Against the Rules von Shiori-chan (Gegen jegliche Norm (Kaoru x Hikaru)) ================================================================================ Kapitel 2: Küss den Frosch -------------------------- Kaoru lag schweigend in seinem Bett, die Bettdecke bis an sein Kinn hinaufgezogen. Dunkelheit und eine unheimliche Stille füllten das große Schlafzimmer der Zwillinge. Nur ein winziger Strahl des gleißend weißen Mondlichtes glitt durch einen geringen Spalt zwischen den weinroten Vorhängen, die das große Fenster umrahmten, welches sich direkt über dem Bett befand. Kaoru lag auf der Seite, die Beine angewinkelt und eng an seinen Körper gezogen. Sein ausdrucksloser Blick ruhte auf dem dunklen klaren Nachthimmel, den er durch den winzigen Spalt erkennen konnte, doch in Wirklichkeit betrachtete er ihn gar nicht. Ab und zu war das gedämpfte Säuseln des Windes zu hören, manchmal ein kaum vernehmbarer Schrei einer Eule, doch beides schien nicht wirklich bis zu ihm vorzudringen. Der Jüngere konnte nicht einmal richtig das leise Ticken der Uhr hören, die über der Zimmertür hing und ihn normalerweise sonst immer in den Wahnsinn getrieben hatte, da sein lautes Herzklopfen jegliche Laute um ihn herum zu ersticken schien. Kaoru hätte nicht sagen können, wie lange er schon wach lag. Doch es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor. Nach minutenlangem Stillliegen drehte er sich auf den Rücken und starrte an die Decke, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Er atmete flach, sein Oberkörper senkte sich so unregelmäßig, dass er zwischendrin immer wieder mehr Luft einsog, um seinen Luftmangel auszugleichen. Es war ihm einfach unmöglich einzuschlafen, geschweige denn sein pochendes Herz zu ignorieren. Er hatte sich dafür entschieden, dass es erst aus Angst und nun vor Wut einfach nicht aufhören wollte zu pulsieren und einsehen müssen, dass es wohl undenkbar war, in den nächsten Minuten Schlaf zu finden. Er dachte an Hikaru. Er dachte an das Badezimmer. An den plötzlichen Sinneswandel seines geliebten Zwillings, seine scharfe Reaktion. Warum hatte er so heftig reagiert? Warum hatte er ihn so fest angepackt, war so gewaltsam ihm gegenüber gewesen? Und warum hatte er diesen Streit überhaupt angefangen? Es musste doch eindeutig gewesen sein, dass er selbst nur Spaß machen hatte wollen. Er hatte ihn nicht provozieren wollen, vielleicht ein bisschen ärgern, aber mehr nicht. Kaoru schloss seufzend die Augen und versuchte somit die Bilder und Szenen, die sich vor seinem geistigen Auge abzeichneten, zu ignorieren, jedoch mit nur wenig Erfolg. Mit seiner linken schmalen Hand fuhr er sich durch sein im Mondlicht hell schimmerndes rotes Haar und wischte sich einige Strähnen aus dem Gesicht, anschließend richtete er sich auf und stützte sich mit seinem rechten Arm auf die Matratze des großen, jedoch nur halb besetzten Bettes. Kaoru seufzte erneut, drehte sich etwas zur Seite und betrachtete schweigend die kalte leere Stelle des Bettes rechts von ihm. Hikaru war immer noch nicht zurück. Dabei war es bestimmt schon fast über eine Stunde lang her, als sie sich im Bad begegnet waren. Kaoru überlegte, ob sein Bruder wohl auch darüber nachdachte, was passiert war, so wie er, und deshalb so lange auf sich warten ließ oder ob er sich deswegen vielleicht sogar gar nicht mehr traute zurückzukommen. Er raufte sich die Haare. Vielleicht war Hikaru das Geschehene auch einfach völlig egal und er wollte heute einfach nur lange duschen? Nein, beantwortete sich der Jüngere die Frage sofort selbst, Hikaru war kein Langduscher, das dauerte höchstens