Seeking von Nifen (BWxDM) ================================================================================ Kapitel 12: XII --------------- Das Klingeln des Zweiwegespiegels riss ihn aus dem Schlaf. Leise fluchend rappelte er sich von seiner Bettstatt auf und begab sich zu dem magischen Kommunikationsgerät. „Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?“, grummelte er, als das bekannte Gesicht im Glas erschien. „Auch nicht später als hier“, erwiderte sein Gegenüber gelassen. „Irrtum!“, widersprach der Mann gereizt. „Wir sind euch zwei Stunden voraus. Aber das habe ich dir heute nicht zum ersten Mal erklärt.“ „Hereborth, die paar Stunden, das fällt doch wirklich nicht ins Gewicht. Kein Grund sich gleich zu künstlich zu echauffieren.“ Die begütigende Art, wie der ältere Mann dies sagte, brachte den anderen fast dazu augenblicklich das Gespräch zu beenden, aber er wusste, dass sein Vater dann aus reiner Bosheit warten würde, bis er wieder eingeschlafen war, um ihn dann erneut zu kontaktieren. Und so verkniff sich der junge Mann in dem Zelt jeglichen Kommentar, zumal er sich der Tatsache bewusst war, dass es ihm im Verhältnis zu seinem kleinen Bruder in Mexiko bezüglich der Zeitverschiebung noch richtig gut ging. „Weshalb ich mich melde: Der Dolch, den du geschickt hast, scheint ein Kultgegenstand zu sein…“ Abermals verdrehte Hereboarth innerlich die Augen. Natürlich war es ein Kultgegenstand. Die Waffe stammte schließlich aus einem Priestergrab. „Jedenfalls sind die Interessenten von dem Warenangebot schon einmal sehr angetan“, fuhr der andere fort, „allerdings ließ mich einer wissen, dass er das Dreifache böte, wenn wir das Set komplettieren könnten. Offenbar gehört zu diesem Ritualdolch auch noch eine eher unscheinbare kupferne Schale. Häufig jedoch werden diese Ritualschalen mit den übrigen Hausratsbeigaben vermischt und verwechselt, so dass vollständige Sets überaus selten sind. Sieh zu, ob du die Schale auftreiben kannst!“ Eine Kupferschale. Wunderbar. Als ob das Grab nicht massig davon aufweisen würde. Ein leises Seufzen war zu hören. „Gibt es wenigstens irgendeinen Anhaltspunkt, wie ich diese Schale von den Hausratsgegenständen unterscheiden kann?“ „Meinem Kontaktmann zufolge müsste die Kultschale blau emaillierte Einlegearbeiten aufweisen.“ Blaue Einlegearbeiten. Immerhin etwas. „Ich werde es versuchen. Ich melde mich auf dem üblichen Weg, wenn ich Näheres weiß oder den Gegenstand habe. Gute Nacht!“ Damit beendete Hereborth das Gespräch. In Nächten wie dieser fragte er sich einmal mehr, weshalb er überhaupt bei diesem Familiengeschäft mitmachte. Aber selbst im Dunkel des Zeltes, an der Schwelle zum Schlaf, kannte er die Antwort darauf nur zu gut: Diese Unternehmung sicherte den Wohlstand der Familie, nachdem die vorangegangenen Generationen so leichtsinnig gewesen waren, das Vermögen ihrer Vorväter zu verspielen, sei es nun beim Glückspiel oder in der Politik. Als sein Großvater damals Familienoberhaupt wurde, war er nur ganz knapp der öffentlichen Bloßstellung entgangen, die der Familie bei einem Bankrott gedroht hätte. Und für eine alte, reinblütige Zauberfamilie gab es keine schlimmere Schande, als die öffentliche Zwangsauflösung sämtlicher Gringotts-Verliese und die Enteignung sämtlicher Besitztümer. Doch Not machte bekanntlich erfinderisch und der Zufall ließ das neue Familienoberhaupt erkennen, dass er ein nicht unerhebliches Talent als Dieb hatte. Ein Talent, das sich auch auf die Folgegenerationen vererbte. Es hatte zwar seine Zeit gebraucht, ehe die nach außen hin hochanständige Zauberfamilie die notwendigen Schwarzmarktkontakte geknüpft hatte, aber mittlerweile hatten sie ein weitreichendes Käufernetz. Und langsam erholten sich die Familienfinanzen, und der Wohlstand, der zuvor rein auf Repräsentation beschränkt gewesen war, hielt auch wieder im Privatleben Einzug. Auch er, Hereborth, profitierte davon, waren doch die Gegenstände, mit denen er sich umgab, angefangen bei der Kleidung bis hin zu dem Material des Bettzeugs auf seinem Schlaflager, von besserer Qualität als noch vor wenigen Jahren. Also würde er sich morgen gleich auf die Suche nach dieser Kupferschale machen. Gewissensbisse oder Skrupel deswegen hatte er eigentlich keine. Es war immer noch ein deutlich angenehmerer Weg, als zu versuchen durch lebenslanges Schuften und Buckeln es zu etwas zu bringen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)