kyoosha - beyond the curtain von ivy-company (Oneshots) ================================================================================ Kapitel 2: Status: vergeben...? ------------------------------- Name: Status: vergeben...? Pairing: Gackt x Uruha Sequel zu: means to an end? Genre: Romantik Zeitpunkt: am selben Tag wie der Epilog von „leading heartbeat“, 1 monat nach „happy birthday to myself“ und „means to an end“. Endlich haben wir's geschafft unserer Oneshot-Sammlung um eine neue Geschichte zu erweitern. Wie immer haben wir versucht so zu schreiben, dass die Geschichte auch ohne Vorwissen verständlich ist. Da es sich allerdings um ein Sequel zu „means to an end“ handelt ist es vielleicht sinnvoll die Story davor zu kennen. Nicht notwendig aber sinnvoll^^ Anders wie diese ist der Oneshot aus Gackts Sicht geschrieben. Das wars schon an Infos. Wir wünschen euch viel Spaß beim lesen! ______________________ Status: vergeben...? Ein beißender Schmerz breitete sich auf seiner Zunge aus. Verdammt, schon wieder verbrannt! Der Kaffee war noch viel zu heiß. Kein Wunder, die Bedienung hatte ihn ja auch eben erst gebracht und dafür die leere Espressotasse mitgenommen. Aber er war einfach ungeduldig. Seit ganzen 15 Minuten saß er schon hier. Ganze 15 Minuten ließ ihn Uruha jetzt schon warten! Obwohl es eigentlich erst fünf Minuten waren. Gackt war schließlich zehn Minuten zu früh gewesen. Die Unruhe breitete sich weiter in seinem Inneren aus. Espresso und Kaffee halfen nicht sonderlich dagegen. Natürlich war er aber nur innerlich hibbelig. Von Außen musste er aussehen wie die Gelassenheit in Person. Eine große Sonnenbrille auf der Nase und in schlichter, aber nicht weniger geschmackvoller Kleidung. Innerlich seufzend stellte er die Tasse ab und lehnte sich zurück. Die Beine übereinandergeschlagen saß er da und blickte aus dem Fenster des Cafés, das auf der anderen Seite des Raumes war. Es war ein ziemlich großes Café mit vielen Gästen. Die Leute gingen ein und aus. Das Personal wuselte durch den Raum. Gackt hatte sich in eine hintere Ecke verzogen, denn auch wenn er unauffällig gekleidet war, musste man sich ja nicht gerade auf den Präsentierteller am Fenster setzen. Wie beiläufig ließ er seinen Blick auf die Uhr über dem Eingang gleiten. 17 Minuten. Er ließ ihn warten. Er war zu spät. Aber seit wann war er denn so ungeduldig? Das kannte er gar nicht von sich. Normalerweise fiel es ihm überhaupt nicht schwer, seine gelassene Fassade aufrecht zu erhalten, und auch heute schaffte er es wieder, aber wenn man ihn kannte, dann sah man einen Unterschied. Die ständigen, wenn auch unauffälligen Blicke zur Uhr. Das Trinken des Kaffees, obwohl er noch viel zu heiß war. Das Tippen der Finger auf die Tischplatte, bis es Gackt nach ein paar wenigen Sekunden auffiel und er – verärgert über sich selbst und diesen Moment der Unachtsamkeit – wieder damit aufhörte. Am liebsten hätte er entnervt aufgeseufzt, doch er tat es nicht. Das passte nicht zu ihm. Dieses gesamte Verhalten passte nicht zu ihm! Unruhe war ein Zeichen von Schwäche. Er hatte über die Jahre gelernt seine Schwächen zu kaschieren. Jede peinliche Situation mit einem selbstbewussten Lächeln zu einem Triumph umzuwandeln. Er stand über den Dingen. Nur leider nicht, wenn es um Uruha ging. Sie trafen sich jetzt seit einem Monat. Gackt hatte die Geschichte so locker wie möglich halten