein Lieber”, entgegnete Tarrant augenblicklich verstehend. Wie konnte er DIE Zeit nur vergessen? Mit einem liebevollen Seitenblick auf die neben ihm verweilende Alice, wusste er welche süße Ablenkung er gehabt hatte, die ihn die Zeit hatte vergessen lassen. Wobei eben diese Süße nicht verstand und ihn deswegen fragend ansah. Der Hutmacher allerdings lächelte auf ihren überfragten Gesichtsausdruck. Etwas amüsierte es ihn sogar. “Verzeih mir, aber ich glaube wir müssen den Tee verschieben...”, lächelte er sie weiter vertröstend an. “Aber ich... ähm, ich habe etwas zu erledigen...” Er wandte sich ab und schon fast aus der Situation herauswindend. Eiligen Schrittes dabei zur Tür, an der das weiße Kaninchen wartete. Mit seinem breiten Lächeln wank er ihr zum Abschied zu und schloss die Tür hinter sich. Verdutzt und sichtlich verwirrt blieb die Blondine in dem Arbeitszimmer zurück. Was sollte dies nun bedeuten? Mit einer gehobenen Braue zu der geschlossenen Tür starrend, öffnete diese sich jedoch ebenso rasch, wie sie zu ging, wieder und der Hutmacher streckte seinen Kopf in das Zimmer. Alice versuchte sogleich etwas zu äußern und hob dazu auch ihre Hand. Aber Tarrant war schneller in seiner Tat. Er präsentierte Alice sein anhaltendes Lächeln aufs Neue, welches sogar seine Zahnlücke zum Vorschein brachte und hauchte ihr fix einen liebevollen Handkuss zu. “Fahr wohl,... ehh... Liebste” Und schon war er wieder verschwunden. Die Braue wanderte weiter in die Höhe, löste sich hierauf allerdings mit dem Schmunzeln das sich zurück auf Alice` Lippen bildete ab. //Nannte er mich wirklich Liebste?//, errötete Alice ein wenig, schüttelte dann allerdings den Kopf. //Er ist verrückt... Verrückt und einfach nur liebenswert... hmm...//, kicherte sie für sich. //Aber was kann es nur sein, das er zu erledigen hat? Was er mir scheinbar nicht verraten will...?// Überlegend seufzte ihre Majestät. Kurz leicht ihre Schulter hebend, entschloss sie sich, ihn später darauf anzusprechen. Jedoch hatte niemand von ihnen an Tarrants Zylinder gedacht. So nahm man es zumindest an... Der Tee war verschoben aber hiermit bot es ihr auch die Möglichkeit ihre Erledigungen zu tätigen. Schließlich brauchte sie noch ein Brautkleid und wieder saß die Zeit ihr im Genick. Sicher hätte sie ihren Schatz dafür fragen können. Er war der beste Schneider den es gab. Jedoch durfte der Bräutigam die Braut und somit auch das Kleid, nicht vor Trauung sehen. Und auch Mirana war nicht mehr bei ihnen, um sie nach einem freundschaftlichen Rat unter Frauen zu befragen. Sollte sie es bei Mallymkun versuchen? Alice war sich nicht sicher. Sicher freute sie sich eben so, in Alice` Annahme, wie jeder Bewohner hier in Marmoria, über ihr Glück, doch war es eben so unübersichtlich, dass die kleine Maus nicht grade Freund mit Alice war. Es machte schon beinahe den Eindruck, als wäre die Haselmaus eifersüchtig auf die Blonde. Alice nahm es ihr, wenn es wirklich so wäre, nicht übel. Immerhin war sie eine langjährige und feste, ja wenn nicht sogar die beste Freundin, ihres Zukünftigen. Zudem war das Nagetier immer für ihn da gewesen. Etwas das Alice nicht von sich behaupten konnte. Mit diesem Gedankengut wandelte sie nachdenklich durch die langen Flure des Schlosses. Achtete allerdings nicht wohin ihr Weg sie genau führte. //Ich werde dies nie wieder zulassen! Ihm oder Unterland im Stich zu lassen!