Die Vereinigungssage von SakumiKazi ================================================================================ Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- Zwei Zimmer weiter schlief der Meister aller Drachen. Daragon und Maximilian hatten sich noch eine ganze lange Weile unterhalten. Der Drachenkenner hatte ihm die neue Situation erklärt, daher war es ein wenig später geworden bei den beiden. Nun aber waren beide zu Bett gegangen. Normalerweise gehörte Daragon zu der Art von Menschen, die wundersames träumten, sich gern erinnern würden, es aber leider nicht konnten, das würde diese Nacht anders werden. Gleich nach dem der Mann eingeschlafen war begann auch schon sein wundersamer Traum: Daragon stand am Fuße eines Bergpasses. Rechts und Links von ihm wildwuchernder Wald. Seine Neugier trieb ihn den steilen Pass hinauf. Während des Aufstieges beobachtete er, dass der Fels anfangs eine grobe Oberfläche gehabt hatte mit fiel Geröll, doch je höher er kam, desto glatter wurde es und es bekam einen zunehmendes silbernes glitzern. Auf zwei Drittel des Weges kniete er sich nieder und berührte mit dem Zeigefinger das antrazitfarbene Gestein. Wie er feststellte war es pulverartig, es gab also unter der Berührung seines Fingers nach und hinterließ dort eine kleine Kuhle. Vorsichtig schöpfte er mit der flachen Hand etwas von dem Pulver und schaute es sich näher an. Nach längerem Betrachten und zerreiben zwischen seinen Fingern kam er zu der Erkenntnis, dass es Lavagestein war, daraus wiederum schloss er, dass er sich auf dem Pass zum Gipfel eines Vulkanes befand, hoffentlich eines erloschenen. Er klopfte seine Hände sauber, erhob sich und ging weiter zum Ende des Gipfels. Von hier konnte er auch erkennen, dass die obere Kante scharf gezackt war. Vor den letzten Metern blieb er noch mal stehen und sah nach unten, von wo er gekommen war. Tief atmete er durch und ging weiter. Seinen Blick hatte er in den Himmel gerichtet um sich überraschen zu lassen was unter ihm lag. Da es nicht wärmer geworden war, ging er davon aus, dass der Vulkan wirklich inaktiv war. In Daragons Kopf schwirrten viele Gedanken herum. Zum Beispiel konnte vor ihm ein Drachennest liegen, was natürlich das absolut größte für ihn gewesen wäre oder es war ein Drachenfriedhof. Vielleicht lag vor ihm auch ein magisches Zentrum oder ein Lavasee, der keine Wärme ausstrahlte, all sowas konnte es durchaus geben. Langsam senkte er den Blick vom Himmel in Richtung Krater. Was er da saß, verschlug ihm wahrlich die Sprache. Zu seinen Füßen lag fruchtbartest Land mit einigen Bauernhöfen und in der Mitte derer klaffte ein tiefes schwarzes Loch, über welchem eine Stadt schwebte. Diese lief kegelförmig spitz nach oben zu. Auf der Spitze prangte eine riesige Burg mit fielen Zinnen und Türmchen. Mit dem Festland verbunden war die Stadt durch Hängebrücken mit regem Verkehr, wie er erkennen konnte. Festen Fußes setzte er seinen Weg fort den schmalen Pfad auf der Innenseite des Vulkans wieder nach unten. Je näher er dem Ende kam, desto deutlicher nahm er die Gerüche, Geräusche und Pflanzen wahr, die hier wuchsen. Zu seiner Überraschung war es Getreide, Mais, viele Gemüsesorten und einige Arten von Obst. Vulkanasche war einer der fruchtbarsten Böden überhaupt und dieses Volk hier hatte diesen nutzen perfektioniert. Von dem Punkt aus, an dem er in den Vulkankrater gekommen war, hatte er drei Bauerhöfe sehen können. Seiner Meinung nach produzierte jeder etwas anderes. Daragon selbst stand in der Mitte der drei Höfe, zwischen Kornfeldern. Zu seiner rechten, über das Feld hinweg nahm er den intensiven Geruch von Schwein und Rind war und zu seiner Linken, sah er hintern dem Maisfeld die Krone einiger Apfelbäume, zumindest vermutete er, dass das rote Äpfel waren, die er schemenhaft erkennen konnte. Gerade wollte er seinen Weg fort setzen, da kreuzte ein kreischendes Huhn seinen Weg und verschwand zwischen dem Mais. Mit hochgezogener Augenbraue sah er dem Federvieh nach. Kaum zwei Sekunden später kullerte ein kleiner Junge ihm vor die Füße, wahrscheinlich jagte er das Huhn, vermutete Daragon. Der Junge blinzelte in die Sonne über ihnen und sprang gleich auf als er Daragon erkennen konnte. Tief verbeugte er sich, murmelte etwas und verschwand zwischen dem Mais, weiter hinter dem Huhn her, wie Darangon an dem panischen Kreischen erkennen konnte. Stirnrunzelnd ging er weiter den Weg zwischen den Feldern entlang und kam dann endlich in eine Gegend wo die Gewächse weit weniger hoch waren. Nun befanden sich rechts und links von ihm Gemüsebeete. Erneut schaute er sich um und sah rechts die Bestätigung, dass er Rinder und Schweine waren, die er da roch. Außerdem entdeckte er Schafe und einige Ziegen. Seinen Blick ließ er nun nach links schweifen, vorbei an dem rustikalen, hölzernen Bauernhaus, hin zu dem riesigen, imposanten Obstgarten. Alle Bäume, Sträucher und Beete standen in voller Frucht und was für wundervolle Früchte es waren. Er sah Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Pflaumen, Wassermelonen, sogar Mangos, Bananen und Orangen, Früchte die für dieses Klima eigentlich nicht geschaffen waren. Und auf den Gemüsebeeten erblickte er die gleiche Vielfalt an bekannten, exotischen und unbekannten Gemüsesorten. Auf gut einem Hektar Land standen dutzende verschiedener Tomatensorten, Hülsenfrüchte und Knollenpflanzen gab es in Hülle und Fülle. Daragon konnte sich kaum sattsehen, aber er ging weiter in Richtung der Hängebrücken. Menschen sah er keine weiter, sie waren vermutlich in ihren Häusern. Wenige Schritte vor der Hängebrücke blieb er stehen, an dem Übergang selbst stand ein majestätischer Soldat. Seine silberne Rüstung glänzte im Sonnenlicht. Darüber trug er einen leuchtend grünen Umhang. Auf dem Kopf trug er einen Helm, welcher der Länge nach von einem schuppigen, grünschimmernden Gewülst geziert wurde, anders konnte er die Wölbung nicht definieren aus dieser Entfernung. Der Soldat achtete wohl sehr darauf, dass seine Rüstung ständig glänzte, die daraus resultierende Spiegelung machte es noch schwerer den Helm genau zu beschreiben. In der linken Hand trug der Mann ein Schild in der Form eines Ahornblattes, eine ungewöhnliche Schildform, behaftet mit Nachteilen, die gleichsam aber auch wieder Vorteile waren. In der Mitte des Schildes schillerte ein mächtiger grüner Drache, sitzend auf seinen Hinterbeinen, die Klauen erhoben und das Maul geöffnet. Über seine Schulter gelegt war ein Pfeilköcher, dessen oberen Rand Daragon aus seiner Position sehen konnte. Ebenfalls über die Schulter gespannt war ein Bogen. Der Wächter hatte ihn noch nicht entdeckt oder wenn, dann ignorierte er den Mann ohne es sich anmerken zu lassen, denn Daragon starrte ihn sicher schon einigen Minuten an. Langsam ging der junge Waffenmeister auf den Mann zu, er näherte sich halbschräg von der Seite. Erst als er nur noch zwei Schritte entfernt war zuckte der Mann auf und blickte ihn an. Für einen Sekunden Bruchteil entglitten dem Mann seine Gesichtszüge, dann verbeugte er sich eilig und machte den Weg frei. Der andere blieb auf Armeslänge vor ihm stehen und musterte den Mann. Die Wulst auf dem Helm entpuppte sich als ein filigran in das Metall gearbeiteter geschuppter Drachenschwanz, der nach hinten schmal auslief. Noch immer starrte der Wächter Daragons Füße an und würde es vermutlich auch weiterhin tun, wenn der andere dort stehen blieb. „Werter Herr, erhebt euch, sonst verliert Ihr noch Eure edlen Pfeile“, sagte er zu ihm. Der andere blickte ehrfürchtig nach oben, verbeugte sich noch ein Stück tiefer und richtete sich dann wieder auf. „Darf ich Euch eine Frage stellen?“, wollte Daragon wissen. Stumm wie ein Fisch nickte der Mann. „Wie ist Euer Name?“ „Parrel, von der Familie des Ahorns“, antwortete der Mann wie ein braver Soldat und stand nun wieder stramm. Er schaute fragend, ging aber vor erst nicht weiter darauf ein. „Gut… ähm, Parrel, richtig? Warum verbeugen sich alle vor mir?“, war Daragons nächste Frage. Nun schaute der Soldat fragend, „aber Ihr seid doch der legendäre Waffenmeister der 100. Generation von Drachenreitern, Daragon Abole, oder nicht?“ „Nun. Mein Name ist schon Daragon, zumindest mein Künstlername. Desweiteren bin ich auch Waffenmeister, auch einer Gruppe Drachenreiter, aber legendär? Der 100. Generation? Abole?“, je länger er sich mit dem Mann unterhielt, desto mehr Fragen warfen sich auf. Der Ritter stellte sein Schild ab und lehnte sich an den Pfosten der Brücke, als könne dies ein längeres Gespräch werden, was Daragon auch befürchtete, daher war er so dreist sich an den andere Posten zu lehnen und sich anzuhören was er junge Soldat zu erklären hatte. „Vor 100 Generationen kamen die ersten Drachen in dieses Land. Damals war es wüst und unfruchtbar, kein Geschöpf hätte hier leben können. Die zehn legendären Drachen Adime, Livky, Dalky, Luwer, Equinox…“ „… CZilio, Saphire, Rubin, Diamon und Exavia“, führte Daragon die Reihe weiter, das den Soldaten erschrocken schauen ließ, „erzähl weiter.