Labyrinth von Liniath (Der Traum von einer noch ungewissen Zukunft) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Begeistert strömte das Archäologenteam in die Ruinen Thebens. Sie fotografierten eifrig alles, was ihnen vor die Linse kam. Ständig beredeten sie irgendetwas und lachten hin und wieder laut auf. Andere pinselten eifrig den Sand von den uralten Steinen. Dass eine Katze, die nicht weit von ihnen entfernt auf einer zerstörten Säule saß, sie die ganze Zeit anstarrte, merkten sie alle nicht. Nicht eine Sekunde wurden sie aus den Augen gelassen und es machte fast den Eindruck, dass all das die Katze anzuwidern schien. Nach einer Stunde war die Meute wieder verschwunden und es schien, als wäre niemals jemand dort gewesen. Nur die Katze saß noch immer auf der Säule, den Kopf stolz erhoben. Mit der für Katzen typischen Eleganz, sprang der Kater von dem Steingebilde und landete sanft im Wüstensand. Es war Nachmittag und die Sonne brannte heiß auf Ägypten herunter, doch dem Kater schien das nichts auszumachen. Er schritt durch den Sand, als sei es das natürlichste der Welt und sprang schließlich auf eine Mauer, von der er das Heiligtum besser überblicken konnte. ‚Mit ihrem Geschrei schänden sie alle diesen heiligen Ort…’, war der erste Gedanke den Nefertari fasste, als er sah, dass einer der Besucher ein Taschentuch einfach hier hatte fallen lassen. Ein mehr als respektloses Verhalten, war das in den Augen der Tempelkatze. Sie alle wollten die Überreste der einst so blühenden Metropole Theben sehen, doch Respekt vor diesem Heiligtum hatten sie keinen. Niemand mehr von den Menschen kannte noch die alten Gottheiten. Keiner verehrte mehr Bastet, Horus, Anubis und all die anderen Götter. Dennoch existierten sie alle. Nefertari selbst diente der Göttin Bastet und war eine ihrer Tempelkatzen. Seiner Herrin war der Kater absolut treu ergeben. Jeden ihrer Aufträge führte Nefertari gewissenhaft aus und in seinem Leben gab es auch nicht viel mehr als das Dasein der Tempelkatze. Langsam senkte er seinen Kopf und schien den alten Göttern still zu gedenken. Danach sprang Nefertari von der Mauer und tapste bedächtig davon. Mit so etwas wollte er eigentlich nicht seinen freien Tag verbringen. Schließlich war dieser da, damit er sich etwas entspannen konnte. Dennoch machte sich der Kater den einen oder anderen Gedanken. Was gerade wohl im Tempel geschah? Denn irgendetwas war im Gange, da war sich Nefertari sicher. Seit Tagen schien ein grauer Schleier über dem Tempel der Bastet zu liegen. Alle waren stiller und bedächtiger als sonst. Doch langsam schüttelte die Tempelkatze den Kopf. Er wollte sich doch etwas frei davon nehmen, damit er wieder klarere Gedanken bekam. Denn jetzt durfte er keinen Fehler machen. Die Lage war angespannt. Inzwischen hatte Nefertari die Ruinen Thebens verlassen und schritt direkt in Richtung Nil. Er kannte sich im Tal der Könige gut aus und würde sich sicher nicht verlaufen. Selbst wenn das geschehen sollte, würde Bastet nach ihm suchen lassen. Vor der Wüste musste er sich also nicht fürchten. Nach wenigen Momenten war er auch am Ufer des Nils angekommen. Erst durch diesen Fluss war Ägypten zu wahrer Größe gekommen, die sie aber wieder verloren hatte. Die Meisten kannten nur noch die Ruinen, die hier überall standen. Doch das Land war heute arm und mit Krankheiten verseucht. Seufzend ließ sich Nefertari auf einem hervorragenden Stein nieder und blickte in die Fluten des Nils. Der Fluss glitt träge dahin und er konnte verzerrt sein Spiegelbild erkennen. Eine sandfarbene Katze blickte ihm entgegen, die dunkelblaue Farbe der Augen, konnte man auf der Wasseroberfläche nicht erkennen. „Nefer! Da bist du ja!“ Erschrocken fuhr Nefertari zusammen, ehe er sich schnell umdrehte und sich nach dem Sprecher umsah. Doch als er nur eine Katze mit silbernen Fell, das schwarze Tupfen aufwies, die zu ihm rannte, entdeckte, entspannte er sich wieder. Vor allen Dingen wegen dem Anch, das sie trug. „Wage es nicht noch einmal, mich so zu erschrecken!“, erklärte Nefertari als erstes und blickte die Katze mit einem strengen Blick an. „Das ist ein ungebührendes und mir gegenüber respektloses Verhalten und du solltest vor mir Respekt haben, schließlich bin ich schon länger eine Tempelkatze als du, Nesrin.“ Allerdings ruckte Nesrin daraufhin nur mit ihren Schultern, was Nefertari aber nicht weiter kommentierte, obwohl er dieses Verhalten ungehobelt fand. Es hatte wohl keinen Sinn, diese Katze ständig darauf hin zu weisen. „Und was willst du von mir?