wollen. Trotzdem sahen sie sich fast jeden Tag. Er verlegte Besprechungen und sagte Termine ab, nur um den Gitarristen so oft es ging sehen zu können. Natürlich hatte Uruha davon keine Ahnung. Die Blöße wollte sich Gackt nicht geben. Der Blonde musste nicht wissen wie verrückt er nach ihm war. Er hatte ja schon genug Probleme das seinem eigenen Ego klarzumachen. Er war nicht verrückt nach anderen. Man war verrückt nach ihm! Nur bei dem Gitarristen schien dieses Konzept nicht aufzugehen. Gackt sah wieder auf die Uhr. 20 Minuten! Er saß hier schon seit 20 Minuten. Eigentlich sollte er aufstehen und gehen. Stattdessen überlegte er sich, ob er Uruha nicht auf dem Handy anrufen sollte, um zu fragen, wo er blieb. Natürlich war das eine Überlegung, die er niemals in die Tat umsetzen würde. Trotzdem kribbelte es in seinen Fingern. Zum Glück erschien genau in diesem Moment ein ihm wohlbekanntes Gesicht im Eingangsbereich des Cafés. Gut. Sehr viel länger hätten seine Nerven wohl nicht mitgespielt. Sofort griff er nach seiner Tasse und nahm einen Schluck der nun lauwarmen Flüssigkeit. Uruha ließ er dabei trotzdem nicht aus den Augen. Durch die Gläser seiner Sonnenbrille hindurch verfolgte er, wie sich der Blonde etwas gehetzt im Laden umschaute, bis er ihn erkannte. Gackt konnte die Erleichterung in Uruhas Gesicht sehen, als dieser auf ihn zukam, und musste lächelnd. Gut, dass die Tasse seine Lippen verdeckte. „Tut mir wirklich sehr Leid!“, ertönten die reuevollen Worte. „Wartest du schon lang?“ „Ich bin auch gerade erst gekommen“, log der Ältere. Ob er das nun sagte, um sein Gesicht zu wahren oder damit sich Uruha nicht schuldig fühlte, wusste er nicht genau. „Dann ist die Bedienung hier aber schnell.“ Der Gitarrist deutete bewundernd auf die Kaffeetasse, die schon wieder fast leer war. Autsch. Fettnäpfchen. Und jetzt einfach wie immer lächeln. Das würde schon wieder alles richten. Uruha würde gar nicht bemerken, dass er gelogen hatte. Er würde… Der Blonde zog eine Augenbraue nach oben und sah Gackt kurz ein wenig misstrauisch an, was diesen zum Stutzen brachte. Es konnte doch nicht sein, dass sein selbstsicheres Lächeln von dem anderen durchschaut wurde oder? Das wäre nie mehr passiert, seit… seit… dem ersten Mal Fanservice mit You, als ihm dieser danach eindeutig angesehen hatte, dass es ihn nicht ganz so kalt gelassen hatte, wie er mit seinem Lächeln hatte weismachen wollen. Und das war schon ein paar Jahre her! Zu seiner Erleichterung veränderten sich Uruhas Züge nun aber ebenfalls zu einem Lächeln, bevor er sich nach der Bedienung umsah. Gackt wischte sich mental den Schweiß von der Stirn. Er musste aufpassen und an seinem Ausdruck arbeiten, wenn er hier weiter bestehen wollte. Zwei Minuten später hatte der Gitarrist seine Bestellung aufgegeben und sie hatten eine kleine Argumentation gehabt, bei der er den Älteren gebeten hatte, die Sonnenbrille abzunehmen. Gackt hatte allerdings damit argumentiert, dass sie nie wieder in diesem Cafe sitzen konnten, wenn ihn jemand erkannte. Dass Uruha hier auch erkannt werden konnte, ignorierte er gekonnt. Er würde seine Sonnenbrille jetzt sicher nicht absetzen! Wenn der andere schon seinem Lächeln misstraute, wer wusste dann, was er aus seinem Blick lesen konnte! „Und wie war dein Tag so?“, fragte der Sänger, nachdem er den anderen endlich davon überzeugen konnte, die Sonnebrille – vorerst – aufzubehalten. „Ah! Genau! Das wollte ich dir ja noch erzählen!