“ Er räusperte sich, „… sie kamen in unser Land und verwandelten es zusammen in ein Reich voller Schönheit, Leben und Freude. Dann kamen die Menschen und die Drachen führten sie zu einem Leben in Frieden und Harmonie. Die Edlen, die Drachen, wiesen sie an Nahrung anzubauen und Tiere zu halten, so lebten sie viele Jahrhunderte in Frieden, doch wo das Gute ist, ist auch immer das böse nicht weit. Es gab in unserem Reich einen stetigen Wechsel zwischen guten Zeiten und schlechten Zeiten. Wenn die Edlen dem Land den Rücken kehrten, so heiß es, es würde Krieg geben, fürchterlichen Krieg, denn den Menschen ging es zu gut und sie verlernten Menschen zu sein. Aber immer dann, wenn es dem Reich am schlechtesten ging, dann kamen sie wieder, jung und erholt mit neuen Drachenreitern, die das Land wieder in den Frieden führten.“ „Entschuldige die Unterbrechung, aber hier sieht es nicht aus, als gäbe es gerade Krieg“, unterbrach der Mann den Soldaten. „Außerhalb von Mammalo, dem Krater der Ibalia umgibt gibt es sehr wohl Krieg, fürchterlichen für wahr, doch hier drin ist davon nichts zu spüren; da die Stadt in erster Linie unabhängig vom Land lebt.“ „Was wahrlich unfair ist“, warf Daragon ein. „Nein, Daragon Abole, sind die Felder nicht bestellt haben tausende von Menschen hier Platz und Sicherheit und die Stadt hat dann genug Vorräte um das Volk zu versorgen, welches hier her kam um auf die Rückkehr der Edlen zu warten.“ „Entschuldige meinen Einwurf, so ist es natürlich logisch“, stimmte er reuevoll zu. Der Soldat war sichtlich beeindruckt, dass Daragon sich hatte belehren lassen, von einem kleinen Soldaten. Für Daragon war jeder gleich, der ihm eine gute Geschichte zu erzählen wusste, vor allem stand er hoch im Kurs, wenn es um Drachen ging. „Das ist äußerst peinlich für mich, als Waffenmeister, aber kannst du mir sagen was ‚Abole‘ in meiner Sprache heißt? Ich bin noch nicht sehr vertraut mit dem Vokabular der Drachenwelt.“ „Wir nennen unsere Sprache Helal“, Daragon nickte verstehend, der Mann sprach weiter, „Abole lässt sich am besten mit Wort ‚großherzig‘ bezeichnen.“ „Daragon, der Großherzige. Welche Tat hat mir denn das beschert?“, fragte er leicht amüsiert. Daragon war kein Unmensch, das stimmte, aber als Waffenmeister durfte man auch nicht nachlässig mit der Strenge sein, das wusste er. „Die Legende berichtet, dass der Waffenmeister der ersten Generation mit Gnade über seine Feinde und Freunde richtete.“ „Über seine Freunde?“ „Ich habe nie einen Waffenmeister kennen gelernt, aber von den Ältesten hört man, dass der Waffenmeister ein Hüter des Gnadenstoßes sei.“ „Lass dir nicht jeden Satz einzeln aus der Nase ziehen, das ist meine Geschichte, ich möchte ich gern wissen“, meinte er lächelnd, aber mit einem gewissen Nachdruck der Neugier. Parrel seufzte schwer, „der Waffenmeister der ersten Generation soll einen der Edlen von seinem Leid erlöst haben“, sagte der Junge wehmütig. Daragon war sichtlich entsetzt über das Handeln seines Vorfahrs. „Aber… aber wie kann man DAS Wesen aller Wesen einfach töten?“, fragte geschockt. „Die Bücher sagen, dass der Edle im Kampf zu schwer verletzt wurden war. Auch die mächtigsten Magier und Heiler konnten nicht mehr helfen. Und darauf hin entschied der Waffenmeister ihn von seinem Leid zu erlösen. Nach der Erzählung soll der Ritter ihm gedankt haben, wie auch der Edle in seinen letzten Atemzügen.“ Daragon stand noch immer das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Er blickte auf seine Hände, auf Hände die einen Drachen getötet hatten, einen Freund, einen Mitstreiter. Schon allein der Gedanke daran ließ es ihm kalt den Rücken runter laufen. Es dauerte einen Moment bis er sich wieder gefangen hatte. Der Soldat sah ihn betroffen an. „Okay, es ist alles wieder gut“, meinte er mit einem zerknitternden Lächeln. Er atmete tief durch und stieß sich leicht von dem Pfosten ab. „Darf ich weiter in die Stadt?“, fragte er dann den Soldaten. „Natürlich“, nickte dieser und ging ebenfalls wieder in Stellung. „Danke dafür, dass du meine Fragen beantwortet hast“, meinte er und klopfte ihm auf die Schulter, „wenn ich das nächste Mal her komme wirst du dafür belohnt werden“, lächelte er und ging die Hängebrücke entlang in Richtung Ibalia. Der andere sah ihm mit offenem Mund nach, der Waffenmeister war wirklich großherzig, in jeglicher Beziehung, es gab ja noch mehr als nur diese eine Geschichte über ihn und seine Großherzigkeit. Fürs erste hatte Daragon aber diese eine gereicht, daher war er weiter gegangen. Bei seinem Weg über die Brücke blieb er in der Mitte stehen und warf einen Blick über das Seil und blickte in die Tiefe. Eigentlich erhoffte er sich nur schwarz, doch das was er sah, verschlug ihm die Sprache. Kilometerweit unter ihm, nur als kleiner Kreis zu erkennen, sah er den blauen Himmel, wie über sich, das hieß, sie schwebten in der Luft. Er klammerte sich an das gespannte Seil und atmete tief durch, bevor er weiter ging, auf die Stadt zu. Jetzt wo er immer näher kam erkannte er ein System in dem pyramidenartigen Aufbau. Es gab vier Ebenen, wie er erkennen konnte. Die oberste war das Schloss, darunter kam eine Ebene mit einzelnen Häusern, die alle verschiedene Farben trugen, wie die Drachenelemente, dort wohnten scheinbar die Reiter wenn sie in der Stadt waren. Die Ebene darunter, dort herrschte ein geschäftiges Treiben, es schein eine Ladenstraße zu sein, genau konnte er das aber noch nicht bestimmen. Was die unterste Ebene betraf, diesen Teil konnte er durch die Stadtmauer nicht sehen, aber er vermutete, dass dort der Rest der Bewohner lebte. Wenn er dem Soldaten glauben konnte, dürfte es ja eigentlich keine armen Menschen in diesem Land geben, wobei das noch anzuzweifeln war, aber da ließ er sich überraschen. Endlich war er auf der anderen Seite angekommen und betrachtete erst einmal die eindrucksvolle Stadtmauer vor sich. Sie war riesig und mit Zinnen besetzt auf denen Soldaten patroulierten, als erwarteten sie einen Angriff, was laut seinem Informanten auch nicht möglich sein dürfte. Neben dem geöffneten Tor standen gleich zwei Soldaten, die ihn entgeistert anschauten und sich gleich verbeugten. „Werte Herren, unterlasst es bitte euch zu verbeugen“, seufzte er und sie gehorchten. Aus der Ferne ertönte der dumpfe Ton eines Hornes. Daragon schreckte zusammen wegen des ungewohnten Geräusches und erwachte aus seinem Traum. Er öffnete die Augen und blickte in den Sonnenaufgang, da war es wieder das Horn. Gemächlich erhob er sich und schaute aus dem Fenster. Zu seinem Unmut musste er feststellen, dass es ein Bäckerwagen war, der auf sich aufmerksam machte. „Was lob ich mir die Abgeschiedenheit meines Berges“, seufzte er leise und streckte sich, bevor er das Zimmer verließ. Einmal wach, konnte er sowieso nicht mehr schlafen. Auf seinem Weg ins Badezimmer im Erdgeschoss kam er natürlich an Ludwigs Zimmer vorbei, in welchem Licht schien. In seine Gedanken wieder bei seinem Traum ging er runter. Nach seinem Abstecher ins Badezimmer ging er wieder hoch und blieb vor Ludwigs Tür stehen. Einen Moment überlegte er, dann klopfte er an und wurde rein gebeten. Daragon trat ein und sah, dass Ludwig am Schreibtisch saß und wie gewohnt etwas zeichnete. „Du bist aber schon früh wach“, stellte Daragon lächelnd fest. „Das kann ich von dir auch behaupten“, lächelte Ludwig zurück, „ich konnte nicht mehr schlafen nach dem der Bäcker draußen vorbei gefahren ist.“ „Willkommen im Club. Er hat mich aus dem schönsten Traum geweckt, den ich je hatte und dem ersten, an den ich mich erinnern kann und das sehr genau.“ Ludwig schmunzelte und zog den Stuhl vom Terrarium weg. Auf das Bett konnte man sich leider nicht setzen, denn da lag Luwer mitten drauf, „bitte sehr. Wenn du dich daran erinnern kannst, willst du davon erzählen?“ „Sehr gern, danke“, erwiderte er und setzte sich auf den Stuhl, „aber vorher, sag mal kommt der Bäckerwagen jeden Tag?“ „Nein, nur Mittwoch und Freitag, sonst kommt er immer wesentlich später, erst nach Acht.“ Daragon nickte verstehend und lehnte sich entspannte zurück, „du wirst mir nie glauben wo ich war.“ „Im Moment glaube ich eigentlich so ziemlich alles, immerhin liegt dort ein Drache auf meinem Bett.“ „Wohl wahr. Also was meine Nacht angeht, die habe ich mitten in Ascadien verbracht.“ Ludwigs Augen begannen zu leuchten und er lauschte der Geschichte. Daragon erzählte ihm jedes Detail, dass er gesehen hatte, von dem Lavagestein, über die Felder, auch die Geschichte des Soldaten erzählte er ihm, bis hin zu der Stelle, als das Horn ihn geweckt hatte. „Wow“, verlieh Ludwig seiner Begeisterung Ausdruck, „das mit dem Drachen klingt schrecklich, aber was nötig ist, muss getan werden.