Irgendwo dazwischen von Kathey (- Wir sind immer noch auf Wache -) ================================================================================ Kapitel 1: Paramina, Schnee, Eis und Minusgrade ----------------------------------------------- Glück gleicht durch Höhe aus, was ihm an Länge fehlt. - Robert Frost Mobs waren eine einzige Qual. Diese besonders zähen Monster waren stark, gerissen und meistens so gefährlich, dass man besser den Kopf einzog, wenn man gegen sie kämpfte. Wenn sie dann allerdings auch noch in schneebedeckten Gebieten wie den Paramina-Schluchten herumstreunten, waren sie nicht nur gefährlich, sondern meistens auch einfach nervtötend. Wer hatte schon damit gerechnet, dass dieser große, reinweiße Chocobo von der Größe eines Aufklärungsluftschiffes plötzlich vor ihnen auftauchen und ihnen die Hölle heißmachen würde? Richtig. Kein Mensch (und nicht mal Fran). Trickstar, dessen Name anscheinend nicht von ungefähr kam, war wohl einer der Schnellsten seiner Art gewesen, von seiner Cleverness einmal ganz zu schweigen. Die Gruppe hatte fast eine ganze Stunde damit zugebracht, ihn quer durch Schnee und Eis zu jagen und dabei den Skeletten und Schneewölfen auszuweichen. Als sie den Riesenchocobo endlich erledigt hatten, war es schon fast Nacht gewesen. Ashe hatte nur widerwillig zugestimmt, das Nachtlager in einer windstillen Schlucht aufzuschlagen. Aber was hatte sie auch schon für eine Wahl gehabt? Sich bei Nacht und Temperaturen von Minus 20 Grad durch die Paramina-Schluchten zu kämpfen, wäre reiner Selbstmord gewesen. Natürlich, die Wölfe hätten sich über Hume auf Eis sicher riesig gefreut, aber wozu ein Risiko eingehen? Solange immer wenigstens einer Wache hielt, waren sie alle in ihrem Versteck relativ sicher. "Für den Moment scheint alles ruhig zu sein. Jedenfalls hab' ich keinen Wolf auf der Suche nach einem Mitternachtssnack gesehen." Mit schnellen Schritten und klappernden Zähnen trat Balthier zurück an das Feuer, das in dieser Einöde wenigstens etwas Wärme bot. Ansonsten war hier ja alles kalt. Selbst die Luft, die er ausatmete, schien sofort zu gefrieren und mit einem dumpfen Poltern auf den Boden zu fallen. Wo ja auch nur Schnee war. "Du solltest zurück ins Zelt gehen." Ein schmales Lächeln schlich sich auf Balthiers Gesicht, als er sich vom Feuer abwandte. "Sollte ich das?", fragte er sicherheitshalber. "Du meinst, du willst mit allen Gefahren der Dunkelheit hier alleine zurecht kommen?" Basch murmelte nur etwas und zog die Decke enger um seine Schultern. Nur stumm und unbeweglich im Schnee zu stehen war nicht gerade das, womit er seine Zeit am liebsten verbrachte. Aber im Gegensatz zu Balthier war er nicht gerade zehn Minuten durch den knietiefen Schnee gestapft, um sich nach potenziellen Feinden umzusehen. "Du wirst keine große Hilfe sein, wenn du keinen Finger mehr rühren kannst." Baschs Blick huschte wieder zum Luftpiraten hinüber, der versuchte, sich wieder etwas am Feuer aufzuwärmen. Balthier rieb die Hände aneinander und hauchte dagegen, um das Taubheitsgefühl loszuwerden. "Mein lieber Hauptmann", meinte er einen Augenblick später. "Es mag deiner sonst unfehlbaren Auffassungsgabe entgangen sein, aber von allen Leuten, die hier im Schnee herumstehen, bin ich noch am besten gegen das Wetter gerüstet." Denn, ganz im Gegensatz zu Basch, konnte Balthier immerhin von sich behaupten, eine lange Hose und ein Oberteil mit langen Ärmeln zu tragen. Auch, wenn diese nicht unbedingt sonderlich schützend und wärmeförderlich waren. Einen Moment später glaubte er so etwas wie ein Glucksen aus Baschs Richtung zu