eine Viertelstunde, egal ob er darauf Lust hatte oder nicht. Ob er wohl bald zurückkommen würde? Der Jüngere richtete seinen betrübten Blick auf die Tür und seufzte. Ob er überhaupt heute Nacht zurückkommen würde…? Kaoru fuhr unangenehm überrascht zusammen, als er plötzlich dumpfe Schritte auf dem Flur hörte, die mit jeder Sekunde in der er lauschte etwas lauter wurden. Das Hallen der Schritte in dem großen gewölbeartigen Gang hatte ihn für einen kurzen Moment so erschreckt, dass er sich nicht bewegte sondern angespannt und mucksmäuschenstill für ein paar Sekunden in einer steifen Position auf dem Bett verharrte. Doch dann, als die Geräusche ganz nahe waren und der Jüngere sich sicher war, den Verursacher erkannt zu haben, schnappte er sich panisch die Bettdecke, warf sich zurück aufs Bett und zog sie rasch über seinen Körper. Dabei drehte er sich hastig mit dem Rücken zur Tür, damit sein Gesicht für den ungewollten Besuch verdeckt blieb. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet und anschließend wieder geschlossen. Kaorus Glieder verkrampften sich schmerzhaft, als er die Anwesenheit jenes Menschen spürte, den er bereits durch seinen Gang auf dem Flur erkannt hatte und er schloss hastig seine Augen. „Kaoru?“, seine Stimme klang heiser, fast zittrig, als er seinen Namen aussprach. „Bist du…bist du noch wach?“ Kaoru hörte erneut Schritte, die sich auf sein Bett zubewegten, spürte wie sich sein älterer Bruder sanft neben ihm auf der Bettkante niederließ. Er antwortete nicht, sondern versuchte krampfhaft still zu liegen, hielt beide Augen geschlossen und stellte sich schlafend. Er wollte nicht mit Hikaru reden. Zumindest nicht jetzt. „Brüderchen...?“, Hikarus Stimme wurde leiser, wirkte unglaublich schwach und bebend. Doch Kaoru entschied sich weiterhin dafür, nicht zu antworten. Er war wütend. All der Zorn schien auf einmal wieder in ihm aufzukeimen, rief die vorige seltsame Szene wieder in sein Gedächtnis zurück. Wenn er jetzt anfing, mit seinem Zwilling darüber zu diskutieren, würde er sich ja sowieso nicht zusammenreißen können, also lieber morgen darüber reden, wenn er sich hoffentlich beruhigt hatte, dachte er. Er nahm wahr, wie sich die Matratze unter ihm sanft auf und ab bewegte, erst auf der einen Seite von ihm, dann auf der anderen. Hikaru musste über ihn auf seine Seite des Bettes geklettert sein. Sofort vernahm Kaoru den angenehmen Geruch seines Bruders, vermischt mit dem rosig-blumigen Duft von Seife und leicht beißenden Geruch von Pfefferminz-Zahnpasta. Auch wenn er sich dagegen sträuben wollte, entspannten sich seine Glieder schlagartig; er konnte Hikarus warmen Atem in unregelmäßigen Abständen auf seinem Gesicht spüren. Er lag ihm jetzt also gegenüber. Für einen kurzen Moment herrschte Stille. Unregelmäßiges und nervöses Aus- und Einatmen beider Zwillinge war das einzige, was man gerade noch unter Anstrengung vernehmen konnte. Hikarus schweigsame Blicke ruhten auf dem stark angespannten Gesicht seines kleinen Bruders, warteten auf eine winzige Regung oder ein Zeichen, während Kaoru, der diese eindringlichen Blicke ganz genau spüren und förmlich vor seinen geistigen Augen auch sehen konnte, sich innerlich noch stärker verkrampfte und sich heftig auf die Lippen biss. Er flehte im Stillen Hikaru möge sich doch wieder umdrehen und einfach nur einschlafen, ohne ein weiteres Wort und ihn in Ruhe lassen. „Ich weiß, dass du wach bist, Kaoru.