“ Der Mann stimmte ihm zu, auch wenn es ihm noch immer schwer fiel sich damit abzufinden. „Kannst du das zeichnen?“, fragte er dann den Jungen. „Bei all den Details, die du mir erzählt hast, bekomme ich das sicher hin“, nickte er lächelnd. „Und das Land schwebt wirklich in der Luft?“, fragte Ludwig dann nach. Daragon nickte, „ja, das tut es, außer das blau was ich gesehen habe war ein See oder so, was ich aber nicht glaube.“ „Ibalia und Mammalo sind angenehm klingende Namen, besser als Ascadien, das klingt so hart.“ „Das muss wohl unser neuer Magiermeister beurteilen, immerhin ist er Sprachwissenschaftler“, lächelte Daragon, „aber du hast insoweit schon recht, von der Aussprache her gefällt mir Ibalia auch besser.“ Ludwig nahm seinen Block und einen Bleistift und skizzierte den Vulkan aus der tiefen perspektive, als Daragon vom Fuß hochgeschaut hatte, mit dem Wald rechts und links. Nebenbei unterheilten sie sich natürlich weiter. „Ich hoffe, das sich nächte Nachte weiter träume. Von weitem hatte die Stadt schon sehr interessant ausgesehen.“ „Ich wünschte, ich könnte das auch sehen“, lächelte Ludwig, „allein schon als künstlerische Perspektive.“ „Die Kunst ist immer dabei“, kicherte der andere und schaute ihm zu. Eine ganze Weile saßen sie noch oben, dann entschied sich Daragon Frühstück zu machen, Max war sicher auch schon wach. Natürlich war er das schon, er musste ja zur Arbeit. Gemeinsam bereiteten beide Männer das Frühstück. Der Hausherr wer der einige, der kein Problem mit dem Bäckerauto hatte, da er sich mit den Jahren daran gewöhnt hatte. Daragon gab zu, dass er das Auto heute zum ersten Mal bewusst wahrgenommen hatte. Als dann auch Ludwig unten war frühstückten sie zusammen. Gleich danach verließ Maximilian sie auch schon. Die anderen beiden blieben an Tisch zurück und tranken in Ruhe ihre Tassen leer. Gedanken verloren starrte Ludwig in seine Kakaotasse. „Was ist los Großer?“ „Ich schwanke, zeichne ich wie versprochen die Handschuhe oder skizziere ich weiter deinen Traum“, erklärte Ludwig und trank noch einen Schluck. „Das ist eine wirklich schwere Entscheidung“, stimmte Daragon ihm zu, „die Handschuhe sind doch eigentlich immer gleich, oder?“ „Bis auf die Netzfarbe an den Fingerunterseiten und dem Elementornament schon, zumindest habe ich keine Lust sie noch individueller zu gestalten, ich habe noch mehr zu tun als die Ausrüstung für alle zu fertigen.“ „Meine Träume zu realisieren“, kicherte er. „Weist du was, das ist eigentlich gar keine so schlechte Idee“, meinte er und stand auf. „Ha? Aber du zeichnest Mammalo doch schon“, entgegnete Daragon verwirrt und sah ihn an. „Schon, aber ich meine mit realisieren, es plastisch zu realisieren.“ „Plastisch?“ „Ja, ein Model aus Pappmasche, Papier und Farbe“, nickte er, „Solche Modelle zu bauen ist wahnsinnig entspannend. Vor zwei Jahren habe ich die alte Eisenbahn meines Vaters auf dem Dachboden entdeckt. Er war eine Woche auf Weiterbildung und als er wieder kam hatte ich die Strecke aufgebaut und eine riesigen Landschaft drum herum gebastelt, das waren die entspanntesten sieben Tage meines bisherigen Lebens.“ „Du musst dich ja wirklich langweilen, aber ich helfe dir natürlich wenn ich darf.“ „Sicher darfst du das, du darfst auf Luwer aufpassen“, grinste er. „Na danke“, seufzte er gespielt theatralisch. „Hier und da brauche ich schon deine Hilfe, immerhin hast du das ganze schon mal gesehen, ich nicht.“ „Dann stürzen wir uns mal in die Arbeit“, meinte Daragon und stand auf um abzuräumen. Ludwig ging in der Zeit nach oben und suchte alles zusammen. Luwer brachte er auch mit runter, der noch immer schlief, und setzte ihn in das Laufgitter. Die Bastelsachen brachte er in die Küche und stellte alles auf den leeren Tisch. Gemeinsam holten sie noch das Laufgitter in die Küche, damit sie den Kleinen im Blick hatten, wenn er aufwachte. Gemeinsam begannen sie die Struktur der einen Teile zusammen zu bauen. Ludwig zeigte ihm ein paar Kniffe um den einzelnen kleinen Teilen eine dreidimensionale Form zu geben. Bevor aber die Bäume und Pflanzen ihren Platz einnehmen konnten, mussten sie erst mal gezeichnet werden, was wohl heute im Mittelpunkt des Tages stehen würde für Ludwig. Bald wurde auch Luwer wach. Er bekam sein Frühstück und wollte danach spielen, wie es kleine Kinder eben immer wollten, dafür war nun Daragon zuständig, ihn zu beschäftigen. Im Laufe des Vormittages rief auch Otto an und berichtete, dass mehrere Kapitel sich in lesbare Schrift umgewandelt hatten. Er war richtig euphorisch, bis Daragon ihn stoppte und meinte, dass sie beide das alles schon wüssten, weil er es geträumt hatte und, dass das vermutlich der Grund war, warum es jetzt lesbar war. Schmunzelnd lauschte Ludwig den beiden, als es still wurde wusste er, dass sein Onkel schmollte, weil sie es vor ihm gewusst hatten. Also Otto dann fertig war mit schmollen, mehr oder weniger, legte Daragon auf und widmete sich wieder dem Drachen. Eine Weile sah Ludwig zu seinem kleinen Drachen. „Gib ihn mir mal bitte“, wand er sich an Daragon, der den Kleinen gleich hochnahm und zu Ludwig brachte. Noch bevor er es verhindern konnte betatschte Luwer den Faltplan des Baumes und hob ihn aus dem Blatt, ohne, dass er verschwand und er tat es gleich noch mal. Interessiert schaute Daragon was passiert war. „Wow, du hast den Plan dupliziert und realisiert. Du bist spitze mein Kleiner“, meinte Ludwig und knuddelte den Drachen, der sich sehr darüber freute. Diese Fähigkeit von Luwer erleichterte ihnen die Arbeit sehr, denn so kamen sie schneller zu ihren Einzelteilen, die sie dann nur noch zusammen kleben mussten. Der Drache durfte weiter die Bäume aus dem Papier holen, während Ludwig die nächsten Pflanzen zeichnete. „Mir fällt gerade so ein“, sagte Ludwig, „Richard, mein Waran, hat mir erklärt, dass ein Klingeln oder etwas in der Art einen aus seinen Drachenträumen raus holen kann und man bewusst wieder in sie eintauchen kann.“ „Wirklich? Das wäre wirklich toll, dann könnt ich zurück in die Stadt“, freute der Mann sich, ob es aber funktionierte war die andere Frage. Der Junge nickte, „bei mir hat es funktioniert als ich mich voll und ganz darauf konzentriert habe wieder dorthin zu kommen und das dazugehörige Bild berührt habe.“ „Das Bild haben wir jetzt aber nicht hier. Otto könnte es haben, in einem seiner Bücher.“ „Na ja, theoretisch wenn ich das Bild von der Außenseite Mammalos fertig zeichne haben wir auch ein Bild, du müsstest nur unter Umständen noch mal hoch und wieder runter laufen. Ich denke nämlich, dass man dort raus kommt worauf man schaut.“ Daragon seufzte, das ist so ein weiter Weg... aber ich würde ihn natürlich noch mal laufen. Vielleicht begegne ich wieder dem jungen Soldaten, er war wirklich süß.“ „Was sind das denn für Ambitionen?“, fragte der andere schmunzelnd. „Ich bin Single aus Überzeugung, in jeglicher Liebesform“, sagte der andere gleich. Ludwig grinste noch immer breit und zeichnete weiter die Erdbeerpflanze, „vielleicht steht ja in den Texten irgendwo, dass der Waffenmeister viel Spaß mit seinen kleinen Soldaten hatte“, neckte er ihn noch ein wenig. Daragon wurde rot um die Nase und murmelte: „Was du dir nicht alles vorstellst.“ „Ich stecke eben voller Fantasie“, lachte er. Damit war das Thema aber auch schon wieder vom Tisch. Während Ludwig fleißig zeichnete, faltete und klebte Daragon die Bäume zusammen. Zum Mittagessen machten sie kurz Pause, dann ging es weiter. Mittlerweile hatten sie auch genug Bäume und Erdbeeren und auch schon ein Mais- und ein Kornfeld. Nach und nach kamen immer mehr Früchte- und Gemüsesorten und Hoftiere. Auch Zäune und eine Hütte gab es für das Ackerland. Zwischenzeitlich kam auch der Hausherr nach Hause und am Abend hatten sie alles fertig an Nahrungsmittel die Daragon gesehen hatte. Beide waren zufrieden mit dem was sie geschafft hatten. Selbst Maximilian musterte das ganze beeindruckt. Er selbst war zwar Kunstlehrer, aber für solch eine filigrane Arbeit brachte er selbst nicht genug Geduld auf. Sie hofften beide, Daragon würde diese Nacht weiter träumen und in die Stadt rein gehen und sie ganz anschauen würde denn sonst konnten sie nur das basteln was er gesehen hatte und das war etwas die Hälfte des ganzen. Gemeinsam aßen die drei zu Abend, danach gingen sie wieder getrennte Wege. Ludwig saß in seinem Zimmer über der Zeichnung der Vulkanaußenseite. Er wollte das Ganze auch auf Papier festhalten, denn das konnte er überall mit hinnehmen, das Pappmodel nicht. Mit Daragon zusammen hatte Ludwig entschieden, dass er das gesamte Land im Maßstab