Diametra von Zwiesi ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Hier eine kleine Ablenkung mal zwischendurch. Die Idee kam mir plötzlich und ließ mich nicht mehr los, also hab ich mich hingesetzt und geschrieben.... HOffe, es gefällt euch! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wie ein Schatten huschte die Gestalt in ihrem weiten schwarzen Mantel durch das Getümmel auf dem Marktplatz. Obwohl dem einzelnen der Platz zum Umfallen fehlte, schien sie jedoch von einer unsichtbaren Mauer umgeben zu sein, denn die Leute machten ihr, bewusst oder unbewusst, Platz. Sie meinte, jeden Moment ersticken zu müssen. Wie sehr hasste sie es doch sich unter Menschen bewegen zu müssen. Der Gestank nach Schweiß, nach Angst oder Zorn, nach Lust oder Befriedigung, all das ekelte sie an. Der Gestank nach Kot und Urin, ungewaschener Kleidung und schmutzigen Körpern, verdorbenem Essen, Unrat, einfach vor dem Haus auf die Straße gekippt, die Kloake, die unter der Straße verlief. Der Lärm der Massen. Die schreienden Händler, die lärmenden Kinder, hungrige Säuglinge, redende und lachende Mütter, Männer, die über die Politik, den Krieg oder ihre letzte Eroberung sprachen. Sie konnte all das nicht mehr hören. Am liebsten würde sie ihre Ohren abschneiden, um dieser verdorbenen Welt zu entfliehen. So viel Lug und Trug, so viel Schein und so wenig Sein. Und die Menschen ließen sich täuschen, wollten sich täuschen lassen. Wollten nur sehen, was sie glaubten und glauben, was sie sehen. Sie waren doch so einfach zu täuschen. Diametra spuckte aus. Diese Wesen ekelten sie an. Sie waren nichts, lebten nur für ihre Gefühle, für Lust und Hass, die Befriedigung ihren niedrigsten Triebe, wie Tiere, nur dass sie es nicht wussten, nicht wahrhaben wollten. Doch sie hatte es erkannt, hatte erkannt, wie oberflächlich und verdorben die Menschen waren, hatte es am eigenen Leib erfahren müssen. Keiner ihre Schritte war in der leeren Gasse zu hören. Selbst ein Maulwurf hätte sie kaum wahrgenommen, so leicht waren ihre Schritte auf dem unebenen Pflaster. Plötzlich blieb sie stehen. Ihre Arme hingen gelassen an ihrer Seite, der Kopf war gesenkt, unter ihrer Kapuze kaum zu erkennen. Etwa drei Meter vor ihr trat ein Mann aus dem Schatten. Seine Kleidung, eine einfache Leinenhose und ein Hemd aus demselben Material, war zerschlissen und wurde nur durch einen einfachen Strick zusammen gehalten. In der Hand hielt er ein etwas rostiges, aber dennoch scharfes Messer. Hinter ihm lösten sich zwei weitere Kerle, beide groß von Statur und sehr stark. Zwei weitere schnitten ihr den Rückweg ab. Alle waren ähnlich angezogen und ähnlich bewaffnet wie ihr Anführer, doch hielten sie sich merklich im Hintergrund. Ein Lächeln huschte über Diamertras Gesicht. Menschen, Sterbliche. Wie einfältig und dumm sie doch waren. Und so anmaßend. Gaben so viel Wert auf ihr äußeres, vertrauten nur auf das, was sie sahen. Und was sie hier sahen, musste ihnen sehr gefallen. Ein schmächtiges Mädchen, kaum 1,6m, also gut einen Kopf kleiner, als selbst der schmächtigste von ihnen, mit schmale Schultern und anscheinend unbewaffnet, allein, in einer leeren Gasse. Wie sehr der Schein doch trügen konnte. Diam bewegte sich keinen Millimeter. Sollten sie doch kommen, jeder Muskel ihres Körpers war angespannt, auch wenn die nach außen hin immer noch sehr gelassen schien. Der Anführer kam ihr langsam näher. „Was haben wir denn hier?“, er umkreiste sie, zog seine Spirale immer enger, begutachtete sie von jeder Seite. „Das hier ist aber keine Gegend für ein wehrloses Mädchen wie dich, so ganz allein.