Verraten und verkauft von Hotepneith (Lord Sesshoumarus vierzehnter Fall) ================================================================================ Kapitel 4: Die Aussage des Herrn des Kräutertales ------------------------------------------------- Sakura klopfte höflich an der Tür. „Ja?“ gab ein Mann Antwort. Sie schob die Tür beiseite, blieb gesittet – und für die Dienerin sichtbar – im Gang knien: „Ich bitte um Vergebung….Ich suche Herrn Tsuka.“ „Das bin ich. Was möchtest du von mir?“ „Daigoku-sama sagte, Ihr seid der Herr des Tales der Tausend Kräuter, und empfahl mir, mich an Euch zu wenden. Wie Ihr vielleicht erkennt, lerne ich Heilerin zu werden. Mein bescheidener Name ist Sakura. Ich würde mich gern mit Euch über das Tal und seine Kräuter unterhalten.“ „Ah, ja, natürlich. Das freut mich.“ Tsuka lächelte vergnügt. Er war ein Mensch, gewiss Mitte der Vierzig, ebenso dünn, ja, hager wie die meisten Männer hier im Schloss: „Komm nur herein, mein höfliches Mädchen.“ „Ich...bitte. hättet Ihr die Freundlichkeit, Euch im Hof oder im Garten mit mir zu treffen?“ „Oh, ich verstehe, dein guter Ruf, oder? Schon gut. Ich komme. Geh schon mal vor. – Sakura? Ah, bist du das Mädchen, das zu Akina Makamoto kam?“ „Ja, Herr Tsuka.“ Er schien gute Verbindungen zu haben, dachte sie unwillkürlich. Nun gut, er war wohl mit dem Finanzverwalter Nishikawa sehr eng befreundet und dieser arbeitete in der Kanzlei, war sicher mit Herrn Makamoto bekannt. Abgesehen davon schien ja auch Daigoku-sama Herrn Tsuka zu schätzen. Es war, wie schon bei den Heilern, ein wenig amüsant, zu sehen, dass auch Männer untereinander die Neuigkeiten austauschten. „Danke.“ Sie verneigte sich noch einmal, ehe sie aufstand und das Gebäude verließ, um im Hof auf ihn zu warten. Kurz darauf kam jedoch ein junger, schwarzhaariger Mann zu ihr, in einfachem dunklem Hemd und Hose, wenn auch beides aus teurerem Stoff: „Mura hat dich mir gezeigt...ich meine Euch.“ Immerhin war das eine Heilerin, da ziemte sich gewisse Höflichkeit für einen einfachen, wenn auch persönlichen, Diener: „Sie sagte, Ihr seid Akinas Freundin. Wie geht es ihr?“ „Dann bist du wohl Shige?“ erkundigte sie sich prompt. Er lächelte etwas: „Mura hat also nach beiden Seiten geplaudert? Ja. Mein Name ist Shige. Shige Kajimura. Ich arbeite für Burgvogt Masaki. Nun?“ „Akina schläft, was sie sicher beruhigen wird.“ „Ihr gabt ihr einen Trank, nicht wahr?“ Und da Sakura nickte: „Gut. Ich mache mir wirklich Sorgen um sie. Sie hat es nicht leicht.“ „Der Tod eines nahe stehenden Menschen trifft eben.“ „Natürlich. Und leider hatte sie ja tatsächlich sich in diesen Kerl verliebt. Oh, ich weiß, was Ihr sagen wollt – es ist gut, wenn sich eine Frau für den Mann erwärmt, den ihr Vater für sie aussuchte. Das weiß ich durchaus. Und ich wäre ihr auch nie zu nahe getreten.“ Was meinte er? „Sie schilderte mir den Verstorbenen als sehr nett.“ „Ja, das muss ich zugeben“, knurrte Shige: „Er war nett zu ihr. Aber wenn er kein Makamoto und noch dazu der Letzte gewesen wäre, hätte es sich ihr Vater zweimal überlegt, ehe er sie ihm gab. Mit seinem dauernden Keuchen und Husten… Der war doch fortwährend krank. Wie sollte sie von ihm Kinder bekommen können?“ „Keuchen und Husten?“ Davon hatte Akina nichts erwähnt, aber die eifersüchtigen Augen eines Rivalen mochten auch mehr sehen. „Du meinst, nicht nur wegen einer Erkältung?“ „Nein, immer wenn er sich anstrengte.“ Mit gewisser Verachtung fügte er hinzu: „Wie eine Treppe hinaufzugehen. Manche sagen, dass ist, weil er überlebte, aber das haben wir alle hier getan.“ War das das Unglück der Makamotos? Aber von was redete er da gerade? „Ich bitte um Verzeihung – überlebte?