basteln würd, also um den Vulkan herum die zehn Gebiete der Drachen. Als es dann Zeit wurde fürs Bett kam sein Vater ins Zimmer und meinte er solle sich ein Vorbild an Luwer nehmen, diese schliefe nämlich schon tief und fest. Schlafen tat er, und zwar auf Ludwigs Bett. „Ich habe das Gefühl, der Kleine ist schon größer geworden“, meinte Maximilian und trug den kleinen in das Gitterbett. „Ist er auch, aber seinen Speck ist er noch nicht los geworden“, lächelte Ludwig und machte die Schreibtischlampe aus. Er zog sich um und huschte dann ins Bett. „Du hast auch nicht so schnell deinen Babyspeck verloren, obwohl du größer geworden bist“, erwiderte sein Vater. Ludwig wurde rosa um die Nase und verkroch sich unter der Decke. Lachend wünschte Max seinem Sohn eine gute Nacht und machte das Licht aus als er das Zimmer wieder verließ. Auch zwei Zimmer weiter ging Daragon recht früh schlafen. Schon den ganzen Abend hatte er nur an die Stadt und den Vulkan gedacht, in der Hoffnung, sein Traum würde heute weiter gehen. Er hatte seinem Gastgeber eine angenehme Nachtgewünscht und hatte sich schon hingelegt. Durch die ganze Vorfreude war er eigentlich gar nicht müde, aber dennoch fielen ihm nach der Zeit die Augen zu. Und da war es wieder, das Tor zur Stadt mit seinen beiden strammen Soldaten. Ihm fiel als erstes auf, dass auch sie Schilder in Form eines Ahornblattes trugen. Gegrüßt hatten sie sich ja schon, daher begab er sich durch den Torbogen. Nach innen geöffnet waren zwei gigantische Holztürflügel aus massiver Eiche. Auf der für ihn sichtbaren Seite waren sie mit allerhand Naturmotiven verziert. Er sah verschiedenste Baumarten, eine Unzahl an Tieren, aber nur Landlebewesen, weder Vögel, noch Fische. Daragon wand sich von dem Tor ab und blickte nach vorn. Vor ihm türmte sich die Stadt Ibalia auf, an dessen oberer Spitze das Schloss stand. Jetzt, wo er näher gekommen war, sah es noch schöner aus. Es schimmerte in der Sonne wie Perlmut. Nur schwerlich konnte er sich von dem Schloss abwenden, doch sein Blick sank langsam wieder auf die nahe Umgebung, die unterste Ebene der Stadt. Als er wieder an Ort und Stelle war stellte er fest, dass auch hier ihn alle mit großen Augen ansahen, sich verbeugten, schnell an ihm vorbei eilten oder leise tuschelten. Daragon ließ sich daran nicht stören und verließ den Torbereich. Wie er erwartet hatte lebten hier die Arbeitnehmer und Ärmsten der Stadt. Langsam schritt er am Tor vorbei und sah sich alles genau an, für sich und natürlich auch für Ludwigs Model. Auf der Rückseite des rechten Torflügels waren viele Zettel ausgehangen, wie an einem Informationsbrett, was die Torinnenseite wohl auch darstellen sollte. Er trat näher heran und musterte die Zettel interessiert. Wie er erwartet hatte waren sie in Helal geschrieben, für ihn also unlesbar, aber er sah sie sich dennoch an. Einige Zettel waren schon Älter, man konnte kaum noch die Schrift erkennen, einige andere schienen Fahndungsplakate zu sein, es waren grimmige Gesichter darauf. Die meisten aber waren nur Text, daher konnte er sie nicht lesen, dennoch vermutete er, dass es wahrscheinlich Informationen für das Volk waren oder Annoncen zum Verkauf oder der Suche. Gemütlich drehte er sich der Stadt zu und lief ein wenig die Straße entlang. Die meisten Leute gingen ihm aus dem Weg hier unten, warum, verstand er nicht, so angsteinflößend konnte er doch nicht aussehen in seinem Nachtgewand. Bei seinem nächsten Schritt klapperte es an ihm, daher blieb er stehen und schaute an sich runter. Wie aus dem nichts war ein prächtiges Gewand mit der Farbe von Safran an ihm erscheinen, darunter trug er ein Kettenhemd und einen Lederwams. Um seine Schultern lag ein ebenfalls Safranfarbener Umhang, befestigt durch Perlen am Stoff seines Oberteils und verbunden durch ein silbernes Kettchen. Um seine Hüfte lag der Gürtel von Ludwig, daran befestigt war die Schwertscheide des selbigen und darin steckte sein Schwert. Mit den Händen tastete er über seinen Kopf und erfühlte einen Helm, den er auch gleich abnahm und ansah. Geformt war er genauso wie der der anderen Soldaten, auch mit dem Drachenschwanz, der einzige Unterschied war, dass sein Drachenschwanz nach hinten gekrümmte, spitzzulaufende Stacheln hatte, sie sahen aus wie die Stacheln einer Rose. Er setzte ihn wieder auf und schaute ob er noch mehr an sich hatte. Auf der anderen Seite des Gürtels erblickte er noch ein paar Handschuhe, schwere Lederhandschuhe mit einem tiefgelben Emblem, darauf ein Roter Drache, welcher auf seinen Hinterbeinen saß, den Schwanz darum gelegt. Eines der Vorderbeine stützte der Drache auf den imaginären Untergrund, das andere war erhoben und die Krallen nach unten gekrümmt. Bedächtig steckte er sie zurück und ging weiter. Etwa auf der Hälfte der Straße machte er kehrt und ging zurück zum Tor, hinter dem linken Torflügel, sah es sicher ähnlich aus, daher wand er sich der Treppe zu und schritt sie hinauf zur ersten erhöhten Ebene. Dieses Mal entschied er sich nach links zu gehen. Hier trug sich dasselbe Szenario zu wie am unteren Ende der Treppe, die Leute begegneten ihm mit gemischten Verhalten. Hier kam jedoch noch dazu, dass einige eine Art Gruß mit ihm teilten. Zu seinem Unmut auch in der anderen Sprache, daher lächelte er sie nur freundlich an, denn sie wirkten in keinem Moment unfreundlich, sondern überwältigt und ehrfürchtig ihm gegenüber. Auf dieser, schon viel freundlicher wirkender Ebene, befanden sich, wie er vermutet hatte Handwerkerhäuser. Von außen sahen sie alle relativ gleich aus, sie ähnelten den Fachwerkhäusern ihrer Welt, mit Holzbalken im Mauerwerk. Was die Häuser unterschied waren ihre Bewohner und deren Handwerke. Das erste Haus was er sah war ein Bäcker. Über der mittig liegenden Eingangstür, ein wenig zu niedrig für einen Riesen wie Daragon, hing eine Brezel aus Metall, welche anzeigen sollte, dass es ein Bäcker war. Noch darüber, zwischen den kleinen Fenstern der Wohnetage prangte ein Wappen. Groß waren die Häuser zwar nicht, aber er konnte dennoch nicht erkennen was darauf war. Er schritt weiter den Weg entlang. Neben dem Bäcker hatte sich ein Schuster niedergelassen, dann kamen ein Kunstschmied und ein Juwelier, so ging es die ganze Reihe weiter. Nach einer Weile wiederholten sich auch mal die Geschäfte, was verständlich war, so viele verschiedene Zünfte gab es auch wieder nicht und diese Stadt war nicht gerade klein. Auch auf dieser Etage machte er nach der Hälfte kehrt und ging wieder zurück. Die folgende Ebene hatte seiner Meinung einen seltsamen Aufbau, aber hier war wohl nichts normal. Das erste Haus auf der rechten Seite der Treppe war ganz in Orangetönen gehalten. Es war gewöhnungsbedürftig, aber es sah nicht unschick aus, das musste er zugeben. Der Tür- und die Fensterrahmen waren in dunklem Orange, während die Hausfassade leuchtend hell strahlte. Das Dach sah aus als hätte man Orangen darauf geworden, denn auf dem gelb waren vereinzelte orangene Kreise. Zwischen den oberen Fenstern war ein Schild angebracht, es hatte die Form einer Wolke und nach unten zeigten drei Blitze, diesem Schild wollte er nicht zu nahe kommen. Auf der Wolke konnte er noch einen Drachen erkennen, in orange natürlich. Das Fabelwesen stand auf seinen vier Beinen, hatte die Flügel aufgespannt und das Maul aufgerissen. Auf der anderen Seite der Treppe war das Haus von Efeu völlig verwachsen. Das Dach war braun und unter der Dachrinne hingen reife Weinreben. Von außen hatte es denselben Aufbau wie das andere, und auch zwischen den oberen beiden Fenstern hing ein Schild, es war ein Ginkoblatt, eine ungewöhnliche Wahl als Schild, genauso wie das Ahornblatt der Soldaten, aber auch das am Haus machte seinen Nachteil zum Vorteil. Die Riefen standen so eng, dass eine schmale Waffe zwar durch passte, dann aber leicht abgelenkt oder zerstört werden konnte. Auf dem Emblem in der Mitte lag der Drache zusammen gerollt, als würde er schlafen. Daragon ging weiter auf der linken Seite, die folgenden Häuser waren blau, weiß und rot. So langsam dämmerte es ihm, dass es die Häuser der Drachenreiter waren, die ihrer Farbe angepasst war, wie auch die Schilder. Jetzt ergab das ganze natürlich einen Sinn für ihn. So schön die Häuser auch waren, er wollte sich unbedingt noch das Schloss anschauen, daher ging er zurück zur Treppe. Ehrfürchtig blickte er nach oben zu dem Schloss. In der Sonne schimmerte es noch immer wie Perlmutt, ein vergleichbarer Rohstoff zum Häuserbau fiel ihm nicht ein, daher vermutete er, dass das schloss mit irgendeiner Lasierung überzogen war, was es so schimmern ließ. Von seiner Position aus sah er, dass um das Schloss noch einmal eine Mauer mit einem Tor gezogen war. Außer dem obersten Bereich des Schlosses konnte er nichts erkennen im Moment, daher schritt er langsam zum Schloss hinaus. Ihm war aufgefallen, dass je höher er kam, immer weniger Leute auf den Wegen waren. Ganz unlogisch war es nicht, immer hin war noch keiner der Drachenreiter hier her zurück gekehrt, daher musste auf dieser Ebene niemand umher wandern. Auf den letzten zehn Stufen der Treppe standen mittig immer zwei Soldaten. Zu ihren normalen Waffen, die dem ihres Elementes gleich waren trugen sie noch lange Speere, welche sie gekreuzt hielte. Langsam kam er dem ersten Paar näher. Als sie ihn sahen öffneten sie die Speere, schritten würdevoll zu den Seiten der Treppe und verbeugten sich tief, den Speer hielten sie dabei aufrecht. Daragon musterte die beiden und vor allem ihre Schilder, dieses Mal waren es Eichenblätter, die sich zum Schutz trugen. Kaum stand er auf der Stufe der beiden traten die nächsten beiden aus einander, sie waren in fast weisen Gelbtönen gekleidet und so ging es weiter die Elemente durch, bis zu der orangenen Macht, dann war er oben vor dem Tor angekommen. Noch einmal drehte er sich um und sah zu den Soldaten zurück, die sich wieder aufreihten in der Mitte. Ein Wachwechsel war sicher ein faszinierendes Szenario, sicher würde er es einmal sehen. Nun wand er sich dem Schloss zu, was vor ihm lag. „Himmel, Gummibärchen und Zwirn!