“ Uruha wirkte plötzlich völlig aufgeregt. Wie ein kleines Kind, das unbedingt eine Geschichte erzählen musste. Gackt schmunzelte. Ja, er war wirklich verrückt nach dem anderen. „Dieses furchtbar wichtige Treffen, das Kai für heute angesetzt hatte, hatte eigentlich gar nichts mit der Band zu tun. Naja, irgendwie schon, aber eben nur im weitesten Sinne. Es ging nämlich um Kais Privatleben. Und um Naos, weshalb Alice. Nine diesem Spektakel ebenfalls beiwohnen durften.“ Uruha legte eine kurze Kunstpause ein und lächelte seinen Gegenüber verschmitzt an. Gackt hatte schon gemerkt, dass der Blonde es liebte, alles so spannend und dramatisch wie möglich zu gestalten. Leider hatte er auch merken müssen, dass er Uruha jedes Mal ins Netz lief. Egal was der Gitarrist ihm erzählte, Gackt klebte ihm förmlich an den Lippen. Und so konnte er auch jetzt nicht anders als fragend eine Augenbraue hochzuziehen, während er gespannt auf die Auflösung der Geschichte wartete. „Kai und Nao sind zusammen!“, ließ Uruha dann endlich lächelnd verlauten. „Aber das ist noch nicht alles! Miyavi und Ruki sind auch zusammen, was ich mir schon irgendwie gedacht habe. Und zwischen Tora und Saga scheint auch irgendetwas zu laufen. Das hat mich allerdings überrascht, weil ich mir Tora immer mit jemand anderem vorgestellt habe. Ach, und Shou soll etwas mit dem Gitarristen von An Cafe haben.“ „Takuya?“, warf Gackt ein, um sich an ihrem Gespräch zu beteiligen. Nicht, dass er ein Problem damit hatte nur stumm dazusitzen und zuzusehen, wie Uruha ihm mit funkelnden Augen von seinem Tag erzählte. „Genau, das war der Name! Auf jeden Fall war das ein ganz schönen Chaos und außerdem…“ Gackt hatte gerade nach der Tasse gegriffen, als er in seiner Bewegung stockte. Es war nicht Uruhas Art mitten in einem Satz mit dem Erzählen aufzuhören, es sei denn er wurde durch irgendetwas unterbrochen. Und das wurde er nicht. Schließlich hatte Gackt ihn die ganze Zeit fest im Blick. Sein Gegenüber saß einfach nur da und biss sich stumm auf seine hübsche Unterlippe. „Und weiter?“, hakte Gackt nach, doch der Blonde schüttelte nur den Kopf und lächelte ihn gekünstelt an. „Nichts. Ich bin fertig mit Erzählen.“ Der Sänger runzelte die Stirn. „Bist du sicher, dass du nicht noch etwas sagen wolltest?“ „Der Rest ist unwichtig. Ich hab alles erzählt, was für dich irgendwie von Interesse ist.“ „Und du weißt, was für mich irgendwie von Interesse ist?“ Schmunzelnd setzte er seine Tasse an die Lippen und trank einen Schluck, Uruha dabei nicht aus den Augen lassend. Selbst wenn es ihn nicht interessierte, wollte er, dass der andere weitererzählte. Er mochte es ihn so aufgeregt und mit funkelnden Augen zu erleben. Es amüsierte ihn einfach – im positiven Sinn. Irgendwie war es kindlich und das passte gar nicht zu Uruhas Erscheinungsbild. Gerade deshalb mochte er es. Weil sich der andere anders gab, wenn er mit ihm unterwegs war, als wenn er vor irgendeiner Kamera oder auf der Bühne stand. Außerdem… interessierte es ihn jetzt irgendwie doch schon sehr, was ihn denn anscheinend nicht interessierte. „Naja“, antwortete der Gitarrist, nachdem ihm sein Espresso gebracht wurde und er die kleine Tasse in seinen Händen betrachtete, ohne davon zu trinken. „Bei dem Thema schon. Ja.“ „Bei welchem Thema?