“ „Nun, die große Epidemie vor zwei Jahren. Dazu kann Euch Daigoku-sama dort sicher mehr erzählen. Ich muss gehen. Grüßt Akina von mir. Natürlich, ohne dass es ihr Vater mitbekommt.“ Er eilte davon. Sakura starrte ihm etwas irritiert hinterher. Nun, eines war klar: Akina wurde im Schloss von Gleichaltrigen durchaus gemocht aber gemieden, dank Toshi Makamoto. Ob ihr Vater das wirklich so wollte? Kurz darauf trat Herr Tsuka zu ihr: „Sakura…?“ Sie wandte sich eilig mit einer kleinen Verneigung um: „Danke, dass Ihr gekommen seid.“ „Was wollt Ihr wissen?“ Er war nun merklich höflicher. Warum? Und er hatte einige Zeit gebraucht um herzugelangen, eigentlich viel zu lange. Hatte er sich mit jemandem unterhalten so wie sie mit Shige? Aber sie meinte: „Daigoku-sama erwähnte, dass Ihr der Grundherr des Tales der Tausend Kräuter seid. Könnt Ihr mir sagen, warum Eure Kräuter so besonders sind?“ „Nun, es ist der Boden, aber auch die jahrhundertelange Erfahrung der Menschen des Tales.“ Er begann sich über die Bodenbeschaffenheiten auszulassen, die Windverhältnisse. Sakura hörte zu, zum einen aus ehrlichem Interesse, zum zweiten wartete sie auf eine Gelegenheit, ihn zu einem Thema zu lenken, das sie für ihre Nachforschungen benötigte. In einem Punkt hatte der Heiler jedenfalls Recht gehabt: Herr Tsuka redete wie ein Wasserfall. Er beendete einen Satz mit: „Unsere Kräuter haben uns nur einmal im Stich gelassen, bei der Pest vor zwei Jahren. Davon habt Ihr sicher schon gehört.“ „Nein, ich bitte um Verzeihung.“ Das musste die Epidemie gewesen sein, von der Shige gesprochen hatte.“ „Oh, ich dachte, dass die Makamotos…Nun gut. Vor zwei Jahren war hier in der Gegend eine schreckliche Pest-Epidemie. Viele Menschen erkrankten und einige starben, darunter praktisch eben auch die gesamte Familie Makamoto. Und auch in unserem Tal gab es viele Erkrankungen. Unsere Kräuter halfen nichts, nun, nicht so, wie gewöhnlich bei einer Pest. Daigoku-sama als Heiler des Lords und seine Helfer waren hilflos. Lord Yamagishi zog bereits in Erwägung, um Neigi-san zu schicken, das ist der….oh, verzeiht, Euer Lehrer, nicht wahr? Zum Glück endete diese Epidemie ebenso plötzlich wie sie erschienen war und breitete sich nicht weiter aus. Zumindest das hatten unsere Kräuter bewirkt. Und der Ruf des Tales war zwar etwas angeschlagen, aber dennoch vorhanden. - Mein alter Bekannter, Mondo Nishikawa, hatte gerade bei Lord Yamagishi zu arbeiten begonnen, und ich nutzte diese Verbindung um neue Siedler in das Tal zu holen.“ „Das war sicher eine gute Entscheidung.“ Pest also? Aber wer das überlebte hustete doch nicht, soweit sie wusste. Welche Krankheit hatte Rafu gehabt? Eigentlich fiel ihr nur eine ein: Asthma. Nur dann hatte jemand Atemnot bei dem Hochgehen einer Treppe. Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit eilig wieder auf Herrn Tsuka, der schon weiter redete: „Ja, denke ich auch. Ohne neue Siedler hätte der Kräuteranbau nicht in diesem Umfang weiterlaufen können. Schon so war das Tal arm dran, konnten wir nicht die üblichen Steuern bezahlen, wie ich dem Herrn erklärte. Auch hier im Schloss, bei Lord Yamagishi, fehlten nun Menschen. Er warb sie aus dem Süden an, um die Wirtschaft wieder aufzubauen.“ Sakura versuchte verzweifelt in dem ganzen Gerede einen roten Faden zu finden: „Herr Nishikawa...war dies nicht der Vorgesetzte von Akinas Verlobtem?“ „Ja, genau. Ihr verfügt über ein gutes Gedächnis, meine Teure. Er ist der Finanzverwalter von Lord Yamagishi. Eine hohe Vertrauensstellung, die er dank meiner gewissen Empfehlung nach dem Pesttod seines Vorgängers erhielt, vermute ich. - Rafu, der arme Rafu, war sein persönlicher Schreiber.