“ drang es an sein Ohr, was so gar nicht zu der ehrenvollen Situation passte, die vor ihm lag. Langsam verblasste das Schloss und alles drum herum, dann war es dunkel. Das fluchen ging weiter und er öffnete die Augen. Seufzend öffnete er die Augen, wieder wurde er aus seinem schönen Traum geweckt auf sehr unsanfte Art und Weise. Daragon stand auf und verließ das Zimmer. Im Flur wurde er fast von Ludwig umgerannt, der fluchend durch die Gegend rannte. Er trat zurück in sein Zimmer und ließ den Jungen durch, bevor er ins Bad ging. Hier wohl mal einen ruhigen Morgen zu erleben war fast unmöglich, wie er gemerkt hatte. Im Badezimmer ließ er sich Zeit bis die beiden anderen im Flur fertig waren. Daragon hörte die Haustür auf und zu gehen und steckte den Kopf zur Tür raus. „Kann man sich wieder gefahrlos bewegen?“, fragte er den Jungen, der gerade an ihm vorbei lief nach oben. „Sicher der Schrecken hat das Haus verlassen.“ Daragon lachte und kam raus, er ging in die Küche und machte Frühstück für sie beide. Ludwig eilte wieder nach oben und kam dann mit Luwer wieder runter. Er setzte ihn in den Hochstuhl. „Was war denn heute so aufregend, dass du mich aus meinem Traum fluchen musstest?“, fragte Daragon und gab Ludwig die Milch. „Mein Vater hat irgendwas gesucht und nicht gefunden und da hat er in meinem Zimmer rumgewühlt. Frag nicht, ich hätte ihm den Hals umdrehen können“, seufzte der Junge und machte seinen Kakao, „und, was hast du schönes geträumt?“ „Ibalia ist eine wunderschöne Stadt. Sie ist wirklich majestätisch, wie man sich so eine Stadt vorstellt. Der treppenartige Aufbau hat mich an eine meiner Reisen nach Italien erinnert…“ „Du hast man freiwillig dein Haus verlassen?“, fragte er gespielt überrascht. „Wenn ich das nicht hätte, würde ich jetzt nicht hier sitzen.“ „Hier geht es um Drachen.“ „Ging es da auch. Glaubst du es gibt Drachen nur in der Germanischen, Englischen und asiatischen Mythologie? Mittelalter herrschte in ganz Europa. In Italien, eine kleine Stadt in den Serpentinen wurde ein kleines Büchlein entdeckt mit angeblichen Sichtungen von Drachen in den Bergen. Glaubst du, dass ich mir das entgehen lasse?“ Ludwig grinste, „wohl kaum, aber erzähl weiter.“ „Ja, also treppenartiger Aufbau. Wie schon gesagt, es sind vier Ebenen, die Arbeitnehmer und das unterste Volk, dann die Handwerkszünfte, darüber die Drachen und an der Spitze das Schloss. Ich weis noch nicht aus welchem Grund, aber es schimmert wie Perlmutt in der Sonne. Ich weis, dass es solche Lackierungen gibt, aber ob es die in einer Welt gibt, die etwa im 15. Jahrhundert stehen geblieben ist, bezweifle ich. Aber bevor ich das herausfinden konnte wurde ich ja geweckt. Niedergeschlagen schaute Ludwig auf den Tisch, „tut mir leid.“ „Schon gut. Es gab jedenfalls viel zu sehen. Das beste aber war die Tatsache, dass ich von einer Sekunde auf die andere eine volle Kleiderausstattung hatte.“ „Cool, was hattest du an?“ „Man könnte es mit der Farbe von gemahlenem Safran bezeichnen, so ein Gelbton war es, als Oberbekleidung und als Umhang. Dazu dann einen Lederwams, geputzte schwarze Lederstiefel, natürlich ein Kettenhemd und einen Helm. Im Grunde sah der Helm genauso aus wie der der anderen Soldaten, nur waren bei mir noch Dornen oben drauf. Zu guter Letzt hatte ich dann noch deinen Gürtel um mit dem Schwert und ein paar Handschuhe steckten im Gürtel. Über all den Häusern der Drachenreiter hing ein Schild, passend zum Element. Dions Schild war cool, richtig amüsant, eine Wolke mit drei Blitzen. Uriels war auch hübsch, ein Ginkoblatt, alt, edel, immergrün und resistent. Über den Geschmack der Häuserfassaden lässt sich streiten. Uriels war ja noch hübsch mit dem Efeu und den Weinreben, aber unser kleiner Donnergott beweist da weniger Geschmack. Drei orangetöne, ein dunkles für die Rahmen, ein knalliges für die Fassade und ein helles für das Dach mit knallorangen kreisen drauf.“ Mit hochgezogener Augenbraue sah Ludwig ihn an, „wie abartig ist das denn?“ „Bis zu deinem bin ich noch nicht gekommen. Wir befinden uns immer noch auf der Seite auf der ich rein gekommen bin.“ „Hm, okay, verstehe. Den Rest musst du unbedingt auch noch erkunden.“ „Als nächstes ist erst mal das Schloss dran, die Soldaten sind so schön ausgewichen als ich kam. Weist du, da schwellt einem so richtig die Brust, wenn man berühmt ist und es selbst noch nicht mal richtig weis.“ Ludwig kicherte, „es ist ja auch erst mal wichtig, dass wir von allem etwas gesehen haben.“ „Was ich dir eigentlich erzählen wollte waren aber die Drachen auf den Schildern. Jeder Drache hatte eine andere Haltung, den ich bis jetzt gesehen habe.“ „Zehn verschiedene, wow.“ „Elf mindestens. Mich gibt es auch noch.“ „Aber natürlich“, lächelte er. Nun frühstückten sie erst mal schweigend, heute ging es wieder in die Uni. Nach dem Frühstück räumten sie ab und zogen sich ausgehfein an. Wenig später kam dann auch Otto um sie abzuholen. Er schmollte immer noch ein wenig wegen der gestrigen Abfuhr von Daragon. Es war eigentlich keine wirkliche Abfuhr, aber beleidigt war der Professor trotzdem, ein bisschen. Oben suchte Ludwig gerade alles zusammen was er brauchte, auch sein Gewehr nahm er mit, eine Wahl hatte er ja nicht, seine Hausaufgaben musste er heute noch machen. Ludwig vermisste sein Pappmodel jetzt schon, aber er musste ja eh erst die Faltpläne zeichnen. Gemeinsam fuhren sie zur Universität und gingen dort in Ottos Büro. Luwer kam in das Laufgitter, dann zeigte der Mann ihnen stolz die neuen Texte, auch wenn sie den Inhalt schon kannten. Der Drachenkenner las es sich durch, während Ludwig sich den Laptop seines Onkels stibitzte um seine Hausaufgaben für diesen Nachmittag noch zu machen. Während das Gerät hochfuhr sah Ludwig durch den Raum, scheinbar hatte jemand den Mann gezwungen hier aufzuräumen. Die Bücher waren ordentlich sortiert und aufgestapelt. Einige standen sogar in den Regalen. Dafür waren aber drei Kisten in einer Ecke erschienen, wo wahrscheinlich andere Bücher drin waren, die er zurzeit nicht mehr brauchte. Zurzeit interessierten ihn ja sowieso nur die Drachenbücher, aber wie Ludwig sah, hatten die Lieblinge seines Onkels die Regale noch nicht verlassen. Die Originale standen alle noch wo sie hingehörten, nur die Fachbücher waren gewichen. In Ruhe machte er seine Hausaufgaben, während die beiden Männer sich über die neuen Erkenntnisse unterhielten. Nach einer Weile gab es auch heute wieder Tee zum trinken. Es war nicht so, dass Ludwig etwas gegen Tee hatte, aber er hatte etwas gegen schwarzen Tee, nur war das leider der einzige, den sein Onkel da hatte. Auf seinem Block machte er sich eine Randnotiz, dass er das nächste Mal Tee oder etwas anderes zu trinken mitbringen musste um nicht zu verdursten oder sich erst etwas kaufen zu müssen. Der Junge war und blieb ein Gegner seiner Waffe, dennoch wand er sein Element auf das Objekt an, wie es Daragon verlangt hatte als Hausaufgabe. Nach dem er das endlich geschafft hatte, widmete er sich wieder seiner Skizze des Vulkankraters. Die äußere Ansicht hatte er bereits fertig, jetzt fehlte nur noch das Innere. Es war nicht ganz leicht aus der Sicht zu zeichnen, die ein Dritter nur beschrieben hatte, aber er versuchte es und Daragon bestätigte ihn darin, dass es so ausgesehen hatte. Ludwig ließ sich viel Zeit mit der Skizze und würde sie dann zu hause colorieren. Es fehlte ihn zwar nicht an Farbe, aber sein Onkel hätte wohl kurzen prozessgemacht, wenn er echte Farben ausgeholt hätte, ein Freund von Ludwigs Pinsel war er auch nicht, nicht nach dem der Junge damit die Armatur seines Lexus grün gefärbt hatte. Nach einigen Stunden kam dann auch Maverik zu ihnen, der gerade mit seiner Linguistik-Vorlesung fertig war. Der Mann begrüßte sie in der Sprache der Drachen, was Ludwig sehr beeindruckte, denn so lange wusste er ja noch nicht, dass er ein Teil ihrer Welt war. „Ich habe wohl ein Talent für komische Sprache“, kommentierte er Ludwigs verblüfften Gesichtsausdruck. „Komisch?