“ Kaoru stöhnte innerlich und fluchte, dass er nicht hatte entspannter wirken können. Es wäre ja auch zu einfach gewesen, hätte man sein Flehen erhört und ihm eine ruhige Nacht ohne voraussichtliche Diskussionen mit seinem Bruder gegönnt. Es hatte nun wirklich keinen Sinn mehr sich schlafend zu stellen, das war ihm bewusst, trotzdem machte der jüngere Zwilling keine Anstalten auf Hikarus Worte zu reagieren. So einfach würde er es ihm nicht machen, oh nein! „Bitte lass uns das klären, okay? Bitte.“ Dieser verzweifelte Unterton in Hikarus Stimme. Dieses unglückliche Flehen bohrte sich so dermaßen schmerzhaft in Kaorus Brust, dass er erschrocken aufkeuchen musste und sein Körper schauderte. Er hasste es, wenn sein Bruder so litt, wenn sein geliebter Zwilling Schmerz empfinden musste und erst recht, wenn er selbst, sein eigener Bruder, daran Schuld hatte. Nach einem kurzen Zögern entschloss er sich, wenn auch widerwillig, Hikaru wenigstens die Chance zu geben ihm die Sache zu erklären, vielleicht waren seine Begründungen ja ganz passabel und verständlich und er würde danach sicher besser einschlafen können, wenn die Sache geregelt war und sie sich wieder versöhnt hatten. Kaorus Augenlider hoben sich still, während er seinen Kopf leicht anhob und seinem Bruder somit zu verstehen gab, dass er ihn gehört hatte und bereit war ihm zuzuhören. Trotzdem, die Wut in seinem Bauch blieb weiterhin erhalten und zwang ihn dazu mit zusammengebissenen Zähnen zu schweigen und Hikaru einfach nur anzusehen. Hikaru lächelte zunächst erleichtert als er erkannte, dass die Aufmerksamkeit seines Bruders endlich ihm und seinen Worten galt, doch sein Lächeln hielt nicht lange an. „Was willst du klären?“, kam es eisig und mit trotziger Stimme von Kaoru, der für einen kurzen Moment seinen Gefühlen nachgegeben und die Beherrschung verloren hatte, als er dieses dämliche Lächeln seines Bruders erblickt hatte, gefolgt von einem unangenehmen Zischlaut und anschließendem Aufrichten. Was fiel Hikaru verdammt nochmal eigentlich ein, in solch einer Situation auch noch zu lächeln?! Der Ältere zuckte erschrocken zusammen. „Warum du mich so behandelt hast?“, fauchte Kaoru gereizt weiter. „Das wüsste ich allerdings auch gerne!“ „Jetzt warte doch mal Ka-“, versuchte ihn Hikaru, der sichtlich verwirrt über Kaorus plötzliches Aufbrausen war, hastig mit erhobenen Händen zu beschwichtigen, doch der Jüngere schnitt ihm einfach das Wort ab. „Abgesehen davon, es ist mitten in der Nacht, eigentlich würde ich jetzt lieber schlafen wenn‘s Recht ist. Also fass dich kurz.“ Hikaru seufzte. „Du bist wohl ziemlich wütend auf mich“, entgegnete er dann, wandte den Blick zur Seite und begann sich nun ebenfalls aufzurichten. „Wütend? Wütend ist gar kein Ausdruck!“ Kaoru spürte wie sich Tränen des Zorns in seinen Augen sammelten, versuchte das jedoch sofort zu verbergen indem er einfach weiter schrie. „Was sollte denn der ganze Mist? Du hast mir solche Angst gemacht, verdammt! Du hast dich verhalten, als wärst du jemand völlig anderes, Hikaru. Ich hab dir überhaupt nichts getan, ich hab Spaß gemacht! Was in aller Welt war bloß los mit dir?“ Auf Hikarus Gesicht entstand erneut ein klägliches Lächeln. „Das sind aber viele Fragen…“, sagte er dann leise und vermied es weiterhin Kaoru anzusehen. „Und ich hätte gerne Antworten“, kam es eiskalt von dem Jüngeren. Der Ältere senkte den Blick und zögerte. Einen kurzen Moment blieb es still bis er schließlich tief Luft holte und erneut zum Reden ansetzte. „Hör zu, Kaoru, es tut mir Leid, dass ich dir solche Angst gemacht habe. Noch mehr tut es mir Leid, dass ich dich so grob angefasst habe und…und“, er stockte. „Ich wollte dir wirklich nicht weh tun.“ Kaoru hob skeptisch eine Augenbraue und verschränkte ruckartig beide Arme vor der Brust und ließ lediglich ein kurzes und knappes „Weiter?