“ Tsuka bemerkte, dass Sakura ein wenig stutzte und lächelte: „Akina hat Euch gegenüber sicher erwähnt, dass ich Rafu nicht leiden konnte, oder? Ganz so schlimm war es nicht. Aber früher, bis er berufen wurde, saß ich oft tagelang mit Mondo in seinem Arbeitszimmer, half ihm…ein wenig und redete mit ihm. Das war natürlich dann weder notwendig noch wünschenswert, als er einen eigenen Schreiber erhielt, der dauernd in seinem Zimmer saß. Und ich war dann ein wenig enttäuscht, ja, dass ich diese Stellung nicht erhielt, mir ein Jüngerer vorgezogen wurde. Aber ich hätte dem Jungen doch nie den Tod gewünscht.“ Warum erzählte er ihr das? „Und Eure Kräuter halfen nicht gegen die Pest?“ fragte sie nach. „Nein. Zum ersten Mal nicht. Warum war den anderen Heilern unklar. Sie meinten dann, dass dies wohl eine andere Form der Krankheit sei als bislang. Und das käme immer wieder einmal vor. Es waren ja keine bläulichen Beulen wie gewöhnlich, sondern eher helle Blasen auf roter Haut.“ „Ja, das ist wahr.“ Eigenartig. Von solch einer Pest hatte sie auch noch nie gehört, solche Symptome kannte sie eher von Berührungen giftiger Pflanzen. Aber nun gut, sie lernte ja auch noch. Sie musste jetzt eher weiterfragen. Hoffentlich klang das harmlos genug: „Zumal Akina erwähnte, ihr Verlobter hätte als Folge Husten behalten. Nach einer Pest kam das noch nie vor.“ „Nun, auch hier nicht“, gab Herr Tsuka zu: „Aber ja, mein Freund meinte, dass sein Sekretär schon seit Kindertagen kränkelte. Das hatte wohl nichts mit der Pest zu tun.“ „Dann hatte er wohl Asthma oder so was?“ „Ja, das, glaube ich, heißt so. Akina wird es Euch sicher genauer sagen können, aber ich meine mich zu erinnern, dass es im Frühjahr besonders schlimm ist…war.“ „Danke für Eure Auskünfte.“ Im Frühjahr wurde bei Kindern oft ein neuer Krankheitsschub ausgelöst, das war ihr bekannt. „Ihr seid ein sehr kluges Mädchen, Sakura.“ Er betrachtete sie: „Und ich muss gestehen, auch ein sehr hübsches. Darf ich fragen, ob Ihr, wie es Euer Beruf eigentlich verlangt, unverheiratet bleiben wollt?“ Sie wurde rot. Sollte das ein verkappter Heiratsantrag werden? Aber sie erwiderte nur: „Danke für Eure gute Meinung. Ich möchte zunächst meine Ausbildung abschließen, ehe ich mir darüber weitere Gedanken mache.“ „Ich wäre sicher, dass Ihr Euch im Tal der Tausend Kräuter wohl fühlen würdet. Wenn Ihr Eure Ausbildung abgeschlossen habt, könnt Ihr es gern einmal besuchen. Ich selbst bin leider nächste Woche bereits auf einer längeren Reise.“ „Danke für die Einladung.“ In der Tat schien Herr Tsuka neugierig auf sie zu sein. Daigoku-sama war wohl nicht der Einzige, der an jungen Mädchen Interesse fand. Sie bemerkte in diesem Moment, dass Herr Makamoto über den Hof kam, in einer Geschwindigkeit, die für einen hohen Beamten eigentlich unziemlich war. Und er starrte sie erbost an. So verneigte sich Sakura höflich gegen Tsuka: „Ich danke Euch für das interessante Gespräch…“ Dann war der Leiter des Steuerbüros auch schon bei ihr und packte sie am Handgelenk: „Hast du nicht gesagt, du würdest dich um Akina kümmern? Stattdessen tändelst du hier mit Herrn Tsuka herum!“ Er riss sie empor. „Akina schläft!“ verteidigte sie sich. Er war schon wieder wütend auf sie: „Und ich habe mit Herrn Tsuka über Kräuter gesprochen…“ „In der Tat“, meinte dieser: „Ich bitte Euch, mein lieber Makamoto…“ Sakura erkannte in diesem Augenblick aus den Augenwinkeln neben sich weißes Fell, eine dunkle Rüstung und lange, weiße Haare. Ohne weiter nachzudenken, ließ sie sich auf die Knie fallen. Da Makamoto sie nicht losließ, wurde ihr dabei fast der Arm ausgerenkt. Aber sie wusste, dass Unhöflichkeit noch schmerzhafter werden konnte. „Dieses Mädchen gehört zum Haushalt meines verehrten Herrn und Vaters“, sagte eine, ihr nur zu bekannte, Stimme kühl. „Hat sie einen Fehler begangen obliegt ihm das Recht der Strafe. Oder in seiner Vertretung mir.