“ Gackt stellte die Tasse wieder ab. So langsam dämmerte es ihm. Es gab nicht viele Themen, bei denen er seine Meinung so deutlich gemacht hatte und um die es hier gehen könnte. Ihm wurde ein wenig mulmig. Er brauchte etwas zu tun. Unnötigerweise schob er also seine Sonnenbrille zurrecht. Leider brauchte das auch nur ein paar Sekunden. „Ach du weißt schon…“, wurde ihm ausweichend geantwortet. Uruha hob den Blick und sah ihn an, wandte sich aber kurz darauf wieder seinem Espresso zu und nahm einen Schluck. Sicher nur, um Zeit zu schinden. Ja, wahrscheinlich wusste er es wirklich. Es ging um diese Gerüchte. Und um die Beziehung zwischen Kai und Nao. Und Miyavi und Ruki. Und um die Beziehung zwischen ihm und Uruha. Die ja eigentlich gar keine Beziehung war. Sie trafen sich fast jeden Tag, aber nie war das Wort „Beziehung“ gefallen. Seit er dem Gitarristen vor einem Monat auf Miyavis Party gesagt hatte, dass er nicht auf der Suche nach etwas Ernstem war, war das Thema auch nie mehr gefallen. Die Entwicklung war Gackt nur recht gewesen. Schließlich hätte er sich sonst selbst noch einmal mit seinem Standpunkt auseinandersetzen müssen. Uruhas Anwesenheit hatte nämlich auf ihn den Einfluss, dass er viele seiner Standpunkte änderte. Zu seinem eigenen Leidwesen. Glücklicherweise herrschte in Uruhas Band die Regel, dass man mit keiner anderen Person aus der Musikbranche eine Beziehung eingehen durfte. Zwar hielt Gackt diese Regelung für mehr als bescheuert, doch hatte sie ihm bis jetzt großen Ärger erspart. Wenigstens ein Standpunkt, an den er sich klammern konnte, während der Jüngere sein ganzes Weltbild auf den Kopf stellte ohne es selbst zu merken. Allerdings hatte der Solist die Befürchtung, dass jetzt auch seine letzte Festung zu bröckeln begann. „Naja, da Kai und Nao selbst gegen ihre Regel verstoßen haben, ist sie jetzt ganz offiziell für nichtig erklärt worden“, erklärte Uruha und zuckte dann mit den Schultern, als würde diese Entwicklung ihn gar nichts angehen. Gackt nickte leicht und trank erneut einen Schluck. So als würde auch ihn diese Entwicklung nichts angehen. So als hätte er die Nervosität in der Stimme seines Gegenübers nicht gehört. Als würde er nicht selbst diese Nervosität spüren, gepaart mit… Vorfreude? Angst? Unsicherheit? Er wusste es nicht genau. Er empfand solche Emotionen nicht gerade häufig. Es waren Gefühle, die nur Uruha in einer solchen Intensität in ihm auslösen konnte. Weil Uruha für ihn etwas Besonderes war. Die goldene Ausnahme. Und wie weiter? Eine zeitlang schwiegen beide. Es war kein angenehmes Schweigen, sondern ein erwartungsvolles. Allerdings war Gackt sich nicht sicher, was er genau erwarten sollte. Was er wirklich wollte. Wobei das im Grunde keine schwierige Frage war, wenn er seinen Stolz für einen Moment vergaß. Er verbrachte den größten Teil seiner Freizeit mit Uruha. Sie küssten sich. Sie schliefen miteinander. Keiner von beiden hatte nebenher noch etwas anderes laufen. Zumindest hatte der Gitarrist nie etwas erwähnt und Gackt war viel zu sehr auf Uruha fixiert, um auch nur an andere zu denken! Sie waren praktisch schon zusammen! Leider nur praktisch. Moment. Warum leider? Er wollte doch gar nicht! Also… vielleicht schon. Aber im Grunde wollte er doch nie! Er musste etwas sagen. Sich anschweigen machte alles nur noch schlimmer, denn so versank er noch tiefer in seinen wirren Gedanken, die ihn ja fast schon mental anschrien, sich doch endlich mal zu entscheiden, was er eigentlich wollte. „Und… was hältst du davon?