//, schwor sich die junge Königin fest und willenstark. Untermalt wurde ihr Schwur an sich selbst, durch eine kaum erkenntlich nickende Kopfbewegung. Doch in diesem Moment huschte ein kurzer Lichtschimmer über ihr Gesicht und brachte Alice damit wieder dazu ihren Blick unverklärt zu heben. Was war das? Sie blinzelte einen Augenblick. Ihr Blick prüfend um sich führend. Ihre Aufmerksamkeit registriere weiter vor sich und bei der rechten Abbiegung einen Schatten auf dem weißen Teppich. “Hmm...”, murmelte Alice neugierig. Leise schlich sie zu der Abbiegung. Als sie nun sah, wer oder was der Schatten war, schüttelte Alice ein weiteres Mal ihr blondes Haar und grinste wie der Spitzbube vor ihr. Eben dieser welcher, hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt gehabt und sich seinen lieben Hut gekrallt. Ihn siegessicher auf dem Kopf tragend, schwebte auch lediglich Grinsers Haupt über den Grund. Dabei war ein zufriedenes Schnurren nicht zu überhören. “Naaa, wen haben wir denn hier? Und was trägt er da feines auf seinem Köpfchen, hmmmm?”, überraschte Alice das Kätzchen dann, als sie um die Ecke erschien. Mit langen, großen Schlitzen in den Pupillen, da er damit nun nicht gerechnet hätte, zuckte Grins kurz zusammen. Gemächlich wandte er sich dann jedoch zu seiner Herrin um. “Kann ich Euch helfen...? Majestät...”, grinste das körperlose Tier, in seiner gewohnten relaxten Art. “Ja, vielleicht... Vielleicht könntest du mir das überreichen was du unerlaubterweise dem Hutmacher, entwendet hast?!”, ging Alice um ihn herum. Ihre eigenen Mundwinkel beherrschte sie soweit, dass der Kater nichts von alle dem ahnte, wie es in ihr aussah und welchen Spaß sich die neue Königin aus diesem Augenblick machte. “Oh, das klingt aber nun gemein... Ich habe ihn mir nur geborgt... Er hat ihn zudem einfach vergessen... Den lieben Hut, einfach allein gelassen... “, rechtfertigte sich die Grinsekatze weiter. “Ich könnte Euch außerdem etwas zeigen, was Euch den Hut doch bestimmt auch vergessen lässt...”, lenkte er von sich ab. Nun schenkte Alice dem Kater den interessierten Ansatz eines Schmunzelns. “Oh, ist da so? Und was bitte, wäre das?” “Nun Ihr sucht doch nach einem Brautkleid... Oder etwa nicht?”, klimperte er nun kurz mit den nicht wirklich vorhandenen Wimpern. Es sollte ja schließlich nicht direkt danach aussehen, dass er fast überall seine haarigen Pfoten drin hatte, wenngleich ihm die Hektik um die Hochzeit recht kalt ließ. Alice war nicht wirklich erstaunt, dass er den Aspekt um das Kleid wusste, womit ihr Schmunzeln auf ihrem Gesicht verblieb. “Und weiter...?! Willst du mir eines schneidern?”, neckte sie ihn. “Nicht doch, Süße. Also ob ich so etwas könnte...? Nein!”, erschien nun auch der Rest seines Körpers vor der Frau. “Aber ich weiß, wo sich ein Kleid befindet, das eben so alleine ist, wie es der Hut war...”, lockte er Alice weiter. Ohne wirklich ihre Antwort abzuwarten, schwebte er voran. In Alice Augen war es deutlich zu erkennen gewesen, das die Neugier zu groß schien, als das sie es nicht hätte wissen wollen. Und Grinser hatte damit auch gar nicht Unrecht. Gespannt folgte sie dem Fellball, der sie sogleich zu dem speicherähnlichen und höchsten Raum im ganzen Schloss führte. An der Tür wartete er, bis Alice die diese geöffnete hatte, denn es wäre recht ungünstig gewesen, in seiner gewohnten Weise einfach durch die Wand vorzugehen. Nicht während er ´seinen´ Hut trug. Der Speicher war riesig, was man ihm von Außen nicht im Geringsten ansah. Überall stand Mobiliar, zum Teil verdeckt, mit weit reichenden Lacken, um sie vor Staub zu bewahren. Alte Gemälde, Truhen, Zerbrochenes und ein paar ausrangierte Lüster. Staunend ging Alice die ersten Schritte hinein. Wieso hatte man ihr nie zuvor von diesem Ort berichtet? Sie liebte das entdecken von Schätzen aus alten Zeiten. Als sie klein war, spielten Margaret und sie auf dem Dachboden ihrer Eltern verstecken, oder sie imitierten, wie es wäre eine Lady zu sein mit den viel zu weiten und großen alten Kleidern ihrer Mutter. Der gestreifte Dieb, glitt wie die Ruhe selbst in den hintersten Teil des Raumes und zog an einer Kordel. Welche an gestellartigen Theatervorhängen befestigt gewesen war. Sogleich präsentierte sich vor Alice` Augen das, was die leicht ergrauten Vorhänge, durch das