“, fragte er schließlich ruhig und blickte die andere Tempelkatze prüfend an. „Bastet schickt mich. Ich soll nach dir sehen, weil du schon die ganze Zeit so ein seltsames Verhalten an den Tag legst… Dich scheint etwas zu bedrücken“, erklärte Nesrin in wesentlich ernsterer Manier und ließ sich nun direkt vor Nefertari im Sand nieder. Dieser blickte inzwischen mehr als skeptisch drein. Er traute ihr nicht wirklich und er konnte sich nicht recht vorstellen, dass Bastet jemandem einen solchen Auftrag gab. Doch als ihm einfiel, dass er es hier mit einer absolut unerfahrenen Tempelkatze zu tun hatte, kam ihm das doch viel wahrscheinlicher vor. Aber dennoch antwortete er Nesrin nicht sofort, sondern wandte sich wieder dem Nil zu und starrte auf das Wasser. In Gedanken wog er immer noch ab, ob er ihr sagen sollte, was ihn so beschäftigte. Es widerstrebte ihm einfach irgendwie, davon zu erzählen, aber wenn sie dafür von Bastet geschickt wurde… „Ich habe eine Vorahnung.“ Nun schien Nesrin neugierig zu werden, denn Nefertari konnte hören, wie sie sich erhob und neben ihn tapste. „Du hast eine Vision?“, fragte sie auch gleich aufgeregt. Doch Nefertari schüttelte langsam seinen Kopf. Schließlich antwortete er fast schon etwas bedächtig: „So würde ich es nicht nennen… Ich sehe nicht direkt, was passieren wird. Es ist eigentlich nur ein Traum. Doch dass ich ihn jede Nacht immer wieder aufs Neue träume, gibt mir zu denken… Das ist nicht normal.“ Langsam hatte Nefertari seinen Blick von dem Wasser abgewandt und starrte in die Ferne. Seit Wochen wurde er in jeder Nacht von dem gleichen Traum verfolgt. Es musste ein Zeichen sein. „Und wovon träumst du?“ Überrascht wandte sich Nefertari nun Nesrin zu. Er hatte sie beinahe vergessen gehabt. Allerdings wurde er nun wieder skeptisch und fragte misstrauisch nach: „Und Bastet schickt dich, damit du mich das fragst? Und wenn sie das wirklich tut, beantworte mir, wieso sie mich nicht selbst fragt.“ „Sie fürchtet, dass du es ihr nicht ganz die Wahrheit sagen könntest, weil du es als Blöße ansehen würdest“, erklärte Nesrin ihm gleich in einem ziemlich altklugen Tonfall und reckte dabei ihren Kopf erhaben nach oben. Diese Antwort überraschte Nefertari zuerst, aber er hatte dem nichts entgegen zu setzen. Doch noch immer zierte er sich mit einer Antwort und starrte lieber wieder den Nil an. Einige Momente herrschte Totenstille, aber dann begann Nefertari bedächtig zu erzählen: „Ich träume von einem Raum… Ich bin dort gefangen und es gibt viele Türen. Doch ich weiß nicht, welche nach Draußen führt. Gehe ich in den ersten Raum, begegne ich einem Mann mit langen silbernen Haaren. Er hat einen weißen und einen schwarzen Flügel und singt ein wunderschönes Lied in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Wenn ich ihn nach dem Weg frage, zeigt er auf eine Türe und sagt, dass das der Ausgang ist. Doch ich traue ihm nicht und nehme eine andere Türe… Im nächsten Raum erwartet mich wieder ein Mann. Ich kann mich immer nur daran erinnern, dass sein linkes und sein rechtes Auge verschiedene Farben haben… Und er trägt ein Anch. Er blickt mich an und lächelt mir kurz aufmunternd zu, ehe er einfach verschwindet. Nachdem er verschwunden ist, kehre ich wieder in den Raum zurück, wo der Mann mit den Flügeln gewesen war. Doch er ist nicht mehr da. Jetzt steht dort ein Krieger, der plötzlich in Flammen aufgeht. Schnell verlasse ich den Raum und nehme willkürlich eine Tür. Jetzt stehe ich auf einmal in einem Labyrinth. Ich irre dort herum und ich weiß, dass ich jemanden suche und ihn unbedingt finden muss. Dann taucht plötzlich ein Drache auf. Er rastet direkt vor mir und speit Feuer. Gerade wenn mich die Flammen berühren wollen, wache ich auf.“ Inzwischen starrte Nesrin ihn einfach nur verwundert an und blinzelte im Anschluss einige Male. Schließlich murmelte sie: „Ein äußerst merkwürdiger Traum… Weißt du, was er bedeutet?“ Daraufhin schüttelte Nefertari seinen Kopf und erklärte: „Das ist gerade das Problem daran…“ Doch nun herrschte Schweigen zwischen ihnen. Stumm blickten sie auf den Nil und schienen darüber zu rätseln, was dieser Traum bedeutete. Aber plötzlich brach Nesrin das Schweigen wieder: „Nefer… Bastet schickte mich noch wegen etwas Anderem… Sie lässt nach dir rufen.“ Irritiert blickte Nefertari nun auf, doch dann nickte er langsam. „Und welches Anliegen hat sie?“, fragte er sachlich und wandte sich dabei vom Nil ab. Das war wohl jetzt das abrupte Ende seines freien Tages. „Sie hat einen wichtigen Auftrag für dich“, erklärte Nesrin ruhig und beobachtete Nefertari dabei genau. Dieser nickte einfach nur und ging schweigend an ihr vorbei zum Tempel der Bastet. Er hatte beinahe schon mit so etwas gerechnet. Seltsamerweise hatte er dabei das Gefühl, dass sein Traum bald in Erfüllung ging. Doch er würde sich für seinen Auftrag in dieses Labyrinth wagen und den so ungewissen Weg gehen. Links – rechts – geradeaus Du bist im Labyrinth Links – rechts – geradeaus Keiner kann dir sagen, welche Türen die richtigen sind Mein verlorenes Kind Links – rechts – geradeaus Du bist im Labyrinth Links – rechts – geradeaus Links – rechts – geradeaus Keiner kann dir sagen, wer die Guten und die Bösen Links – rechts – geradeaus Du kommst hier nicht mehr raus Links – rechts – geradeaus Du kommst hier nicht mehr raus Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)