Freie Texte von Jananas (Nonsense) ================================================================================ Kapitel 26: Amoklauf der Gedanken - Ein Drama in sechs Akten ------------------------------------------------------------ 1. Akt Er hat mich verkorkst. Er und kein anderer. Ich habe mich definitiv nicht so zugerichtet, denn ich kann mich in diesen Momenten selbst am Wenigsten leiden. Das Schlimmste daran ist die Unberechenbarkeit. Eben noch himmelhochjauchzend, auf einmal zu Tode betrübt. Ich mutiere zu einem Monster, das mir selbst Angst macht und kann nichts dagegen tun. Nicht holt mich dann so schnell von meinem Trip herunter. Und es scheint fast nie einen Grund für diese Stimmungsschwankungen zu geben. Eigentlich sind es schon gar keine Schwankungen mehr, sondern zwei sich verabscheuende Kreaturen, die sich ständig bekämpfen. Meistens gewinnt die gute Seite, dafür ist die Verwüstung um so verheerender, wenn die böse Seite gewinnt. 2. Akt Er hat mich verkorkst. Er hat nichts getan und das hat ausgereicht, um aus mir ein ängstliches, unsicheres, von Selbstzweifeln zerfressenes Wesen zu machen, das alle paar Monate zu unkontrollierten Wutausbrüchen neigt, gepaart mit extremem Selbsthass. Und nichts und niemand ist dann vor meiner Boshaftigkeit, meinem Zorn sicher. Alles, was sich mir in den Weg stellt, wird platt gewalzt. Feind und Freund gleichermaßen. Und ich stehe wie ein Zuschauer hilflos daneben und frage mich, wie ich zulassen konnte, dass das Monster wieder von mir Besitz ergriffen hat. Bin ich zu schwach, um jemals glücklich zu werden? An Tagen wie diesen scheint es fast, als wäre ich auf Ewig zur Hölle auf Erden verdammt. Denn das ist es. Jeder Tag kann ein schlechter werden und jeden guten Tag verbringe ich damit, mich vor dem nächsten zu fürchten. Angst lähmt. Hoffnung auch. Hilflosigkeit gibt mir das Gefühl, noch immer ein Kind zu sein. Und wie kann ein Kind dem ein Ende bereiten? 3. Akt Er hat mich verkorkst. Manchmal hasse ich nichts auf der Welt so sehr wie mich. Ich stehe nicht auf, weil ich die Müdigkeit, Lustlosigkeit, Hoffnungslosigkeit in meinen Muskeln nicht spüren möchte. Ich sehe nicht in den Spiegel, weil ich die Leere, meinen (lebens)müden Blick nicht ertragen könnte. Ich WILL schreien. Weinen. Mich übergeben, weil ich mich selbst zum kotzen finde. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre ich gar nicht hier. Vielleicht wäre ich da oder dort. Aber hier wäre ich nicht. Das wäre besser gewesen. 4. Akt Er hat mich verkorkst. Bin ich paranoid? Schizophren? Depressiv? Kann ich mich selbst in eine Klapsmühle einweisen lassen? Könnten die mir überhaupt helfen? Sollte ich nicht eigentlich selbst mit meinen Problemen fertig werden, wie jeder andere Mensch auch? Nehme ich Menschen mit echten Problemen damit die Chance, dass ihnen geholfen wird? Finden meine Probleme nur in meinem Kopf statt? Findet nicht jedes Problem im Kopf eines jeden Menschen statt? Ist das chronisch? Ansteckend? Heilbar? Ist die Erde mit allen Menschen dazu verdammt für immer auf ein Heilmittel zu warten? Wann hört das Gefühl auf, auf alles eine Antwort haben zu wollen? Wann wird die Leere, die diesem Gefühl auf dem Fuße folgt, ausgefüllt? Bin ich verabscheuenswürdig, weil ich den Grund für meine Fehler bei jemand anderem suche? 5. Akt Wenn ich meine Tobsuchtanfälle habe, komme ich immer irgendwann an den Punkt, an dem sich eine („die“) Blockade in mir löst. Die Gedanken fließen über und ich kann kaum so schnell schreiben, wie ich denke. Ich schreibe so viel ich kann, bis ich ganz leer bin. Dieser kurze Augenblick ist meiner „Innerer Frieden“. Ich kann die Augen schließen und nichts ist mehr da, was mich davon abhalten würde, zu schlafen. 6. Akt Ich bin eine vom aussterben bedrohte Art. Wo ich hinkomme, werde ich angegafft. Wie, du trinkst keinen Alkohol? Wie, du rauchst nicht? Wie, du nimmst keine Drogen? Wie, du hattest erst zwei Freunde und bist schon 22? Wie, du magst keine Markenklamotten? Wie, du kaufst im Second-Hand-Laden ein? Wie, du schminkst dich nicht? Wie, du trägst am liebsten Turnschuhe? Die Unschuld vom Lande. Mauerblümchen. Das schwarze Schaf. Nicht dumm, nicht schlau. Ganz bestimmt nicht hübsch. Sowas gibt es noch? Wie langweilig. Wie uncool. Wie bescheuert. Wie ekelig. Wie doof. Dich können wir hier nicht gebrauchen. Du bist ein Auslaufmodell. Keiner will dich, keiner brauch dich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)