Sommerwind von Green-Sunshine87 ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Sommerwind Dass uns die Sonne an Tagen wie diesen aus einem strahlend blauem Himmel heraus anlacht, ist mir unbegreiflich. "Räum dein Zimmer auf!"-"Du nervst!" "Mach deine Hausaufgaben!"-"Ich hab keinen Bock!" "Um zwölf bist du zuhause!"-"Ja. Ja. Soll ich Brötchen mitbringen?!" "Mach die Musik leiser!""Du hast keinen Geschmack!" "Müsst ihr euch immer streiten?" "Hör auf deine Schwester zu ärgern!" Banale Sätze die unser Leben beschreiben. Ermahnungen. Spontan fallen mir nur all diese Ermahnungen ein. Unsere Streits, die Wut in mir, als Du aus dem Haus gingst. Ich weiß nichteinmal mehr warum ich so wütend war. Im Nachhinein, jetzt, kommt mir meine Wut so lächerlich vor. Jeder Streit so sinnlos. Und jedes böse Wort zwischen uns rammt die Scherben tiefer in mein Herz. Die Sonne scheint gnadenlos auf uns herab. Der sanfte Sommerwind fühlt sich an wie Rasierklingen auf meiner Haut. Und doch weckt beides längst verblasste Erinnerungen. Ich denke an jenen Tag, als Du aus der Tür gingst. Ich denke an meine Wut. Sicher warst Du genauso wütend auf mich, wie ich auf dich. Bestimmt hast Du mich gehasst, als Du zur Schule fuhrst. Ich rufe mir dein Gesicht in Erinnerung. Es lag keine Wut darin. Nur dein Lachen. "Ich hab dich lieb Mama!Bis später!" Ich sehe nocheinmal wie Du durch die Tür gehst, wie jeden Tag und durch den Sonnenschein zur Schule fährst. Zuhause lasse ich deine Musik laufen und warte auf eine Antwort wenn ich sage: "Mach die Musik leiser!" Ich räume dein Zimmer nicht auf, weil ich warte dass du zurückkommst. "Räum dein Zimmer auf!" Wenn deine Schwester von der Schule kommt, warte ich darauf, dass sich die TÜr ein zweites Mal öffnet und Du nach Hause kommst. Ich stelle immernoch einen dritten Teller auf den Tisch. Ich warte auf eure Ärgereien, auf den Lärm wenn Du dich mit deiner Schwester streitest. Damit ich sagen kann: "Müsst ihr euch immer streiten?!" Doch es bleibt still. Und eigentlich ist all das bedeutungslos. Es ist mir nicht wichtig dir wieder zu sagen Du sollst dein Zimmer aufräumen, oder die Musik leiser machen. Denn im Grunde ist alles was ich mir wünsche nur, dass Du durch die Tür kommst, damit ich dir sagen kann wie Leid es mir tut und dass ich dich liebe. Die Sommerbrise erfasst mein Haar. Es fühlt sich an wie ein sanfter Kuss. Plötzlich kommt diese Erinnerung zurück. Klar und frisch, als würde es in diesem Moment geschehen. Der Tag deiner Geburt. Der Geruch deiner Haut. Dein friedliches Gesicht. Dein Lachen. Und plötzlich weiß ich warum die Sonne so strahlt. Es ist der gleiche Sonnenschein wie am Tag deiner Geburt. Derselbe Geruch, von der gleichen sanften Brise zu mir in die kleine offene Kapelle am Friedhof getragen. Dein Gesicht in dem seidenbeschlagenen Sarg ist genauso friedlich. Nur dass Du die Augen nicht mehr aufschlagen und mich anlachen wirst. Dein Leben ist so geendet, wie es begonnen hat. Mit einem strahlendblauen Himmel, der leuchtenden Sonne und einer friedlichen warmen Sommerbrise. Ein perfekter Kreis. Und mir wird klar, dass Du die Sonne die ganze Zeit in deinem Lachen trugst. Darum schien sie damals, darum scheint sie jetzt. Die Sonne scheint, weil dein Gesicht jetzt nicht mehr für mich lachen kann. Und die Sommerbrise trägt deine Wärme und deine Stimme zu mir. Du warst die ganze Zeit bei uns. Du warst der Sonnenschein der so grausam unpassend schien. Bitte lass es nie wieder regnen. Scheine noch eine Weile auf uns herab, bis wir uns wieder begegnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)