“ Diam gab keinen Laut von sich. Jetzt stand er direkt vor ihr. Zu gut nur konnte sie ihn riechen. Das Adrenalin, dass durch seinen Körper schoss, die Begierde, die sein Blut in Wallung brachte. Der Drang, vor seinen Leuten zu bestehen, sich zu erhöhen, indem er sie erniedrigte. Nur ganz leicht verlagerte Diam ihr Gewicht. Die vier anderen waren mittlerweile ebenso nähergekommen. Auch sie rochen nicht anders. Allen verlangte es nach Gewalt, nach Blut und nach ihr. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen, als sie noch etwas anderes wahrnahm. Ein schwacher Hauch nur, wahrscheinlich wussten die Leute selbst noch nichts davon, doch ihr entging es nicht. Angst, Unbehagen, weil sie nichts tat. Sie rannte nicht panisch weg, wie das letzte Mädchen, dass sie vergewaltigt und ermordet hatte und deren Geruch noch immer an ihnen haftete. Nein, sie war anders. Sie bewegte sich nicht, sagte nichts, tat nichts, weder weglaufen, noch angreifen. Sie stand nur da, wie zu einer Salzsäule erstarrt. „Dann wollen wir doch einmal schauen, was für ein hübscher Vogel uns in die Falle geflattert ist.“ Mit einem Ruck riss der Anführer ihr den Umhang von der Schulter. Kaum sah er sie jedoch, wich er keuchend zurück. Jetzt nahm sie es deutlich war. Wie ein berauschender Nebel hüllte der Geruch nach Angst und Abscheu die Gruppe ein. Das war ihr liebster Moment. Wenn die Leute aus ihrer Traumwelt gerissen wurden und sie wirklich sahen. Sie hob den Kopf, so dass auch die anderen es gut sehen konnten. Die leeren Höhlen. Dort, wo ihre Augen sein sollten, klafften zwei riesige Löcher in ihrem Gesicht. So war sie auf die Welt gekommen. Ohne Augen, entstellt, wie die meisten hinter vorgehaltener Hand tuschelten. Doch dass sie dafür mehr als reichlich entschädigt worden war, daran dachte niemand. Nur undeutlich konnte Diam sich an ihre Kindheit erinnern, an das blinde Herumtasten, das vergebliche Suchen, die Schläge, die sie nicht kommen sah, dem Gelächter, dem sie nicht entfliehen konnte. Und an das Dunkel, dass sie ihr Leben lang begleitet hatte. Doch das hatte sich geändert. Er hatte es geändert, als er ihr ihr Schicksal offenbart und ihre Herkunft gezeigt hatte. Als er ihr all die wunderbaren Gaben gewährt hatte. Anfangs hatte sie ihn hassen wollen, da er ihr ihr Augenlicht nicht wieder geben konnte, doch jetzt verstand sie es. Damals war sie über einen Stuhl, den jemand unachtsam in ihren Weg gestellt hatte, gestolpert und hatte sich den Kopf am steinernen Herd angeschlagen. Der Arzt wusste bis heute nicht, warum sie diesen Aufprall überlebt hatte, hatte sich die Kante des Herdes doch genau in ihr Gehirn gebohrt. Doch sie wusste es. Sie hatte nicht überlebt, nein, sie war gestorben. Sie war gestorben und in die Unterwelt hinab gefahren, hatte wie alle anderen den Charon für die Überfahrt über den Styx bezahlt, doch er hatte sie nicht wie die anderen einfach abgesetzt. Er hatte sie weiter gefahren, bis vor seinen Thron. Und dort hatte er gesessen. Auf einem übermächtigen Berg aus Gebeinen hatte er gethront und auf sie herabgeblickt. Und sie hatte es gewusst. Hatte gewusst, dass sie zu etwas besonderem auserkoren worden war. Das war das einzig klare Bild, das sie kannte. Sein Thron und er darauf. Er, ihr Vater, Hades. Anfangs hatte sie lachen wollen. Wie konnte sie, ein kleines, schwaches, blindes Mädchen, die Tochter eines Gottes sein? Doch einen Gott verlachte man nicht. Und erst recht nicht Hades. Und dann war sie aus dem Staunen nicht mehr heraus gekommen. Hades hatte ihr erzählt, was wirklich geschehen war. Wie er ihre Mutter kennen gelernt hatte, wie sie glücklich gewesen waren. Doch Perseophone hatte ihm sein Glück nicht gegönnt und so war Diam blind geboren worden, verflucht, die Schönheit der Welt nicht sehen zu können, immer auf andere angewiesen zu sein. Doch das wollte Hades nicht mit ansehen. Das war seiner Tochter nicht würdig. Er würde diesen Makel beheben, ihr helfen, so dass sie sich in der Welt oben genau so mühelos und selbstverständlich bewegen konnte, wie jeder