Band gelöst, nun preisgaben, als diese sich links und rechts zur Seite schoben. Die Königin traute ihren Augen nicht und hielt sich sogleich ihre Hände vor den aus staunen geöffneten Mund. Vor Alice stand eine Schneiderpuppe, die geschmückt mit dem hellblauen aus Tüll bestehenden Kleid war, welches sie vor zehn Jahren getragen hatte. Getragen, nachdem sie sich vor dem Buben in der Teekanne des Hutmachers verstecken musste und welches er in Windeseile für sie, aus dem übergroßen Stoff ihres Unterkleides, gezaubert hatte. Jede Kleinigkeit war exakt an seinem Platz angebracht gewesen. Jede Verzierung war dieselbe wie damals. Zum Beispiel die überdimensional blumenartige Schleife, die an der rechten Brustseite befestigt war. Das einzige was geändert wurde, war die Länge. Einst ging es ihr bis fast über die Fußknöchel. Dieses hier breitete sein Ende weit über den Boden aus und wirkte dabei wie eine echte Blüte die sich zu öffnen vermochte. “Grinser...”, flüsterte Alice schier sprachlos. “Es wurde also nicht zu viel versprochen...?!”, grinste er nun stolz über sich selbst und diesen Einfall. “Nein ganz und gar nicht...”, erklang es weiter fasziniert von der Blondine. Sachte berührten ihre Fingerspitzen den seidigen Stoff. “Tarrant fertigte es an nachdem du fort warst... Er hatte damals so viele Kleider für dich gemacht...”, seufzte der eigentliche Mäusefänger fast schon betrübt. Das er sie nun wieder duzte war ihm bewusst. Aber nun waren sie glücklicher Weise wieder unter sich. “Für mich...?!”, überraschte es Alice weiter. “Hmhmmm. Dies ist das einzige was erhalten blieb...”, berichtete er fortführend. “Was geschah mit den anderen?”, hackte Alice direkt verwundert nach. “Er warf sie ins Feuer”, antwortet die Katze nun doch recht unsensibel. //Was bitte tat er? Aber warum?// ,schaute Alice ein wenig schockiert auf. All die viele und sicher wundervolle Arbeit buchstäblich für die Katz? Wieder wendete sich ihr Blick auf das kostbare Gut. In diesem Moment allerdings, fand sie die Antwort, gestellt auf ihre stumme Frage, selber. Sie war fort gewesen! Nicht bei ihm! Das war der Grund. Er konnte sie damit nicht erfreuen. Und sie ihn nicht mit ihrer Freude. Doch dies sollte nie wieder so sein. Dafür würde Alice sorgen. “Warum er grade dies behalten hat, ist mir jedoch schleierhaft...”, fügte Grinser hinzu. Alice hingegen war es das nicht. Ein gerührtes Lächeln formte sich auf ihren Lippen. Ganz genau erinnerte sie sich, wie er ihre Blöße in der Kanne fast zu Gesicht bekommen hätte und wie schnell ein gedämpftes “Oh! ...Verzeihung!”, gefolgt war. Der beschämte Klang seiner Stimme bei dem: “Einen Augenblick...” und wie er dabei den Stoff ihrer eigentlichen Unterwäsche aus der Kanne zupfte. Sein “Probier doch gleich mal an” zur Untermalung seiner Rückgabe der lieben Aufmerksamkeit, bis hin zu seinem “Öhhh... Ich finds chic”, als sie etwas verdattert und klein wie ein Püppchen, vor ihm auf dem Tisch in ihrer neuen Bekleidung stand. //Ach, Tarrant... mein Liebling...//, seufzte sie innerlich gerührt. “Ich verrate ihm nicht durch wem du das Kleid gefunden hast und du nicht wer sich seines Hutes bedient hat, einverstanden?”, unterbrach Grins Alice`abdriften. Das Schmunzeln fand darauf seinen Weg zurück in Alice` Mienenspiel. “Denkst du wirklich, er wüsste es nicht, wer ihm diesen Streich spielen würde?” “Wer weiß...?! Ich weiß dafür nur zu genau, das wir beide nun das haben, wonach wir gesucht hatten”, zog sich das bis fast zu den Ohren reichende Grinsen, der Nebelgestallt vor Alice in die Höhe. Und der jungen Frau blieb nichts anders übrig als der Grinsekatze, dies mit einem eben so erfreuten Lächeln zu bestätigen. Endlich hatte sie ihr Hochzeitskleid gefunden und Tarrant schien nicht mehr der einzige zu sein, der ein Geheimnis hütete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)