“, fragte Otto grummelig und sah ihn streng an. „Mandarin ist auch eine komische Sprache und ich beherrsche sie, das gleiche gilt für Latein und Griechisch, sie ist einfach anders“, versuchte er sich erfolglos zu verteidigen. Daragon schmunzelte nur und widmete sich weiter seiner Lektüre über sich selbst bzw. die Taten seiner 99 Vorgänger. Jeder hatte irgendetwas Ruhmvolles gemacht, hoffentlich schaffte er das auch. Was er neu dazu gelernt hatte über sich war, dass die erste Generation der Leute, die mit Drachen zutun hatten, aus dem Land Ascadien selbst kamen. Die Generationen danach waren fast alle aus dieser, ihrer Welt gekommen. Neugierig schaute er, ob er einen von den Daragons kannte, die vor ihm dort gewesen waren. Er wusste, dass im Mittelalter oft Magier einen Beinamen oder Bezug auf Drachen im Namen gehabt hatten. Bei ihm selbst war es nur ein Künstlername, aber das schien auszureichen. Wohl eher, war das Interesse an Drachen das ausschlaggebende ob sie den Posten bekamen oder nicht. Es war jedenfalls sehr interessant etwas über sein zweites Ich zu erfahren. Otto und Maverik hatten gerade ein Buch über das Zaubern bei der Hand und versuchten gemeinsam eine Möglichkeit zu finden die Magie zu aktivieren, die ja wohl sicher irgendwo tief in einem schlummerte. Vielleicht würde Maverik auch einen Traum haben und danach ein neues Kapitel aktivieren. Was bei Daragon passierte, konnte auch bei anderen passieren. Der Meinung waren mittlerweile alle, die das schon mal durchgemacht haben, Klingelgeräusche waren böse. Sie weckten einen immer recht unsanft aus den schönen Träumen. Ludwig war ja der Meinung, dass sie den anderen erst einmal schonend beibringen mussten, dass sie sich direkt in den Krieg stürzten, ob sie wollten oder nicht, egal wie weit sie ausgebildet waren oder nicht. Ludwig selbst gefiel die Vorstellung ganz und gar nicht, was abzusehen gewesen war, aber irgendwie, das hatte sich Daragon fest vorgenommen, bekam er ihn dazu die Waffe zu benutzen. Nur wie? Sie alle waren irgendwie mit den Drachen beschäftigt, bis es Zeit wurde die anderen am Haupteingang zu empfangen. Gemeinsam gingen sie dorthin, wo einige schon warteten. Die meisten machten einen großen Bogen um die Gruppe, da sie mit Äxten, Speeren und anderen gefährlichen Sachen dastanden. Bald waren alle zusammen und sie gingen heute mal in die Sporthalle der Universität, die Otto extra gemietet hatte. Alle mussten ihre Schuhe ausziehen und sollten ihre Waffen auf die vorbereitete Matte legen, damit der Boden nicht zerkratzt wurde. „Also erst ein Mal hallo zusammen“, erhob Otto die Stimme, er stand dem Halbkreis von 20 Jungen gegenüber, „wir haben uns heute ein großes Programm vorgenommen. Zuerst schauen wir uns die Hausaufgaben an, dann werden wir uns teilen. Die Magier gehen mit Maverik in eine Ecke der Halle. Die übrigen zehn werden wir in zwei weitere Gruppen aufteilen, je fünf Mann. Eine wird mit Daragon gehen und spielen und die anderen werden bei mir bleiben und Theorie machen. Wir tauschen nach einer Weile, keine Sorge Jungs. Zuerst aber die Hausaufgaben“, meinte er und sammelte sie von allen ein. Er steckte sie in sein Notizbuch, ob er sie darin allerdings wiederfand war fraglich, denn es quoll fast über vor einzelnen zusätzlichen Blättern. Im Vorfeld hatten sie schon eine Tafel rüber gebracht auf der die heutige Lektion stand, in Ludwigs sauberster Handschrift, da alle bekräftigt hatten, dass man Ottos Schrift nicht lesen konnte. Das einzige wobei sich der schmollende Professor Mühe gab waren die Buchstaben des ascadischen Alphabets. Es ging eine leise begeisterungswelle durch die gruppe, dass man lesen konnte was da stand, worauf Otto gleich noch mehr schmollte und dann als Strafe knallhart die Lektion durchging. Sie schrieben fleißig mit und stellten hie und da eine Frage. Zur Entspannung ihrer glühenden Stifte war dann Daragon an der Reihe und berichtete ihnen ausschweifend von seinen beiden Träumen. Auch hier ließ er es nicht zu kurz kommen, dass Dion einen recht außergewöhnlichen Geschmack für Hausfassaden hat. Alle kicherten, doch Dion nahm sich das nicht zu Herzen und lächelte unschuldig. Alle Häuser hatte er noch nicht gesehen, was einige Schade fanden, aber vielleicht sahen sie diese ja bald selbst, jeder hatte die Möglichkeit sich nach Ibalia zu träumen, vielleicht würden sie das nächste Mal eine Meditationsstunde machen und versuchen sich bewusst in die Stadt zu träumen, würde es klappen, wäre das ganz wundervoll, fand zumindest Daragon. Nach dem er nun alles berichtet hatte wählte er sich fünf Waffen aus und zitierte die Jungen mit sich. Maverik ging mit seinem Bücherstapel und den zehn Magiern auf die andere Seite der Längshalle. Otto holte derweil zwei weitere Tafeln zu ihnen und ging sie mit seiner Gruppe durch. Heute machten sie alle irgendwie Theorie und das würde wohl auch noch einige Stunden andauern, zumindest bei den Waffen, sie mussten ja erst Mal die Grundlagen verstehen, wie man die jeweilige Waffe benutzte, sie überhaupt erst ein Mal in der Hand hielt. Mit aller Gelassenheit der Welt erklärte Daragon einige grundlegende Dinge über Waffen und in wie vielen verschiedenen Formen und Arten man sie benutzen konnte. Eigentlich erzählte er allgemein das, was sie hatten in ihrer Hausaufgabe machen sollen. Dann hieß es bereit machen zum Angriff. Jeder sollte sich seine Waffe nehmen und sich damit aufstellen. Die fünf Jungen taten wie geheißen und stellten sich mit, in ihrem Sinne, sicheren Abstand zueinander in einer Reihe auf. Zu der ersten Gruppe gehörten Gabriel, Dion, Kei, Alexander und Raphael. Jeder bekam eine kleine Einführung in Haltung und erste Bewegungen. Gabriel musste mit seiner Peitsche noch etwas rutschen, damit er niemanden versehentlich traf und Alexander durfte seine Sterne noch nicht werfen, denn sonst flogen sie aus der Halle, sollte es Kratzer oder Löcher im Boden oder der Wand geben. Dion musste üben wie man den Stab sicher zwischen den Händen wechselte. Alexander hatte eine Frisbeescheibe zum üben der Handhaltung bekommen. Gabriel durfte seine Peitsche knallen lassen mit viel Schwung und Schmackes wie Daragon es ausdrückte. Raphael musste ganz profan üben wie man einen Fächer schnell öffnete und Schloss, mit möglichst nur einer Hand und Kei durfte zwar seine Axt schwing, aber wie Alexander durfte er möglichst nichts treffen, leicht war die Axt bei weitem nicht. Die Gruppen wechselten dann und nun standen Michael, Uriel, Ludwig, Yuri und Anny in einer Reihe. Bei vier Leuten war es nicht das Problem sie dazu zu bekommen ihre Waffen zu heben und zu üben, nur bei Ludwig traf er wie immer auf eine äußerst stabile Mauer. Daragon verteilte an die vier ihre Aufgaben. Mit beschwerten Tischtennisbällen musste Yuri üben ein Ziel zu treffen. Für Anny galt dasselbe wie bei Dino, das schnelle wechseln der Waffe in den Händen. Einen Bogen zu spannen war nicht leicht wie Uriel feststellen musste, es wurde schnell unangenehm für die Schulter und vor allem für die Finger. Da sie im 21. Jahrhundert lebten durfte beziehungsweise musste er sich bis zum nächsten Mal einen Armschutz für Bogenschützen zulegen. Und schlussendlich stand er wieder einem trotzigen Gewehrschützen gegenüber. Ludwig hatte die Arme vor der Brust verschränkt, die Waffe lehnte an seinem Bein und er sah trotzig zu dem Mann hoch, der über einen Kopf größer war als er selbst. „Nein“, sagte Ludwig auf Daragons hoffnungsvollen, bittenden Blick hin. „Nenne mir einen Grund warum du dich weigerst. Du musst ja niemanden töten, nicht zwingend“, meinte Daragon, „du könntest zum Beispiel Patronen entwerfen, die wenn sie abgefeuert werden zu einem Netz werden oder zu einem Seil, du musst niemanden töten. Du kannst mit deinen Kugeln alles erscheinen lassen was du willst. Sei doch vernünftig.“ Er grummelte vor sich hin und hielt weiter die Arme verschränkt vor der Brust. „Deine 99 Vorgänger waren sicher nicht so sturköpfig wie du“, Daragon seufzte schwerfällig, „ich erkläre dir jetzt wie du deine Waffe zu halten hast, ob du es tust oder nicht ist mir jetzt völlig egal“, er beugte sich etwas zu ihm runter und flüsterte, „denk dran, wir haben Krieg“, er richtete sich auf und sprach nun wieder normal laut, „und du bist ein unverzichtbarer Teil des ganzen Weil, weil du alles erschaffen kannst was du willst.