andere auch. Und sie würde seine Agentin werden, seine Aufträge ausführen und vielleicht selbst eines Tages ein Gott werden. Ohne weiter nach zu denken, schlug sie ein. Ein Leben ohne Furcht, ohne zögerliches Herumtasten, ohne auf die Hilfe anderer Leute vertrauen zu müssen. Als sie erwachte, war es stockfinster um sie herum. Sie versuchte ihre Augen zu öffnen, doch nichts geschah. Was das alles nur ein Traum gewesen? Nein, sie hatte noch nie geträumt. Woher hätte sie all diese Bilder haben sollen? Die Farben und Formen. Sie hatte ja noch nie etwas gesehen, aber sie wusste auch, dass all das wirklich so aussah. Als sie sich an den Kopf fasste, fühlte sie warmes Blut in ihrem Haar gerinnen. Hatte Hades sie angelogen? War das alles nur ein grausamer Scherz der Götter gewesen? Zorn wallte in ihr auf. Alles nur eine Lüge, eine Farce? Frustriert schlug sie mit der Faust auf den Boden. Und erstarrte. Die Vibration des Schlages ließ den ganzen Boden um sie erzittern. Von einigen Stellen wurden diese Vibrationen reflektiert, einige Stellen veränderten die Reflektionen. Und der Klang. Der Schlag hallte fast wie Donner durch ihren Kopf. Vorsichtig stand sie auf. Jeder Schritt sandte Vibrationen durch den Raum, donnerte in ihren Ohren, ihr Gehirn wurde mit neuen Informationen überflutet. Doch sie wusste, was sie ihr sagten. Ohne, dass es ihr jemand erklären musste, wusste sie genau, was jede Schwingung, jeder Lufthauch zu bedeuten hatte. Sie fühlte, wie neue Kraft durch ihren Körper schoss. Ohne auch nur einen einzigen Augenblick zu zögern verließ sie das Haus und streifte durch die Stadt. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, stellte sie ihre neu gewonnen Kräfte auf die Probe. War sie anfangs doch noch etwas unsicher und hatte Schwierigkeiten Abstände genau einzuschätzen oder interpretierte ihre Umgebung falsch, so hatte sie doch bald den Dreh raus. Nach einiger Zeit schlängelte sie sich elegant durch die Masse, überquerte ohne fremde Hilfe die Straße und konnte sogar reagieren, wenn sie angesprochen wurde. Doch schon bald merkte sie, dass der Lärm der Stadt sie betäubte. Es war zu laut, zu viel. Selbst normales Reden schien ihren Ohren wie Geschrei, der Boden erzitterte unter den trippelnden Schritten der Ratten. Sieflüchtete wieder nach Hause. Dort band sie sich zuerst ein Tuch um den Kopf, um die Geräusche der Außenwelt einzudämmen, doch es reichte nicht. Schließlich gewöhnte sie sich daran, ihre Ohren stets mit einem Wachsgemisch zu verschließen. Dann lernte sie, sich zu wehren. Anfangs war sie selbst sehr erstaunt über sich. Es war ein sonniger Tag. Wie immer versteckte sie ihr Gesicht unter der weiten Kapuze meines Mantels, doch sie vermochte die Hitze der Sonne durch den Stoff zu spüren. Sie war auf dem Marktgewesen und hatte dort einige Besorgungen für ihre Mutter gemacht. Sie hatte anfangs ziemlich über die Veränderungen ihrer Tochter gestaunt, doch sie akzeptierte sie als ein Geschenk der Götter. Den wahren Hintergrund hatte Diam ihr nie erzählt. Auf dem Rückweg merkte sie, dass etwas seltsam war. Jemand kam auf sie zu, machte aber keine Anstalten aus dem Weg zu gehen. Aus den Schritten schloss Diam, dass es ein Junge war, etwa 1,7m groß, wohl kaum älter als fünfzehn oder sechzehn, also etwa zwei Jahre älter als sie. Verwirrt blieb sie stehen. An diesem Tag kämpfte sie zum ersten Mal und an diesem Tag lernte sie das Wunder eines Messers kennen. Zwei gleichaltrige Kumpanen als Unterstützung stürzte er sich mit einem Messer auf das ahnungslose, um ihr die Einkäufe und das restliche Geld weg zu nehmen. Doch sie spürte und hörte seine Bewegungen schon lange, bevor sie kamen. Mühelos wich sie aus. Aber sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Dann geschah es. Ihr Gegenüber nutzte ihre Verwirrung aus und verpasste ihr einen