“ von sich hören. Hikaru schüttelte mutlos den Kopf, wieder tauchte das verzweifelte flüchtige Lächeln unter dem Wirrwarr roten Haares auf, das so schnell wieder verschwand. Er schien verwirrt zu sein, schien nicht die richtigen Worte zu finden. Endlich antwortete er: „Ich kann dir nicht sagen was mich geritten hat, Kaoru, wirklich nicht. Ich wünschte ich könnte es, denn ich wüsste es selbst gern.“ „Hast du dich angegriffen gefühlt, weil ich gesagt habe, dass ich dich nie küssen würde…?“, fragte der Jüngere zögerlich ohne dass er es verhindern konnte rot zu werden. Hikaru fuhr sich durchs Haar und seufzte erneut, bis er schließlich nickte, dann lächelnd den Kopf schüttelte und letzten Endes sogar leise lachen musste. Wahrscheinlich begriff er in diesem Moment, wie absurd er doch reagiert hatte. „Ich bin ein Idiot, ich weiß. Tut mir Leid, Brüderchen.“ „Das bist du allerdings“, antwortete Kaoru leise und schenkte seinem Bruder ein aufmunterndes, aber doch nur flüchtiges Lächeln als Zeichen, dass er seine Entschuldigung annahm. „Aber es ist okay.“ Doch er spürte, dass etwas anders war, dass er ein mulmiges Gefühl im Magen behielt, das trotz der Entschuldigung seines Bruders einfach nicht weichen wollte. Vielleicht lag es daran, dass es keine Erklärung für Hikarus Verhalten gab beziehungsweise, dass Hikaru selbst sein Verhalten nicht erklären hatte können und somit viele Fragen unbeantwortet blieben. Er fand es ein wenig seltsam, vielleicht sogar ein wenig unheimlich, dass Hikaru selbst nicht in der Lage war die Gründe für sein Verhalten zu erkennen und ihm mitzuteilen. Normalerweise wusste ein Mensch doch wieso er handelt wie er handelt, oder etwa nicht? Es sei denn, es hätte ihn irgendetwas geritten, was ihm bisher nicht bewusst war, das heißt, Hikaru hätte unterbewusst gehandelt. Kaoru ließ sich sanft zurück ins Bett sinken. Sein Kopf brummte und er wollte sich nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen, was in Hikaru tatsächlich vorgegangen war. Eine kleine Sache war da allerdings noch, die ihn ziemlich beschäftigte und die er sich bisher nicht getraut hatte zu fragen, was er aber noch umgehend tun wollte bevor sein Bruder einschlief. Er wartete, bis Hikaru sich ebenfalls neben ihn gelegt hatte und bis er ihm in seine im Mondlicht schimmernden milchig grauen Augen blicken konnte, bis er die entscheidende Frage stellte. „Hikaru?“ „Ja?“ „Du wolltest mich vorhin doch nicht wirklich küssen…oder…?“ Er hörte wie sein Ebenbild pfeifend die Luft einsog. „Nein“, kam es dann tonlos und ruhig zurück. „Das wollte ich sicher nicht.“ Dann war es still. Am nächsten Morgen hatte Kaoru die Unannehmlichkeiten und den Streit von gestern Abend größtenteils verdaut, was wahrscheinlich vor allem daran lag, dass er eine Nacht darüber hatte schlafen können. Alles ging seinen gewohnten Gang, erst erfolgte der todlangweilige Englisch Unterricht in dem Hikaru mal wieder Gefahr lief unter wütendem Gekreische der Lehrerin aufgrund eines Papier-Düsenjägers in ihrer Hochsteckfrisur hochkantig aus dem Unterricht zu fliegen, dann Mathe und Geschichte. Die Mittagspause fiel dieses Mal jedoch ins Wasser da der King beschlossen hatte ein vorzeitiges Treffen im Musikzimmer abzuhalten um eine „großartige Neuigkeit“ zu verkünden. Weil es sich aber jedesmal um eine sogenannte „großartige Neuigkeit“ handelte, wegen der sich der ganze Host Club schon früher traf als gewohnt, machte keiner mehr ein großes Theater daraus und die Aufregung und Spannung war mittlerweile auch verflogen, zum Teil auch deswegen, weil diese Neuigkeiten meist überhaupt nicht großartig waren sondern lediglich Kostümvorschläge für das nächste Treffen des Clubs beinhalteten. „Es ist eine Katastrophe!