“ Der Gitarrist sah ihn kurz an, senkte den Blick dann aber schnell wieder auf seine Tasse und murmelte seine Antwort dort hinein. Gackt musste leise lachen. „Dein Kaffee hört dich nicht, Uruha.“ Selbst in einer solchen Situation fand er seinen Gegenüber so niedlich, dass er für einen Augenblick den Ernst der Lage vergaß. War das nicht Zeichen genug? Der Blonde lenkte ihn ab, wenn er gestresst war oder Sorgen hatte. Er brachte ihn zum Lachen. Eigentlich wusste der Sänger schon, was er wollte. Er musste sich nur einen Ruck geben und dazu stehen, dass sich seine Meinung geändert hatte. „Ich weiß“, murmelte Uruha weiter, diesmal den Kopf ein wenig gehoben, sodass die Tasse seine Worte nicht ganz verschluckte. „Ich hab gesagt, ich steh da drüber.“ „Wo drüber?“ Gackt wollte es jetzt wissen. Und obwohl dieses Gespräch so ernst war, musste er sich eingestehen, dass er es niedlich fand, den anderen so schüchtern zu sehen. Dieser hob jetzt ein wenig ärgerlich den Kopf und sah den Solokünstler an. Wahrscheinlich gefiel es ihm nicht, so in die Ecke gedrängt zu werden, dass er mit der Sprache rausrücken musste. „Na du weißt schon…“ Er fuchtelte mit der Hand in der Luft rum. „Dieses ganze Beziehungsgerede und so. Wir sind zusammen. Wir sind nicht zusammen. Das ist doch alles total irrelevant.“ Ja, vielleicht war es das wirklich. Aber Gackt fiel eine entscheidende Sache auf, die ihm verriet, dass der Gitarrist das alles doch nicht so irrelevant fand, wie er es versuchte abzutun. Uruha sah ihn nicht an. Er wich seinen Blicken immer aus, wenn mehr hinter einer Sache steckte, als er zugab. Immer. „Warum schaust du mich nicht an?“, fragte er ganz unverblümt, woraufhin sein Gegenüber wirklich seinen Blick hob. Kurz war Uruhas Nervosität und Unsicherheit für Gackt ganz deutlich zu sehen, bevor seine Züge härter wurden und er den Älteren ärgerlich anfunkelte. „Weil ich dich nicht sehen kann, wenn du dich hinter dieser riesigen Sonnenbrille versteckst“, antwortete der Jüngere schnippisch. Normalerweise würde Gackt jetzt lächelnd den Kopf schütteln und das Thema auf sich beruhen lassen. Doch dieses Mal nicht. Er wusste, dass Uruha Recht hatte. Und er wusste auch, dass es seinem Gegenüber nicht nur um diese Sonnenbrille ging, sondern auch um all die anderen Barrieren, die der Solokünstler um sich aufgebaut hatte. Barrieren, die der Gitarrist immer wieder überwand. Aber Gackt konnte sich vorstellen, dass dieser Hürdenlauf nicht einfach war. Dass sein verschlossenes Verhalten den Jüngeren oft verunsichern musste. Vielleicht war es an der Zeit selbst einige Mauern einzureißen. Als Gackt dann die Brille abnahm, konnte er sich ein Schmunzeln nicht mehr verkneifen. Uruhas überraschter Blick war einfach nur göttlich. Eigentlich war Uruha insgesamt göttlich. Es war so viel angenehmer ihm direkt in die Augen schauen zu können, anstatt diese dunkle Scheibe zwischen ihnen zu haben. „Ist es so besser?“ Gackt versuchte möglichst gleichgültig zu klingen, damit der Gitarrist nicht mitbekam, wie er bei dessen Anblick dahin schmolz. Der Angesprochene nickte nur irritiert, was Gackt doch etwas peinlich berührte. Er war sich nicht sicher, ob er wollte, dass der andere seine Geste verstand oder nicht. Seit wann war er eigentlich so ein Feigling? „Was hältst du denn von diesem ganzen Beziehungsgerede?