leichten Schnitt über die Hand, die den Korb hielt. Mehr vor Erstaunen als vor Schmerz schrie Diam auf und ließ den Korb fallen. Einer der Jungen schnappte ihn sich und wollte davon rennen, doch das konnte sie nicht zulassen. Wut überkam sie und sie überließ ihrem Körper die Führung. Mit einem gezielten Tritt streckte sie den ersten Jungen nieder. Dem zweite, der mit dem Messer nach ihr hieb, wich sie ohne Mühe aus, packte ihn am Handgelenk und rammte ihm sein eigenes Messer in den Magen. Der dritte wandte sich zur Flucht, doch Diam hatte Blut geschmeckt. Sie zog die blutige Klinge aus ihrem Angreifer und warf. Genau zwischen der sechsten und siebenten Rippe bohrte sich die Klinge in sein Herz. Der letzte Junge, den sie zu Boden getreten hatte, versuchte Panisch wegzukrabbel. Wie eine süße Droge hüllte dieser Duft sie ein und benebelte ihre Sinne. Wie ein Racheengel stürzte sie sich auf ihn, mit einem leisen Krachen brach seine Halswirbelsäule unter ihrem Tritt wie ein Streichholz. Schwer atmend stand sie inmitten des Grauens. Die ganze Szene hatte nur wenige Augenblicke gedauert, doch für Diam hatte sich alles geändert. Nun wusste sie, für was sie geboren worden war. Schnell brachte sie die Einkäufe nach Hause, dann teilte sie ihrer Mutter ihren Entschluss mit. Sie würde Kriegerin werden, wie würde das Kämpfen lernen. Ihre Mutter lachte und weinte, versuchte sie mit Drohungen und Schmeicheleien umzustimmen, doch schließlich musste sie sich dem Wunsch ihrer Tochter beugen. Wiederwillig gab sie diese in ein Kloster, damit sie dort das Kämpfen lernte. Dort wurde sie anfangs nur verlacht. Ein kleines, schwaches Mädchen, das dazu noch blind war. Niemand glaubte, dass sie auch nur die erste Woche durchstehen würde. Doch wie täuschten sie sich. Schon in der ersten Trainingsstunde mussten sie erkennen, dass Diam etwas Besonderes war. Ohne erkennbare Mühe besiegte sie den stärksten der Schüler und auch ihr Meister konnte schon bald kaum noch gegen sie gewinnen. Nach nur zwei Jahren verließ sie das Koster wieder und machte sich auf den Weg, die beste Schwertkämpferin der Welt zu werden und ihrem Vater zu dienen. Und das hatte sie hierher gebracht. Lange war sie durch die Lande gestreift auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Mit dem Schwert vermochte kein Mensch sie zu besiegen und selbst Scions hatten es sehr schwer gegen sie zu bestehen. So hatte sie begonnen mit anderen Waffen zu trainieren und auch darin meisterliches Geschick bewiesen. Seit zwei Wochen war sie nun hier um den Umgang mit dem Morgenstern zu erlernen. Und jetzt stand sie hier, in dieser Gasse, umzingelt von fünf Männern. Plötzlich erwachte sie zum Leben. In einer fließenden Bewegung zog sie ihr Schwert und hieb dem Anführer damit sogleich den Kopf ab. Mit einem kräftigen Sprung beförderte sie sich etwa drei Meter in die Luft, nur um sich dann umzudrehen und vom Dach des nächsten Hauses nach unten zu schießen. Ehe sie auf dem Boden landete rollten zwei weitere Köpfe. Nun waren nur noch zwei Angreifer übrig. Von Schrecken erstarrt waren sie nicht in der Lage auch nur einen Muskel zu rühren, so schnell war alles gegangen. Diam schnaubte und rannte auf die beiden zu. Bevor sie auch nur mit der Wimper zucken konnten, hatte Diam sie bereits enthauptet. Diam drehte sich um und betrachtete ihr Werk. Es war zu einfach gewesen, Menschen stellten keine Herausforderung mehr da. Wann würde ihr Vater ihr endlich einen neuen Auftrag geben? Sie wischte ihr Schwert an der Kleidung eines der Gefallenen ab, dann wandte sie sich zum gehen. Geräuschlos wie eine Eule sprang sie auf das Dach des nächsten Hauses und verschwand. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ So, ich hoffe, das hat euch gefallen! cu *kekse hinstell* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)