hören. Nein. Das war absolut unmöglich. Basch und ein Lacher passten ungefähr genauso gut zusammen wie Vaan und vorausschauendes Handeln. Nämlich gar nicht. Balthier legte skeptisch den Kopf ein Stück zur Seite. "Was ist?" "Nichts", sagte Basch, ruhig und mit dieser langweiligen Ernsthaftigkeit, die Balthier des Öfteren abging. Also war es doch kein Glucksen gewesen? Seufzend ging Balthier zu dem anderen Mann hinüber und stellte sich neben ihn. "Stört dich doch nicht, oder?" Der Luftpirat lehnte sich ein bisschen gegen Baschs Schulter. Vielleicht war der Hauptmann ja eine bessere Wärmequelle als das kleine Feuer, das schon verzweifelt hin und her flackerte. "Nein", sagte Basch kopfschüttelnd. "Nicht bei der Kälte." "Seltsam." Balthier hob belustigt eine Augenbraue. "Eben wolltest du doch noch, dass ich schnellstmöglich im Zelt verschwinde." "Nur, damit du keine lebende Eisstatue wirst." "Hm", machte Balthier daraufhin nur. "Vielen Dank für die Fürsorge, aber ich komme schon allein zurecht." Das war er schließlich immer. Da würde er sich von ein paar Temperaturen im untersten Bereich doch nicht ins Boxhorn jagen lassen. "Hey." Nach einer Weile drehte Balthier den Kopf zu seinem Wachpartner. "Wie kommt es, dass du bei dieser elenden Kälte trotzdem so warm bist?" Basch zuckte nur unbeteiligt mit den Schultern. Balthier wurde da dumme Gefühl nicht los, dass der Hauptmann auf seine eigene Art und Weise sehr erheitert war. "Vielleicht ist das Blut der Hume aus Landis wärmer als das derer aus Archadia", meinte Basch dann und wandte sich ein Stück zu Balthier um, der, überrascht oder nicht, die Augenbrauen zusammenzog. Wie konnte Basch wissen, dass er aus Archadia kam? "Woher weißt du das?" Balthier hatte sich eigentlich immer alle Mühe gegeben, nichts aus seiner Vergangenheit an die Oberfläche durchdringen zu lassen. Fran wusste natürlich Bescheid, aber sie würde nie etwas darüber erzählen. Zumal seine Partnerin ja nun wirklich nicht die gesprächigste aller Viera war. "Dein Akzent", antwortete Basch schlicht und sah wieder nach vorne. "Ich weiß es, seit du das erste Mal mit mir gesprochen hast." Akzent? Balthier war immer der Meinung gewesen, dass er seinen Akzent so gut wie ausgemerzt hatte. Aber anscheinend konnte er trotzdem nicht jeden täuschen. "Dann muss ich das, was ich vorhin über deine Auffassungsgabe gesagt habe, wohl korrigieren. Sie ist nicht unfehlbar, sie ist nahezu makellos." Basch sah ihn kurz von der Seite her an. "Danke. Denke ich." Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte sich der Luftpirat wieder gegen Baschs Schulter. "Also ist dir bei jedem Wetter warm?" "Denke schon." "Ha." Balthier trat ein paar Mal auf der Stelle herum, damit seine Füße wieder ein bisschen zum Leben erwachten. "Und ich dachte schon, es läge an meiner angenehmen Gegenwart." Basch machte automatisch einen Schritt zur Seite, wodurch Balthier gezwungen war, ihm hinterher zu stolpern. Der Luftpirat lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. "Spießer", meinte er vergnügt. "War doch nur ein Spaß." Basch zog die Wolldecke wieder zurecht und starrte ins Nichts. Dann murmelte er etwas, das wie "Wir haben keine Zeit für Späße" klang. Seufzend spielte Balthier an seinem Hemdärmel und den daran befindlichen Knöpfen herum. "Du solltest dich öfter mal entspannen," sagte er, kaum, dass eine halbe Minute vergangen war. "Könnte wirklich helfen. So verkrampft, wie du dich gibst, wirst du sonst gar nicht ordentlich kämpfen können." "Ich werde damit umgehen lernen müssen." Baschs Stimme hatten einen Tonfall angenommen, der ganz unmissverständlich