“ Das Herz des Sängers schlug plötzlich doppelt so schnell in seine Brust. Dabei hatte er doch mit der Frage gerechnet. Es sogar heraufbeschworen! Wenn er von Uruha eine Stellungnahme verlangte, musste er ja mit dieser Gegenfrage rechnen. Er sah seinem gegenüber tief in die Augen. Uruhas Gesicht wirkte neutral. Vielleicht sogar etwas zu neutral. Ganz so, als wolle er keine Schwächen zeigen. Gackt konnte es ihm nicht verübeln. Wahrscheinlich war sein Blick genauso ausdruckslos. Auf Außenstehende mussten sie wohl so wirken, als unterhielten sie sich über irgendetwas Belangloses. Wahrscheinlich über das Wetter. Ob Uruha ahnen konnte wie wichtig für dieses Gespräch für den Älteren war? „Ich für meinen Teil könnte mir eine Beziehung schon vorstellen.“ Und damit hatte er es ausgesprochen. Die Worte, die Uruha einen Moment seinen neutralen Gesichtsausdruck vergessen und seine Züge ein wenig entgleisen ließen. Gackts Herz schlug schnell. Er wartete auf eine Antwort. Auf irgendeine weitere Reaktion. Schließlich hatte er mit diesem Satz eben all seine Ansichten, die er in den letzten Wochen vor dem Gitarristen dargelegt hatte, über den Haufen geworfen. Einfach so. Obwohl das doch gar nicht geplant gewesen war. Er hatte doch nur den Tag mit Uruha verbringen wollen. Einen Kaffee trinken. Reden. Er hätte die Beifahrertür seines Cabrios aufgehalten und kurz gelacht, weil der Blonde ihn tadelnd angesehen und sich dann beschwert hätte, dass man das doch nur bei Frauen macht. Anschließend wären sie zu Gackt nach Hause gefahren. Hätten einen Film geguckt. Etwas gegessen. Sex gehabt. Und am nächsten Morgen wäre Uruha wieder gegangen. Aber diese Tagesplanung ging gerade den Bach runter, denn der Gitarrist lehnte sich nun leicht überheblich zurück. „Jetzt spielst du mit mir. Du willst nur sehen, wie ich reagiere!“ Und trotzdem bemerkte Gackt ganz deutlich die Unsicherheit. „Das war mein Ernst.“ „Aber… aber…“ Und damit war Uruha offiziell verunsichert. Er beugte sich wieder ein Stück vor und hob die Augenbrauen. „Aber ich dachte du willst nichts Festes!“ „Dachte ich auch.“ So war es ja auch. Er hatte das nicht geplant. Er hatte nichts Festes gewollt. Und dann war Uruha aufgetaucht. Keiner sagte etwas. Der Blonde sah ihn mit einer Mischung aus Skepsis und Verwirrung an. Gackt hingegen konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Und wenn die Situation noch so ernst war, diese Mischung sah er so selten auf dem Gesicht des anderen, dass sie ihr ein wenig dieser Spannung, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, nahm. „Du bist niedlich, wenn du verunsichert bist.“ Und wieder hatte es Uruha geschafft, seine sonst so stabile Fassade schwanken zu lassen. Er sagte solche Dinge normalerweise nur, um seinem Gegenüber zu schmeicheln. Um ihn um den Finger zu wickeln. Diesmal nicht. Diesmal sagte er einfach, was er dachte. Eigentlich völlig aus dem Zusammenhang gerissen. „Ich bin nur wegen dir verunsichert.“ Der Blonde schien mittlerweile fast ein wenig bockig. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah Gackt erwartungsvoll an. „Klär mich auf!“ „Was gibt’s da zu klären?“ Er konnte es sich einfach nicht verkneifen, den Jüngeren noch ein wenig weiter zu reizen. Aber das war nur die eine Seite seiner Strategie. Auf der anderen Seite wollte er jetzt nämlich klare Verhältnisse schaffen. Sie hatten dieses Thema angeschnitten, also würden sie es jetzt auch zu Ende bringen. Nochmal schaffte er das vielleicht auch gar nicht. „Ja, sind wir jetzt zusammen oder nicht?