“, rief Tamaki völlig aufgebracht und wedelte wie wild mit den Armen in der Luft, als die beiden Zwillinge gegen Mittag den Musiksaal betraten. „Schrecklich! Eine Tragödie! Was sollen wir nur machen?!“ „Müssen wir sterben?“, fragte Hikaru verdattert aber ziemlich belustigt beim Anblick des sich die Haare raufenden Tamakis, während er und Kaoru auf dem großen glamourösen roten Sofa neben Mori Platz nahmen und leise anfingen zu kichern und zu glucksen. Kyoya saß in dem majestätischen Sessel gegenüber, die Augen bewegungslos auf seinen Laptop auf seinem Schoß gerichtet und tippte immer mal wieder auf die Tastatur. Anders als der King, der kurz vor dem kollabieren schien, blieb er entspannt und ruhig und hob nur immer mal wieder kurz den Kopf. Auch Mori, der den Zwillingen zur Rechten saß, war wie immer schweigsam und zeigte keinerlei Reaktion auf Tamakis wildes Rumgefuchtel mit den Armen, wahrscheinlich, weil er es ebenso wie die anderen schon längst gewohnt war. Seltsamerweise waren sie heute trotzdem nicht vollständig, Haruhi und Honey waren zu dem frühen Treffen nicht erschienen, wobei sich die Zwillinge daran erinnerten Haruhi auch nicht vormittags in ihrer Klasse gesehen zu haben. Tamaki, der kurz vor einem Nervenzusammenbruch zu stehen schien, beachtete Hikarus sarkastische Bemerkung nicht und zog es vor weiter zu jammern. Auch Kaorus anschließende ironische Frage nach der großartigen Neuigkeit, wegen der sie eigentlich hätten kommen sollen, wurde großzügig und eiskalt ignoriert. „Unsere Kundinnen haben einen Wunsch geäußert für das nächste Treffen, und zwar ein Theaterstück“, berichtete Tamaki aufgebracht. „Allerdings sind in zwei Wochen Sommerferien, das heißt im Klartext: wir müssen das ganze Schauspiel schon nächste Woche fertig und perfekt vorführbereit haben!“ Hikaru und Kaoru wechselten misstrauische Blicke. Ein Theaterstück? War nicht allein schon jedes Treffen des Clubs mir den Kundinnen das reinste Theaterstück, zumindest für sie beide? Ab diesem Moment übernahm Kyoya. „Da es in unserem Interesse liegt, die Wünsche unserer Kundinnen zu erfüllen und sie zufrieden zu stellen, haben Tamaki und ich beschlossen, das Stück natürlich aufzuführen und desweiteren auch nicht zu verschieben, wie ihr euch jetzt vielleicht zunächst denkt. Es ist äußerst wichtig, dass der Club seinen guten Ruf und sein Ansehen behält was Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und Zuversichtlichkeit betrifft. Trotzdem, in einer Woche alle Texte auswendig können scheint fast unmöglich in der kurzen Zeit, doch das Problem, das wir jetzt zusätzlich haben, ist, dass Haruhi und Honey bis Mitte nächster Woche krank geschrieben sind. Sommergrippe“, fügte er dann noch aufgrund fragender Blicke der Zwillinge und Mori hinzu. „Das heißt wir müssen die Besetzung des Stücks komplett überarbeiten, Texte verändern, kürzen…es ist ein Desaster!“, jammerte Tamaki hilflos. „Wir können von Glück reden, dass uns der Theater Club die Kostüme und das Bühnenbild vom letzten Jahr zur Verfügung gestellt hat!“ „Was ist es denn für ein Stück?“, fragte Kaoru vorsichtig und wandte sich wieder an Kyoya, der in diesem Moment im Gegensatz zu dem unzurechnungsfähigen gereizten Tamaki weitaus vernünftiger und ansprechbarer wirkte. „Der einzige Wunsch der Kundinnen war, dass es sich um ein Märchen handelt das vorgetragen wird, die Wahl darunter überlassen sie aber uns.