Fade into eternity von Miru-chan ================================================================================ Kapitel 1: Fade into eternity ----------------------------- Mit dem Hinabsinken meiner Lider beginnt die Schwerelosigkeit. Ich falle still, in einen Kosmos, dessen Existenz fragwürdig ist. Das Rot meiner Lippen erstirbt nach und nach, es verflüchtigt sich wie meine Worte, welche ich schon lange nicht mehr fähig bin zu sprechen. Vor meinen Augen erstreckt sich Endlosigkeit, heißt mich willkommen und nimmt mich wortlos in ihre starken Arme. Sie ergreift schleichend Besitz über mich, mich, der daran scheitert, Wahres zu erkennen. Mich, der stumm fällt. Mich, der sich seiner nicht mehr sicher ist. Kühle Luft umspielt meine Finger, welche immer fortwährend kleine Bewegungen vollführen, zur Prüfung der Existenz dieses grausam schönen Mysteriums. Mit jedem Wimpernschlag ersterben meine Zweifel. Sie entfliehen ins Nichts und ich beginne zu vergessen. Bedeutungslosigkeit ist der Pein die-ses Raumes ohne Zeit. Weißer Schnee berührt sanft meine Haut, welche nach und nach erkaltet. Mit einem schwachen Lächeln mustere ich die Silhouetten der Bäume, deren Zweige mir stumm einen Abschied winken. Einst haben sie meinem Schutze gedient, nun sind sie ohne Bedeutung. Brauche ich sie? Trauer. Glitzernde Tränen suchen sich einen Weg über meine Wangen, werden eins mit dem immer währenden Strom, der mich barmherzig umgibt. Stetige Endlosigkeit. Auf dem Wasser, welches sich tapfer durch diesen Ort schlängelt, türmen sich hohe Wellen, schlagen rebellisch auf und versinken im Nichts. Ohne zu wissen bin ich auf ihnen ge-trieben worden, immer fort, ohne Ziel. Kalte Tropfen, mikroskopisch klein, glänzen trügerisch und spiegeln eine verfälschte Realität. Ein schwacher Augenaufschlag. Meine bernsteinfarbene Iris erblickt unendliche Schwärze, leer und doch beruhigend. Irrlicht. Es strahlt beständig, unberührt und mächtig. Ihm beugt sich diese Welt, es lässt alles um sich verblassen. Die Grazie dieses Moments wird im fließenden Strom wiedergespiegelt, welcher sich langsam in ein kleines Rinnsal wandelt. Bedacht fahren meine Hände ins kühlende Nass, werden taub bei der Berührung dieser flüssigen Substanz. Es ist nicht von Bedeutung, nicht hier, nicht jetzt, in diesem Augenblick. Hypnotische Schönheit. Kleine Schauer der Wärme überziehen meinen Körper, während ich die auf und ab tanzenden Lichtstrahlen bewundere, ihnen blind folge und mich stumm verliere. Die Löschung der Erinnerung. In meinen weit geöffneten Augen spiegeln sich die hellen Strahlen, welche darin brechen. Verlust der Kontrolle. Lautlos zerbricht der Schein und sein schwacher Körper fällt. Sein Gesicht ziert ein weit entferntes Lächeln, voller Glück und Hingabe. Es steht im Kontrast zu seinen Augen, welche leer, ohne Glanz in die Schwärze der Unendlichkeit blicken. Sein Stern strahlt weiter auf seine Hülle, welche keinen Wert mehr besitzt. Hier endet der Weg, der Strom ist verebbt und hat dem kleinen Rinnsal Einzug gehalten, welches stetig seinen Weg fortführt, bis auch der letzte Tropfen versickert. ~°~ „Ist er …?“, aus dem Hintergrund vernahm er Sagas schwache, zitternde Stimme. Er spürte die Angst, welche in seiner unvollständigen Frage mitschwang, so deutlich, als wären es seine eigenen Empfindungen, welche der Bassist hier offen vor sich auslegte. Es folgte keine Antwort. Hiroto war dieser Moment zu wichtig, um ihn zu zerstören, er wollte diese letzte gemeinsame Zeit auskosten. Gedankenverloren warf er einen Blick durch das Fenster, beobachtete, wie die langen, rötlichen Strahlen des Abendrotes ins Zimmer traten, Muster auf den Boden malten und feine, goldene Striche über die weißen Bettlaken zogen, in welchen der Sänger gebettet worden war. Haltsuchend umklammerte der Gitarrist Shous eiskalte Hand. Wie bereits so oft hoffte er auf eine kleine Erwiderung seiner Gesten, wenn auch nur eine kleine, kaum spürbare Regung. Immer und immer wieder hatte er danach gefleht, und doch war seine Bitte nie erfüllt worden. Nun hatte ihn die Realität so weit eingeholt, dass er ein-sehen musste, dass es endgültig vorbei war. Immer wieder strich er sanft über Shous Wange, in vollem Bewusstsein darüber, dass diese Berührung längst nicht mehr spürbar war. Es war ihm egal. Für ihn zählte nur noch dieser kurze Moment der Zusammengehörigkeit, welchen er bis zur Gänze auskosten wollte. „Pass auf dich auf, in Ordnung …“, leise flüsterte der Gitarrist die Worte der stummen Hülle vor sich zu, wissend, dass es eigentlich keinen Sinn hatte, „pass auf dich auf … und mach’s gut … Großer.“ Mit einem kleinen, traurigen Lächeln fuhr er durch Shous braunes Haar, den Blick immer noch auf die ruhige, friedliche Mimik seines Gegenübers gerichtet. Denn auf jedes Ende folgt der Anfang, der Körper verwest und lässt aus seinem Abfall neue Blumen sprießen. Ein letzes Mal strich Hiroto über die eiskalte Haut, während sich die ersten Tränen aus seinen Augen stahlen. Und dabei wollte er doch stark sein. Er zitterte mit dem Versuch, seine Emotionen zu ersticken. Es wollte nicht gelingen, egal wie sehr er es versuchte. Dennoch war es an der Zeit loszulassen. Die Wahrheit zu klären. Und irgendwann die aufgeklafften Wunden verheilen zu lassen. Weil die Ewigkeit auf Erden niemals greifbar sein wird. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)