das Ende der Diskussion wünschte. Keine Chance. Das macht ja doch alles nur noch einfacher für Balthier. Mit einem äußerst selbstgefälligen Grinsen lehnte er sich gegen Baschs Seite und legte die Hände auf seiner Schulter ab. "Ich denke, es würde dir gut tun." Er konnte Basch geradezu mit den Zähnen knirschen hören. "Wir sind immer noch auf Wache." Balthier seufzte entnervt, und der warme Lufthauch traf dabei Baschs - von der Kälte ziemlich taub gewordenes - Gesicht. Wieder musste der Luftpirat lachen, als Basch sich leicht schüttelte. "Balthier", sagte der Hauptmann in warnendem Tonfall. "Was denn?" Pikiert hob Balthier die Hände und zuckte mit den Schultern. "Nur zwei Kameraden auf Wache, wie du selbst gesagt hast." Es war Baschs Fehler gewesen, den Kopf wieder zu dem Piraten zu drehen. Balthiers Augen leuchten geradezu vor Übermut und bisher hatte das nie etwas Gutes bedeutet. Und seine Augen waren definitiv zu nah. Viel zu nah. Noch ein Stück näher, und Basch hätte jede Farbnuance in den dunkelbraunen Augen einzeln zählen können. Unschlüssig öffnete er den Mund. Irgendwas musste er sagen, sonst würde Balthier mit diesen kindischen Auseinandersetzungen nie aufhören. "Bist du eingefroren, Hauptmann?", fragte Balthier spöttisch. "Oder überlegst du noch, ob ich mit meiner Aussage nicht doch Recht hatte?" Trotzig wandte sich Basch ab. Egal, was er darauf erwidern würde, er würde sowieso nur eine neunmalkluge Antwort darauf erhalten. Erschrocken zuckte er zusammen, als ein weiterer warmer Lufthauch sein Ohr streifte. "Balthier!" Als er den Piraten dieses Mal ansah, war kein Spott in seinen Augen zu finden. "Du bist wirklich der größte Schlauchsteher, der mir je unter die Augen gekommen ist, Basch." Basch selbst hatte das nie so gesehen. Er konnte sich genau denken, was Balthier mit all dem hier bezweckte. Nur eingestehen wollte er sich es noch immer nicht. Der Luftpirat fixierte ihn einen Augenblick lang interessiert, als erwartete er irgendetwas - einen Kommentar, ein Grummeln, ein Schimpfen. Aber nichts kam. "Hm... Dann gute Nacht, Basch." Balthier streckte sich kaum merklich, bevor er sich zu Basch hinüber lehnte und ihm einen kurzen, kaum merklichen Kuss auf die Wange hauchte. Im Nachhinein konnte Basch nicht genau sagen, wer von ihnen beiden perplexer gewesen war, als er seinen Kopf in Balthiers Richtung drehte, um ihn zu küssen. Der Pirat machte einen leisen, fast bettelnden Laut, den er später sicherlich bestreiten würde, gemacht zu haben und legte die Arme um Baschs Hals. "Ich muss mich abermals korrigieren", murmelte Balthier dann mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen. "Du denkst doch besser mit, als ich gedacht habe." Basch hmmte ihn nur kurz an, bevor er Balthier ein Stück weit von sich weg schob. "Gute Nacht, Balthier." Die Nachricht war unmissverständlich. Balthier lachte wiederum auf und ließ Basch los. "Natürlich, Hauptmann. Ich verstehe schon." Balthiers Lippen trafen Baschs Mundwinkel und wanderten seine Wange hinauf zu seinem Ohr. Dort angekommen, flüsterte Balthier leise: "Du solltest besser Acht geben, Basch, du bist immer noch auf Wache." "Ich weiß das", war die knappe Antwort, kühl und distanziert wie immer. "Ich sehe dich später." "Vielleicht." Einen kurzen Augenaufschlag später hatte Balthier kehrt gemacht und war zurück zu den Zelten gegangen. Basch trat näher an das klägliche Feuer, während er sich gedankenverloren mit der Hand über die Lippen fuhr. Er wurde das seltsame Gefühl nicht los, dass es gerade wieder kälter geworden war. ~FIN~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)