“ „Erinnert mich irgendwie an Haruhis Traum mit ihr als Alice im Wunderland…“, flüsterte Hikaru Kaoru leise ins Ohr und die beiden fingen erneut augenblicklich an zu kichern. Der Gedanke, kostümiert auf einer Bühne herumzuspringen amüsierte die beiden außerordentlich, doch ihr Kichern brachte Tamaki zur Weißglut. „Ich wäre an eurer Stelle mal ganz ruhig, Zwillinge, denn IHR werdet die Hauptrollen übernehmen in dem Stück, ist das klar?!“ Hikaru und Kaoru hielten inne. „Wieso gerade wir?“ „Weil ihr die besten Schauspieler seid in diesem Club und unsere Prinzessin Haruhi krank ist, verdammt nochmal!“ „Prinzessin...?“, fragte Kaoru verblüfft. „Eine Prinzessin hat immer die Hauptrolle…Heißt das einer von uns –“ „- muss die Prinzessin spielen?“, platzte es aus Hikaru heraus und er stand ruckartig vom Sofa auf. „ICH werde auf keinen Fall eine PRINZESSIN spielen, niemals! Das könnt ihr sofort wieder vergessen!“ „Was für ein Märchen habt ihr euch denn überhaupt rausgesucht, wenn ich fragen darf?“, gab Kaoru jetzt ebenfalls ziemlich missmutig von sich, enttäuscht darüber, dass man ihnen die Rollen einfach so aufzwingen wollte ohne sie davor gefragt zu haben. „Haben wir da kein Recht mitzuentscheiden?“ Kyoya fing an schadenfroh zu lächeln, rückte seine Brille zurecht und nickte in Richtung Tamaki, um diesem das Wort zu überlassen. Dieser grummelte zunächst irgendetwas unverständliches, und antwortete dann in knappen ziemlich miesgelaunt klingenden Worten: „Es ist Der Froschkönig. Und ich will keine Beschwerden darüber hören!“ Dann drückte er zuerst Mori und anschließend den völlig überrumpelten Zwillingen einen Stapel Papiere in die Hand. „Hier sind eure Skripte. Lernt sie, morgen ist die erste Probe. Bis dahin könnt ihr mindestens ein Drittel eures Textes, ist das klar?“ „Aber - “, wollte Hikaru noch unterbrechen, doch Tamaki warf ihm einen derart mörderischen vernichtenden Blick zu, der soviel sagte wie ‚Ich töte dich, wenn du‘s versaust!‘, der ihn dann doch zum bitteren Schweigen brachte. Mit einem letzten leisen Fluchen stampfte er verärgert aus dem Raum und zog Kaoru eingeschnappt hinter sich her. „Der Froschkönig? Warum ausgerechnet Der Froschkönig?!“ „Weil es das einzige Stück ist, zu dem der Theater Club noch die Kostüme hatte, Hikaru.“ „Aber warum –“ „Tamaki und Kyoya hätten sich das bestimmt nicht freiwillig ausgesucht, aber es geht nun mal nicht anders wegen Zeitmangel, verstehst du?“ Hikaru ging in ihrem Zimmer auf und ab und murmelte schlecht gelaunt vor sich hin, während Kaoru an seinem Schreibtisch über den Skripten und Texten des Stücks saß und diese nachdenklich überflog. „Ich kenn das Stück nicht mal mehr richtig“, empörte sich Hikaru erneut ärgerlich, „das ist doch ewig her seitdem uns Mutter das vorgelesen hat. Soweit ich weiß stirbt darin nicht mal jemand, das ist doch ätzend!“ „Es ist auch ein Märchen für Kinder, Nii-san, als ob die Schreiber dann jemanden kaltblütig ermorden lassen so wie du es vielleicht gerne hättest.“ „Aber es ist todlangweilig und ich hab keine Lust so viel Text zu lernen“, jammerte der Ältere und ließ sich dumpf in den großen blauen Sessel plumpsen, der sich gegenüber von Kaorus Schreibtisch befand. In einer Woche sieben Seiten Text lernen, wenn auch gekürzt und nicht sonderlich viel für eine Hauptrolle, ärgerten ihn gewaltig. Er war froh, dass sich Kaoru wenigstens dazu erbarmt hatte die Rolle der Prinzessin zu übernehmen, ob allerdings die Rolle des charmanten Prinzen beziehungsweise eher die Rolle des ekligen, schleimigen Frosches die bessere Partie war, war fraglich. Er bat Kaoru, ihm den Inhalt des Märchens zu erzählen, damit er wenigstens wusste, was er überhaupt zu spielen hatte. „Der Prinzessin, also mir, fällt eine goldene Kugel in einen Brunnen und der Frosch, also du, holst sie mir wieder heraus und verlangst dafür mit mir an einem Tisch zu sitzen und in meinem Bett zu schlafen. Ich weigere mich, aber du folgst mir ins Schloss, erzählst meinem Vater, das ist Tamaki, davon und er sorgt dafür, dass du mit am königlichen Tisch isst. Und dann..