“ So wie Uruha die Worte aussprach, klang es eher wie ein Kind, das seinen Vater fragte, ob er jetzt zur Party gehen durfte oder nicht. Damit, dass er jetzt so direkt antworten musste, hatte Gackt eigentlich nicht gerechnet. Und es überrumpelte ihn. Natürlich hatte er es herausgefordert, aber irgendwie hatte er nicht geglaubt, dass der andere eben so direkt fragte. Was sollte er denn jetzt antworten? Uruha schien ebenfalls erst anschließend bemerkt zu haben, dass seine Frage doch ziemlich schwerwiegend war. Trotzdem versuchte er die Situation nicht zu entschärfen, indem er noch irgendetwas dazu sagte. Gackt wusste, dass er an der Reihe war. Der Gitarrist wollte genauso wissen, wo sie standen, wie er selbst es auch wollte. „Ich denke… schon.“ Der Sänger fühlte sich seltsam. War es richtig, das jetzt so auszusprechen? Immerhin gehörten zu einer solchen Entscheidung immer noch zwei und er konnte ja nicht einfach so entscheiden, ob Uruha mit ihm zusammen war. Was, wenn dieser gar nicht wollte? Wenn er auch nichts Festes wollte? Eigentlich hatten sie nie darüber geredet, wie der andere eigentlich zu einer Beziehung stand. Gackt hatte immer nur selbst seinen Standpunkt deutlich gemacht und damit war das Thema erledigt gewesen. „Wenn du willst…“, fügte er deshalb noch hinzu und bemerkte, wie unsicher seine Stimme war. Sein Herz schlug schon wieder so schnell. Diese verdammte Aufregung! Diese verdammte Abhängigkeit von der Antwort des anderen. Nein. Von dem anderen überhaupt! Gackt hätte nie gedacht, dass er mal so auf die Reaktion einer anderen Person angewiesen war. Der Sänger hatte gar keine Zeit zu reagieren, so schnell hatte sich Uruha über den Tisch gebeugt und ihm einen Kuss auf die Lippen gedrückt. Sein Herz reagierte dafür umso schneller, denn es schlug ihm bis zum Hals. Er liebte es, wie der andere ihn küsste. Er liebte dessen Lippen auf seinen eigenen und diesmal war es fast wie eine Bestätigung seiner eigenen Gefühle. Er wollte mit diesem Mann zusammen sein. Es war nur ein kurzer, beinahe kindlicher Kuss. Uruha entfernte sich wieder von ihm und sah ihn glücklich grinsend an. War das ein „Ja“? Doch statt sich zurück auf den Stuhl zu setzen, stand der andere auf, kramte kurz in seiner Hose und legte dann ein paar Münzen auf den Tisch. „Lass uns nach Hause gehen.“ Ein wenig verwirrt tat Gackt es ihm gleich und ließ zu, dass der Gitarrist grinsend nach seiner Hand griff. Etwas, was er noch nie in der Öffentlichkeit getan hatte. Und dem Älteren gefiel dieses Gefühl. Die Hand des anderen in seiner eigenen. Er könnte sich durchaus daran gewöhnen. Ohne einen Ton von sich zu geben, verließen sie gemeinsam das Cafe. Der Ältere war sich nicht sicher, ob er doch noch einmal nachfragen sollte. Wirklich geklärt hatten sie schließlich immer noch nicht, wie das jetzt mit der Beziehung aussah. „Uruha?“ Der Blonde zog ihn noch ein paar Meter weiter, bevor er sich fröhlich zu ihm umdrehte und ihm ein einziges Wort entgegenstrahlte, das auch Gackt ein Lächeln auf das Gesicht zauberte. Zwar zerstörte dieses Lächeln seine nahezu perfekte Fassade, aber das war ihm in diesem Moment vollkommen egal. „Ja.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)