“ Die junge Heilerin konnte nicht umhin, das als Drohung zu empfinden. Wenn er auch bloß annahm, dass sie einen Fehler begangen hatte, ihren Auftrag verpatzt hatte und er damit das Gesicht vor seinem Vater verlieren würde…Sie hatte schon zugesehen, wie er einen Dämon, der ihm gegenüber nur unhöflich gewesen war, in Sekundenbruchteilen in zwei Hälften geteilt hatte und konnte sich unschwer ausmalen, was mit ihr geschehen mochte. Der Leiter der Steuerverwaltung ließ Sakura los, die umgehend ordnungsgemäß zu Boden fiel, die Stirn in den Sand legte. Er wusste nicht, wer dieser junge Hund war, aber er bemerkte, wie Lord Yamagishi, der ebenfalls eilig herangekommen war, ihm hastig winkte. So verneigte er sich tief. Das schien ein höherrangiger Dämon zu sein, der auf Besuch angereist war: „Ich bitte um Verzeihung, edler Herr. Ich wollte selbstverständlich nicht voreilig sein…Es handelte sich wohl um ein Missverständnis.“ Sesshoumaru wandte sich an den Gastgeber: „Lasst sie in das Zimmer bringen, dass Ihr mir zugedacht habt, Yamagishi.“ „Natürlich. Gefesselt?“ „Sinnlos.“ Das war allerdings auch Lord Yamagishi klar. Wenn die Heilerin nicht vollkommen töricht war, wusste sie, dass es kein Entkommen vor dem Hundeprinzen geben würde. „Ja, Lord Sesshoumaru. Verzeiht dem guten Makamoto. Er ist selbst für einen Menschen aufbrausend.“ „Das könnte noch tödlich für ihn enden.“ Sesshoumaru drehte sich um: „Kommt.“ Er hatte gerade den Schlosshof betreten gehabt, als er die Szene bemerkt hatte. Hatte es Sakura etwa geschafft, ihren Auftrag zugrunde zu richten? Eigentlich konnte er sich das nicht vorstellen, aber er benötigte so oder so ihren Bericht. Ein Hundedämon trat heran: „Komm, Mädchen. Du hast gehört, was der Prinz befahl.“ „Der Prinz, Masaki?“ echote Makamoto, während sich Sakura erhob. „Lord Sesshoumaru ist der Erbprinz der westlichen Länder.“ Der Burgvogt konnte wittern, dass die Heilerschülerin Angst hatte. Nun, nicht verwunderlich bei diesen Aussichten. „Was hat sie dir denn getan?“ „Oh…ich….“ Der Leiter der Steuerabteilung suchte nach einer Erklärung für sein impulsives Verhalten: „Sie sollte auf Akina aufpassen. Stattdessen tändelt sie hier mit Tsuka herum.“ „Verdammt“, fauchte der: „Ich sagte doch, dass wir über Kräuter geredet haben. Sie ist Heilerin und ich bin der Herr des Kräutertales, schon vergessen?“ „Das wird den Prinzen nicht interessieren.“ Der Burgvogt wollte Sakura am Arm fassen, um eine Flucht zu verhindern, aber sie stand regungslos mit gesenktem Kopf neben ihm. So berührte er sie nur ein wenig: „Komm, Mädchen. Lord Sesshoumaru wirkte nicht sehr angetan über diese Szene.“ Das war auch ihr klar. Hoffentlich würde er sie wenigstens zuerst anhören, ihren Bericht wollen. Ihr Bericht! .Der lag fein säuberlich geschrieben in Akinas Zimmer unter deren Tatamimatte. Wie sollte sie nun daran kommen? Aber sie folgte Masaki. Sie hatte keine Wahl. Tsuka holte tief Atem: „Wunderbar. Doch, das habt Ihr wirklich gut hinbekommen, Makamoto. Sie wird der Prinz bestrafen, und Euch Lord Yamagishi! Ihr habt ihn vor seinem hohen Gast das Gesicht verlieren lassen.“ „Dessen bin ich mir bewusst.“ Makamoto war auch nicht sonderlich glücklich über diese Entwicklung. „Ich hoffe, Lord Yamagishi verzeiht mir.“ Was aus der Heilerin wurde, war ihm dagegen vollkommen gleichgültig. Tsuka weniger, aber er drehte sich nur um und verschwand. Gegen die Herren, zumal Dämonen, konnte man nichts ausrichten. ***** Herr Tsuka hat viel geredet, aber was gesagt? Und Herr Makamoto hat sich und nicht zuletzt die arme Sakura etwas in die Tinte geritten.Im nächsten Kapitel kommt es zum Treffen zwischen ihr und Lord Sesshoumaru.... bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)