“, er blätterte durch die Texte. „Hier ist richtig viel gestrichen worden… soweit ich weiß muss ich dich an die Wand werfen und du verwandelst dich dann in einen Prinzen zurück oder sowas und fertig…wenn ich mich richtig erinnere.“ Hikaru zog eine Augenbraue hoch und stöhnte gelangweilt auf, während Kaoru weiterhin in den Skripten nach dem Ende der Geschichte suchte. Tamaki hatte den ganzen letzten Teil komplett gestrichen und überkritzelt und Kaoru hatte Mühe den neuen Schluss zu finden. „Das ist doch sowas von langweilig und öde und – “ „Ich glaube ich hab’s“, sagte Kaoru dann schließlich, „ also…am Tisch sitzen…in einem Bett liegen…an die Wand werfen…dich küssen…in einen Prinzen verwandeln…Hochzeit…“ „Bitte WAS?!“ Hikaru sprang schlagartig auf und kam mit eiligen Schritten zu Kaorus Pult. „Wiederhol das, bitte!“ „Ist alles in Ordnung mit di - ?“ „Die letzten paar Sachen, wiederhol das, Kaoru!“ „…in einem Bett liegen, dich an die Wand werfen, dich küss - “, er brach ab. Augenblicklich sah er geschockt zu Hikaru auf und dieser sah ebenso entsetzt zurück. Ihre Blicke trafen sich, keiner sagte ein Wort. „Gib das her!“, rief Hikaru plötzlich wütend und riss Kaoru den Text aus der Hand um sich selber davon zu überzeugen, was Tamaki anstatt dem richtigen Ende für einen Mist auf das Blatt geschrieben hatte. „ ‚ Die Prinzessin hat ein schlechtes Gewissen, weil sie den Frosch an die Wand geworfen hat, sodass sie sich erbarmt und ihn küsst, damit er sich verwandeln-‘…was zum Teufel..?!“ „Schau dir das an!“, rief Kaoru aufgebracht und deutete dann auf die Namen, die unter den Rollen der Prinzessin und des Frosches mit Bleistift hin gekritzelt waren, „ ‚Haruhi-chan‘ und ‚Tamaki‘… dieser liebeskranke Gockel wollte sich einfach nur eine Gelegenheit verschaffen, unsere Haruhi zu küssen, dieser Vollidiot.“ „Aber…aber ich will dich nicht küssen?!“ Kaoru starrte ihn ungläubig an. „Denkst du etwa ich dich?“, sagte er dann ruhig, „Das ist bestimmt nur ein Missverständnis, morgen gehen wir zum King und lassen das wieder abändern. Er hatte das sicher nur für Haruhi und ihn selbst geplant, bei uns macht das ja eher weniger Sinn.“ Hikaru fluchte laut auf und raufte sich die Haare. „Dieser ganze Theater-Scheiß ist doch der reinste Mist“, ärgerte er sich und warf den Text halb zerknüllt zurück auf den Tisch, während er wieder anfing hektisch und gereizt im Zimmer umherzugehen. „Warum kommt dieser Volltrottel zwei verdammte Wochen vor den Ferien damit angetrabt und meint so mir nichts dir nichts ein Theaterstück auf die Beine stellen zu wollen?! Und dann noch so ein derart affiges, in dem ich auch noch meinen eigenen Bruder küssen soll! Ich krieg ‘nen Anfall!“ Kaoru konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken, während Hikaru wütete und kurz drauf war in die Luft zu gehen. „Das ist absolut nicht witzig, Kaoru!“ Doch dieser lächelte nur heiter, schenkte seinem Ebenbild einen aufmunternden Blick, stand dann auf und schob den Stuhl, auf dem er gerade noch gesessen hatte, wieder an den Tisch. „Mach dir keinen Kopf, Nii-san“, sagte er anschließend und bemühte sich vor allem beruhigend und sanft zu klingen, während er ein paar Schritte auf ihn zuging und ihm dann beide Arme sachte um den Hals legte. „Okay..?