“ Daragon machte eine Pause, dann führte er seinen Monolog weiter, „selbst Richard macht mit und er hat dich ausgelacht, wenn ich mich recht entsinne. Er ist mit vollem Elan dabei wie ich von hier sehen kann und das bist du auch, wie wir alle wissen, warum also blockst du gerade jetzt ab? Bei der Kernessenz des ganzen Konstrukts?“ Er wartete die Antwort gar nicht erst ab, weil er sich sicher war, dass er keine bekommen würde und begann ihm einfach zu erklären beziehungsweise mit dem Gewehr in der Hand zu zeigen, wie er es halten musste. Die Waffe lehnte er dann wieder zurück an Ludwigs Bein und widmete sich wieder den anderen Jungen, die voll bei der Sache waren und denen es auch sichtlich Spaß machte. Immer mal wieder warf er einen Blick zu Ludwig, der sich noch immer nicht gerührt hatte und das vermutlich auch nicht mehr tun würde, bis sie fertig waren für heute. „Wenn du schon das nicht tun willst“, meinte Daragon nach einer Weile mit beleidigtem Unterton zu Ludwig, dann tu wenigstens etwas anderes konstruktives und kümmere dich um die Handschuh-Zeichnung.“ Stumm ging er von der Matte und holte seinen Block mit dem Skizzen der Handschuhe. So langsam begann sich Ludwig mit seiner Mauerhaltung als Problem heraus zu stellen, aber Daragon war sich sicher, dass er noch einen Weg finden würde den Kleinen zu bewegen sich seinem Schicksal zu stellen. Wie Ludwig ja schon festgestellt hatte, wäre es egal gewesen, welche Waffe man ihm zugeschrieben hätte, er hätte jede verweigert. Als dann die ersten Trainer anfingen zu nerven, weil sie wieder in die Halle wollten, brachen sie ihre Zelte ab und folgten in Reih und Glied mit geschulterten Waffen den beiden Professoren. Otto war so nett und gab allen noch etwas zu trinken in der Mensa aus, war ja kein Unding, wenn er sich drei erstklassige Autos halten konnte. Es war für Außenstehende eine sehr kuriose und amüsante Gruppe, aber daraus machten sie sich nicht und unterhielten sich fröhlich weiter. Danach machten sie sich alle wieder auf den Heimweg. Ludwig, Daragon und Richard wurden von Otto nachhause gefahren, wobei letzteres bei Ludwig mit ausstieg und dann nach Hause laufen würde, er wohnte ja nur ein paar Häuser weiter. „Schön zu sehen, dass du weist, wie man eine Tür benutzt“, meinte Ludwigs Vater an Richard gewandt als Begrüßung, dieser lächelte nur unschuldig. Da sie bis zum Abendessen noch ein wenig Zeit hatten, machte sich Ludwig gleich wieder dran sein Pappmodel weiter zu basteln. Später gab es dann Abendessen und Richard verließ das Haus durch die Tür, als er sich von allen verabschiedet hatte. Der Rest des Hauses saß noch im Wohnzimmer, sie schauten noch ein wenig fern, bevor es langsam Zeit wurde fürs Bett. Bevor er nach oben ging, wünsche Ludwig den beiden anderen noch eine gute Nacht und verschwand dann mit seinem Block und dem Gewehr nach oben. Oben lehnte er die Waffe neben dem Fenster an die Wand, warf den Block auf seinen Schreibtisch und ließ sich dann seufzend auf seinem Bett nieder. „Was habt Ihr, Meister?“, zischte der Waran aus seinem Terrarium heraus. „Du sollst mich nicht Meister nennen“, antwortete er dem Reptil und sah aus dem Fenster, „da denkt man an nichts böses wenn man ein neues Gedicht lernt und dann landet man mitten in einem gewaltigen Krieg. Ein ganzes Volk verlässt sich auf einen als Teil eines großen Ganzen und doch steht man irgendwie allein da.“ Aus dem Terrarium kam keine Antwort, Ludwig hatte auch keine erwartet, was konnte ein kleiner Waran ihm auch auf eine so große Frage antworten? Schweigend schaute er weiter aus dem Fenster. Der Junge stand auf und zog sich um, bevor er das Licht löschte und sich hinlegte. Noch lange lag er wach, bevor er dann doch die Augen schloss und versuchte zu schlafen. Kaum war er eingeschlafen, begann auch schon sein Traum. Ludwig fand sich in einer unendlichen Schwärze wieder. „Wo bin ich dir?“, fragte er und drehte sich im Kreis. Hinter ihm leuchtete ein gelber Lichtblitz auf, als er sich aber umdrehte war er verschwunden. Hinter seinem Rücken leuchtete es blau, doch als er sich herumgedreht hat, war es auch schon wieder verschwunden. Nun begann es um ihn herum über all aufzuleuchten, bis er sich in einem Sturm aus aufleuchtenden Farben wiederfand. Die Lichter schlossen wich zu einer Welle zusammen, welche sich über dem Jungen auftürmte und über ihm auch niederging. Ludwig hatte die Augen geschlossen und sich zusammen gekauert. Als er vorsichtig die Augen öffnete, fand er sich auf einer altbekannten Wiese wieder und blinzelte erst mal in das Sonnenlicht. Langsam richtete er sich auf, doch auf halbem Wege zuckte er wieder runter, denn etwas war mit enormer Geschwindigkeit an seinem Ohr vorbei gezischt. Vorsichtig schaute er sich und richtete sich dann auf. Hinter sich entdeckte er ein halbes Dutzend Zielscheiben aus Stroh, wie man sie im Mittelalter beim Bogenschießen benutzt hatte. Doch an Stelle von Pfeilen waren sie mit farbigen Flecken übersät, es mussten schon viele Schichten sein, die auf den Kreisrunden Zielen klebten. Nun schaute er in die Richtung aus der das Objekt gekommen war, welches an seinem Ohr vorbei sauste. Vor sich sah er in einiger Entfernung einen jungen Mann, in einem silbernen Kettenhemd, Lederwams und mit einem violetten Umhang. Neben diesem stand ein mittelalter Mann, der ebenfalls ein Kettenhemd und einen Lederwams trug, dazu aber einen Umhang in der Farbe von gemahlenem Safran trug. Der ältere schien dem jüngeren etwas zu erklären und hielt dazu ein Gewehr in der Hand, dieses Gewehr kam ihm sehr bekannt vor, aus der Ferne zumindest. Ein kräftiger Windstoß kam auf und Ludwig stemmte sich dagegen. Als die Luft sich wieder beruhigte und er die Augen öffnete schaute er in ein riesiges goldenes Auge, mit einer schmalen Pupille. Ludwig zitterte am ganzen Körper und wich stolpernd zurück. Dabei fiel er über seine eigenen Füße und landete auf dem Boden. Nun konnte er ein wenig mehr von dem sehen, wozu das riesige Auge gehörte. Die Augenwulst war schuppig und violett. Im Schein der Sonne reflektierten sie aber noch zusätzlich die Sonnenstrahlen wodurch hin und wieder ein Regenbogeneffekt auftrat. Auch der Rest des Kopfes war violett geschuppt. Die riesige Schnauze kam wieder auf ihn zu und schnupperte. Beim ausatmen strömte ihm ein wohlig warmer Dampf aus den riesigen Nüstern entgegen. Ganz allgemein war sein gegenüber riesig. Es war ein Drache, ein riesiger violetter Drache „Luwer! Du stehst in der Schussbahn!“ rief jemand und der Drache wand den Kopf über die angelegten Flügel nach hinten. Erneut schnaubte er, bevor er sich wieder dem kleinen jungen vor sich zuwandt. Das Fabelwesen richtete sich zu voller Größe auf und packte Ludwig mit einer Kralle im Kragen seines Oberteils. Er schloss die Augen und hoffte, dass er nicht runterfiel, denn der Drache drehte sich stampfend auf der Stelle und trabte mit schweren schritten los, in Richtung der beiden Menschen. Nach einer Weile blieb er wieder stehen und Ludwig spürte wieder Boden unter seinen Füßen. Seine Knie zitterten vor Angst, es war ein Wunder, dass er sich auf den Beinen halten konnte. Vorsichtig öffnete er die Augen und schaute auf zwei paar blank polierte schwarze Reiterstiefel. „Na nu, wen haben wir denn da?“, fragte eine sanfte Stimme. Langsam hob Ludwig den Kopf und scheute in die Gesichter der Männer. Sowohl der jüngere, als auch der Ältere hatten beide etwas Vertrautes in ihren Zügen. Beide lächelten ihn an und er lächelte ein wenig schief zurück. „Wo bin ich hier?“, fragte er gleich. „Na na, es ist unhöflich eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten“, lächelte der Ältere, „du bist in Reichsgebiet der Fantasie, in Ascadien“, beantwortete er dennoch Ludwigs Frage, „und nun du.“ Ludwig blickte von dem Älteren zu dem jüngeren der beiden, dann zu dem Drachen und wieder zurück zu dem jungen Mann, der ihn als erstes gefragt hatte. „Reichsabschnitt der Fantasie? Mein Name ist Ludwig.“ „Ein kleiner Namenswetter haben wir hier also“, stellte der Mann mit dem safranfarbenen Umhang fest. „Sieht wohl so raus“, stimmte der andere lächelnd zu. „Wo kommst du denn her und was sind für wundersame Kleider, die du da trägst?“ Ludwig sah an sich herunter, er trug nur seinen Boxer mit kleinen Drachen drauf und ein Shirt mit dem Logo seiner Schule. „Ich komme aus einer anderen Welt und das, nun, darin gedenke ich normalerweise zu schlafen“, antwortete er. „Aber du schläfst doch gar nicht“, schmunzelte der junge Mann. Ludwig wollte gerade etwas sagen, da fiel der ältere ihm ins Wort. „Moment, du kommst aus einer anderen Welt und heißt auch Ludwig?“ Die beide jüngeren sahen ihn fragend an und Ludwig nickte bestätigend. „Bist du ein Drachenmeister?“ Der violett beumhangte musterte Ludwig nun zum ersten Mal eingehend, „jetzt wo du es sagst…“ Ludwig sah von einem zum anderen und nickte dann vorsichtig, „aus der hundertsten Generation.“ Der Mittler von ihnen strahlte über das ganze Gesicht zu strahlen und nahm Ludwig in den Arm. „Himmel noch mal, wirst du denn nie erwachsen?“, seufzte der Älteste und schüttelte den Kopf. Ludwig wurde wieder abgesetzt und schwankte ein wenig, da ihn das doch ein wenig überrumpelt hatte. „Das ist eine überaus ernste Situation und du hast nichts Besseres zu tun, als den armen Kerl zu herzen. Schäm dich gefälligst“, mahnte der Mann. „Das sagt mein Vater auch immer, wenn ich Speedy knuddle“, meinte Ludwig. „Spiedie?“, fragten die anderen wie aus einem Mund. „Speedy, das ist unser Hamster, aber das ist nicht so wichtig“, erklärte kurz und bündig, „was macht ihr?“, wollte er viel lieber wissen. „Tja, eigentlich Waffenübungen, wenn ein gewisser Drache nicht im Weg sitzen würde“, meinte der ältere Ludwig und sah den Drachen gespielt finster an. Dieser versteckte den Kopf unter seinem Flügel und schrumpfte auf Hosentaschengröße. Mit großen Augen beobachtete der kleine Ludwig, was der Drache da tat, „cool, meiner kann das bestimmt auch mal.“ „Ich weis zwar nicht was „kuhl“ heißen soll, aber jede Reinkarnation von Luwer wird das vermutlich können.“ „Cool, bedeutet so viel wie toll oder fantastisch.“ „Aha“, lächelte der Mittlere und der Ältere zog den Kleinen dann an seine Seite, damit sie weiter üben konnten. Aufmerksam beobachtete Ludwig wie sein älteres Ebenbild, das dynamisch geformte Gewehr an seine Schulter legte, eine Hand unter dem Lauf platzierte und den Zeigefinder der anderen Hand an den Abzug. Er konnte genau erkennen, wie sich das ausgewählte Ziel in seinen Augen spiegelte; beide Augen waren geöffnete, was er von der rechten Standseite sehen konnte, denn der Schütze war Linkshänder, wie er selbst auch. Dann drückte er ab. Es gab nur einen kleinen, kaum bemerkbaren Rückstoß und vor allem keinen Knall. Ludwig blickte in die Richtung der Ziele. Auf dem mittleren Ziel überdeckte ein violetter Fleck den gelben, welcher dort gerade noch gewesen war. Ludwig war beeindruckt, dass der ältere aus dieser enormen Entfernung hatte so präzise treffen können. „Die Weitsicht der Drachen sorgt dafür, dass man auch sehr weit entfernte Ziele präzise treffen kann“, ließ die Stimme des älteren ihn aus seinen Gedanken schrecken. Der Kleine nickte merkend. Er wand sich an den Schützen zu, welcher gerade sein Gewehr neu lud, „wie hast du die Angst überwunden einen Waffe zu benutzen?“, fragte er. „Hm, ja auch ich war anfangs wenig begeistert davon auf andere Menschen zu schießen, egal ob Freund oder Feind, gut , auf ersteres sowieso nicht. Ich habe lange meinen Brüdern dabei zugesehen, wie sie immer besser mit ihren Waffen umgehen konnten…“, er hatte die Waffe wieder an seine Schulter gelegt und drückte ab, auch dieser Schuss traf sein Ziel, „ich habe angefangen heimlich Patronen zu entwerfen. Meine ersten waren diese Farbpatronen, dann kamen Netze, Illusionen, Geräusche und immer mehr andere dazu. Es waren auch allerhand Spaßpatronen dabei, die sind dann beim Aufprall zu Wasser geworfen oder es entstob ein Schwarm Schmetterlinge, die Vielfalt ist endlich. Es hat lange gedauert bis ich mich selbst dazu überredenkonnte sie zu testen. Ich habe es dann immer heimlich, nachts, getan…“, das Gewehr war bereit für den nächsten Schuss, so viel Zeit musste sein, „nach einer Weile fand ich es toll mit den Patronen zu spielen und hab ganz ehrlich gesagt, dass ich keine tödlichen Munition benutzen werde, aber stets für Ablenkung sorgen möchte.“ Das habe ich ihm auch gewährt, bis es zu einer Situation kam in der doch scharfe Munition einsetzen musste“, erklärte der Waffenmeister. „Ich tue es nicht gern, aber wenn es sich nicht vermeiden lässt, nehme ich auch tödliche Patronen, aber wirklich nur wenn es sich nicht umgehen lässt. Hier, probier mal, das erste Mal ist das schönste Mal“, erklärte der Mittlere lächelnd und gab Ludwig das Gewehr. Mit Unbehagen musterte er die Waffe und nahm sie dann in die Hand. Sein älteres Double stellte sich hinter ihn und half ihm beim anlegen. Die geschrumpfte Version von Luwer ließ sich auf dem Kopf des kleineren nieder, was diesen überraschte. „Keine Angst, er will dich nur mir der Weitsichtunterstützen. Such dir ein Ziel aus und konzentriere dich darauf.“ Ludwig tat was ihm gesagt wurde und konzentrierte sich auf das rechte Ziel. Er blinzelte kurz und sah dann alles plötzlich in ultravioletten Farbtönen. Sein Blick funktionierte wie der Zoom einer Kamera, denn sein ausgewähltes Ziel war nun zum greifen nahe. „Gut, jetzt konzentriere dich weiter und lass beide Augen offen beim schießen. Drück ab, wenn du dich bereit dazu fühlst“, der ältere hatte ihn los gelassen und war einen Schritt zurück getreten. Der Drache auf seinem Kopf gab ein Schnurren von sich. Ludwig atmete tief ein und drückte den Abzug. Er spürte nur einen leichten Rückstoß. Nach einem erneuten blinzeln, war sein Blick wieder normal, auch wenn der Drache noch immer auf seinem Kopf lag. „Gut, sehr gut“, kommentierte der Älteste den Schuss, als Ludwig das Gewehr gesenkt hatte, „du bist ein Naturtalent“, lächelte er. Ludwig lächelte zurück, „danke. Ihr beide habt mir wirklich weiter geholfen.“ „Das tun wir doch gern.“ Ein bekanntes, ungeliebtes Klingeln zerriss die Luft und die Landschaft und die Männer verblassten. Wie sehr er dieses Bäckerauto doch hasste Seufzend öffnete er die Augen und sah an seine Zimmerdecke. Vor dem Fenster ließ der Bäckerwagen erneut seine Sirene heulen. Leider machte es kaum einen Unterschied, ob man nun mit offenen oder geschlossenen Fenstern schlief, man hörte den Wagen trotzdem. Gemächlich setzte er sich auf und sah zu dem Terrarium Bettende des Bettes. Der Waran hatte die Augen geschlossen, bekam aber sicher alles mit, was um ihn herum passierte. Ludwig schlug die Bettdeckte zur Seite und stand auf. Er trat an das Fenster und öffnete es. Das Gewehr, was neben dem Fenster lehnte, nahm er in die Hand und betrachtete es einen Moment, dann legte er es an seine Schulter, fasste unter den Lauf, wie in seinem Traum und zielte auf den Bäckerwagen, der genau an der Grenze zwischen ihrem Nachbarn und ihnen parkte. Ludwig konzentrierte sich auf sein Ziel und drückte den Abzug. Eigentlich sollte keine Patrone im Lauf sein, doch er spürte den geringen Rückstoß und sah mit Entsetzen einen riesigen violetten Farbklecks überhalb der Klappe des Wagens. Sofort duckte er sich. Vielleicht bemerkte es ja niemand bis der Wagen wieder auf dem Hof stand… \\Aber es hat doch gar nicht geknallt. Hatte es im Traum geknallt? Nein, da war es auch nur der Rückstoß zu spüren gewesen\\, dachten er und lugte über den unteren Fensterrand. Zu seinem Unmut hatte ihr Nachbar den Farbfleck bemerkt und sprach mit dem Verkäufer. Dieser stürzte aus seinem Wagen und schloss die Klappe um sich das Malheur anzusehen. Ludwig fragte sich woher die Patrone gekommen war. Er selbst hatte noch keine entworfen und erschaffen und aus seinem Traum hatte er auch keine mitgebracht, denn dann hätte er die ja auch laden müssen, was er nicht getan hatte. Er lehnte das Gewehr wieder an und krabbelte zu seinem Schreibtisch Dort erst richtete er sich auf und stützte sich mit den Händen auf die die Stuhllehne. Er atmete tief durch und blickte dann auf das geöffnete Buch vor sich. Es war sein Drachenbuch. Auf der linken Seite zeigte ein Bild die Lichtung mit den Zielscheiben und den Menschen. Auf der rechten Seite stand eine Auflistung von Gewehrkugeln mit einem entsprechenden Model daneben. Lächelnd klappte er das Buch zu und verließ sein Zimmer. In der geöffneten Haustür stand sein Vater und beobachtete das Treiben bei dem Bäckerwagen. „Was ist denn los?“, fragte er und linste unschuldig an seinem Vater vorbei. „Jemand hat Farbe auf den Wagen vom Bäcker geschmiert.“ „Geschieht im recht, sein Gehupe ist unmenschlich.“ „Sei nicht so frech“, schmunzelte sein Vater, es freute ihn aber auch sichtlich was passiert war. Sie gingen wieder ins Haus und kümmerten sich um das Frühstück. „Wer auch immer das war er lebe hoch“, stimmte er mit in den Jubel ein. Der Tisch war dann gedeckt und sie setzten sich um gemeinsam zu frühstücken. „Na, hat wieder einer von euch was Schönes geträumt?“, fragte der Hausherr nach einer Weile. „Leider nicht, ich hätte doch so gern das Schloss gesehen“, seufzte Daragon. „Ich habe auch nichts geträumt“, log Ludwig und trank seinen Kakao, „zum Glück gibt es noch genug zu tun, da müssen so schnell keine neuen Träume dazu kommen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)