“ Hikaru grummelte etwas Unverständliches und drehte den Kopf zur Seite. „Okay?“, wiederholte Kaoru bestimmt und drehte Hikarus Gesicht mit seiner rechten Hand wieder in seine Richtung, damit dieser ihn ansehen musste. „Ich weiß nicht, Kaoru…“ „Du hast es selber gehört, wir sind die besten Schauspieler, oder etwa nicht?“ Hikaru nickte leise. „Und wenn wir uns küssen sollen, dann machen wir es, aber eben nicht richtig, verstanden?“ „Ein Film-Kuss?“ „Ein Film-Kuss“, grinste Kaoru und küsste seinen Bruder flüchtig auf die Stirn. „Und dann fühlt es sich garantiert nicht schlimmer an, als das hier.“ Hikaru lachte leise auf und fing dann ebenfalls an zu lächeln. „Du meinst, du und ich, wir werden anschließend weder zu Staub zerfallen noch auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden?“ Beide fingen an zu kichern und mit einem Mal war wieder alles ganz einfach, so unglaublich leicht, kein Streit, kein Ärger, keiner, der sie zu irgendetwas zwingen konnte. Nur sie beide, ihr glückliches Lachen, so wie es sich gehörte. Kaoru grinste. „Hast du mich trotzdem noch lieb, auch wenn ich dich küssen muss?“ Hikaru machte ein nachdenkliches Gesicht und seufzte dann kläglich. „Das muss ich mir noch schwer überlegen, Brüderchen“, er zuckte mit den Schultern und grinste zurück. „Okay, okay, alles klar“, lachte der Jüngere vergnügt, schubste den Älteren von sich und griff nach seinen Texten, während Hikaru es ihm gleichtat. Beide entschieden sich, erst einmal die Skripte zu studieren um einer morgigen gewaltigen Standpauke zu entgehen, und zwar allein, jeder für sich. Kaoru entschloss sich, sich ein ruhiges Zimmer oder einen leeren Klassenraum in der Schule zu suchen um ein wenig Ruhe zu haben, Hikaru wollte in ihrem Zimmer bleiben. „Probst du nachher zusammen mit mir?“, fragte er noch hastig, als Kaoru schon die Zimmertür fast hinter sich geschlossen hatte. „Wenn du brav lernst, dann ja“, kicherte er und verzog sich nach einem ironischen ‚Hau bloß ab‘ aus dem Zimmer, während Hikaru alleine in dem großen weiten Raum zurückblieb. Er hörte, wie sich die Schritte seines Bruders gemächlich von ihrem Zimmer entfernten, immer leiser wurden, bis sie schließlich ganz und gar verklungen waren und nichts als eine reine Stille übrigblieb Hikaru fühlte sich von einer Minute auf die andere ziemlich seltsam und ihm wurde komisch zumute, wenn er an die Zukunft und an die bevorstehenden Tage dachte. Wenn er den gestrigen Tag und dessen Ereignisse mit denen des heutigen Tages verglich, war das alles wirklich mehr als merkwürdig, was zwischen ihm und seinem Bruder passierte. Fast wirkte es schon wie eine Art Déjà-vu, wenn man sich lediglich auf das Küssen beschränkte. Er griff sich nervös ins Haar und schüttelte unruhig den Kopf. Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. _____________________________________________________________________________ Kleiner Kommentar am Rande: vielen vielen dank an die lieben kommi-schreiber, ich habe mich so sehr über eure stellungnahmen zu dem ersten kapitel gefreut (: ich hoffe natürlich, dass ihr alle weiterlest und weiterhin gefallen an dieser fanfic findet; mir selbst macht es nämlcih unglaublichen spaß daran weiterzuarbeiten (: über künftige kommentare und vor allem kritik (jaaa die ist sehr wichtig! :P) würde ich mich riesig freuen (: wer außerdem eine ENS bei der veröffentlichung des nächsten kapitels möchte, darf sich gerne bei mir melden. Shio ~ ♥ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)